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Borrelien/Infektion - Zecke - Lyme-Borreliose - Tierärztin - Übertragung durch Hund


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 2. Senat für Rehabilitierungssachen Entscheidungsdatum 27.11.2014
Aktenzeichen L 2 U 131/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Nr 3102 BKV

Leitsatz

Da der Kausalitätsbetrachtung der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde zu legen ist, fehlt für die Anerkennung einer Borreliose durch den Übertragungsweg Hund-Mensch derzeit die medizinische Grundlage, weil trotz intensiver Forschung die wissenschaftliche Basis für die Diagnostik und Therapie der Borreliose mangels evidenzbasierter Studien unzreichend ist.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozial-gerichts Berlin vom 25. März 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Verletztengeld wegen der Folgen einer als Berufskrankheit (BK) Nr. 3102 (von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten) anerkannten Borreliose-Infektion.

Die 1957 geborene Klägerin war nach einer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin für die F Universität B von 1985 bis 1990 zunächst von August 1991 bis Juni 1992 als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung der Firma H B GmbH & Co. tätig. Seitdem arbeitet sie als selbständige Tierärztin, nach eigenen Angaben gegenüber dem im Berufungsverfahren gehörten Gutachter Dr. B seit 2005 mit einem auf 50 % reduzierten Arbeitsvolumen.

Im März 1998 zeigte der Facharzt für Allgemein- und Unfallchirurgie Dr. S, Durchgangsarzt und Chefarzt der Abteilung für Unfallchirurgie im B-Krankenhaus B, gegenüber der Beklagten den Verdacht auf das Bestehen einer BK an. In der Folge übersandte Dr. S noch anlässlich der Akutbehandlung erhobene Laborbefunde aus März 1998.

Die Klägerin gab auf Befragen an, dass die Krankheit erstmals im Herbst 1997 in Erscheinung getreten sei. Ihr seien im Laufe der Jahre 1992 bis 1998 zirka 100 Hunde vorgestellt worden, bei denen die klinische Diagnose „akute Borreliose“ gestellt worden sei, die labordiagnostisch bei über 40 Tieren bestätigt worden sei. Kontakt zu offensichtlich infektiösem Blut sei also reichlich vorhanden gewesen, in gewissem Umfang auch zu Harn. Verschiedentlich habe sie sich auch gestochen. Manche Tiere seien auch operiert worden. In der Folge übermittelte die Klägerin noch eine konkretere Patientenliste. Ausweislich einer Gesprächs-Notiz der Beklagten vom 5. August 1999 über ein Telefonat mit der Klägerin gab diese hier an, einen Zeckenbiss nie gehabt zu haben.

Die AOK B bestätigte der Beklagten auf Anfrage im Mai 1998, dass seit Beginn der Mitgliedschaft am 1. Januar 1987 keine Krankheiten vorgelegen hätten. Die H Krankenversicherung bestätigte ebenfalls, dass vom 1. April 1987 bis 31. August 1995 eine Krankheitskostenvollversicherung bestanden habe, außer Behandlungen wegen Erkältungskrankheiten seien keine Behandlungen wegen Infektionen bekannt. Der behandelnde Arzt für Inneres und Allgemeinmedizin Dr. H führte mit Befundbericht vom 13. Juli 1998 aus, dass erste Beschwerden der Klägerin in den Monaten Februar bis April 1997 geäußert worden seien. Bei polyvalentem Krankheitsbild sei zunächst eine Ursache im orthopädischen Segment vermutet worden. Eine differenzierte Diagnose mit Verdacht auf Borreliose sei im September 1997 gestellt worden. Er stellte die Diagnose Lyme-Borreliose Stadium II - III. Immunologische Untersuchungen aufgrund eines Erstverdachtes in Richtung Multipler Sklerose hätten zu keinem Ergebnis geführt. Beigefügt waren verschiedene laborärztliche Befunde (Probeneingang September 1997, Befundausgang Juni 1998).

Dr. K, C, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, teilte auf Befragen mit Schreiben vom 9. Februar 1999 mit, zirka 1995 bzw. 1996 im Rahmen einer klinischen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit der Klägerin verschiedene Proben von Hunden untersucht zu haben. Bei etwa fünf Hunden habe man Borrelia Burgdorferi-DNA nachweisen können, was zwar ein Hinweis auf eine Infektion mit dem Erreger sei, aber nicht die Anwesenheit lebender Bakterien beweise. Somit könne er nicht zu der Frage Stellung nahmen, ob PCR-positive Tiere eine Infektionsquelle dargestellt hätten.

Die Beklagte holte ein Gutachten des Dr. F, Krankenhaus P, vom 10. September 1999 ein, der nach Aktenlage zu dem Ergebnis kam, dass von einer Borrelien-assoziierten Erkrankung (hier Neuroborreliose) ausgegangen werden könne, eine stationäre Diagnostik bzw. Lumbalpunktion sei allerdings nicht erfolgt. Die Expositionsmöglichkeit durch Kontakt mit Tierblut über Handverletzungen des Tierarztes sei mit dem derzeitigen Wissensstand nicht ausreichend sicher bewiesen. Kasuistisch sei zwar über eine Lyme-Borreliose nach Vollbluttransfusion berichtet worden, hier seien aber große Blutvolumina übertragen worden, was somit nicht vergleichbar sei zu Nadelstichverletzungen bzw. Transmissionen über Hautläsionen; über Letzteres sei ihm keine entsprechende Literaturstelle bekannt. Vorstellbar sei noch die Möglichkeit einer Borrelien-Infektion des Tierarztes im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit durch Zecken oder Vorstadien, die vom Tier zu ihm überwechselten. Insgesamt seien die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Transmissionsrisiko eines Tierarztes in städtischer Haustierpraxis unzureichend, empirische Daten seien ihm nicht bekannt. Ein überdurchschnittliches Infektionsrisiko sei nicht belegbar. Die Anerkennung einer BK werde nicht empfohlen.

Nachdem der angehörte Gewerbearzt Dr. S, Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Technische Sicherheit Berlin, der beabsichtigten Ablehnung einer BK nicht zugestimmt und weitere Ermittlungen empfohlen hatte, holte die Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme des Dr. S, Fachtierarzt für Mikrobiologie, Bundesinstitut für Gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin BGVV, vom 14. März 2000 ein, der ausführte, dass eine Infektion des Menschen mit Borrelien durch Kontakt zu mit Borrelien infizierten Tieren möglich sei, die Übertragung der Borrelien auf den Menschen könne durch Harn oder Blut erfolgen durch kleinste Hautverletzungen oder über die Schleimhäute. Auch bei Einhaltung der beruflichen Sorgfaltspflicht könne dieser Infektionsweg nicht immer ausgeschlossen werden. Eine berufsbedingte Infektion werde nach Aktenstudium daher für wahrscheinlich gehalten. Auf Rückfrage teilte Dr. S mit Schreiben vom 19. April 2000 mit, seine Ausführungen nach einem Literaturstudium nicht durch medizinische Studien oder Angaben in der entsprechenden Fachliteratur untermauern zu können.

Die Beklagte holte sodann ein Gutachten des Facharztes für Mikrobiologie und Innere Medizin Prof. Dr. T vom 4. Juli 2000 ein, der ausführte, dass eine Übertragung der Erkrankung durch Borrelia Burgdorferi durch direkten Kontakt, z. B. über Blut oder Harn erkrankter Hunde, im weltweiten Schrifttum seines Wissens nie beschrieben worden sei. Wenn ein solcher Weg tatsächlich relevant wäre und man die große Zahl von Hunden im engen Kontakt zu Menschen, nicht nur zu Tierärzten, berücksichtige, hätte es während der letzten 25 Jahre, also seit Kenntnis des Krankheitsbildes Lyme disease, unbedingt Beobachtungen über eine direkte, also mittels Blut oder Urin infizierter Tiere stattgehabte Übertragung, geben müssen. Eine positive PCR im Blut oder Urin erkrankter Tiere besage auch nichts über die jeweilige Infektiosität. Die Übertragung der Erkrankung erfolge grundsätzlich durch Zeckenbiss bei einer Inkubationszeit von drei bis 32 Tagen. Dabei müsse die Zecke 24 bis 48 Stunden an der Bissstelle verbleiben, ehe es zur Infektion komme. Auch bei gesichertem Zeckenbiss betrage die Infektionsrate nur 1,2 %. Grundsätzlich müsse zwar immer auch ein unbemerkter Zeckenbiss diskutiert werden. Es sei allerdings schwer vorstellbar, dass Zecken nach Beginn einer Blutmahlzeit am Hund, also in gesättigtem Zustand, einen Wirtswechsel vornähmen; üblicherweise würden im Freien hungrige Zecken akquiriert. Eine beruflich bedingte Borreliose-Infektion sei im vorliegenden Falle daher abzulehnen.

Auch seien gegenüber der Diagnose bei der Klägerin einige Vorbehalte anzubringen. Die Diagnose Borreliose setze in erster Linie charakteristische Krankheitszeichen voraus. Ein Erythema migrans hätte die Diagnose gestützt, auch wenn es bei einem Viertel der Patienten vermisst werde. Abgeschlagenheit, Müdigkeit und multiple Gelenkbeschwerden allein rechtfertigten eine solche Diagnose nicht. Fieber, Schüttelfrost und regionale Lymphadenopathie würden vermisst. Vorliegend sei die Diagnose Borreliose offenbar aufgrund serologischer Befunde gestellt worden. Laborbefunde, die eine Entzündungskonstellation belegen könnten (BSR, Leukozyten, Linksverschiebung, Infektanämie, C-reaktives Protein), seien jedoch prätherapeutisch durchweg nicht vorhanden; es fänden sich vielmehr diesbezüglich Normalbefunde. Während einer Erkrankung bei einem Verlauf von länger als einem Monat entstünden in der Regel IgM- und IgG-Antikörper. Bei einer Erkrankung mit einem Verlauf von länger als einem Monat gelte ein isoliert positiver IgM-Test als ein höchstwahrscheinlich falsch positiver Befund. Diese Deutung werde bekräftigt, wenn vier Wochen später gar keine Antikörper, also weder IgM noch IgG, nachweisbar seien. Vorliegend seien in der Probe vom 22. September 1997 Borrelia-IgM als positiv genannt worden, wobei auffällig sei, dass der Borrelien-IgG-Blot negativ gewesen sei. In einer zweiten Serumprobe, offenbar vom 13. Oktober 1997, seien sowohl Borrelia-IgM als auch Borrelia-IgG negativ. Er gehe deshalb von einer Fehldiagnose aus. Die gegenteilige Meinung der Dr. S und Dr. S sei menschlich verständlich, aber wissenschaftlich nicht zu belegen, was Dr. S nach Durchsicht der Literatur auch entsprechend eingeräumt habe.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2000 teilte die Ärztin im Landesarbeitsamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Technische Sicherheit B T mit, die Anerkennung einer BK Nr. 3102 nicht vorzuschlagen.

Mit Bescheid vom 8. August 2000 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer BK Nr. 3102 zunächst ab. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie ausführte, dass Prof. Dr. T für die Gutachtenerstellung in keiner Weise qualifiziert gewesen sei und das Gutachten nicht im mindesten wissenschaftlichen Anforderungen entspreche. Der Infektionsweg über Zecken sei unbestritten, über andere Infektionswege sei in der Tat noch nicht sehr viel bekannt, es spiele aber eigentlich keine Rolle, ob im Schrifttum ein solcher Infektionsweg beschrieben sei, irgendwann sei immer das erste Mal.

Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Prof. Dr. R, Klinikum N, vom 5. Juni 2001 ein. Dieser führte aus, die Diagnose laute Borreliose im Stadium II bis III 1997, Zustand nach Antibiotikatherapie. Das klinische Bild sei unspezifisch, enthalte jedoch eine Reihe von Symptomen, die im Rahmen einer Borreliose im Stadium II und III auftreten könnten. Das Fehlen des typischen Hautbefundes Erythema migrans spreche nicht gegen die Borreliose. Der serologische Befund stütze das Krankheitsbild der Borreliose eindeutig. Die Klägerin habe eine Befundablichtung von PCR-Bestimmungen vorgelegt, die für den 5. Februar 1998 (Probe von Ende 1997 und für Februar 1998) in ihrem Blut Positivität für Borrelien nachweise. Details seien bei der Klägerin zu erfragen, sie habe im Rahmen der genannten wissenschaftlichen Arbeit ihr eigenes Blut zusammen mit veterinärmedizinischem Untersuchungsmaterial analysieren lassen. Die Diskrepanzen im Ablauf, die in den Akten verzeichnet seien mit der unterschiedlichen Nachweisbarkeit von IgG-Antikörpern, seien als serologisches Problem dieser Erkrankung bekannt. Nach durchgeführter antibiotischer Behandlung 1998 seien gegenwärtig keine objektivierbaren krankhaften körperlichen Befunde erhebbar.

Die Möglichkeit einer Infektion des Menschen mit Borrelien durch Kontakt zu mit Borrelien infizierten Tieren sei grundsätzlich zu bejahen, auch wenn das wissenschaftliche Material dazu dürftig sei. Die gültige medizinische Lehrmeinung gehe von der Übertragung der Borrelien durch einheimische Zecken aus. Der direkte Übertragungsweg der Bakterien vom Tier (Hund) auf den Menschen werde in den Lehrbüchern nicht erwähnt. Es gebe in der wissenschaftlichen Literatur jedoch eine Reihe von Hinweisen auf den direkten Ansteckungsweg unter Vermeidung des Zwischenwirtes „Zecke“ von Tier zu Tier. Aus der Humanmedizin sei ferner der Fall einer Übertragung der Borreliose durch eine Bluttransfusion bekannt. Diese spärlichen Hinweise belegten jedoch, dass es offensichtlich eine Übertragung von Borrelien von Tier zu Tier ohne Zwischenschaltung der Zecke gebe. Es gäbe keine systematischen Untersuchungen zur Übertragung von Borrelien vom Tier auf den Menschen. Dieser Weg sei jedoch deshalb nicht abzulehnen. Die wissenschaftliche Prüfung dieses Weges lasse sich in Form prospektiver Studien verständlicherweise nicht durchführen, empirische Untersuchungen dazu gebe es erstaunlicherweise nicht, jedenfalls habe er keine gefunden. Als möglich erscheine der direkte Übertragungsweg jedoch durchaus. Vom Vorliegen einer beruflich bedingten Infektion sei deshalb vorliegend auszugehen. Für den Zeitraum des eigenen Krankheitsbeginns der Klägerin, also etwa ab Ende 1996/Anfang 1997, sei eine Reihe von Hunden nachweisbar, bei denen der klinische Befund für eine Borreliose gesprochen habe und die nach infektionsmedizinischen Grundsätzen damit als infektiös gelten mussten. Die Klägerin habe die Ergebnisse ihrer Arbeit in einer wissenschaftlichen Untersuchung unter dem Titel „Die kanine Borreliose - das klinische Bild“ in der Zeitschrift „Tierärztliche Praxis 2000“, Seite 156 ff., dargelegt; dort seien auch weitere Hinweise auf die einzelnen tierärztlichen Befunde nachzulesen.

Beigefügt waren handschriftliche Aufzeichnungen, die weder den Absender noch den Adressaten, sondern lediglich den Fax-Absender „BGVV B M.“ erkennen lassen. Ausgeführt ist u. a.: „Hier wie versprochen die Ergebnisse der PCR“ mit dem Vermerk für den 5. Februar 1998 „Vollblut, B - stark positiv!“, handschriftlich ergänzt mit anderer Farbe durch „genommen 11/97“ sowie weiter: „weitere Probe vom Februar 98 (Ende Februar)“, „Vollblut, B - positiv“.

Mit Rückäußerung vom 13. Januar 2002 wiederholte Prof. Dr. R, dass die Erkrankung der Klägerin an Borreliose durch den direkten Nachweis von Keimen im Blut bewiesen sei, hinsichtlich des Übertragungsweges könne er nur Indizien erwähnen, es gäbe dazu keine systematischen Untersuchungen. Mit Rückäußerung vom 10. März 2002 teilte er weiter mit, dass der Krankheitsbeginn anamnestisch für Frühjahr 1997 festzusetzen sei, bewiesen sei die Erkrankung mit dem Datum des Krankheitserregernachweises im Blut (PCR) aufgrund der im Herbst 1997 abgenommenen Blutprobe; den klinischen Krankheitsbeginn würde er allerdings vor die im Juni 1997 erfolgte neurologische Untersuchung einordnen, da es sich um eine Borreliose im Stadium II gehandelt habe, er schlage insoweit den 1. Mai 1997 vor.

Die Beklagte tätigte eine telefonische Anfrage bei Dr. G, Klinikum E, Infektiologie, der am 23. Januar 2002 mitteilte, dass die Übertragung von Tier auf Mensch ohne Zecke nicht möglich sei, zumindest sei darüber keine Literatur bekannt. Der ferner befragte Arzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Dr. T teilte am selben Tag ebenfalls mit, dass er eine Übertragung vom Hund auf den Menschen nicht für wahrscheinlich halte. Das Bakterium selbst sei im Blut, z. B. von Hunden, nur in so geringen Konzentrationen vorhanden, dass eine Infektion über das Blut unwahrscheinlich sei. Auch eine Nadelstichverletzung reiche für die Infektion nicht aus.

Der behandelnde Arzt Dr. H teilte mit Schreiben vom 25. Februar 2002 unter Bezugnahme auf seinen unter dem 13. Juli 1998 erstellten Befundbericht mit, dass die Klinik der Klägerin bereits länger bestanden habe und nur eine Diagnostik in Richtung Borreliose nicht erfolgt sei und dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Borreliose der Klägerin in die Jahre 1988 bis 1990 zurückzuverfolgen sei. Auf Nachfrage konkretisierte Dr. H mit Schreiben vom 11. März 2002, dass die Klägerin in zahlreichen Gesprächen der Jahre 1988 bis 1990 Gelenkbeschwerden und andere Symptome wie Kopfschmerzen, Schwellungen, Muskelschmerzen und Schwankungen in der Befindlichkeit geäußert habe, die bei oberflächlicher Betrachtung einer psychosomatischen Erkrankung zuzuordnen gewesen seien, aber bei heutigem Kenntnisstand auf jeden Fall an eine Borreliose denken ließen. In den Jahren 1988 bis 1990 sei die Erkrankung Borreliose jedoch noch nicht hinreichend bekannt gewesen. Aus heutigem Wissen würde er rückwirkend gesehen im Jahre 1988 eine erste Diagnostik veranlassen. Da dies nicht geschehen sei, könne er hier nur von einer gewissen Wahrscheinlichkeit ausgehen. Beweisbar sei dies nicht.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2002 erkannte die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 8. August 2000 gegenüber der Klägerin „Ihre Borreliose“ als BK Nr. 3102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) an. Weiter ist in dem Bescheid ausgeführt:

„Folgen Ihrer Berufskrankheit sind:
Ohne objektivierbar krankhafte körperliche Befunde ausgeheilte Borreliose“,

Tag des Versicherungsfalls sei der 1. Mai 1997. Man übernehme die Kosten der Heilbehandlung ab diesem Tag.

Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Im März 2003 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und machte auf eine Verschlechterung ihres Zustandes aufmerksam. Es erfolgten Untersuchungen und Behandlungen u. a. durch das B-Krankenhaus. Im März 2004 berichtete der behandelnde Dr. S, dass bei ihm aktuell geklagte Beschwerden den Verdacht auf einen Schub der bekannten Borreliose-Erkrankung nahelegten. Mit weiterem Schreiben vom 17. Mai 2004 führte er aus, dass in den letzten beiden Behandlungsjahren mit langsam zunehmender Tendenz fünf Erkrankungsschübe aufgetreten seien, die er jeweils mit einer Infusionstherapie mit Rocephin behandelt habe. Die Symptomatik sei intensiver, Restsymptome seien verstärkt verblieben.

Die Beklagte zahlte bis Ende 2004 für diverse Zeiträume Verletztengeld und holte ein weiteres Gutachten ein, welches auf Wunsch der Klägerin erneut durch Prof. Dr. R erstattet wurde, und zwar am 23. Januar 2005. Er stellte die Diagnose Borreliose im Stadium II bis III mit schubweisem Verlauf, zurzeit keine Aktivität, Antigensupression nach Antibiotikatherapie und zurückliegende EBV (Epstein-Barr-Virus)-Infektion und wies darauf hin, abweichend von der Formulierung im Bescheid der Beklagten aus Juni 2002 in seinem Gutachten vom 5. Juni 2001 nicht von einer ausgeheilten Borreliose, sondern von einer Borreliose im Stadium II bis III ohne gegenwärtige wesentliche klinische Symptomatik gesprochen und eine Nachuntersuchung empfohlen zu haben. Die Diagnose der Borreliose ohne Ausheilung sei 2002 nochmals durch den typischen Bandennachweis für die Antigene Osp A und Osp B bestätigt worden, die insbesondere eine serologische Überlappung im IgM-Bereich bei gleichzeitiger älterer EBV-Infektion als Ursache des positiven Westernblots ausschließe. Die 2002 von der Klägerin selbständig veranlasste serologische Verlaufskontrolle im Klinikum in N habe die Persistenz der Infektion belegt. Der bis jetzt bekannte Gesamtverlauf der Erkrankung sei typisch für eine fortgeschrittene Borrelien-Infektion. Die Dominanz von Schmerzen im Bereich der Muskulatur und Gelenke, aber auch das Auftreten von Parästhesien und zunehmend von Sehstörungen passten klinisch in dieses Bild. Es liege ein chronischer Krankheitsprozess mit unterschiedlichen Aktivitätsphasen vor. Die schubweise stärker und geringer ausgeprägte klinische Symptomatik könne nach heutigem Wissen durch eine unterschiedliche Antigenquantität erklärt werden. Nach Antibiotikatherapie nehme das Antigen ab, ohne dass Borrelia Burgdorferi aus dem Körper völlig eliminiert werden könnten. In solchen Phasen könne die Serologie sogar (falsch) negativ sein. Zurzeit scheine eine Phase geringer Krankheitsaktivität vorzuliegen, sowohl klinisch als auch serologisch. Die Klägerin sei jedoch auch jetzt nicht beschwerdefrei und ihrem Befinden chronisch beeinträchtigt. Völlig beschwerdefrei sei die Klägerin nie. Die klinischen Beschwerden seien wechselnd stark ausgeprägte Myalgien, Arthralgien, Parästhesien, Sehstörungen und schwer einzuordnende Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit wie Sprache, Konzentration und anderes. Es liege somit klinisch jetzt eine chronische Krankheitssymptomatik vor. Betont werden müsse die Notwendigkeit einer gründlichen neurologischen Diagnostik.

Die Beklagte holte daraufhin ein neurologisches Gutachten des Prof. Dr. M vom 11. April 2005 ein, der ausführte, dass es aufgrund der vorliegenden Informationen nicht wahrscheinlich sei, dass Folgen einer Borreliose am Nervensystem vorlägen. Dies schließe eine derartige nervale Beteiligung aber nicht definitiv aus. Er empfahl ein elektrophysiologisches Zusatzgutachten mit Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeiten und der SEP sowie VEP sowie eine Lumbalpunktion, vorzugsweise zu einem Zeitpunkt, zu dem Beschwerden vorlägen, wie sie die Klägerin als Exazerbation bezeichne. Eine valide Beantwortung der Beweisfragen sei erst nach Kenntnis dieser Befunde möglich. Völlig unverständlich sei für ihn jedoch die Schlussfolgerung des Prof. Dr. R in seinem Gutachten aus Januar 2005, in dem er trotz völlig regelrechtem Befund und negativer Borrelien-Serologie zu der Schlussfolgerung komme, dass jetzt erwerbstätigkeitsmindernde Folgen einer Borreliose vorlägen. Es verwundere außerordentlich, dass auf der Hand liegende differenzialdiagnostische Abwägungen gegenüber einer somatoformen Störung oder auch einer Depression niemals vorgenommen worden seien. Eine Beteiligung des Nervensystems sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkennbar. Fassbare neurologische Ausfälle lägen nicht vor.

In der Folgezeit übersandte Dr. S die Ergebnisse aktueller Laboruntersuchungen aus April und Juni 2005 und bat, ihn von der Behandlung freizustellen.

Die Beklagte holte ferner zu dem Gutachten des Prof. Dr. M eine Rückäußerung des Prof. Dr. R vom 12. Juli 2005 ein. Dieser führte aus, mit der Empfehlung der neurologischen Begutachtung die Objektivierung und ggf. differenzialdiagnostische Abgrenzung der Beschwerden der Klägerin intendiert gehabt zu haben. 2004 sei die Serologie hinsichtlich des IgM-Nachweises zweimal positiv, nach Antibiotikatherapie im Dezember 2004 negativ gewesen. Die Problematik der Abgrenzung zu somatoformen oder depressiven Symptomen sei zweifellos offen und gerade diese Frage hätte Prof. Dr. M ja beantworten sollen. Aus Sicht des Internisten bleibe gegenwärtig eine chronische Beeinträchtigung der Klägerin im Raum stehen, die ihre Leistungsfähigkeit körperlich und geistig herabsetze. Da ein Zusammenhang mit der als BK anerkannten Borreliose „durchaus möglich“ sei, sei irgendwann auch eine gutachterliche Quantifizierung notwendig. Sollte sich ein Zusammenhang mit der Neuroborreliose im nächsten „Schub“ sicher ausschließen lassen, könne hier durchaus eine Korrektur erfolgen.

Die Beklagte befragte erneut Prof. Dr. T, der mit Schreiben vom 9. Oktober 2005 mitteilte, auch nach nochmaliger gründlicher Durchsicht der Akten beim besten Willen nur die bereits in seiner gutachterlichen Stellungnahme dargelegten Fakten nennen zu können, die eine Borreliose-Infektion, unabhängig ob beruflich oder nicht beruflich erworben, ausschließen würden. Der gesamte weitere Verlauf hinsichtlich Klinik und Serologie bestätige die Aussage seines Gutachtens aus Juli 2000. Eine borreliosebedingte Erwerbsminderung bestehe bei der Klägerin nicht. Soweit Prof. Dr. R in seinem Gutachten aus Juni 2001 von der Annahme ausgehe, dass eine PCR aus Blut die Borreliose bewiese und jeden Irrtum ausschließen würde, sei das Gutachten fachlich nicht haltbar. In einer gutachterlichen Stellungnahme, ebenfalls vom 9. Oktober 2005, führte er weiter aus, dass bei einer chronischen Borreliose, wie sie Prof. Dr. R angenommen habe, das IgG erhöht sein müsste, dies sei in den acht Jahren niemals der Fall gewesen. Es kämen allenfalls gelegentlich positive IgM-Befunde vor, wie sie diagnosestützend nur in der Akutphase, z. B. in den ersten vier Wochen der Borreliose-Infektion, aufträten. Spätere isolierte IgM-Befunde schlössen eine Borreliose-Infektion praktisch aus. Solche schwach-positiven IgM-Befunde würden mit Recht als unspezifisch gewertet und rechtfertigten keine Borreliose-Diagnose. Dies habe er in seinem Gutachten aus 2000 auch bereits ausdrücklich so formuliert. Die von ihm zitierte Literaturangabe sei keine Einzelpublikation, sondern stelle immerhin eine Art Handbuchartikel im weltweit akzeptierten Standardwerk der Infektiologie von Mandell, Bennett und Dolin dar. Die PCR bedürfe nach Maiwald (Lyme-Borreliose - ein neues „Chamäleon“ unter den Infektionskrankheiten, BIOform 16, 1993) noch einer Evaluierung vor dem Einsatz als diagnostische Routinemethode. Auch in den vergangenen zwölf Jahren habe sich hier keine Änderung ergeben. Keines der an der Diagnostik beteiligten renommierten Institute habe einen PCR-Befund erhoben. Spezialisierte Institutionen setzten die PCR heute zum Antigennachweis in Gelenkpunktaten ein. Eine Bedeutung der PCR für den Nachweis von Borreliose Burgdorferi-DNA im Blut oder Urin sei bislang nicht vorhanden. Prof. Dr. R habe nicht zwischen etablierten und nicht etablierten Indikationen für die PCR unterschieden, damit würden seine Gutachten sämtlich fachlich entwertet. Zudem seien seine Interpretationen der Routineserologie falsch. Wer einen isolierten schwachen IgM-Nachweis als Beweis einer Borreliose werte, unterstreiche seine fehlende Erfahrung. Ein weiterer Beweis für die Nichtexistenz einer beruflich akquirierten Borreliose seien das Fehlen von Entzündungsparametern im gesamten Krankheitsverlauf und das Nichtansprechen auf die Rocephin-Therapie. Der serologische und klinische Ausschluss einer Borreliose durch Borreliose Burgdorferi sei zweifelsfrei gelungen.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2005 wies Prof. Dr. T ergänzend auf eine Publikation des Prof. Dr. Egle, Mainz („Chronische Borreliose? - Nein, psychosomatisch krank!“), sowie der Prof. Dr. W hin, die deutschlandweit die besten Erfahrungen mit der PCR zum Borreliose-Nachweis habe, empfohlenes Untersuchungsmaterial seien Hautbiopsien, Liiquor cerebrospinalis und Synovialflüssigkeit, als ungeeignet angesehen und nicht empfohlen würden Antigennachweise in Körperflüssigkeiten, wozu auch Blut bzw. Serum gehörten.

Dr. T teilte auf Befragen durch die Beklagte mit Schreiben vom 2. Januar 2006 mit, dass die Fragen der Beklagten schwierig zu beantworten seien. Eine Borrelien-Infektion sei a priori zum damaligen Zeitpunkt aus seiner Sicht nicht sicher auszuschließen. Auch wenn die PCR mit einigen Tücken behaftet sei, so sei sie doch in renommierten Einrichtungen durchgeführt worden. Ob allerdings der direkte Kontakt mit dem Blut der mit Borrelien infizierten Hunde zu der Infektion geführt haben könnte, wage er anzuzweifeln. Eher wäre wahrscheinlich, dass ein direkter Zeckenkontakt durch eine noch im Fell eines dieser Hunde befindliche Zecke zur Infektion geführt haben könnte. Ob die geschilderten späteren Symptome der damaligen Borrelien-Infektion zuzuordnen seien, sei zu klären.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2006 teilte die Klägerin Krankschreibungen aus dem Jahre 2005 zur Begleichung der Ausfallzeiten mit (22. Juli bis 7. August, 22. September bis 6. Oktober und 10. Oktober bis 13. November 2005). Beigefügt waren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. S für die Zeiträume 27. Juli bis 7. August, 22. September bis 6. Oktober und 20. Oktober bis 13. November 2005. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden für die Zeiten vom 12. Januar bis 29. Januar 2006, vom 8. Mai bis 11. Juni 2006, und vom 14. August bis 25. September 2006 beigebracht.

Die Beklagte holte sodann ein Gutachten der Prof. Dr. B/Dr. C, Universitätsklinikum H, Zentrum für Innere Medizin, vom 13. Oktober 2006 ein. Diese führten aus, dass die Übertragung der Borreliose in aller Regel durch Zecken erfolge. Die Diagnose einer Borreliose sei in erster Linie klinisch zu stellen. Die Sicherung der Diagnose einer Neuroborreliose setzte die Durchführung einer Liquor-Untersuchung voraus. Molekulargenetische Methoden wie die PCR seien sehr spezifisch. Während ein positives Ergebnis ein wertvoller Hinweis sein könne, sei der klinische Wert der PCR jedoch eingeschränkt durch die geringe Sensitivität. Dennoch werde die PCR eingesetzt zum Nachweis von Borrelien bei bestimmten Indikationen und aus bestimmten Untersuchungsmaterialien mit angenommener hoher Erregerzahl wie Gelenksflüssigkeit und Hautbiopsien. Ihr Nutzen für den Erregernachweis aus Liquor und Blut sei jedoch umstritten bzw. bei Letzterem nicht anerkannt. Methodologische Limitierungen der PCR-Diagnostik lägen in der Variabilität der Testverfahren, der unterschiedlichen verwendeten genetischen Zielsequenzen sowie in der eingeschränkten klinischen Validierung. Die von der Klägerin über die letzten Jahre wiederholt geklagten Befunde (chronische Müdigkeit, Konzentrationsmangel, Empfinden von Angst, Dysphorie, Seh- und Wahrnehmungsstörungen, anhaltende Schmerzen im Schulter- und Beckengürtel mit Ausstrahlung ins Bein, Schwellungen der Hände, Par- und Dysästhesien einzelner Finger sowie vereinzelt Schüttelfrost) könnten teils häufiger, teils seltener auch im Rahmen einer chronischen Borreliose auftreten, spezifisch seien sie jedoch nicht. Typische Hinweise wie eine einseitige Ptose, asymmetrische Entzündung großer, körperstamm-naher Gelenke mit klinischen oder laborchemischen Entzündungszeichen oder eine Borreliose-typische EKG-Veränderung fänden sich in den vorliegenden Dokumenten nicht. Überhaupt seien keine objektivierbaren klinischen Befunde erhoben worden außer einer geringen Muskelverspannung im Schulter-/Nackenbereich. Vereinzelte elektrophysiologische (EMG) und bildgebende Verfahren (C-MRT) seien unauffällig gewesen. Eine Lumbalpunktion sei nicht durchgeführt worden. Das anamnestische Beschwerdebild sei also grundsätzlich mit einer chronischen (Neuro-)Borreliose vereinbar, aber aufgrund des unspezifischen Charakters der Symptomatik wenig richtungsweisend. Die Symptomkonstellation sowie von der Klägerin empfundene Besserung der Beschwerden nach intravenöser antibiotischer Therapie sei zudem zwar mit einem infektiösen Geschehen vereinbar, könne aber im Rahmen eines sekundären Krankheitsgewinnes, z. B. auch mit einer teilweise somatisierten Depression, einhergehen. Wiederholt negative Entzündungsparameter sprächen gegen ein infektiös-entzündliches Geschehen. Ein Zeckenbiss oder ein für die akute Infektion typisches Erythema chronicum migrans seien nicht geschildert worden. Ein Zusammenhang mit der tierärztlichen Versorgung Borrelien-infizierter Hunde erscheine bei Einhaltung der üblichen hygienischen Prinzipien als wenig wahrscheinlich. Auch eine Kanülenstichverletzung sei angesichts der dabei in aller Regel sehr geringen Menge inokulierten Fremdblutes als Übertragungsweg kaum denkbar. In der Literatur fände sich kein Hinweis für einen möglichen Übertragungsweg Hund - Mensch. In einer Publikation aus Österreich seien bei zehn von 137 Tierärzten (= 7,3 %) positive serologische Werte gemessen worden, dieser Prozentsatz sei vergleichbar mit allgemeinen Seroprävalenzdaten, so dass sich auch hier kein Hinweis auf ein erhöhtes Infektionsrisiko von Tierärzten beim Betreiben einer Kleintierpraxis in städtischem Gebiet ergebe. Ein besonderes Risiko liege auch dann nicht vor, wenn neben der normalen tierärztlichen Versorgung zusätzlich unter Einhaltung der hygienischen Prinzipien Probenmaterial zu Studienzwecken gewonnen, gelagert und versandt werde. Ein typischer Übertragungsmechanismus für die Borreliose sei also nicht gesichert. Die bei der Klägerin erhobene Serologie aus 1997 sei kein typischer (beweisender) serologischer Nachweis, weder für eine zurückliegende noch für eine seinerzeit akute Infektion.

Die von der Klägerin eingebrachte und als kopierter Handzettel vorliegende PCR-Diagnostik auf Borrelien-DNS werde aus drei Gründen nicht für die Urteilsbildung herangezogen: Erstens sei die PCR-Diagnostik aus Vollblut als Nachweisverfahren in diesem Zusammenhang nicht anerkannt. Zweitens sei die Untersuchung wohl im Rahmen einer Studie zur Prävalenz der Borreliose bei Tieren durchgeführt worden; ob der angewandte PCR-Test für Menschen evaluiert worden sei und ob dem durchgeführten Labor dafür eine Akkreditierung vorliege, sei nicht ersichtlich. Drittens handele es sich bei der Befundmitteilung um einen handschriftlichen Zettel, auf dem - wie aus dem Zusammenhang zu vermuten sei - Ergebnisse mehrerer Tiere aufgelistet seien. Daneben sei - ebenfalls handschriftlich - ein positiver Befund aus Vollblut mit dem Namen B assoziiert. Es fehlten spezielle Hinweise zum angewandten PCR-Verfahren, Name und Anschrift des durchführenden Labors und sogar die Fragestellung (kein Hinweis auf Borreliose). Es gehe aus der Befundmitteilung auch nicht hervor, ob es sich um Untersuchungsmaterial der Klägerin oder beispielsweise ihres eigenen Hundes gehandelt habe. Daher sei diese Befundmitteilung für die hier zugrunde liegende Entscheidungsfindung formal inakzeptabel. Insgesamt sei eine frühere Infektion durch Borrelien nicht auszuschließen, ja durchaus möglich, aber nicht gesichert. Der Nachweis einer noch aktiven Infektion sei aus den vorliegenden Dokumenten nicht mit hinreichender Sicherheit abzuleiten.

Die Problematik der Diagnoseführung bei der Klägerin liege darin, dass zu Beginn der Beschwerden bereits Symptome vorgelegen hätten, die differenzialdiagnostisch auch an eine chronifizierte Borreliose denken ließen. Dennoch fehlten weiterführende Hinweise wie ein typischer Übertragungsmodus, ein wegweisendes Symptom wie auch ein allgemeines labor-chemisch nachgewiesenes Entzündungsgeschehen. Eine spezifische Diagnostik wie eine Lumbalpunktion sei nicht erfolgt. Schließlich ergebe sich aus den Unterlagen der Eindruck, dass sehr bald nach Auftreten der Beschwerden gleich an eine Borreliose gedacht worden sei und nach Erhalt eines nicht eindeutig zu interpretierenden serologischen Befundes zur Borreliose eine differenzialdiagnostische Abklärung bis heute ausgeblieben sei. In den vorliegenden Gutachten seien lediglich anamnestische Angaben zu Beschwerden dokumentiert, ein klinisch objektivierbarer Befund jedoch nicht erhoben worden. Es sei davon auszugehen, dass unter Beschwerdefreiheit und bei fehlenden Entzündungszeichen ein zweifelsfreier Nachweis einer aktiven Borreliose nicht gelingen werde. Ferner seien mehrfach hochdosiert antibiotische Therapien erfolgt, gegen die eine Resistenz in der Literatur nicht beschrieben sei. Eine weitere Diagnostik auf eine Borreliose sei derzeit nicht zu empfehlen, allerdings sollte bei gegebener Indikation eine Lumbalpunktion erfolgen, da neben der Borreliose auch andere entzündliche Geschehen das Beschwerdebild verursachen könnten.

Mit Bescheid vom 26. Januar 2007 teilte die Beklagte mit, dass wegen der bereits mit Bescheid vom 26. Juni 2002 als BK anerkannten folgenlos ausgeheilten Borreliose kein Anspruch auf Rente bestünde. Eine weiterhin bestehende Borreliose-Infektion habe nicht nachgewiesen werden können.

Mit Bescheid vom 30. Januar 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztengeld für die beantragten Arbeitsunfähigkeitszeiten

vom 22.07.2005 bis 7.08.2005
vom 22.09.2005 bis 6.10.2005
vom 10.10.2005 bis 13.11.2005
vom 12.01.2006 bis 29.01.2006
vom 8.05.2006 bis 11.06.2006

ab. Denn ein ursächlicher Zusammenhang der Arbeitsunfähigkeitszeiten mit der anerkannten BK habe nicht nachgewiesen werden können. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die Ausführungen des Prof. Dr. B. Wie schon im Bescheid vom 26. Juni 2002 festgestellt, sei die Borreliose-Infektion ohne objektivierbar krankhafte körperliche Befunde ausgeheilt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den die Gewährung von Verletztengeld ablehnenden Verwaltungsakt vom 30. Januar 2007 zurück. Man folge Prof. Dr. M, Prof. Dr. T und Prof. Dr. B. Der Nachweis einer noch aktiven Infektion sei nicht geführt worden. Prof. Dr. R könne nicht gefolgt werden, da dieser weder serologische Beweise für seine Auffassung einer weiter bestehenden Borreliose mit schubweisem Verlauf anführe noch die von ihm angeführten klinischen Symptome spezifisch für eine Borreliose-Erkrankung seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2011 hat die Beklagte später auch den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 26. Januar 2007 zurückgewiesen, mit dem die Gewährung einer Verletztenteilrente abgelehnt worden war.

Im vorliegenden Klageverfahren gerichtet auf die Gewährung von Verletztengeld hat das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, nämlich des Dr. S, des Unfallchirurgen M, der Praktischen Ärztin Dr. E, des Facharztes für Chirurgie M, Helios-Klinikum E, der Fachärztin für Innere Medizin, Naturheilverfahren, Psychotherapie Dr. B, des Dr. H, der Ärztin für Innere Medizin und Kardiologie Dr. E und des Facharztes für Innere Medizin Dr. S.

Sodann hat das Gericht ein Gutachten des Dr. S, Vivantes W-Klinikum, vom 5. November 2009 eingeholt. Er stellte folgende bei der Klägerin bestehende Gesundheitsstörungen fest:

- folgenlos abgeheilte Infektion mit Borrelia sp. (u. a. Infektionserregern),
- Ausschluss eines Immunmangelsyndroms,
- Sturz-/Sporttrauma am 19./20. September 2009,
- Zustand nach Appendektomie, Uterus myomatosus und
- somatoformes Schmerzsyndrom bei Verdacht auf Borderline-Persönlichkeit.

Zu den serologischen Ergebnissen der einzelnen medizinischen Laboratorien führte er zusammenfassend aus, dass infektionsserologisch eine breite Immunantwort nicht vorliege. Auch seien richtungsweisende Titerbewegungen der IgG-/M-Ak im ELISA und/oder in einer anderen serologischen Nachweis- und Untersuchungsmethode zu keinem Zeitpunkt dokumentiert. Die Benutzung spezieller diagnostischer Methoden zum Direktnachweis spezifischer DNA, wie z. B. eine PCR (Polymerase Chain Reaction), sei in der Humanmedizin weder evaluiert noch etabliert und somit nicht beweiskräftig für sozialmedizinische Bewertungen zu verwenden. Die serologischen Befunde 2004 bis 2008 sprächen lediglich dafür, dass eine Infektion mit Borrelien zu einem früheren Zeitpunkt stattgefunden habe (alte und abgeheilte Infektion). Eine klinisch relevante funktionelle Progression der bekannten chronischen Gesundheitsstörungen habe nicht nachgewiesen werden können.

Zu Einwänden und ergänzenden Fragen der Klägerin erstattete Dr. S Rückäußerungen vom 17. März 2010 und vom 16. August 2010, in denen er u. a. ausführte, dass die Diagnose einer aktiven Borreliose anhand der vorliegenden Befunde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Daher würde auch dann, wenn weitergehende Untersuchungen nicht zu einem Nachweis einer anderen Grunderkrankung führten, nicht von der Diagnose einer aktiven Borreliose auszugehen sein. Die bei der Anamneseerhebung massiv geklagten subjektiven Beschwerden seien unspezifisch und keinesfalls für eine chronisch aktive Borreliose beweisend. Die von der Klägerin als beweisende Symptome genannten Arthritiden und Arthralgien, Skelettschmerzen, vor allem der großen Gelenke, Meningopolyneuritis und radikuläre Schmerzen passten zwar in der Tat zu dem Bild einer akuten Lyme-Arthritis, aber auch zu jeder anderen Arthritis, z. B. infektgetriggert, autoimmun, degenerativ aktiviert und/oder toxisch bedingt. Wichtig seien eine Reihe weiterer Befunde, die im Falle der Klägerin jedoch nicht objektiviert und nicht hinlänglich aussagekräftig dokumentiert seien. Der Anamnese seien hingegen eindeutige Hinweise für seelische Störungen zu entnehmen, die jedoch mit der zur Frage stehenden Fallproblematik einer chronischen Borreliose nicht in erkennbar ursächlichem Zusammenhang stünden. Unstrittig sei bei der Klägerin mit infektionsserologischen Methoden ein Zustand nach Infektion mit Borrelia sp. nachzuweisen. Der Zeitpunkt der Infektion liege vor 1997. Die Frage nach der Entstehung der Krankheit könne aufgrund der in den überlassenen Akten vorliegenden medizinischen Befunde und ärztlichen Aussagen nicht beantwortet werden. Ein direkter Kontakt mit einem infizierten Caniden genüge jedenfalls nicht, um eine Borreliose in Gang zu setzen. Darüber hinaus könnte der Zusammenhang der serologisch unstrittig stattgehabten Borreliose mit einer anzuerkennenden BK dem Grunde nach in Zweifel zu ziehen sein. Eine beruflich bedingte Infektion mit Borrelien sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht gegeben. Das Problem des mangelhaften serologischen Nachweises existiere, weshalb die Diagnose der Borreliose aufgrund des klinischen Bildes erfolge und klinische Erfahrung erfordere. Bei korrekter Diagnose und sachgemäß durchgeführter antimikrobieller Behandlung sei eine Ausheilung einer Borrelien-Infektion mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit möglich. Die von der Klägerin zitierten Literaturstellen seien nicht hilfreich in der Beantwortung der sich im Falle der Klägerin stellenden Fragen.

Mit Urteil vom 25. März 2011 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei insoweit unzulässig, als die Klägerin eine Änderung des Bescheides vom 26. Juni 2002 hinsichtlich der anzuerkennenden Folgen ihrer als BK Nr. 3102 der Anlage zur BKV anerkannten Borreliose-Infektion geltend mache. Denn der Bescheid vom 26. Juni 2002 sei so auszulegen, dass mit ihm nicht nur eine Borreliose-Infektion als BK Nr. 3102 anerkannt worden sei, sondern dass auch durch feststellenden Verwaltungsakt verbindlich geregelt worden sei, dass diese Erkrankung ausgeheilt sei, also keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen wegen dieser Erkrankung mehr bestünden. Daher könnte das eigentliche sachliche Begehren der Klägerin, also der Bezug von Verletztengeld für Arbeitsunfähigkeitszeiten in den Jahren 2005 und 2006 wegen ihrer Borreliose-Erkrankung, nur dann Erfolg haben, wenn der Bescheid vom 26. Juni 2002 entweder nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) oder nach § 48 SGB X dahingehend geändert worden sei, dass eine chronische Borreliose im Stadium II bis III anstelle einer ausgeheilten Borreliose als BK bzw. als Folge der anerkennten Borreliose-Infektion anerkannt bzw. festgestellt worden sei. Einen derartigen Änderungsbescheid zum Bescheid vom 26. Juni 2002 könne das Gericht im streitgegenständlichen Bescheid vom 30. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2007 jedoch auch bei großzügiger Auslegung nicht sehen.

Soweit die Klägerin für im Einzelnen genannte Zeiträume die Gewährung von Verletztengeld begehre, sei die Klage zulässig, aber unbegründet. Dahingestellt bleiben müsse die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Borreliose-Erkrankung tatsächlich folgenlos ausgeheilt sei, da als BK Nr. 3102 mit Bescheid vom 26. Juni 2002 nur eine ausgeheilte Borreliose anerkannt worden sei. Ausgeheilt bedeute nicht nur, dass zur Zeit des Bescheiderlasses keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen mehr bestanden, sondern auch, dass die Infektion erfolgreich therapiert worden sei und keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Folge der Infektion mehr zu erwarten seien. Der Bescheid sei nicht angefochten und somit mit seinen Regelungen bestandskräftig und rechtswirksam geworden. Daher sei auch das Gericht bei seiner Entscheidung an diese Feststellungen gebunden.

Aber auch dann, wenn das erkennende Gericht nicht an die Feststellung des Bescheides vom 26. Juni 2002, die Borreliose der Klägerin sei ausgeheilt, gebunden gewesen wäre, hätte die Klage keinen Erfolg gehabt. Denn nach dem Ergebnis der umfassenden Ermittlungen der Beklagten, insbesondere den von der Beklagten eingeholten Gutachten der Prof. Dr. M, Prof. Dr. T und Prof. Dr. B, sowie nach dem gerichtlichen Sachverständigengutachten des Dr. S lasse sich eine fortbestehende chronische Borreliose-Erkrankung der Klägerin nicht beweisen bzw. sei ein Ursachenzusammenhang zwischen einer früheren Borreliose-Infektion, die die meisten Gutachter mit Ausnahme von Prof. Dr. T jedenfalls für wahrscheinlich hielten, und den von der Klägerin anhaltend beklagten schubweise auftretenden Beschwerden nicht hinreichend wahrscheinlich. Es fehlte sowohl an einer eindeutigen Zuordnung der von den Gutachtern als nicht spezifisch beschriebenen klinischen Symptomatik zu einer Borreliose-Infektion als auch an eindeutigen serologischen Befunden, die eine fortbestehende Borreliose-Erkrankung belegen würden. Die von der Klägerin und von Prof. Dr. R zum Nachweis einer anhaltenden chronischen Borreliose-Erkrankung herangezogenen PCR-Befunde aus dem Blut seien nach insoweit übereinstimmenden Ausführungen aller anderen Gutachter grundsätzlich nicht als Nachweisverfahren für eine Borreliose-Erkrankung bei Menschen anerkannt. Hinzu komme im Fall der Klägerin, dass es hierüber nur eine handschriftliche Notiz zu einem angeblichen positiven PCR-Befund mit dem Nachnamen der Klägerin auf einem Zettel gebe, der ansonsten kurze Notizen zu dem Ergebnis der Untersuchungen bei Tieren enthalte. Dies könne keine Grundlage für eine wissenschaftlich und medizinisch begründete Kausalitätsbeurteilung sein. Die von der Klägerin umfangreich vorgetragenen Einwände gegen die Gutachten mögen mit den Ausführungen von Prof. Dr. R begründen, dass - entgegen der Bewertung von Prof. Dr. T - von einer früheren Borreliose-Infektion ausgegangen werden könne. Auch erscheine es nicht ausgeschlossen, dass die Borreliose-Erkrankung der Klägerin mit schubweise auftretenden Beschwerden als chronische Borreliose fortbestehe, ohne dass sich dies durch entsprechende serologische Befunde, die bei Borreliose-Erkrankungen in der Tat eine nur eingeschränkte Aussagekraft hätten und sowohl „falsch positiv“ als auch „falsch negativ“ sein könnten, bestätigen lasse. Nachzuweisen oder auch nur hinreichend wahrscheinlich zu machen sei dies jedoch in Anbetracht des Fehlens spezifischer klinischer Symptome und der bei anhaltend positiven IgM-Befunden, aber negativen IgG-Befunden gegen eine fortbestehende chronische Borreliose sprechenden Serologie jedoch nicht. Die objektive Beweislast für geltend gemachte Folgen einer BK liege beim Versicherten, vorliegend also der Klägerin, so dass deren Klage auch bei einer rechtlich nicht an den Bescheid vom 26. Juni 2002 gebundenen Würdigung keinen Erfolg hätte haben können.

Gegen dieses ihr am 5. Mai 2011 zugegangene Urteil richtet sich die am 1. Juni 2011 eingegangene Berufung der Klägerin, die ausführt, dass der Bescheid vom 26. Juni 2002 bereits einen Widerspruch zwischen den anerkannten Unfallfolgen und dem formulierten Tenor enthalte, der die Krankheit Borreliose als BK anerkannt habe, ohne eine Einschränkung vorzunehmen. Die Beklagte habe auch durch Einholung verschiedenster Gutachten in dem Zeitraum 2003 bis 2006 gezeigt, dass sie ihre Entscheidung durchaus überdenken könnte, und sich mit Erlass des Bescheides vom 30. Januar 2007 auf eine Sachentscheidung eingelassen, die inhaltlich auf den Bescheid vom 26. Juni 2002 Bezug genommen habe. Dieser Bezug sei zwar nicht im Einleitungssatz, so doch im Rahmen der Begründung der Ablehnung hergestellt worden. Insgesamt habe die Beklagte zu erkennen gegeben, dass sie eine Entscheidung auch entgegen der Entscheidung im Bescheid vom 26. Juni 2002 für möglich gehalten habe, sofern ein Gutachten zu einem Ergebnis gekommen wäre, welches sie überzeugt hätte.

Die Klägerin trägt weiter vor, dass die Mehrheit der Gutachter wegen der geringen Antikörperbildung ihre Erkrankung nicht für eine Borreliose halte, in Ermangelung einer anderen Krankheitsursache dann jedoch eine psychosomatische Störung unterstelle, dies sei eine gutachterliche Verzweiflungstat. Bei ihr lägen sehr wohl Symptome einer chronischen Borreliose in wechselnden Kombinationen und Intensitäten während der Erkrankungsschübe vor, nämlich u. a. schubweise Arthritiden und Arthralgien, Skelettschmerzen, vor allem der großen Gelenke, eine Meningopolyneuritis und radikuläre Schmerzen. Zumindest geschwollene Hände und Gelenke seien fotografisch gut und anhaltend belegt. Der „Schwarze Peter“ der Beweislast könne nicht immer wieder dem Patienten zugeschoben werden. Die Klägerin verweist ferner auf die Webseite der Deutschen Borreliose-Gesellschaft e. V. (DBG) - Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose, Leitlinien. Hier ist einleitend u. a. ausgeführt, dass die wissenschaftliche Basis für Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose trotz intensiver Forschung bis heute unzureichend sei, insbesondere gelte dies für die chronischen Verlaufsformen, bei denen es an evidenzbasierten Studien mangele. Die Klägerin ist ferner der Ansicht, dass die unterschiedlichen Gutachten nicht überzeugend seien. Dr. S habe seit vielen Jahren im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit geriatrische Patienten betreut, die mit ihrem Krankheitsbild und -verlauf keine Übereinstimmung gezeigt hätten. Auch enthielte sein Gutachten diverse Fehler.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2007 zu verurteilen, ihr für die Zeiten ihrer Arbeitsunfähigkeit vom 22. Juli 2005 bis 7. August 2005, 22. September 2005 bis 6. Oktober 2005, 10. Oktober 2005 bis 13. November 2005, 12. Januar 2006 bis 29. Januar 2006 und 8. Mai 2006 bis 11. Juni 2006 Verletztengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass es sich bei dem Bescheid vom 30. Januar 2007 nicht um einen Überprüfungsbescheid nach § 44 SGB X gehandelt habe. Vielmehr habe man, nachdem die Klägerin nach Erlass des Abhilfebescheides vom 26. Juni 2002 häufig ärztliche Behandlung in Anspruch genommen habe und auch Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgetreten seien, die die Klägerin auf die Borreliose-Erkrankung zurückgeführt habe, geprüft, ob eine Änderung in den BK-Folgen eingetreten sei. Dies habe man aufgrund des Ergebnisses der medizinischen Ermittlungen dann jedoch abgelehnt. Daher folge man der Auffassung des Gerichts, dass die Klage, soweit sie die Änderung der anerkannten BK-Folgen im Bescheid vom 26. Juni 2002 begehre, unzulässig und im Übrigen aufgrund der Gutachten der Prof. Dr. B und Dr. S unbegründet sei.

Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 25. November 2011 darauf hingewiesen, sich der erstinstanzlichen Ansicht, dass aus Gründen der Bestandskraft des Bescheides vom 26. Juni 2002 vorliegend nicht in der Sache entschieden werden dürfe, nicht anzuschließen.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht sodann ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. B vom 29. Oktober 2013 eingeholt. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Lyme-Borreliose Stadium III vorläge mit aktuell folgenden wesentlichen Beschwerden: Fatigue mit herabgesetzter Belastbarkeit und reduzierter Leistungsfähigkeit. Die Lyme-Borreliose sei ursächlich auf die mit Bescheid vom 26. Juni 2002 als BK anerkannte Borrelien-Infektion der Klägerin zurückzuführen. Borrelia Burgdorferi werde zwar nicht von Hunden auf den Menschen übertragen. Eine Übertragung durch Harn oder Blut durch kleinste Hautverletzungen oder über die Schleimhäute, wie sie das Bundesinstitut für Gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin angenommen habe, sei höchst unwahrscheinlich. Die Übertragung erfolge durch Zecken mit der seltenen Alternative einer transplazentaren Übertragung oder Bluttransfusion. Allerdings seien Hunde oft von Zecken befallen, die sich beim infizierten, PCR-positiven Hund Borrelien zuziehen könnten und diese dann auf den Menschen, z. B. den behandelnden Tierarzt, übertragen könnten.

In den genannten und streitgegenständlichen Zeiträumen sei die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin durch die Lyme-Borreliose Stadium III bedingt gewesen. Zur weiteren Klärung dieser Frage habe er die Klägerin mit Schreiben vom 22. Oktober 2013 angeschrieben, hierauf jedoch noch keine Antwort erhalten.

Weiter führte er aus, dass sämtliche Befunde signifikant für eine stattgehabte Borreliose-Infektion seien. Es sei auch unzutreffend, dass der Erregernachweis mittels PCR weder evaluiert noch etabliert und damit nicht beweiskräftig sei. Der Nachweis des Erregers mittels PCR gelte als Krankheitsnachweis. Allerdings gehöre er durch Nachweis im Blut nicht zur Routinediagnostik, da das Ergebnis oft falsch negativ sei. Wenn aber im Blut der PCR Borrelien-positiv sei, so bestehe an dem Erregernachweis kein Zweifel. Die serologischen Befunde hätten die stattgehabte Infektion nach gültigen diagnostischen Kriterien bewiesen. Die bei zahlreichen serologischen Untersuchungen erhobenen Werte seien jeweils signifikant pathologisch gewesen, was beweisend für die stattgehabte Infektion, nicht jedoch für Existenz und Ausmaß der Krankheit sei. Zur Klärung, ob eine Infektion aktiv sei, trage die Serologie grundsätzlich nicht bei.

In der wissenschaftlichen Literatur sei bis heute nicht geklärt, welche Krankheitsmanifestationen für die Lyme-Borreliose typisch seien. Ein Stadium I und Stadium II der Lyme-Borreliose ließe sich anamnestisch nicht belegen, dass heiße, dass die Krankheit bei der Klägerin primär mit Symptomen vereinbar mit einer Lyme-Borreliose Stadium III begonnen habe. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren eingereichten Befunde des St.-Hospitals M vom 23. Juli 2012 und des Chirurgen Dr. F vom 10. Oktober 2012 seien vereinbar mit einer Lyme-Borreliose im Stadium III. Aktuell sei die Beschwerdesymptomatik im Wesentlichen durch ein deutliches Fatigue, die eingeschränkte Belastbarkeit und reduzierte Leistungsfähigkeit charakterisiert. Bei der körperlichen Untersuchung habe sich kein krankhafter Befund ergeben. Auch die jetzt durchgeführten medizinisch-technischen Untersuchungen hätten keine pathologischen Befunde ergeben. Für eine Lyme-Borreliose im Stadium III sprächen die folgenden Daten: bis 1997 keine Gesundheitsstörungen (Marathonläuferin), hohes Infektionsrisiko als Veterinärmedizinerin, 1997 und 1998 Nachweis des Erregers im Blut. Anamnestisch seien zahlreiche Symptome vereinbar mit Lyme-Borreliose Stadium III wie rezidivierende Gelenkentzündungen (Arthritiden) in großen Gelenken (Knie-, Hüft-, Hand- und obere Sprunggelenke), Schmerzen in der Beinmuskulatur, Schmerzen der Paravertebralmuskulatur, deutliche Einschränkung der Wirbelsäulenbeweglichkeit, Anschwellungen der Hände, Hyperästhesie und Parästhesien in verschiedenen Körperregionen (2011), Fußheberparese rechts zwei Wochen, kognitive Störung (herabgesetztes Gedächtnis, eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit, Beeinträchtigung der Denkvorgänge, Sprachstörungen), seit 2005 rezidivierende Paraparese (rezidivierende Schwäche der Beine, Schwierigkeiten beim Treppensteigen, Gehstrecke eingeschränkt, keine quantifizierenden Angaben) und eine leichte Polyneuropathie im Bereich der unteren Extremitäten (elektrophysiologisch nachgewiesen 2012). Differenzialdiagnostisch seien alle anderen Krankheiten als Ursache der Beschwerdesymptomatik ausgeschlossen worden. Es gäbe keine Befunde, die gegen eine Lyme-Borreliose im Stadium III sprächen, die Beschwerden könnten keiner anderen Krankheit zugeordnet werden.

Die Beklagte hat zu dem Gutachten eine beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Innere Medizin, Kardiologie und Sozialmedizin Dr. K vom 14. Januar 2014 beigebracht, der ausführte, dass über das berufliche Risiko einer Borrelien-Infektion von Veterinärmedizinern kaum gesicherte Daten vorlägen. Durch direkten Kontakt mit einem infizierten Tier sei eine Borrelien-Infektion nicht bekannt, die Borrelien-Infektion werde nur durch Zecken übertragen. Eine Infektion durch Blutübertragung sei bisher in keinem Fall nachgewiesen worden. Tierbesitzer von Hunden und Katzen zeigten ebenfalls kein erhöhtes Infektionsrisiko, auch nicht von infizierten Tieren; lediglich in einer Fallkontrollstudie des Robert-Koch-Institutes 2001 sei ein erhöhtes Infektionsrisiko bei Hunden mit starkem Zeckenbefall festgestellt worden. Bei Tiermedizinern habe in einer epidemiologischen Studie kein erhöhter Durchseuchungstiter gegenüber der Normalbevölkerung festgestellt werden können.

Insgesamt seien im vorliegenden Fall auch weder eine Borrelien-Infektion noch ein frühes Stadium oder eine Spätmanifestation einer Borreliose-Erkrankung zu irgendeinem Zeitpunkt nachgewiesen. Zum Nachweis einer Infektion sei ein erhöhter serologischer Antikörpertiter gegen Borrelien erforderlich. Im Stadium III finde man ein sehr breites Antikörperspektrum im IgG. Nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Mikrobiologie und EUCALB schließe ein negativer IgG-Antikörpertiter eine chronische Borreliose aus. Soweit im Falle der Klägerin Antikörpertiter zeitweilig als positiv bezeichnet worden seien, fehle es an der Angabe von Titerstufen. Positive IgG-Antikörpertiter mit entsprechend positivem Immunoblot seien zwischen 1997 und 2008 zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden, lediglich positive IgM-Antikörpertiter mit wechselnden Banden.

Dr. B stütze seine Diagnose der chronischen Borreliose alleine auf zeitweilig positive IgM-Antikörper mit wechselndem Bandenmuster. Das Auftreten von IgM-Antikörpern erlaube jedoch keinen Rückschluss auf eine Reaktivierung der Erkrankung. Entzündliche Parameter im Blut seien nicht typisch für eine Borreliose. Zum Nachweis der Borrelien-DNA mittels PCR verwies Dr. K auf eine Therapiestudie (Fallon 2008), wonach sich sämtliche positiven PCR-Nachweise bei weiterer Spezifizierung als Verunreinigung des Labors erwiesen hätten. Vorliegend sei nicht bekannt, ob die positiven PCR-Befunde durch weitere Untersuchungen bestätigt worden seien, sie seien daher nicht beurteilbar. Außerdem sei eine positive PCR von 1997/1998 kein Beweis für eine chronische Infektion über mehr als zehn Jahre.

Zum Beschwerdebild der Klägerin führte er aus, dass die Arbeitsgruppe der ILADS (International Lyme and Associated Diseases Society) 2004 und der Deutschen Borreliose-Gesellschaft in ihren Leitlinien für die Diagnose der Lyme-Erkrankung über 60 unspezifische Symptome aufgenommen habe, die das Krankheitsbild der Lyme-Erkrankung ausmachen sollten. In diesem Sammelsurium von Beschwerden könne sich jeder kranke, insbesondere jeder chronisch kranke Mensch wiederfinden. Die Feststellung des Dr. B, dass alle anderen Ursachen der Beschwerden ausgeschlossen seien, sei nicht zutreffend. Differenzialdiagnostische Untersuchungen seien im Falle der Klägerin nie durchgeführt worden. Neben degenerativen Gelenk- und Sehnenveränderungen müsse ein somatoformes Schmerzsyndrom in Betracht gezogen werden, hierzu sei eine neurologisch-psychiatrische Diagnostik und Therapie erforderlich. Soweit Dr. B immer die Formulierung verwende „Symptome, vereinbar mit einer Lyme-Borreliose im Stadium III“, führte Dr. K aus, dass die Vereinbarkeit von Beschwerden für eine Diagnose unzureichend sei. Maßgebend seien das Symptom der Arthritis und der Nachweis von hohen IgG-Antikörpern im Serum. Spezifisch für die Lyme-Borreliose sei ferner lediglich das Erythema migrans in seiner typischen Verlaufsform als Bullauge oder Ringererythem. Alle anderen Erkrankungen erforderten eine differenzialdiagnostische Abklärung.

Die Behauptungen der Klägerin, Beschwerden wie Arthritiden, Meningopolyneuritis und radikuläre Schmerzen seit Jahren in wechselnder Kombination und Intensität schubartig zu haben, seien zu keinem Zeitpunkt belegt. Bei Schwellungen der Hände handele es sich meistens um Weichteilschwellungen und nicht um Arthritiden der Handgelenke oder kleinen Fingergelenke. Eine symmetrische Polyarthritis der Fingergelenke sei bei einer Lyme-Arthritis bisher nicht beschrieben worden, sie sei eher typisch für eine rheumatoide Arthritis. Weichteilschwellungen seien keine Symptomate einer Borreliose. Eine Polyneuropathie sei bei der Klägerin nicht festgestellt worden. Die von der Klägerin geklagten Symptome entsprächen auch nicht einer „Meningopolyneuritis“. Auch die übrige Symptomatik sei sehr schwer auf einzige Diagnose zurückzuführen. Bezüglich einer Polyneuropathie seien die Befunde sehr widersprüchlich. Dr. B erwähne ferner eine Paraparese (bei Lähmungen beider Beine), ohne im neurologischen Befund eine Muskelschwäche oder Lähmung zu beschreiben. Paraparesen träten bei chronischer Neuroborreliose auf, seien meistens jedoch mit einer Blasenlähmung verbunden und auf eine entzündliche Erkrankung des Rückenmarkes zurückzuführen. Insgesamt bezeichnete Dr. Kdie Ausführungen des Dr. B als nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar und nicht dem Stand der Schulmedizin entsprechend.

Das Gericht hat hierzu eine Rückäußerung des Dr. B vom 23. Juni 2014 eingeholt. Dieser führte aus, dass die von Dr. K benannten Krankheitsmanifestationen nur ein kleiner Teil der Symptomatik seien. In verschiedenen Leitlinien seien lediglich Symptome angegeben, die für die Diagnose einer Lyme-Borreliose sprächen, die jedoch nur in einem Teil der Fälle vorkämen, so dass keines dieser Symptome für die Diagnose obligat sei. Auch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie habe derartige Symptome nicht als obligat für die Diagnose einer Lyme-Borreliose im Spätstadium bezeichnet. Es bestünden zurzeit Bemühungen, sogenannte Einschlusskriterien zu definieren, also Symptome zu benennen, die mit einer Lyme-Borreliose vereinbar seien. Auch stellten die aktuellen Leitlinien, insbesondere die Leitlinie „Neuroborreliose“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, eine sogenannte S 1-Linie dar, das heiße, es lägen keine evidenzbasierten Studien zur Problematik vor. Dies gelte insbesondere für das Spätstadium der Lyme-Borreliose. Es bestünden wissenschaftliche Bestrebungen, S 2- oder S 3-Linien zu definieren, hierzu seien entsprechende wissenschaftliche Studien erforderlich. Die Behauptung, dass bei Tierärzten keine höhere Durchseuchung habe festgestellt werden können, habe Dr. K nicht mit Literatur belegt. Dr. B führt weiter aus, dass tatsächlich wiederholt IgG-Antikörper nachgewiesen worden seien, zuletzt in 2005, zur Begründung bezog er sich auf Seite 36 seines Gutachtens.

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass das Borrelia-IgG durchgehend negativ gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2007 ist rechtmäßig. Das klageabweisende erstinstanzliche Urteil vom 25. März 2011 ist im Ergebnis rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld für die streitigen Zeiträume oder auf die Feststellung, dass bei ihr anstelle einer ausgeheilten Borreliose als BK Nr. 3102 der Anlage zur BKV eine chronische Borreliose im Stadium II bis III besteht.

Das Gericht schließt sich den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil lediglich insoweit nicht an, als nicht auch in der Sache überprüft werden durfte, ob die Klägerin in den streitigen Zeiträumen Anspruch auf Verletztengeld wegen der Folgen einer Borreliose-Infektion haben konnte. Als entscheidend sieht das Gericht an, dass zum einen die Beklagte die Frage, ob die anerkannte Borreliose-Infektion noch Folgen hat, durch umfangreiche Ermittlungen inhaltlich auf ihre Richtigkeit überprüft hat, und zum anderen, dass sie diese Überprüfung im Bescheid vom 30. Januar 2007 eindeutig zu erkennen gegeben hat, indem sie sich ausdrücklich auf den Bescheid vom 26. Juni 2002 bezog und ausführte, dass - „wie auch schon“ in diesem Bescheid mitgeteilt - die Borreliose-Infektion ohne objektivierbar krankhafte körperliche Befunde ausgeheilt sei. Damit wurde ausdrücklich erklärt, dass die Feststellungen im Bescheid vom 26. Juni 2002 inhaltlich überprüft worden sind, was allein auf der Grundlage der §§ 44, 48 SGB X möglich war. Soweit die Beklagte einwendet, lediglich eine Überprüfung nach § 48 SGB X, nicht jedoch nach § 44 SGB X vorgenommen zu haben, führt dies letztlich zu keinem anderen Ergebnis. Denn aufgrund des Umstandes, dass die Beklagte im Bescheid vom 26. Juni 2002 eine „ausgeheilte“ Borreliose anerkannt hatte, war eine inhaltliche Überprüfung der von der Klägerin geklagten Krankheitssymptome begriffsnotwendig mit einer Überprüfung nach § 44 SGB X daraufhin verknüpft, ob die Borreliose tatsächlich ausgeheilt war. Ohne Relevanz war insoweit weiter, dass die Beklagte in ihrem Bescheid vom 26. Januar 2007 diese Überprüfung ebenfalls vorgenommen hatte. Dies steht einer inhaltlichen Überprüfung in einem anderen Sachzusammenhang nicht entgegen. Zudem ist der Bescheid vom 26. Januar 2007 im Hinblick auf die Feststellung von Unfallfolgen nicht bestandskräftig geworden, sondern Gegenstand des Klageverfahrens S 68 U 717/11.

Insgesamt durfte damit also inhaltlich überprüft werden, ob in den streitigen Zeiträumen BK-bedingte Folgen der Borreliose-Erkrankung vorlagen, die zu Arbeitsunfähigkeit geführt hatten. Dies war nicht der Fall.

Verletztengeld wird gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) erbracht, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen oder andere – hier nicht in Betracht kommende – Leistungen bzw. auf Verletztengeld hatten und kein Beendigungstatbestand im Sinne des § 46 Abs. 3 SGB VII vorliegt. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit ist in vollem Umfang identisch mit dem der Krankenversicherung nach § 44 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V - ständige Rechtsprechung, zuletzt BSG, Urteil vom 21. September 2010, Az. B 2 U 25/09 R, SozR 4-2700 § 46 Nr. 3 m. w. N.). Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles liegt anknüpfend an die Rechtsprechung zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung vor, wenn ein Versicherter aufgrund der Folgen eines Versicherungsfalles nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen. Arbeitsunfähigkeit ist danach gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann (so insgesamt Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 30. Oktober 2007, Az.: B 2 U 31/06 R, m. w. N.). Abzustellen war vorliegend daher auf die von der Klägerin vor und nach den streitigen Zeiträumen ausgeübte Tätigkeit als Tierärztin.

Für die Zeiträume vom 22. bis 26. Juli 2005 und vom 10. bis 19. Oktober 2005 scheitert der geltend gemachte Anspruch bereits daran, dass Arbeitsunfähigkeit für diese Zeiträume nicht ärztlich festgestellt worden ist. Gemäß § 46 Abs. 1 SGB VII wird Verletztengeld von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Maßgebend ist der Zeitraum, für den Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird (BSG, Urteil vom 05. Juli 2005, Az. B 2 U 10/04 R, zitiert nach juris). Dabei kommt nach der Rechtsprechung zwar grundsätzlich auch eine rückwirkende Feststellung in Betracht (BSG, a. a. O.), eine Feststellung durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist aber deshalb nicht entbehrlich, praktisch gestattet dies lediglich Fälle kurzer Rückwirkung (Ricke in Kasseler Kommentar, § 46 Rdnr. 3 m. w. N.). Bei einer Jahre später erfolgten gutachterlichen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit nach Aktenlage, wie dies durch Dr. B erfolgt ist, handelt es sich nicht mehr um eine ärztliche Feststellung von Arbeitsunfähigkeit im Sinne der §§ 46 SGB V und SGB VII.

Abgesehen davon steht fest, dass die Klägerin in den streitigen Zeiträumen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wegen der Folgen einer Borrelien-Infektion arbeitsunfähig erkrankt war.

Dies folgt zunächst nicht bereits daraus, dass bei der Klägerin eine BK 3102 nicht vorliegt. Für die Anerkennung als BK muss grundsätzlich eine versicherte Tätigkeit zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen o. ä. auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung“, „Einwirkungen“ und „Krankheit“ müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, bewiesen sein. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 02. April 2009, Az.: B 2 U 7/08 R, zitiert nach juris.de, und Urteil vom 02. April 2009, Az.: B 2 U 30/087 R, den Beteiligten im Verfahren zur Kenntnis gegeben).

Für die Beurteilung der Frage, ob eine BK 3102 vorliegt, sind grundsätzlich die gleichen Maßstäbe anzulegen, wie sie für die BK 3101 (Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte u.a. im Gesundheitsdienst tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war) gelten (BSG, Beschluss vom 25. Oktober 1989, Az. 2 BU 82/89, zitiert nach juris, und Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 761).

Nach der Rechtsprechung zur BK 3101 setzt diese - anders als beim Normaltatbestand einer BK - nicht voraus, dass die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit die zur Ansteckung führende Einwirkung auf den Körper wesentlich verursacht hat. Vielmehr beschränkt sich die erforderliche Einwirkungskausalität darauf, dass im Wesentlichen die Verrichtung den Versicherten einer Infektionsgefahr in besonderem Maße ausgesetzt hat (Gefahrenexposition; Verursachung einer erhöhten Infektionsgefahr - BSG, Urteil vom 02. April 2009, Az.: B 2 U 30/07 R). Das BSG hat mit dieser Entscheidung die Kriterien der erhöhten Infektionsgefahr im Sinne der BK 3101 fortentwickelt und ausgeführt, dass die besondere Infektionsgefahr sich im Einzelfall aufgrund der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit oder der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtung ergeben kann. Für die Übertragungsgefahr sind der Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie die individuellen Arbeitsvorgänge zu würdigen. Entscheidend ist immer die Gesamtwürdigung der beiden Risikobereiche unter Berücksichtigung des spezifischen Übertragungsmodus und Verbreitungsgrades der jeweiligen Infektionskrankheit. Letztlich muss zumindest die Möglichkeit einer Infektion bestehen, diese darf nicht ausgeschlossen sein.

Entscheidungsbasis für die Kausalitätsbeurteilung muss der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand sein (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 2. April 2009, B 2 U 9/08 R, zitiert nach juris, und BSG vom 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, Rdnrn. 25 ff.; BSG vom 27. Juni 2006, B 2 U 5/05 R, Rdnrn. 16 ff.; BSG vom 27. Juni 2006, B 2 U 13/05, Rdnrn. 16 f., alle zitiert nach juris). Unter dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist die herrschende Meinung der mit der Problematik vertrauten Fachwissenschaftler zu verstehen und nicht etwa eine - wenn auch aktuelle - Einzelmeinung. Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichtes, durch die Auswahl von Sachverständigen das Ergebnis des Prozesses zu beeinflussen und somit für die eine oder andere medizinische Auffassung in einer offenen medizinischen Frage Stellung zu nehmen. Denn es liegt auf der Hand, dass ein mit Juristen besetztes Gericht nicht in der Lage ist, sich eine Meinung zu medizinischen fachwissenschaftlichen Fragen zu bilden. Deshalb kann es schon aus Gründen der notwendigen Gleichbehandlung aller Versicherten nur darauf ankommen, ob zumindest ein wissenschaftlicher Konsens im Sinne einer herrschenden Meinung unter den mit der Problematik befassten Fachwissenschaftlern festzustellen ist. Fehlt es an einem solchen Konsens, kann schon nicht festgestellt werden, dass eine behauptete Ursache generell geeignet ist, die vorliegende Erkrankung zu verursachen.

Unter Beachtung dieser Vorgaben bestand bereits aufgrund der nicht feststellbaren Übertragungsgefahr durch die Tätigkeit der Klägerin keine erhöhte Infektionsgefahr für sie, so dass eine BK mangels erforderlicher Einwirkungskausalität nicht vorliegt. Grundsätzlich wird Borreliose durch Zecken übertragen. Einen Zeckenbiss hat die Klägerin nach eigenen Angaben nie gehabt. Der von ihr geltend gemachte Übertragungsweg über infizierte Hunde, die sie als Patienten behandelte und über deren Erkrankung sie forschte, scheidet hingegen als Übertragungsmodus aus. Dies haben für das Gericht überzeugend Dr. F, Prof. Dr. T, Prof. B und Dr. K ausgeführt, die darlegten, dass sich in der internationalen Literatur – abgesehen von der Übertragung durch Zecken - keine einzige Beschreibung einer Borreliose-Übertragung vom Tier auf den Menschen findet. Auch Dr. B ging davon aus, dass Borrelia Burgdorferi nicht vom Hund auf den Menschen übertragen werde. Dr. S musste auf Nachfrage seine zunächst anders lautende Auskunft korrigieren und bestätigte ebenfalls, für einen solchen Übertragungsweg keine Quellen gefunden zu haben. Prof. Dr. R führte aus, dass die „gültige medizinische Lehrmeinung“ lediglich von einer Übertragung durch Zecken ausgehe, dass jedoch trotz Fehlens systematischer Untersuchungen hierzu dieser Übertragungsweg nicht abzulehnen sei, als möglich erscheine er durchaus. Diese Vorgehensweise wird den oben dargelegten Anforderungen, lediglich die herrschende wissenschaftliche Lehrmeinung zugrunde zu legen, nicht gerecht. Ein überdurchschnittliches Infektionsrisiko für Tierärzte für eine Infektion mit Borrelien ist damit nicht belegbar. Prof. Dr. B belegte dies zudem mit dem Ergebnis einer Publikation aus Österreich, die keinen Hinweis auf eine höhere Durchseuchung von Tierärzten mit Borrelia Burgdorferi beim Betreiben einer Kleintierpraxis in städtischem Gebiet im Verhältnis zur sonstigen Bevölkerung ergeben habe.

Dahingestellt bleiben konnte, ob die Klägerin überhaupt jemals mit Borreliose infiziert war, was vorliegend Prof. Dr. T und Dr. K nicht als nachgewiesen erachteten. Über die Bewertung der serologischen Ergebnisse herrschte unter den Gutachtern diesbezüglich keine Einigkeit. Zu folgen wäre hier jedenfalls den Ausführungen des Prof. Dr. B insoweit, als die angebliche PCR-Befundmitteilung, auf die sich Prof. Dr. R maßgeblich stützte, bereits aus formalen Gründen vollkommen inakzeptabel ist. Prof. Dr. R führte ausdrücklich aus, dass vorliegend nur aufgrund „außergewöhnlicher Fakten“, nämlich dem Erregernachweis mittels PCR im Blut der Klägerin, eine Übertragung von Tier auf Mensch sehr wahrscheinlich habe werden können, es handele sich hierbei um eine „Meinung, die in der täglichen internistischen und sicher auch neurologischen Routine nicht vertreten“ werde, obwohl die Literatur dafür einzelne Hinweise liefere. Ein (ausschließlich) handbeschriebener Zettel, der weder den Aussteller noch den Untersucher noch den Adressaten noch die genaue Bezeichnung dessen, was untersucht worden ist und von wem dies stammte, noch die Fragestellung noch das angewandte Verfahren erkennen lässt, ist jedoch nicht zum Nachweis einer Erkrankung geeignet.

Allerdings hat die Beklagte im bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 26. Juni 2002 eine Borreliose anerkannt. Auch wenn die Verfügungssätze zur Anerkennung der Borreliose als solcher und zur Anerkennung von Folgen der BK lediglich in Form einer „ausgeheilten“ Borreliose auch aus der maßgebenden Sicht des objektiven Empfängers im Zusammenhang zu sehen sind mit der Folge, dass insgesamt lediglich eine „ohne objektivierbar krankhafte körperliche Befunde ausgeheilte Borreliose“ anerkannt ist, so ist hierin doch das Anerkenntnis einer Infektion als Erstschaden und als BK zu sehen. Dieses Anerkenntnis hat die Beklagte in der Folgezeit nicht zurückgenommen. Auch aus dem § 48 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zugrundeliegenden Rechtsgedanken folgt nicht, dass dieses Anerkenntnis ohne Bedeutung wäre. In der Vorschrift ist geregelt: Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll also verhindert werden, dass eine zu hohe Leistung, die durch irgendeinen Fehler entstanden ist, durch irgendeine Veränderung zugunsten des Betroffenen immer noch höher wird, das bestehende Unrecht also weiter wächst. Zwar kann vorliegend der Bescheid vom 26. Juni 2002 bereits wegen Ablaufs der Frist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X nicht mehr zurückgenommen werden. Geltend gemacht wird auch eine eingetretene Änderung zugunsten der Klägerin in dem Sinne, dass diese nunmehr aufgrund des Umstandes, dass die Borreliose doch nicht (mehr) ausgeheilt sei, einen Leistungsanspruch haben könnte. Auch findet die Aussparungsregelung des § 48 Abs.3 SGB X auch bei solchen Fehlern entsprechende Anwendung, welche den Grund einer Leistung erfassen (BSG, Urteil vom 20. März 2007, Az. B 2 U 38/05 R, zitiert nach juris), so dass der Anwendung der Vorschrift nicht entgegenstünde, dass mit dem Bescheid vom 26. Juni 2002 noch keine Leistung zuerkannt, sondern lediglich eine BK anerkannt wurde. Die Anwendung des § 48 Abs. 2 SGB X bedarf jedoch einer gesonderten ausdrücklichen Entscheidung der Behörde, sie setzt stets den Erlass eines entsprechenden konstitutiven feststellenden Verwaltungsaktes voraus (BSG, Urteil vom 22.06.1988, Az. 9/9a RV 46/86, Rdnr. 23, zitiert nach juris, ausdrückliche „Festhaltung“ in BSG, Urteil vom 15. August 1996, Az. 9 RV 22/95, zitiert nach juris, und Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 48 SGB X, Rdnr. 66, m. w. N). Eine erkennbare Äußerung der Beklagten, ihre Anerkennung der BK als rechtswidrig zu erachten, existiert nicht; vielmehr argumentiert die Beklagte im Bescheid vom 30. Januar 2007 damit, dass die Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht im ursächlichen Zusammenhang mit der „anerkannten Berufskrankheit“ stünden.

Der vorliegend streitige Anspruch der Klägerin auf die Gewährung von Verletztengeld scheitert aber daran, dass die für die streitigen Zeiträume geltend gemachte Arbeitsunfähigkeit – ihr Bestehen unterstellt – jedenfalls nicht auf eine Borreliose-Infektion der Klägerin zurückzuführen war, dass sie also nicht BK-bedingt war. Das Gericht stützt sich hierfür insbesondere auf die Ausführungen der Prof. Dr. B und Dr. S in deren Gutachten nebst Rückäußerungen, denen es sich anschließt. Ergänzend wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil zur Frage, ob die Klage in der Sache Erfolg gehabt hätte, Bezug genommen. Die von der Klägerin geklagten Beschwerden sind sämtlich unspezifisch und lassen sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Borreliose-Erkrankung zurückführen, während sich typische Symptome der Borreliose nicht gezeigt haben, wovon letztlich – abgesehen von Dr. B - alle gehörten Gutachter ausgingen. Dr. S führte überzeugend aus, dass die serologischen Befunde aus 2004 bis 2008 lediglich für eine alte und abgeheilte Infektion sprechen und dass eine klinisch relevante funktionelle Progression nicht nachgewiesen werden konnte. Da die Problematik einer Infektion bei mangelhaftem serologischen Nachweis durchaus bekannt sei, erfolge die Diagnose der Borreliose aufgrund des klinischen Bildes und erfordere klinische Erfahrung. Das klinische Bild, welches sich bei der Klägerin gezeigt hat, spricht jedoch entgegen ihrer eigenen Einschätzung gerade nicht für die Erkrankung an einer Borreliose. Dr. S und ausführlich Dr. K haben hierzu darauf hingewiesen, dass auch die von der Klägerin als spezifisch erachteten Symptome (Arthritiden und Arthralgien, Skelettschmerzen, vor allem der großen Gelenke, Meningopolyneuritis und radikuläre Schmerzen) beispielsweise auch zu jeder anderen als der akuten Lyme-Arthritis gehören und daher nicht beweisend für Borreliose-Schübe sind. Auch Prof. B kam zu dem Ergebnis, dass sich aus den vorliegenden Dokumenten eine noch aktive Infektion nicht ableiten lasse. Ein klinisch objektivierbarer Befund sei nicht erhoben worden.

Selbst Prof. Dr. R führte in seiner Rückäußerung vom 12. Juli 2005 auf die Einwände des Prof. Dr. M zu seinen gutachterlichen Feststellungen aus, dass die Problematik der fehlenden Differenzialdiagnostik „zweifellos offen“ sei; einen Zusammenhang der geklagten Beeinträchtigungen mit der anerkannten BK bezeichnete er hier noch als „durchaus möglich“. Dies genügt nach den oben dargelegten Gründen nicht für die Feststellung eines Zusammenhangs mit dem erforderlichen Beweismaßstab einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Die differentialdiagnostische Abklärung war jedoch nicht im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorzunehmen, etwa durch Einholung eines Gutachtens auf nervenärztlich-psychosomatischem Fachgebiet. Denn maßgeblich für das vorliegende Verfahren war allein, ob in den streitigen Zeiträumen Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Folgen einer Borreliose-Erkrankung bestand. Nicht erforderlich hingegen war die Abklärung, worauf denn nun im Einzelnen die von der Klägerin geklagten Beschwerden zurückzuführen sind, wenn diese jedenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Borreliose zurückzuführen sind.

Das Gutachten des Dr. B, der als Einziger von Arbeitsunfähigkeit in den streitigen Zeiträumen ausging, konnte nicht überzeugen. Nicht akzeptabel war sein Vorgehen, die Frage nach der Ursache der Arbeitsunfähigkeiten im Gutachten zunächst ohne Begründung zu bejahen und sogleich darauf hinzuweisen, dass er diesbezüglich die Klägerin nochmals befragt, jedoch noch keine Antwort erhalten habe. Damit blieb völlig offen, worauf er sich bei der Beantwortung der Beweisfrage überhaupt stützte. Inwieweit die streitgegenständliche Frage überhaupt untersucht worden ist, lässt sich dem Gutachten letztlich nicht entnehmen. Die diesbezügliche Antwort der Klägerin an den Gutachter, dass selbstverständlich die geltend gemachten Zeiten der Krankschreibung durch die Borreliose bedingt seien, denn sonst hätte sie diese ja nicht gegenüber der Beklagten geltend gemacht, können nicht eine gutachterliche Überprüfung ersetzen.

Auch die übrige Argumentation des Dr. B vermochte nicht zu überzeugen. Als für eine Lyme-Borreliose im Stadium III sprechend führte er zunächst an, dass bis 1997 keine Gesundheitsstörungen vorgelegen hätten. Auf die dem entgegenstehenden wiederholten Angaben des behandelnden Arztes Dr. H vom 25. Februar 2002 und 11. März 2002, dass die Klägerin bereits von 1988 bis 1990 Symptome geäußert hätte, die ihn bei heutigem Kenntnisstand an eine Borreliose denken ließen, weshalb Dr. H eine Borreliose bereits mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit seit 1988 bestehend erachtete, ging Dr. B dabei nicht ein. Nicht richtig waren die Ausführungen des Dr. Bauf Seite 34 seines Gutachtens, dass die IgG-Serologie in 9/97 „auffällig“ gewesen sei, denn in den entsprechenden Laborbefunden des Dr. W (Probeneingang 22.09.1997, Befundausgang 4. Und 24.6.1998) sind diese als „negativ“ bezeichnet worden. Weiter behauptete der Gutachter ein hohes Infektionsrisiko für Veterinärmediziner, ohne dies zu belegen und ohne sich mit den oben dargelegten entgegenstehenden und mit einer Publikation belegten Angaben des Prof. Dr. B auseinander zu setzen, dass hier gerade kein erhöhtes Risiko habe gefunden werden können. Soweit er sodann den Nachweis des Erregers Borrelia Burgdorferi im Blut als beweisend ansieht, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen, dass dieser angebliche Nachweis bereits aus formalen Gründen inakzeptabel ist. Soweit er dann eine Vielzahl geklagter Symptome als beweisend ansieht, ist darauf hinzuweisen, dass die übrigen Ärzte diese Beschwerden als unspezifisch eingestuft haben und dass auch Dr. B selbst zu Beginn seines Gutachtens und in seiner Rückäußerung ausgeführt hat, dass wissenschaftlich keine Einigkeit darüber besteht, welche Symptome denn nun beweisend sein sollten. Insgesamt vermochte also damit der nach § 109 SGG gehörte Gutachter nicht überzeugend darzulegen, dass die bei der Klägerin fortbestehenden Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Borrelien-Infektion rückführbar sind. Soweit Dr. B darüber hinaus der Auffassung ist, dass differenzialdiagnostisch alle anderen Krankheiten hätten ausgeschlossen werden können, so kann auch diese Einschätzung nicht geteilt werden, zumal sie mit keinerlei Ausführungen verbunden ist, welche in Betracht kommenden Erkrankungen durch welche Untersuchungen ausgeschlossen sein sollten. Prof. Dr. M und Dr. S hatten hier verschiedene Untersuchungen angeregt, mit denen im Interesse der Klägerin eine weitere Diagnostik erfolgen sollte und die gerade nicht durchgeführt worden sind. Auch Prof. Dr. R bezeichnete die differentialdiagnostische Abklärung als „zweifellos offen“.

Dem Vorbringen der Klägerin konnte nach allem nicht gefolgt werden. Mit Ausnahme von Dr. B, dem aus den dargelegten Gründen nicht gefolgt werden kann, wird die Einschätzung der Klägerin von keinem der gehörten Gutachter geteilt. Soweit die Klägerin teilweise den Gutachtern fehlende Kompetenz vorwirft, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin selbst hinsichtlich der Einschätzung ihrer Erkrankung sogar auf Chirurgen wie Dr. S bezieht, solange diese nur ihre persönliche Einschätzung teilen. Entscheidend konnte diesbezüglich jedoch nur sein, ob seitens der Ärzte der herrschende medizinisch-wissenschaftliche Meinungsstand vertreten wird, was den Ausführungen der Prof. Dr. M, Prof. Dr. T, Prof. Dr. B und Dr. S sowie Dr. K durchaus entnommen werden kann und wogegen die Klägerin in der Sache nachvollziehbare Zweifel letztlich nicht aufzeigen konnte. Soweit die Klägerin wiederholt, u. a. unter Bezug auf das Gutachten des Prof. Dr. B, darauf hinweist, dass eine Infektion durch Borrelien nicht habe ausgeschlossen werden können, ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht erforderlich ist. Vielmehr muss die Erkrankung als solche im sogenannten Vollbeweis bewiesen sein. Allerdings steht vorliegend aufgrund des entsprechenden Anerkenntnisses der Beklagten im Bescheid vom 26. Juni 2002 ohnehin fest, dass jedenfalls in der Vergangenheit eine Infektion durch Borrelien erfolgt war, was jedoch selbst nach Dr. B nicht die entscheidende Frage beantwortet, ob die Erkrankung weiterhin aktiv ist bzw. dies in den streitigen Zeiträumen war. Soweit die Klägerin ausführte, dass die Ablehnung ihrer Ansprüche nur nach Aktenlage und unter ausschließlicher Berücksichtigung des Teilaspektes „Labordiagnostik“ und nicht des gesamten Krankheitsbildung erfolgt sei, ist darauf hinzuweisen, dass dem nicht so ist. Vielmehr führten Prof. Dr. B und Dr. S aus, dass aufgrund des Problems des mangelhaften serologischen Nachweises die Diagnose der Borreliose aufgrund des klinischen Bildes erfolge und klinische Erfahrung erfordere, dass die von der Klägerin geklagten Beschwerden jedoch unspezifisch seien und dass das gezeigte Krankheitsbild gerade keine für Borreliose typischen Krankheitserscheinungen aufgewiesen habe. Soweit die Klägerin wiederholt auf Dr. H verweist, ist darauf hinzuweisen, dass dieser sich ausdrücklich dahin geäußert hatte, dass die Beschwerden der Klägerin bereits in den Jahren 1988 bis 1990 an eine Borreliose hätten denken lassen, also zu einem Zeitpunkt vor Aufnahme der Tätigkeit als selbständiger Tierärztin mit Borreliose-Forschung, auf welche die Klägerin wegen einer möglichen Ansteckung verweist, was eine Anerkennung als BK eigentlich ausschlösse. Soweit die Klägerin, etwa durch Markierungen in der von ihr beigebrachten Veröffentlichung der Deutschen Borreliose-Gesellschaft e. V., immer wieder darauf hinweist, dass auch ohne Antikörpernachweis eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegen könne, ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht in Abrede gestellt wird. Dies bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht, dass auf den notwendigen Vollbeweis des Vorliegens der Erkrankung vorliegend verzichtet werden könnte.

Insgesamt war bei fehlendem serologischen Nachweis und insgesamt lediglich unspezifischen Beschwerden, die zudem nach Angaben des behandelnden Arztes teilweise bereits vor dem zugrunde gelegten Ansteckungszeitpunkt bestanden, nicht festzustellen, dass sich die von der Klägerin geklagten gesundheitlichen Einschränkungen in den streitigen Zeiträumen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Borrelien-Infektion zurückführen ließen.

Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG lagen nicht vor.