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Entscheidung OVG 7 B 17.14


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 21.10.2015
Aktenzeichen OVG 7 B 17.14 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Anl 1 AuslZuschlV, § 53 BBesG, Art 3 Abs 1 GG, Art 80 GG

Leitsatz

Zur gerichtlichen Überprüfung einer Besoldungsverordnung, hier der Dienstortstufenzuteilung in der Auslandszuschlagsverordnung.

Tenor

Das am 24. April 2012 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils beizutreibenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten sich um die mit Wirkung vom 1. Juli 2010 novellierte Auslandsbesoldung. Das Auswärtige Amt hatte die Beamten der Auslandsvertretungen über die beabsichtigten Zuteilungen von Dienstortstufen unterrichtet. Beschäftigte des Generalkonsulats Nowosibirsk wandten sich daraufhin mit einem Schreiben vom 20. Oktober 2008 gegen die damalige Absicht des Auswärtigen Amts, ihren Dienstort der Dienstortstufe 10 zuzuteilen. Die Klägerin war vom September 2009 bis zum August 2011 (der Besoldungsgruppe A ) im Generalkonsulat Nowosibirsk. Sie legte nach einem vorhergegangenen Schriftwechsel einen in der Zentrale des Auswärtigen Amts am 14. Juli 2010 eingegangenen Widerspruch ein. Darin verwahrte sie sich gegen die dem Generalkonsulat Nowosibirsk nunmehr zugeteilte Dienstortstufe 11. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid des Auswärtigen Amts vom 8. November 2010, der Klägerin am 7. Dezember 2010 zugestellt, zurück. Die Klägerin hat am 28. Dezember 2010 Klage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem am 24. April 2012 verkündeten Urteil den Widerspruchsbescheid aufgehoben und im Tenor festgestellt, dass die Besoldung der Klägerin in der Zeit ihrer Tätigkeit in Nowosibirsk seit Juli 2010 wegen der für die Höhe des Auslandszuschlags seit diesem Zeitpunkt unter anderem maßgeblichen Zuordnung des Dienstortes Nowosibirsk zur Zonenstufe 11 rechtswidrig gewesen sei. In der Urteilsbegründung heißt es, die Rechtswidrigkeit des Auslandszuschlages ergebe sich daraus, dass die Zuordnung zur Zonenstufe 11 nicht nachvollziehbar begründet sei und sich nicht ausschließen lasse, dass der Dienstort bei einem nachvollziehbaren Zuordnungsverfahren in eine höhere Zonenstufe eingeordnet worden wäre. Zwar habe der Gesetz- und Verordnungsgeber auf dem Gebiet des Besoldungsrechts einen weiten Beurteilungsspielraum. Setze sich der Verordnungsgeber jedoch selbst Maßstäbe, müsse er diese einhalten. Der Verordnungsgeber sei seiner eigenen komplexen Methodik bei der Ermittlung des materiellen Mehraufwandes nicht gerecht geworden. Er habe in der Rubrik Verkehr Mehrkosten in Nowosibirsk gegenüber dem Aufwand am Leitort Moskau erfasst, hingegen in der Rubrik Energie (ohne Kraftstoffe) für alle russischen Dienstorte einheitlich 90 Euro im Monat veranschlagt. Dabei sei offenkundig, dass in Nowosibirsk wesentlich länger geheizt werden müsse. Die im Jahr 2011 vorgenommene Nachermittlung der Heizkosten im Vergleich von Moskau und Nowosibirsk sei methodisch zweifelhaft, da nur drei Personen zumal mit Eigeninteresse befragt worden seien. Auch in weiteren Rubriken sei der Mehraufwand als identisch ausgewiesen. Halte der Verordnungsgeber derartige Positionen für berücksichtigungswürdig, müsse er sie auch ermitteln. Es könne offen bleiben, ob die dienstortspezifischen immateriellen Belastungen zutreffend ermittelt worden seien.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 24. Mai 2012 zugestellte Urteil am 8. Juni 2012 die Zulassung der Berufung beantragt und den Antrag am 23. Juli 2012 begründet. Der 6. Senat hat dem Antrag mit Beschluss vom 27. August 2013 entsprochen. Die Beklagte hat nach Erhalt dieses Beschlusses am 2. September 2013 die Berufung am 2. Oktober 2013 begründet.

Die Beklagte führt zur Begründung ihrer Berufung an, das Verwaltungsgericht habe den gerichtlichen Prüfungsrahmen verlassen. Es bestehe keine Selbstbindung des Verordnungsgebers. Das Bundesverfassungsgericht gestehe vielmehr dem Besoldungsgesetzgeber einen Freiraum zu und beanstande nur die Überschreitung äußerster Grenzen. Ansonsten seien Unebenheiten, gewisse Benachteiligungen, Friktionen und Mängel und der Eindruck bei dem Betroffenen, dass eine Besoldungsregelung fragwürdig sei, hinzunehmen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz verlange, dass sachlich einleuchtende Gründe schlechterdings nicht mehr erkennbar seien und eine fehlende Differenzierung als willkürlich beurteilt werden müsste.

Die Beklagte meint zur Errechnung des materiellen Mehraufwands, die angewandte Methodik sei insgesamt sachgerecht. Der materielle Mehraufwand sei in einem grundlegend überarbeiteten Verfahren ermittelt worden. Es seien zunächst insgesamt 37 sogenannte Leitorte festgelegt worden. Die Wahl hier des Leitorts Moskau sei wegen der Übereinstimmung von Sprache, Kulturkreis und Wirtschaftsraum gerechtfertigt. An diesen Leitorten seien für einen definierten Musterhaushalt detaillierte Abfragen über die Lebenshaltungsausgaben hinsichtlich wichtiger Gütergruppen (Energie, Pkw, Telefon, Personal) durchgeführt worden. Diese Ergebnisse seien ausgewertet worden und für die übrigen Gütergruppen durch Vergleichsschätzungen auf der Basis der durch das Statistische Bundesamt erstellten und auf das Inland bezogenen Einkommens- und Verbraucherstichprobe – EVS – ergänzt und festgesetzt worden. Die für die Leitorte ermittelten Werte seien auf die übrigen Dienstorte übertragen worden. Für bestimmte Ausgaben hätten darüber hinaus Zuschläge und Abschläge gegenüber dem Leitort vorgenommen werden können. So seien für die russischen Dienstorte abweichend von Moskau geringe Zuschläge für die Gütergruppen: Güter für die Haushaltsführung, Verkehr und Freizeit, Unterhaltung, Kultur berücksichtigt worden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass im Gesetz keine Methode für die Zuordnung vorgeschrieben sei und die selbst gewählten Verfahrensschritte nicht verbindlich seien. Eine genaue Berechnung bei einer Gütergruppe müsse nicht bei allen anderen Gütergruppen erfolgen. Eine Feinjustierung bei Abweichungen vom Leitort - hier beim Punkt Verkehr aufgrund der anderen Ausgangslage in Moskau - sei nicht willkürlich. Dass der Posten Energie aufgrund längerer Kälteperioden in Nowosibirsk gegenüber Moskau zu einem Mehraufwand führe, sei nach den durchgeführten Ermittlungen nicht erkennbar und auch sonst nicht offensichtlich. Das gewählte Verfahren führe für den Bereich des Auswärtigen Amts zu sachgerechten Ergebnissen. Wegen der Rotation gehöre jeder Beschäftigte mal zu den „Verlierern“ und mal zu den „Gewinnern“ des Systems. Das Verwaltungsgericht subsumiere falsch, wenn es meine, die Cent-Beträge bildeten einen exakten Mehraufwand ab. Die Beklagte habe eine statistische Berechnung vorgenommen. Sie verfolge dabei nicht den Anspruch, sämtliche Unterschiede der einzelnen Dienstorte in den Lebenshaltungskosten abzubilden. Die vorgelegte Aufstellung treffe keine normative Aussage, sondern dokumentiere einen Berechnungsschritt. In Bezug auf den Energieverbrauch werde der Mehraufwand nicht gegenüber dem Leitort gewürdigt, sondern ins Verhältnis zu Berlin gesetzt. Die russischen Dienstorte seien pauschal gleichbehandelt worden. Die Mehraufwendungen für Flugreisen von Nowosibirsk seien entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht unberücksichtigt geblieben, allerdings bei den immateriellen Belastungen berücksichtigt worden. Eventuell höhere Kosten würden im Rahmen des Kaufkraftausgleichs nach § 55 BBesG kompensiert. Schließlich nehme das Verwaltungsgericht zu Unrecht an, dass bei Beachtung seines Urteils eine andere Stufenzuordnung möglich sei. Bei einer weiteren Differenzierung würde sich zeigen, dass die Abweichungen so geringfügig seien, dass sie nicht die Stufe veränderten. Die Nachberechnung der Beklagten, auf die es gar nicht angekommen sei, habe gezeigt, dass von insgesamt 8,6 % höheren Aufwendungen in Nowosibirsk gegenüber Moskau auszugehen sei, bei der Energie lediglich von 2,38 %. Die vom Verwaltungsgericht beanstandete Nachberechnung, zu der die wenigen Beschäftigten in Nowosibirsk zu den Kosten befragt worden seien, würde bei einer Fehlerhaftigkeit wegen des vom Verwaltungsgericht unterstellten Eigeninteresses allenfalls zu einer Überhöhung der Werte führen.

Die Beklagte trägt zu den immateriellen Belastungen vor, es sei zwischen den allgemeinen und den dienstortbezogenen Belastungen zu unterscheiden. Die einen würden mit einem festen Grundbetrag abgegolten, während die anderen anhand von Ermittlungen der Firma M... bewertet würden, die diese Dienstleistung auch für andere auswärtige Dienste und für Firmen erbrächte. Ausgangspunkt sei ein auf die Bedürfnisse des Auswärtigen Amts zugeschnittener Bewertungskatalog mit 41 Einzelkriterien (politisches, soziales, wirtschaftliches und kulturelles Umfeld, ärztliche Versorgung, Angebot an deutschen und internationalen Schulen, öffentliche Versorgungsdienstleistungen und Verkehrsmittel, Freizeitmöglichkeiten, Angebot an Konsumgütern, Wohnumfeld, klimatische Belastungen und Gefahr von Naturkatastrophen). Referenzort sei Berlin (100 Punkte). Eine negative Differenz der Punkte von Berlin und dem Dienstort werde mit einem Geldfaktor – damals 15 Euro (gegenwärtig 17,30 Euro) – ausgeglichen. Die Internationale Schule in Nowosibirsk sei berücksichtigt worden und habe zur Zeit der Einstufung noch bestanden. Der Abstand zwischen den Wohnungen der Konsulatsbeschäftigten und der Schule sei irrelevant, weil die Wohnungswahl freistehe und die Wohnungen der Vorgänger nicht übernommen werden müssten. Der Umstand, dass es wöchentlich nur einen Direktflug nach Deutschland gebe, sei wegen der zahlreichen indirekten Flugverbindungen nach Deutschland nicht so gewichtig, dass er als Mehrbelastung berücksichtigt werden müsste. Der Geldfaktor sei vom Ressortkreis (Vertreter des Auswärtigen Amts, des Bundesministeriums der Verteidigung, des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums des Innern) mit Wirkung zum 1. Juli 2010 festgelegt worden. Ausgangspunkt seien die zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel. Eingestellt worden seien zunächst der materielle Mehraufwand, dann der Sockelbetrag in Bezug auf die allgemeinen immateriellen Belastungen und schließlich die Abgeltung der dienstortbezogenen immateriellen Belastungen. Die Überlegung sei orientiert am Drei-Personen-Stichhaushalt.

Die Beklagte beantragt,

das am 24. April 2012 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe die Methode der Ermittlung des materiellen Mehraufwands zu Recht beanstandet. Das Berechnungsverfahren sei weitgehend nicht nachvollziehbar. Einerseits werde der Mehrverbrauch erfasst und andererseits der Kaufkraftausgleich angeführt. Die Feinjustierung solle auf einer Schätzung basieren. Die Einbeziehung von Energie, Pkw, Telefon usw. bei der Berechnung sei durch den Gleichbehandlungsgrundsatz geboten. Die Berechnung basiere insoweit unsystematisch wechselnd auf einzelnen Erhebungen, statistischen Auswertungen und Schätzungen. Die Berechnungsmethode sei nicht konsistent und nicht nachvollziehbar. Erkennbar sei lediglich, dass gerechnet worden sei. Der beliebige Wechsel der Datenerhebungsmethode könne dazu führen, dass Friktionen und Unebenheiten nicht statistisch zufällig, sondern gezielt, mithin willkürlich entstünden. Nicht nachvollziehbar sei auch, warum als Ergebnis der Nachprüfung 2011 die Aufwendungen in Nowosibirsk 8,6 % höher als in Moskau seien. Die Winter in Nowosibirsk seien ungleich härter als in Moskau. Die Mehraufwendungen für Flugreisen würden nicht beim Kaufkraftausgleich berücksichtigt. Bei den immateriellen Belastungen hätte berücksichtigt werden müssen, dass die von 2008 bis 2010 bestehende Internationale Schule die Filiale einer Privatschulfirma mit Sitz in Slowenien gewesen sei. Die Unterrichtsinhalte hätten sich am US-amerikanischen Vorbild orientiert. Deutsch sei nicht unterrichtet worden. Für die Fahrt vom Generalkonsulat zum Sitz der Schule hätte man eineinhalb Stunden benötigt. Wegen des Schulbeginns um 8 Uhr hätte auch eine zusätzliche Betreuung organisiert werden müssen. Keines der Kinder der Konsulatsbeschäftigten habe die Schule besucht. Die Wohnqualität, die Sicherheit der Wohnungen und insgesamt der Wohnstandard ließen zu wünschen übrig. Es gebe in der Woche nur eine Flugverbindung nach Deutschland. In der Position „Housing“ sei die Gleichsetzung von Nowosibirsk, Moskau und Almaty durch die Firma M... mit sechs Punkten nicht nachvollziehbar, weil die Wohnverhältnisse in Almaty und Moskau erheblich großzügiger seien. Bei einem indirekten Flug mit Umsteigen in Moskau sei es teilweise erforderlich, den Flughafen zu wechseln. M... scheine das nicht zu berücksichtigen, weil deren internationale Erhebung anscheinend aus amerikanischer Sicht vorgenommen werde. Die Firma M... habe vor Ort keine Daten erhoben. Ihre Methode sei weder beschrieben noch nachgewiesen. Die behauptete Transparenz und Unabhängigkeit ergebe sich nicht aus der Beauftragung eines Unternehmens. Die Höhe von 15 Euro des Geldfaktors sei nicht nachvollziehbar. Die bei der Bestimmung des Geldfaktors zu Grunde gelegte Deckelung des Ausgabenvolumens lasse sich nicht mit dem Alimentationsprinzip vereinbaren.

Die über die Klägerin geführte Personalakte, die Loseblattsammlung der Beklagten mit Unterlagen des Statistischen Bundesamts und der Firma M... sowie der Nachberechnungsvorgang 2011 haben vorgelegen und sind Gegenstand der Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage der Klägerin ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

A. Die Klägerin hat zulässigerweise die Aufhebung des Widerspruchsbescheids (§ 42 VwGO) sowie die Feststellung (§ 43 VwGO) beantragt, dass ihre Besoldung in der Zeit ihrer Tätigkeit in Nowosibirsk seit Juli 2010 wegen der für die Höhe des Auslandszuschlags seit diesem Zeitpunkt unter anderem maßgeblichen Zuordnung des Dienstortes Nowosibirsk zur Zonenstufe 11 rechtswidrig gewesen sei. Sie war nicht aufgrund § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gehalten, einen Leistungsantrag zu stellen. Denn eine höhere Besoldung kann nicht eingeklagt werden, solange die gesetzliche Grundlage für die Zahlung fehlt. Das Erfordernis eines Besoldungsgesetzes folgt zumindest aus § 2 Abs. 1 BBesG (siehe dazu auch das BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u.a. – juris Rn. 31). Wird eine Besoldungsnorm für fehlerhaft gehalten, kann nur ein Feststellungsantrag Erfolg haben (BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2013 – 2 B 45.12 – juris Rn. 16; ständige Rechtsprechung). Der hier umstrittene Auslandszuschlag für die Zeit in Nowosibirsk ist Teil der Besoldung, weil sich die einschlägige Regelung in § 53 im Abschnitt 5 „Auslandsbesoldung“ des Bundesbesoldungsgesetzes findet und die Auslandsbesoldung nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Nr. 6 BBesG zur Besoldung gehört. Die konkret beanstandete Zuteilung der Dienstortstufe 11 ergibt sich aus einem materiellen Gesetz (vgl. 53 Abs. 7 BBesG) und dürfte nicht von der Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgenommen werden.

B. Die Klage ist unbegründet. Aus dem von der Klägerin gestellten Feststellungsantrag folgt, dass Streitgegenstand alleine die Zuteilung der Dienstortstufe 11 für ihre gesamte Verwendungszeit in Nowosibirsk ist. Hingegen ist vom Gericht nicht zu überprüfen, ob auf der Grundlage der von der Beklagten vorgenommenen Stufenzuteilung die Auszahlung richtig vorgenommen wurde.

1.) Die Stufenzuteilung findet sich in Anlage 1 (zu § 1 Abs. 2 Satz 1) der Auslandszuschlagsverordnung – AuslZuschlV – in der Fassung vom 17. August 2010 mit Wirkung vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011 und in der Änderungsfassung vom 6. September 2011 mit Wirkung vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012. Nach Abschnitt 1 Europa Nr. 28 der Anlage 1 war Nowosibirsk der Stufe 11 zugeteilt, während Moskau der Stufe 10 und das von der Klägerin zum Vergleich herangezogene Almaty (Abschnitt 4 Asien Nr. 18 der Anlage 1) der Stufe 17 zugeteilt war.

Die Zuteilungen ergeben sich bereits mit ihrem ursprünglichen Stand vom 1. Juli 2010 aus der Verordnung und nicht etwa aus dem Parlamentsgesetz, mit welchem zum selben Datum die Neuordnung der Auslandsbesoldung samt Bildung von 20 Dienstortstufen und deren Unterlegung mit bezifferten Geldbeträgen in Kraft gesetzt wurde. Die Gesetzesbegründung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes lässt zwar annehmen, dass die Bundesregierung bei der Entwicklung der Auslandszuschlagstabelle die gleiche Methode anwandte (siehe BT-Drs. 16/7076 S. 151 zu Nr. 67), die sie dem Verordnungsgeber für die Zuteilung der Dienstortstufen in der Zukunft anempfahl (BT-Drs. 16/7076 S. 142 f.). Bei der Festlegung der auf die 20 Dienstortstufen entfallenden Geldbeträge standen der Bundesregierung offenbar bestimmte ausländische Orte vor Augen. Der parlamentarische Gesetzgeber schrieb seine Sicht allerdings für die erste Dienstortstufenzuteilung nicht fest. In diese Richtung deutet allenfalls die amtliche Begründung der Regelungen zur Zuteilung von Dienstortstufen, nach der die Mehraufwendungen bereits „ermittelt wurden“ anhand von Abfragen, die die „Grundlage waren“ und die konkret für 37 Dienstorte „erfolgte“ usw. (BT-Drs. 16/7076 S. 143). Insoweit hegte der Gesetzgeber vielleicht die Erwartung, dass seine inzidenten (wenngleich nicht veröffentlichten) Dienstortzuteilungen dem Verordnungsgeber Orientierung böten. Wie jedoch die dem Verordnungsgeber eingeräumte Ermächtigung in § 53 Abs. 7 BBesG zeigt, hatte dieser die Dienstorte von Anfang an selbst zuzuteilen und war nicht darauf beschränkt, eine vorgeschriebene erste Zuteilung gegebenenfalls später zu ändern.

2.) Die Zuteilung der Dienstortstufe 11 für Nowosibirsk in Abschnitt 1 Europa Nr. 28 der Anlage 1 der Auslandszuschlagsverordnung war wirksam. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit darf eine fehlerhafte Verordnung für unwirksam (nichtig) halten und müsste nicht aufgrund von §§ 13 Nr. 11, 80 BVerfGG (Art. 100 Abs. 1 GG) zuvor die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen. Eine fehlerhafte Verordnung ist grundsätzlich nichtig (Bauer, in: Dreier, GG, Band II, 2. Auflage 2006, Art. 80 Rn. 55 mit einer hier nicht einschlägigen Ausnahme). Die Zuteilung der Dienstortstufe 11 für Nowosibirsk lässt jedoch keinen Fehler erkennen.

a) Die Auslandszuschlagsverordnung ist auf eine Ermächtigungsgrundlage (§ 53 Abs. 7 BBesG) gestützt. Diese wird in der Verordnung im Einklang mit Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG benannt. Es ist unbedenklich, dass in der Verordnung nicht des Weiteren § 29 GAD angeführt wird. Denn diese Vorschrift bezieht sich für die Auslandsbesoldung des Auswärtigen Dienstes ausdrücklich auf das Bundesbesoldungsgesetz; die inhaltliche Vorgabe in § 29 Satz 2 GAD wird wiederum durch § 53 Abs. 6 BBesG unter ausdrücklichem Rückbezug verwirklicht. Die Verordnung genügt auch der Vorgabe aus Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG, nach der die Bundesregierung oder ein Bundesminister zu ihrem Erlass ermächtigt werden können. Die in § 53 Abs. 7 BBesG statuierte und in der Praxis beachtete Anforderung an das Auswärtige Amt, sich des Einvernehmens der Bundesministerien des Innern, der Finanzen und der Verteidigung zu versichern, ist eine verfassungsrechtlich zulässige Variante (siehe Bauer, in: Dreier, GG, Band II, 2. Auflage 2006, Art. 80 Rn. 25; Mann, in: Sachs, GG, 7. Auflage 2014, Art. 80 Rn. 16; Wallrabenstein, in: von Münch/Kunig, GG, Band 2, 6. Auflage 2012, Art. 80 Rn. 18). Die Zustimmung des Bundesrats ist nach Art. 80 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 BBesG nicht geboten.

Der Verordnungsgeber brauchte nicht vor dem Inkraftsetzen der Auslandszuschlagsverordnung eine Begründung für die Dienststufenzuteilung abzugeben. Nach der Verfassung kann ein (parlamentarischer) Gesetzgeber allerdings gehalten sein, bereits im Gesetzgebungsverfahren die Fortschreibung der Besoldungshöhe zu begründen und damit das Ergebnis vorab rational herzustellen. Eine mit nachträglicher Begründung vorgenommene Darstellung des Ergebnisses genügt dann nicht (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 – 2 BvL 17/09 u.a. – juris Rn. 130). Der Senat braucht hier nicht generell zu entscheiden, ob auch Verordnungsgebern unter Umständen eine vorherige Begründung abverlangt werden muss. Das ist zweifelhaft, denn die Verordnungsgeber erfahren aus der Ermächtigungsgrundlage Inhalt, Zweck und Ausmaß (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) ihrer Verordnungsaufgabe. Demgegenüber erwartet das Bundesverfassungsgericht von der Prozeduralisierung einen Rationalisierungsgewinn, gerade weil den parlamentarischen Gesetzgeber kaum präzise Vorgaben binden. Hier ist das Auswärtige Amt nach § 53 Abs. 7 BBesG zur Verordnung verpflichtet und inhaltlich durch § 53 Abs. 1 BBesG darauf ausführlich determiniert (von hohem, nahezu überbordendem Detailgrad schreibt Hebeler, in: Hebeler/Kersten/Lindner, Handbuch Besoldungsrecht, 2015, § 10 Rn. 28), dass sich für den Rechtsschutz der Betroffenen, den das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) als einen Grund für die Prozeduralisierung anführt, auch ohne begleitende Begründung genügend Ansatzpunkte zur Überprüfung der Verordnung finden.

b) Die Ermächtigungsgrundlage selbst bestimmt hinreichend Inhalt, Zweck und Ausmaß (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) der der Exekutive erteilten Ermächtigung. § 53 Abs. 7 BBesG ermächtigt ausdrücklich zur Zuteilung der Dienstortstufen. Diese sind im Parlamentsgesetz (§ 53 Abs. 2 Satz 1 BbesG in Verbindung mit Anlage VI.1) in 20 Stufen aufgefächert und mit Geldbeträgen beziffert. Für die Zuteilung trifft § 53 Abs. 1 BBesG ausführliche Vorgaben. Diese werden mit Blick auf die nachrangige Bedeutung, die der Auslandszuschlag im Vergleich zu dem die amtsangemessene Besoldung prägenden Grundgehalt hat, zutreffend weder von der Klägerin noch in der Kommentarliteratur für unzureichend gehalten (deutlich Hebeler, a.a.O., § 10 Rn. 27 f.; siehe auch Dawin, in: Kugele, BBesG, 2011, § 53 Rn. 2 f.; Plog/Wiedow, BBesG, § 52 [Stand: März 2015] Rn. 183 ff.; Reich, in: Reich/Preißler, BBesG, 2014, § 53 Rn. 2 ff. und 48).

c) Die Zuteilung der Dienstortstufe 11 für Nowosibirsk in der Verordnung wahrte die Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage, wie es Art. 80 GG in Verbindung mit dem Vorbehalt des Gesetzes verlangen (siehe BVerfG, Beschluss vom 1. April 2014 – 2 BvF 1/12 und 3/12 – juris Rn. 45 und hier speziell § 2 Abs. 1 BBesG).

(1) Der Auslandszuschlag entgilt nach § 53 Abs. 1 BBesG den materiellen Mehraufwand und allgemeine sowie dienstortbezogene immaterielle Belastungen, die im Vergleich mit dem Inland bzw. dem Sitz der Bundesregierung zu bestimmen sind. Dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm ist weiter zu entnehmen, dass für den materiellen Mehraufwand dessen „Höhe“ anzusetzen ist, mithin weder ein Anteil (Zuschuss) genügt noch eine Überkompensation angestrebt wird. Die vorgeschriebene Zusammenfassung in Dienstort“stufen“ ist ein Indiz für eine vom Gesetzgeber gewollte Pauschalierung. Beim dienstortbezogenen Anteil der immateriellen Belastungen wird eine „standardisierte“ Dienstortbewertung zugrunde gelegt, die ebenfalls für eine pauschale Betrachtung offen ist. Das finanzielle Entgelt für ausdrücklich sogenannte immaterielle Belastungen ist eine billige Entschädigung in Geld (vgl. § 253 Abs. 2 BGB). Welcher Geldbetrag billig (angemessen) ist, entzieht sich einer methodischen Berechnung. Indem das Gesetz eine standardisierte Dienstortbewertung vorsieht, verlangt es nach einer Billigkeitsentscheidung, die für sämtliche Dienstorte nach dem gleichen Schema erfolgt. Angesichts der Vielfalt der Lebensverhältnisse in der Welt kann ein gleiches Schema kaum anders als pauschal ausfallen. Eine in alle Details gehende Bewertung der Besonderheiten einzelner Orte ist dem Verordnungsgeber nicht abverlangt. Sie wäre ihm wegen der gebotenen Standardisierung sogar verwehrt. Die Standardisierung soll die Billigkeitsentscheidung von Willkür abgrenzen.

Die Entstehungsgeschichte des § 53 BBesG zeigt anhand der Regierungsbegründung (BT-Drs. 16/7076 S. 143 f.) das Ausmaß des methodischen Vorgehens auf, das vom Verordnungsgeber bei der Zuteilung der Dienstortstufen erwartet wird. Die Regierungsbegründung stellt die von der Exekutive bereits angestellten Berechnungen dar. Es wurden Leitorte bestimmt und beim materiellen Mehraufwand teils detaillierte Abfragen, teils die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe – EVS – des Statistischen Bundesamts sowie statistische Übertragungen vorgenommen. Zu den immateriellen Belastungen „z.B. aufgrund von Instabilität, Kriminalität, Versorgungsengpässen, Gesundheitsrisiken etc.“ heißt es, es gebe kommerzielle Bewertungssysteme, auf die in Zukunft zurückgegriffen werde. Dadurch könne die Bewertung weltweit einheitlich nach gleichen Maßstäben, nachvollziehbar und objektiviert erfolgen, gleichzeitig könnten Veränderungen mit geringem Aufwand zeitnah erkannt und durch regelmäßige Anpassung der Zuteilung der Dienstorte zu den Zonenstufen berücksichtigt werden. Aus der Entstehungsgeschichte lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber einen Methodenmix zulässt („teils … teils“) und die bereits praktizierte „Genauigkeit“ für ausreichend erachtete. Die Hinzuziehung eines internationalen Bewertungsunternehmens wie M... ist nach der amtlichen Begründung erstrebenswert.

Auch der Blick auf im Zusammenhang mit dem Auslandszuschlag (§ 53 BBesG) stehende Vorschriften ist ergiebig. Der Kaufkraftausgleich (§ 55 BBesG) soll nicht mit einer standardisierten Dienstortbewertung, sondern vielmehr mit einer näher eingegrenzten „wissenschaftlichen Berechnungsmethode“ ermittelt werden (Abs. 2 Satz 1 dieser Norm). Die Einzelheiten sind hier nicht durch Verordnung (wie nach § 53 Abs. 7 BBesG), sondern durch allgemeine Verwaltungsvorschrift zu regeln (§ 55 Abs. 4 BBesG). Das bekräftigt den bereits aus der Entstehungsgeschichte des § 53 BBesG gezogenen Schluss, dass die für den Auslandszuschlag notwendige Dienststufenzuteilung ohne wissenschaftlichen Anspruch in einem Methodenmix vorgenommen werden darf. Die Gewissheit wissenschaftlicher Ergebnisse wird durch den Geltungsanspruch der Verordnung – eines materiellen Gesetzes – ersetzt, auf den der Gesetzgeber beim wissenschaftlich ermittelten Kaufkraftausgleich meinte verzichten zu können, indem er eine Verwaltungsvorschrift für ausreichend erachtete.

Des Weiteren wird dem pauschalen Auslandszuschlag mit § 53 Abs. 1 Satz 5 BBesG die Möglichkeit einer individuellen Betrachtung der Umstände des Einzelfalls gegenübergestellt, die von der Verwaltung vorgenommen werden kann bis hin zu einer personenbezogenen finanziellen Lösung (siehe BT-Drs. 16/7076 S. 144). Die Einzelfalllösung vermag etwaige Härten eines pauschal geregelten Auslandszuschlags abzumildern mit der Folge, dass der Gesetzgeber auf höhere Anforderungen an die Dienststufenzuteilung verzichtete.

Die Auslegung nach Sinn und Zweck des § 53 BBesG ergibt keine höheren Anforderungen an die Methode der Dienststufenzuteilung, als es Wortlaut, Entstehungsgeschichte und der Zusammenhang mit anderen Normen annehmen lassen. Gesetze sind im Lichte der verfassungsrechtlichen Maßgaben auszulegen. Was das Grundgesetz verlangt, ist in der Auslegung der Parlamentsgesetze nach Möglichkeit zu beachten. Namentlich Art. 3 Abs. 1 und 33 Abs. 5 GG verpflichten den Besoldungsgesetzgeber. Ihm verbleibt allerdings ein weiter Gestaltungsspielraum, was Struktur und Höhe der Besoldung angeht (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 – 2 BvL 17/09 u.a. – juris Rn. 94; ständige Rechtsprechung). Die Gerichtsbarkeit prüft nicht, ob der Besoldungsgesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (BVerfG a.a.O. Rn. 95 m.w.N.). Ihm steht es vielmehr frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Jede Regelung des Besoldungsrechts muss zwangsläufig generalisieren und typisieren und wird in der Abgrenzung unvermeidbare Härten mit sich bringen; sie wird insoweit vielfach unter irgendeinem Gesichtspunkt für die unmittelbar Betroffenen fragwürdig erscheinen. Die vielfältigen zu berücksichtigenden Gesichtspunkte werden nicht immer miteinander in Einklang zu bringen sein. Die sich daraus ergebenden Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen müssen hingenommen werden, sofern sich für die Gesamtregelung ein vernünftiger Grund anführen lässt (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2004 – 2 BvL 16/02 – juris Rn. 42). Eine Systemgerechtigkeit für Besoldungsregelungen wird nur insoweit verlangt, als der Gesetzgeber nachzubessern hat, wenn ein Neuregelungsmodell sich als nicht tragfähig herausstellt oder es zu einer nicht unerheblichen Abweichung der tatsächlichen von der prognostizierten Entwicklung kommt (BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 2012 – 2 BvL 4/10 – juris Rn. 185).

(2) Bei der inhaltlichen Überprüfung einer Verordnung kontrolliert die Gerichtsbarkeit, ob der Verordnungsgeber die Festlegungen der Ermächtigungsgrundlage zu Inhalt, Zweck und Ausmaß beachtet hat. Soweit dem Verordnungsgeber nach der Ermächtigungsgrundlage für eine Besoldungsregelung ein Gestaltungsraum verbleibt, ist das Gericht auf eine zurückhaltende Kontrolle anhand des Maßstabs evidenter Sachwidrigkeit beschränkt. Das gilt für die Kontrolle materieller Gesetze, seien es Verordnungen oder Parlamentsgesetze (dazu BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 – 2 BvL 17/09 u.a. – juris Rn. 96).

Der Verordnungsgeber wahrte mit der Zuteilung der Dienstortstufe 11 für Nowosibirsk die Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage in § 53 Abs. 1 und 7 BBesG. Er hielt sich an die im Gesetz ausweislich der amtlichen Begründung ermöglichten Verfahrensschritte. Er differenzierte nach materiellem Mehraufwand, allgemeinen und dienstortbezogenen immateriellen Belastungen und orientierte sich dabei an Leitorten. Er legte der Ermittlung des materiellen Mehraufwands Berechnungen und Schätzungen des Statistischen Bundesamts anhand der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zu Grunde und verwendete von den Auslandsvertretungen eingeholte Auskünfte. Er ließ sich leiten von dem Verständnis, den materiellen Mehraufwand in voller Höhe zu erfassen. Der Verordnungsgeber legte den Prozentsatz der allgemeinen immateriellen Belastungen auf 11 % fest (im Einklang mit BT-Drs. 16/7076 S. 151 zu Nr. 67). Er bediente sich zur Bewertung der immateriellen dienstortbezogenen Belastungen, wie in der amtlichen Begründung zum Gesetz angeregt, der Erkenntnisse einer auf diesem Gebiet tätigen internationalen Firma. Der dieser Firma aufgegebene Prüfkatalog schloss die Aspekte von Instabilität, Kriminalität, Versorgungsengpässen und Gesundheitsrisiken ein, die in der Regierungsbegründung beispielhaft genannt sind. Auch die weiteren Aspekte des Prüfkatalogs sind gerichtlich nicht zu beanstanden. Die Ergebnisse der Firma für Nowosibirsk u.a. liegen vor und lassen ein standardisiertes Vorgehen erkennen.

Der Verordnungsgeber handelte im Übrigen nicht evident sachwidrig. Die Zuteilung der Dienstortstufe 11 für Nowosibirsk bei einer Skala von 1 bis 20 ist nicht augenfällig verfehlt. Dasselbe gilt, wenn zusätzlich die mit der Stufe verbundenen Zahlbeträge in den Blick genommen werden. Der Auslandszuschlag betrug gemäß Anlage VI BBesG in der vom 1. Juli 2010 an geltenden Fassung bei einer beispielhaft herausgegriffenen Grundgehaltsspanne von 3.798,04 bis 4.308,17 Euro immerhin 2.287 Euro noch ohne die für Angehörige des Auswärtigen Dienstes gemäß § 53 Abs. 6 BBesG vorzunehmende Erhöhung um 2,5 % ihrer Dienstbezüge im Ausland. Auch gibt die Beklagte in ihrer Klageerwiderung keine grundlegend unrichtige Anschauung der ihr obliegenden Aufgabe zu erkennen.

Die Klägerin zeigt keine evidente Sachwidrigkeit der Zuteilung der Dienstortstufe 11 auf. Ihre Rüge, das Berechnungsverfahren sei weitgehend nicht nachvollziehbar, verfehlt den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit. Der Senat würde seine auf diesen Maßstab beschränkte Kontrollbefugnis missachten, wenn er die Erwägungen und Rechengänge des Verordnungsgebers im Vorfeld der Festlegung auf die Dienstortstufe 11 in allen Einzelheiten nachzuvollziehen hätte. Müsste der Verordnungsgeber alle Einzelheiten seiner Überlegungen nachvollziehbar darlegen, wäre eine womöglich lückenhafte Begründung Grund genug, die Verordnung für nichtig zu erklären. Dann gereichten bereits Zweifel dem Verordnungsgeber zum Nachteil. Im Gegensatz dazu liegt dem vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Maßstab evidenter Sachwidrigkeit die Vermutung zu Grunde, dass ein Gesetz gilt, wenn sich seine Sachwidrigkeit nicht aufdrängt. Das verlangt nach der Feststellung einer evidenten Sachwidrigkeit.

Die von der Klägerin insoweit benannten Unterschiede in den Berechnungen, die teils auf Erhebungen, teils auf Schätzungen und statistischen Bewertungen beruhten, belegen keine evident sachwidrige Vorgehensweise. Wie bereits anhand der Entstehungsgeschichte des § 53 BBesG gezeigt, erlaubte der parlamentarische Gesetzgeber einen Methodenmix. Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte ziele damit womöglich auf Friktionen und Unebenheiten der Auslandsbesoldung, was willkürlich wäre, ist ohne jeden tatsächlichen Ansatzpunkt. Die Beklagte nutzte, indem sie die Kostenpositionen bei materiellem Mehraufwand nach Gewichtung teils erhob und teils schätzte, die vom Gesetzgeber in der Regierungsbegründung angedeuteten Möglichkeiten zur Verfahrenserleichterung. Erlaubt der Gesetzgeber aus diesem Grund Differenzierungen, folgt daraus nicht ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Eine offensichtlich fehlsame Gewichtung der Kostenpositionen ist nicht aufgezeigt.

Das Verwaltungsgericht benennt für sein anderes Ergebnis keine Norm, die den Verordnungsgeber binden könnte, eine von ihm für bestimmte Kostenpositionen gewählte Ermittlungsmethode auf alle anderen Kostenpositionen anzuwenden. Der verwaltungsgerichtliche Ansatz, der Verordnungsgeber sei seiner eigenen (an sich nicht gebotenen) komplexen Methodik nicht gerecht geworden, lässt an eine Selbstbindung unter den Aspekten Folgerichtigkeit, Treu und Glauben (venire contra factum proprium) oder Systemgerechtigkeit denken. Nach den oben dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Besoldungsgesetzgebung ist der Verordnungsgeber jedoch freier, als das Verwaltungsgericht annimmt. Die ihm obliegende Systemgerechtigkeit hat keine Selbstbindung zur Folge, sondern beschränkt sich darauf, bei einer strukturellen Neuregelung die vom Normgeber erhofften Resultate mit der Normwirklichkeit zu vergleichen und erhebliche Abweichungen zu korrigieren. Das ist nicht das Problem des vorliegenden Falles.

Die von der Klägerin und dem Verwaltungsgericht gerügte Nachermittlung 2011 lässt die Zuteilung der Dienstortstufe 11 nicht als evident sachwidrig erscheinen. Da es einer derartigen Nachermittlung nicht bedurfte, hätte eine fehlerhafte Nachermittlung nicht eine fehlerhafte Stufenzuteilung zur Folge. Davon abgesehen belegt die von der Beklagten als Selbstkontrolle verstandene Nachermittlung mit ihren vom Statistischen Bundesamt ermittelten Ergebnissen keine evidente Sachwidrigkeit der Stufenzuteilung. Der materielle Mehraufwand würdigt den Unterschied zwischen dem Inland und dem ausländischen Dienstort (§ 53 Abs. 1 BBesG). Der errechnete Unterschied zwischen dem Dienstort Moskau und dem Dienstort Nowosibirsk lässt es als plausibel erscheinen, dass für Nowosibirsk eine höhere Stufe als für Moskau festgesetzt wurde. Die Differenz im materiellen Mehraufwand zwischen beiden Städten macht die auf das deutsche Inland bezogene Stufe von Nowosibirsk nicht unplausibel.

Die von der Klägerin beanstandete Zusammenfassung der russischen Dienstorte mit dem Leitort Moskau ist auch angesichts der Ausdehnung Russlands in Europa und Asien nicht zu beanstanden. Die Beklagte war nicht gezwungen, einen asiatischen Leitort zu wählen. Die Beklagte hat sich zulässigerweise von den Gemeinsamkeiten innerhalb eines Staates leiten lassen. Eine feinere Differenzierung war insoweit nicht geboten.

Die Rügen der Klägerin gegen die Bestimmung der dienstortbezogenen immateriellen Belastungen greifen nicht durch. Die Beklagte brauchte nicht zusätzlich zu den Prüfungskriterien und den von M... ermittelten Ergebnissen mitzuteilen, wie das Unternehmen zu diesen Ergebnissen kam. Ansonsten würde zu diesem Einzelpunkt eine in allen Einzelheiten nachvollziehbare Begründung verlangt. Das ist dem Verordnungsgeber nach dem Maßstab evidenter Sachwidrigkeit eines materiellen Gesetzes – wie oben dargelegt – generell nicht geboten.

Die Ausführungen der Klägerin zur Internationalen Schule stellen nicht in Abrede, dass diese existierte, als M... im September 2009 und September 2010 über Nowosibirsk berichtete. Ihre Rügen verfangen nicht. In dem vom Auswärtigen Amt bestellten Prüfkatalog wird nicht der Unterricht in deutscher Sprache zur Voraussetzung einer positiven Schulbewertung gemacht. Die weiteren kleinteiligen Einwände der Klägerin zur Schul- und Wohnsituation sowie den Reiseverhältnissen würden die vom Gesetzgeber verlangte standardisierte Dienstortbewertung überfordern. Mit diesen Einwänden verlangt die Klägerin eine Würdigung nahezu aller Umstände des Einzelfalls, die die Beklagte weltweit anwenden müsste. Ein derart aufwändiges Verfahren war vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Die im Vergleich mit Moskau härteren Winter in Nowosibirsk besagen über den Vergleich mit dem Sitz der Bundesregierung nichts.

Der von der Klägerin auch unter anderen Gesichtspunkten gerügte Vergleich mit Moskau lässt die Stufenzuteilung für den Dienstort Nowosibirsk nicht als gleichheitswidrig erscheinen (Art. 3 Abs. 1 GG). Angesichts der dienstortbezogenen Ermittlungen des materiellen Mehraufwands und der immateriellen Belastungen folgt aus dem Umstand, dass Moskau mit der Stufe 10 zu hoch bewertet sein könnte (und mittlerweile der Stufe 9 zugeteilt ist), nichts für die Bewertung des Dienstorts Nowosibirsk (entsprechend das VG Wiesbaden, Urteil vom 23. Januar 2013 – 3 K 89/11.WI – juris Rn. 87).

Schließlich ist die Festlegung von damals 15 Euro, mit denen die Punktedifferenz zwischen Berlin und dem ausländischen Dienstort in Bezug auf die dienstortbezogenen immateriellen Belastungen zu multiplizieren war, vom Gericht nicht zu beanstanden. Da für immaterielle Belastungen eine billige Entschädigung in Geld zu zahlen war, zu deren Bestimmung § 53 BBesG keine näheren Angaben macht, oblag es dem Verordnungsgeber festzulegen, welcher Betrag angemessen sei. Er konnte sich lediglich an den Geldbeträgen für die Stufen 1 bis 20 der Besoldungstabelle orientieren. Denn der Gesetzgeber hatte laut Regierungsbegründung (siehe BT-Drs. 16/7076 S. 151 zu Nr. 67) bei der Festsetzung der Geldbeträge der einzelnen Stufen 38 repräsentative Leitorte vor Augen. Es liegt deswegen fern, dass die unteren bzw. die oberen Stufen mit Blick auf den Mehraufwand und die Belastungen in ausländischen Dienstorten leerlaufen sollten. Insoweit geben die Geldbeträge der Stufen der Besoldungstabelle einen vagen Anhaltspunkt dafür, was der Gesetzgeber als billige Entschädigung ansieht. Angesichts dessen oblag es dem Verordnungsgeber, neben dem materiellen Mehraufwand und den allgemeinen immateriellen Belastungen die dienstortbezogenen immateriellen Belastungen so zu bewerten, dass er die Besoldungstabelle in ihrer Bandbreite zumindest annähernd ausschöpfte. Dazu kam es. Der Verordnungsgeber vergab auf der Grundlage einer Punktebewertung von 15 Euro auch die Stufen 1 und 20. Warum die Punktebewertung gleichwohl evident sachwidrig sein soll, erschließt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht.

Die Klägerin trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, weil sie unterlegen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist mangels eines Grunds (§ 132 Abs. 2 VwGO; § 127 Nr. 1 BRRG) nicht zuzulassen.