Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 23.03.2011 | |
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Aktenzeichen | L 7 KA 93/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 106a SGB 5 |
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens trägt die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5; die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Rückforderungsbescheid.
Die Klägerin, eine Fachärztin für Innere Medizin, nahm bis zum 30. September 2005 an der hausärztlichen Versorgung teil und verfügte ursprünglich über eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Substitutionsbehandlungen. Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 16. Juli 2003 gelangte die Beklagte durch ihre Prüfungskommission aufgrund einer Qualitätsprüfung im Einzelfall durch Stichproben im Rahmen der Substitutionsbehandlung für das Abrechnungsquartal IV/02 zum „Gesamtergebnis mit der Stufe 3 (erhebliche Beanstandungen)“. Mit ebenfalls bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 31. Mai 2005 widerrief die Beklagte die der Klägerin erteilte Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Substitutionsbehandlungen mit Wirkung vom gleichen Tage. Sie stützte den Widerruf auf § 12 der „Regelung der KV Berlin zur Durchführung der Qualitätsprüfung im Einzelfall durch Stichproben in der Substitutionsbehandlung vom 22.01.2004“ und begründete ihn damit, dass die zuständige Prüfungskommission bei der Wiederholungsprüfung für das Abrechnungsquartal II/04 zum „Gesamtergebnis mit der Stufe 4 (schwerwiegende Beanstandung)“ gelangt sei. Für folgende vier Patienten hätten die Einzelbeurteilungen schwerwiegende Beanstandungen nach Stufe 4 ergeben:
„Patient:
E, F
geb. 1955
Es fehlen Urinkontrollen des Prüfquartals, Laborunterlagen bei Hepatitis C, Nachweis der PSB und eine ausreichende Anamnese.
Patient:
H, M
geb. 1967
Es fehlen Urinkontrollen des Prüfquartals, Nachweis der PSB und eine ausreichende Diagnostik und Anamnese.
Patient:
N, F
geb. 1971
Es fehlt der PSB Nachweis sowie die Patientenvereinbarung (Vertrag). Die Anamnese ist unzureichend und der hohe Beikonsum ist nicht problematisiert worden.
Patient:
R, B
geb. 1981
Es fehlen Urinkontrollen des Prüfquartals, Nachweis der PSB und die Patientenvereinbarung (Vertrag). Die Anamnese ist unzureichend und der hohe Beikonsum ist nicht problematisiert worden.“
Ferner enthält dieser Bescheid im Anschluss an die Rechtsbehelfsbelehrung folgende Passage:
„Unabhängig davon geben wir Ihnen weiterhin zur Kenntnis, dass aufgrund des Gesamtergebnisses (Stufe 4) die bereits erfolgte Vergütung aller erbrachten Substitutionsbehandlungen der überprüften Quartale (hier: 4. Quartal 2002 und 2. Quartal 2004) auf dem Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zurückgefordert wird und der Vorgang diesbezüglich an die Abteilung Abrechnung/Honorarverteilung weitergeleitet wird.“
Unter Verweis auf diese Passage gab die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 25. Januar 2006 bekannt, „in welcher Größenordnung auf dieser Grundlage und in welcher Höhe Honorar zurückgefordert wird“:
Quartal
EBM-Nr.:
Anzahl
IV/2002
202
979
203
260
II/2004
202
1.182
203
322
204
1
Die Honorarfestsetzungsbescheide der Quartale IV/02 und II/04 würden dahingehend abgeändert, dass sich der Honoraranspruch in Höhe des Rückforderungsbetrages mindere:
Quartal IV/2002
4.840,49 €
Quartal II/2004
6.085,26 €
10.925,75 €
abzüglich 2,4 % Verwaltungskosten
262,22 €
10.663,53 €
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006 zurück; wegen dessen Begründung wird auf Bl. 36 bis 41 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens hob die Beklagte mit Bescheid vom 18. Dezember 2007 die Bescheide vom 25. Januar 2006 und 29. August 2006 in Höhe von 8.768,33 € auf und verpflichtete sich, der Klägerin die zur Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen in einem Umfang von 80 % zu erstatten. Die Beklagte begründete diesen Bescheid damit, dass ihr ausweislich des Bescheides vom 16. Juli 2003 bekannt gewesen sei, dass der Behandlungsfall des Patienten M H nicht abrechnungs- und vergütungsfähig sei, so dass wegen der Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Rückforderungen für diese Substitutionsbehandlungen mit dem Bescheid vom 25. Januar 2006 nicht mehr habe verlangt werden können. Der verbleibende Rückforderungsbetrag in Höhe von 2.157,42 € sei in folgender Tabelle dargestellt:
Patient | Kostenträger | EBM- | Anzahl | Punkte | EBM- | Anzahl | Punkte | Wertig- |
F E | AOK Berlin | 202 | 86 | 6.880 | 203 | 28 | 5.600 | 455,52 |
M H | AOK Berlin | 202 | 79 | 6.320 | 203 | 21 | 4.200 | 383,98 |
B R | BKK VBU | 202 | 88 | 7.040 | 203 | 28 | 5.600 | 518,24 |
H B | Barmer | 202 | 85 | 6.800 | 203 | 28 | 5.600 | 486,08 |
F N | KKH | 202 | 55 | 4.400 | 203 | 18 | 3.600 | 313,60 |
Gesamt | 2.157,42 |
Die von ihr – der Beklagten – nach § 12 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 2 Qualitätsprüfungs-Regelung zu treffende Ermessensentscheidung enthalte eine Abwägung, ob die Schwere der zum Teil wiederholten Beanstandungen die Rückforderung aller angeforderten Substitutionsbehandlungen der Patientenliste rechtfertige. Die Rückforderung sei nicht zu beanstanden, da die Gesamtbewertung der Stufe 4 darauf schießen lasse, dass in nennenswertem Umfang Leistungen nicht den Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger entspreche. Betrachte man das Verhältnis der Einzelbewertung, so hätten von fünf geprüften Patientendokumentationen vier mit Stufe 4, also schwerwiegenden Beanstandungen, bewertet werden müssen. In diesen vier Einzelfällen könne aufgrund der festgestellten Mängel, u.a. fehlende Urinkontrollen, Laborunterlagen, keine ausreichende Anamnese, nicht davon ausgegangen werden, dass die Leistungen nach den EBM-Ziffern 202 und 203 (Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen) ordnungsgemäß bzw. vollständig erbracht worden seien. Aufgrund der Gesamtbetrachtung und Gesamtbewertung mit Stufe 4 müsse auch zwangsläufig der Schluss gezogen werden, dass insgesamt im zu prüfenden Zeitraum die Leistungen gegenüber Opiatabhängigen nicht ordnungsgemäß erbracht worden seien, denn nach den Feststellungen der Prüfungskommission fehlten auch im fünften Behandlungsfall die Urinkontrollen, und die Darstellung der Patientensituation sei sehr spärlich gewesen, so dass auch in diesem Behandlungsfall die Leistung nicht vollständig erbracht worden sei.
Hinsichtlich des aufgehobenen Teils der ursprünglich angegriffenen Bescheide erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit vor dem Sozialgericht für erledigt. Mit Urteil vom 18. Februar 2009 wies das Sozialgericht Berlin die Klage ab und verpflichtete die Klägerin zur Kostentragung; wegen des Inhalts des Urteils wird auf Bl. 68 bis 72 der Gerichtsakte verwiesen.
Gegen dieses ihr am 26. Mai 2009 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 26. Juni 2009, zu deren Begründung sie vorbringt: Ein Bescheid vom 16. Juli 2003 sei ihr nicht bekannt. Sämtliche Vorwürfe hinsichtlich der genannten Patienten seien entkräftet worden; einzelfallbezogene konkrete Vorhaltungen seien nicht ersichtlich. Sie habe die Gesamtbewertung mit der Stufe 4 zurückgewiesen und die Pflichtverletzung hinsichtlich jeder Beanstandung bestritten. Dies habe das Sozialgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Die Frage, ob sie – die Klägerin – gegen die Bestimmungen bei der Substitutionsbehandlung verstoßen haben könnte, sei bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Prüfungsausschuss der Ärztekammer Berlin auf Entzug der Zulassung nach § 27 Zulassungsverordnung-Ärzte i.V.m. § 95 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gewesen; dieser Verstoß sei also bereits thematisch verbraucht.
Fehlerhaft habe i.ü. das Sozialgericht eine Kostenentscheidung dahingehend getroffen, dass sie – die Klägerin – die Gesamtkosten des Verfahrens zu tragen habe, obwohl die Beklagte im Zuge des gerichtlichen Verfahrens dem Widerspruch quotenmäßig zu nahezu 80 % abgeholfen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006, beide in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18. Dezember 2007, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der Beratung des Senats Verhandlung war, verwiesen.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn in der Form des Änderungsbescheides vom 18. Dezember 2007 sind die angegriffenen Bescheide vom 25. Januar 2006 und 29. August 2006 rechtmäßig.
Der Senat kann offen lassen, ob die angefochtene Rückforderungsentscheidung der Beklagten von dieser zu Recht auf § 45 Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Abs. 4 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV) gestützt wurde oder auf den Regelungen des zum 01. Januar 2004 eingeführten § 106 a SGB V hätte basieren müssen. Denn nach beiden Regelungskomplexen erweist sich die Rückforderung in dem zuletzt noch streitigen Umfange in Höhe von 2.157,42 € als rechtmäßig.
I. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) ist zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen von Honoraranforderungen befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf (z.B. Fachfremdheit der Leistung oder Leistungsausschluss). Als Rechtsgrundlage dafür kam bis zum 31. Dezember 2003 ausschließlich § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä in Betracht.
1. Diese Regelungen zur sog. sachlich-rechnerischen Richtigstellung implizieren neben der Befugnis zur Änderung bereits bestandskräftiger Honorarbescheide auch die Berechtigung zur Rückforderung von Honorar (zuletzt: BSG, Urteil vom 11. März 2009, Az.: B 6 KA 62/07 R, veröffentlicht in Juris, m.w.N.), welches bei der Vergütung fehlerhaft abgerechneter Gebührenziffern ausgezahlt wurde.
a) In den im Änderungsbescheid vom 18. Dezember 2007 genannten Fällen des Quartals II/04 war die Klägerin nicht berechtigt, die Abrechnungsziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) 202 und 203 abzurechnen. Voraussetzung der Abrechnungsziffer 202 war im streitigen Quartal die Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Die Abrechnungsziffer 203 gewährte zu dieser Leistung einen Zuschlag für die Durchführung an Samstagen, Sonn- und gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember.
Maßgeblich für das Quartal II/04 waren die am 28. Oktober 2002 beschlossenen Regelungen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (seit dem 01. Januar 2004: Gemeinsamer Bundesausschuss) zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger (veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 31. Dezember 2002, Seite 26682), welche als Nr. 2 der Anlage A „Anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V („BUB-Richtlinien“) veröffentlicht wurden. Danach durfte die Substitution nur als Bestandteil eines umfassenden Therapiekonzeptes durchgeführt werden (§ 3 Abs. 1), welches u.a. eine ausführliche Anamnese (§ 4 Nr. 1), eine körperliche Untersuchung einschließlich Urinanalyse (§ 4 Nr. 2), die Erstellung eines individuellen, die erforderlichen psychosozialen Betreuungsmaßnahmen enthaltenden Therapieplans (§ 4 Nr. 6 d), Verlaufs- und Ergebniskontrollen (§ 4 Nr. 7) sowie den Abschluss einer Behandlungsvereinbarung mit dem Patienten (§ 4 Nr. 8) beinhalten musste. Nach § 7 Abs. 1 dieser Regelungen hatte der Arzt ferner neben der festgestellten medizinischen Indikation und der im Rahmen des umfassenden Therapiekonzepts vorgesehenen weiteren medizinischen Behandlungsmaßnahmen gemäß § 3 zu dokumentieren, durch welche Stelle die begleitende psychosoziale Betreuung durchgeführt wird, und eine aktuelle schriftliche Bestätigung der psychosozialen Beratungsstelle über die Aufnahme und die Fortführung einer psychosozialen Betreuung beizufügen.
Bei welchen Patienten und in welchem jeweiligen Umfang die Klägerin diese Therapieinhalte missachtet hat, wurde von der Beklagten in dem von der Klägerin nicht angegriffenen Bescheid vom 31. Mai 2005 im Einzelnen dargelegt. Der Senat hat keinen Anlass, diese Feststellungen der Beklagten in Zweifel zu ziehen, zumal sie von der Klägerseite nur pauschal angegriffen wurden, so dass dem Senat eine Überprüfung konkreter Einwendungen verschlossen war.
b) Lagen somit die Voraussetzungen für die Abrechnung der Gebührenziffern 202 und 203 EBM nicht vollständig vor, war die Beklagte zur Honorarberichtigung und -rückforderung berechtigt, ohne hierbei Ermessen ausüben zu müssen. Denn § 45 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 EKV verknüpfen die Berechtigung zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht mit einer Verpflichtung der KV zur Ausübung von Ermessen (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 11. Oktober 2006, Az.: B 6 KA 35/05 R, veröffentlicht in juris). Diese Vorschriften verdrängen nach § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) die allgemeinen sozialrechtlichen Regelungen des § 45 SGB X (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001, Az.: B 6 KA 3/01 R, veröffentlicht in juris), welcher nach seinem Abs. 1 die Rücknahme bestandskräftiger Verwaltungsakte von der Ausübung von Ermessen abhängig macht.
2. Berechtigt alleine die Anwendung von § 45 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 EKV die Beklagte bereits zum Erlass der angefochtenen Rückforderungsbescheide, kann offen bleiben, ob auch die Voraussetzungen für eine Rückforderung auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Satz 2 Qualitätsprüfungs-Regelung vorgelegen haben.
Nach dieser Vorschrift konnte, sofern ein Vertragsarzt bei der Erstprüfung mit Stufe 3 und bei der zweiten Wiederholungsprüfung wieder eine Gesamtbewertung der Stufe 3 oder 4 erhalten hat, die Beklagte auf Empfehlung der Qualitätssicherungskommission die bereits erfolgte Vergütung auf dem Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Abrechnung zurückfordern. Die danach erforderliche Ermessensausübung („kann“) hat die Beklagte mit Bescheid vom 18. Dezember 2007 im erforderlichen Umfange vorgenommen. Einer auf § 12 Abs. 2 Satz 2 Qualitätsprüfungs-Regelung gestützten Honorarrückforderung könnte jedoch entgegenstehen, dass nach dem Vorbringen der Klägerseite der das Ergebnis der Erstprüfung enthaltende Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2003 der Klägerin nicht bekannt gegeben wurde. Kommt es jedoch auf § 12 Abs. 2 Satz 2 Qualitätsprüfungs-Regelung als Ermächtigungsgrundlage nicht an, kann dieser Einwand der Klägerseite unberücksichtigt bleiben.
II. Nach § 106 a Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. SGB V stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnung der Vertragsärzte fest. Nach Abs. 6 Satz 1 dieser Vorschrift vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und die Spitzenverbände der Krankenkassen (seit dem 1. Juli 2008: der Spitzenverband Bund der Krankenkassen) gemeinsam und einheitlich erstmalig bis zum 30. Juni 2004 Richtlinien zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfung u.a. nach Abs. 2. Diese Richtlinien werden Bestandteil der Vereinbarungen, welche die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen u.a. nach Abs. 2 treffen (§ 106 a Abs. 5 SGB V).
1. Soweit § 106 a SGB V verfahrensrechtliche Regelungen enthält, ist er nach den Grundsätzen des intertemporalen Verfahrensrechts mit dem Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens auch auf alle noch nicht abgeschlossenen Abrechnungsprüfungen anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2008, Az.: B 6 KA 34/07 R, veröffentlicht in juris). Da jedoch § 106 a Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. SGB V ohne Berücksichtigung der nach den Abs. 5 und 6 vorgesehenen untergesetzlichen Regelungen keine Änderung gegenüber dem bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Recht der sachlich-rechnerischen Richtigstellung enthält (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juni 2010, Az.: B 6 KA 12/09 R, veröffentlicht in Juris), führt der Wechsel der Ermächtigungsgrundlage allein zu keiner geänderten Beurteilung der streitgegenständlichen Honorarrückforderung. Insbesondere sieht auch § 106 a Abs. 2 Satz 2 1. Hs. SGB V nicht die Ausübung von Ermessen vor.
2. Die Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen (DÄBl. 04, A-2555) traten nach ihrem § 22 Abs. 1 erst zum 01. Januar 2005 in Kraft. Dennoch waren diese Richtlinien für die streitgegenständlichen Bescheide ohne Bedeutung, da nach ihrem § 22 Abs. 4 Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit und darauf bezogene Plausibilitätsprüfungen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen für Zeiten bis zum In-Kraft-Treten der Verträge nach § 106 a Abs. 5 SGB V nach den bis zu diesem Zeitpunkt vereinbarten oder beschlossenen Vorschriften erfolgen. Für den Bereich der Beklagten erfolgte eine solche Regelung erstmalig durch die „Vereinbarung über die Durchführung der Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit und Plausibilität gemäß § 106 a SGB V (Plausibilitätsvereinbarung)“ vom 05. September 2007, welche nach ihrem § 21 Abs. 1 mit Wirkung zum 01. Januar 2007 in Kraft trat und für die Prüfung der ab dem Quartal III/06 abgerechneten Leistungen galt. Dass nach einer Protokollnotiz zu dieser Bestimmung die Beklagte erklärte, auch Prüfanträge der Krankenkassen entgegenzunehmen und zu bearbeiten, die die Quartale II/05 bis einschließlich II/06 betreffen, ist ohne Belang, da das hier noch streitgegenständliche Quartal II/04 davon nicht erfasst wird.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass die Klägerin im Verfahren vor dem Sozialgericht infolge der Reduzierung der Regressforderung zum überwiegenden Teil obsiegt hat. Dies hatte das Sozialgericht bei seiner Kostenentscheidung verkannt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.