Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 19. Senat | Entscheidungsdatum | 26.03.2013 | |
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Aktenzeichen | L 19 AS 2951/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 44 Abs 1 SGB 10 |
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 02. November 2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Überprüfung ungenannter Bescheide seit Januar 2006 hat.
Der 1992 geborene Kläger lebt mit seiner Mutter und seinem älteren Bruder – bis zu dessen Vollendung des 25. Lebensjahres am in einer Bedarfsgemeinschaft - in einer Wohnung zusammen. Die Mutter bezog eine bis zum 28. Februar 2010 befristete Erziehungsrente von der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, der Kläger eine Halbwaisenrente. Er nahm im September 2009 eine Ausbildung zum Restaurantfachmann auf. Seit dem 28. Juli 2009 bezieht der Kläger mit Unterbrechungen Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Einen ersten Antrag der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vom 21. Oktober 2010 auf Überprüfung sämtlicher – nicht im Einzelnen benannter – bestandskräftiger Bescheide über Grundsicherung seit dem 01. Januar 2006 inklusive aller Aufhebungs- und Erstattungsbescheide lehnte der Beklagte, nachdem die Aufforderung der Antragsteller, den Überprüfungsantrag zu konkretisieren, erfolglos blieb, mit Bescheid vom 30. November 2010 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03. Februar 2011 zurück. Die dagegen bei dem Sozialgericht Cottbus erhobene Klage (Az.: S 31 AS 394/11) ist durch Gerichtsbescheid vom 08. Mai 2012 rechtskräftig abgewiesen worden.
Bereits am 28. Februar 2011 hatte der anwaltlich vertretene Kläger für sich selbst einen weiteren Antrag auf Überprüfung sämtlicher bestandskräftiger Bescheide über Grundsicherung seit dem 01. Januar 2006 inklusive aller Aufhebungs- und Erstattungsbescheide gestellt. Sämtliche Leistungs- und Änderungsbescheide seien hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung zu überprüfen, insbesondere hinsichtlich des Abzugs der Warmwasseraufbereitungskosten. Ferner solle eine Überprüfung der Einkommensanrechnung vorgenommen werden, insbesondere der Anrechnung von Einkommensüberhang aus Kindergeld. Ferner solle eine Überprüfung hinsichtlich der Einkommensfreibeträge und des Werbungskostenabzugs vorgenommen werden. Aufhebungs- und Erstattungsbescheide seien hinsichtlich ihrer formellen und materiellen Rechtmäßigkeit zu prüfen. Auf die Bitte des Beklagten mit Schreiben vom 25. Mai 2011, konkret die einzelnen zu überprüfenden Bescheide zu benennen, teilte der Bevollmächtigte des Klägers mittels Stempelaufdruck auf dieses Schreiben mit, es sollten sämtliche Bescheide auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Mit Bescheid vom 16. Juni 2011 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Eine Überprüfung sämtlicher Bescheide in der Sache sei nicht vorzunehmen. Trotz Aufforderung seien keine konkreten Verwaltungsakte benannt worden, die überprüft werden sollten. Ein schlüssiger Vortrag diesbezüglich und die damit verbundene Benennung der konkreten Verwaltungsentscheidung stelle jedoch die Minimalanforderung an die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Ein solcher Antrag ohne das Benennen des konkret erlassenen Verwaltungsaktes sei als rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme anzusehen. Den dagegen ohne Begründung (erneut mittels Stempelaufdruck auf dem Bescheid) eingelegten Widerspruch wies der Beklagte unter Bezugnahme auf einen Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 13. Juli 2011 - L 18 AS 1233/11 B PKH - mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2011 zurück.
Die dagegen bei dem Sozialgericht Cottbus am 20. September 2011 erhobene Klage hat der Kläger ohne weitere Benennung der zu überprüfenden Bescheide damit begründet, in seinem Antrag habe er ausführlich dargelegt, hinsichtlich welcher konkreten Punkte eine Überprüfung vorzunehmen sei. Er müsse auch im Verfahren des § 44 SGB X keine Rechtsansichten mitteilen. Der Beklagte unterliege vielmehr dem Amtsermittlungsgrundsatz. Er dürfe einen Überprüfungsantrag nur dann ohne Sachprüfung ablehnen, wenn dieser wiederholt gestellt worden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 02. November 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei schon deshalb unbegründet, weil der Beklagte den Antrag des Klägers ohne jede Sachprüfung habe ablehnen dürfen, denn dieser sei wiederholt und inhaltlich gleichlautend gestellt worden. Die Klage sei aber auch sonst unbegründet. Der Beklagte habe zutreffend eine Überprüfung der bisherigen Bescheide unter Berufung auf die Bestandskraft abgelehnt, weil der Antrag die einzelnen Bescheide nicht hinreichend bezeichnet habe und der Beklagte auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht zu Ermittlungen „ins Blaue hinein“ verpflichtet sei. Der Kläger habe nicht die Überprüfung eines Bescheides unter Darlegung konkreter Gründe geltend gemacht, sondern die Nachprüfung des Verwaltungshandelns selbst. Dies löse ohne seine Mitwirkung keine Verpflichtung des Beklagten aus, von Amts wegen in eine inhaltliche Prüfung einzutreten.
Gegen den am 06. November 2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 12. November 2012 eingelegte Berufung des Klägers. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05. September 2006 - B 2 U 24/05 R - macht er geltend, Verwaltung und Behörde seien auch ohne neues Vorbringen im Überprüfungsantrag verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der zur Prüfung gestellten Bescheide zu überprüfen. Zwar habe das BSG im Rahmen eines späteren Nichtzulassungsverfahrens angedeutet, dass den Betroffenen Mitwirkungspflichten treffen. Es habe sich aber weder zum Umfang der Mitwirkungspflichten noch zu den Folgen einer Verletzung der Mitwirkungspflichten geäußert. Nach § 65 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) habe die Mitwirkungspflicht dort ihre Grenze, wo es der Behörde auch ohne Mitwirkung möglich sei, den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu ermitteln. Mittels EDV könne der Beklagte hier alle von ihm selbst erlassenen Bescheide heraussuchen. Sollten Bescheide nicht bekannt gegeben worden sein, wie dies der 29. Senat des LSG problematisiere, würde dies die Korrektur nach § 44 SGB X sogar erleichtern, denn nicht bekannt gegebene Verwaltungsakte könnte jederzeit geändert werden, ohne dass Einschränkungen nach den §§ 45 ff SGB X bestünden. Auch bedürfe es keines Antrags zur Einleitung des Verfahrens nach § 44 SGB X. Eine Korrektur der Bescheide sei bereits dann vorzunehmen, wenn sich diese als rechtwidrig erwiesen. Dass ca. 90% aller Bescheide des Beklagten rechtwidrig seien, sei diesem spätestens seit der Veröffentlichung der Entscheidungen des BSG zur sog. Warmwasserpauschale und zur Frage der Berücksichtigung fiktiver Betriebskostenguthaben bekannt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Cottbus vom 02. November 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2011 zu verurteilen, sämtliche seit dem 01. Januar 2006 ergangenen Bescheide zurückzunehmen und ihm höhere Leistungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der seit dem 01. Januar 2006 ergangenen Bescheide, denn der Beklagte hat zu Recht den Überprüfungsantrag vom 28. Februar 2011 mit Bescheid vom 16. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2011 abgelehnt.
Rechtsgrundlage für die Überprüfung ist § 44 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X).
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Er hat keinen Anspruch auf eine schranken- und voraussetzungslose Sach- und Rechtsprüfung ungenannter Bescheide.
Sein Anspruch auf Überprüfung sämtlicher bestandskräftiger Bescheide des Beklagten seit Januar 2006 scheitert bereits daran, dass er nach Aktenlage erstmals seit Juli 2009 Leistungen von dem Beklagten bezieht (Bescheid vom 13. August 2009).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Überprüfung, ob sämtliche seit Juli 2009 erlassenen Bescheide des Beklagten rechtmäßig sind. Der Beklagte war berechtigt, sich ohne inhaltliche Prüfung auf die Bestandskraft der im Einzelnen nicht benannten Verwaltungsentscheidungen zu berufen.
Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass die von § 44 SGB X vorgesehene Überprüfung nicht antragsabhängig ist, sondern auch von Amts wegen erfolgen kann (Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. A. 2010, § 44 RdNr. 39). Die Behörde hat daher, wenn ihr ein Fehler bekannt wird, die Pflicht, den Verwaltungsakt von Amts wegen zurückzunehmen (Voelzke/Hahn, Bestandskraft versus materielle Gerechtigkeit - Grenzen bei der Überprüfung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte, in SGb 2012, 685, 686 m. w. N.). Wird ein Antrag nach § 44 SGB X - wie hier am 28. Februar 2011 - gestellt, hat die Behörde auf diesen das Verfahren eröffnenden Antrag (i. S. des § 16 SGB I) auch eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung über das Überprüfungsbegehren zu treffen (Schütze, a. a. O., § 44 RdNr. 38). Das hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. Juni 2011 getan.
Der Kläger kann seinen geltend gemachten Anspruch aber nicht mit Erfolg auf die fehlende Antragsabhängigkeit stützen, denn der Anspruch auf Überprüfung nach § 44 SGB X ist ein subjektiv-öffentliches Recht, das inhaltlichen Grenzen unterliegt.
§ 44 SGB X entscheidet im Grundsatz die mit der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung einerseits und der Rechtssicherheit andererseits bestehenden widerstreitenden Interessen nahezu durchgehend zugunsten der Gesetzmäßigkeit und zulasten der Bestandskraft des Verwaltungsakts. Er eröffnet damit eine weitgehende Durchbrechung der Bestandskraft rechtswidriger, nicht begünstigender unanfechtbarer Verwaltungsakte (Baumeister in juris-PK, § 44 RdNr. 18).
Die weitgehende Durchbrechung der Bestandskraft von Verwaltungsentscheidungen ist mit § 44 SGB X aber nicht grenzenlos eingeräumt. Dies ergibt sich schon aus Wortlaut und Systematik des § 44 SGB X selbst.
Mit der Regelung, dass Sozialleistungen, die sich aus der Aufhebung eines überprüften Verwaltungsaktes ergeben, nur mit Rückwirkung von bis zu vier Jahren gewährt werden (§ 44 Abs. 4 SGB X), gibt der Gesetzgeber einen ersten Hinweis auf die Grenzen eines Anspruchs auf Rücknahme bestandskräftiger Entscheidungen. Maßgebend für den Beginn der Frist des § 44 Abs. 4 SGB X ist das Antragsdatum (Abs. 4 Satz 3). Obwohl es sich bei der Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X nach der Rechtsprechung des BSG nicht nur um eine spezialgesetzliche materiell-rechtliche Einschränkung des nachträglich bewilligten Anspruchs auf Sozialleistungen für die Vergangenheit handelt (so BSG, Urteil vom 11. April 1985 - 4b/9a RV 5/84 -; BSG in SozR 1300 § 44 Nr. 17), sondern um eine analogiefähige Regelung, die auch im Anwendungsbereich des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zur Anwendung kommt (BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 13 R 58/06 R -; BSG in SozR 4 - 1300 § 44 Nr. 9), wird an ihrer Ausgestaltung zweierlei erkennbar:
Das Gesetz begrenzt mit § 44 Abs. 4 SGB X praktisch die Folgen der Durchbrechung der Bestandskraft des Abs. 1 und 2 im Interesse der Rechtssicherheit (dazu BSG, Urteil vom 23. Juli 1986 - 1 RA 31/85 -, zitiert nach juris). Beruht die positive Überprüfungsentscheidung im Zugunstenverfahren auf einem Antrag des Berechtigten, ist dieser für die Berechnung des rückwirkenden Zeitraumes maßgebend und erlangt somit im Rahmen der Anspruchsbegrenzung zugunsten der Rechtssicherheit und Finanzierungsstabilität Bedeutung. Für den Bereich des SGB II hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01. April 2011 die Bedeutung der Rechtssicherheit weiter hervorgehoben und durch eine Ergänzung in § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II die Rückwirkung auf nur ein Jahr begrenzt. Damit sollte auch zur Entlastung der Leistungsträger und Sozialgerichte beigetragen werden (BT-Drucksache 17/3404 S. 114).
§ 44 Abs. 1 SGB X umschreibt zudem bereits im Wortlaut eine Anspruchsbegrenzung sachlich-inhaltlicher Art für das Recht eines Antragstellers auf Überprüfung. Dieser hat jeweils nur Anspruch auf Überprüfung einzelner Verwaltungsakte und -entscheidungen, nicht auf ein gesamtes ggf. umfangreiches Verwaltungshandeln über einen Zeitraum von mehreren Jahren (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2012 – L 20 AS 947/12 B PKH -, zitiert nach juris). Erkennbar wird das im Text an den beiden Tatbestandsmerkmalen, wonach sich „im Einzelfall“ ergeben muss, dass „bei Erlass eines Verwaltungsaktes“ Recht unrichtig angewandt oder ein unzutreffender Sachverhalt zugrund gelegte wurde. Schon der verwandte Begriff des „Einzelfalles“ steht in unmittelbarem Bezug zum erlassenen Verwaltungsakt (vgl. § 31 SGB X). Darüber hinaus benennt die Vorschrift den Gegenstand der Überprüfungsentscheidung, nämlich den (einzelnen) Verwaltungsakt. Daraus folgt objektiv-rechtlich, dass die Behörde nicht verpflichtet ist - zumal bei einem Dauerrechtsverhältnis - (regelmäßig) ihre Akten auf fehlerhafte Verwaltungsakte/Verfügungssätze zu durchforsten. Dies gilt selbst dann, wenn bedeutsame Rechtsprechungsänderungen bekannt werden (Kasseler Kommentar- Steinwedel, 75. Ergänzungslieferung 2012, § 44 SGB X RdNr. 24; Voelzke/Hahn, a. a. O., S. 685, 686). Mangels Fehlens einer solchen objektiven Pflicht kann konsequenterweise auch kein subjektiv-öffentliches Recht des Leistungsempfängers auf eine entsprechend umfassende Sach- und Rechtsprüfung aller vergangenen Bescheide oder Leistungsbewilligungen/-absenkungen, respektive des gesamten Verwaltungshandelns während eines Zeitraums von mehreren Jahren, bestehen, zumal ohne äußeren Anlass. Das Merkmal „im Einzelfall“ bedeutet demgemäß: Eine Pflicht zur Sach- und Rechtsprüfung ist damit zunächst auf einzelne Verwaltungsakte konzentriert. Damit korrespondiert der Anspruch des Einzelnen. Er kann näher bestimmte Verwaltungsakte oder eine bestimmte Mehrzahl von Verwaltungsakten mit einem entsprechenden Antrag zur Überprüfung stellen. Die Behörde hat dann eine Überprüfungsentscheidung zu treffen.
Damit ist noch keine Aussage dazu getroffen, auf welchen Prüfungsumfang (Sach- und Rechtsprüfung) der Behörde der Leistungsberechtigte im Einzelfall Anspruch hat. Dieser ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der systematischen Stellung des § 44 SGB X im Sozialleistungsrecht, sowie der Entstehungsgeschichte insbesondere in Abgrenzung zu vergleichbaren Vorschriften (z. B. des allgemeinen Verwaltungsrechts). Anders als § 51 Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG) gibt § 44 SGB X der Behörde trotz der grundsätzlichen Anerkennung der Bestandskraft von Verwaltungsakten (§ 77 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) für den Fall eines Überprüfungsantrags kein gestuftes Verfahren der Prüfung vor. Die Rechtsprechung hat zwar, erkennbar geleitet von der Erkenntnis, dass der Anspruch auf Überprüfung von bestandskräftigen Verwaltungsakten auch in § 44 SGB X nicht grenzenlos ist, eine restriktive Auslegung i. S. eines gestuften Verfahrens für § 44 SGB X entwickelt (dazu näher Voelzke/Hahn, a. a. O., S. 686/687 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Vor einer erneuten Sachprüfung auf einen Überprüfungsantrag hin sind danach zwei Stufen zu überwinden: Nur bei Änderung der Sach- und Rechtslage, bei Vorliegen von neuen Beweismitteln oder Wiederaufnahmegründen soll die Behörde die Aufhebbarkeit des früheren Verwaltungsaktes in der Sache prüfen und bescheiden müssen. Ergibt sich danach nichts, was für die Unrichtigkeit des früheren Bescheides spricht, darf sie sich ohne Sachprüfung auf die Bestandskraft berufen. Liegen die neuen Tatsachen tatsächlich nicht vor oder können sie keine Auswirkung auf die Richtigkeit der früheren Entscheidung haben, darf sich die Behörde ebenfalls auf die Bindungswirkung berufen (zweiter Prüfungsschritt). Nur wenn sich ergibt, dass die neuen Beweismittel vorliegen und für die Entscheidung erheblich sind, ist in einem dritten Prüfungsschritt in der Sache neu zu entscheiden.
Für § 44 SGB X sind diese Grundsätze teilweise dergestalt übertragen worden, dass in dem Fall, in dem es um einen unrichtigen Sachverhalt geht, auf den der Überprüfungsantrag gestützt wird, nur dieser Gegenstand der behördlichen Überprüfung sein soll. In dem anderen Fall, in dem also Gegenstand oder Anlass der Überprüfung eine unrichtige Rechtsanwendung ist, soll dagegen eine umfassende Prüfpflicht und demgemäß ein Anspruch des Betreffenden bestehen, auf dessen Antrag hin die Prüfung erfolgt (vgl. z. B. BSG, Urteile vom 03. Februar 1988 - 9/9a RV 18/86 – und vom 03. April 2001 - B 4 RA 22/00 R -, jeweils zitiert nach juris; BSGE 63, 33; BSGE 88, 75; Überblick über die Rechtsprechung des BSG beiVoelzke/Hahna. a. O., S. 686/687 m. w. N.).
Gegen die Anwendung dieser aus dem VwVfG entlehnten Grundsätze im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X spricht vor allem dessen abweichender Wortlaut, seine schon im Text erkennbare abweichende Struktur und seine Entstehungsgeschichte, die gerade nicht an die Regelungen des VwVfG zum Wiederaufgreifen für das SGB X anknüpft (so zutreffend Voelzke/Hahn, a. a. O., S. 688 m. w. N.).
Ein Verfahren nach § 44 SGB X lässt sich vielmehr auch unter Berücksichtigung der allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätze ohne Rückgriff auf ein wie immer geartetes Stufenschema oder eine analoge Anwendung von § 51 VwVfG einerseits, aber auch ohne vollständige Aushebelung der Bindungswirkung andererseits entscheiden. Aus Sinn und Zweck des § 44 SGB X, fehlerhafte, für den Bürger nachteilige bestandskräftige Verwaltungsentscheidungen zu korrigieren, folgt: Die Überprüfung eines Verwaltungsaktes durch die Behörde nach § 44 SGB X hat grundsätzlich inhaltlich umfassend zu erfolgen, wenn der Betroffene diesen benennt und die Gründe nennt, warum er ihn für rechtswidrig hält. Dies gilt unabhängig davon, ob Fehler in der Sachverhaltsermittlung oder der rechtlichen Bewertung vorliegen.
Diese bereits anfangs dargestellte der Norm des § 44 SGB X innewohnende Grenze des Anspruchs auf die Prüfung in der Sache wirkt sich vor allem bei unbestimmten oder pauschal gehaltenen Überprüfungsanträgen aus. Grundsätzlich steht bei jedem Überprüfungsantrag des Einzelnen das Interesse, unrichtige Entscheidungen trotz Bestandskraft zugunsten des (Sozial-) Leistungsempfängers zu korrigieren, dem Interesse an einer funktionsfähigen Sozialleistungsverwaltung gegenüber. Für das Gerichtsverfahren entspringt dem letzteren Interesse der Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos oder für unlautere Zwecke in Anspruch nehmen darf bzw. im Gerichtsverfahren notwendig ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis bestehen muss. Diese (immanente) Grenze einer grundsätzlich bestehenden Rechtsmacht des Einzelnen hat ihre Grundlage u. a. in § 242 Bürgerliches Gesetzbuch, dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte sowie dem Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns (dazu jüngst BSG, Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 35/12 R -, zitiert nach juris). Sie gilt es - im allgemeinen Interesse einer funktionierenden (Massen-) Sozialleistungsverwaltung - auch in § 44 SGB X im Fall eines Antrags des Einzelnen auf Prüfung (vergangenen) staatlichen Handelns entsprechend zu bestimmen. Daraus folgt für die Anwendung von § 44 SGB X, dass pauschal formulierte, weit in die Vergangenheit reichende Überprüfungsanträge nicht voraussetzungslos zu einer ebenso umfassenden Sachprüfungspflicht der Behörde führen.
Im Hinblick auf die „vor die Klammer gezogenen“ Aufträge der §§ 2 Abs. 2, 16 und 17 SGB I und § 1 Abs. 1 SGB II bzw. Art. 20 Grundgesetz, wonach gerade bei Anträgen sichergestellt sein muss, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden, muss die obige Grenze allerdings schonend und bezogen auf das soziale Recht gezogen werden. Das in § 44 SGB X angelegte Spannungsfeld zwischen Gesetzmäßigkeit auf der einen Seite und Funktionsfähigkeit der Verwaltung auf der anderen Seite rechtfertigt es jedenfalls, die Prüfdichte der Behörde nicht völlig losgelöst von Mitwirkungsobliegenheiten des die Überprüfung beantragenden Betroffenen zu lassen. Umfangreiche, weit gefasste oder unsubstantiierte Anträge können deshalb die zur Überprüfung berufene Behörde im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren berechtigen, den Antragsteller zur weiteren Konkretisierung bzw. zu weiterem Sachvortrag aufzufordern, bevor sie in eine Überprüfung der bestandskräftigen Sachentscheidungen einsteigt.
Obige Überlegungen zur Struktur des § 44 SGB X gelten umso mehr im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
§ 44 SGB X trifft zwar mit seinem Normbefehl schon bei seiner Schaffung auf eine Sozialleistungsverwaltung und -realität, die seit jeher von Dauerrechtsverhältnissen geprägt ist. Eine Besonderheit erfährt diese aber noch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende. In diesem Bereich wird das Leistungsverhältnis Bürger – Behörde schon materiell-rechtlich, d. h. aufgrund des Gegenstandes und des Normprogrammes, durch Veränderungen in der Lebenswirklichkeit der Betreffenden ungleich mehr als im Sozialrecht sonst üblich geprägt. Das zeigt sich an der Tatsache, dass der Anspruch des Betreffenden auf Leistungen der Grundsicherung grundsätzlich ein einheitlicher ist. Das BSG hat lediglich für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung eine Abtrennbarkeit dieses Leistungsanspruchs anerkannt (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 153/11 R -, zitiert nach juris: jedenfalls bei Regel- und Mehrbedarf handelt es sich nicht um voneinander trennbare Ansprüche). Ein Anspruch setzt u. a. stets Hilfebedürftigkeit voraus, diese wird nach dem SGB II durch eine Vielzahl von Einzelumständen bestimmt. So müssen auch bei einem Anspruch auf einen Mehrbedarf (§ 21 SGB II) stets alle Voraussetzungen des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen dem Grunde nach geprüft werden. Darüber hinaus regeln die existenzsichernden Leistungen nahezu die gesamte Lebenswelt der Betroffenen. Sie sehen neben Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts Bedarfe für Unterkunft und Heizung sowie zahlreiche sog. Sonderbedarfe, dabei auch einmalige (wiederkehrende) Bedarfe, vor (Schule, Schwangerschaft, Mehrbedarfe wegen Krankheit und Schwerbehinderung). Der Leistungsanspruch des Einzelnen ist von den Lebensverhältnissen und damit auch ihren (täglichen) Veränderungen mehr als andere Leistungsansprüche, die z. B. ein Stammrecht kennen, abhängig. Die Mehrzahl der Voraussetzungen für einen Anspruch ist stetigen, auch kurzfristig eintretenden Veränderungen unterworfen. So können z. B. Ansprüche von selbständig Tätigen monatlichen Schwankungen unterliegen. Vorläufige Bescheide spielen somit sowohl im Gesetz als auch der Praxis eine weitaus größere Rolle als in anderen Leistungsbereichen des Sozialgesetzbuches (vgl. nur BSG, Urteil vom 21. Juni 2011 - B 4 AS 21/10 R -, zitiert nach juris; BSGE 108, 258 ff.).
Diese Komplexität spiegelt sich im Verfahrensrecht wider. Nach § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II sollen Leistungen grundsätzlich (nur) für sechs Monate im Voraus bewilligt werden. Nach Abs. 1 Satz 5 kann davon nur abgewichen werden und Leistungen können längstens für bis zu 12 Monate im Voraus bewilligt werden, bei denen eine Veränderung der Verhältnisse in diesem Zeitraum nicht zu erwarten ist. § 40 SGB II reagiert mit Sondervorschriften zu den allgemeinen Verfahrensvorschriften, auch zur Bestandskraft. So ist der Vertrauensschutz in §§ 45 ff. SGB X für die Betroffenen schwächer ausgestaltet und ist seit dem 01. April 2011 § 44 Abs. 4 SGB X für die rückwirkende Bewilligung weiterer SGB II-Leistungen modifiziert und die Frist auf ein Jahr verkürzt.
Die aufgezeigte, schon im Gesetz angelegte, aber auch durch den Regelungsgegenstand bestimmte strukturell verstärkte Abhängigkeit von den sog. Wechselfällen des (menschlichen) Lebens wird anschaulich praktisch abgebildet durch eine größere Anzahl von erforderlichen Bescheiden der Sozialleistungsträger. Prüfungen in die Vergangenheit betreffen somit (im Regelfall) eine größere Anzahl von Bescheiden und einen vielfach unübersichtlichen (Streit-) Gegenstand.
Kann - zumal im Bereich des SGB II - nicht jeder Überprüfungsantrag des Berechtigten eine umfassende Sach- und Rechtsprüfung auslösen (ähnlich im Ergebnis Voelzke/Hahn, a. a. O., S. 685, 689) und erfährt § 44 SGB X insoweit hier im Interesse einer funktionsfähigen Verwaltung eine Einschränkung, gilt dies sowohl für die Behörde als auch für das die Entscheidung der Behörde überprüfende Gericht. Ob das auch andere Sozialleistungsbereiche betreffen kann, muss hier nicht bewertet werden.
Es ist unschädlich, dass die Mitwirkungserfordernisse in § 44 SGB X nicht ausdrücklich geregelt sind. Mitwirkungsobliegenheiten sind auch sonst im Sozialverwaltungsrecht üblich. Geht es um einen Antrag auf Sozialleistungen, bestimmt beispielsweise § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I in den Grenzen des § 65 SGB I, dass der Betreffende alle Tatsachen anzugeben hat, die für die Leistung erheblich sind. Das BSG hat zuletzt für den Fall, dass der Kläger die Überprüfung sämtlicher bestandskräftiger Bescheide über Grundsicherung begehrt hat, ausgeführt, der Berechtigte habe damit nicht mehr die Überprüfung der Verfügungssätze des Bescheides oder jedenfalls einer ohne Weiteres bestimmbaren Zahl von Verfügungssätzen von Verwaltungsakten zur Überprüfung des Beklagten gestellt. Es könne nicht zweifelhaft sein, dass ein derart weitreichendes Überprüfungsbegehren mit entsprechenden Mitwirkungserfordernissen beim Berechtigten korrespondiere (BSG, Beschluss vom 14. März 2012 - B 4 AS 239/11 B -).
Das bedeutet – zumindest für den Bereich der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende -, dass sich der Anspruch des Einzelnen relativ zum Antrag verhält. Je unbestimmter der einzelne Überprüfungsantrag gestellt ist, desto mehr hängt die behördliche Pflicht zur Überprüfung von weiteren Mitwirkungshandlungen des Antragstellers ab. Die einen Anspruch auf Überprüfung von Bescheiden mitbestimmenden Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsberechtigten können somit schon den Prüfauftrag, aber auch das Prüfprogramm im Bereich des § 44 SGB X prägen und ggf. beschränken. Das benachteiligt den einzelnen Antragsteller nicht unbillig und steht in Übereinstimmung mit dem (verfassungsrechtlichen) Gebot, existenzsichernde Leistungen möglichst umfassend zu gewährleisten. Begehrt demgemäß der Antragsteller beispielsweise die Überprüfung aller Bescheide der Verwaltung seit einem bestimmten in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt und begründet er sein Begehren nach (behördlicher) Aufforderung nicht, kann sich die Behörde auf die Bestandskraft des Bescheids ohne erneute Prüfung in der Sache berufen (Voelzke/Hahn,a. a. O., S. 685, 689). Beruft er sich auf einen unrichtigen Sachverhalt (vgl. dazu § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X), obliegt es ihm, diesen - zumindest grob - darzulegen.
Allein die Berufung auf die Amtsermittlungspflicht des § 20 SGB X führt zu keinem anderen Ergebnis. § 44 SGB X durchbricht die Bestandskraft, auch soweit es um Sachverhaltsfeststellungen und Ermittlungen geht. Im Übrigen ist zu beachten, dass das Beteiligtenvorbringen auch sonst die Sachverhaltsermittlungen steuert. Ermittlungen ins Blaue sind nicht angezeigt. Die Sachaufklärungspflicht findet in der Mitwirkungsobliegenheit der Verfahrensbeteiligten ihre Grenze (Voelzke/Hahna. a. O., S. 685, 689; BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 - B 4 AS 109/11 R -). Das gilt auch für das gerichtliche Verfahren, vgl. dort §§ 103, 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Beruft sich der Betroffene auf eine unrichtige Rechtsanwendung, gilt grundsätzlich die Pflicht zur Überprüfung von Amts wegen, vorausgesetzt, die zur Überprüfung gestellten Bescheide sind zumindest bestimmbar.
Im Fall des Klägers folgt unter Beachtung dieser Grundsätze aus seinem Antrag keine Pflicht zur Überprüfung von Bescheiden in der Sache. Er hat bis zur gerichtlichen Entscheidung durch den Senat die zur Überprüfung gestellten Bescheide nicht benannt. Soweit er alle Bescheide seit dem 01. Januar 2006 benennt, handelt es sich dabei (nach Maßgabe des BSG in seinem Beschluss vom 14. März 2012 - B 4 AS 239/11 B -) nicht mehr um die Überprüfung der Verfügungssätze jedenfalls einer ohne Weiteres bestimmbaren Zahl von Verfügungssätzen von Verwaltungsakten. Das wird schon daran deutlich, dass der Kläger erst ab Juli 2009 Leistungen bezogen hat. Die Berufung darauf, der Beklagte müsse die Bescheide kennen, negiert gerade die Mitwirkungsobliegenheit, die bei einem solch langen Zeitraum besteht. Es kann nämlich nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade der Kläger, der behauptet, die ihn betreffenden Bescheide seien rechtwidrig, diese auch kennen müsste. Dies kann dem Antragsteller im Rahmen der Mitwirkungsobliegenheit zulässigerweise vorgehalten werden. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren auf die Bestandskraft seiner Bescheide berufen hat, denn er hat vor seinem Bescheid den Kläger zur näheren Konkretisierung seines Begehrens aufgefordert (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 14. Juni 2012 - L 18 AS 1341/12 B PKH - und vom 12. Juni 2012 - L 20 AS 947/12 B PKH -; Urteil vom 29. September 2011 - L 29 AS 728/11 -).
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger am 28. Februar 2011 beantragt hat, sämtliche Leistungs- und Änderungsbescheide hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung zu überprüfen, insbesondere hinsichtlich des Abzugs der Warmwasseraufbereitungskosten. Ferner solle eine Überprüfung der Einkommensanrechnung vorgenommen werden, insbesondere der Anrechnung von Einkommensüberhang aus Kindergeld. Außerdem solle eine Überprüfung hinsichtlich der Einkommensfreibeträge und des Werbungskostenabzugs vorgenommen werden. Letztlich seien Aufhebungs- und Erstattungsbescheide hinsichtlich ihrer formellen und materiellen Rechtsmäßigkeit zu prüfen. Damit ist der Kläger seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht gerecht geworden. Dem derart formulierten Antrag lässt sich nicht entnehmen, ob der Kläger die Zugrundelegung eines unrichtigen Sachverhalts oder eine falsche Rechtsanwendung rügt, denn die Prüfung der Einkommensanrechnung bzw. des Abzugs der Warmwasserpauschale kann aus beiden Gründen begehrt werden. Das es sich dabei um pauschale Angaben ohne Bezug zu der konkreten zu überprüfenden Leistungsgewährung handelt, wird dadurch belegt, dass der Bevollmächtigte des Klägers die identische Begründung formelhaft auch in anderen Verfahren verwendet (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2012 - L 20 AS 947/12 B PKH -). Auf die Anfrage des Beklagten mit Schreiben vom 25. Mai 2011 und auch im Widerspruchsverfahren hat sich der Bevollmächtigte darauf beschränkt, mittels Stempelaufdruck, der - was gerichtsbekannt ist - in einer Vielzahl weiterer Verfahren verwendet wird, ohne Individualisierung zu reagieren. Dies ist sicherlich ein für den Bevollmächtigten ökonomisches Verfahren, dient aber nicht der sachgerechten Verfolgung des Überprüfungsantrags und schon gar nicht der Erfüllung der Mitwirkungspflichten. Zudem hat er damit die zur Überprüfung gestellten Bescheide nach wie vor nicht benannt. Darauf kann nicht verzichtet werden. Dem Beklagten ist allein aus der Verwaltungsakte nicht erkennbar, welche Bescheide der Kläger zum Inhalt seines Antrags macht, denn er kann nicht ohne Weiteres überprüfen, welche Bescheide, die er im Wege einfacher Bekanntgabe versandt hat, dem Kläger tatsächlich zugegangen sind. Daraus kann der Kläger nicht den Schluss ziehen, dass solche Entscheidungen sogar noch unter erleichterten Bedingungen überprüft werden könnten. Denn ein Verwaltungsakt wird erst mit der Bekanntgabe gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist, wirksam (§ 39 Abs. 1 SGB X). Ein nicht bekannt gegebener Bescheid kann deshalb nicht nach § 44 SGB X überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (vgl. § 160 Abs. 2 SGG). Das BSG selbst hat in einem vergleichbaren Fall im Rahmen der erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde ausgeführt, dass ein vergleichbar weitreichendes Überprüfungsbegehren mit Mitwirkungserfordernissen beim Berechtigten korrespondiert (Beschluss vom 14. März 2012 - B 4 AS 239/11 B -).