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Entscheidung 42 C 24/10


Metadaten

Gericht AG Neuruppin Entscheidungsdatum 19.11.2010
Aktenzeichen 42 C 24/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 197,99 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 2/ 3 und der Beklagte 1/ 3 zu tragen.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 100,00 € abwenden wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Zulassungsberufung wird für die Klägerin zugelassen.

5. Der Kostenstreitwert wird auf 620,43 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin erhielt von dem Beklagten einen Auftrag zur Montage eines Türsystems. Sie stellte ihm ihre mangelfrei erbrachte Leistung unter dem 12. Mai 2009 mit 5.690,00 € in Rechnung. Nach mehreren vergeblichen Mahnungen beauftragte sie am 15. Juli 2009 ein Inkassoinstitut mit der Forderungsbeitreibung. In der Folgezeit, so die Klägerin, versuchten die Mitarbeiter der Inkassogesellschaft den Beklagten telefonisch zu erreichen. Trotz umfangreicher Bemühungen konnte der Beklagte nicht dazu bewegt werden, eine Zahlung zu leisten. Aufgrund der Bemühungen seitens der Klägerin und der von ihr beauftragten Inkassogesellschaft habe der Beklagte am 28. Juli 2009 eine erste Zahlung von 1.500,00 € an die Klägerin geleistet, am 28. Juli 2009 eine weitere Zahlung von 1.190,00 €. Am 14. August 2009 glich der Beklagte die Hauptforderung durch eine weitere Zahlung von 3.000,00 € vollständig aus.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Erstattung von 77,93 € Verzugszinsen (berechnet in Anlage K2 zur Anspruchsbegründung – Bl.14 der Gerichtsakte).

Durch den zusätzlichen Buchhaltungsaufwand, bedingt durch das wiederholte Mahnen sowie die Überwachung des Kundenkontos sei der Klägerin ein Mehraufwand entstanden, der sich auf einen Betrag von 15,50 € beläuft.

Das Inkassoinstitut habe der Klägerin eine Grundvergütung von 507,00 € sowie eine Auslagenpauschale von weiteren 20,00 € berechnet.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 77,93 €, 15,50 € an vorgerichtlichen Mahnkosten und 527,00 € an angefallenen Inkassokosten zu zahlen.

Der Beklagte war säumig.

Entscheidungsgründe

1.) Das Gericht hat über die Klage, soweit schlüssig, im Wege des Versäumnisurteils zu entscheiden. Der im Termin nicht anwesend gewesene Beklagte hat nicht glaubhaft gemacht, zu dem Verhandlungstermin am 29. Oktober 2010 nicht ordnungsgemäß geladen gewesen zu sein (§§ 335 Abs. 1 Nr. 2; 337 S. 1 ZPO). Die Gerichtsakte enthält eine ordnungsgemäß ausgestellte Zustellungsurkunde der beauftragten Post, der zu entnehmen ist, dass die Sendung mit der Terminsladung am 27. Mai 2010 der im Betrieb des Beklagten Beschäftigten … persönlich ausgehändigt worden ist.

2.) Bei der weiteren rechtlichen Beurteilung hat das Gericht die Tatsachen als zutreffend anzunehmen, die die Klägerin in diesem Rechtsstreit schriftsätzlich vorgetragen hat (§ 331 Abs. 1 S. 1 ZPO). Jedoch auch bei dieser Annahme rechtfertigt das als zutreffend anzunehmende tatsächliche Vorbringen die von der Klägerin erhobenen Ansprüche nicht im vollem Umfang. Soweit dies nicht der Fall ist, ist die Klage trotz Säumnis des Beklagten abzuweisen (§ 331 Abs. 2 Hs. 2 ZPO):

a.) Die Klägerin verlangt von dem Beklagten 77,93 € Verzugszinsen, die sie in der Anlage K2 zur Anspruchsbegründung im Einzelnen berechnet hat. Den Zahlungseingang des Teilbetrages von 1.190,00 € trägt die Klägerin in ihrer Anspruchsbegründung für den 28. Juli 2009 vor; in der Zinsberechnung nimmt sie für den Zahlungseingang aber erst den 3. August 2009 an. Ihr Zinsanspruch ist daher für fünf Zinstage um 1,34 € auf 76,59 € zu vermindern. Im Übrigen ist die Zinsforderung schlüssig vorgebracht.

b.) Kosten für vermehrten Buchhaltungsaufwand durch die Mahnungen und Teilzahlungen des Beklagten kann die Klägerin nicht ersetzt verlangen. Hier handelt es sich um üblichen betrieblichen Geschäftsaufwand, der nicht gesondert als Verzugs-Schadensersatz berechenbar ist (vgl. BGH NJW 1976, 1256; 1980, 119).

c.) Die Kosten des von ihr beauftragten Inkassoinstituts kann die Klägerin nicht in voller Höhe ersetzt verlangen.

Das erkennende Gericht sieht Inkassokosten zwar als dem Grunde nach erstattungsfähigen Verzugsschaden an. Der Gläubiger kann nach erfolglosen Erstmahnungen oftmals nicht erkennen, ob sofort die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich werden wird oder ob der Schuldner bereits auf die „Drohkulisse„ eines Inkassoinstituts reagieren wird, wobei die Information und Abwicklung mit einem Inkassoinstitut für den Gläubiger oftmals einfacher sein wird als die umfassende Information eines Rechtsanwalts.

Die der Klägerin von dem Inkassoinstitut mit 527,00 € netto berechnete Vergütung bemisst sich bei der anfänglichen Hauptforderung von 5.690,00 € aber auf mehr als eine anwaltliche 1,3-Geschäftsgebühr gemäß Nummer 2300 KV-RVG zuzüglich 20 % Telefonkosten-Pauschale. Diese würde sich lediglich auf 459,40 € belaufen. Das Gericht berücksichtigt, dass ein durchschnittliches Mandat eines Rechtsanwalts, das in der Regel die Abrechnung einer 1,3 Geschäftsgebühr erlaubt (Nr. 2300 KV-RVG), deutlich mehr an Umfang, Schwierigkeit der anwaltlichen (!) Tätigkeit und Bedeutung für den Auftraggeber (§ 14 Abs.1 S.1 RVG) aufweist als die außergerichtliche Mahnung einer unbestrittenen Forderung. Die Berechenbarkeit der Gebührensätze des RVG sieht das Gesetz außerdem nur für die persönliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts oder einer ihm in engem Kreis gleichgestellten Person vor (§ 5 RVG). Von einer solchen Qualifikation der handelnden Personen kann bei einem Inkassoinstitut nicht regelmäßig ausgegangen werden (vgl. zur Erstattungsfähigkeit in solchen Fällen: Hartmann, Kostengesetze 38. Aufl. § 5 RVG Rz. 22 m.w.N). Das Gericht sieht daher die Kosten eines Inkassoinstituts in Anlehnung an Nr.2302 KV-RVG in der Regel in Höhe einer 0,3 RVG-Gebühr nebst TK-Pauschale (Nr. 7002 KV-RVG) als erstattungsfähig an, wobei der Umfang der Tätigkeit gelegentlich die Fertigung einfacher Mahnschreiben überschreiten wird, die Mahntätigkeit aber nicht von einer Person von der Qualifikation eines Rechtsanwalts ausgeübt werden wird.

Von dieser Regel abzuweichen bietet der vorliegende Fall keine Veranlassung. Die erstattungsfähigen Inkassokosten belaufen sich daher vorliegend auf 121,40 € netto.

3.) Die Kostenfolge ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 2, 11; 711 S.1 ZPO.

Die Zulassung der Berufung erfolgt zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO). Sie beruht auf dem Umstand, dass die Erstattungsfähigkeit eigener Kosten des Gläubigers, insbesondere aber von Inkassokosten bisher sowohl nach Grund als auch der Höhe nach weitgehend ungeklärt geblieben sind (vgl. BGH NJW 2009, 2530 bei Tz. 21; Urteil vom 6. Oktober 2010 – Az. VIII ZR 271/09; OLG Bamberg NJW-RR 1994, 412; OLG Dresden Rechtspfleger 1994, 260; NJW-RR 1996, 1471; OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 729; OLG Karlsruhe Rpfleger 1987, 422; OLG Koblenz JurBüro 1985, 295; OLG Köln OLGZ 1972, 412, OLG München MDR 1988, 407; Herrenrädern DGVZ 2009, 49; Peter JurBüro 1999, 174; Goebel, Inkassokosten, Deutscher Anwaltverlag 2008; Ernst in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. § 286 Rz. 157; Löwisch/Feldmann in Staudinger, BGB, Bearbeitung 2009 § 286 Rz. 221 ff).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.