Gericht | FG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 13.07.2017 | |
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Aktenzeichen | 9 K 11318/15 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide über Körperschaft-steuer für 2008, die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2008 sowie über die Ablehnung der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für 2009, 2010 und 2011, sämtlich vom 20. September 2013, sowie des Bescheids über die Ablehnung der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für 2012 vom 4. März 2014, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 2015, verpflichtet, die Klägerin für die Jahre 2008 bis 2012 zur Körperschaftsteuer zu veranlagen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin mit einem Betrieb gewerblicher Art zur Körperschaftsteuer zu veranlagen ist.
Die Klägerin ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Sie unterhielt bis zum 30. September 2007 ein städtisches Freizeitzentrum, bestehend aus einem Hallenbad, einer Sauna sowie einer Bowlingbahn. Die Einrichtung wurde von der Klägerin steuerlich als Betrieb gewerblicher Art behandelt; der Beklagte folgte dieser Handhabung.
Mit Vertrag vom 27. September 2007 verpachtete die Klägerin das Hallenbad mit sämtlichem Inventar – die Bowlingbahn ausgenommen – ab dem 1. Oktober 2007 für drei Jahre an die B… GmbH (nachfolgend: „GmbH“). Diese 1998 durch mehrere natürliche Personen errichtete Gesellschaft verpflichtete sich, die gepachtete Einrichtung für öffentliche Zwecke zu betreiben. Die Nutzung durch Schulen und Vereine war sicherzustellen; im Übrigen unterlag der Badebetrieb der freien Gestaltung der Pächterin. Die Pächterin verpflichtete sich ferner zur Zahlung einer Pacht in Höhe von jährlich 5.000 € zuzüglich Umsatzsteuer; außerdem oblagen ihr erforderliche Ausbesserungen und Reparaturen der Pachtsache bis zu einer Höhe von jährlich 12.000 €. Die Klägerin als Verpächterin verpflichtete sich ihrerseits, der GmbH in monatlichen Raten einen fortlaufenden Betriebskostenzuschuss zu zahlen, der sich im ersten Vertragsjahr auf 310.000 €, im zweiten Vertragsjahr auf 256.760 € und im dritten Vertragsjahr auf 236.760 € belief. Zu den vom Betriebskostenzuschuss zu deckenden Kosten gehörten auch die Pacht sowie die Aufwendungen für Ausbesserungen und Reparaturen. Die Klägerin war berechtigt, den Betriebskostenzuschuss einzubehalten, wenn die GmbH ihre vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht erfüllte; die GmbH war ihrerseits zur fristlosen Kündigung des Pachtvertrages berechtigt, falls die Klägerin mit der Zahlung des Zuschusses in Höhe von zwei Monatsbeträgen in Verzug geraten sollte. Der Senat nimmt wegen der Einzelheiten auf den Pachtvertrag Bezug.
Für den anschließenden Zeitraum 1. Oktober 2010 bis 30. September 2013 schlossen die Klägerin und die GmbH am 21. September 2010 einen im Wesentlichen inhaltsgleichen Pachtvertrag, der sich bei ausbleibender Kündigung um jeweils zwei weitere Jahre verlängerte. Die jährlich zu zahlende Pacht betrug weiterhin 5.000 €, der Betriebskostenzuschuss wurde mit jährlich 256.760 € vereinbart.
Die GmbH erwirtschaftete aus der verpachteten Einrichtung jährliche Einnahmen (ohne Betriebskostenzuschüsse) im Betrag zwischen 36.361 € (2010) und 59.197 € (2012).
Die Klägerin gab für 2008 eine Körperschaftsteuererklärung ab, in der sie aus einem „Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art“ einen Verlust in Höhe von 398.989 € erklärte. Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß, setzte mit Bescheid vom 6. Mai 2010 eine Körperschaftsteuer von 0 € fest und stellte den verbleibenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 2008 (unter Berücksichtigung vorgetragener Verluste aus 2007) mit Bescheid vom selben Tag auf 479.389 € fest.
Mit Bescheiden vom 20. September 2013 hob der Beklagte die Bescheide vom 6. Mai 2010 jedoch wieder auf und lehnte gleichzeitig eine Veranlagung der Klägerin zur Körperschaftsteuer für die Jahre 2009, 2010, 2011 sowie (mit Bescheid vom 4. März 2014) 2012 ab. Er vertrat nunmehr die Auffassung, die Verpachtung des Hallenbades durch die Klägerin sei angesichts des geringen Pachtentgelts bei gleichzeitigen höheren Betriebskostenzuschüssen unentgeltlich erfolgt; aus diesem Grund liege ein Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art der Klägerin nicht vor.
Die Klägerin erhob gegen die Bescheide vom 20. September 2013 und 4. März 2014 jeweils fristgemäß – jedoch ohne Erfolg – Einspruch; gegen die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 11. November 2015 hat die Klägerin am 11. Dezember 2015 Klage erhoben.
Die Klägerin meint, die Verpachtung des Hallenbades erfolge im Streitfall voll entgeltlich; deshalb liege bei ihr ein Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art vor. Sie, die Klägerin, sei kommunalrechtlich dazu verpflichtet, ihr Vermögen möglichst rentabel einzusetzen. Dem diene im Streitfall die vereinbarte Pacht; eine unentgeltliche Überlassung an Dritte komme schon kommunalrechtlich nicht in Betracht. Bei den Zuschusszahlungen handele es sich hingegen um einen echten Zuschuss im umsatzsteuerlichen Sinne. Eine Saldierung der Pachtzahlung mit den Betriebskostenzuschüssen sei insoweit nicht zulässig. Auch in der tatsächlichen Vertragsabwicklung sei keine Verrechnung beider Zahlungsposten erfolgt. Der Pachtzins sei eine betrieblich veranlasste Einnahme, während der Betriebskostenzuschuss der außerbetrieblichen Sphäre zuzuordnen sei. Der Pachtzins sei mit 5.000 € jährlich auch nicht lediglich symbolisch vereinbart gewesen; zudem sei das Hallenbad bei Pachtbeginn stark sanierungsbedürftig gewesen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten seien Pachtzins und Zuschuss auch nicht voneinander abhängig ausgestaltet. Der Betriebskostenzuschuss habe nach den vertraglichen Gegebenheiten nur dann angepasst werden können, wenn sich die Preise für Strom, Gas, Wasser und Abwasser um mehr als 4 % veränderten.
Eine Unentgeltlichkeit der Verpachtung lasse sich auch nicht durch eine Vergleichsbetrachtung mit dem Fall eines fehlenden Pachtentgelts bei gleichzeitig entsprechend geringeren Zuschüssen begründen. Ebenso ändere der Umstand, dass sie (die Klägerin) aus dem Pachtverhältnis keine Bereicherung erfahre, nichts an der Entgeltlichkeit.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide über Körperschaftsteuer für 2008, die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2008 sowie über die Ablehnung der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für 2009, 2010 und 2011, sämtlich vom 20. September 2013, sowie des Bescheids über die Ablehnung der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für 2012 vom 4. März 2014, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 2015, zu verpflichten, die Klägerin für die Jahre 2008 bis 2012 zur Körperschaftsteuer zu veranlagen,
sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bekräftigt seine Auffassung, dass die Klägerin mangels Entgeltlichkeit keinen Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art unterhalte. Sie erziele aus dem Pachtverhältnis bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung keine Einnahmen; denn Pachtentgelt einerseits und Betriebskostenzuschuss andererseits seien zu saldieren. Sie seien nicht nur in einem einheitlichen Vertrag geregelt, sondern auch voneinander abhängig ausgestaltet. Die Höhe des Betriebskostenzuschusses sei unter Berücksichtigung der Pacht als Kostenfaktor erfolgt; zudem fließe die gezahlte Pacht über die Zuschüsse wieder an die GmbH zurück, und zwar aufgrund der unterschiedlichen Zahlungsweise (Pacht: jährlich bis 31. März; Zuschuss: monatlich) teilweise sogar vor Bewirken der Pachtzahlung.
I. Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin unterhält einen (fingierten) Betrieb gewerblicher Art, mit dem sie für die Streitjahre zur Körperschaftsteuer zu veranlagen ist. Die Ablehnung einer Veranlagung durch den Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin im Sinne von § 101 Finanzgerichtsordnung (FGO) in ihren Rechten.
1. Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 Körperschaftsteuergesetz (KStG) Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Unter Betrieben gewerblicher Art sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG alle Einrichtungen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts – mit Ausnahme von Hoheitsbetrieben (§ 4 Abs. 5 KStG) – zu verstehen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 Satz 2 KStG).
Die Frage, ob sich die Einrichtung innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person „wirtschaftlich heraushebt“, ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die Steuerpflichtigkeit von Betrieben gewerblicher Art danach zu beurteilen, ob die betreffende erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand die Wettbewerbsneutralität beeinträchtigen kann (vgl. Märtens in: Gosch, KStG, 3. Aufl. [2015], § 4 Rdnr. 42). Während die Rechtsprechung hierfür teilweise auf die Höhe des durchschnittlich erzielbaren Gewinns (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 24. Oktober 1961 – I 105/60 U, Bundessteuerblatt [BStBl.] III 1961, 552), auf das Größenverhältnis des Betriebs zum Gesamthaushalt der juristischen Person des öffentlichen Rechts (BFH, Urteil vom 11. Januar 1979 – V R 26/74, BStBl. II 1979, 746) oder auf das Verhältnis der Einnahmen zum betroffenen Bereich der gemeindlichen Verwaltung (BFH, Urteil vom 14. April 1983 – V R 3/79, BStBl. II 1983, 491) abstellt, behilft sich die Finanzverwaltung mit der indiziellen Wirkung von nachhaltig erzielbaren Umsätzen: Übersteige der mit der wirtschaftlichen Betätigung nachhaltig erzielbare Umsatz den Betrag von jährlich 30.678 € (für den Streitzeitraum; seit 2015 wird von einem Betrag von 35.000 € ausgegangen; vgl. R 4.1 Abs. 5 der Körperschaftsteuerrichtlinie [KStR] 2015), so könne in der Regel davon ausgegangen werden, dass sich die Tätigkeit innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich heraushebe.
Die Verpachtung eines Betriebs gewerblicher Art gilt gemäß § 4 Abs. 4 KStG selbst als Betrieb gewerblicher Art der verpachtenden Körperschaft. Als Verpachtung gilt dabei jede entgeltliche Überlassung von Einrichtungen, Anlagen oder Rechten, die beim Verpächter einen Betrieb gewerblicher Art darstellen würden (ständige Rechtsprechung; vgl. nur BFH, Urteil vom 13. März 1974 – I R 7/71, BStBl. 1974, 391; ebenso Märtens in: Gosch, a.a.O., § 4 Rdnr. 91). Für die Beurteilung der „wirtschaftlichen Herausgehobenheit“ der Tätigkeit ist im Fall der Verpachtung einer Einrichtung nicht auf das von der Körperschaft erzielte Pachtentgelt, sondern auf die Umstände in der Person des Pächters (ggf. also auf dessen Umsatzerlöse) abzustellen (vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 – V R 111/85, BStBl. II 1990, 868).
2. Im Streitfall erfüllte die Verpachtung des Hallenbades samt Inventar die Voraussetzungen eines fiktiven Betriebs gewerblicher Art gemäß § 4 Abs. 4 KStG.
a) Die von der Klägerin an die GmbH überlassene Einrichtung erfüllte in den Streitjahren für sich genommen die Voraussetzungen eines Betriebs gewerblicher Art; ihr Betrieb wäre – sofern er durch die Klägerin selbst erfolgt wäre – gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG unbeschränkt steuerpflichtig gewesen. Insbesondere war der Betrieb der Einrichtung nicht nur in funktioneller Hinsicht von der übrigen (hoheitlichen) Betätigung der Klägerin abgrenzbar, sondern er hob sich auch innerhalb der Gesamtbetätigung der Körperschaft wirtschaftlich heraus. Der Senat geht dabei in Übereinstimmung mit der Betrachtungsweise der Finanzverwaltung davon aus, dass dies jedenfalls bei einem nachhaltigen Jahresumsatz von (in den Streitjahren) mehr als 30.678 € indiziert ist, sofern nicht besondere Umstände gegen eine wettbewerbsrelevante Tätigkeit von einigem Gewicht sprechen. Im Streitfall lagen die erzielten Einnahmen nachhaltig über diesem Grenzbetrag. Indizien gegen eine hinreichende Wettbewerbsrelevanz der Tätigkeit sieht der Senat nicht. Im Gegenteil ist auch im Hinblick auf die Art der verpachteten Einrichtung – Schwimmbad- und Saunabetrieb – von einer wettbewerbsrechtlichen Relevanz auszugehen; denn derartige Einrichtungen werden häufig auch von privaten Betreibern zur Nutzung angeboten. Da zudem an ein und demselben Ort regelmäßig nur eine überschaubare Zahl derartiger Einrichtungen betrieben werden dürfte, liegt es nach Überzeugung des Senats auf der Hand, dass eine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Wettbewerber geeignet wäre, deren Wettbewerbsverhältnis nachhaltig zu beeinflussen.
b) Die Überlassung der Einrichtung erfolgte – entgegen der Sichtweise des Beklagten – auch entgeltlich. Die Parteien des Pachtvertrages hatten ausdrücklich die Zahlung eines Pachtentgelts vereinbart, das mit 5.000 € netto pro Jahr auch nicht lediglich als symbolische Gegenleistung (wie etwa bei einem Betrag von 1 € denkbar) anzusehen war. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Pachtzahlungen auch tatsächlich von der Pächterin an sie (die Klägerin) geflossen und nicht etwa mit Forderungen der Pächterin auf Zahlung des Betriebskostenzuschusses verrechnet worden sind. Der Beklagte hat darüber hinaus selbst betont, dass die Zahlungen der Pacht und der Zuschüsse zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig waren und bewirkt worden sind.
Für eine „Saldierung“ der gegenseitigen vertraglichen Zahlungsansprüche mit der Folge, dass das Pachtentgelt sich quasi „in Nichts auflöse“, sieht der Senat keine Grundlage. Soweit der Beklagte argumentiert, dass das Pachtverhältnis auch so hätte gestaltet werden können, dass auf eine Pacht verzichtet und dafür der Zuschuss um den entsprechenden Betrag gekürzt werde, ist ihm entgegenzuhalten, dass nicht ein fiktiver, sondern allein der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt in steuerrechtlicher Hinsicht zu beurteilen ist. Was die Vertragsparteien alternativ (mit einem vergleichbaren wirtschaftlichen Resultat) hätten vereinbaren können, könnte bei der rechtlichen Beurteilung allenfalls dann eine Rolle spielen, wenn der objektiv vereinbarte Vertrag und seine Durchführung Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO) oder für einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 Abs. 1 AO) enthielten. Solche Anhaltspunkte sieht der Senat nicht. Gegen ein Scheingeschäft spricht bereits, dass die wechselseitigen Zahlungsansprüche – was auch der Beklagte nicht in Zweifel zieht – vertragsgemäß abgewickelt wurden. Die gewählte rechtliche Gestaltung erweist sich auch nicht als unangemessen im Sinne des § 42 Abs. 2 AO. Insbesondere lassen sich für die Trennung der Zahlungsflüsse zwischen Pachtentgelt einerseits und Betriebskostenzuschuss andererseits vernünftige rechtliche und wirtschaftliche Erwägungen finden, die steuerrechtlich hinzunehmen sind. Zum einen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend auf die kommunalrechtliche Rahmenbedingungen verwiesen, nach denen sie daran gehindert wäre, Vermögenswerte unrentabel (unentgeltlich) zu verwerten (vgl. § 5 Abs. 1 des Gesetzes über das Vermögen der Gemeinden, Städte und Landkreise [Kommunalvermögensgesetz – KVG]). Zum anderen besteht unbestreitbar nicht nur zwischen Überlassung der Einrichtung und Zahlung des Pachtentgelts ein wirtschaftlicher Zusammenhang, sondern ein solcher Zusammenhang besteht auch zwischen der Verpflichtung des Pächters zur Bereitstellung der Einrichtung für die Öffentlichkeit, Schulen und Vereine und dem dafür aus dem kommunalen Haushalt gewährten Zuschuss zu den Betriebskosten. Es ist wirtschaftlich vernünftig und nachvollziehbar, diese Zusammenhänge entsprechend in der Vertragsgestaltung und –durchführung abzubilden und nicht durch eine „Saldierung“ miteinander zu vermengen.
Gegen eine „Saldierung“ spricht schließlich auch, dass dies in Fällen von nur defizitär zu betreibenden öffentlichen Einrichtungen in letzter Konsequenz zu einer nicht mit dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4 KStG zu vereinbarenden Ungleichbehandlung von Verpachtungsbetrieben gewerblicher Art einerseits und selbst unterhaltenen Betrieben gewerblicher Art andererseits führen würde (vgl. Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 10. Januar 2017 – 3 K 1652/15, - nicht rechtskräftig – juris).
Zudem trifft nach dem Wortlaut des Pachtvertrags vom 27. September 2007 auch der Hinweis des Beklagten auf die gegenseitige Abhängigkeit des Pachtentgelts und der Zuschüsse nicht zu: Während das Pachtentgelt für die gesamte Pachtzeit unveränderlich mit jährlich 5.000 € vereinbart wurde (§ 5), sollte der Zuschuss bei gewissen Steigerungen der Preise für Strom, Gas, Wasser und Abwasser einer zu verhandelnden Erhöhung unterliegen (§ 6). Soweit der Beklagte darüber hinaus auf die „rechtliche“ Abhängigkeit der wechselseitigen Entgelte verweist, ist ihm entgegen zu halten, dass Zurückbehaltungs- oder Kündigungsrechte zu den normalen Instrumenten der Gestaltung gegenseitiger Verträge gehören, mit denen einer Vertragsverletzung des anderen Vertragspartners begegnet werden kann. Hieraus folgt indes noch nicht, dass die (regelmäßig im Synallagma stehenden) wechselseitigen vertraglichen Leistungen in einem solchen Fall stets miteinander zu saldieren wären.
c) Auch der Umstand, dass die Klägerin angesichts der die Pachtentgelte nachhaltig und wesentlich übersteigenden Betriebskostenzuschüsse keinen Überschuss erzielen konnte, sondern es sich aus ihrer Sicht vielmehr um ein Dauerverlustgeschäft handelte, ändert am Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art nichts:
Aus der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG, wonach ein Betrieb gewerblicher Art eine Gewinnerzielungsabsicht nicht voraussetze, sollte allerdings nach einer früher vertretenen Literaturauffassung nicht der Schluss zu ziehen sein, dass auch Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen nur Verluste erwirtschaften können, in die Besteuerung einzufließen hätten (vgl. Märtens in: Gosch, a.a.O., § 4 Rdnr. 55; Hüttemann, DB 2007, 1603). Nach einem obiter dictum in der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 22. August 2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961, unter II. 3. b) der Gründe) sollte „im Grundsatz und unbeschadet des § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG“ auch im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht die Annahme eines Liebhabereibetriebes denkbar sein, da die juristische Person des öffentlichen Rechts – anders als etwa eine Kapitalgesellschaft – über eine außerbetriebliche Sphäre verfügt, der die Einnahmen und Ausgaben zugeordnet werden könnten.
Nach Ansicht des Senats vermag die genannte Literaturauffassung den Regelungsgehalt des § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG nicht zu erklären; ihr ist deshalb nicht zu folgen. Wenn ein Betrieb gewerblicher Art nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung auch dann vorliegen soll, wenn die betriebene Tätigkeit auf das Erzielen von Einnahmen ohne Erwirtschaften eines Gewinns gerichtet ist, so bedeutet dies nichts anderes, als dass auch ein Betrieb darunter zu subsumieren ist, dessen Einnahmen die betrieblichen Aufwendungen unterschreiten und der deshalb – auf die gesamte Dauer seiner Existenz betrachtet – einen Verlust erwirtschaftet. Hierbei kann es keine entscheidende Rolle spielen, ob der Totalverlust sich als Saldo aus Gewinn- und Verlustperioden ergibt, oder ob ein dauernder Verlust erwirtschaftete wird. Auch das zitierte obiter dictum des BFH steht dem nicht entgegen, da es lediglich auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen einer Kapitalgesellschaft (keine außerbetriebliche Sphäre) und einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (Bestehen einer außerbetrieblichen Sphäre) hinweist, zugleich aber die daran theoretisch anknüpfende Folge („Liebhaberei denkbar“) mit Rücksicht auf die Norm des § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG („unbeschadet“) relativiert.
Die hier vertretene Auffassung des Senats wird zudem gestützt durch die mit dem Jahressteuergesetz 2009 eingeführte Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG, nach der bei Betrieben gewerblicher Art die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) nicht bereits deshalb zu ziehen sind, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben. Hieraus folgt logisch zwingend, dass auch das Betreiben eines Dauerverlustgeschäfts – unter den sonstigen Voraussetzungen – einen Betrieb gewerblicher Art begründet. Dies ist auch nicht erst seit Einführung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG der Fall; denn der Gesetzgeber wollte mit dieser Norm ersichtlich nicht etwa den Kreis der Betriebe gewerblicher Art erweitern, sondern lediglich ungewünschte steuerliche Folgen für bestimmte bestehende Betriebe gewerblicher Art (Dauerverlustbetriebe) beseitigen.
Der Sichtweise des Senats steht die jüngere Rechtsprechung des BFH, wonach es an der für die Unternehmereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erforderlichen Grundvoraussetzung der wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit fehle, wenn eine Gemeinde über die von ihr vereinnahmten Beiträge nur einen kleinen Teil ihrer Kosten decke (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2016 – V R 44/15, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs [BFH/NV] 2017, 707), nicht entgegen. Diese Rechtsprechung betrifft die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft eines Betriebs gewerblicher Art, bei deren Beurteilung nicht entscheidend auf § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG oder § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG, sondern vielmehr auf eine richtlinienkonforme Auslegung des § 2 Abs. 3 Satz 1 Umsatzsteuergesetz in Verbindung mit § 4 KStG abzustellen ist (so ausdrücklich BFH, Urteil vom 15. Dezember 2016 – V R 44/15, a.a.O., unter II. 3. der Gründe).
II. Mit welchen Besteuerungsgrundlagen die Klägerin in den Streitjahren zu veranlagen ist, war nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Insoweit weist der Senat – entsprechend seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung – lediglich klarstellend darauf hin, dass eine gewinnmindernde Berücksichtigung der periodischen Betriebskostenzuschüsse nicht zwingend erscheint; vielmehr sprechen gute Gründe dafür, dass im Hinblick auf den „Dauerverlustbetrieb“ der Klägerin von einer vGA des Betriebs gewerblicher Art an ihre Trägerkörperschaft auszugehen sein dürfte: Zwar wird das hier betriebene Schwimmbad unter den in § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG genannten „gesundheitspolitischen Grund“ subsumiert werden können. Allerdings hat der BFH kürzlich (Urteil vom 9. November 2016 – I R 56/15, BStBl. II 2017, 498) entschieden, dass die durch § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG gewährte steuerliche Begünstigung nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn eine der öffentlichen Hand gehörende Kapitalgesellschaft diese förderungswürdigen Zwecke unmittelbar verwirklicht, das Dauerverlustgeschäft also selbst ausübt. Im Fall der Verpachtung bleibt es hingegen bei den grundsätzlichen Rechtsfolgen einer vGA. Entsprechendes mag auch für den Fall des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG gelten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig, weil die Sach- und Rechtslage nicht so einfach war, dass die Klägerin sich selbst hätte vertreten können (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
IV. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. So ist bislang nicht geklärt, ob ein Dauerverlustbetrieb auch außerhalb des zeitlichen (vor 2009) und des sachlichen (Verpachtung statt Selbstbetrieb) Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 7 KStG einen Betrieb gewerblicher Art darstellen kann oder ob insoweit von steuerlich unbeachtlicher „Liebhaberei“ auszugehen ist. Zudem erscheint eine Abgrenzung zu umsatzsteuerlichen Rechtslage, wie sie der BFH in seinem Urteil vom 15. Dezember 2016 – V R 44/15 – dargestellt hat, aus Gründen der Klarstellung geboten. Ferner wird auf das anhängige Revisionsverfahren zum Aktenzeichen I R 9/17 gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 10. Januar 2017 – 3 K 1652/15 – Bezug genommen.