Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 60. Senat | Entscheidungsdatum | 16.09.2010 | |
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Aktenzeichen | OVG 60 PV 8.09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 85 Abs 1 S 1 Nr 10 PersVG BE, § 90 Nr 2 PersVG BE |
Das Mitwirkungsrecht der Personalvertretung beim Erlass innerdienstlicher Verwaltungsvorschriften gem. § 90 Nr. 2 PersVG Berlin wird durch ein Mitbe-stimmungsrecht gem. § 85 PersVG Berlin auch dann verdrängt, wenn das Mitbestimmungsrecht im Einzelfall infolge des Gesetzes- und Tarifvorbehalts nicht zum Tragen kommt.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. März 2009 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Im Streit ist die Mitwirkungsbedürftigkeit der Dienstanweisung der Charité „Anwendung des TV-Ärzte im Drittmittelbereich und bei weniger als 50% KV-(Krankenversorgungs)Tätigkeit“ vom 14. März 2008.
Die vom Dekan der Medizinischen Fakultät Charité und vom kommissarischen Leiter des Geschäftsbereichs Personal der Charité unterzeichnete Dienstanweisung hat folgendem Wortlaut:
„Nach Abstimmung mit der Fakultät am 18. Januar 2008 wird unter Hinweis auf das Schreiben des Dekans vom 27. Dezember 2007 und die dort angesprochenen Sachverhalte wie folgt verfahren:
1. Die Anwendung des TV-Ärzte hängt grundsätzlich von seinem Geltungsbereich und den vorgesehenen Eingruppierungs-Kriterien, nicht aber von der Finanzierung ab. Das bedeutet: wenn die Voraussetzungen vorliegen, ist der TV-Ärzte anzuwenden.
Liegen die Eingruppierungsvoraussetzungen nicht vor, können Regelungen des TV-Ärzte analog angewendet werden, wenn das Vorhaben ausfinanziert ist. Die Verfügbarkeit entsprechender Mittel, besonders auch im Drittmittelbereich, ist Voraussetzung für die Übertragung entsprechender Dienstaufgaben. Dies ist durch die Fakultät gegenüber dem Geschäftsbereich Personal schriftlich zu bestätigen.
2. Die Grundsätze nach Ziffer 1 gelten für Haushalts- wie für Drittmittel-Beschäftigte.
3. Den Fachärzten des Geltungsbereich des TV-Ärzte mit weniger als 50% KV-Tätigkeit stehen die Entgeltgruppen oberhalb von Ä 1 ebenfalls offen, wenn eine entsprechende Zuweisung von ärztlichen Tätigkeiten dem Geschäftsbereich Personal durch die oder den Vorgesetzte(n) schriftlich dokumentiert wird. Ändert sich die Zuweisung, ist dies entsprechend zeitnah zu dokumentieren.
4. Auf nicht-ärztliche Wissenschaftler sind die vorstehenden Regelungen nur anwendbar, wenn die Gleichstellung mit Ärzten/Fachärzten amtlich bestätigt wird.“
Der in der Dienstanweisung in Bezug genommene, zwischen der Charité und dem Marburger Bund am 18. Juli 2007 geschlossene und am 1. Juli 2007 in Kraft getretene Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an der Charité-Universitätsmedizin Berlin (TV-Ärzte Charité) gilt nach § 1 Abs. 1 für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte; er gilt ferner für die nichtärztlichen Wissenschaftler, die überwiegend Aufgaben in der Patientenversorgung wahrnehmen. § 12 TV-Ärzte Charité regelt die Eingruppierung der Ärzte in die Entgeltgruppen Ä1 bis Ä4. Die Eingruppierung in Ä2 (Facharzt mit entsprechender Tätigkeit) setzt die Facharztanerkennung und eine überwiegende Tätigkeit im Fachgebiet voraus. In einer Protokollerklärung zu § 12 wird klargestellt, dass in den Entgeltgruppen Ä2 bis Ä4 die Eingruppierungen sich entsprechend ihrer nicht nur vorübergehenden und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit bestimmen.
Nachdem der Antragsteller von der Dienstanweisung Kenntnis erhalten hatte, bat er den Beteiligten mit Schreiben vom 8. April 2008, die Dienstanweisung zu annullieren, weil sie Festlegungen relativiere, die im Tarifvertrag klar geregelt seien. So würden auch wissenschaftlich tätige Ärzte immer ärztliche Tätigkeiten ausüben, sodass die Forderung eines Nachweises des Anteils der Tätigkeiten in der Krankenversorgung an der Gesamtkapazität eines Mitarbeiters tarifvertragswidrig sei. In seinem Antwortschreiben vom 24. Juni 2008 stellte der dem Beteiligten zu 1 unterstehende kommissarische Leiter des Geschäftsbereichs Personal klar, dass er im Einvernehmen mit der Fakultätsleitung eine einheitliche Anwendung des Tarifvertrags auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenversorgung einerseits und solche von Forschung und Lehre andererseits geregelt habe, womit Unschärfen und Widersprüche innerhalb der Charité zwischen den einzelnen Beschäftigungsgruppen geklärt und berufliche Entwicklungschancen vereinheitlicht würden. An der Dienstanweisung werde festgehalten, weil die Interpretation des Tarifvertragsinhalts der Intention des Marburger Bundes entspreche.
Am 28. Oktober 2008 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und geltend gemacht, dass es sich bei der Dienstanweisung um eine Verwaltungsvorschrift handele, die für die innerdienstlichen Angelegenheiten der Dienstkräfte erlassen worden sei und gemäß § 90 Nr. 2 PersVG Berlin der Mitwirkung des Personalrats unterliege. Zwar entfalle eine Mitbestimmung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 PersVG Berlin bei Fragen der Lohngestaltung infolge der Regelung durch Tarifvertrag. Dieser Tarifvorbehalt gelte jedoch nicht für den Mitwirkungstatbestand. Da der Mitbestimmungstatbestand entfalle, könne er den Mitwirkungstatbestand auch nicht verdrängen.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, dass der Beteiligte durch den Erlass der Dienstanweisung „Anwendung des TV-Ärzte im Drittmittelbereich und bei weniger als 50% KV-Tätigkeit“ vom 14. März 2008 sein Mitwirkungsrecht verletzt hat.
Der Beteiligte hat zur Begründung seines Zurückweisungsantrags auf sein Schreiben 24. Juni 2008 verwiesen und ergänzend vorgetragen: Es bestünden bereits Bedenken, ob der Antragsteller nicht die Fakultätsleitung als Beteiligten hätte benennen müssen. Da sich die Dienstanweisung ausschließlich an die Personalsachbearbeiter, aber nicht unmittelbar an die Beschäftigten richte und auch keine innerdienstlichen, sozialen oder persönlichen Angelegenheiten regele, stelle sie keine Verwaltungsvorschrift im Sinne von § 90 Nr. 2 PersVG Berlin dar.
Mit Beschluss vom 17. März 2009 hat das Verwaltungsgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Der Antragsteller sei die zuständige Personalvertretung für Maßnahmen, die sich wie hier auf die von ihm repräsentierte Dienststelle beschränkten. Ihm trete als Leiter der Dienststelle der beteiligte Vorstandsvorsitzende gegenüber. Ihm, und nicht der Fakultätsleitung stehe die Befugnis personalvertretungsrechtlicher Leitungsentscheidungen zu, von der er hier durch den Leiter des Geschäftsbereichs Personal auch Gebrauch gemacht habe. Zwar handele es sich bei der Dienstanweisung vom 14. März 2008 um eine Verwaltungsvorschrift, die für die innerdienstlichen Angelegenheiten der Beschäftigten erlassen worden sei; dafür komme es nicht darauf an, ob sie an die Sachbearbeiter der Personalabteilung oder unmittelbar an die Beschäftigten gerichtet sei. Jedoch verdränge der dem Grunde nach erfüllte Mitbestimmungstatbestand des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 PersVG Berlin den Mitwirkungstatbestand des § 90 Nr. 2 PersVG Berlin. Das gelte auch dann, wenn - wie hier - der Mitbestimmungstatbestand infolge des Tarifvorbehalts entfalle. Die Beschäftigten blieben dabei nicht schutzlos, weil die im Rahmen des neuen Tarifvertrages richtige Eingruppierung nicht nur der neu eingestellten, sondern auch der vorhandenen Arbeitnehmer jeweils mitbestimmungspflichtig sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er trägt vor, das Verwaltungsgericht habe zutreffend die Dienstanweisung als innerdienstliche Verwaltungsvorschrift angesehen. Entgegen dessen Auffassung werde jedoch sein Mitwirkungsrecht nicht durch das Mitbestimmungsrecht verdrängt. Vielmehr sei es, soweit es aus gesetzessystematischen Gründen als subsidiär gegenüber einem Mitbestimmungstatbestand anzusehen sei, weiterhin anwendbar, wenn wegen des Tarifvorbehalts der entsprechende Mitbestimmungstatbestand nicht einschlägig sei. Ein Konkurrenzverhältnis zwischen Beteiligungsrechten verschiedener Intensität setze eine echte Konkurrenz dieser Beteiligungsrechte voraus und könne nicht auf die bloße Fiktion einer möglichen Konkurrenz bei einer anderen Sachlage ausgedehnt werden. Hätte der Gesetzgeber das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis gewollt, hätte er auch die Mitwirkungstatbestände des § 90 PersVG Berlin unter Tarifvorbehalt gestellt. Da er dies nicht getan habe, bestehe das Mitwirkungsrecht eben auch bei Verwaltungsvorschriften zur Anwendung von Tarifverträgen. Sicherlich könne eine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung eines Tarifvertrages dessen Inhalt nicht ändern. Dies bedeute aber nicht, dass ihr Erlass nicht als mitwirkungspflichtige innerdienstliche Anordnung einzustufen wäre.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. März 2009 zu ändern und festzustellen, dass der Beteiligte durch den Erlass der Dienstanweisung „Anwendung des TV-Ärzte im Drittmittelbereich und bei weniger als 50% KV-Tätigkeit“ vom 14. März 2008 das Mitwirkungsrecht des Antragstellers verletzt hat.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss, hält aber weiter an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Dienstanweisung schon deshalb nicht um eine innerdienstliche Verwaltungsvorschrift im Sinne von § 90 Nr. 2 PersVG Berlin handele, weil sie sich lediglich an eine Abteilung des Geschäftsbereichs Personal richte, die für die Personalabrechnung und die -sachbearbeitung zuständig sei. Eine Dienstanweisung im Sinne des § 90 Nr. 2 PersVG Berlin setze jedoch die unmittelbare Geltung für die Beschäftigten voraus, sie müsse allgemeingültig sein. Angesichts der vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Systematik bedürfe es eines Tarifvorbehalts bei § 90 Nr. 2 PersVG Berlin nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten einschließlich Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Zwischen den Parteien ist zu Recht nicht mehr im Streit, dass sie sich als die jeweils richtigen Beteiligten gegenüberstehen. Auf der einen Seite hat der Beteiligte zu 1 die vom kommissarischen Leiter des Geschäftsbereichs Personal unterzeichnete Dienstanweisung personalvertretungsrechtlich zu verantworten, weil der Leiter in seinem Auftrag gehandelt hat; die Mitzeichnung durch den Dekan bringt nur zum Ausdruck, dass die Dienstanweisung, wie es einleitend heißt, „nach Abstimmung mit der Fakultät“ erlassen worden ist. Auf der anderen Seite regelt die Dienstanweisung eine Angelegenheit, die nur die Beschäftigten der Medizinischen Fakultät betrifft, sodass gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 PersVG Berlin dessen Personalrat und nicht der Gesamtpersonalrat der Charité zuständig ist. Sie trifft Regelungen zur Anwendung des Tarifvertrages auf Beschäftigte der Fakultät, bei denen zwischen den Beteiligten streitig ist, inwieweit sie vom Geltungsbereich des TV-Ärzte Charité, insbesondere von dessen Einstufungsregelung, erfasst werden.
Einigkeit besteht zwischen den Beteiligten auch insoweit, als die Dienstanweisung zwar Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle i.S.v. § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 PersVG Berlin zum Gegenstand hat, dass das Mitbestimmungsrecht aber nicht zum Tragen kommt, weil die Dienstanweisung vom Tarifvorbehalt des Einleitungssatzteils in § 85 Abs. 1 Satz 1 PersVG Berlin erfasst ist. Danach bestimmt die Personalvertretung u.a. bei Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle nur mit, soweit keine Regelung durch Rechtsvorschrift oder Tarifvertrag besteht. Der Tarifvorbehalt bedeutet, dass das Mitbestimmungsrecht jedenfalls dann verdrängt wird, wenn der Gegenstand der mitbestimmungspflichtigen Maßnahme abschließend durch einen in der Dienststelle geltenden Tarifvertrag geregelt ist. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass es bei einer tariflichen Bestimmung keiner Mitsprache der Personalvertretung bedarf, weil bereits ein billiger Interessenausgleich für die Beschäftigten in den Tarifverhandlungen herbeigeführt worden ist; auch sollen die Personalräte nicht in Konkurrenz zu den Tarifvertragsparteien treten (vgl. Germelmann/Binkert, PersVG Berlin, 2. Aufl., Rn. 17 zu § 85). Bei objektiver Betrachtung regeln §§ 1 und 12 TV-Ärzte Charité abschließend, welche Ärzte und nichtärztlichen Wissenschaftler vom Geltungsbereich und von den Eingruppierungsvorschriften des TV-Ärzte Charité erfasst sind. Es handelt sich demzufolge bei der Dienstanweisung um eine - zwischen den Beteiligten in ihrer Zulässigkeit umstrittene - Interpretation des Tarifvertrages in Form verbindlicher Anwendungshinweise, mit der Folge, dass der Tarifvorbehalt Platz greift.
Schließlich besteht zu Recht Konsens auch insoweit, als die Vorschrift über die Mitwirkung des Personalrats beim Erlass von innerdienstlichen Verwaltungsvorschriften (§ 90 Nr. 2 PersVG Berlin) in den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten nach § 85 PersVG Berlin nicht anzuwenden ist (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. September 2004 - BVerwG 6 P 3.04 - juris Rn. 23 ff.).
Indes vermag der Senat der Auffassung der Fachkammer nicht uneingeschränkt zu folgen, dass es sich bei der Dienstanweisung vom 14. März 2008 zweifelsfrei um eine innerdienstliche Verwaltungsvorschrift im Sinne von § 90 Nr. 2 PersVG Berlin handelt. Zutreffend hat die Kammer ihrer Entscheidung zunächst das weite Verständnis vom Begriff „Verwaltungsvorschrift“ zugrundegelegt, von dem das Bundesverwaltungsgericht für § 90 Nr. 2 PersVG Berlin ausgeht. Danach ist unter einer Verwaltungsvorschrift im personalvertretungsrechtlichen Sinne jede Regelung zu verstehen, welche die Dienststelle in Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rechte als Dienstherr oder Arbeitgeber gegenüber allen Beschäftigten, jedenfalls aber gegenüber einer unbestimmten Anzahl ihrer Beschäftigten trifft, ohne dass es auf die Form ankommt (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Februar 1987 - BVerwG 6 P 9.85 -, juris Rn. 14, zum verwandten Begriff der Verwaltungsanordnung in § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG). Die Regelung muss allerdings allgemeingültigen Charakter für den Geschäftsbereich der Dienststelle haben (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. September 2004 - BVerwG 6 P 3.04 -, juris Rn. 20). Mit dem Begriff „innerdienstlich“ grenzt das Gesetz den Mitwirkungstatbestand gegen Verwaltungsvorschriften ab, die die Aufgabenerfüllung der Dienststelle als solche betreffen. Dass es sich bei Anwendungshinweisen zu einem in der Dienststelle geltenden Tarifvertrag grundsätzlich nicht um eine Angelegenheit handelt, die die Aufgabenerfüllung einer medizinischen Fakultät betreffen, ist offenkundig. Jedoch könnte die Dienstanweisung ihren innerdienstlichen Charakter dadurch verlieren, dass sie nicht unmittelbar an die Beschäftigten, sondern ausschließlich an die Sachbearbeiter der Personalabteilung gerichtet ist. Denn gegebenenfalls wird mit der Dienstanweisung ausschließlich das Arbeitsverhalten konkretisiert, welches den Mitarbeitern der Personalabteilung bei der Bewältigung der ihnen übertragenen Personalangelegenheiten der Dienststelle obliegt (vgl. Beschluss des 62. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2009 - OVG 62 PV 15.07 - zu § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG und dazu Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Mai 2010 - BVerwG 6 PB 3.10 -, juris Rn. 4 ff.). Sie hat insoweit möglicherweise auch keinen „allgemein gültigen“ Regelungscharakter.
Dies bedarf indes keiner Entscheidung. Denn unterstellt man zugunsten des Antragstellers, dass es sich bei der Dienstanweisung um eine für die innerdienstlichen Angelegenheiten erlassene Verwaltungsvorschrift handelt, ist § 90 Nr. 2 PersVG Berlin nach den oben dargelegten Grundsätzen des Vorrangs der Mitbestimmungsrechte aus § 85 PersVG Berlin nicht anwendbar, ungeachtet des Umstandes, dass das Mitbestimmungsrecht im konkreten Fall wegen des einschlägigen Tarifvorbehalts nicht zum Tragen kommt. Denn nach dem systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelungen sperrt das stärkere Mitbestimmungsrecht das schwächere Mitwirkungsrecht bereits dann, wenn die Maßnahme die positiven Tatbestandsvoraussetzungen der in § 85 Abs. 1 und 2 PersVG Berlin aufgeführten Mitbestimmungsrechte erfüllt; dies gilt deshalb auch dann, wenn das Mitbestimmungsrecht im Einzelfall infolge einer vorrangigen normativen Regelung, sei es durch Rechtsvorschrift oder Tarifvertrag, ausgeschlossen ist.
Rechtstechnisch handelt bei dem Gesetzes- und Tarifvorbehalt um ein negatives Tatbestandsmerkmal, das zu dem jeweiligen konkreten Beteiligungsgegenstand keinen Bezug aufweist. Er ist im Einleitungssatz vorangestellt und gilt für sämtliche in § 85 Abs. 1 und Abs. 2 PersVG Berlin aufgezählten Fälle. Damit gibt das Gesetz nach seiner Systematik bei den im wesentlichen auf abstrakt-generelle Regelungen zugeschnittenen Mitbestimmungstatbeständen des § 85 PersVG Berlin eine Hierarchie der Interessenvertretung der Beschäftigten vor: Rechtsvorschrift/Tarifvertrag - Mitbestimmung - Mitwirkung, wobei die jeweils stärkere die schwächere(n) verdrängt.
Das findet seine Entsprechung in Sinn und Zweck der Regelungen. Wenn dem Gesetzes- und Tarifvorbehalt - wie oben ausgeführt - die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde liegt, dass die Beschäftigten durch die jeweilige gesetzliche oder tarifliche Regelung ausreichend geschützt sind, weil bereits ein billiger Interessenausgleich für sie im Gesetzgebungsverfahren oder in den Tarifverhandlungen herbeigeführt worden ist, dann betrifft das nicht nur die Beteiligung in Form der Mitbestimmung, sondern - erst recht - auch die Beteiligung in der schwächeren Form der Mitwirkung. Bei Tarifverträgen kommt der Regelungszweck des Vorbehalts hinzu, wonach die Personalräte nicht in Konkurrenz zu den Tarifvertragsparteien treten sollen. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber das stärkere Mitbestimmungsrecht hinter die normative Regelung zurücktreten, stattdessen dann aber ein anderes Beteiligungsrecht bestehen und damit die Personalvertretung im Ergebnis doch an der Willensbildung des Dienststellenleiters im Gesetzes- und Tarifbereich teilnehmen lassen wollte. Im Gegensatz zum Mitbestimmungsrecht, das im Streitfall bei Fragen der Lohngestaltung das Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle zuweist (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 PersVG Berlin), liegt im Falle der Mitwirkung das Letztentscheidungsrecht zwar beim Dienststellenleiter. Jedoch muss der Dienststellenleiter die Maßnahme, hier die Dienstanweisung, im Rahmen der Mitwirkung vor der Durchführung mit der Personalvertretung mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend erörtern (vgl. § 84 Abs. 1 PersVG Berlin) und, will er den Einwendungen der Personalvertretung nicht oder nicht in vollem Umfang entsprechen, ihr die Gründe dafür mitteilen. Eine „Verständigung“ zwischen Dienststellenleiter und Personalvertretung soll nach dem Willen des Gesetzgebers im normativ geregelten Bereich aber gerade nicht möglich, schon gar nicht notwendig sein. Bei Maßnahmen im tarifvertraglich geregelten Bereich kommt hinzu, dass konkurrierende Vereinbarungen oder „Verständigungen“ zwischen Dienststelle und Personalvertretung die Tarifhoheit der Tarifvertragsparteien beeinträchtigen können. Dem Ausschluss einer solchen Einflussnahme der Personalvertretung dient nicht nur der Tarifvorbehalt in § 85 Abs. 1 und 2 PersVG Berlin. Vielmehr wird dieser Grundsatz in § 75 Satz 1 PersVG Berlin noch dadurch in besonderem Maße betont, dass Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen schon dann nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung sein können, wenn diese nur üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt werden. Die Möglichkeit der Einflussnahme der Personalvertretung auf dem Tarifvorbehalt unterliegende Angelegenheiten schließt bereits ihre Mitwirkung beim Erlass diesbezüglicher Dienstanweisungen aus.
Der Senat teilt die Auffassung der Vorinstanz, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Tendenz für die hier vertretene Auffassung spricht. So hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem grundlegenden Beschluss vom 1. September 2004, a.a.O., zum Konkurrenzverhältnis der Beteiligungsrechte nach § 85 PersVG Berlin einerseits und § 90 Nr. 2 PersVG Berlin andererseits die für eine Mitwirkung verbleibenden Anwendungsfälle zum Beleg dafür aufgezählt, dass die Regelung auch bei einer Verdrängung des Mitwirkungsrechts durch das Mitbestimmungsrecht ihren Sinn behält. Hätte das Gericht die Verdrängungswirkung des § 90 Nr. 2 PersVG Berlin nicht auf diejenigen Fälle des § 85 PersVG Berlin erstrecken wollen, in denen wegen Gesetzes- oder Tarifvorbehalts im Einzelfall die Mitbestimmung ausscheidet, hätte es nahe gelegen, diese in der Praxis häufigen Fälle beim verbleibenden Anwendungsbereich für § 90 Nr. 2 PersVG Berlin aufzuführen.
Richtig ist schlussendlich auch, dass die Beschäftigten bei Ausschluss der Mitwirkung nach § 90 Nr. 2 PersVG Berlin nicht schutzlos bleiben. Denn zum einen ist die erstmalige Eingruppierung im Rahmen des TV-Ärzte Charité in jedem Einzelfall mitbestimmungspflichtig, zum anderen bleibt dem Personalrat das Einwendungsrecht im Rahmen seiner allgemeinen Aufgabe, darüber zu wachen, dass die für die Dienstkräfte geltenden Tarifverträge eingehalten werden (vgl. § 72 Abs. 1 Nr. 2 PersVG Berlin).
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage einer Mitwirkung des Personalrats beim Erlass von innerdienstlichen Verwaltungsvorschriften zur Regelung einer Mitbestimmungsangelegenheit im normativ geregelten Bereich zugelassen.