Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 18.07.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 S 19.14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 146 Abs 6 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 37 WasG BB |
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Streitwertfestsetzung bleibt einem gesonderten Beschluss vorbehalten; den Beteiligten wird Gelegenheit gegeben, sich binnen 3 Wochen zur angemessenen Streitwerthöhe zu äußern.
I.
Die Antragstellerin ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein Schöpfwerk befindet. Das Schöpfwerk wurde nicht von ihr, sondern von einem Gewässerunterhaltungsverband betrieben. Nach Anzeige einer Stilllegungsabsicht gab der Antragsgegner der Antragstellerin mit Verfügung vom 12. Februar 2014 auf, das Schöpfwerk weiter zu betreiben und ordnete die sofortige Vollziehung an. Über die anfallenden Kosten des Weiterbetriebes traf er ausdrücklich keine Entscheidung. In den Gründen der Verfügung heißt es hierzu:
"Diese Verfügung trifft keine Entscheidung zur Beitragspflicht zu den vom Schöpfwerksbetrieb Bevorteilten. Es ist Ihnen als Eigentümer freigestellt, die Umlage der Kosten direkt zu erheben, sich eines Bevorteilten oder eines Dritten zur Kostenumlage oder zum Betrieb des Schöpfwerkes zu bedienen.
Nach § 81 Abs. 2 BbgWG beteiligt sich das Land an den notwendigen Kosten des Betriebes der Schöpfwerke. Der Anteil des Landes bemisst sich nach den Aufwendungen, die im öffentlichen Interesse stehen."
Die Antragstellerin erhob Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.
Mit Beschluss vom 27. Mai 2014 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt. Eine Weiterbetreibensanordnung nach § 37 Abs. 2 Satz 1 BbgWG dürfe nach Wortlaut und Geschichte des § 37 BbgWG nur gegenüber dem bisherigen Betreiber der Anlage, nicht gegenüber dem bloßen Eigentümer ergehen. Eine Inanspruchnahme des bloßen Eigentümers widerspreche auch ordnungsrechtlichen Grundprinzipien. Weil der bisherige Betreiber tatsächlich in der Lage gewesen sei und immer noch in der Lage sei, das Schöpfwerk zu betreiben, sei auch aus einer weitergehenden Interessenabwägung die - zumal dauerhafte - Inanspruchnahme des Eigentümers nicht geboten.
Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 3. Juni 2014 zugegangen. Er hat am 11. Juni 2014 Beschwerde erhoben und seine Beschwerde erstmals am 30. Juni 2014 begründet.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Das fristgerechte Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) gibt im Ergebnis keinen Anlass, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern.
Allerdings überzeugt es nach summarischer Prüfung nicht, bei einem Auseinanderfallen von Nutzungsberechtigtem und Eigentümer eines Schöpfwerks den Nutzungsberechtigten als richtigen Adressaten einer auf § 37 Abs. 2 Satz 1 BbgWG gestützten Weiterbetreibensanordnung anzusehen.
Wer u. a. Schöpfwerke außer Betrieb setzen oder beseitigen will, ist nach § 37 Abs. 1 BbgWG verpflichtet, dies der Wasserbehörde zwei Monate vorher anzuzeigen. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 BbgWG kann die Wasserbehörde innerhalb der Frist nach § 37 Abs. 1 BbgWG den Weiterbetrieb u. a. eines Schöpfwerkes anordnen, wenn
1. andere durch das Außerbetriebsetzen oder Beseitigen der Anlage geschädigt würden oder
2. das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere unter Beachtung der §§ 6 und 33 des Wasserhaushaltsgesetzes und mit Rücksicht auf den Naturhaushalt, den Landschaftswasserhaushalt, den Denkmalschutz oder das Landschaftsbild den weiteren Betrieb erfordert
und dem bisherigen Anlageneigentümer nach seiner Wahl vom Begünstigten die Kosten des Betriebes und der Erhaltung der Anlagen ersetzt werden oder dieser sich ihm gegenüber verpflichtet, die Anlage zu betreiben und zu erhalten (Einrückung wie im Gesetzestext, Unterstreichung nur hier).
Die Auslegung des § 37 Abs. 2 Satz 1 BbgWG darf nicht daran vorbeigehen, dass § 37 BbgWG die Außerbetriebsetzung und Beseitigung von Anlagen regelt, die bislang freiwillig, d. h. nicht auf Grund einer entsprechenden öffentlich-rechtlichen Pflicht betrieben worden sind. Es ist keine Legitimation des Gesetzgebers dafür ersichtlich, den Eigentümer einer solchen, freiwillig betriebenen Anlage dazu verpflichten zu können, die Anlage bei Wegfall des eigenen Nutzungsinteresses des Eigentümers allein im Interesse bestimmter anderer (§ 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BbgWG) oder der Allgemeinheit (§ 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) auf eigene Kosten (und Mühe) weiterzubetreiben. Der Gesetzentwurf der Landesregierung (LT-Drs. 4/5052) hält dies zu Recht für unzumutbar. In der dortigen Einzelbegründung heißt es:
"Durch die Übernahme und Ergänzung der bisher in Absatz 1 Satz 3 enthaltenen Regelungen in Absatz 2 - neu - wird der Situation Rechnung getragen, dass ein Außerbetriebsetzen oder Beseitigen im Interesse eines vom Betrieb Begünstigten versagt wird. Es ist dem Anlageneigentümer, dem das Außerbetriebsetzen versagt wird und der an einer Aufrechterhaltung des Betriebs kein Interesse mehr hat, nicht zuzumuten, die Kosten für den Betrieb im Interesse anderer Begünstigter zu tragen."
Danach regelt der hier unterstrichene Teil des § 37 Abs. 2 Satz 1 BbgWG einen notwendigen Ausgleich für den erzwungenen Weiterbetrieb im Fremdinteresse. Der Ausgleich ist dabei nicht nur auf eine Kostenerstattung beschränkt, sondern umfasst auch das Recht des Eigentümers, den Betrieb und die Erhaltung der Anlage nach seiner Wahl in die Hände des Begünstigten zu legen; das Wahlrecht gehört insoweit mit zum Ausgleich.
Einen entsprechenden Ausgleich hätte indessen auch ein vom Eigentümer verschiedener Nutzungsberechtigter verdient, wenn er sein eigenes Nutzungsinteresse verliert und die Anlage dennoch weiterbetreiben soll. Ihm kann ebenso wenig wie dem Eigentümer zugemutet werden, eine Anlage allein im Interesse anderer oder der Allgemeinheit auf eigene Kosten weiterbetreiben zu müssen. Nachdem der Landesgesetzgeber indessen den notwendigen Ausgleich allein dem Eigentümer zugesprochen hat, dürfte allein der Eigentümer Adressat einer Weiterbetreibensanordnung sein können. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass eine Weiterbetreibensanordnung gegenüber einem vom Eigentümer verschiedenen Nutzungsberechtigen alleine ohnehin nicht ausreichen dürfte, den Weiterbetrieb zu sichern: Ohne gegebenenfalls erzwungene Duldung des Eigentümers ist der Nutzungsberechtige zum Weiterbetrieb rechtlich u. U. überhaupt nicht in der Lage.
Macht der im oben unterstrichenen Teil des § 37 Abs. 2 Satz 1 BbgWG geregelte Ausgleich die Verpflichtung zum Weiterbetrieb überhaupt erst zumutbar, so muss es sich um einen tatsächlich wirksamen Ausgleich handeln. Es ist nicht nur unzumutbar, eine allein Fremdinteressen dienende Anlage auf eigene Kosten betreiben zu müssen; unzumutbar wäre es auch, hinsichtlich des erzwungenen Betriebes einer Anlage im Fremdinteresse zwar Ausgleichsansprüche zu haben, bei der Ermittlung der Anspruchsgegner und der Durchsetzung der Ansprüche aber auf sich allein gestellt zu sein und gegebenenfalls auch das Risiko tragen zu müssen, dass der Begünstigte sich dem Ausgleich verweigert oder ihn nicht leisten kann. Dem trägt § 37 Abs. 2 Satz 1 BbgWG in der Weise Rechnung, dass es nach dem Wortlaut der Bestimmung ("und") schon zu den Voraussetzungen für die Weiterbetreibensanordnung zählt, dass dem bisherigen Anlageneigentümer nach seiner Wahl vom Begünstigten die Kosten des Betriebes und der Erhaltung der Anlagen ersetzt "werden" oder dieser sich ihm gegenüber "verpflichtet", die Anlage zu betreiben und zu erhalten. Dies bedeutet bei summarischer Prüfung, dass die Rechtmäßigkeit der Weiterbetreibensanordnung, die ein Dauerverwaltungsakt ist, nur dann und nur solange gegeben ist, wie die Verwirklichung des Wahlrechts und des Gewählten tatsächlich als gewährleistet erscheint. Dabei mögen gewisse Schwierigkeiten, insbesondere Anlaufschwierigkeiten, im Sinne der Praktikabilität des Ganzen vom Betreibenspflichtigen hinzunehmen sein. Dass er die Anlage nicht gleichsam nur gegen Vorkasse betreiben muss, ergibt sich insoweit bereits daraus, dass nach § 37 Abs. 2 Satz 2 BbgWG über die als Ausgleich zu erbringenden Leistungen im Streitfall die Wasserbehörde entscheidet, sie nach § 37 Abs. 2 Satz 3 BbgWG eine Frist bestimmen kann, binnen derer die in Satz 2 bezeichneten Verpflichtungen vom Dritten übernommen werden müssen, und die Fristbestimmung nach § 37 Abs. 2 Satz 4 BbgWG in geeigneter Form bekanntzumachen ist. Ungeachtet dessen kann der Eigentümer aber nicht gehalten sein, den Weiterbetrieb im Fremdinteresse letztlich doch auf eigenes Risiko vornehmen zu müssen. Dies muss die Wasserbehörde als die Behörde nachhalten, die die Weiterbetreibensanordnung verantwortet, sich etwa abzeichnenden Schwierigkeiten aktiv begegnen und die Weiterbetreibensanordnung unterlassen oder rechtzeitig aufheben, wenn nicht von einem Funktionieren des Ausgleichs ausgegangen werden kann.
Dem wird die hier in Rede stehende Weiterbetreibensanordnung nicht gerecht, ohne dass geklärt werden müsste, ob nicht nur das Grundstück, sondern auch das aufstehende Schöpfwerk im Eigentum der Antragstellerin steht. Der nach § 37 Abs. 2 Satz 1 BbgWG notwendige Ausgleich ist zurzeit erkennbar nicht gewährleistet, nachdem nicht klar ist, wer im Einzelnen in welchem Umfang zu den Begünstigten des Weiterbetriebes zählt und ob insoweit das Wahlrecht des Eigentümers auf Kostenübernahme oder Übernahme von Erhaltung und Betrieb der Anlage sowie das dann Gewählte durchsetzbar ist. Dies liegt nicht etwa an einer treuwidrigen Verweigerungshaltung des Eigentümers in Bezug auf die Wahlrechtsausübung, sondern daran, dass der Antragsgegner sich von vornherein ersichtlich auf den Standpunkt zurückgezogen hat, die Verwirklichung des notwendigen Ausgleichs gehe ihn zunächst einmal überhaupt nichts an, sondern sei bis zum Vorliegen eines Streitfalles allein Sache des Eigentümers.
Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der Vollzugsfolgenbeseitigung nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO hat keinen Erfolg. Für eine Berücksichtigung dieses Antrages im Beschwerdeverfahren ist kein Raum, nachdem die Antragstellerin nicht Aktivbeteiligter des Beschwerdeverfahrens ist und es um Vollzugsfolgen geht, die nicht erst nach Abschluss, sondern schon während des erstinstanzlichen Verfahrens eingetreten sind (vgl. zu diesem Maßstab: HessVGH, Beschluss vom 7. März 2011 - 8 B 217/11 - juris, Rdnr. 21; VGH BW, Beschluss vom 24. Juni 2008 - 11 S 1136/07 - juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).