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Denkmalschutz; Siedlung "Roter Adler"; Anbringung eines Vordaches und einer Edelstahlleuchte; denkmalschutzrechtliche Genehmigung; Denkmalbereich; öffentliches Erhaltungsinteresse; bauliche Veränderungen; Denkmalpflegeplan; Entgegenstehen von Gründen des Denkmalschutzes; private Interessen des Eigentümers; einheitlich konzipiertes Erscheinungsbild von Siedlungsbauten


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 27.12.2011
Aktenzeichen OVG 2 N 104.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 11 Abs 1 DSchG BE, Art 14 Abs 1 GG

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 23. Oktober 2009 und dem Beklagten am 27. Oktober 2009 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Derartige Zweifel setzen voraus, dass ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2009 – 1 BvR 812/09 -, NJW 2010, 1062, 1063). Das im Zulassungsantrag Dargelegte (vgl. § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) erfüllt diese Anforderungen nicht.

a) Der Kläger, dessen u.a. auf die Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung für die Anbringung eines Vordachs und einer Leuchte aus Edelstahl an seinem Haus in der Siedlung „Roter Adler“ gerichtete Klage das Verwaltungsgericht abgewiesen hat, wendet sich in erster Linie gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die denkmalrechtliche Schutzwürdigkeit der Siedlung als Gesamtanlage durch die an einzelnen Reihenhäusern vorgenommenen Veränderungen nicht in Frage gestellt sei. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass es sich bei der Siedlung „Roter Adler“ um einen geschützten Denkmalbereich nach § 2 Abs. 3 DSchG Bln handele, dem besondere künstlerische und stadtgeschichtliche Bedeutung zukomme. Die Siedlung gebe Zeugnis davon, wie die Nationalsozialisten mit begrenzten finanziellen Mitteln nach der Weltwirtschaftskrise Wohnhäuser bauten. Durch die einfache und schlichte Fassadengliederung habe der Architekt ein unverkennbares Siedlungsbild erzielt. Aus der damit bestehenden besonderen künstlerischen und stadtgeschichtlichen Bedeutung der Siedlung „Roter Adler“ ergebe sich das öffentliche Erhaltungsinteresse. Die in Augenschein genommenen Veränderungen an einzelnen Reihenhäusern in der Siedlung lasse die Schutzwürdigkeit der Gesamtanlage (noch) unberührt. Soweit der Kläger hiergegen einwendet, es seien in der Siedlung lediglich teilweise und nur noch vereinzelt die ursprünglichen Bauelemente vorhanden, die Aufgänge der Häuser seien verschieden gestaltet, Eingangstüren ausgetauscht und Eingangsbereiche umgestaltet worden, zieht er die Richtigkeit der Entscheidung nicht schlüssig in Zweifel. Nach der Rechtsprechung des Senats entfällt das öffentliche Erhaltungsinteresse eines Denkmals nur ausnahmsweise dann, wenn derart weit reichende bauliche Veränderungen erfolgt sind, dass die jeweilige Bedeutungskategorie des Denkmals nicht mehr sichtbar ist (vgl. Urteile des Senats vom 27. Oktober 2011 - OVG 2 B 5.10 -, juris Rn. 38 und vom 21. Februar 2008 - OVG 2 B 12.06 -, juris Rn. 18). Dass dies der Fall sein sollte, legt der Kläger nicht plausibel dar. Er tritt den auf der Grundlage der Inaugenscheinnahme mit den Beteiligten im Ortstermin getroffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die Bausubstanz der Gebäude in der Siedlung sei erhalten, Dachaufstockungen und Vorbauten seien nicht zu erkennen, überwiegend seien Originaltüren und -fenster eingebaut und die über den Haustüren angebrachten Lampen seien entweder im Original vorhanden oder denkmalgerecht ersetzt worden, nicht substanziiert entgegen. Seine Behauptung, es seien in der Siedlung nur noch vereinzelt die ursprünglichen Bauelemente vorhanden, unterlegt er nicht weiter. Soweit er auf die bei den Eingangstüren und in den Eingangsbereichen vorgenommenen Veränderungen verweist, setzt er sich mit der Würdigung des Verwaltungsgerichts, es seien insoweit in der Siedlung überwiegend noch die Originalelemente vorhanden, nicht auseinander. Auch sein Einwand, dass die „alte“ Haunummernleuchte an seinem Haus, die sich auch an den Häusern der Nummern 50, 52 und 54 befinde, kein Original gewesen sei, sowie dass die an den genannten Häusern angebrachten modernen Lampen „nicht ansatzweise auf historische Vorgaben Rücksicht“ nähmen, begründet keine ernstlichen Richtigkeitszweifel. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Lampen in der Siedlung, sofern es sich nicht sogar noch um die Originallampen handele, denkmalgerecht ersetzt worden seien. Dem tritt das Zulassungsvorbringen, in dem die an den Häusern der Nummern, 50, 52 und 54 angebrachten Leuchten nicht einmal beschrieben werden, nicht mit Substanz entgegen. Sollte der Vortrag des Klägers dahin zu verstehen sein, dass er gelten machen will, der Austausch der Lampe als eines nicht mehr im Original vorhandenden einzelnen Bestandteils eines Denkmals unterliege nicht der Genehmigungspflicht, so wäre auch damit die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in Frage gestellt. Denn die Genehmigungspflicht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG Bln setzt nicht voraus, dass der bestehende Zustand der historische bzw. originale ist, denn insbesondere der Austausch einzelner Bauteile eines Denkmals stellt stets eine relevante Veränderung dar (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2008 - OVG 2 B 12.06 -, juris Rn. 20).

b) Auch das Vorbringen des Klägers, es sei nicht hinnehmbar, dass er an Maßnahmen gehindert werde, die nur geringfügig ins Gewicht fielen, während vom Beklagten andererseits „komplette und absolut krasse Umgestaltungen des Erscheinungsbildes der Häuserfronten“ dauerhaft geduldet würden, vermag die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht in Zweifel zu ziehen. Dass die Versagung der Genehmigung einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) begründet, legt der Kläger schon deshalb nicht schlüssig dar, weil er weder konkrete Veränderungen am Erscheinungsbild anderer Häuser in der Siedlung benennt, die ebenfalls nach der denkmalrechtlichen Unterschutzstellung erfolgt sind, noch darlegt, dass in diesen Fällen vom Beklagten Genehmigungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln erteilt worden sind.

c) Ohne Erfolg beanstandet der Kläger, das angefochtene Urteil setze sich nicht hinreichend mit den im Denkmalpflegeplan enthaltenen Vorgaben auseinander und verkenne, dass die beantragten Maßnahmen hierzu gerade nicht in Widerspruch stünden. Das Verwaltungsgericht hat den Denkmalpflegeplan im Rahmen der Abwägung der Denkmalschutzinteressen mit den privaten Interessen des Klägers berücksichtigt und ihn als weiteres Argument dafür angeführt, dass die stilgerechte Erhaltung des Eingangsbereichs des Denkmals von zentraler Bedeutung sei. Der für die Siedlung aufgestellte Denkmalpflegeplan betone die Wichtigkeit, die Haustür in ihrem Erscheinungsbild zu erhalten (S. 30) und empfehle, dass weitere Beleuchtungskörper nicht an der Straßenfassade angebracht werden sollten, weil diese dem schlichten Baustil widersprächen (S. 31). Diese Würdigung stellt das Zulassungsvorbringen nicht schlüssig in Frage. Der Einwand des Klägers, dass mit den zur Genehmigung gestellten Veränderungen keines der entwurfsspezifischen Bauelemente wegfalle bzw. gestört werde, wird durch die vom Verwaltungsgericht angeführten Aussagen im Denkmalpflegeplan gerade nicht gestützt. Soweit er darauf verweist, dass nach dem Denkmalpflegeplan Modernisierungsmaßnahmen nicht ausgeschlossen seien, legt er nicht dar, weshalb es sich bei der Anbringung eines Vordachs und einer Lampe aus Edelstahl um Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des Denkmalpflegeplans handeln sollte.

d) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung werden schließlich nicht mit dem Einwand dargelegt, das Verwaltungsgericht habe die privaten Belange des Klägers als Denkmaleigentümer unberücksichtigt gelassen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass – auch in Abwägung mit den durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Interessen des Klägers – Gründe des Denkmalschutzes der Anbringung des Vordachs und der Lampe aus Edelstahl entgegenstünden. Bei der Interpretation des Merkmals „entgegenstehen“ (§ 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln) seien die den Denkmalschutzinteressen gegenläufigen privaten Interessen des Eigentümers zu berücksichtigen. Dies sei verfassungsrechtlich geboten, denn die denkmalrechtliche Unterschutzstellung und das damit verbundene Genehmigungsverfahren für bestimmte Maßnahme seien nur dann zulässige Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Gemeinwohlbelange des Denkmalschutzes in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht würden. Gegen diesen rechtlichen Ansatz wendet sich das Zulassungsvorbringen nicht. Der Kläger legt auch nicht schlüssig dar, dass bei der vorzunehmenden Abwägung seine privaten Eigentümerinteressen die Denkmalschutzinteressen überwiegen. Soweit er geltend macht, die vorgenommenen Veränderungen beeinträchtigten das Erscheinungsbild des Gebäudes nicht, setzt er sich bereits nicht mit der Würdigung des Verwaltungsgerichts auseinander, dass das Vordach und die Lampe dem Haus des Klägers eine individuelle Note gäben und damit in einem denkmalwidrigen Spannungsverhältnis zur Einheitlichkeit der Siedlung stünden (vgl. die Rechtsprechung des Senats zur besonderen Schutzwürdigkeit des Erscheinungsbildes von Gesamtanlagen in Gestalt von Siedlungen: Beschlüsse vom 31. Mai 2006 - OVG 2 N 329.04 -, BA S. 6 und vom 16. August 2005 - OVG 2 N 153.05 -, BA S. 4). Soweit der Kläger darauf verweist, mit dem Vordach den Eingangsbereich seines Hauses vor Regen, Schnee und Vereisung zu schützen und mit der Anbringung einer Lampe Unfallgefahren zu minimieren, ist nicht ersichtlich, dass ein schutzwürdiges Interesse an der Anbringung eines Glasvordaches bzw. einer Lampe aus Edelstahl unter Inkaufnahme von negativen Veränderungen an dem Erscheinungsbild des Denkmals besteht (vgl. zur Genehmigungsfähigkeit für die Anbringung eines Glasvordaches an einem denkmalgeschützten Reihenhaus: Beschluss des Senats vom 16. Mai 2007 - OVG 2 N 19.06 -, juris Rn. 6). Der Kläger legt weder dar, dass das Anbringen eines Vordaches funktional notwendig ist, um die Bausubstanz vor Nässeschäden zu schützen noch, dass Gefahren durch Schnee und Eis im Eingangsbereich nicht auch mit anderen Mitteln, etwa durch Räumen oder Streuen, begegnet werden kann. Weshalb eine Beleuchtung mit einer denkmalgerecht gestalteten Lampe nicht möglich sein sollte, erschließt sich aus dem Vorbringen des Klägers ebenfalls nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).