Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Erhaltungsgebiet; Erhaltungsverordnung; Gaube; Dachgaube; Walm; Genehmigungsbedürftigkeit;...

Erhaltungsgebiet; Erhaltungsverordnung; Gaube; Dachgaube; Walm; Genehmigungsbedürftigkeit; Änderung; Errichtung; städtebauliche Eigenart des Gebiets; Ortsbild; Versagungsvoraussetzung; Ermessen; prägende Wirkung einer baulichen Anlage; Gestaltungsmerkmal; maßgeblicher räumlicher Bezugsrahmen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 13.03.2014
Aktenzeichen OVG 2 B 7.12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 30 BauGBAG BE, § 18 aF BauGBAG BE, § 172 Abs 1 S 1 Nr 1 BauGB, § 172 Abs 1 S 2 BauGB, § 172 Abs 3 S 1 BauGB, § 172 Abs 3 S 2 BauGB, § 173 BauGB, § 246 BauGB, § 1 BauGebO BE, § 5 BauGebO BE, Art 3 Abs 1 GG, Art 14 GG, § 124a Abs 3 S 4 VwGO, § 124a Abs 6 S 3 VwGO

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das der Klägerin am 13. Oktober 2011 und dem Beklagten am 18. Oktober 2011 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Genehmigung nach § 173 BauGB für den Einbau einer Gaube im Walm ihres Hauses.

Sie ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks R... in 12101 Berlin. Das Gebäude, ein zweistöckiges Reihenendhaus, ist Bestandteil eines in den 1920er oder 1930er Jahren errichteten, aus vier Häusern bestehenden, mit einem Walmdach versehenen Reihenhausblocks. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich der auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB gestützten Verordnung vom 29. August 1991 (GVBl. S. 216) über die Erhaltung baulicher Anlagen und der städtebaulichen Eigenart des Gebiets „Neu-Tempelhof“ im früheren Bezirk Tempelhof von Berlin. Der Geltungsbereich der Verordnung umfasst das Gebiet der seit Beginn der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts nach Plänen von Fritz Bräuning entstandenen Gartenstadt Neu-Tempelhof (Gartenvorstadt Tempelhofer Feld), das in der Karte (Anlage zu § 1 der Verordnung) als „Gebiet A – Gartenhaussiedlung der zwanziger Jahre“ ausgewiesen ist, sowie die umgebende Randbebauung.

Im Jahre 2007 stellte das Bauaufsichtsamt des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg von Berlin im Zusammenhang mit dem von der Klägerin vorgenommenen Einbau einer Dreiergaube in der gartenseitigen Satteldachfläche des Hauses fest, dass im Walm des Daches eine weitere Gaube eingebaut war. Das Bezirksamt folgerte aus einer bei einer behördlichen Bestandaufnahme im April 1997 aufgenommenen Fotografie, die den Walm ohne Gaube zeigt, dass diese erst danach errichtet wurde, und verpflichtete die Klägerin nach vorheriger Anhörung durch einen mit gesonderter Klage im Verfahren VG 19 K 143.11/OVG 2 B 8.12 angegriffenen Bescheid vom 1. Juli 2008 zur Beseitigung der Gaube, da diese dem Schutzziel der Erhaltungsverordnung widerspreche.

Die Klägerin reichte am 13. Oktober 2008 Bauvorlagen ein und beantragte eine Genehmigung nach § 173 BauGB, deren Erteilung das Bezirksamt mit Bescheid vom 28. November 2008 versagte.

Auf die hiergegen und den Gebührenbescheid des Bezirksamts vom 2. Dezember 2008 (über 50 Euro) sowie die in der Sache ergangenen Widerspruchsbescheide vom 19. März 2010 erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Erteilung der Genehmigung. Dies begründete es damit, dass die nach § 172 Abs. 3 Satz 2 BauGB zu beurteilende Dachgaube die städtebauliche Gestalt des Gebiets nicht beeinträchtige. Der vom Gericht eingenommene Augenschein habe ergeben, dass die Umgebung bereits entsprechend vorgeprägt sei. Die Dachgeschosse verfügten teilweise über Dachflächenfenster und teilweise über Gauben. Ein prägendes Gestaltungsmerkmal „keine Gauben im Walm“ sei nicht feststellbar. Vielmehr überwiege, wenn man die Bebauung um das klägerische Grundstück herum betrachte, der Eindruck einer letztlich zufälligen Verteilung der Gauben auf den Dächern.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht habe mit der an § 172 Abs. 3 Satz 2 BauGB orientierten Beurteilung einen falschen Prüfungsmaßstab herangezogen. Bei dem Einbau der Gaube im Walm des Daches des vorhandenen Gebäudes handele es sich um die Änderung einer baulichen Anlage, deren Genehmigung nach § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB versagt werden dürfe, wenn das Gebäude allein oder mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild präge. Die erhaltenswerte Erscheinung des Gebiets werde in diesen Fällen durch die Erhaltung der gebietsprägenden baulichen Anlagen in ihrer spezifischen Gestalt geschützt. Die Genehmigung habe versagt werden dürfen, weil das Haus der Klägerin als eines der ursprünglichen Haustypen sowohl allein als auch mit den anderen Häusern der Gartensiedlung dieses Gebiet präge. Der Beklagte habe im Interesse einer gleichmäßigen Ausübung des ihm eingeräumten Versagungsermessens Richtlinien aufgestellt, in denen er bestimmt habe, dass im Walm keine Gauben, sondern nur Dachflächenfenster zulässig seien. Gauben seien nur in den längsseitigen Satteldachflächen zulässig, wobei die Gauben straßenseitig dem historischen Vorbild entsprechen müssten, während auf der weniger einsehbaren Gartenseite Erweiterungen möglich seien. Auf Bitten des Senats hat der Beklagte mitgeteilt, im Bereich A des Erhaltungsgebiets, in dem es insgesamt 512 Walmdachflächen gebe, seien insgesamt 53 Gauben im Walm eingebaut worden. Davon seien 29 Gauben nach Aktenlage bereits vor Erlass der Erhaltungsverordnung eingebaut worden; zum Baujahr der übrigen Gauben im Walm gebe es derzeit keine aktenkundigen Erkenntnisse.

Der Beklagte beantragt,

das der Klägerin am 13. Oktober 2011 und ihm am 18. Oktober 2011 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt den vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Prüfungsmaßstab und dessen Annahme, die Umgebung sei bereits in einer dem Vorhaben entsprechenden Weise vorgeprägt. Dafür spreche die Fülle der schon vorhandenen Gauben, unter denen sich mehrere nicht straßen- und gartenseitige Gauben befänden. Selbst wenn man der Auffassung des Beklagten folge, dass die andere Alternative des § 172 Abs. 3 BauGB anwendbar sei, führe dies nicht zu einem anderen Ergebnis, da die von dem Beklagten zugrunde gelegten Richtlinien einer Kontrolle nach § 114 Satz 1 VwGO nicht standhielten. Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen straßenseitigen Gauben und Gauben im Walm sei nicht erkennbar, zumal die Walmbereiche nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts in zahlreichen Fällen an einer Straßenecke lägen und damit ebenfalls zu einer Straße zeigten. Zudem belege die von dem Beklagten ermittelte Anzahl von 53 vorhandenen Gauben im Walm, dass die städtebauliche Gestalt des Gebietes gerade nicht dadurch geprägt sei, dass Gauben lediglich in den Satteldachflächen, nicht aber in den Walmbereichen vorhanden seien.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakten und Verwaltungsvorgänge, auch des die Beseitigungsanordnung betreffenden Verfahrens – VG 19 K 143.11/OVG 2 B 8.12 – verwiesen, die in der mündlichen Verhandlung vorlagen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten führt zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.

I. Die Berufung ist zulässig. Der Beklagte hat sie, nachdem ihm der Zulassungsbeschluss am 26. Juli 2012 zugestellt worden war, mit am 20. August 2012 eingegangenem Schriftsatz fristgemäß (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) und entsprechend den formellen Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO begründet.

II. Die Berufung ist auch begründet. Die Versagung der erhaltungsrechtlichen Genehmigung durch den Bescheid des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg von Berlin vom 28. November 2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19. März 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO, vgl. nachfolgend unter 1.). Dasselbe gilt für den Gebührenbescheid vom 2. Dezember 2008 sowie den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 19. März 2010 (vgl. unter 2.).

1. Der Beklagte hat die Genehmigung zu Recht versagt. Der nach den Angaben der Klägerin noch zu Lebzeiten ihres im Jahre 2000 verstorbenen Ehemannes vorgenommene Einbau der Gaube bedurfte einer erhaltungsrechtlichen Genehmigung (vgl. nachfolgend unter a). Der Beklagte durfte die Erteilung der Genehmigung nach Erörterung der entscheidungserheblichen Tatsachen mit der Klägerin (vgl. unter b) versagen, da das Wohnhaus der Klägerin prägender Bestandteil der durch die Erhaltungsverordnung in ihrer städtebaulichen Eigenart geschützten Siedlung ist (vgl. unter c). Die Versagung weist keinen gerichtlich zu beanstandenden Ermessensfehler auf; insbesondere beeinträchtigt die Gaube ein für das geschützte Ortsbild der Siedlung wesentliches Gestaltungsmerkmal (vgl. unter d).

a) Das Genehmigungserfordernis ergibt sich aus § 172 Abs. 2 Satz 1 BauGB in Verbindung mit der auf § 172 Abs.1 Satz 1 Nr. 1, § 246 Abs. 2 BauGB und § 18 AGBauGB in der Fassung vom 11. Dezember 1987 (GVBl. S. 2731) gestützten Verordnung vom 29. August 1991.

Bedenken gegen die formelle oder materielle Wirksamkeit der Verordnung bestehen nicht. Sie gibt hinreichend bestimmt an, in welchem Gebiet (vgl. § 1 der Verordnung) und aus welchen in § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Gründen, nämlich zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), das erhaltungsrechtliche Genehmigungserfordernis statuiert werden sollte (vgl. § 2 der Verordnung sowie deren Titel). Dies ist nach der Rechtsprechung ausreichend, weil die weitere Konkretisierung erst auf der zweiten Stufe des Verfahrens erfolgt, indem über die Schutzwürdigkeit des konkreten Bauwerks in Bezug auf die Besonderheiten des Erhaltungsgebiets und die Zulässigkeit etwaiger Veränderungen entschieden wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 4 BN 2.13 –, juris Rn. 3; Urteil vom 3. Juli 1987 – 4 C 26.85 –, juris Rn. 10; Urteil des Senats vom 12. Oktober 2005 – OVG 2 B 21.04 –, juris Rn. 14).

Am Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe, die geeignet sind, das Genehmigungserfordernis zu rechtfertigen, bestehen angesichts der städtebaulichen Bedeutung der Gartensiedlung (vgl. S. 4 der Begründung der Verordnung, Bl. 27 ff. der Streitakte) keine Zweifel. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die u.a. als Grund für die Unterschutzstellung angeführten individuellen baulichen Veränderungen, die die privaten Eigentümer in den Jahren vor Erlass der Verordnung „ohne Rücksicht auf die Umgebung und in Unkenntnis der Zusammenhänge“ vorgenommen hätten (vgl. S. 12 der Verordnungsbegründung), das Erscheinungsbild der Siedlung so beeinträchtigt hätten, dass die nach der Begründung der Verordnung erhaltungswürdige städtebauliche Eigenart der Siedlung nicht mehr erkennbar vorhanden wäre.

Der, wie durch das im Jahre 1997 aufgenommene Foto des Hauses belegt ist, erst nach Inkrafttreten der Erhaltungsverordnung erfolgte Einbau der Gaube bedurfte nach § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB einer Genehmigung, denn es handelt sich dabei um die Änderung einer baulichen Anlage in dem durch die Verordnung bestimmten Erhaltungsgebiet.

Es fehlt schließlich nicht an der für die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung erforderlichen Relevanz. Lediglich Änderungen, die von vornherein nicht geeignet sind, das Schutzziel der Erhaltungssatzung zu gefährden, unterfallen nicht dem Genehmigungsvorbehalt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2004 – 4 B 85.04 –, juris Rn. 3). Ebenso wie etwa Veränderungen der Dachform oder der Dachneigung sind jedoch Dachausbauten wie Gauben regelmäßig geeignet, das Schutzziel nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB negativ zu beeinflussen (vgl. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: September 2013, § 172 Rn. 109).

b) Den formellen Anforderungen nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist genügt. Danach hat die Gemeinde vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. Dies ist bereits durch die im April 2008 erfolgte Anhörung der Klägerin zu der beabsichtigten Beseitigungsanordnung geschehen.

c) Die Versagungsvoraussetzungen des § 172 Abs. 3 BauGB liegen vor. Einschlägig ist insoweit die Regelung des § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB, die an das Genehmigungserfordernis nach § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB anknüpft und damit u.a. für die Änderung baulicher Anlagen im Erhaltungsgebiet gilt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts besteht kein Grund, stattdessen auf die Versagungsvoraussetzungen nach § 173 Abs. 3 Satz 2 BauGB für die Errichtung baulicher Anlagen im Erhaltungsgebiet zurückzugreifen. Diese Bestimmung ist nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar, denn bei dem Einbau der Gaube handelt es sich nicht um die Errichtung einer (selbständigen) baulichen Anlage. Die Heranziehung dieser Vorschrift als Prüfungsmaßstab ist auch nicht nach Sinn und Zweck der Regelung geboten. Die unterschiedlichen Versagungsvoraussetzungen in § 172 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BauGB dienen dem Ziel der Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauGB, die städtebauliche Eigenart eines Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt zu erhalten, auf unterschiedliche Weise: Die in § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB geregelten Voraussetzungen für den Rückbau oder die Änderung einer vorhandenen baulichen Anlage im Erhaltungsgebiet sind darauf gerichtet, bauliche Anlagen, die die städtebauliche Eigenart eines Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt prägen, in ihrer Substanz und ihrem Erscheinungsbild zu erhalten. Demgegenüber soll das mit Gesetz vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2191) eingeführte Genehmigungserfordernis für die Errichtung baulicher Anlagen in Verbindung mit dem hierauf bezogenen Versagungsgrund (§ 172 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 BauGB) die Verhinderung von Neubauten ermöglichen, die die städtebauliche Gestalt des Gebiets beeinträchtigen. Zwar bedeutet der Einbau einer Gaube zugleich eine Erweiterung der vorhandenen Bausubstanz und ist insoweit teilweise mit der Neuerrichtung einer baulichen Anlage vergleichbar. Die mögliche Beeinträchtigung des Schutzzwecks des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB lässt sich jedoch durch die Anknüpfung an die durch den Einbau der Gaube bewirkte Veränderung des Erscheinungsbildes des Gebäudes angemessen erfassen. Ein Sonderfall wie bei der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Juli 2000 – 20 VG 5389/98 – liegt hier nicht vor. Streitig war nach den Entscheidungsgründen dieses Urteils (a.a.O., juris Rn. 27) nicht die Veränderung von Bausubstanz, die der Beklagte im vorhandenen Zustand erhalten wissen wollte, sondern das „Wie“ einer dem Grunde nach gebilligten grundlegenden Änderung und Erweiterung der baulichen Anlage. Im vorliegen Verfahren wendet sich der Beklagte jedoch gegen die durch den Einbau der Gaube bewirkte Änderung der Substanz und des Erscheinungsbildes des klägerischen Gebäudes.

Bei dem Wohnhaus der Klägerin handelt es sich um eine bauliche Anlage, die im Zusammenhang mit anderen Anlagen das durch die Erhaltungsverordnung geschützte Ortsbild der Gartenhaussiedlung (Bereich A) prägt (§ 172 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative BauGB). Eine prägende Wirkung im Sinne dieser Vorschrift haben einzelne bauliche Anlagen oder bauliche Anlagen im Zusammenhang, wenn sie für die städtebauliche Eigenart des Gebiets eine wesentliche (gesteigerte) Bedeutung besitzen. Das ist hier der Fall. Das Ziel der Verordnung lässt sich anhand der Verordnungsbegründung dahingehend konkretisieren, dass das charakteristische historische Straßen- und Ortsbild der Siedlung bewahrt werden soll (vgl. S. 13 der Verordnungsbegründung). Nach § 172 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative BauGB geschützt sind deshalb alle baulichen Anlagen, die die für das Ortsbild der Siedlung charakteristischen Merkmale aufweisen und durch ihr Erscheinungsbild ihren räumlichen Wirkungsbereich nicht nur unwesentlich positiv beeinflussen (vgl. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 172 Rn. 154; Mitschang in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 172 Rn. 41). Die städtebauliche Eigenart der Siedlung beruht u.a. auf der Typisierung der Gebäude, die wesentlich zu dem einheitlichen Erscheinungsbild beiträgt. In der Begründung der Erhaltungsverordnung wird dazu ausgeführt, der Gedanke eines einheitlichen Organismus, der dem Gesamtplan zugrundeliege, werde durch die typenmäßige Gestaltung der Häuser und die weitgehende Verwendung genormter Bauteile unterstützt. Das städtebauliche Konzept bestand nach der Begründung der Verordnung darin, Vielfalt mit wenigen Gebäudetypen zu schaffen. Besondere Lebendigkeit der räumlichen Gestaltung werde durch wechselnde Breite der Vorgärten erzielt. Dadurch sei eine rhythmische Folge unterschiedlicher Straßenräume entstanden, deren Gegensätze durch jeweils unterschiedlichen Anstrich der Gebäude in den verschiedenen Straßenabschnitten unterstrichen worden sei. Dem vielschichtigen und abwechslungsreichen städtebaulichen Konzept stehe die Einheitlichkeit der Gebäudetypen gegenüber, die in der Anwendung gleicher Gestaltungselemente ihren Ausdruck finde. Insoweit führt die Begründung der Verordnung neben einem Hinweis auf die Verwendung weniger unterschiedlicher Materialien aus, dass weitere Gestaltungsmerkmale, wie das Verhältnis der Wandflächen zu Fensterflächen, die Dachflächen der Sattel- bzw. Walmdächer und deren Neigungswinkel eine Gesamtheit bildeten, in der jedes Einzelteil zu der Gesamtausgewogenheit beitrage (vgl. zum Ganzen S. 5 und 6 der Begründung). Das Ziel der Erhaltungsverordnung werde gewahrt, wenn der einheitliche Gebietscharakter, der vor allem durch Größe und Typ der Gebäude, ihre Stellung zum Straßenraum und zu den unbebauten Grundstücksflächen bestimmt werde, und das Erscheinungsbild, geprägt durch regelmäßig wiederkehrende Gestaltungsmerkmale, wie Dachform und -eindeckung, Putzart und -farbe, Fassadengliederung, Art und Lage der Öffnung, erhalten bleibe (S. 13 der Begründung). Bei den die Siedlung prägenden Gebäudetypen handelt es sich, wie die Lichtbilder in den Verwaltungsvorgängen und Streitakten belegen und aus den bei den Akten vorhandenen Lageplänen nachvollziehbar ist, im Wesentlichen um Häuser mit Walmdach, die entweder als Doppelhäuser, wie zum Beispiel am Bundesring, oder in Form von Reihenhausblöcken, wie etwa das Haus der Klägerin, oder als längere Reihenhauszeilen, wie etwa am Adolf-Scheidt-Platz, ausgebildet sind. Das Haus der Klägerin bzw. der Reihenhausblock, zu dem es gehört, verkörpert eine dieser für die Siedlung charakteristischen Gebäudeformen und weist, wie die bei den Akten befindlichen Aufnahmen erkennen lassen, in seiner Kubatur, in der Form des Daches, sowie mit der den Baukörper symmetrisch gliedernden Anordnung und Form der straßenseitigen Fenster und Gauben in der straßenseitigen Satteldachfläche wiederkehrende Gestaltungsmerkmale der Siedlung auf. Es trägt damit in seinem räumlichen Wirkungsbereich zu dem charakteristischen Erscheinungsbild der Siedlung bei. Erhebliche individuelle Überformungen, die geeignet wären, die prägende Bedeutung und damit die Schutzwürdigkeit nach § 172 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative BauGB in Frage zu stellen, weist das Gebäude nicht auf. Ebenso wenig ist erkennbar, dass ihm die prägende Wirkung durch eine optisch dominante, der Eigenart des Gebiets widersprechende Umgebungsbebauung genommen wäre, wovon allenfalls in besonderen Ausnahmefällen (vgl. das Beispiel bei Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,a.a.O., § 172 Rn. 155) auszugehen sein dürfte.

d) Der Beklagte hat die Genehmigung ermessensfehlerfrei versagt. Die Gemeinde ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht zwingend zur Versagung der Genehmigung verpflichtet. Weder schließt der Wortlaut der Bestimmung („darf nur versagt werden, wenn“) ein gleichwohl bestehendes Erteilungsermessen aus, noch lässt sich ein Regelungszusammenhang erkennen, aus dem sich ableiten ließe, der Gesetzgeber habe eine gebundene Entscheidung im Sinne einer zwingenden Genehmigungsversagung anordnen wollen (ebenso – zum jetzigen § 172 Abs. 4 Satz 1 BauGB – BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997 – 4 C 2.97 –, juris Rn. 23, sowie – zu § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB – VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13. Oktober 1998 – 5 S 2134/98 –, juris Rn. 5; einschränkend Mitschang in: Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 172 Rn. 38; a.A. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 172 Rn. 132).

Der Beklagte hat das ihm danach eingeräumte Ermessen frei von gerichtlich zu beanstandenden Ermessensfehlern (§ 114 Satz 1 VwGO) ausgeübt. Insbesondere ist die Genehmigungsversagung für die konkret in Rede stehende Änderung, den Einbau der Gaube im Walm des Reihenendhauses der Klägerin, vom Schutzzweck der Erhaltungsverordnung gedeckt. Eine andere Beurteilung wäre geboten, wenn der Einbau einer Gaube im Walmbereich keine oder nur eine so geringfügige negative Auswirkung auf das geschützte Ortsbild der Siedlung hätte, dass das Erhaltungsinteresse der Allgemeinheit unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht geeignet wäre, die mit der Versagung der Genehmigung verbundene Beeinträchtigung der durch Art. 14 GG geschützten Eigentümerinterinteressen zu rechtfertigen. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Einbau der Gaube wirkt sich negativ auf das städtebauliche Erscheinungsbild der Siedlung aus. Vom erhaltungsrechtlichen Schutz umfasst sind alle Gestaltungselemente, die zu dem charakteristischen historischen Straßen- und Ortsbild der Siedlung beitragen. Zwar nennt die Begründung der Verordnung, in der die prägenden und damit erhaltungswürdigen Gestaltungsmerkmale für die einzelnen Bereiche des Erhaltungsgebiets wie u.a. den Bereich A benannt werden (S. 5 ff. und S. 13 der Begründung) den Umstand, dass die Walmflächen der Dächer frei von Gauben sind, nicht ausdrücklich als wesentliches Gestaltungsmerkmal. Der Beklagte hat indes dargelegt, dass im historischen Zustand die Walmflächen keine Gauben aufwiesen und darüber hinaus die Stirnseiten der Häuser frei von Fensteröffnungen waren. Unter Berücksichtigung der nach dem Konzept der Siedlung zum einheitlichen Erscheinungsbild beitragenden Typisierung der Gebäude und der in der Verordnungsbegründung (S. 6) beispielhaft als maßgebliche Gestaltungsmerkmale hervorgehobenen „Dachflächen der Sattel- bzw. Walmdächer und deren Neigungswinkel“ ist es daher gerechtfertigt, in diesem historisch vorgegebenen Zustand ein für das geschützte Ortsbild der Siedlung maßgebliches Merkmal zu sehen.

Das Gestaltungsmerkmal, dass die Walmflächen keine Gauben aufweisen, hat seine prägende Bedeutung für die städtebauliche Eigenart der Siedlung auch nicht durch eine nachträgliche individuelle Überformung der Siedlung eingebüßt. Insoweit muss als räumlicher Bezugsrahmen das gesamte Gebiet der Gartensiedlung (Bereich A der Erhaltungsverordnung) in den Blick genommen werden. Wie der Beklagte ermittelt und im Einzelnen belegt hat, weisen in diesem Gebiet insgesamt 53 von 512 Walmdachflächen Gauben auf. Bei diesem Zahlenverhältnis kann nicht von einer so weitreichenden Überprägung ausgegangen werden, dass durch den Einbau der Gaube im Walm des Hauses der Klägerin kein prägend vorhandenes Gestaltungselement der Siedlung mehr betroffen wäre.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks. Wie ausgeführt, stellt die nähere Umgebung einer bestimmten baulichen Anlage für die Beurteilung, ob ein bestimmtes Gestaltungselement das Ortsbild des Erhaltungsgebiets prägt, nicht den zutreffenden Bezugsrahmen dar. Erwägen lässt sich allenfalls, ob eine Überformung der näheren Umgebung in besonders gelagerten Fällen eine Beeinträchtigung des Erhaltungszieles ausschließen kann, etwa wenn benachbarte Bauwerke in einem so erheblichen Ausmaß überformt sind und von ihnen eine so dominante Wirkung ausgeht, dass durch die Erhaltung eines noch vorhandenen ursprünglichen Gestaltungselements an einem einzelnen oder wenigen Gebäuden kein positiver Beitrag mehr zur Erhaltung des Erscheinungsbildes der Siedlung geleistet würde. Dies bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, da auch in der näheren Umgebung des Hauses der Klägerin Walmgauben nur in Einzelfällen vorhanden sind. So weisen nach der von der Klägerin nicht substanziiert in Zweifel gezogenen Aufstellung des Beklagten vom 25. September 2013 im R... lediglich drei weitere Häuser (R...5..., 2... und 4...) Gauben im Walm auf; in der Nähe befinden sich außerdem die ebenfalls mit Gauben im Walm versehenen Häuser M...1... und 1.... Dabei handelt es sich insgesamt nicht um eine solche Häufung, dass von der Gaube im Walm des Hauses der Klägerin keine Beeinträchtigung des geschützten Ortsbildes mehr ausginge.

Eine erhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungsziels der Verordnung lässt sich auch nicht im Hinblick auf die zahlreichen in den Satteldachflächen der Walmdächer – sowohl straßen- als auch gartenseitig – vorhandenen Gauben verneinen. Wie der Beklagte dargelegt hat, wiesen die Satteldachflächen bereits im historischen Zustand der Häuser Gauben auf. Der diesem historischen Vorbild folgende nachträgliche Einbau weiterer Gauben in diesen Dachflächen ist im Übrigen dadurch vorgezeichnet, dass bei allen Häusern die Möglichkeit des nachträglichen Einbaus einer Dachkammer vorgesehen war, um nach Bedarf später noch weiteren Raum zu gewinnen (S. 5 der Verordnungsbegründung). Die in den Richtlinien und der ihnen folgenden Genehmigungspraxis des Beklagten vorgenommene Differenzierung zwischen Gauben in den kleineren seitlichen Walmflächen der Gebäude und Gauben in den längeren Satteldachflächen ist deshalb durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Eine Gleichbehandlung der stirnseitigen Walmflächen mit den längsseitigen Satteldachflächen würde entgegen dem Erhaltungsziel der Verordnung historisch bedingte Gestaltungsunterschiede einebnen.

Die Genehmigungsversagung verstößt auch sonst nicht gegen das grundgesetzliche Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Dass der Beklagte in einem anderen Fall eine erhaltungsrechtliche Genehmigung für den Einbau einer Gaube im Walm erteilt hätte, ist nicht ersichtlich. Die vom Beklagten dargelegten 52 Fälle weiterer Gauben im Walm unterscheiden sich von dem der Klägerin dadurch, dass die Gauben entweder bereits vor Erlass der Erhaltungsverordnung errichtet wurden, oder dass – anders als im Fall der Klägerin – nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht belegt werden kann, wann sie entstanden sind. Auch für die letztgenannte Fallgruppe kann deshalb gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden, dass die Gauben einer erhaltungsrechtlichen Genehmigung bedurften. Der Beklagte hat außerdem glaubhaft versichert, unverzüglich einzuschreiten, wenn ihm andere Fälle mit gleicher Beweislage wie bei der Klägerin bekannt werden.

Durch die Genehmigungsversagung wird die Klägerin schließlich nicht unverhältnismäßig in ihrem grundrechtlich geschützten Eigentum (Art. 14 GG) beeinträchtigt. Die Belichtung und damit die Nutzbarkeit des Dachraumes als Wohnraum kann – unabhängig von dem vom Beklagten als erhaltungsrechtlich unbedenklich angesehenen Einbau eines Dachflächenfensters in der Walmfläche – durch Gauben in den Satteldachflächen gewährleistet werden. Im Übrigen ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass durch eine Genehmigung der Gaube ein möglicher Berufungsfall geschaffen würde, was angesichts der bestehenden Nachahmungsgefahr den schleichenden Verlust eines noch prägend vorhandenen charakteristischen Gestaltungsmerkmals der Siedlung bewirken kann.

2. Der daneben angefochtene Gebührenbescheid vom 2. Dezember 2008 findet seine Rechtsgrundlage in den Bestimmungen der §§ 1 und 5 der Baugebührenordnung (BauGebO) vom 17. Juni 2008 (GVBl. S. 156). Nach § 5 Abs. 1 BauGebO werden, wenn der Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung abgelehnt wird, ein Zehntel bis fünf Zehntel der vollen Gebühr erhoben. Danach ist der hälftige Ansatz der in Tarifstelle 12.2.3 vorgesehenen Mindestgebühr von 100 Euro für außerhalb eines Baugenehmigungsverfahrens erteilte Genehmigungen nach §§ 172, 173 BauGB nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.