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Entscheidung VK 48/09


Metadaten

Gericht Vergabekammer Potsdam Entscheidungsdatum 11.01.2010
Aktenzeichen VK 48/09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens.

3. Die Gebühr wird auf X.XXX,XX EUR festgesetzt und mit dem eingezahlten Kostenvorschuss verrechnet.

Gründe

I.

Der Auftraggeber schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom … 2009 den Bauauftrag zum Abschluss eines Rahmenvertrages zur Ertüchtigung von Standorten für den BOS-Digitalfunk – Herstellung, Lieferung und den Aufbau von bis zu 100 Containern für verschiedene Standorte im Land … – im Offenen Verfahren europaweit aus.

Varianten/Nebenangebote waren gemäß Ziffer II.1.9) der Bekanntmachung nicht zugelassen, alleiniges Zuschlagskriterium war nach Ziffer IV.1.2) der Preis.

Das mit den Verdingungsunterlagen versandte Formblatt 212EG (Bewerbungsbedingungen) bestimmte zu Ziffer 3.3, dass das Angebot die Preise und die in den Vergabeunterlagen geforderten Erklärungen und Angaben enthalten muss, unvollständige Angebote ausgeschlossen werden und dasselbe gilt, wenn die von der Vergabestelle gesondert verlangten Unterlagen nicht zu dem von der Vergabestelle bestimmten Zeitpunkt vorgelegt werden. Die Leistungsbeschreibung weist zu Ziffer 2 darauf hin, dass der Bieter verpflichtet ist, die geforderten Fabrikats- und Typenangaben, Leistungsdaten usw. sowie Preise vollständig und eindeutig anzugeben. Nach Ziffer 3.4 des Formblattes 212EG war, wenn die Leistungsbeschreibung bei einer Teilleistung eine Produktangabe mit Zusatz „oder gleichwertig“ enthält und vom Bieter dazu eine Produktangabe verlangt wird, das Fabrikat (insbesondere Herstellerangabe und genaue Typenbezeichnung) auch dann anzugeben, wenn der Bieter das vorgegebene Fabrikat anbieten will. Weiter heißt es: „Dies gilt nicht, wenn er im Angebotsschreiben erklärt, dass er das in der Leistungsbeschreibung benannte Produkt anbietet. Enthält das Angebot weder die Produktangabe noch die Erklärung, ist das Angebot unvollständig.“ Nach Ziffer 3.2 des Formblatts 212EG waren für das Angebot die vom Auftraggeber übersandten Vordrucke zu verwenden … Eine selbstgefertigte Abschrift oder Kurzfassung des Leistungsverzeichnisses war zugelassen, allein verbindlich war das vom Auftraggeber verfasste Leistungsverzeichnis.

Die Vergütung war in Ziffer 4 der Leistungsbeschreibung wie folgt geregelt: „Die Vergütung je Container (ausschließlich der Umsatzsteuer) ist für die vorgesehene Laufzeit des Vertrages als Festpreis anzugeben. Mit den Einheitspreisen ist die komplette Leistung abgegolten, falls in den besonderen Hinweisen oder den Leistungsbeschreibungen nichts anderes zum Ausdruck kommt. Zulagenpositionen werden gesondert beauftragt und nach Abnahme der erbrachten Leistung auf Nachweis erstattet. …“ In der OZ 01.01.0005 war die „Zulage Anlieferung“ geregelt, soweit die Anlieferung auf einem Sattelschlepper mit Auflieger und zwei gelenkten Achsen erfolgt.

Teil der Verdingungsunterlagen war das Merkblatt zur Behandlung von Verschlusssachen (VS) des Geheimhaltungsgrades „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD-Merkblatt).

Im Submissionstermin am 5. November 2009 lagen vierzehn Angebote vor. Das Angebot der Antragstellerin wies den zweitgünstigsten Angebotspreis aus.

Die Antragstellerin hatte in ihrem Angebot auf Seite 8 des Leistungsverzeichnisses der Verdingungsunterlagen (LV Container) zur OZ 01.01.0001 nicht an der dafür gesondert gekennzeichneten Stelle („vom Bieter einzutragen“) den Hersteller/Typ des von ihr angebotenen Containers eingetragen. Die Typ-Angabe ist in dem mit dem Angebot eingereichten, ergänzenden firmenspezifischen Leistungsverzeichnis, dort Seite 1, vermerkt. Die Gliederung dieses ergänzenden Leistungsverzeichnisses richtet sich nicht nach dem mit den Verdingungsunterlagen übersandten LV Container, enthält die dortigen Ordnungsziffern (OZ) nicht und weicht auch inhaltlich ab; so weichen beispielsweise auf Seite 1 dieses firmenspezifischen Leistungsverzeichnisses die Außenabmessungen des angebotenen Containers von den in OZ 01.01.0001 genannten Richtwerten des LV Container ab, auf Seite 6 wird auf eine unbezifferte Preisanpassung für den Fall verwiesen, dass die der Kalkulation zugrunde gelegten Bedingungen nicht zutreffen und die Kosten für einen Kraneinsatz höher liegen sollten, und auf Seite 8 behält sich die Antragstellerin eine Preisanpassung im Falle wesentlicher Preisänderungen für Kupfer und Stahl bis zur Auftragsvergabe vor.

Nach formeller Wertung der Angebote teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit Information nach § 101 a Abs. 1 GWB vom 6. November 2009 mit, dass ihr Angebot ausgeschlossen werde, weil auf Seite 8 des Leistungsverzeichnisses eine Fabrikatsangabe fehle. Mit E-Mail vom 9. November 2009 widersprach die Antragstellerin mit der Begründung, sie sei Hersteller, kein Händler, und habe die fragliche Hersteller- und Typenbezeichnung eindeutig in der beigefügten eigenen Leistungsbeschreibung gemacht, auch wenn eine solche nicht zu den geforderten Unterlagen gehört habe. Dem entgegnete der Auftraggeber nach erneuter formaler Angebotsprüfung am 11. November 2009 unter Hinweis auf die Vergabeunterlagen, Formblatt 212EG (Bewerbungsbedingungen), Ziffer 3.3, dass die geforderten Angaben an den vorgegebenen Stellen hätten gemacht werden müssen. Das gewährleiste die Vergleichbarkeit der Angebote. Die beigefügte eigene Leistungsbeschreibung sei auch deshalb schwer mit den Vergabeunterlagen zu vergleichen, da sie inhaltlich abweiche: es fehlten einige Inhalte und teilweise würden eigene Annahmen und Randbedingungen als Kalkulationsgrundlage benannt, was eine zum Angebotsausschluss führende Änderung der Verdingungsunterlagen darstelle.

Mit Schreiben vom 13. November 2009 rügte die Antragstellerin, dass die fehlende Fabrikatsangabe kein Ausschlussgrund sei. In der eigenen ergänzenden Leistungsbeschreibung werde auf Seite 1 eindeutig der Beton-Fertigteil-Container Typ … von ihr, der anbietenden Herstellerfirma … genannt. Der Angebotsausschluss sei mithin rückgängig zu machen. Die Vorlage der eigenen Leistungsbeschreibung stelle keinesfalls eine Änderung der Verdingungsunterlagen dar. Sie stehe hierzu nicht im Widerspruch, führe das Wesentliche auf und sei als selbstgefertigte Kurzfassung des Leistungsverzeichnisses gemäß 212EG, Punkt 3.2, Abs. 2, auch zulässig. Ohne die ergänzenden Angaben zur Kalkulation hätte ein belastbares Angebot nicht abgegeben werden können. Insoweit sei also die Leistungsbeschreibung im Sinne von § 9 Ziffern 1 und 3 VOB/A unvollständig, was gerügt werde.

Die Leistungsbeschreibung der Verdingungsunterlagen sei ferner deshalb als nicht eindeutig und unvollständig zu rügen, als die Antragstellerin – unter Berücksichtigung des für den vorgesehenen Verwendungszweck üblichen und der von ihr kürzlich (teils über Drittanbieter) an den Auftraggeber gelieferten Container – fest davon ausgegangen sei, dass diese Ausschreibung sich ausschließlich auf Beton-Container beziehe. Aufgrund der Widerspruchszurückweisung und nach Recherchen im Internet über die aus der Submission bekannten Mitbieter der Preisränge 1 und 3 habe sie jedoch festgestellt, dass es sich je um Anbieter von Containern aus Stahlblech handele. Diese seien mit Containern aus Beton weder aus technischer Sicht noch in der Preisgestaltung annähernd vergleichbar. Bei Zulassung verschiedener Materialien hätte die Leistungsbeschreibung zahlreiche weitere Angaben zu den wesentlichen technischen Eigenschaften der anzubietenden Container beinhalten müssen, die – wie beispielhaft aufgelistet – Auswirkungen auf die Folgekosten einer solchen Anschaffung hätten. Mangels Abfrage derartig ergänzender Angaben sei lediglich ein Material, Container aus Beton, in Betracht gekommen. Bei Erkennbarkeit hätte die Antragstellerin ansonsten auf eine entsprechende Ergänzung der Verdingungsunterlagen hingewiesen bzw. die Möglichkeit geprüft, selbst Stahlcontainer anzubieten.

Da der Auftraggeber der Rüge zeitnah nicht abgeholfen hat, hat die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20. November 2009 einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg gestellt. Zur Begründung hat sie ihr Rügevorbringen wiederholt und vertieft, insbesondere zur fehlenden Vergleichbarkeit von Containern verschiedener Materialen – Stahlblech oder Beton – vorgetragen. Die Verwendung bestimmter Begriffe sowie die den Verdingungsunterlagen beigefügten Zeichnungen hätten einzig auf das Material „Beton“ bei den ausgeschriebenen Containern schließen lassen. Die Zeichnungen seien quasi identisch mit denen, welche die Antragstellerin auf eine Bitte im Jahr 2008 an das mit der Vorbereitung dieser Ausschreibung beauftragte Ingenieurbüro übersandt habe. Die auf Seite 8 des Leistungsverzeichnisses fehlende Fabrikatsangabe sei kein Ausschlussgrund, denn der eindeutige und vollständige Angebotsinhalt, dass die Antragstellerin als Hersteller nur ein eigenes Fabrikat anbietet, ergebe sich sowohl durch Auslegung als auch durch die eigene ergänzende Leistungsbeschreibung. Im Übrigen handele es sich bei der fehlenden Herstellerangabe nicht um eine wertungsrelevante Erklärung.

Die Antragstellerin beantragt,

1. den Auftraggeber zu verpflichten, die Ausschreibung aufzuheben,

hilfsweise,

1.a) den Auftraggeber zu verpflichten, Angebote von Containern aus anderem Material als Beton vom Ausschreibungsverfahren auszuschließen,

1.b) den Auftraggeber zu verpflichten, den Angebotsausschluss zulasten der Antragstellerin rückgängig zu machen und den Zuschlag nur unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin zu erteilen,

2. der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren,

3. die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären,

4. dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dem Auftraggeber aufzuerlegen.

Der Auftraggeber beantragt,

den Antrag auf Nachprüfung des Vergabeverfahrens kostenpflichtig abzulehnen.

In seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 2009 macht er geltend, dass – wie in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. September 2009 (Az.: WVerg 3/09) – die Regelungen des Vergaberechts wegen Eingreifens des § 100 Abs. 2 Buchst. d) GWB vorliegend nicht anzuwenden seien, auch wenn die Leistung fehlerhafterweise im Offenen Verfahren ausgeschrieben worden sei. Das streitige Vergabeverfahren beruhe vielmehr auf sicherheitsrelevanten Einschätzungen des … ministeriums aus dem Frühjahr 2009, die durch die Bundesanstalt … fortgeschrieben worden seien, sodass zwischenzeitlich der Gesamtmaßnahme „Errichtung eines bundesweiten Digitalfunknetzes“ der Sicherheitsstatus VS-Verschlusssache zuerkannt wurde.

Nach Auffassung des Auftraggebers ist die Antragstellerin mit ihrem Vorhalt, die Verdingungsunterlagen verstießen gegen § 9 Ziffer 1 VOB/A, präkludiert, da sie von diesem Verstoß mit Übersendung der Verdingungsunterlagen Kenntnis erhalten habe und ihn somit spätestens bei Angebotsabgabe hätte rügen müssen. Tatsächlich mache das Leistungsverzeichnis an keiner Stelle Vorgaben zum Containermaterial. Die geforderten Parameter seien Mindestanforderungen, die durch den Einsatz verschiedenster Materialien erreichbar seien, was im Rahmen der technischen Wertung geprüft werde. Die Antragstellerin schildere schlicht ihre subjektive Wahrnehmung, wenn ihres Erachtens „üblicherweise“ Betoncontainer für den BOS-Digitalfunk verwendet würden.

Das Angebot sei auch zu Recht wegen Unvollständigkeit ausgeschlossen worden, §§ 21 Nr. 1 Abs. 2 i.V.m. 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A, denn die Antragstellerin habe zu der OZ 01.01.0001 des Leistungsverzeichnisses die Angabe von Hersteller und Typ des angebotenen Containers unterlassen. Hierzu sei sie jedoch, wie Ziffer 2 des Leistungsverzeichnisses und Ziffer 3.3 des Formblattes 212EG zu entnehmen, verpflichtet gewesen. Der bereits in der Rüge vom 13. November 2009 vertretenen Auffassung der Antragstellerin, die Angaben in der beigefügten eigenen Leistungsbeschreibung genügten, könne nicht gefolgt werden, denn diese Leistungsbeschreibung weiche nicht unerheblich von der übersandten Leistungsbeschreibung der Vergabeunterlagen ab. Sie enthalte beispielsweise Angebotserweiterungen zur Stahlpreisgleitklausel und Kosten für einen Kraneinsatz. Damit könne sie aus formalen Gründen nicht als Kurzfassung des Leistungsverzeichnisses im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOB/A angesehen werden, noch könnten aus Gründen der inhaltlichen Abweichungen ihre Angaben ergänzend in die übersandte Leistungsbeschreibung übertragen werden.

Die Antragstellerin hat mit weiterer Stellungnahme vom 11. Dezember 2009 zu ihrem bisherigen Vorbringen ergänzend vorgetragen, dass die vom Auftraggeber angeführte Bereichsausnahme gemäß § 100 Abs. 2 Buchst. d) GWB keine Anwendung fände: die Alternative zu aa) scheide aus, da Vorschriften, nach denen der streitige Auftrag für geheim erklärt worden sein könnte, weder vom Auftraggeber benannt worden, noch sonst erkennbar seien; die Alternative zu bb) scheide aus vergleichbaren Gründen aus. Der Auftrag erfasse lediglich die Herstellung, Lieferung und den Aufbau der Container, nicht jedoch – wie im Fall der Entscheidung des OLG Dresden vom 18. September 2009 – auch den Betrieb der Funkleitstellen unter Einsatz von Mitarbeitern des Bieters. Die bloße Einstufung als „VS-NfD“ genüge nicht; der Sicherheitsstatus „VS-Verschlusssache“ sei nicht dargetan. Die weiteren Alternativen zu cc) und dd) seien ebenfalls erkennbar nicht einschlägig, zumal die Bieter im Rahmen der Auftragsdurchführung keinerlei Kenntnisse über den Funkverkehr im Rahmen des geplanten BOS-Digitalfunks erhielten. Die Ausschreibung belege, dass eine Abtrennung etwaig sicherheitsrelevanter Aspekte möglich war.

Durch Verfügung des Vorsitzenden der Kammer vom 21. Dezember 2009 wurde die Entscheidungsfrist nach § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB bis zum 15. Januar 2010 verlängert.

Auf die der Vergabekammer vorgelegten Vergabeakten sowie die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist, soweit er zulässig ist, offensichtlich unbegründet. Dieser Umstand rechtfertigt es, dem Akteneinsichtsbegehren nicht zu entsprechen und ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, §§ 111 Abs. 1; 112 Abs. 1 Satz 3 GWB.

Die angerufene Vergabekammer ist für die Entscheidung über den Nachprüfungsantrag zuständig. Die streitige Auftragserteilung ist dem Land … zuzurechnen, § 104 Abs. 1 GWB. Der Auftraggeber ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB.

Die zur Nachprüfung durch die Vergabekammer gestellte Auftragsvergabe unterliegt dem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, § 102 GWB. Eine Anfrage beim Auftraggeber ergab, dass die in Rede stehende Auftragsvergabe einen von drei Rahmenverträgen betrifft, die Teil einer Gesamtbeschaffung sind, deren Gesamtvolumen nach Mitteilung des Auftraggebers vom 15. Dezember 2009 erheblich über dem einschlägigen Schwellenwert für Bauaufträge in Höhe von 5.150.000,00 EUR (§ 127 Nr. 1 GWB i.V.m. Artikel 2 der VO (EG) Nr. 1422/2007 vom 4. Dezember 2007) liegt. Auch übersteigt der für diese Teilmaßnahme der Gesamtbeschaffung geschätzte Auftragswert von X.XXX.XXX,XX EUR den insoweit für Baulose geltenden Wert von 1 Mio. EUR nach § 2 Nr. 7 VgV.

Dem Vorbringen des Auftraggebers, der vorliegende Vergabesachverhalt sei der Anwendbarkeit der §§ 102 ff. GWB entzogen, da die Bereichsausnahme des § 100 Abs. 2 Buchst. d) GWB greife, kann nicht beigetreten werden. Die Variante zu aa) scheidet, wie bereits dem vom Auftraggeber in Bezug genommenen Urteil des OLG Dresden vom 18. September 2009 entnommen werden kann, aus. Zwar ist die Einrichtung des BOS-Digitalfunks seitens des … als lebenswichtige Einrichtung und damit als sicherheitsempfindliche Stelle eingestuft worden, die streitige Ausschreibung betrifft jedoch lediglich eine Vorstufe zur Einrichtung des Funknetzes im materiellen Sinne: es sollen ca. 100 Container mit vergleichsweise unspezifischen Vorinstallationen hergestellt, geliefert und aufgebaut werden. Die Mitarbeiter des erfolgreichen Bieters bzw. der von ihm gegebenenfalls benannten Nachunternehmer werden zudem nicht annähernd die Möglichkeit erhalten, sich zumindest Zugang zu Verschlusssachen zu verschaffen, wie es beim Betrieb der Funkleitstellen in der dem OLG Dresden vorliegenden Konstellation der Fall war.

Dass für den Aufbau an bisher teils noch nicht feststehenden, teils sicherheitsrelevanteren Orten für die Auftragsausführung gegebenenfalls eine Erklärung gemäß VS-NfD-Merkblatt erforderlich sein wird, macht die hier unterhalb des Sicherheitsniveaus „VS-vertraulich“ liegende Leistung nicht automatisch zum Gegenstand des § 100 Abs. 2 Buchst. d) GWB. Unabhängig davon hat der Auftraggeber das Vorliegen dieser die Bieterrechte erheblich tangierenden Ausnahmevorschrift unter Abwägung der jeweiligen Interessen nachvollziehbar darzulegen und auch in der Vergabeakte entsprechend zu begründen. Das ist vorliegend nicht geschehen und vom Auftraggeber in seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 2009 nicht nachgeholt worden. Hier wurden kaum mehr als pauschale Hinweise auf die zitierte Rechtsprechung gegeben. Auch die Vergabekammer sieht entsprechend den Ausführungen der Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 11. Dezember 2009 keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer der drei weiteren Varianten des § 100 Abs. 2 Buchst. d) GWB; vielmehr ist mit der gesonderten Ausschreibung der Container von der Gesamtbeschaffung die Leistung getrennt ausgeschrieben worden, die (noch) keine hohe Sicherheitsrelevanz aufweist, welche eine der vier Alternativen der Bereichsausnahme nach § 100 Abs. 2 Buchst. d) GWB rechtfertigte.

Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, soweit sie sich gegen den ihrer Auffassung nach unberechtigten Ausschluss ihres Angebotes wendet. Sie hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebotes dokumentiert und trägt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung sowie eines ihr deshalb drohenden Schadens vor, dass der Auftraggeber ihr Angebot vergaberechtswidrig wegen angeblicher Unvollständigkeit sowie Änderung der Verdingungsunterlagen von der weiteren Wertung ausgeschlossen hat, denn die mitgeteilten Ausschlussgründe träfen nicht zu.

Soweit sich die Antragstellerin mit Rügeschreiben vom 13. November 2009 gegen den Ausschluss ihres Angebotes wegen Unvollständigkeit und Änderung der Verdingungsunterlagen wendet, hat sie auch ihrer Rügeobliegenheit genügt. Sie hat die Rügen im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB unverzüglich erhoben, und zwar zwei Kalendertage nach Zurückweisung ihres gegen den Angebotsausschluss gerichteten Widerspruchs vom 9. November 2009.

Soweit sie in ihrem Schreiben vom 13. November 2009 auch die vom Auftraggeber mit den Verdingungsunterlagen versandte Leistungsbeschreibung als nicht eindeutig und unvollständig rügt, ist sie mit diesem Vorbringen gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert. Hiernach hätte sie den aus ihrer Sicht vorliegenden Verstoß gegen § 9 Nr. 1 VOB/A spätestens mit Abgabe des Angebotes rügen müssen. Der Auftraggeber hat in den Verdingungsunterlagen erkennbar keine Vorgaben zum Material der nachgefragten Container gemacht. Er hat anderweitige Vorgaben, beispielsweise zur Widerstandsklasse, den Abmessungen oder der Grundausstattung gemacht, die nach Einschätzung des Auftraggebers sowohl vom Produkt Betoncontainer als auch vom Produkt Stahlblechcontainer erfüllt werden können.

Die erst im Nachgang zum Submissionsergebnis vorgebrachten Argumente, aus den Verdingungsunterlagen, hier insbesondere aus der Verwendung bestimmter Begriffe, habe die Antragstellerin einzig auf die Ausschreibung des Materials „Beton“ schließen können, führen bereits mit Blick auf die Angebotspalette und das die Einschätzung der Antragstellerin widerlegende Verständnis der Verdingungsunterlagen durch die Mitbieter zu keiner anderen Bewertung. Bieteranfragen zu dieser Thematik hat es nicht gegeben. Die Fehleinschätzung der Antragstellerin scheint insbesondere geprägt von einer Containerlieferung in der jüngeren Vergangenheit sowie von der Übermittlung diverser Unterlagen an ein – nach ihrem Vortrag – mit der Vorbereitung der Ausschreibung befasstes Ingenieurbüro.

Der Nachprüfungsantrag ist offensichtlich unbegründet.

Die Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB ohne mündliche Verhandlung als „offensichtlich unbegründet“ sollte die Ausnahme bleiben, die nur dann aus prozessökonomischen Gründen statthaft ist, wenn eine Verhandlung von vornherein unnötig und für das Ergebnis irrelevant erscheint (Maier, NZBau 2004, S. 667/669), etwa wenn nach Durchsicht der Vergabeakten kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass es die von der Antragstellerin behaupteten Vergaberechtsverstöße tatsächlich nicht gibt. So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin ist zu Recht mit ihrem Angebot wegen Unvollständigkeit und wegen Änderung der Verdingungsunterlagen vom Wettbewerb ausgeschlossen worden.

Das Angebot der Antragstellerin war zwingend wegen Unvollständigkeit gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A auszuschließen, weil die Leistungsbeschreibung der Verdingungsunterlagen auf der vom Auftraggeber bezeichneten Seite 8 zur OZ 01.01.0001 nicht vollständig ausgefüllt war. Die Antragstellerin hat die geforderte Hersteller- und Typenangabe des angebotenen Containers trotz des Klammerzusatzes „vom Bieter einzutragen“ nicht an der dafür vorgesehenen Stelle eingetragen. Auf den Seiten 14 und 17 hat die Antragstellerin diesen Anforderungen genügt und den eigenen Firmennamen – im Übrigen auch die geforderten Angaben anderer Hersteller an den entsprechend gekennzeichneten Stellen, beispielsweise auf den Seiten 13, 15 und 16 – in die Leistungsbeschreibung der Verdingungsunterlagen eingetragen.

Der Auftraggeber hatte durch Übersendung des Formblattes 212EG (Bewerbungsbedingungen) unter Ziffer 3.3 verdeutlicht, dass unvollständige Angebote ausgeschlossen werden. Das Angebot müsse die Preise und die in den Vergabeunterlagen geforderten Erklärungen und Angaben enthalten. Auch Ziffer 2 der Leistungsbeschreibung weist auf die Pflicht der Bieter hin, die geforderten Fabrikats- und Typenangaben, Leistungsdaten usw. sowie Preise vollständig und eindeutig anzugeben. Dies dient der Vergleichbarkeit der Angebote (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. Mai 2009 – 11 Verg 2/09). Die nach Ziffer 3.4 des Formblattes 212EG mögliche Ausnahme lag in Bezug auf OZ 01.01.0001 nicht vor, denn hier hatte der Auftraggeber kein Fabrikat vorgegeben, das mit der entsprechenden Erklärung im Angebotsschreiben (dort Ziffer 9) angeboten werden konnte. Damit war das Angebot unvollständig im Sinne der hierzu gemäß Formblatt 212EG (Ziffer 3.4, letzter Satz) den Bietern vom Auftraggeber gegebenen Definition.

Die Antragstellerin kann sich insoweit auch nicht auf Ziffer 3.2 des Formblattes 212EG berufen, nach der eine selbstgefertigte Abschrift oder Kurzfassung des Leistungsverzeichnisses zugelassen war und nach Auffassung der Antragstellerin in der von ihr ergänzend eingereichten firmenspezifischen Leistungsbeschreibung vorgelegt worden ist. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOB/A hat eine derartige Fassung des Leistungsverzeichnisses „jedoch die Ordnungszahlen (Positionen) vollzählig in der gleichen Reihenfolge und mit den gleichen Nummern wie in der Urschrift“ (Wortlaut) wiederzugeben. Das ist offensichtlich bei der von der Antragstellerin eingereichten ergänzenden Leistungsbeschreibung nicht der Fall. Zwar wird eine Typenbezeichnung genannt, die des angebotenen Containers, doch fehlt es an den anderen der in der zitierten Norm genannten Voraussetzungen.

Damit verbleibt es bei der zutreffenden Feststellung des Auftraggebers, dass die Antragstellerin eine entgegen den Anforderungen zur OZ 01.01.0001 nicht vollständig ausgefüllte Leistungsbeschreibung als Bestandteil ihres Angebotes eingereicht hat, sodass das Angebot bereits aus formalen Gründen aus der weiteren Wertung zu nehmen war.

Dieser Mangel kann nicht durch die Angaben der ergänzend eingereichten firmenspezifischen Leistungsbeschreibung geheilt werden. Vielmehr realisiert die Antragstellerin mit dieser ergänzenden Leistungsbeschreibung einen weiteren zwingenden Ausschlussgrund. Mit dieser ergänzenden Leistungsbeschreibung weicht das Antragstellerangebot in mehreren Punkten von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses der Verdingungsunterlagen inhaltlich ab.

Ein Angebot ist dann nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn der Bieter Änderungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen hat. Diese Änderungen liegen hier, wie bereits der Auftraggeber nach formaler Zweitprüfung auf den Widerspruch der Antragstellerin festgestellt und dieser mitgeteilt hat, unter anderem in der vorbehaltenen Preisanpassung für den Fall, dass sich die der Preiskalkulation zugrunde gelegten Kosten für einen Kraneinsatz erhöhen sollten (Seite 6) sowie in der Preisanpassungsklausel bei wesentlichen Preisänderungen für Kupfer und Stahl (Seite 8).

Die Verdingungsunterlagen regeln die Vergütung in Ziffer 4 der Leistungsbeschreibung. Es waren für die Container Einheitspreise anzubieten, welche die komplette Leistung als Festpreise für die Laufzeit des Vertrages abgelten, falls in den besonderen Hinweisen oder den Leistungsbeschreibungen nichts anderes zum Ausdruck kommt. Vonseiten des Auftraggebers werden die Preisanpassungen des § 2 VOB/B zum Vertragsgegenstand, auf die in den Verdingungsunterlagen mit Formblatt 215, Zusätzliche Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen, Bezug genommen wird. Es war ferner festgelegt, dass Zulagenpositionen gesondert beauftragt und nach Abnahme der erbrachten Leistung auf Nachweis erstattet werden. Die Anlieferung der angebotenen Container war in einer Zulagenposition, OZ 01.01.0005, geregelt, allerdings betrifft diese Ordnungsziffer keinen Kraneinsatz, sondern die Anlieferung mittels Sattelschlepper.

Es kann im Grunde dahinstehen, ob das Abweichen zwischen angebotener und der in den Verdingungsunterlagen beschriebenen Leistung dogmatisch als Fall der unzulässigen Änderung an den Verdingungsunterlagen nach § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A einzuordnen ist, welcher zum zwingenden Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A führt, oder ob ein nicht ausdrücklich in der Verdingungsordnung enthaltener zwingender Ausschlussgrund wegen der sich nicht deckenden und damit nicht zu einem Vertrag führenden Willenserklärungen vorliegt (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Juli 2008, Verg 10/08). Jedenfalls hat die Antragstellerin mit den eigenen, vom Text der Verdingungsunterlagen abweichenden Formulierungen in der ergänzend vorgelegten firmenspezifischen Leistungsbeschreibung nicht die mit den Verdingungsunterlagen beschriebene und damit ausgeschriebene Leistung angeboten. Ihr Angebot war somit auch aus diesem Grunde aus der Wertung zu nehmen.

III.

Der Antrag auf Akteneinsicht durch die Antragstellerin gemäß § 111 Abs. 1 GWB ist abzulehnen. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist. Das ist bei einem offensichtlich unbegründeten Nachprüfungsantrag nicht der Fall.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt.

Die Vergabekammer hält die Festsetzung der …gebühr von X.XXX,XX EUR gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB bei Abwägung des Aufwandes einerseits und der wirtschaftlichen Bedeutung des dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Auftrages für die Antragstellerin andererseits für angemessen, zumal keine Beiladung erfolgt ist und eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat.

V.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).

Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).

Gemäß § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Landes Brandenburg vom 26. Mai 2009, Amtsblatt für Brandenburg S. 1225, ist die Unterzeichnung des Beschlusses durch den ehrenamtlichen Beisitzer nicht erforderlich.