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Ergänzung eines Verbundbeschlusses im Kostenpunkt bei unterlassener Kostenentscheidung nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 269 Abs. 4 ZPO


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 08.10.2018
Aktenzeichen 13 UF 107/18 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Leitsatz

1. Für die Bescheidung eines Antrages nach §§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 269 Abs. 4 ZPO ist das Amtsgericht zuständig, wenn ihm gegenüber die Rücknahmeerklärung erfolgt ist.

2. Gegen dessen Beschluss - Stattgabe wie Ablehnung - ist nach § 269 Abs. 5 ZPO die sofortige Beschwerde §§ 567 ff ZPO eröffnet (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 269 ZPO, Rn. 20; Musielak/Voit/Foerste ZPO § 269 Rn. 16; MüKoZPO/Becker-Eberhard ZPO § 269 Rn. 75). Diese Vorschrift gelangt nach der Subsidiaritätsklausel des § 58 Abs. 1 FamFG über § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG zur Anwendung, bestimmt als statthaftes Rechtsmittel ausdrücklich die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO und verdrängt damit die Beschwerde nach § 58 ff FamFG (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933 Rn. 12).

3. Zur Umdeutung von Rechtsmitteln im FamFG

4. § 99 ZPO findet auch auf Ehe- und Familienstreitsachen (§§ 111 Nr. 1, 112 FamFG) Anwendung (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933; MüKoZPO/Schulz ZPO § 99 Rn. 2; BeckOK ZPO/Jaspersens ZPO § 99 Rn. 27; jew. m.w.N). Die für Verbundsachen maßgebliche Kostenvorschrift des § 150 FamFG tritt ebenso wenig insgesamt an die Stelle der Kostenbestimmungen der Zivilprozessordnung, also auch der Rechtsmittelvorschriften, wie § 243 FamFG, sondern kann allenfalls wie diese Bestimmung als lex specialis lediglich die Vorschriften über die Verteilung der Kosten ersetzen (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933 Rn. 23).

5. Eine zurückgenommene Folgesache Unterhalt bleibt in Ansehung der Kosten auch ohne Anhängigkeit der Hauptsache Teil des einheitlichen Verbundverfahrens, und im Rahmen der einheitlichen Kostenentscheidung im Scheidungsverbund ist über die kostenrechtlichen Folgen zu entscheiden, die sich daraus ergeben (vgl. BGH FamRZ 2007, 893 Rn. 11 zu § 93a ZPO aF).

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Endbeschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 30.05.2018 wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 500 €

II. Der Antrag des Antragsgegners auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1. Die beschwerdeführende Antragstellerin wendet sich in einer mit Folgesachen verbundenen Ehesache gegen die unterlassene Bescheidung eines Kostenantrages nach § 269 Abs. 4 ZPO im Scheidungsbeschluss und gegen die dortige Kostenentscheidung.

Der Antragsgegner hatte in einer Ehesache Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt als Folgesache im Verbund anhängig gemacht und seinen Antrag im Termin am 09.11.2016 mit Zustimmung der Antragstellerin zurückgenommen (61), die daraufhin mit Schriftsatz vom 09.01.2017 Kostenantrag gegen den Antragsgegner gestellt hat (151 UE).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.05.2018, zugestellt der Antragstellerin am 12.06.2018 (145), auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist (117 ff), hat das Amtsgericht die Ehe der Antragsbeteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich zwischen Ihnen durchgeführt und den Antragsgegner, insoweit unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages der Antragstellerin, zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs verpflichtet. Die Kostenentscheidung hat es unter Einbeziehung der drei entschiedenen Verfahren getroffen (vgl. 119). Zur zurückgenommenen Folgesache Unterhalt enthält der Beschluss keine Ausführungen.

Mit Schriftsatz vom 21.06.2018 hat die Antragstellerin das Amtsgericht nochmals um eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 4 ZPO gebeten (vgl. 152 UE).

Mit Schriftsatz vom 11.07.2018 hat sie vorsorglich und fristwahrend Beschwerde gegen den Endbeschluss vom 30.05.2018 eingelegt. Mit dieser Beschwerde erstrebt sie eine Ergänzung des angefochtenen Beschlusses im Kostenpunkt.

Sie beantragt,

das Amtsgericht Neuruppin wird unter Aufhebung der Vorlageverfügung vom 16.07.2018 verpflichtet, den Endbeschluss vom 30.05.2018 – 55 F 109/14 – unter Berücksichtigung des übergangenen Kostenpunktes zu ergänzen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Beschwerde für unzulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel im Beschwerdeverfahren sowie auf den Hinweis vom 14.09.2018, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (169 ff.). Er entscheidet, wie angekündigt (170), ohne mündliche Verhandlung (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.

II.

Die Beschwerde gegen den Endbeschluss vom 30.05.2018 ist unstatthaft, §§ 58 Abs. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 99, 269 Abs. 5, 321, 567 ff ZPO.

Für die von der Antragstellerin erstrebte Ergänzung des Verbundbeschlusses im Kostenpunkt steht ihr nicht das Verfahren der Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG zur Verfügung, sondern das der Beschlussergänzung (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 321 ZPO). Soweit die Antragstellerin die Notwendigkeit einer Beschlussergänzung aus der fehlenden Bescheidung eines Antrages nach § 269 Abs. 4 ZPO herleitet, eröffnet auch dies nicht die Beschwerde nach § 58 ff. FamFG.

a) Für die Bescheidung eines Antrages nach §§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 269 Abs. 4 ZPO ist zunächst das Gericht zuständig, dem gegenüber die Rücknahmeerklärung erfolgt ist.

Gegen dessen Beschluss - Stattgabe wie Ablehnung - ist nach § 269 Abs. 5 ZPO die sofortige Beschwerde §§ 567 ff ZPO eröffnet (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 269 ZPO, Rn. 20; Musielak/Voit/Foerste ZPO § 269 Rn. 16; MüKoZPO/Becker-Eberhard ZPO § 269 Rn. 75). Diese Vorschrift gelangt nach der Subsidiaritätsklausel des § 58 Abs. 1 FamFG über § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG zur Anwendung, bestimmt als statthaftes Rechtsmittel ausdrücklich die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO und verdrängt damit die Beschwerde nach § 58 ff FamFG (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933 Rn. 12).

Eine Umdeutung der Beschwerde vom 11.07.2018 in eine sofortige Beschwerde (§§ 269 Abs. 5, 567 ff ZPO) kommt nicht in Betracht. Zum einen fehlt es an einem Beschluss nach § 269 Abs. 4 ZPO, da das Amtsgericht dem Antrag der Antragstellerin weder stattgegeben, noch ihn abgewiesen hat; es hat ihn vielmehr bislang unbeschieden gelassen, selbst nach darauf gerichteter Erinnerung der Antragstellerin vom 21.06.2018 (152 UE).

Zum anderen handelt es sich nicht um vergleichbare Prozesshandlungen, die sich in ihrer Intention und rechtlichen Wirkung entsprechen (vgl. BGH FamRZ 2000, 1565, Rn. 3). Die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff ZPO und die – funktional eine Berufung ersetzende - Beschwerde nach §§ 58 ff FamFG entsprechen sich weder in ihrer Intention noch in ihrer Wirkung, da der Beschwerdeführer nach §§ 58 ff FamFG keine im selben Verfahren und in derselben Instanz vorausgegangene Hauptsacheentscheidung zur Selbstüberprüfung durch die erlassende Instanz stellt, sondern sein Abänderungsbegehren ausdrücklich durch die nächste Instanz verfolgt. Auch das Nacheinander von nochmaliger Antragstellung an das Amtsgericht (152 UE) und Beschwerde mit Beschwerdebegründung kann nur dahin verstanden werden, dass die Antragstellerin ihr Kostenentscheidungsinteresse auf zwei getrennten Wegen verfolgen will. Überdies wahrt der Beschwerdeschriftsatz vom 11.07.2018 nicht die Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 S 1 ZPO.

b) Soweit die Antragstellerin - ohne Angriffe gegen die Hauptsacheentscheidungen des Amtsgerichts – im angefochtenen Beschluss allein dessen Kostenentscheidung beanstandet, scheitert die Statthaftigkeit der Beschwerde an §§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 99 ZPO. Die letztgenannte Vorschrift findet auch auf Ehe- und Familienstreitsachen (§§ 111 Nr. 1, 112 FamFG) Anwendung (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933; MüKoZPO/Schulz ZPO § 99 Rn. 2; BeckOK ZPO/Jaspersens ZPO § 99 Rn. 27; jew. m.w.N). Die für Verbundsachen maßgebliche Kostenvorschrift des § 150 FamFG tritt ebenso wenig insgesamt an die Stelle der Kostenbestimmungen der Zivilprozessordnung, also auch der Rechtsmittelvorschriften, wie § 243 FamFG, sondern kann allenfalls wie diese Bestimmung als lex specialis lediglich die Vorschriften über die Verteilung der Kosten ersetzen (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933 Rn. 23).

Schließlich stellt der angefochtene Beschluss, soweit das Unterhaltsverfahren bis zur Rücknahme als Folgesache im Verbund zur Ehesache als Hauptsache zu entscheiden gewesen war, auch keinen unzulässigen Teilbeschluss dar, §§ 117 FamFG, 538 Abs. 2 S 1 Nr. 7 ZPO. Die Anhängigkeit der Unterhaltssache als Hauptsache war – unabhängig vom Ausspruch dieser Rechtsfolge – bereits mit Rücknahme entfallen, §§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 269 Abs. 3 S 1 ZPO. Im Übrigen blieb die zurückgenommene Folgesache allerdings Teil des einheitlichen Verbundverfahrens, und im Rahmen der einheitlichen Kostenentscheidung im Scheidungsverbund war über die kostenrechtlichen Folgen zu entscheiden, die sich daraus ergeben (vgl. BGH FamRZ 2007, 893 Rn. 11 zu § 93a ZPO aF).

c) Erachtet man die Kostenentscheidung insoweit wegen eines versehentlich unterlassenen, vergessenen Beschlusses nach § 269 Abs. 4 ZPO als unvollständig oder wegen eines Verstoßes gegen die Einheit der Kostenentscheidung als unrichtig, eröffnet auch dies nicht die Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung nach § 99 ZPO. Vielmehr müsste in Ansehung eines übergangenen Kostenpunktes Beschlussergänzung (§§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 321 ZPO) beantragt werden (vgl. Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 99 ZPO, Rn. 1 MüKoZPO/Schulz ZPO § 99 Rn. 18 Musielak/Voit/Flockenhaus ZPO § 99 Rn. 2, jew. m.w.N.). Die Entscheidung, ob der Schriftsatz der Antragstellerin vom 21.06.2018 dahin auszulegen ist, obliegt dem dafür zuständigen Amtsgericht. Wäre die Berücksichtigung der (Teil-) Rücknahme in der Kostenquote unterblieben, ist dagegen - nur - die sofortige Beschwerde statthaft (BGH, NJW-RR 2007, 1586, Rdnr. 9 ff.).

d) Den Wert des Beschwerdeverfahrens bemisst der Senat nach dem Interesse der Antragstellerin, ihre Kosten des Unterhaltsverfahrens nicht tragen zu müssen. Dessen Verfahrenswert war nach Bezifferung (143 € monatlich, vgl. 43, 74 UE) mit 1.704 € zu veranschlagen, § 51 Abs. 1 FamGKG. Damit betragen die Anwaltskosten der Antragstellerin nach mündlicher Verhandlung bei isolierter Betrachtung 470,05 €; berücksichtigt man demgegenüber die Erhöhung des Verfahrenswertes für die Verbundsachen um allenfalls einen Gebührensprung, so liegen die auf die Unterhaltssache entfallenden Anwaltsgebühren deutlich darunter. Von einer näheren Bezifferung sieht der Senat ab, da der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens ohnedies in die niedrigste Gebührenstufe fällt.

e) Der Antragstellerin steht gegen diesen Beschluss die Rechtsbeschwerde zu (§§ 117 Abs. 1 S 4 FamFG, 522 Abs. 1 S 4 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der Zustellung dieses Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung dieses Beschlusses und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde. Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten: die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, und, soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

Die Wertfestsetzung ist unanfechtbar (§§ 59 Abs. 1 S 5, 57 Abs. 7 FamGKG).

Im Übrigen besteht kein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG).

III.

Verfahrenskostenhilfe konnte dem Antragsgegner nicht bewilligt werden. Seine Hilfsbedürftigkeit (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO) war nicht feststellbar, da er die von ihm angekündigte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt hat.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), besteht nicht.