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Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 27.11.2013
Aktenzeichen OVG 6 B 3.12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 70 S 1 VwGO, § 75 VwGO, § 91 Abs 1 VwGO, § 48 Abs 1 VwVfG, § 48 Abs 2 VwVfG, § 4 Abs 1 WiStruktG, Art 87 Abs 3a EGVtr, Art 87 Abs 3c EGVtr, Art 88 Abs 2 EGVtr, Art 88 Abs 3 S 3 EGVtr, § 7 Abs 1 EStG, § 7 Abs 4 S 1 Nr 2c EStG, § 23 Abs 1 KStG, Art 14 Abs 1 EGV 659/99

Tenor

Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 26. August 2008 geändert.

Der Teilrücknahmebescheid der Beklagten vom 17. Juni 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerinnen wenden sich gegen die teilweise Rücknahme eines Zuwendungsbescheides und Kürzung der ursprünglich bewilligten Förderung für die Wiedererrichtung des K... in Potsdam.

Unter dem 18. Dezember 1997 beantragte die K... GmbH & Co. oHG, die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1., bei der Beklagten die Gewährung eines Investitionszuschusses aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA) zur Errichtung einer Betriebsstätte, in der ein Hotel, Gastronomie, ein Handwerkerhof, eine Agrarausstellung und ein Museum angesiedelt werden sollten. Mit Bescheid vom 9. Mai 2000 bewilligte die Beklagte im Wege der Anteilsfinanzierung eine zweckgebundene Zuwendung in Höhe von 5.830.700 DM (33,64 % der zuwendungsfähigen Investitionen in Höhe von 17.332.63,00 DM) zur Finanzierung des Projekts „Errichtung einer Betriebsstätte des Tourismusgewerbes“. Mit weiterem Bescheid vom 29. Dezember 2000 änderte die Beklagte die Abruffrist für den bewilligten Zuschuss. Nachdem die K... GmbH Kultur-Forum & Co oHG sich im Juli 2001 in eine Kommanditgesellschaft, die Klägerin zu 1., umgewandelt hatte, die neu gegründete K... Parkgesellschaft mbH, die nunmehrige Klägerin zu 2., als Kommanditistin eingetreten war und letztere sich gegenüber der Klägerin zu 1. vertraglich zum Betrieb des Krongutes verpflichtet hatte, wurde der Zuwendungsbescheid mit Bescheid vom 1. März 2002 dahingehend geändert, dass Zuwendungsempfänger die Klägerin zu 1. und die Klägerin zu 2. wurden. Mit Bescheid vom 28. Mai 2002 wurden der Investitions- und Durchführungszeitraum sowie der Bewilligungszeitraum geändert. Die bewilligten Fördermittel wurden in mehreren Teilbeträgen bis zu einer Höhe von 2.538.088,16 Euro ausgezahlt.

Im Zuge des Verwaltungsverfahrens hatte es Änderungen insbesondere im Hinblick auf die in dem hier maßgeblichen Fördergebiet zulässige Förderintensität gegeben:

Mit dem 26. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ trat zum 1. Januar 1997 eine bis zum 31. Dezember 1999 geltende Neuabgrenzung der Fördergebiete in Kraft, der zufolge für die strukturstärkeren Regionen in Ostdeutschland ein Förderhöchstsatz von 43 % für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) galt (BT-Drs. 13/7205 Teil I Nr. 5.1); die Europäische Kommission genehmigte im Dezember 1996 die Abgrenzung der Fördergebiete für den Zeitraum 1997 bis 1999 (vgl. Mitteilung der Kommission betreffend den 27. Rahmenplan, ABl. EG 1999/C 80/03 Nr. II.2).

Am 16. Dezember 1997 erließ die Kommission Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (ABl. EG 1998 C 74/9), die für die Zeit ab dem 1. Januar 2000 bezüglich des Umfangs und der Auswahl der Fördergebiete sowie der Ausgestaltung der Fördersysteme neue Vorgaben für die Mitgliedsstaaten enthielten. Unter anderem sollten die Mitgliedstaaten der Kommission die von ihnen erstellten sog. Fördergebietskarten, die die unter die Freistellungsvoraussetzungen der Art. 92 Abs. 3 Buchst. a) und c) EG-Vertrag (EGV) in der Fassung von 1992 (ABl. EG 1992 C 224/30), ab 1997 Art. 87 Abs. 3 Buchst. a) und c) EGV (ABl. EG 1997 C 340/211), nunmehr Art. 107 Abs. 1 Buchst. a) und c) des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, ABl. EG 2008 C 115/91) fallenden Fördergebiete und die darin jeweils geltenden Beihilfehöchstintensitäten und Kumulierungshöchstsätze bezeichneten, im Entwurf zur Genehmigung vorlegen (vgl. insb. Ziff. 5.1 und 5.2 der Leitlinien). Dabei waren in den Fördergebieten gemäß Buchstabe a) der Regelung höhere Beihilfeintensitäten zulässig als in den Gebieten nach deren Buchstabe c). Mit Schreiben vom 24. Februar 1998 (abgedruckt als Anhang 3 zum Schreiben der Kommission vom 17. August 1999, ABl. EG 1999, 340/06) teilte die Kommission der Bundesregierung die neuen Leitlinien sowie die sich daraus für Deutschland ergebende - reduzierte - Fördergebietsbevölkerungshöchstgrenze mit. Zugleich forderte sie die Bundesregierung als sog. zweckdienliche Maßnahme auf, die nationale Regionalbeihilferegelung ab dem 1. Januar 2000 an die Leitlinien anzupassen und der Kommission spätestens bis zum 31. März 1999 die ab dem 1. Januar 2000 gültige Fördergebietskarte sowie die in den jeweiligen Fördergebieten anwendbaren Beihilfeintensitäten und Kumulierungshöchstsätze mitzuteilen. Die Bundesregierung wandte sich zwar nicht grundsätzlich gegen die Anpassung der bestehenden Beihilferegelung bis zum 31. Dezember 1999, erhob aber Einwendungen gegen verschiedene Regelungen in den Leitlinien (vgl. 28. Rahmenplan, BT-Drs. 14/776, Teil I Nr. 93).

Unter dem 30. März 1999 meldete die Bundesregierung bei der Kommission den Entwurf einer die Jahre 2000 - 2003 betreffenden Fördergebietskarte für die Beihilfen mit regionaler Zielsetzung an, wobei das Bundesgebiet in sog. Arbeitsmarktregionen aufgeteilt und für die Fördergebiete ein gegenüber den Vorgaben der Kommission höherer Bevölkerungsprozentsatz angegeben wurde. Die Kommission teilte mit Schreiben vom 17. August 1999 (a.a.O.) mit, dass die von der Bundesrepublik nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a) EGV vorgeschlagenen Regionen (die fünf neuen Bundesländer) und die jeweilige Beihilfehöchstintensität mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien (Beihilfesache N 195/99); gleichzeitig wurde in der Beihilfesache C 47/99 das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EGV eröffnet, um die Vereinbarkeit der Fördergebietskarte mit dem Gemeinsamen Markt in Bezug auf die westdeutschen Fördergebiete und die Stadt Berlin zu prüfen. Die Kommission wies u.a. darauf hin, dass die Notifizierung nicht klar erkennen lasse, ob die Stadt Berlin als Fördergebiet nach Art. 87 Buchst. a) oder c) EGV vorgeschlagen werde. Die Stadt erfülle nicht die Kriterien für eine Einstufung nach Buchstabe a) der Regelung, weshalb die notifizierten Beihilfeintensitäten zu hoch seien, sie gehöre aber nicht zu einer nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c) EGV vorgeschlagenen Arbeitsmarktregion, sondern sei Teil der (als ostdeutsche Region vorgeschlagenen) Arbeitsmarktregion Berlin. Nach den Leitlinien könnten Regionalbeihilfen nur innerhalb der geographischen Grenzen einer solchen Region gewährt werden. Mit (Fax-)Schreiben vom 17. September 1999 (vgl. Entscheidung der Kommission vom 14. März 2000, ABl. EG 2001 L 97/27, Fn. 10) teilte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission daraufhin mit, dass die gesamte Arbeitsmarktregion Berlin so zu behandeln sei, als wäre sie ein Fördergebiet nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c) EGV, was bedeute, dass im Brandenburgischen Umland von Berlin, das ein Fördergebiet nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a) EGV sei, die Fördermöglichkeiten nicht voll ausgeschöpft würden.

Am 14. März 2000 erließ die Kommission „zur Neuabgrenzung der Fördergebiete der Gemeinschaftsaufgabe ‚Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur‘ in Deutschland für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2003 - Westdeutschland und Berlin“ eine im Amtsblatt der Europäischen Union vom 6. April 2001, L 97/34 veröffentlichte Entscheidung mit folgendem Tenor:

„Artikel 1

Die Fördergebietskarte für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2003 in Bezug auf die Gebiete nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag ist vorbehaltlich der in Artikel 2 genannten Bedingungen und Auflagen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

(1) Deutschland führt auf nationaler Ebene Maßnahmen ein, die ganz klar jene Gebiete, die unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag fallen, von jenen Gebieten, die unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag fallen, abgrenzen und die klar feststellen, dass nur diese Gebiete berechtigt sind, eine Regionalförderung im Sinne dieser Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung zu erhalten.

(2) Die Beihilfehöchstintensitäten für die Stadt Berlin werden, auch im Kumulierungsfall, auf 20% NSÄ (Nettosubventionsäquivalent) begrenzt, wobei für KMU (kleine und mittlere Unternehmen) ein Zuschlag von 10 % brutto gewährt werden kann.

Artikel 3

Deutschland teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.“

In der Entscheidung wird an verschiedenen Stellen ausgeführt, dass in der „Arbeitsmarktregion Berlin“, also auch im Brandenburgischen Umland, aufgrund einer Zusage der Bundesregierung nur die (niedrigeren) Fördermöglichkeiten des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c) EGV zur Anwendung kommen dürften (vgl. Ziffern 14, 44-47 der Entscheidung). Eine auf Feststellung der Nichtigkeit der Entscheidung der Kommission vom 14. März 2000 gerichtete Klage der Bundesrepublik Deutschland wurde vom EuGH mit Urteil vom 18. Juni 2002 (C 242/00 - Bundesrepublik Deutschland gegen Kommission, Slg. 2002 I-05603, juris) als unzulässig abgewiesen.

Am 20. März 2000 beschloss der Planungsausschuss den ab dem 1. Januar 2000 gültigen 29. Rahmenplan. Um den Genehmigungsvoraussetzungen der Kommission Genüge zu tun, wurde der Umfang der nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c) EGV angemeldeten Fördergebiete reduziert. Die Förderhöchstsätze für KMU wurden in den strukturstärkeren Regionen Ostdeutschlands und Berlin auf 43 % festgesetzt (BT-Drs. 14/3250 Teil I Nr. 5.2.2). Im November 2000 erklärte die Kommission, dass die angemeldete Fördergebietskarte mit beihilferechtlichen Vorgaben nicht vereinbar sei und forderte die Bundesrepublik Deutschland auf, die Förderintensitäten in der gesamten Arbeitsmarktregion Berlin auf die Obergrenze der Stadt Berlin zu senken (vgl. 30. Rahmenplan, BT-Drs. 14/5600, Teil 1 Nr. 5.2.2). Am 24. Januar 2001 erließ der Planungsausschuss den 30. Rahmenplan, mit dem die Förderhöchstsätze ab dem 1. Januar 2000 für KMU in der Arbeitsmarktregion Berlin auf 20 % des Nettosubventionsäquivalents (NSÄ) zuzüglich 10 % brutto festgesetzt wurden (BT-Drs. 14/5600 Teil I Nr. 5.4). Daraufhin stellte die Kommission mit an die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union gerichtetem Schreiben vom 9. Februar 2001 fest, dass durch die Beschlüsse des Planungsausschusses vom 24. Januar 2001 die Bedingungen des Artikel 2 der Entscheidung vom 14. März 2000 umgesetzt worden seien.

Im Hinblick auf die im Jahr 2000 beschiedenen Förderfälle in den Brandenburgischen Teilen der Arbeitsmarktregion Berlin leitete die Kommission wegen missbräuchlicher Anwendung der Gemeinschaftsaufgabe ein Beihilfeverfahren (NN 9/2001) ein. Nachdem die Bundesregierung der Kommission mitgeteilt hatte, dass Deutschland bereit sei, die Förderfälle des Jahres 2000 im Brandenburgischen Teil der Arbeitsmarktregion Berlin zu überprüfen und überschießende Beträge zurückzufordern, wurde dieses Verfahren ohne förmliche Entscheidung eingestellt.

Mit an beide Klägerinnen adressiertem Teilrücknahmebescheid vom 17. Juni 2002 nahm die Beklagte den Zuwendungsbescheid vom 9. Mai 2000 mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise zurück und kürzte die bewilligte Förderung um 443.101,41 Euro auf 2.538.088,16 Euro. Zur Begründung des auf § 48 Abs. 2 VwVfG gestützten Bescheides führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die gewährte Beihilfe habe sich im Rahmen der Beihilfekontrolle der Kommission insoweit als gemeinschafts- und damit rechtswidrig erwiesen, als eine Förderung von 20% netto zuzüglich 10 % brutto des Gesamtinvestitionsvolumens überschritten worden sei. Dabei sei - mangels Angaben zur Steuerbelastung des Unternehmens - bei der Berechnung des für die Beihilfeintensität maßgeblichen NSÄ von einer nicht bestehenden Steuerbelastung auszugehen gewesen. Auf Vertrauensschutz könnten sich die Zuwendungsempfänger nicht berufen.

Hiergegen legte die Klägerin zu 1. mit Schreiben vom 28. Juni 2002 Widerspruch ein. Nachdem die Beklagte die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen im Dezember 2002 darauf hingewiesen hatte, dass nicht nur die Klägerin zu 1., sondern auch die Klägerin zu 2. Zuwendungsempfängern sei, dies aber bei der Frage der Zulässigkeit des Widerspruchs nicht problematisiert werden solle, übersandten die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen unter dem 11. März 2003 eine Prozessvollmacht der Klägerin zu 2., die weitere Widerspruchsbegründung vom 10. April 2003 ist überschrieben mit „Weitergehende Begründung des Widerspruchs der K... GmbH Kulturforum & Co. KG und der K... Parkgesellschaft mbH“.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin zu 1. durch Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 16. September 2003 im Wesentlichen zurück und führte zur Begründung aus: Der Widerspruch habe Erfolg, soweit er sich gegen die Berücksichtigung von Sonderabschreibungen bei der Ermittlung des NSÄ wende. Im Übrigen bleibe er erfolglos. Der Zuwendungsbescheid sei rechtswidrig und zurückzunehmen, soweit die von der Kommission genehmigte Förderungshöchstintensität für KMU im Brandenburgischen Teil der Arbeitsmarktregion Berlin von 20 % netto zuzüglich 10 % brutto überschritten sei. Eine genehmigte Beihilferegelung mit anderen Förderintensitäten habe nicht vorgelegen. Es bestehe auch kein Anspruch darauf, dass im Wege der „De-minimis“- Beihilfen die überschießende Zuwendung in Höhe von 100.000 Euro belassen werde. Das NSÄ sei zutreffend berechnet worden. Die Berechnung anhand des hier angewandten „vereinfachten Verfahrens“ stelle die ständige Verwaltungspraxis bei nachträglicher Überprüfung der Einhaltung der Förderhöchstintensität dar. Da die Steuerlast in einem solchen Fall bereits feststehe, seien keine Gründe dafür ersichtlich, die Berechnung anhand der fiktiven Höchststeuer vorzunehmen; die in Anhang 1 der Leitlinien der Kommission dargestellte Berechnungsmethode des NSÄ sei für die Mitgliedstaaten rechtlich nicht bindend. Der Rücknahme des Zuwendungsbescheides stehe auch kein Vertrauensschutz entgegen. Die Bewilligungsbehörde sei nicht zuständig für das Einholen einer beihilferechtlichen Genehmigung, dies erscheine im Übrigen weder sachdienlich noch aussichtsreich.

Die Klägerin zu 1. hat am 16. Oktober 2003 Klage erhoben. Der Beklagte hat mit der Klageerwiderung vom 12. Februar 2004 gerügt, dass die Klage nicht wirksam erhoben sei, weil die Klägerin zu 1. allein nicht klagen könne. Die nunmehrige Klägerin zu 2. hat mit Schreiben vom 7. August 2008 ihre Zustimmung zur Prozessführung der Klägerin zu 1. erklärt.

Mit Urteil vom 26. August 2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Anfechtungsklage der Klägerin (zu 1.) sei auch ohne Mitwirkung der anderen Adressatin des Teilrücknahmebescheides zulässig. Sie sei jedoch unbegründet. Der Zuwendungsbescheid sei rechtswidrig. Er habe gegen das Durchführungsverbot des Art. 88 Abs. 3 i.V.m. Art. 87 Abs. 1 EGV verstoßen. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren nicht nur für die Stadt Berlin, sondern auch für das Brandenburger Umland, zu dem die Stadt Potsdam gehöre, eröffnet habe. Damit habe es zum Bewilligungszeitpunkt auch für die Stadt Potsdam an einer abschließenden Entscheidung im Prüfverfahren gefehlt. Zwar begründe eine formell gemeinschaftswidrige Beihilfe noch keinen Rückforderungsanspruch, sie berechtige jedoch zur Aussetzung weiterer Beihilfezahlungen. Der Bewilligungsbescheid sei darüber hinaus rechtswidrig, weil er die von der Kommission in ihrer Entscheidung vom 14. März 2000 für zulässig erachtete Beihilfehöchstintensität von 20 % NSÄ zuzüglich 10 % brutto überschritten habe. Auch wenn dieser Förderhöchstsatz nach dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung nur für die Stadt Berlin gelte, ergebe eine verständige Auslegung, dass unter der „Stadt Berlin“ die gesamte Arbeitsmarktregion Berlin, mithin auch die Stadt Potsdam zu verstehen sei. Der teilweisen Rücknahme des Zuwendungsbescheides stehe kein Vertrauensschutz entgegen. Die Ermessensentscheidung der Beklagten sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Beklagte sei insbesondere nicht gehalten gewesen, das NSÄ bei der hier erfolgten nachträglichen Berechnung unter Berücksichtigung fiktiver Steuerhöchstsätze zu berechnen; die in Anhang 1 der Leitlinien für das NSÄ vorgesehene Berechnungsmethode sei für die Mitgliedstaaten nicht bindend. Die Beklagte habe ihr Rücknahmeermessen auch nicht dahin ausüben müssen, dass der Klägerin (zu 1.) auf der Grundlage der „De-Minimis“-Verordnung ein Betrag in Höhe von 100.000 Euro verbleibe. Die teilweise Rücknahme des Zuwendungsbescheides sei des Weiteren nicht unverhältnismäßig; die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, eine beihilferechtliche Genehmigung bei der Kommission einzuholen. Schließlich sei auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG gewahrt.

Die Klägerin zu 1. hat die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. In der mündlichen Verhandlung am 23. Januar 2013 hat die Klägerin zu 2. erklärt, dem Rechtsstreit beizutreten. Die Klägerinnen tragen vor:

Die von der Klägerin zu 1. zunächst allein erhobene Klage sei zulässig, weil nicht von einer echten notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen sei. Bei Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft sei die Klägerin zu 2. aber bei der Einlegung des Widerspruchs von der Klägerin zu 1. vertreten worden, außerdem sei fraglich, ob der Teilrücknahmebescheid der Klägerin zu 2. überhaupt wirksam bekanntgegeben worden sei. Jedenfalls sei der Parteibeitritt sachdienlich.

Die Klage sei auch begründet. Der Zuwendungsbescheid könne nicht teilweise zurückgenommen werden, denn er sei nicht rechtswidrig. Maßgeblicher Zeitpunkt sei derjenige der Beantragung der Zuwendung oder des Investitionsbeginns; zu diesen Zeitpunkten habe ein Förderhöchstsatz von 43 % gegolten. Aber auch bei Erlass des Zuwendungsbescheides habe sich an dem Förderhöchstsatz nichts geändert. Maßgeblich seien insoweit die Rahmenpläne, der dort festgelegte Förderhöchstsatz sei erst mit Beschluss vom 24. Januar 2001 rückwirkend zum 1. Januar 2000 geändert worden. Auch unionsrechtlich habe sich zuvor keine Änderung ergeben, denn die von der Kommission genehmigte Regionalbeihilferegelung sei immer die Gemeinschaftsaufgabe in der Fassung des zuletzt genehmigten Rahmenplans; vor Erlass des Zuwendungsbescheides sei der 27. Rahmenplan genehmigt worden. Diese Regelung habe bis zur Genehmigung einer Änderung oder der Feststellung ihrer Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt Bestand, hier also bis zur Genehmigung des 31. Rahmenplans. Auch die im Zusammenhang mit dem Erlass der Leitlinien an die Mitgliedstaaten gerichteten zweckdienlichen Maßnahmen hätten die bestehende Beihilferegelung nicht geändert, weil Deutschland ihnen nicht zugestimmt habe. Die neue Fördergebietskarte habe keine unmittelbare Auswirkung auf die bestehende Beihilferegelung, sondern sei nur für künftige Regelungen maßgeblich, solange die bestehende Regelung nicht gemäß Art. 88 Abs. 1 EGV angepasst werde, denn die Genehmigung der Beihilferegelung existiere unabhängig von der Genehmigung der Fördergebietsabgrenzung. Außerdem habe die Kommission die neue Fördergebietskarte hinsichtlich der neuen Bundesländer im August 1999 genehmigt. Diese Genehmigung sei durch die Entscheidung der Kommission vom 14. März 2000 nicht aufgehoben worden, denn diese habe nur die westdeutschen Fördergebiete und die Stadt Berlin betroffen. Auch die Zusage der Bundesregierung, die Höchstfördersätze im Brandenburger Teil der Arbeitsmarktregion Berlin nicht voll auszuschöpfen, habe nichts an der rechtskräftigen Genehmigung der Einstufung dieser Gebiete nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a) EGV geändert. Die Äußerungen der Kommission zu den im Jahr 2000 im Brandenburger Teil der Arbeitsmarktregion Berlin bewilligten Förderungen hätten keine Verpflichtung zur Rücknahme des Zuwendungsbescheides begründet; eine rechtsverbindliche Entscheidung sei insoweit nicht ergangen. Darüber hinaus überschreite die bewilligte Förderung nicht die Intensität von 20 % netto und 10 % brutto für KMU. Von einer Beihilfewidrigkeit könne nur dann ausgegangen werden, wenn die Förderhöchstgrenze nach der gemeinschaftsrechtlich in den Regionalbeihilfeleitlinien vorgegebenen Berechnungsmethode überschritten werde, denn diese Methode sei der Maßstab, den die Kommission anlege. Auch der 30. Rahmenplan verweise auf diese Leitlinien. Die Berechnungsmethode sei mithin Bestandteil der genehmigten Beihilferegelung. Hiernach seien nur Parameter zu Grunde zu legen, die bei der Gewährung der Beihilfe bekannt gewesen seien; auszugehen sei von den steuerlichen Höchstsätzen, die tatsächlich gezahlten Steuern seien insoweit nicht von Belang. Darüber hinaus stehe den Klägerinnen Vertrauensschutz zu. Sie seien im Vertrauen auf die zugesagte Förderung erhebliche finanzielle Verpflichtungen zur Verwirklichung des Vorhabens eingegangen. Eine eventuelle Änderung der Förderhöchstsätze sei für sie jedenfalls nicht erkennbar gewesen, die Beklagte habe sie hierüber erst mit 10-monatiger Verspätung informiert. Es bestehe auch kein durch das unionsrechtliche Effektivitätsgebot gesteigertes, das Bestandsinteresse überwiegendes Rücknahmeinteresse. Zumindest sei zu ihren Gunsten die De-Minimis-Verordnung anzuwenden.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 26. August 2008 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 aufzuheben

sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Die von der Klägerin zu 1. zunächst allein erhobene Klage sei unzulässig, dem Parteibeitritt der Klägerin zu 2. werde widersprochen. Die Klage sei auch unbegründet. Die den Klägerinnen gewährte Zuwendung sei rechtswidrig gewesen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen habe die neue Förderkarte eine Änderung der genehmigten Beihilferegelung bewirkt. Die Regelungen der Regionalbeihilfe-Leitlinien dazu, dass die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sei, Fördergebietskarten zu erstellen und der Kommission zur Überprüfung vorzulegen sowie bestehende Regionalbeihilferegelungen zu ändern, seien für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich geworden, denn diese habe entsprechenden zweckdienlichen Maßnahmen aus dem Anschreiben der Kommission an die Bundesrepublik Deutschland vom 24. Februar 2008 zugestimmt. Die neue Fördergebietskarte habe somit eine Änderung des 27. Rahmenplans bewirkt; ein Prüfverfahren zur Anpassung der Beihilferegelung sei durchgeführt und mit der Entscheidung vom 14. März 2000 abgeschlossen worden. Die Klägerinnen könnten sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Summe, um die der Zuwendungsbescheid gekürzt worden sei, betrage lediglich 1,34 % der Gesamtinvestition, es sei nicht ersichtlich, dass sie gerade im Vertrauen auf den Fortbestand der Förderung in dieser Höhe Investitionen getätigt oder Vermögensdispositionen getroffen hätten. Die Rechtswidrigkeit der gewährten Förderung sei für die Klägerinnen erkennbar gewesen. Bereits mit der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, spätestens aber nach Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 26. September 2001 hätten sie mit einer teilweisen Rückforderung der gewährten Förderung rechnen und entsprechende Vorkehrungen treffen können. Außerdem bestehe auf Grund des gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebotes ein gesteigertes öffentliches Rücknahmeinteresse, das Ermessen sei daher in solchen Fällen regelmäßig entsprechend reduziert. Die Klägerinnen hätten ferner keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Berechnung des NSÄ anhand der Leitlinien vornehme und hierbei Höchststeuersätze zu Grunde lege; diese Methode müsse grundsätzlich nicht von den Mitgliedstaaten angewandt werden. Da über eine Rückforderung zu entscheiden gewesen sei, sei die Beklagte vielmehr verpflichtet gewesen, das NSÄ aufgrund einer realen Betrachtungsweise zu berechnen. In allen Fällen, in denen die im Jahr 2000 ausgesprochenen Bewilligungen im Brandenburger Teil der Arbeitsmarktregion Berlin überprüft worden seien, sei dies anhand der tatsächlichen Steuerlast erfolgt. Die Rückforderung sei auch nicht wegen Ablaufs der Jahresfrist ausgeschlossen, denn diese Frist sei bei der Rückforderung rechtwidriger EU-Beihilfen nicht anwendbar; außerdem beginne sie erst mit voller Sach- und Rechtskenntnis der zuständigen Behörde zu laufen. Die Klägerinnen hätten schließlich keinen Anspruch darauf, dass ihnen eine De-Minimis-Beihife gewährt werde; dies sei nach der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten nur möglich, wenn das NSÄ lediglich um weniger als 100.000,00 Euro überschritten und die Beihilfe bereits vollständig ausgezahlt sei.

Der Senat hat eine Auskunft der Europäischen Kommission eingeholt. Wegen der Einzelheiten der Fragestellung und der Antwort wird auf das Anschreiben des Gerichts vom 8. Juli 2013 sowie das Schreiben der Europäischen Kommission vom 17. Oktober 2013 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten (drei Bände) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerinnen ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

I. Die Klage beider Klägerinnen ist zulässig.

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die zunächst allein von der Klägerin zu 1. erhobene Klage, wie die Beklagte vorgetragen hat, unzulässig war. Nachdem der Senat auf Bedenken an der Zulässigkeit bzw. Begründetheit dieser Klage hingewiesen hatte, weil zwischen den Klägerinnen im Hinblick auf die Regelung in Nr. 7.1 (2. Absatz) der Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in der Fassung vom 10. April 1997 (ABl. Bbg S. 266) über die Gewährung einer Zuwendung bei nicht identischem Investor und Nutzer eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiellrechtlichen Gründen bestehen könnte, hat die Klägerin zu 2. in der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2010 wirksam (vgl. dazu im Folgenden) ihren Parteibetritt als weitere Klägerin erklärt, so dass jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Berufung Zweifel an der Zulässigkeit der Klage der Klägerin zu 1. nicht (mehr) bestehen.

2. Die Klägerin zu 2. ist dem Verfahren wirksam beigetreten.

a) Allerdings ist nicht bereits die Erklärung der Klägerin zu 2. vom 7. August 2008 als Parteibeitritt auszulegen. Hiermit hat sie lediglich der Prozessführung der Klägerin zu 1. zugestimmt und erklärt, dass diese berechtigt sei, das Verfahren auch in ihrem Namen zu führen. Dieser Erklärung ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich die Klägerin zu 2. selbst an dem Verfahren beteiligen und die Klägerin zu 1. lediglich als Vertreterin bevollmächtigen will, vielmehr enthält sie eine Ermächtigung der Klägerin zu 1., das Verfahren in Prozessstandschaft für die Klägerin zu 2. zu führen.

b) Der mithin erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2013 erklärte Parteibeitritt der Klägerin zu 2. ist wirksam, denn die hierin liegende Klageänderung (vgl. Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO Stand April 2013, § 91 Rn. 36 f.) ist zulässig. Eine Klageänderung ist auch im Berufungsverfahren zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält (§ 91 Abs. 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO). Der Beklagtenvertreter hat der Klageerweiterung ausdrücklich widersprochen, der Senat hält sie aber für sachdienlich. Sachdienlichkeit ist zu bejahen, wenn die Klage der beitretenden Klägerin zulässig ist, der Prozessstoff der erweiterten Klage nicht (wesentlich) geändert wird und der Parteibeitritt die Erledigung des Streites fördert (vgl. Ortloff/Riese a.a.O Rn. 61, 64 m.w.N.).

aa) Die Klage der Klägerin zu 2. ist gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig.

Zwar hatte zunächst lediglich die Klägerin zu 1. Widerspruch erhoben, mit Schreiben vom 10. April 2003 hatten die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen aber eine „weitergehende Begründung des Widerspruchs der K... GmbH Kulturforum & Co. KG und der K... Parkgesellschaft mbH“ übersandt, das beigefügte Anschreiben ist überschrieben mit „Widerspruch der K... GmbH Kulturforum & Co. KG und der K... Parkgesellschaft mbH vom 01.07.2002 gegen den Teilrücknahmebescheid vom 17.06.2002 zu Antragsnummer 800 79 004“. Bereits mit Schreiben vom 11. März 2003 hatten die Prozessbevollmächtigten eine Vollmacht auch für die Klägerin zu 2. übersandt. Hiermit ist hinlänglich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch die Klägerin zu 2. sich gegen den Teilaufhebungsbescheid wendet, was für die Annahme der Widerspruchseinlegung genügt.

Über diesen Widerspruch hat die Beklagte bislang nicht entschieden, der Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 16. September 2003 entscheidet ausdrücklich lediglich über den „Widerspruch der K... GmbH Kulturforum & Co KG vom 1. Juli 2002“. Allein der Umstand, dass die Parkgesellschaft als (weitere) Zuwendungsempfängerin aufgeführt wird, rechtfertigt vor diesem Hintergrund nicht die Auslegung, dass mit dem Widerspruchsbescheid auch über den Widerspruch der Parkgesellschaft entschieden wurde. Die Parkgesellschaft kann demnach gemäß § 75 VwGO Untätigkeitsklage erheben.

Dem steht nicht entgegen, dass der erst mit Schreiben vom 10. April 2003 erhobene Widerspruch möglicherweise verfristet ist, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Satz 1 VwGO bereits abgelaufen war. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob sich eine Bekanntgabe des Teilrücknahmebescheides gegenüber der Klägerin zu 2., ab der die Widerspruchsfrist zu laufen begonnen hat, überhaupt nachweisen lässt. Selbst wenn das der Fall wäre, hätte die Beklagte als Herrin des Vorverfahrens die Möglichkeit, sich über die Fristversäumnis hinwegzusetzen und durch eine Sachentscheidung den Rechtsweg erneut zu eröffnen. Solange der Widerspruch nicht als unzulässig zurückgewiesen wurde, ist demnach eine Untätigkeitsklage zulässig.

Die Klägerin zu 2. hat auch ihr Klagerecht nicht verwirkt. Ein Recht kann dann nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass dieser das Recht nicht mehr ausüben werde und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. August 1999 - 3 B 57.99 -, NVwZ-RR 2000, 259). Zwar dürfte das Zeitmoment hier erfüllt sein, denn die Klägerin zu 2. ist trotz entsprechenden Hinweises der Beklagten in ihrer Klageerwiderung vom 12. Februar 2004 erst neun Jahre nach Klageerhebung der Klage beigetreten. Besondere Umstände, die die verspätete Klageergebung als treuwidrig erscheinen lassen, liegen allerdings nicht vor. Die Verwirkung einer Untätigkeitsklage kann nicht allein durch Zeitablauf eintreten. Zum Einen ist die Untätigkeitsklage nach Aufhebung des § 76 VwGO nicht mehr fristgebunden, ein Anknüpfen an den reinen Zeitablauf würde dieser gesetzgeberischen Entscheidung nicht entsprechen. Zum Anderen hat ein Betroffener mit Einlegung des Widerspruchs alles seinerseits Erforderliche getan, er ist nicht gehalten, das eingeleitete Widerspruchsverfahren von sich aus zu betreiben. Vielmehr ist die Behörde verpflichtet, in angemessener Zeit über den Widerspruch zu entscheiden. Demgemäß müssen weitere Umstände hinzutreten die die späte Klageerhebung als widersprüchliches Verhalten erscheinen lassen (vgl. Dolde/Porsch in Schoch/Schneider/Bier a.a.O. § 75 Rn. 13 f.; Brenner in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl. § 75 Rn. 83 f.) Es kann dahingestellt bleiben, ob ein widersprüchliches Verhalten der Klägerin zu 2. anzunehmen ist, weil diese schon während des Widerspruchsverfahrens und auch mit der Klageerwiderung darauf hingewiesen worden ist, dass eine gemeinsame Rechtsverfolgung erforderlich sei und sie hieraus über Jahre hinweg keinerlei Konsequenzen gezogen hat. Hieraus durfte die Beklagte aber jedenfalls nicht den Schluss ziehen, dass die Klägerin zu 2. ihre Rechte im Klageverfahren nicht weiterverfolgen wolle, denn sie hatte deren Widerspruch nach wie vor nicht beschieden. Aus diesem Grund sowie im Hinblick auf den Umstand, dass auch die Klägerin zu 1. Klage gegen den Teilrücknahmebescheid erhoben hatte und dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen war, konnte die Beklagte sich schließlich nicht in schützenswerter Weise darauf einrichten, dass der Bescheid nicht angegriffen würde.

bb) Die Sachdienlichkeit der Klageänderung ist auch nicht aus anderen Gründen zu verneinen. Der Prozessstoff der erweiterten Klage wird nicht wesentlich geändert, denn das Verwaltungsgericht hat die Klage für unbegründet gehalten und auch der Senat hat schon vor dem Parteibeitritt umfänglich zur Begründetheit verhandelt. Es entspricht darüber hinaus der Prozessökonomie, die Klageänderung zuzulassen, denn dies dient der endgültigen Streitbeilegung zwischen den Klägerinnen und der Beklagten. Andernfalls wäre die Beklagte zu einer Bescheidung des Widerspruchs der Klägerin zu 2. verpflichtet und diese könnte erneut gegen einen Widerspruchsbescheid klagen.

II. Die somit insgesamt zulässige Klage ist begründet. Der Teilrücknahmebescheid vom 17. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der Rücknahme ist § 48 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfGBbg in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung. Hiernach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Dies ist hier der Erlass des Bewilligungsbescheides vom 9. Mai 2000, weil die Beklagte mit den späteren Änderungsbescheiden den Bewilligungsbescheid nur in Einzelpunkten (Durchführungsfrist, Zuwendungsempfänger) geändert, aber über die Bewilligung der Zuwendung nicht komplett neu entschieden hat.

Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Zuwendungsbescheides vom 9. Mai 2000 liegen nicht vor, denn dieser Bescheid ist nicht rechtswidrig.

Rechtsgrundlage für den Erlass von Zuwendungsbescheiden ist der auf Grund von § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRWG) in der bis zum 13. September 2007 geltenden Fassung aufgestellte Gemeinsame Rahmenplan (GA-Rahmenplan) sowie die auf der Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landes Brandenburg zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in der jeweils geltenden Fassung berührende Verwaltungspraxis. Gemäß Teil II Nr. 1.1.4 des mit Wirkung vom 1. Januar 2000 in Kraft getretenen 29. GA-Rahmenplans (BT-Drs. 14/3250) ist maßgeblich für die Beurteilung der Förderfähigkeit eines Vorhabens die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Bewilligung der GA-Förderung und die Rechtslage in Bezug auf Fördervoraussetzungen, Art und Intensität der Förderung zum Zeitpunkt der Antragstellung. Änderungen der entsprechenden Regelungen durch Verabschiedung eines neuen Rahmenplanes oder während der Laufzeit eines geltenden Rahmenplanes gelten für alle Anträge, die nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung im Bundesanzeiger gestellt werden, sofern die Neuregelung keine abweichende Regelung über die zeitliche Geltung enthält. Soweit EU-Gemeinschaftsrecht betroffen ist, ist für die Beurteilung der Förderfähigkeit eines Vorhabens jedoch hiervon abweichend die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Bewilligung der GA-Förderung maßgeblich.

1. Ein Verstoß des Zuwendungsbescheides gegen die somit nach nationalem Recht anzuwendenden Regelungen des zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen 26. GA-Rahmenplans (BT-Drs. 13/7205) sowie die hierzu erlassene Änderung der Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ vom 10. April 1997 (ABl. Bbg S. 266; vgl. Nr. 8.1 dieser Richtlinie) ist nicht ersichtlich. Insbesondere hält sich die gewährte Förderung mit 33,64 % der förderfähigen Investitionskosten im Rahmen der hiernach bestehenden Förderhöchstsätze. Gemäß Teil III A Nr. 2.3 des 26. Rahmenplans sowie der in Anhang 17 zu diesem Plan enthaltenen Fördergebietskarte ist die Arbeitsmarktregion Berlin (Stadt Berlin und der engere Verflechtungsraum einschließlich der Stadt Potsdam) als sogenanntes B-Fördergebiet ausgewiesen, für das nach Teil II Nr. 2.5 des Rahmenplans ein Förderhöchstsatz für Betriebsstätten von KMU in Höhe von 43 % besteht. Für die Arbeitsmarktregion Berlin, die gemäß Nr. 5.1 Abs. 2 der Richtlinie ein Standort mit Fördersatzminderung ist, beträgt der Sockelfördersatz für GA-Mittel 16 % der förderfähigen Investitionskosten, dieser erhöht sich im Gebiet der Kategorie B an Standorten mit Fördersatzminderung um 4 % und bei Anträgen von KMU um weitere 15 % auf insgesamt 35 % (Nr. 5.2 Abs. 1 der Richtlinie).

2. Auch ein Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliches Beihilferecht liegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vor.

a) Allerdings existierte, anders als die Klägerinnen vortragen, keine von der Europäischen Kommission genehmigte Beihilferegelung, die für das hier maßgebliche Jahr 2000 für KMU eine die Beihilfehöchstintensität von 20 % NSÄ zuzüglich 10 % brutto der förderfähigen Kosten übersteigende Förderung zugelassen hätte.

aa) Eine genehmigte Beihilferichtlinie mit diesem Inhalt liegt nicht deshalb vor, weil die Europäische Kommission GA-Rahmenpläne genehmigt hatte, die Geltung für das Jahr 2000 beanspruchen. Die Klägerinnen führen zwar zutreffend aus, dass grundsätzlich die durch die Kommission genehmigte Beihilferegelung die Gemeinschaftaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in der Form des jeweils genehmigten Rahmenplans darstellt (vgl. auch Schreiben der Kommission an die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland vom 9. Februar 2001). Die Genehmigung der hier maßgeblichen Rahmenpläne durch die Kommission bezog sich aber nicht auf eine Festlegungen der Fördergebiete und Förderhöchstsätze ab dem 1. Januar 2000; nur ergänzt durch derartige Festlegungen liegt indes eine vollständige und umsetzbare Beihilferegelung vor.

Gemäß § 4 Abs. 2 GRWG ist der Rahmenplan für den Zeitraum der Finanzplanung aufzustellen, jedes Jahr sachlich zu prüfen, der Entwicklung anzupassen und dementsprechend fortzuführen, wobei die mehrjährige Finanzplanung des Bundes und der Länder zu berücksichtigen ist. Nach § 5 Nr. 1 und 4 GRWG werden in dem Rahmenplan unter anderem die Fördergebiete nach § 1 Abs. 2 GRWG abgegrenzt und Voraussetzungen, Art und Intensität der Förderung festgelegt.

(1) Der 27. Rahmenplan (BT-Drs. 13/9992), den die Europäische Kommission ausweislich des im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 23. März 1999 C 80/3 veröffentlichtem Schreibens vom 26. Januar 1999 im Wesentlichen genehmigt hatte, trifft aber keine Festsetzungen zu den Fördergebieten und Förderhöchstsätzen im Jahr 2000. Wie Teil I Nr. 5 1. Abs. 2 des 27. Rahmenplans zu entnehmen ist, liegt ihm lediglich die mit Beschlüssen des Bund-Länder-Planungsausschusses vom 3. Juli und 3. Dezember 1996 erfolgte Neuabgrenzung der GA-Fördergebiete für die Jahre 1997 bis 1999 zu Grunde. Diese Neuabgrenzung hatte die Europäische Kommission am 18. Dezember 1996 nur für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1999 genehmigt (vgl. 26. GA-Rahmenplan, a.a.O., Teil I Nr. 5.1.3). Im Jahr 2000 waren also sowohl die dem Rahmenplan zu Grunde liegende Neuabgrenzung der Fördergebiete durch den Planungsausschuss als auch deren Genehmigung durch die Europäische Kommission bereits ausgelaufen. Angesichts des Umstandes, dass der 27. Rahmenplan in Teil I Nr. 5 ausdrücklich darauf hinweist, dass die dort maßgebliche Abgrenzung der Fördergebiete nur bis zum 31. Dezember 1999 gilt, und auch das Schreiben der Kommission vom 26. Januar 1999 unter „II. Beschreibung der Beihilfe“ darauf verweist, dass die Abgrenzung der Fördergebiete und Festlegung der Förderhöchstsätze für den Zeitraum 1997 bis 1999 genehmigt wurde, kann nicht angenommen werden, dass mit der Genehmigung des Rahmenplans eine Weitergewährung von Beihilfen auf Grund dieser Abgrenzung auch im Jahr 2000 zugelassen werden sollte. Diese Auffassung wird auch dadurch gestützt, dass die Kommission in ihrem Schreiben vom 17. August 1999 darauf verweist, dass die seinerzeit gültige, von der Kommission genehmigte Version der Neuabgrenzung der Fördergebiete in Deutschland den Zeitraum bis zum 31. Dezember 1999 abdecke und nach diesem Datum keine Regionalförderung gewährt werden dürfe für den Fall, dass die deutsche Fördergebietskarte nicht vollständig durch eine Entscheidung der Kommission genehmigt worden sei. (a.a.O., Rn. 28 des Schreibens).

(2) Mit der beihilferechtlichen Genehmigung des am 25. März 1999 beschlossenen 28. GA-Rahmenplanes (BT-Drs. 14/776) hat die Kommission ebenfalls weder Fördergebiete noch Beihilfeintensitäten ab dem Jahr 2000 genehmigt. Zwar verweist der Rahmenplan unter Teil I Nr. 6 auf die Beschlüsse des Planungsausschusses vom 25. März 1999 betreffend die Neuabgrenzung der GA-Fördergebiete für die Jahre 2000 bis 2003. In Teil I Nr. 6.1 wird aber ausgeführt, dass das GA-Fördergebiet unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission stehe. Der Rahmenplan verweist demnach insoweit auf die gesonderten Genehmigungsverfahren betreffend die Fördergebietskarte, die unter den Aktenzeichen N 195/99 und C 47/99 geführt wurden. Der Beschluss Nr. N 209/99 (ABl. EG 2000 C 284/7), mit dem die Kommission festgestellt hat, dass die geänderten und beihilferechtlich relevanten Vorschriften des 28. Rahmenplans mit dem EG-Vertrag vereinbar sind, befasst sich demgemäß nicht mit der Einteilung der Fördergebiete und der Beihilfeintensität, sondern erklärt lediglich im einzelnen aufgeführte sonstige beihilferechtlich relevante Vorschriften des Plans für mit dem EG-Vertrag vereinbar. Darüber hinaus datiert er erst auf den 28. Juni 2000, lag mithin zeitlich nach dem Abschluss des Verfahrens C 47/99 betreffend die deutsche Fördergebietskarte; auch aus diesem Grund kann nicht angenommen werden, dass mit ihm eine Genehmigung für die Bewilligung höherer Beihilfen erteilt wurde, als mit der Entscheidung vom 14. März 2000 für die Arbeitsmarktregien Berlin genehmigt wurden (vgl. dazu im Folgenden).

bb) Die Europäische Kommission hat zu keinem Zeitpunkt eine Genehmigung für die ab Januar 2000 geltende Fördergebietskarte - gemäß Nr. 5.1 der Leitlinien die unter die geprüften Freistellungsvoraussetzungen fallenden Gebiete eines Mitgliedsstaates zusammen mit den für diese Gebiete genehmigten Beihilfehöchstintensitäten - erteilt, der zufolge in Potsdam für KMU eine höhere Förderung als 20 % NSÄ plus 10 % brutto der förderfähigen Investitionskosten hätte gewährt werden können.

Zwar hatte die Kommission in der Beihilfesache N 195/99 (vgl. Schreiben vom 17. August 1999) die in der neuen Fördergebietskarte nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a) EGV vorgeschlagenen Regionen (die neuen Bundesländer) und die für derartige Regionen jeweils ausgewiesene Beihilfehöchstintensität für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt (a.a.O. Rn. 2) und Potsdam liegt in einer der strukturstärkeren Regionen der neuen Bundesländer, für die ausweislich der Förderkarte eine Beihilfehöchstinstenität für KMU von 43 % festgesetzt wurde (vgl. Teil I Nr. 6.1.2.1. und 6.1.2.2 des 28. Rahmenplans). Diese Genehmigung umfasst aber die in Brandenburg gelegenen Teile der Arbeitsmarktregion Berlin nicht. In dem in demselben Schreiben veröffentlichten Beschluss zur Eröffnung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EGV in der Beihilfesache C 47/99 wird ausgeführt, dass die Stadt Berlin zusammen mit dem Umland, das zum Land Brandenburg gehört und Berlin ganz umschließt (der so genannte „Speckgürtel“) eine Arbeitsmarktregion bilde (Rn. 18). Unter Rn. 45 wird darauf hingewiesen, dass gemäß Nr. 3.10.3 erster Gedankenstrich der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung Deutschland nur eine geographische Messeinheit benutzen dürfe; sofern die Stadt anders als die übrigen Teile der Arbeitsmarktregion als Gebiet nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c) EGV vorgeschlagen werde, werde hiergegen verstoßen; unter Rn. 57 wird aber darauf verwiesen, dass Berlin die Kriterien für eine Ausweisung als Gebiet nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a) EGV nicht erfülle. Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass ungeachtet des Umstandes, dass das Brandenburger Umland diese Kriterien erfüllt, die Förderhöchstsätze für die gesamte Arbeitsmarktregion in Frage stehen.

Erst mit der abschließenden Entscheidung vom 14. März 2000 zur Neuabgrenzung der GA-Fördergebiete in Deutschland (ABl. EG L 97/27) hat die Kommission auch über die Förderhöchstsätze in den Brandenburger Teilen der Arbeitsmarktregion Berlin entschieden und diese für KMU auf 20 % NSÄ zuzüglich 10 % brutto der förderfähigen Investitionskosten begrenzt. Dies ist zwar dem Tenor der Entscheidung nicht mit hinlänglicher Deutlichkeit zu entnehmen, denn gemäß Artikel 2 Abs. 2 der Entscheidung werden lediglich die Beihilfeintensitäten für die Stadt Berlin entsprechend festgesetzt. Es ergibt sich aber eindeutig aus den Begründungserwägungen. Unter VI. Buchst. c) wird zur Arbeitsmarktregion Berlin ausgeführt, dass Brandenburg zwar die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 87 Abs. 3 Buchst. a) EGV erfülle, sich Deutschland aber verpflichte, die ganze Arbeitsmarktregion Berlin als Fördergebiet im Sinne des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c) EGV zu behandeln, was bedeute, dass die Fördermöglichkeiten im brandenburgischen Umland nicht voll ausgeschöpft würden; die entsprechende Zusage beinhalte, dass die Beihilfeintensitäten in den Teilen Brandenburgs, die zur Arbeitsmarktregion Berlin gehörten, die für die Stadt Berlin genehmigten Fördersätze nicht überschreiten dürften (Rn. 44, 46 der Entscheidung).

b) Die den Klägerinnen gewährte Zuwendung entspricht aber der genehmigten Beihilferegelung.

aa) Das Gericht ist befugt, diese Frage zu prüfen. Zwar entfaltet Art. 87 EGV bzw. nunmehr Art. 107 AEUV, anders als die Regelung in Art. 88 Abs. 3 EGV bzw. nunmehr Art. 108 Abs. 3 AEUV, keine unmittelbare Wirkung in der nationalen Rechtsordnung (vgl. von Wallenberg/Schütte in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union Bd. II Art. 107 AEUV Rn. 15, Art. 108 AEUV Rn. 109). Für die abschließende Einschätzung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt ist somit grundsätzlich ausschließlich die Kommission – unter der Kontrolle des EuGH – zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21. November 1991 – C-354/90 Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires ./. Französische Republik -, Rn 11 u. 14 der Entscheidungsgründe; Urteil vom 22. März 1977 – 78/76 Fa. Steinike u. Weinlig ./. Bundesrepublik Deutschland Rn. 9, 15; Urteil vom 19. Juni 1973 – 77/72 Capolongo ./. Maya -, Rn 6 der Entscheidungsgründe). Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall aber daraus, dass mit der Entscheidung vom 14. März 2000 eine genehmigte Beihilferegelung vorliegt, an der die Beihilfe überprüft werden kann. Sofern die Bestimmungen des Art. 87 EGV bzw. Art. 107 AEUV durch eine Einzelfallentscheidung i.S.d. Art. 88 Abs. 2 EGV bzw. Art. 108 Abs. 2 AEUV konkretisiert worden ist, entfaltet diese unmittelbare Rechtswirkungen in der Rechtsordnung des Mitgliedstaates (vgl. Urteil vom 19. Juni 1973 a.a.O.). Über GA-Beihilfen wird, wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, nicht im einzelnen Beihilfefall, sondern im Wege der Genehmigung derartiger Beihilferichtlinien entschieden. Ob diese korrekt angewandt wurden, kann das nationale Gericht prüfen.

bb) Die gewährte Zuwendung in Höhe von brutto 33,64 % der zuwendungsfähigen Kosten übersteigt nicht den mit der Entscheidung der Kommission vom 14. März 2000 für die Arbeitsmarktregion Berlin für KMU genehmigten Förderhöchstsatz von 20% NSÄ zuzüglich 10% brutto der förderfähigen Kosten.

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist bei der insoweit erforderlichen Berechnung des NSÄ nicht auf eine ex-post-Betrachtung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Steuerlast der Klägerinnen abzustellen; vielmehr hat diese Berechnung nach Anhang 1 der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung zu erfolgen. Die Kommission rechnet die üblicherweise in den von den Mitgliedstaaten notifizierten Beihilferegelungen in Bruttobeträgen ausgewiesenen Beihilfen auf das NSÄ um (Nr. 4.7 der Leitlinien), wobei sie die in Anhang 1 der Leitlinien aufgezeigte Berechnungsmethode zu Grunde legt. Diese Methode muss zwar, wie sich aus Absatz 1 Satz 2 dieses Anhangs ergibt, von den Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht angewandt werden. Soweit, wie im vorliegenden Fall, aber eine Beihilfegenehmigung einen in NSÄ ausgedrückten Förderhöchstsatz enthält, muss zur Ermittlung des hiermit genehmigten Bruttohöchstfördersatzes auf die von der Kommission zu Grunde gelegte Berechnungsmethode zurückgegriffen werden (vgl. auch Schreiben der Europäischen Kommission an den Senat vom 17. Oktober 2013, Rn. 6). Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, in welcher Höhe die Förderhöchstsätze genehmigt wurden, ist das Verständnis der Europäischen Kommission, nicht das des betroffenen Mitgliedstaates. Andernfalls könnte der Mitgliedstaat durch Auswahl einer anderen Berechnungsmethode Förderhöchstsätze zur Anwendung bringen, die über den von der Kommission tatsächlich genehmigten Sätzen liegen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die sonstigen in der Förderkarte ausgewiesenen Förderhöchstsätze als Bruttobeträge ausgewiesen sind, die von der Kommission nach der in der in Anhang I der Leitlinien aufgezeigten Berechnungsmethode in Nettosätze umgerechnet wurden. Sofern eine Umrechnung der in NSÄ ausgewiesenen Beträge in Bruttosätze nach anderen Grundsätzen erfolgen würde, würden in der Arbeitsmarktregion Berlin andere Maßstäbe angelegt als in den übrigen Arbeitsmarktregionen. Die in dem hier zu entscheidenden Einzelfall zu prüfende Frage, ob die bewilligte Zuwendung abzüglich der für KMU genehmigten 10 % brutto den beihilferechtlich genehmigten Höchstsatz von 20 % NSÄ der förderfähigen Kosten übersteigt, muss nach denselben Grundsätzen beurteilt werden, denn anders kann nicht festgestellt werden, ob sie sich im Rahmen der genehmigten Regelung hält.

Gegen die von der Beklagten bei der Rücknahme des Zuwendungsbescheides angestellte Berechnung, die auf die unmittelbar nach Gewährung der Zuwendung tatsächlich gezahlten Steuern der Klägerinnen abstellt, spricht zudem, dass bei der Bewilligung von Zuwendungen, bei denen die Förderhöchstätze in Bruttobeträgen ausgewiesen sind, die tatsächlich von den Zuwendungsempfängern zu zahlenden Steuern für die Höhe der zu gewährenden Zuwendungen keine Rolle spielen. Dies wird auch im Rahmen der Kontrolle der Verwendung der Zuwendung oder im Falle der Rücknahme des Zuwendungsbescheides nicht geprüft. Warum demgegenüber bei einer in NSÄ genehmigten Beihilfeintensität die individuelle Steuerbelastung des Zuwendungsempfängers maßgeblich sein soll, erschließt sich nicht. Außerdem verkennt die Beklagte mit der von ihr angestellten Berechnung, dass das NSÄ den endgültigen Vorteil bezeichnet, den der Zuwendungsempfänger aus der Beihilfe zieht (vgl. Anhang I Nr. 1 2. Abs. der Leitlinie). Demgemäß kann bei seiner Berechnung nicht lediglich auf die ersten Jahre nach Gewährung der Zuwendung abgestellt werden, sondern es muss der gesamte Abschreibungszeitraum der subventionierten Güter berücksichtigt werden.

(2) Der vom Senat unter Zugrundelegung der Berechnungsmethode nach Anhang I der Leitlinien angestellten Berechnung zufolge entspricht bei Anwendung der für die Klägerinnen ungünstigsten Parameter die ihnen gewährte Zuwendung abzüglich des 10%igen Bruttobetrages für KMU einem NSÄ von lediglich 19,2 %.

Die im vorliegenden Fall einschlägigen Vorgaben ergeben sich aus Anhang I Abschnitt 2 „Nettosubventionsäquivalent einer Investitionsbeihilfe in Form eines Zuschusses“. Den allgemeinen Ausführungen unter Nr. 2.1 ist zu entnehmen, dass das NSÄ des Zuschusses den Anteil der Zuwendung darstellt, der dem Unternehmen nach Zahlung der Körperschaftsteuer verbleibt. Soweit dieser – wie vorliegend – an sich keiner Besteuerung unterworfen ist, aber von dem Investitionswert abgezogen wird, von dem Abschreibungen vorgenommen werden, erhöht sich die zu zahlende Körperschaftsteuer. Da der Zuschuss hier mehrere Ausgabenkategorien umfasst (gemäß Zuwendungsbescheid vom 9. Mai 2000 bauliche Investitionen und Maschinen/Einrichtungen) und die Zeitfolge der Einbeziehung des Zuschusses in die Besteuerung für jede Ausgabenkategorie unterschiedlich ist, war gemäß Nr. 2.2, Rechenbeispiel Nr. 4 der Zuschuss im entsprechenden Verhältnis auf die einzelnen Ausgabenkategorien zu verteilen, dann waren die auf den Zuschuss erhobenen Steuerbeträge für jede Ausgabenkategorie separat zu berechnen und sodann von der Nominalsubvention in Abzug zu bringen. Die Einzelheiten der anzustellenden Berechnung ergeben sich aus der Tabelle zu Beispiel Nr. 3.

Der Senat hat seiner Berechnung die im Jahr 2000 geltenden gesetzlichen Regelungen sowie die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden individuellen tatsächlichen Umstände zu Grunde gelegt. Er ist somit von der tatsächlich vorliegenden Aufteilung der förderfähigen Kosten auf die Ausgabenkategorien (85,58 % für Gebäude, 14,42 % für Maschinen/Einrichtungen, vgl. Zuwendungsbescheid vom 9. Mai 2000) ausgegangen. Im Hinblick auf das Alter der Gebäude hat er gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) EStG in der Fassung vom 24. März 1999 eine Abschreibung für diese in Höhe von jährlich 2,5 %, mithin einem Abschreibungszeitraum von 40 Jahren zu Grunde gelegt. Unberücksichtigt geblieben ist insoweit, dass es sich nach Angaben der Klägerinnen um Baudenkmale handelt, so dass die baulichen Investitionen möglicherweise gemäß § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG in der Fassung vom 29. April 1997 innerhalb von zehn Jahren abgeschrieben werden können, was zu einer Erhöhung der Steuerlast auf den Zuschuss führen würde. Für Maschinen/Einrichtungen hat er gemäß § 7 Abs. 1 EStG in der Fassung vom 24. März 1999 eine lineare Abschreibung über den von den Klägerinnen geschätzten Zeitraum von zehn Jahren (vgl. Anlage 1 des Schreibens des Steuerberaters vom 20. November 2002) zu Grunde gelegt. Als steuerliche Belastung wurde ausschließlich die Körperschaftsteuer mit dem gemäß § 23 Abs. 1 KStG in der Fassung vom 22. Dezember 1999 für das Jahr 2000 geltenden Steuersatz von 40 % veranschlagt. Mögliche höhere bzw. weitere Steuerbelastungen wie die bei den Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft bzw. den Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft, die natürliche Personen sind, anfallende Einkommensteuer (nach Anhang I Nr. 1.1 der Leitlinien wäre der Höchstsatz von seinerzeit 51 %, § 32a Abs. 1 EStG in der Fassung vom 22. Dezember 1999 in Ansatz zu bringen) oder die auf die Gewinne zu zahlende Gewerbesteuer konnten außer Betracht bleiben, weil die Berechnung ergab, dass die gewährte Zuwendung schon bei Berücksichtigung nur der Körperschaftsteuer den Förderhöchstsatz nicht überschreitet. Der für die Berechnung der Abzinsung erforderliche Abzinsungssatz für das Jahr 2000 von 5,7 wurde der der Tabelle „Reference/discount rates and recovery rates (prior to 01.05.2004, EU15)“, veröffentlicht unter ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/reference_rates.html, entnommen. Für die Einzelheiten der Berechnung verweist der Senat auf den Inhalt seines den Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis gegebenen Auskunftsersuchens an die Europäische Kommission vom 8. Juli 2013 (GA Bl. 594 ff.).

(3) Auch die in Beantwortung des nach der Bekanntmachung über die Durchsetzung des Beihilferechts durch die einzelstaatlichen Gerichte (ABl. EG 2009 C85/1) an die Kommission gerichteten Auskunftsersuchens des Senats von der Europäischen Kommission mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 übersandte Stellungnahme legt nicht den Schluss nahe, dass die den Klägerinnen gewährte Zuwendung die beihilferechtlich genehmigten Förderhöchstsätze überschreitet oder zumindest weitere Ermittlungen erforderlich wären. Die Kommission hat vielmehr bestätigt, dass die Berechnung des Senats mit der Methodik der Leitlinien im Einklang steht. Soweit sie darauf verweist, dass sie bei der Bewertung von Beihilferegelungen, also unabhängig vom konkreten Beihilfefall, von einem abweichenden Abschreibungszeitraum für Gebäude (25 Jahre) sowie einer anderen Bemessungsgrundlage (5 % Grundstück, 35 % Gebäude, 60 % Maschinen/Einrich-tungen) ausgehen würde, kommt sie zu dem Ergebnis, dass dies bei dem hier vorliegenden Bruttobetrag der Förderung von 23,64 % ein NSÄ von lediglich 17,32 % ergeben würde.

3. Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob die Gewährung der Zuwendung, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, gegen das Durchführungsgebot des Art. 88 Abs. 3 EGV verstieß. Ein solcher Verstoß könnte deshalb anzunehmen sein, weil zwar die endgültige Entscheidung der Kommission über die Fördergebietskarte am 14. März 2000 und damit zeitlich vor der Bewilligung der Zuwendung erging, jedoch mit Bedingungen und Auflagen versehen war, mithin möglicherweise erst mit Erfüllung der Bedingungen und Auflagen die Beschlüsse des Planungsausschusses vom 24. Januar 2001 zum 30. Rahmenplan (BT-Drs. 14/5600) wirksam wurde (vgl. Schreiben der Kommission vom 9. Februar 2001, Anlage A 3 zur Berufungsbegründung).

Ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot rechtfertigt aber für sich genommen die Rücknahme des Zuwendungsbescheides nicht. Zwar ist eine unter Missachtung des Durchführungsverbotes gewährte Beihilfe rechtswidrig; selbst wenn die Kommission später die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt feststellt, hat dies nicht die Heilung der ungültigen Durchführungsmaßnahme zur Folge (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - C-199/06 CELF./.SIDE -, Slg 2008 I-469, Rn. 40). Das Durchführungsverbot aus Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EGV soll aber gewährleisten, dass nur mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Beihilfen durchgeführt werden. Eine endgültige Rückforderung der gewährten Zuwendung kommt somit nur dann in Betracht, wenn diese materiell gemeinschaftswidrig ist, ansonsten ist lediglich der durch die verfrühte Auszahlung erlangte tatsächliche Vorteil herauszugeben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Februar 2008, a.a.O. Rn. 48 ff.; von Wallenberg/Schütte, a.a.O., Art. 108 AEUV Rn. 71). Dem entspricht, dass auch die Kommission nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/199 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 93 EGV (Beihilfeverfahrensordnung, ABl. EG 1999 L 871/1) nur in einer Negativentscheidung, mit der festgestellt wird, dass eine Beihilfe mit den Gemeinsamen Markt unvereinbar ist (Art. 7 Abs. 5 Beihilfeverfahrensordnung), eine „Rückforderungsentscheidung“ erlassen kann, mit der der Mitgliedstaat verpflichtet wird, alle notwendigen Maßnahmen für die Rückforderung der Beihilfe zu ergreifen. Demgemäß hat die Europäische Kommission auch im Verfahren NN 9/2001 nicht auf einer Rückforderung sämtlicher vor der Umsetzung der Auflagen in der Entscheidung vom 14. März 2000 bewilligter Zuwendungen bestanden, sondern nach der Zusage Deutschlands, die jeweiligen Einzelfälle zu überprüfen und die genehmigten Förderhöchstsätze übersteigende Zuwendungen zurückzufordern, das Verfahren ohne förmliche Entscheidung eingestellt. Da die Beihilfe, wie oben ausgeführt, die genehmigten Förderhöchstsätze nicht überschreitet und somit mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, kommt eine Rücknahme des Zuwendungsbescheides mithin nicht in Betracht.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war im Hinblick auf die Komplexität der sich stellenden Rechtsfragen gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), denn sie bezieht sich auf ausgelaufenes Recht und es ist nichts dafür ersichtlich, dass noch eine erhebliche Zahl von Fällen zu entscheiden wäre, in denen es auf die hier maßgeblichen Fragen ankommt; nach Auskunft der Beklagten sind vielmehr nur noch wenige Widerspruchsverfahren betreffend Zuwendungen aus GA-Mitteln aus dem Jahr 2000 offen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe auf 322.577,67 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).