Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 26.01.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 B 22.09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 8 Abs 4 KAG BB, § 8 Abs 6 KAG BB, § 8 Abs 7 S 2 KAG BB, § 44 NachbG BB |
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 8. September 2008 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Schmutzwasseranschlussbeitrag durch den beklagten Verbandsvorsteher des Zweckverbandes "Fließtal".
Der Zweckverband „Fließtal“ betreibt auf dem Gebiet der heutigen Gemeinden Birkenwerder und Mühlenbecker Land eine zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage. Die von ihm betriebenen Herstellungsarbeiten begannen Anfang der 1990er Jahre; zuvor existierte im Verbandsgebiet keine solche Anlage. Die Abwässer werden der außerhalb des Verbandsgebiet liegenden Kläranlage Schönerlinde zugeführt. Auf vertraglicher Grundlage wurden aus dem benachbarten Hohen Neuendorf und werden aus Glienicke/Nordbahn sowie dem Berliner Stadtteil Blankenfelde Abwässer in die Anlage des Verbandes „Fließtal“ eingeleitet und in die Kläranlage übergeleitet.
Den Herstellungsaufwand für die zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage finanziert der Verband teilweise durch Anschlussbeiträge und teilweise durch Schmutzwassergebühren.
Der Kläger kaufte im Jahr 2000 ein 2.441 m² großes Grundstück in der Gemarkung S... (Flurstück 255, Flur 8), auf dem er ein Wohnhaus errichtet.
Zwischen der Westgrenze des klägerischen Flurstücks und der S... Straße liegen das ca. 4 m breite Flurstück 254 und parallel dazu ein ca. 5 m breiter Streifen des Flurstücks 252. Das Flurstück 254 ist im Grundbuch als „Verkehrsfläche Weg, an der S... Straße“ bezeichnet. Zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 254 ist im Grundbuch zulasten des Flurstücks 252 ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht als Grunddienstbarkeit eingetragen (Urkundenrolle Nr. Ha 107/2001 des Notars Havers).
Mit notariellem Vertrag (Urkundenrolle Nr. S 533/2001 des Notars Sonntag) vom 11. Juni 2001 kaufte der Kläger das 133 m² große Flurstück 254. Im Kaufvertrag wurde dem Kläger u.a. die Vollmacht erteilt, Vereinbarungen mit Versorgungsunternehmen zu treffen und Bauanträge zu stellen. Eine Eigentumsverschaffungsvormerkung für den Kläger wurde am 22. Oktober 2002 im Grundbuch eingetragen.
Im Herbst 2003 verlegte der Verband die Rohrleitung der Schmutzwasserkanalisation in der S... Straße. Das Eigentum an den Flurstücken 254 und 255 war seinerzeit noch nicht auf den Kläger übergegangen.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 teilte der Beklagte der Eigentümerin des Flurstücks 255 mit, ihr Grundstück könne noch nicht an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen werden, weil es keine offizielle Zuwegung habe und das in Privatbesitz befindliche Flurstück 254 nicht als öffentlicher Weg klassifiziert sei.
Mit Schreiben vom 5. Januar 2006 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er habe das Flurstück 254 käuflich erworben. Weiter hieß es in dem Schreiben wörtlich: „Sie haben bereits auf diesem Grundstück einen Entsorgungsschacht gesetzt. Ich würde meine Abwasserleitung an diesen Schacht anschließen. Ich bitte um Ihre Zustimmung“.
Der Kläger wurde am 4. September 2006 als Eigentümer des Flurstücks 255 im Grundbuch eingetragen. Eine Eintragung des Klägers als Eigentümer des Flurstücks 254 ist bislang nicht erfolgt.
Am 22. November 2006 wurde der Anschluss des Flurstücks 254 an die Kanalisation über das Flurstück 252 hinweg hergestellt.
Durch Bescheid vom 13. August 2007 zog der Beklagte den Kläger betreffend das Flurstück 255 zu einem Schmutzwasserbeitrag in Höhe von 10.618,35 Euro heran.
Den gegen den Beitragsbescheid eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2007 zurück.
Der Kläger hat am 4. Januar 2008 Klage erhoben, mit der er geltend gemacht hat, eine Anschlussmöglichkeit für sein Flurstück 255 bestehe nicht. Er habe kein auf Dauer gesichertes Recht, sich über das Flurstück 254 an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage anzuschließen. Ein Notleitungsrecht nach §§ 917, 918 BGB genüge ebenso wenig wie ein Leitungsrecht nach § 44 BbgNRG. Eine dingliche Sicherung sei erforderlich. Der Beklagte hat sich dazu nicht geäußert.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 8. September 2008 mit der Begründung stattgegeben, dass es dem angegriffenen Bescheid an einer satzungsmäßigen Ermächtigungsgrundlage fehle. Die Schmutzwasseranschlussbeitragssatzung vom 15. Juni 2004 (SWABS 2004) sei wegen eines fehlerhaft kalkulierten Beitragssatzes nichtig. Die Beitragskalkulation vom 28. Mai 2004 sei methodisch fehlerhaft, weil sie hinsichtlich der anzusetzenden Flächen im unbeplanten Innenbereich von einem Beitragsmaßstab ausgehe, der in der SWABS 2004 selbst überhaupt nicht verwendet werde. Zudem sei kalkulatorisch ein Gemeindeanteil für den Eintrag von Fremdwasser in die Kanalisation anzusetzen gewesen. Darüber hinaus hätten Aufwendungen für nicht erforderliche Kapazitäten der Überleitungsnetze nicht in die Kalkulation einbezogen werden dürfen. Schließlich sei die ursprüngliche Systementscheidung zur Mischfinanzierung des Anschaffungs- und Herstellungsaufwandes durch Beiträge und Gebühren zu beachten gewesen; es sei rechtswidrig, dass die heutigen Beitragszahler über ihre Beiträge rechnerisch etwa doppelt so viel zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten beitrügen wie die anfänglichen Beitragszahler, ohne dass insoweit eine Entlastung auf der Gebührenseite erkennbar sei. Der angegriffene Bescheid lasse sich auch nicht auf vorherige Beitragssatzungen, namentlich nicht auf die Schmutzwasseranschlussbeitragssatzung vom 20. Juni 2002 (SWABS 2002) stützen. Deren Maßstabsregelung zur Veranlagung nach den Vollgeschossen im unbeplanten Innenbereich sei unwirksam. Eine solche Maßstabsregelung dürfe nicht darauf abstellen, welche bauliche Nutzung in der näheren Umgebung eines Grundstücks überwiege, sondern müsse diejenige Grundstücksnutzung in den Blick nehmen, die nach § 34 BauGB maximal zulässig sei; etwas anderes lasse sich auch mit Erwägungen der Verwaltungspraktikabilität nicht rechtfertigen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und am 23. Dezember 2008 eingelegte Berufung des Beklagten. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 3. März 2009 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom selben Tage ausgeführt, zumindest die SWABS 2004 sei eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid. Dass der Beitragssatz unter Zugrundelegung von Maßstabsregelungen kalkuliert worden sei, die in der SWABS 2004 nicht enthalten seien, habe sich ausweislich einer Nachkalkulation nicht in erheblicher Weise ausgewirkt. Der satzungsmäßige Beitragssatz überschreite den nach der Kalkulation möglichen Beitragssatz in keinem Fall. Für Fremdwassereintrag müsse kein Gemeindeanteil abgesetzt werden; es handele sich um einen ingenieurtechnisch erforderlichen Sicherheitszuschlag. Außerdem betreffe dies nur marginale Mehrkosten. Eine Bindung an die bei Beginn der Beitragserhebung getroffenen Entscheidung zur beitrags- und gebührenmäßigen Kostendeckungsquote bestehe nicht. Finanzierungsquoten bildeten keinen Anknüpfungspunkt für die Entstehung schutzwürdigen Vertrauens und könnten geändert werden. Dass es Abgabenpflichtige mit einem höheren beitragsrechtlichen Anteil an der Refinanzierung des Herstellungsaufwandes und solche mit einem niedrigeren Anteil gebe, verstoße nicht gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit. Die vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Mischfinanzierung bewirke zwangsläufig, dass die Abgabenschuldner mit unterschiedlichen Anteilen zur Refinanzierung beitrügen. Eine bloße „Verschiebung“ der Finanzierungsanteile müsse nicht durch gespaltene Gebührensätze ausgeglichen werden. Angesichts der wiederholt veränderten Prognosen sei der Aufwand für die Kalkulation gespaltener Gebührensätze nicht zu rechtfertigen. Eine Rückzahlung von Beiträgen zu Ausgleichszwecken würde wirtschaftlich nicht zu bewältigen sein. Zudem halte sich die mit der Ungleichbehandlung faktisch einhergehende Belastung auf der Gebührenseite in engen Grenzen. Soweit es auf die SWABS 2002 ankomme, sei auch diese nicht fehlerhaft. Der darin enthaltene Vollgeschoßmaßstab für den unbeplanten Innenbereich, der an die überwiegende Bebauung in der näheren Umgebung anknüpfe, sei vorteilsgerecht. Der Verband sei nicht gehalten, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zur Vorteilsermittlung zu wählen. Er habe insoweit typisieren und pauschalieren dürfen. Der gewählte Maßstab sei wegen seiner Praktikabilität für die Behörde und seiner Durchschaubarkeit für die Abgabenpflichtigen empfehlenswert. Verspätete Erklärungen oder Beweismittel habe der Beklagte nicht vorgelegt; insoweit habe das Verwaltungsgericht keine Ausschlussfrist gesetzt. Die zu veranlagenden Flächen seien örtlich erfasst und dokumentiert worden. Obwohl die Kalkulation vom 27. März 2009 die aktuellen Verhältnisse und nicht die der Jahre 2004 bzw. 2000 abbilde, sei der satzungsmäßige Beitragssatz im Ergebnis gerechtfertigt, weil er unter dem höchstzulässigen Beitragssatz liege. Anders als im Gebührenrecht dürfe im Beitragsrecht nachträglich mit aktuellen Werten kalkuliert werden. § 6 Abs. 3 KAG gewährleiste mit kurzen Kalkulationsperioden im Gebührenrecht den Ausgleich von Kostenüber- und -unterdeckungen. Bei einer Globalkalkulation im Beitragsrecht sei die Gefahr anfänglicher Fehleinschätzungen offenkundig und könne eine Aufwandsüberschreitung nur durch Berücksichtigung neuer Erkenntnisse vermieden werden. Dies gelte insbesondere, wenn eine Beitragssatzung noch nicht in Kraft getreten sei.
Schließlich verweist der Beklagte auf die Schmutzwasseranschlussbeitragssatzung vom 9. Februar 2010 (SWABS 2010), die sich Rückwirkung auf den 1. Juli 2004 beimisst und den Beitragssatz erneut auf 4,35 €/m² festsetzt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. September 2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält der Berufung entgegen, die SWABS 2004 enthalte keine wirksame Regelung zum Beitragssatz. Die im Jahr 2009 durch das Ingenieurbüro Hagen vorgenommene Flächenermittlung und die Kalkulation vom 27. März 2009 seien gemäß § 128 a VwGO verspätete Erklärungen bzw. Beweismittel und im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Die Flächen seien willkürlich ermittelt worden. Der Beklagte habe nicht beachtet, dass eine Nachkalkulation den rechtlichen und tatsächlichen Vorgaben zur Zeit des Satzungserlasses genügen müsse und nicht neuere Erkenntnisse berücksichtigen dürfe. Im Übrigen macht sich der Kläger die Begründung des Verwaltungsgerichts zu eigen. Zwar könne der beitragsfinanzierte Anteil am Herstellungsaufwand verändert werden, wenn sich herausstelle, dass ein Teil der Kosten nicht umlagefähig sei. Dies verhalte sich vorliegend jedoch anders.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die von dem Beklagten zu den in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2011 gemeinsam verhandelten Verfahren eingereichten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
A. Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist begründet. Die Klage ist abzuweisen. Denn der Beitragsbescheid des Beklagten vom 13. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I. Der Bescheid findet die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erforderliche satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage in der SWABS 2010, die keine Rechtsfehler erkennen lässt.
1. Die Rückwirkung der SWABS 2010 auf den 1. Juli 2004 ist rechtlich nicht zu beanstanden; die SWABS 2004 und alle vorhergehenden Satzungen durften ungeachtet der Frage ihrer Wirksamkeit bis zum 30. Juni 2004 rückwirkend durch die SWABS 2010 ersetzt werden, weil die SWABS 2010 erstmalig den seit dem 1. Juli 2004 geltenden gesetzlichen Anforderungen an den Beitragsmaßstab genügt hat, soweit es um die Berücksichtigung der Art der baulichen Nutzung geht (vgl. § 8 Abs. 6 Satz 3, § 19 KAG in der Fassung des Gesetzes vom 17. Dezember 2003). Anders als in der vorherigen Gesetzesfassung sollen ab dem 1. Juli 2004 bei leitungsgebundenen Einrichtungen und Anlagen ausschließlich das Maß - und nicht mehr auch die Art - der baulichen oder sonstigen Nutzung berücksichtigt werden. Dem hat insbesondere die SWABS 2004 nicht entsprochen, die ausdrücklich Artabschläge vorgesehen hat (vgl. 4 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 SWABS 2004); dies hat zur Unwirksamkeit ihrer Maßstabsregelung seit dem 1. Juli 2004 geführt (vgl. Urteil des Senats vom 16. Dezember 2009 - 9 B 65.08 -, Juris Rn. 16 f.).
2. Die SWABS 2010 ist auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Ihre Maßstabsregelung wird der Kritik des Verwaltungsgerichts an der Maßstabsregelung der SWABS 2002 gerecht, so dass hier offen bleiben kann, ob diese Kritik überhaupt gerechtfertigt gewesen ist; es ist nicht zu beanstanden, bei Grundstücken im unbeplanten Innenbereich die Zahl der nach der näheren Umgebung zulässigen Vollgeschosse für maßgebend anzusehen (vgl. § 5 Abs. 2 SWABS 2010).
b) Auch die Festlegung des Beitragssatzes ist rechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Die Obergrenze für die Kalkulation des Beitragssatzes bildet das Aufwandsüberschreitungsverbot (§ 8 Abs. 4 Satz 8 KAG). Danach soll der Beitragssatz so kalkuliert werden, dass das veranschlagte Beitragsaufkommen die umlagefähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht übersteigt. Diese Obergrenze wird zwar gleichsam nach unten verschoben, wenn der Satzungsgeber sich in der Vergangenheit dafür entschieden hatte, die Anschaffungs- und Herstellungskosten (teilweise) auch über Gebühren zu finanzieren und entsprechende Gebühren schon erhoben hat; was bereits über Gebühren finanziert worden ist, darf nicht noch einmal über Beiträge finanziert werden. Eine zusätzliche Vorgabe hinsichtlich des höchstzulässigen Beitragssatzes in Gestalt einer Bindung des Satzungsgebers an einmal festgelegte Quoten hinsichtlich der Finanzierung des Anschaffungs- und Herstellungsaufwandes einerseits über Beiträge, andererseits über Gebühren besteht nicht. Der Satzungsgeber hat nicht nur anfänglich die Wahl, den Anschaffungs- und Herstellungsaufwand gänzlich durch Beiträge, anteilig durch Beiträge und Gebühren oder ausschließlich durch Gebühren zu decken. Vielmehr kann er seine diesbezügliche Entscheidung auch ändern (vgl. Urteil des Senats vom 6. Juni 2007 - 9 A 77.05 -, Juris Rn. 36). Dies schließt die Befugnis ein, die Quoten anteiliger Beitrags- und Gebührenfinanzierung gegeneinander zu verschieben. Dem steht auch der Gedanke der Beitragsgerechtigkeit "über die Zeit" nicht entgegen. Soll die Gleichbehandlung aller Beitragspflichtigen "über die Zeit" geprüft werden, so kann das schon im Ansatz nur dann durch einen Vergleich der in den einzelnen Zeitabschnitten jeweils geltenden Beitragsquoten geschehen, wenn diese Quoten zuvor auf einen zeitübergreifend einheitlichen Nenner gebracht worden sind. Ungeachtet dessen ist nicht ersichtlich, dass der Satzungsgeber hinsichtlich der Gleichbehandlung "über die Zeit" prinzipiell stärker gebunden sein soll als hinsichtlich der Gleichbehandlung im Übrigen, die regelmäßig aus hinreichend gewichtigen Sachgründen unterbleiben kann. Beitragssenkungen sind insoweit leichter zu rechtfertigen als Beitragserhöhungen. Aber auch Letztere sind nicht ausgeschlossen, zumal sie am Ende zu Gebührensenkungen führen. Ob eine Grenze für die Erhöhung der Beitragsquote dort besteht, wo dadurch derjenige maximale Beitragssatz überschritten würde, der durch eine erste Globalkalkulation ermittelt worden ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Es mag möglicherweise dem Wesen der Globalkalkulation entsprechen, dass sie nur einmal vorgenommen werden darf und den Satzungsgeber danach bindet (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2004 - 2 A 168/02 – S. 26 f. des EA m.w.N.; ferner Becker in Becker/Benedens u.a., KAG für das Land Brandenburg, Stand: Dezember 2010, § 8 Rn. 265 ff.). Die hinsichtlich der Globalkalkulation bestehende einfach-gesetzliche Regelung (§ 8 Abs. 4 Satz 2 KAG) würde aber überinterpretiert, wenn sie so verstanden würde, dass selbst Globalkalkulationen, die einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten und keine Grundlage für eine wirksame Satzung bilden können, eine entsprechende Bindungswirkung auslösen. Gemessen daran ist hier keine (frühere) Globalkalkulation ersichtlich, die dem Beitragssatz von 4,35 Euro/m² entgegenstände.
bb) Es ist nicht ersichtlich, dass die durch das Aufwandsüberschreitungsverbot gezogene Obergrenze für die Beitragskalkulation hier verletzt worden wäre.
(1) Die Einhaltung des Aufwandsüberschreitungsverbots ist grundsätzlich durch eine methodisch korrekte und im Übrigen plausible Beitragskalkulation zu belegen, die spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen muss.
Daran gemessen müssen - entgegen der Ansicht des Klägers - die Kalkulation vom 27. März 2009 und die zugehörige Bestimmung der Beitragsflächen vom Januar 2009 nicht gemäß § 128 a Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungsverfahren unberücksichtigt bleiben. Nach dieser Vorschrift sind neue Erklärungen und Beweismittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür gesetzten Frist (§ 87 b Abs. 1 und 2 VwGO) nicht vorgebracht worden sind, nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn der Beteiligte die Verspätung genügend entschuldigt. Es kann hier dahinstehen, ob die Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 29. Juli 2008 auch für die Nachreichung einer Kalkulation ergangen war und grundsätzlich geeignet wäre, auch insoweit eine Ausschlusswirkung zu entfalten. Jedenfalls ist nichts dafür ersichtlich, dass die genannten Unterlagen die Erledigung des Rechtsstreits verzögerten. Die Flächenermittlung und darauf beruhende Kalkulation ist vom Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden. Insbesondere hat er nicht geltend gemacht, dass und gegebenenfalls wo Flächen und Geschosszahlen derart unzutreffend ermittelt worden seien, dass der in der SWABS 2010 festgelegte Beitragssatz im Ergebnis überhöht wäre. Nur in Abrede zu stellen, dass das Ingenieurbüro die maßgeblichen Geschosszahlen „anhand der Örtlichkeit und der bauplanungsrelevanten Faktoren erfasst und dokumentiert“ habe (S. 3 der Verfahrensbeschreibung des Ingenieurbüros Hagen, Beiakte 23 zu OVG 9 B 7.09), gibt gegenüber den quartiersbezogen näheren Angaben des Ingenieurbüros Hagen zur Flächenermittlung keinen Anlass für eine Beweiserhebung und trägt den Vorwurf einer Verfahrensverzögerung im Hinblick auf die neuen Unterlagen nicht.
Aus der Kalkulation muss hervorgehen, dass der in der Satzung festgelegte Beitragssatz über seine gesamte Geltungsdauer rechtmäßig ist. Dementsprechend muss ein Beitragssatz, der in einer rückwirkenden Beitragssatzung geregelt ist, methodisch grundsätzlich mit einer Kalkulation untersetzt werden die aus der Perspektive des Rückwirkungszeitpunkts erstellt worden ist (vgl. Urteil des Senats vom 1. Dezember 2005 - 9 A 3.05 -, Juris Rn. 29 m.w.N.; OVG Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2004 - 2 A 168/02 -, S. 26 f. EA). Denn grundsätzlich lässt nur eine solche Kalkulation (und nicht eine Kalkulation auf der Grundlage aktueller Ist-Zahlen) den Schluss zu, dass der Beitragssatz auch im Rückwirkungszeitpunkt rechtmäßig gewesen ist. Eine Ausnahme besteht nur für den Fall, dass eine Kalkulation nach aktuellen Ist-Zahlen zusammen mit den weiteren Umständen des Falles den Schluss zulässt, dass der Beitragssatz auch aus der Perspektive des Rückwirkungszeitpunkts nicht überhöht gewesen sein kann.
Gemessen daran ist es methodisch fehlerhaft gewesen, den in der SWABS 2010 geregelten Beitragssatz auf der Grundlage der Kalkulation vom 27. März 2009 zu beschließen, weil diese hinsichtlich des zu verteilenden Aufwandes auf aktuelle Ist-Werte und nicht auf die Werte aus der Sicht des Rückwirkungszeitpunkts der Satzung (1. Juli 2004) abgestellt hat. Dieser methodische Fehler ist im vorliegenden Verfahren nicht durch Vorlage einer anderen - auf die Sicht des Jahres 2004 abstellenden - Kalkulation korrigiert worden. Insbesondere kann insoweit nicht auf die Kalkulation vom 28. Mai 2004 zurückgegriffen werden. Sie ist in Bezug auf den Rückwirkungszeitpunkt der SWABS 2010 zwar zeitgerecht erstellt worden, ihr liegt indessen noch der - nachfolgend teilweise geänderte - Vollgeschoßmaßstab der SWABS 2002 zugrunde.
Der methodische Fehler der Verwendung von Ist-Werten zur Kalkulation eines rückwirkend geltenden Beitragssatzes schlägt indessen hier ausnahmsweise nicht durch. Denn vorliegend besteht wegen der Mischfinanzierung des Herstellungsaufwands durch Beiträge und Gebühren ein erheblicher „Puffer“ bis zur Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbots. Der in der SWABS 2010 festgelegte Beitragssatz von 4,35 €/m² unterschreitet den im März 2009 als höchstzulässig kalkulierten Beitragssatz (5,21 €/m²) um 0,86 €/m² und damit deutlich. Angesichts dessen besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beitragssatz von 4,35 € bei einer Beitragskalkulation auf der Grundlage der am 1. Juli 2004 möglichen Erkenntnisse und Prognosen als überhöht anzusehen gewesen wäre. Vielmehr weist - immerhin als Indiz brauchbar - die zeitnähere Kalkulation vom 28. Mai 2004 einen sogar etwas höheren maximal zulässigen Beitragssatz aus (5,27 €/m²). Auch die noch früher erstellten Kalkulationen kamen jeweils zu einem höheren maximal zulässigen Beitragssatz als 4,35 € (2002: 5,13 €/m²; 1999: 9,55 DM/m² = 4,88 €/m²).
Die Kalkulation vom 27. März 2009 ist zudem insoweit methodisch fehlerhaft, als sie bei der Ermittlung der Verteilungsflächen noch unberücksichtigt gelassen hat, dass gemäß § 8 Abs. 6 Satz 3, § 19 KAG seit dem 1. Juli 2004 keine Artabschläge mehr erfolgen sollen. Auch dieser methodische Fehler schlägt indessen nicht auf das Ergebnis durch. Denn bei den z.B. noch in § 4 Abs. 4 SWABS 2004 bezeichneten Fällen für einen Artabschlag handelt es sich angesichts des vorgenannten „Puffers“ um nicht ins Gewicht fallende Einzelfälle.
(2) Das Aufwandsüberschreitungsverbot ist nicht deswegen verletzt, weil zu den beitragsfähigen Aufwendungen auch Kosten gezählt worden sind, die sich daraus ergeben haben, dass die Schmutzwasserbeseitigungsanlage technisch so ausgerichtet worden ist, dass sie einen bestimmten "Fremdwassereintrag" verkraften kann, d.h. ein (an sich unbeabsichtigtes) Eindringen von Wasser durch Kontrollschächte, durch undichte Stellen in der Entwässerungsanlage und in den Hausanschlussleitungen und durch illegale Anschlüsse. Insbesondere ist insoweit kalkulatorisch kein Gemeinanteil i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 7, 1. Halbsatz, 1. Alt. KAG anzusetzen und vom beitragsfähigen Aufwand abzuziehen gewesen.
Ein solcher Abzug wäre vorzunehmen, soweit die Investitionsaufwendungen über den Zweck der Anlage zur Abwasserentsorgung hinausgehend einer sonstigen Aufgabe im Interesse der Allgemeinheit dienen und nicht zugleich auch den beitragserheblichen Vorteil mitbegründen würden (vgl. z.B. bei der Trinkwasserversorgung: zusätzliche Hydranten für den Brandschutz). So verhält es sich hier aber nicht. Vielmehr kommen der konstruktive Fremdwasserzuschlag und die dadurch bewirkte etwas größere Auslegung von Anlagenteilen (z.B. der Kanalquerschnitte) den Benutzern der Anlage zugute. Der auf technischen Regelwerken (Arbeitsblatt 118 der Abwassertechnischen Vereinigung - ATV-; BA 27 zu OVG 9 B 7.09) beruhende und in den Planungen für den Wasserverband einberechnete Zuschlag auf den geplanten Abwasseranfall berücksichtigt einen möglichen Fremdwasseranteil "Qf" für z.B. in die Kanäle eindringendes Grundwasser, für Wasser aus Fehlanschlüssen und von Hausdränagen sowie für Regenwasser, das über die Schachtdeckel zufließt. Der Zuschlag von 25 % bei Annahme von Trockenwetter (vgl. u.a. S. 4 des Erläuterungsberichts zur Ortsentwässerung Birkenwerder - Qt -, BA 2 zu OVG 9 B 7.09) und von 100 % bei maximalem Eintrag (S. 12 ff. der BA 3 zu OVG 9 B 7.09), etwa sehr starken Niederschlägen, entspricht dem Vorsorgegedanken. Die Aufnahmefähigkeit für Abwässer und die Funktionssicherheit der Anlage soll auch bei widrigen Umständen möglichst jederzeit gewährleistet sein. Auch in solchen Situationen sollen eine Kapazitätsüberlastung, gegebenenfalls Rückstaus und Grundstücksüberschwemmungen möglichst vermieden werden. Dies dient ebenso wie die Anlage überhaupt den Anlagebenutzern im Verbandsgebiet und gegebenenfalls sonstigen rechtmäßigen Anlagenbenutzern. Insoweit ist insbesondere auch keine Kostenaufteilung wegen nebenbei erfolgender Niederschlagswasserbeseitigung veranlasst. Dass die Anlage Schächte aufweist, bei denen in Kauf genommen wird muss, dass namentlich in Extremsituationen von der normalen Niederschlagsentwässerung nicht gefasstes Niederschlagswasser eindringen kann, ändert nichts an der alleinigen Zweckbestimmung der Anlage und aller ihrer Funktionselemente zur gesicherten Schmutzwasserentsorgung. Hinsichtlich der Art und Weise der Zweckerreichung (hier: Fremdwasserzuschlag) besteht ein Spielraum, zumal eine technisch dichte Lösung zwar auf der einen Seite zu bestimmten Ersparnissen geführt hätte (so etwa durch geringere Rohrdurchmesser), auf der anderen Seite aber mit gewissen Mehraufwendungen verbunden gewesen wäre (so etwa erhöhtem Aufwand für besonders korrosionsbeständige Materialien oder Korrosionsschutz, Aufwand für häufige Druck- und Dichtigkeitsprüfungen, ggf. auch häufigerer Austausch von Teilen).
(3) Das Aufwandsüberschreitungsverbot ist weiter nicht verletzt, soweit Aufwand für Überleitungsnetze in die Beitragskalkulation eingestellt worden ist. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass damit ein in Wahrheit nicht erforderlicher Aufwand umgelegt worden ist.
Die Erforderlichkeit ist insoweit nicht im Sinne einer Beschränkung auf das Notwendigste zu verstehen, sondern markiert lediglich eine äußerste Grenze der Vertretbarkeit. Diese Grenze ist erst überschritten, wenn die von der Gemeinde bzw. dem Verband im Einzelfall gewählte Lösung, sei es die Herstellung einer bestimmten Anlage überhaupt, seien es deren Umfang und Art, „sachlich schlechthin unvertretbar ist“ (so zum Straßenbaubeitragsrecht bereits Beschluss des Senats vom 31. August 2007 - 9 N 148.05 -, Juris Rn. 24; insoweit vergleichbar zu Erschließungsbeiträgen: BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1979 - IV C 28.76 -, BVerwGE 59, 249). Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten. Sie verstoßen erst dann gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit, wenn sie in für den Einrichtungsträger erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen (vgl. zum Gebührenrecht: Beschluss des Senats vom 22. November 2006 - 9 A 75.05 -, Juris Rn. 18 m.w.N.). Unterhalb dieser sich aus dem Äquivalenzprinzip ergebenden Schwelle steht dem Einrichtungsträger bei der Beurteilung der Angemessenheit sowohl der Maßnahme als auch der dafür entstehenden Aufwendungen ein weites Ermessen zu. Insoweit ist am Vorgehen und der Kalkulation des Verbandes nichts zu beanstanden.
Die Lage des Verbandsgebietes ist durch besondere geographische Umstände geprägt; das Verbandsgebiet umgibt weitgehend den Stadtteil Bergfelde der Nachbarstadt Hohen-Neuendorf. Weiter liegt die Kläranlage Schönerlinde nicht nur für den Verband, sondern auch für die Gemeinden Glienicke/Nord und den Berliner Stadtteil Blankenfelde günstig. Wegen dieser geographischen Umstände hat der Verband eine Zusammenarbeit mit Hohen-Neuendorf, Glienicke/Nord und Berlin vereinbart. Dies verkörpert sich im sogenannten Überleitungsnetz. Soweit die Verbandsangehörigen dieses Netz nutzen, steht die Erforderlichkeit außer Frage. Dies umfasst zudem Reservekapazitäten, die für eine vertretbar prognostizierte Zunahme an Einwohnerzahl und Gewerbetrieben im Verbandsgebiet geschaffen worden sind. Auch im Übrigen spricht nichts für Überkapazitäten, für die ein Aufwand zu Unrecht auf die Beitragszahler des Verbandsgebiets umgelegt würde. Mit der gemeinsamen Nutzung ist grundsätzlich eine gemeinsame Kostentragung einher gegangen. Die verbandsfremden Nutzer haben u.a. ausweislich der Anlage 1 zur Beitragskalkulation vom 27. März 2009 Baukostenzuschüsse geleistet und auch sonstige Investitions- und Fördermittel beigetragen. Außerdem entfallen auf sie kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen, wie sich aus der Gebührenkalkulation des Verbandes vom 17. November 2009 erkennen lässt (BA 26 zu OVG 9 B 7.09). Soweit das Überleitungsnetz gleichwohl noch Kapazitäten aufweisen sollte, die einerseits unter keiner vertretbaren Sicht den Anliegern im Verbandsgebiet zu Gute kommen, andererseits aber nicht durch die Beteiligung anderer Gemeinden "ausfinanziert" sind, führt auch dies nicht zu einer Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbotes, sondern ist unerheblich. Denn gemäß § 8 Abs. 4 Satz 7 KAG sind Zuwendungen Dritter, sofern der Zuwendende nichts anderes bestimmt hat, zunächst zur Deckung des ansonsten vom Verband oder der Allgemeinheit zu tragenden Anteils zu verwenden. Nur soweit die Fördermittel darüber hinaus reichen, sind sie auf den übrigen Aufwand anzurechnen. Sollte eine Überdimensionierung vorliegen, für die nicht umlagefähige Kosten angefallen sind, würden daher zunächst diese Kosten durch allgemeine Fördermittel gedeckt. Den Beitragspflichtigen entsteht daraus kein Schaden, da sie von der Konzeption des Kommunalabgabengesetzes her keinen Anspruch auf (öffentliche) Zuschüsse zur Finanzierung ihres Beitragsanteils haben (vgl. Möller, in: Driehaus, KAG, Stand: September 2010, § 8 Rn. 1845 f.). Eine Grenze wäre erst erreicht, wenn auch nach Anrechnung der Fördermittel noch Überkapazitäten blieben, die nicht durch die anderen Gemeinden oder die Fördermittel finanziert worden wären, sondern den Beitragspflichtigen zur Last fielen. Dafür spricht hier nicht ansatzweise etwas. Denn immerhin stehen ausweislich der Kalkulation vom 27. März 2009 insoweit Zuschüsse von insgesamt 14,5 Mio. Euro zur Verfügung (ca. 11,4 Mio. Euro allgemeine Fördermittel, ca. 4 Mio. Euro Leistungen der nicht verbandsangehörigen Gemeinden).
(4) Es ist auch sonst nichts dafür ersichtlich, dass für den maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der SWABS 2010 zum 1. Juli 2004 (oder für einen Zeitpunkt seither) davon ausgegangen werden musste, eine Aufwands(über)deckung sei bereits eingetreten oder werde in Kürze durch die weitere Beitragserhebung eintreten. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten sind weder durch die erwarteten und die bereits erhobenen Beiträge noch durch die erwarteten und bereits erhobenen Beiträge zuzüglich der bereits erhobenen Gebühren gedeckt, geschweige denn überdeckt. Vielmehr weist namentlich die Gebührenkalkulation vom 17. November 2009 (Beiakte 26 zu OVG 9 B 7.09) selbst bis zum Jahr 2010 eingenommene Beiträge von erst knapp 41 Mio. Euro aus, während die Beitragskalkulation vom 27. März 2009 einen umlagefähigen Aufwand von über 50 Mio. Euro errechnete. Auch in der Summe mit den in der Gebührenkalkulation ausgewiesenen kumulierten Abschreibungen und Zinsen war für 2010 noch keine Aufwands- bzw. Kostenüberdeckung zu erwarten; dies gilt danach erst recht für die vorhergehenden Jahre.
cc) Die SWABS 2010 ist auch nicht zu beanstanden, weil die darin vorgesehene Beitragserhebung gegen das sogenannte Verbot der Doppelbelastung verstoßen würde. Dieses Verbot untersagt es, über Beiträge Aufwendungen zu finanzieren, die bereits über erhobene Gebühren finanziert worden sind und umgekehrt. In Bezug auf Letzteres hat das Verbot der Doppelbelastung seinen gesetzlichen Ausdruck darin gefunden, dass bei der Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen, die im Rahmen der Gebührenkalkulation stattfindet, der aus Beiträgen aufgebrachte Eigenkapitalanteil außer Betracht bleibt (§ 6 Abs. 2 Satz 5 KAG). Der Sinn des Verbotes der Doppelbelastung besteht in erster Linie darin sicher zu stellen, dass die Abgabenpflichtigen in ihrer Gesamtheit auch bei einer Zusammenschau von Beitrags- und Gebührenerhebung finanziell nicht mehr zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten beitragen als überhaupt angefallen ist; insoweit verwirklicht das Verbot der Doppelbelastung das Aufwandsüberschreitungsverbot gleichsam "abgabenübergreifend". Dass die SWABS 2010 unter diesem Blickwinkel keine Probleme aufwirft, ist in den vorherigen Ausführungen bereits im Einzelnen dargestellt worden.
Der "gebührenrechtliche Pfeiler" des Verbotes der Doppelbelastung stellt - im Zusammenwirken mit dem Prinzip der Abgabengerechtigkeit - weiter sicher, dass eine gewisse Binnengerechtigkeit innerhalb des Kreises der Gebührenpflichtigen geschaffen wird. Bestehen zwischen einzelnen Gruppen von Gebührenpflichtigen erhebliche Unterschiede, was die Belastung mit Anschlussbeiträgen angeht, so etwa dahin, dass bestimmte Gebührenzahler auch Beitragszahler sind, andere Gebührenzahler indessen nicht, weil die Beitragserhebung im Laufe der Zeit aufgegeben worden ist, so muss dem (wenn nicht die bereits erhobenen Beiträge zurückgezahlt werden), auf der Gebührenseite dadurch Rechnung getragen werden, dass entweder gespaltene Gebührensätze für Beitragszahler und Nichtbeitragszahler vorgesehen werden oder dass die Beitragszahler auf der Gebührenseite anderweitig, nämlich spätestens in Form von Billigkeitsmaßnahmen entlastet werden (vgl. Urteil des Senats vom 6. Juni 2007 - 9 A 77.05 -, Juris Rn. 36 ff.; OVG Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 -, Juris Rn. 37 ff.). Auf diese Weise wird auf der Gebührenseite wenigstens eine gewisse "Gruppengerechtigkeit" geschaffen, und zwar dahin, dass das nur von einigen aufgebrachte Beitragsvolumen nicht allen Gebührenzahlern, sondern nur der Gruppe von Gebührenzahlern zu Gute kommt, die auch Beiträge gezahlt hat. Damit wird vermieden, dass diese Gruppe zu einem Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten doppelt beiträgt, während die andere Gruppe (nämlich die Nichtbeitragszahler) sich an diesem Kostenteil überhaupt nicht beteiligt. Auf der Beitragsseite gibt es insoweit allerdings keine Entsprechung: Während gezahlte Beiträge bei der Gebührenerhebung nicht nur überhaupt, sondern im Grundsatz auch wenigstens "gruppengerecht" in Ansatz gebracht werden müssen, sind gezahlte Gebühren bei der Beitragserhebung nur insgesamt, nicht aber "gruppengerecht" zu berücksichtigen: Aus dem Wesen des Beitrags als einmaliges Entgelt für die bloße Inanspruchnahmemöglichkeit der Anlage folgt ohne weiteres, dass bei der Beitragserhebung nicht danach unterschieden werden muss, ob einzelne Beitragszahler oder bestimmte Gruppen von Beitragszahlern bereits über Gebühren mehr zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten beigetragen haben als andere; derartige Unterschiede sind beitragsrechtlich unerheblich. Auch wird eine Beitragserhebung als solche nicht dadurch rechtswidrig, dass Unterschieden auf der Beitragsebene, die nach dem Zuvorgesagten auf der Gebührenebene wenigstens einen gruppengerechten Ausgleich erfahren müssen, auf der Gebührenebene tatsächlich nicht ausgeglichen werden; dieser Fehler ist ein Fehler der Gebühr und infiziert nicht den Beitrag (in diesem Sinn bereits: Beschluss des Senats vom 20. März 2006 - 9 S 82.05 -, S. 5 f. des EA).
II. In Anwendung der zum 1. Juli 2004 in Kraft getretenen SWABS 2010 ist der Kläger zu Recht durch Bescheid vom 13. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2007 zu einem Anschlussbeitrag in Bezug auf das Flurstück 255 veranlagt worden. Die insoweit wegen § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG notwendige Anschlussmöglichkeit für das Flurstück 255 ist im November 2006 in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begründet worden, als das Flurstück 254 an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossen worden ist.
1. Dass mit dem erfolgten Anschluss des Flurstücks 254 an die Schmutzwasserkanalisation auch ein - durch das Flurstück 254 vermittelter - Anschluss des Flurstücks 255 an die Schmutzwasserkanalisation tatsächlich möglich geworden ist, steht vorliegend außer Frage; eine entsprechende Anschlussleitung für das Flurstück 255 ist zudem nach Erklärung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2011 mittlerweile hergestellt worden.
2. Auch die rechtlich auf Dauer gesicherte Möglichkeit, das Flurstück 255 anzuschließen, besteht seit November 2006.
aa) Zunächst haben ihr keine privatrechtlichen Hindernisse entgegengestanden, auch wenn das Flurstück 255 durch zwei nicht im Eigentum des Klägers stehende Flurstücke (252 und 254) von der Straße getrennt ist, in der der Hauptsammler verläuft.
Das Flurstück 252 sperrt die Anschlussmöglichkeit privatrechtlich nicht, weil auf diesem Flurstück eine Grunddienstbarkeit zugunsten des Flurstücks 254 lastet, und zwar dahingehend, dass das Flurstück 252 dauernd zur Verlegung, Belassung und Unterhaltung von Ver- und Entsorgungsleitungen, insbesondere für Strom, Telekommunikation, Gas, Wasser und Abwasser benutzt werden kann. Diese Grunddienstbarkeit begünstigt mittelbar auch das Flurstück 255. Der konkrete Inhalt einer Grunddienstbarkeit ist auszulegen. Insoweit kann hier dahinstehen, ob ein Abwasserleitungsrecht zugunsten eines Nachbargrundstückes ohne weiteres die Pflicht umfasst, alle Abwässer, die an der Grenze des Nachbargrundstücks zum dienenden Grundstück auflaufen, durchlaufen zu lassen. Denn auch wenn einschränkend die Herkunft der Abwässer für die Vereinbarung der Grunddienstbarkeit maßgeblich war, ist hier - vorausgesetzt, dem Flurstück 255 steht ein gesichertes Leitungsrecht gegenüber dem Flurstück 254 zu - materiell gerade das Flurstück 255 aus der Grunddienstbarkeit berechtigt. Die Eigentümer des Flurstücks 252 könnten nicht einwenden, Abwässer mit Herkunft vom Flurstück 255 dürften nicht über die vom Flurstück 254 kommende Leitung abgeleitet werden. Die Einräumung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten allein für das selbständig offensichtlich nicht nutzbare, insbesondere nicht bebaubare Flurstück 254 wäre von vorn herein und auf Dauer sinnlos gewesen. Originär auf diesem sehr schmalen kleinen Grundstück anfallende Abwässer waren und sind offenkundig nicht zu erwarten. Vielmehr konnte und kann das Flurstück 254 mit dem dort vorhandenen Entsorgungsschacht objektiv eine Funktion nur im Hinblick auf das Flurstück 255 erfüllen. Der Funktionszusammenhang des zudem seit langer Zeit mit einer Laube bebaut gewesenen Flurstücks 255, das seine Zuwegung bzw. Zufahrt über die Flurstücke 254 und 252 nahm und aufgrund seiner Lage im bauplanungsrechtlichen Innenbereich Bauland war, war unverkennbar inhaltsbestimmend für die Grunddienstbarkeit. Die Grundbucheintragung sichert die Dienstbarkeit dauerhaft. Infolge des Grundstückskaufvertrags vom 11. Juni 2001 und der Eintragung der Eigentumsverschaffungsvormerkung für den Kläger betreffend das Flurstück 254 am 22. Oktober 2002 war zugleich hinreichend gewährleistet, dass die Grunddienstbarkeit auch nicht gegen den Willen des Eigentümers des Hinterliegergrundstücks hätte beseitigt werden können.
Gegenüber dem Flurstück 254 besteht für das Flurstück 255 ein dauerhaftes Leitungsrecht nach § 44 des Brandenburgischen Nachbarrechtsgesetzes (BbgNRG). Gemäß § 44 Abs. 1 BbgNRG müssen der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks dulden, dass durch ihr Grundstück der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten des (nach § 2 Abs. 1 BbgNRG angrenzenden) Nachbargrundstücks auf eigene Kosten Versorgungs- und Abwasserleitungen hindurchführen, wenn das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist, der Anschluss an das Versorgungs- und Entwässerungsnetz anders nicht möglich und die damit verbundene Beeinträchtigung nicht erheblich ist. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 BbgNRG beschränkt sich die Pflicht auf das Dulden eines Anschlusses, wenn das betroffene Grundstück bereits angeschlossen ist und die Kapazität der vorhandenen Leitung für einen Anschluss ausreicht. Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Flurstück 255 liegt im Innenbereich, so dass dort ein Bauvorhaben - namentlich die Errichtung eines Wohngebäudes - bauplanungsrechtlich zulässig ist. Der Anschluss an das Entwässerungsnetz ist auch nicht anders möglich als durch Inanspruchnahme eines Nachbargrundstücks. Für das Flurstück 254 ist die Beeinträchtigung auch nicht erheblich, sondern sie ist offenkundig bereits einvernehmlich geplant und vorbereitet. Dabei kommt es vorliegend auch nicht auf die östlichen Nachbarflurstücke 256 und 257 in Richtung auf die Mühlenbecker Straße an. Denn wenn das verbindungslose Grundstück derart in hinterer Reihe liegt, dass in vorderer Reihe mehrere Grundstücke liegen, hat der Berechtigte das Grundstück in Anspruch zu nehmen, das unter Berücksichtigung seiner Bedürfnisse am wenigsten beeinträchtigt wird (vgl. Postier, Das Nachbarrecht in Brandenburg, 4. Aufl., § 44 BbgNRG, Nr. 1.3.2). Das sind hier die ohne weiteres technisch und räumlich, teilweise auch schon rechtlich aufnahmebereiten Flurstücke 254 und 252, die - anders als die dicht bebauten Flurstücke 256 und 257 nicht erst ihre eigenständigen Nutzungsinteressen mit den Erfordernissen des klägerischen Grundstücks in Übereinstimmung bringen müssten.
bb) Auch gegenüber dem Zweckverband besteht die rechtliche Anschlussmöglichkeit für das Flurstück 255, und zwar seit November 2006.
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der Schmutzwasserbeseitigungssatzung vom 20. Juni 2002 (SWBesS) erstreckt sich das Anschlussrecht nur auf solche Grundstücke, die durch eine Straße (Weg, Platz) erschlossen sind, in der eine betriebsfertige und aufnahmefähige öffentliche Schmutzwasserleitung vorhanden ist. Dazu muss die öffentliche Schmutzwasserleitung in unmittelbarer Nähe des Grundstücks oder auf dem Grundstück verlaufen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SWBesS). Das trifft auf Hinterliegergrundstücke nicht zu. Bei anderen Grundstücken kann der Verband auf Antrag den Anschluss zulassen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 SWBesS); ein solcher Vorbehalt des Verbandes, eine Ermessensentscheidung zu treffen, steht im Allgemeinen einem gesicherten Anschlussrecht nicht gleich. Anders verhält es sich jedoch, wenn das Ermessen des Verbandes offenkundig nur in der Weise ausgeübt werden kann, den Anschluss zu gewähren. Die gesicherte Anschlussmöglichkeit besteht danach, wenn es nur noch vom Willen des Eigentümers des Hinterliegergrundstücks abhängt, ob und wann er den Anschluss realisiert (vgl. OVG NW, Urteil vom 20. März 2007 - 15 A 4728/04 -, Juris Rn. 23 f. m.w.N.; Dietzel in Driehaus, KAG, § 8 Rn. 544 m.w.N.).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Nach den vorliegenden tatsächlichen und rechtlichen Umständen gibt es seit November 2006 keinerlei Ansatz für den Verband, einen Anschluss des Flurstücks 255 im Fall eines Antrags des Klägers verweigern zu wollen oder zu können, nachdem privatrechtlich gegenüber den Grundstücksnachbarn ein gesichertes Anschlussrecht geschaffen worden ist und der Verband im November 2006 bereits das erste Hinterliegergrundstück - das Flurstück 254 - tatsächlich anschließen ließ. Ein Verband kann zwar insbesondere aus Gründen der Kapazität der jeweiligen Rohrleitungen ein Interesse daran haben, den Kreis der lokal anschlussberechtigten Grundstücke mit seinen Planungen in Übereinstimmung zu halten; eine unvorhergesehene Zahl von Hinterliegern - etwa aus dritter, vierter oder noch fernerer Reihe, oder aus ungewöhnlich großer Entfernung - soll nicht ungeprüft bzw. gegen den Willen des Verbandes einen Anschluss herstellen dürfen. So verhält es sich hier aber offenkundig nicht. Vielmehr gehört das klägerische Flurstück nach Lage und Tiefe offensichtlich zu dem Kreis der Grundstücke, für die mit der Kanalisation in der Schönfließer Straße die Anschlussmöglichkeit geschaffen werden sollte. Die letzte verbliebene Ungewissheit hat der Verband im Jahr 2006 dadurch ausgeräumt, dass er dem Kläger den Anschluss des Flurstücks 254 gestattete, wobei bereits die alleinige Zweckdienlichkeit für das Flurstück 255 unverkennbar war. Insoweit ist für den dauerhaften Entsorgungsanspruch die innere Bindung des Beklagten an das beschlossene Regelwerk und die Verpflichtung der Verwaltung zu seiner gleichmäßigen Anwendung aus Art. 3 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG ausreichend (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 -, Juris Rn. 34 m.w.N.).
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.