Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 04.12.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 M 21.14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 166 VwGO, § 146 VwGO, § 149 VwGO, Art 103 GG |
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Nichtabhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts vom 25. November 2014 aufgehoben; die Sache wird zur erneuten Abhilfeentscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Gerichtskosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens beim Oberverwaltungsgericht trägt die Staatskasse. Im Übrigen richtet sich die Kostenentscheidung nach der Schlussentscheidung im Beschwerdeverfahren.
Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Klage gegen einen Winterdienstgebührenbescheid des Antragsgegners. Das Verwaltungsgericht hat ihren Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 4. November 2014 abgelehnt; die angestrebte Klage habe nach dem durch die Akten vermittelten bisherigen Sach- und Streitstand keine Erfolgsaussichten. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 7. November 2014 zugestellt worden. Ihr Prozessbevollmächtigter hat am 16. November 2014 Beschwerde erhoben. Im ersten Satz der Beschwerdeschrift heißt es:
"Bezugnehmend auf das Telefonat vom 7.11. 2014 [,] 11.30 Uhr lege ich fristwahrend gegen die Entscheidung vom 4.11.2014 wegen Ablehnung der PKH Beschwerde ein und beantrage für die eingehende Begründung Fristverlängerung bis zum 16.12.2014 [,] da ich bis 14.12.2014 dienstlich abwesend bin."
In der Beschwerdeschrift geht es dann wie folgt weiter:
"Aber als erstes und insoweit Gerichtsrüge: Im Verwaltungsgerichtsverfahren besteht Ermittlungspflicht des Gerichts. Dieser ist das Gericht auch nicht ansatzweise nachgekommen. Das Gericht hat sich weder […].
In der kommenden Woche werde ich vorbereitend meiner Begründung die Stadtverwaltung N... aufsuchen, um Einsicht in die Unterlagen zu erhalten."
Das Verwaltungsgericht hat am 24. November 2014 beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen und die Sache dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt.
II.
Auf die Beschwerde ist der Nichtabhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und dem Verwaltungsgericht die erneute Entscheidung über die Nichtabhilfe zu übertragen (§ 173 VwGO in Verbindung mit § 572 Abs. 3 ZPO), weil sich das Verwaltungsgericht infolge einer Gehörsverletzung bislang nicht mit den Sachargumenten der Beschwerde befasst hat (vgl. zu einer derartigen Fallgestaltung bereits OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 25. Juni 2014 - OVG 9 L 10.14 -, juris; ferner Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage, Rdnr. 8a zu § 148 VwGO).
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist - wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - beschwerdefähig (§ 146 Abs. 1, 2 VwGO). Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Hält das Verwaltungsgericht, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so ist ihr abzuhelfen; sonst ist sie unverzüglich dem Oberverwaltungsgericht vorzulegen (§ 148 Abs. 1 VwGO). Das Abhilfeverfahren soll eine Selbstkorrektur des Verwaltungsgerichts ermöglichen und das Oberverwaltungsgericht entlasten. Im Umfang der Beschwerde besteht insoweit eine volle Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichts, das auch neue Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen hat (vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, Rdnr. 10 zu § 148 VwGO; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2005, Rdnr. 3 zu § 148 VwGO; Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage, Rdnr. 6 zu § 148 VwGO). Es liegt auf der Hand, dass das Verwaltungsgericht insoweit rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) zu gewähren hat; es darf Vorbringen der Beteiligten nicht abschneiden und hat erfolgtes Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das schließt es ein, eine angekündigte Begründung abzuwarten (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 25. Juni 2014 - OVG 9 L 10.14 -, juris; Guckelberger, a. a. O.).
Dem ist das Verwaltungsgericht hier nicht gerecht geworden, als es der fristgerechten und auch sonst zulässigen Beschwerde die Abhilfe versagt hat, ohne den Eingang der hier unmissverständlich für einen bestimmten Termin angekündigten, eingehenden Beschwerdebegründung abzuwarten.
Die Kostenentscheidung für das vorliegende Beschwerdeverfahren beim Oberverwaltungsgericht beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).