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Gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer vom 31.12.2000Einkommensteuer 2001 bis 2005


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 23.02.2012
Aktenzeichen 9 K 9200/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob vom Kläger behauptete Zinszahlungen im Hinblick auf eine vom ihm behauptete Darlehensgewährung seitens seiner Mutter als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften als selbstständig tätiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer steuermindernd zu berücksichtigen sind.

Bis zum 31. März 2000 war der Kläger einer der beiden Gesellschafter einer X. GbR Steuerberater- und Wirtschaftsprüfersozietät mit Sitz in D., die per Gesellschaftsvertrag vom ... 1993 gegründet wurde und am … 1994 ihre Geschäftstätigkeit aufnahm. Ab 1. April 2000 war er einzelunternehmerisch als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in D. tätig und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Mit Beschluss des Amtsgerichts Z. vom ... Januar 2001 (Az.: …) wurde der Kläger als Betreuer seiner in einem Seniorenwohnhaus in D. lebenden Mutter (geboren am ... 1910) mit dem Aufgabenkreis „Wahrnehmung der Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten, Aufenthaltsbestimmung, Wahrnehmung der Rechte bei einer Heilbehandlung, Vertretung gegenüber Behörden, Post und Gerichten“ eingesetzt.

Im Rahmen seiner am ... September 2001 beim Beklagten eingereichten Einkommen- steuererklärung für das Streitjahr 2000 erklärte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt ./. … DM (Sozietätsbeteiligung und einzelunternehmerische Tätigkeit zusammengerechnet). Der Beklagte folgte zunächst den Angaben in der Steuererklärung und setzte die Einkommensteuer 2000 mit Bescheid vom ... April 2002 auf 0,00 DM fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO). Mit Bescheid vom ... Oktober 2003 stellte der Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2000 auf ./. … DM fest.

Mit weiterem Bescheid vom ... Oktober 2003 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2001 gemäß § 164 Abs. 1AO erklärungsgemäß auf … EUR fest (Einkünfte aus selbständiger Arbeit: 86.000,00 DM, abzüglich Verlustvortrag aus 2000).

Mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid vom ... März 2004 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2000 wiederum auf 0,00 DM fest, legte dabei aber aufgrund einer behördeninternen Mitteilung über die gesondert festgestellten Einkünfte des Klägers aus seiner Beteiligung an der Sozietät (bisher: … DM, nunmehr … DM) einen veränderten Gesamtbetrag der Einkünfte zugrunde: ./. … DM statt bisher ./. … DM. Dem entsprechend erließ er noch am selben Tag auch einen entsprechend geänderten Verlustfeststellungsbescheid zum 31. Dezember 2000 und einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid für 2001. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen.

In der Zeit vom ... Dezember 2005 bis zum ... März 2006 (mit Unterbrechungen) fand beim Kläger eine Außenprüfung des Beklagten für die Jahre 2000 bis 2002 statt (vgl. Bericht vom ... April 2006). Während der Außenprüfung gab der Kläger am … Februar 2006 eine „vorläufige“ Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2002 ab und reichte unter dem … März 2006, „geänderte vorläufige“ Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 – 2002 ein.

Während der Außenprüfung machte der Kläger erstmals für das Streitjahr 2000 Zinsaufwendungen für ein nach seinem Vortrag von seiner Mutter gewährtes Darlehen in Höhe von 1 393,78 DM für das Streitjahr 2000 geltend, und zwar für die Zeit vom 1. April 2000 – 31. Dezember 2000. Der Darlehensvertrag mit seiner Mutter vom ... Dezember 1993, auf den er in diesem Zusammenhang verweist, enthält u. a. folgende Bestimmungen:

„§ 1

Der Darlehensnehmer beabsichtigt, zusammen mit Herrn Y. eine Sozietät als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu eröffnen. In diese Sozietät bringt Herr Y. seine Steuerberatungspraxis ein. Zur Finanzierung des Kaufpreises, den Herr A. zu zahlen hat, sowie der zukünftigen Ablösung von Krediten einschließlich der Finanzierung von Aufwendungen für diese Kredite räumt die Darlehensgeberin dem Darlehensnehmer einen Kredit von DM 100 000,00 ein. Der Kredit wird vom Darlehensnehmer bei Bedarf abgerufen.

§ 2

Der Kredit ist unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des Darlehensnehmers zu tilgen. Spätestens nach der Beendigung der Tilgung eines vom Darlehensnehmer noch aufzunehmenden Kredites, der aus öffentlichen Mitteln gefördert wird, ist mit der Tilgung zu beginnen.

Die Tilgung beträgt monatlich mindestens 2 000,00 DM. Ein höherer Betrag kann vom Darlehensnehmer gewählt werden.

§ 3

Das Darlehen ist mit 6 % p. a. zu verzinsen. Die Zinsen sind zum Ende des Kalenderjahres fällig. Die Bezahlung kann in bar, durch Überweisung oder durch Erhöhung des Kredites erfolgen.

§ 4

Sicherheiten für das Darlehen werden nicht gestellt.“

Nach einer dem Beklagten im Zusammenhang mit der Prüfung überreichten Vereinbarung änderten der Kläger und seine Mutter den Darlehensvertrag am ... Juni 1994 schriftlich dahingehend, dass das Darlehen nunmehr mit 7 % zu verzinsen ist.

In der Vermögensteuererklärung von Frau A. auf den 1. Januar 1995, die diese beim damals für sie zuständigen Finanzamt H. eingereicht hat (StNr.: …), ist u. a. eine Forderung gegen den Kläger in Höhe von 16.846,40 DM angegeben.

Am ... Dezember 2005 händigte der Kläger nach Angaben der Außenprüferin dieser auf Anforderung einen Ordner mit Belegen aus. In diesem Ordner befand sich nach Angaben der Außenprüferin auch folgende Aufstellung über die Tilgung des o. g. Darlehens im Jahr 2000:

        

 Zugang

 Tilgung

 Stand

 Zinsen

 Tage 

 01.04.2000

                

 105 852,67 DM

                

 01.04.2000

        

 15 000,00 DM

 90 852,67 DM

 505,29 DM

 29    

 30.04.2000

        

 20 000,00 DM

 70 852,67 DM

 271,67 DM

 20    

 20.05.2000

        

 11 000,00 DM

 59 852,67 DM

 241,05 DM

 21    

 10.06.2000

        

 7 000,00 DM

 52 852,67 DM

 202,72 DM

 20    

 30.06.2000

        

 12 000,00 DM

 40 852,67 DM

 117,52 DM

 15    

 15.07.2000

        

 21 000,00 DM

 19 852,67 DM

 53,30 DM

 14    

 29.07.2000

        

 18 000,00 DM

 1 852,67 DM

 2,13 DM

 6     

 04.08.2000

        

 1 852,67 DM

 0,00 DM

 1 393,78 DM

        

 04.08.2000

 1 393,78 DM

                                

 04.08.2000

        

 1 393,78 DM

 0,00 DM

                

Der Kläger konnte nach Angaben der Außenprüferin aber keine Belege für die Tilgung und die Zinszahlung erbringen.

Mit den während der Außenprüfung am ... März 2006 eingereichten geänderten Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 bis 2004 machte der Kläger geänderte bzw. erstmalige Zinsaufwendungen für das Darlehen der Mutter in Höhe von 5.504,42 DM (1. April 2000 – 31. Dezember 2000), 7.795,00 DM (2001), 4.264,50 EUR (2002), 4.563,02 EUR (2003) und 4.895,81 EUR (2004) geltend. Er begründete die Geltendmachung damit, dass das Darlehen doch nicht getilgt worden sei. Die Bezahlung der Zinsen in Höhe von 7 v. H. pro Jahr sei durch eine Erhöhung des Kredites vorgenommen worden. Dabei habe es sich um eine Schuldumschaffung (Novation) gehandelt, die zum Abfluss der Schuldzinsen und damit zur Anerkennung der Schuldzinsen als Betriebsausgaben führe. Die Darlehensschuld habe am 1. April 2000 105.852,67 DM betragen.

Die Außenprüferin lehnte die Berücksichtigung der geltend gemachten Zinszahlungen als Betriebsausgaben ab.

Mit Schreiben vom ... April 2006 an den Kläger bat die Außenprüferin um eventuelle Stellungnahme zu dem Außenprüfungsbericht binnen vier Wochen nach Erhalt desselben.

Mit Schreiben vom ... Mai 2006 beanstandete der Kläger, dass keine Schlussbesprechung stattgefunden habe. Daraufhin fand am ... Juni 2006 eine Schlussbesprechung an Amtsstelle statt. Über die Behandlung der streitgegenständlichen Schuldzinsen wurde keine Einigung erzielt.

Am ... August 2006 reichte der Kläger seine Einkommensteuererklärung 2005 ein, in der er wiederum Zinsaufwendungen in Höhe von 4 895,81 EUR als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit steuermindernd geltend machte.

Mit Änderungsbescheiden vom ... Mai (2003 und 2004), ... bzw. ... September (Verlustfeststellung 2000, Einkommensteuer 2001 und 2002) sowie erstmaligem Bescheid vom ... November 2006 (ESt 2005) wurden die Feststellungen der Außenprüferin für den Zeitraum 2000 – 2002 der Besteuerung zugrunde gelegt und die entsprechenden Zinsaufwendungen der Folgejahre außer Ansatz gelassen. Der vortragsfähige Verlust zum 31. Dezember 2000 wurde auf … DM festgestellt und die Einkommensteuer 2001 und 2002 wurden auf … DM bzw. … EUR festgesetzt.

Gegen die vorgenannten Änderungsbescheide legte der Kläger fristgerecht Einsprüche ein. Er machte geltend, dass der Prüfungsbericht unter Missachtung gesetzlicher Vorschriften zustande gekommen sei. So sei keine Schlussbesprechung erfolgt. Auch sei der Prüfungsbericht vom ... April 2006 umgehend im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuer 2003 und 2004 (Bescheide vom ... Mai 2006) verwendet worden, obwohl die vom Kläger erbetene Stellungnahme hierzu noch nicht vorgelegen habe.

Darüber hinaus bestritt der Kläger, der Außenprüferin am ... Dezember 2005 eine Aufstellung über die Tilgung des Darlehens überreicht zu haben. Auf Wunsch der Prüferin seien alle übergebenen Unterlagen von ihm abgezeichnet worden. Da die fragliche Aufstellung nicht vom Kläger abgezeichnet worden sei, sei sie ihm auch nicht zuzurechnen. Er, der Kläger, habe gegenüber der Außenprüferin auch nie behauptet, dass das Darlehen getilgt worden sei. Seine Aussagen zu diesem Thema seien daher widerspruchsfrei.

Die von ihm geltend gemachten Zinsen seien als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften nach § 18 EStG anzuerkennen, weil die Schuldumschaffung, die hier vorgenommen worden sei, rechtlich möglich sei. Der Vertrag sei auch wie unter fremden Dritten vereinbart worden.

Der steuermindernden Berücksichtigung der Aufwendungen stehe auch nicht entgegen, dass er, der Kläger, seit dem ... März 2001 als amtlich bestellter Betreuer seiner Mutter tätig sei. Das Vormundschaftsgericht sei von ihm über den Darlehensvertrag und das hiesige Klageverfahren informiert worden und achte sehr genau darauf, dass ein Betreuer nicht eigennützig handele.

Mit Einspruchsentscheidungen vom ... Mai bzw. ... und ... Juni 2007 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Der BFH habe mehrfach entschieden, dass kein Verwertungsverbot für die Ergebnisse einer Außenprüfung bestehe, auch wenn (noch) keine Schlussbesprechung stattgefunden habe. Demzufolge sei es nicht zu beanstanden, dass er, der Beklagte, die Erkenntnisse der Außenprüferin umgehend beim Erlass der Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 berücksichtigt habe. Die zunächst fehlende Schlussbesprechung sei im Übrigen unstreitig am ... Juni 2006 nachgeholt worden.

Verträge unter nahen Angehörigen seien steuerlich dann anzuerkennen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen worden seien und auch wie vereinbart tatsächlich durchgeführt würden. Dabei müssten Vertragsinhalt und Durchführung dem unter fremden Dritten Üblichen entsprechen.

Auf Grund der widersprüchlichen Aussagen des Klägers und der eingereichten Unterlagen hinsichtlich des Darlehens, könne nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Darlehensverhältnis im Prüfungszeitraum (2000 bis 2002) überhaupt noch bestanden habe. Denn obwohl zugunsten des Klägers zunächst davon ausgegangen worden sei, dass das Darlehen erst zum ... August 2000 vollständig getilgt worden sei und noch Zinsen in Höhe von 1 393,78 DM angefallen seien, habe der Kläger keine Nachweise für diese Darstellung erbringen können.

Selbst wenn hilfsweise anzunehmen wäre, dass das Darlehen im Prüfungszeitraum noch bestanden habe, wären die geltend gemachten Zinsaufwendungen nicht als Betriebsausgaben steuermindernd zu berücksichtigen. Die vom Kläger hier angeführte Möglichkeit der Novation der Schuldzinsen führe nicht weiter. Der BFH habe in seinem Urteil vom 6. April 2000 IV R 56/99, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2000, 1191 u. a. ausgeführt, dass von einem Abfluss der Altforderung und damit von steuerlich berücksichtigungsfähigen Betriebsausgaben nur dann ausgegangen werden könne, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers über den Gegenstand der Altforderung darstelle, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruhe. Maßgeblich sei, in wessen Interesse die Novation gelegen habe. Habe sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers gelegen, indiziere dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung.

Obwohl dem Kläger diese Rechtsauffassung mit Schreiben vom … Oktober 2006 zur Stellungnahme unterbreitet worden sei, habe er keinen Nachweis darüber erbracht, dass die Novation im alleinigen oder überwiegenden Interesse seiner Mutter erfolgt sei. Ab dem Zeitpunkt seiner Bestellung zum Betreuer seiner Mutter sei ein solcher Nachweis aus seiner, des Beklagten, Sicht auch unmöglich zu erbringen. Die Novation sei überwiegend in seinem, des Klägers, Interesse erfolgt, da dieser durch die Auflösung der Sozietät und anschließende Gründung einer Einzelpraxis finanziell stark beansprucht gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus dessen Schreiben vom ... Februar 2007, in dem er geäußert habe, dass er aufgrund der finanziellen Folgen der Auflösung der Sozietät das bei der Ausgleichsbank aufgenommene Darlehen noch nicht vollständig habe tilgen könne.

Die Behauptung des Klägers, alle der Außenprüferin überreichten Unterlagen seien auf deren Wunsch hin von ihm abgezeichnet worden, sei unzutreffend. Weder habe die Prüferin einen solchen Wunsch geäußert noch sei eine solche Verfahrensweise üblich. Nach Durchführung der Schlussbesprechung seien vom Kläger noch diverse Unterlagen nachgereicht worden, die allesamt von ihm nicht abgezeichnet gewesen seien. Der Kläger habe auch nicht erklären können, auf welche Weise die streitgegenständliche Aufstellung der Tilgungszeitpunkte in den Aktenordner gelangt sei.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass die (mündlich vereinbarte) Novation im überwiegenden Interesse seiner Mutter gelegen habe. Sie habe beim Abschluss des Darlehensvertrages sicherstellen wollen, dass er, der Kläger, nicht aufgrund einer möglichen Pfändung seitens des Sozialamtes zur Erstattung von Pflegekosten habe herangezogen werden können. In diesem Falle wäre er, der Kläger, in wirtschaftliche Not geraten, was eine Betreuung seiner Mutter unmöglich gemacht hätte. Außerdem sei ein sehr guter Zinssatz zu ihren Gunsten vereinbart worden.

Nach Klageerhebung sei im Übrigen das BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 IX R 46/08, Bundessteuerblatt – BStBl - II 2011, 24 ergangen, welches wiederum das BMF-Schreiben vom 23. Dezember 2010 IV C 6 – S 2144/07/10004, BStBl I 2011, 37 nach sich gezogen habe. In letzterem sei ausgeführt worden, dass ein konkreter Fremdvergleich im Einzelfall ausreichend sei, einen sonst vorliegenden Mangel in einem Darlehensvertrag zwischen nahen Angehörigen bezüglich der steuerlichen Anerkennung zu heilen.

Der Kläger beantragt, nachdem er in einem Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Senats am 26. Oktober 2011 hinsichtlich des weiteren Streitpunktes „Berücksichtigung von Aufwendungen für die Krankenversicherung“ seine Klage für alle Streitjahre zurückgenommen hat, nunmehr sinngemäß,

1. die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Ein-kommensteuer zum 31. Dezember 2000 unter Änderung des Bescheides vom ... September 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... Mai 2007 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 5.504,42 DM Verlust erhöhend berücksichtigt werden,

2. die Einkommensteuer 2001 und 2002 unter Änderung der Bescheide vom … September 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... Mai 2007 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 7.795,00 DM (2001) bzw. 4.264,50 EUR (2002) berücksichtigt werden.

3. die Einkommensteuer 2003 bis 2005 unter Änderung der Bescheide vom 16. Mai 2006 (2003 und 2004) bzw. 7. November 2006 (2005) in Gestalt der beiden Einspruchsentscheidungen vom ... bzw. ... Juni 2007 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 4.563,02 EUR (2003) bzw. 4.895,81 EUR (2004 und 2005) berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zunächst auf seine Ausführungen in den angefochtenen Einspruchsentscheidungen. Ergänzend führt er aus, dass der Darlehensvertrag vom ... Dezember 1993 einem Fremdvergleich u. a. auch deshalb nicht standhalte, weil die tilgungsfreie Zeit nicht konkret bezeichnet, sondern an die Tilgung eines anderen Darlehensvertrages gekoppelt worden sei. Die Tilgungsbeträge könnten überdies vom Kläger frei gewählt werden (mit der Einschränkung, dass sie monatlich mindestens 2.000,00 DM betragen müssten). Die Zahlung der Zinsen könne bar, durch Überweisung oder durch Novation erfolgen. Sicherheiten seien nicht zu stellen.

Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung zwei Bände Einkommensteuerakten des Beklagten betr. den Kläger (StNr.: …) sowie zwei Bände Einkommens- und Vermögensteuerakten des Finanzamtes O. betr. die Mutter des Klägers (StNr.: …) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

A. Der erkennende Senat konnte trotz des Fernbleibens der Prozessbeteiligten in der mündlichen Verhandlung über den Rechtsstreit durch Urteil entscheiden, weil die Prozessbeteiligten in den ordnungsgemäß zugestellten Ladungen auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (vgl. § 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) und sie ihr Nichterscheinen dem Senat vorher angezeigt bzw. mit diesem vereinbart hatten.

B. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Steuerverwaltungsakte in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt und nachgewiesen, dass die Darlehensvereinbarung mit seiner Mutter und ihre tatsächliche Durchführung den Kriterien des BFH für die steuerrechtliche Berücksichtigung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen i. S. von § 15 Abs. 1 AO entsprechen sowie dass die von ihm behaupteten Zinsaufwendungen tatsächlich entstanden sind und die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 EStG (sog. betriebliche Veranlassung der jeweiligen Aufwendungen) für ihre Berücksichtigung als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit erfüllen.

a.) Der Kläger hat zum einen die betriebliche Veranlassung der von ihm behaupteten Zinsaufwendungen in Bezug auf seine einzelunternehmerischen Einkünfte ab 1. April 2000 nicht hinreichend dargetan (vgl. 4 Abs. 4 EStG). Da laut Darlehensvertrag vom ... Dezember 1993 alleiniger Zweck der Darlehensgewährung seitens seiner Mutter die Mitfinanzierung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung des Klägers an der X. GbR gewesen ist und seine einzelunternehmerische steuerberatende Tätigkeit ab … April 2000 sich unstreitig nicht als bloße „Einzelrechtsnachfolge“ bezüglich der unternehmerischen Tätigkeit der GbR darstellt, stellt sich zum einen die Frage, ob etwaige Zinsaufwendungen des Klägers nach dem 31. März 2000 (= Zeitpunkt der Auflösung der GbR) nicht sachgerechter und ausschließlich unter dem Gesichtspunkt „nachträgliche Sonderbetriebsausgaben des Klägers im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der X. GbR nach Wegfall der Einkünftequelle“ als Bestandteile der für die GbR durchgeführten „einheitlichen und gesonderten Einkünftefeststellungen“ zu beurteilen sind.

b.) Diese Frage kann jedoch dahinstehen, da bereits aus anderen Gründen ein Betriebsausgabenabzug bei seinen hier allein streitgegenständlichen einzelunternehmerisch erzielten Einkünften aus selbständiger Arbeit für die Streitjahre zu verneinen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen steuerrechtlich grundsätzlich anzuerkennen, wenn die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Diese Anforderungen gründen auf der Überlegung, dass es innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem Interessengegensatz fehlt und zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht werden können. Im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung ist es daher geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen. Die besonderen Anforderungen der Rechtsprechung bilden Beweisanzeichen (Indizien) bei der im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu treffenden Entscheidung, ob die streitigen Aufwendungen in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Erzielen von Einkünften stehen oder dem nicht steuerbaren Bereich (§ 12 EStG) zuzurechnen sind (vgl. nur BFH-Urteile vom 23. April 2009 IV R 24/08, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2009, 1427 sowie vom 22. Februar 2007 IX R 45/06, BStBl. II 2011, 20).

Da der Kläger als Einzelunternehmer seinen Gewinn in den Streitjahren 2000 bis 2005 durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hat, kommt der Ansatz von Betriebsausgaben hinsichtlich der geltend gemachten Zinsaufwendungen in sinngemäßer Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG für diejenigen Kalenderjahre in Betracht, in dem die Zinsen „geleistet“ worden sind. Der Begriff der Leistung in § 11 Abs. 2 EStG ist ebenso wie der Begriff des Zuflusses in § 11 Abs. 1 EStG wirtschaftlich auszulegen. Dabei entspricht der „Abfluss“ beim Schuldner i. S. des § 11 Abs. 2 EStG spiegelbildlich dem Zufluss beim Gläubiger i. S. von § 11 Abs. 1 EStG. Entscheidend dafür, in welchem Veranlagungszeitraum Einnahmen anzusetzen und Ausgaben abzusetzen sind, ist jeweils die Erlangung oder der Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein Wirtschaftsgut. Deshalb kann die Rechtsprechung des BFH zum Zufluss von Einnahmen spiegelbildlich auf die Frage des Abflusses beim Gläubiger übertragen werden.

Ein Abfluss kann u. a. durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger darüber bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet werden soll. In dieser Schuldumschaffung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch tatsächliche Zahlung beglichen (= Abfluss beim Schuldner) und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte. Der zuletzt beschriebene lange Leistungsweg wird durch die Novationsvereinbarung lediglich verkürzt, indem auf den überflüssigen Umweg der Aus- und Rückzahlung des Geldbetrages verzichtet wird. Von einem Abfluss der Altforderung i. S. von § 11 Abs. 2 EStG kann in derartigen Fällen der Schuldumschaffung – entsprechend der Rechtsprechung des BFH zum Zufluss – allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers über den Gegenstand der Altforderung darstellt, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht. Für die Beantwortung der Frage, ob dies zutrifft, kommt dem Umstand eine wichtige Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im Alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung (vgl. zum Ganzen nur BFH-Urteil vom 6. April 2000 IV R 56/99, BFH/NV 2000, 1191 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger die mündliche Vereinbarung einer solchen Novation hinsichtlich der streitgegenständlichen Zinsen nicht hinreichend dargelegt. Er hat zum einen keinen Zeitpunkt für den Abschluss dieser Vereinbarung angegeben. Läge dieser Zeitpunkt überdies nach dem ... Januar 2001 (= Tag der Bestellung des Klägers zum alleinigen Betreuer seiner Mutter u. a. in Vermögensangelegenheiten), wäre die Vereinbarung bürgerlich-rechtlich unwirksam, weil unter Verstoß gegen § 181 BGB zustande gekommen (vgl. dazu allgemein Bienwald, in: Staudinger, BGB, § 1902 Rz. 30 m. w. N.). Zum anderen widerspricht sein Vortrag über den Abschluss einer Novationsvereinbarung mit seiner Mutter seinem früheren Vortrag während der Außenprüfung, wonach das im Jahr 1993 aufgenommene Darlehen von ihm im Jahr 2000 bereits vollständig zurückbezahlt worden sei.

Schließlich hält die vom Kläger behauptete Novationsvereinbarung auch nicht dem notwendigen Fremdvergleich stand, denn ein fremder Dritter hätte eine solche Vereinbarung, da es sich um ein Rechtsgeschäft mit Folgewirkungen für etliche Jahre gehandelt hat und die Gläubigerin der Zinsen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung schon mindestens 89 Jahre alt und gesundheitlich stark angegriffen gewesen ist, schon aus Gründen der Rechtssicherheit zumindest schriftlich fixiert.

Auf den Vertrag vom ... Dezember 1993 kann sich der Kläger gleichfalls nicht berufen. Die in § 3 des Vertrages getroffene Regelung legt der Senat nicht dahingehend aus, dass es jeweils im Belieben des Darlehensnehmers stand, ob er Zinsen zahlt oder sich stattdessen für die Erhöhung der Darlehensschuld in diesem Umfang entscheidet. Hierüber müssen die Vertragspartner grundsätzlich Jahr für Jahr eine einvernehmliche Vereinbarung treffen. Andernfalls könnte der Schuldner bestimmen, wann er das Darlehen zurückzahlt. Eine andere Auslegung würde schon wegen des Alters der Mutter und ihrer schweren Erkrankung einem Fremdvergleich nicht standhalten.

Wegen der weiteren Begründung der Entscheidung wird zur Entlastung des Gerichts gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in dessen Einspruchsentscheidungen vom 24. Mai, 11. und 12. Juni 2007 verwiesen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.