Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat | Entscheidungsdatum | 24.02.2011 | |
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Aktenzeichen | L 8 R 176/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 27 SGB 5, § 33 SGB 5, § 10 SGB 6, § 11 SGB 6, § 15 SGB 6, § 75 Abs 5 SGB 9 |
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2010 aufgehoben.
Die Klagen gegen die Beklagte und die Beigeladene werden abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Erstattung von Aufwendungen für die Versorgung mit Hörgeräten, soweit sie nicht von der Beigeladenen übernommen worden waren.
Die Klägerin ist 1957 geboren worden. Bei ihr ist seit 1969 ein Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz (jetzt: Sozialgesetzbuch Neuntes Buch [SGB IX]) wegen Beeinträchtigungen des Hörvermögens anerkannt, seit 1985 in Höhe von 70 (seither außerdem die Merkzeichen G und RF). Sie ist seit 1993 in Vollzeit als Buchhalterin (Bürogehilfin) in einer Wirtschaftsprüfer-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei beschäftigt.
Am 22. August 2007 beantragte sie bei der Beklagten, ihr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch Übernahme der Kosten für eine Hörgeräteversorgung zu gewähren. Sie habe Publikumsverkehr und könne mit ihren jetzigen, zu schwachen Hörgeräten dem Gespräch mit Mandanten nicht mehr folgen. Zu dem Antrag reichte sie unter anderem einen „Anpassungsbericht des Hörgeräte-Akustikers“, ausgestellt von der Firma G Hörakustik am 9. Juli 2007, und eine ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe vom 24. Juli 2007, ausgestellt von dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. G ein. In letzterer ist angegeben, dass die bisherigen Hörgeräte „technisch nicht mehr ausreichend“ seien.
Durch Bescheid vom 30. August 2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe aus der gesetzlichen Rentenversicherung seien nicht erfüllt, da eine höherwertige Hörhilfe für jedwede berufliche Tätigkeit und in allen Lebensbereichen erforderlich sei.
Zur Begründung ihres Widerspruchs reichte die Klägerin eine Bescheinigung des Dr. G vom 20. September 2007 ein. Aus ihr ging hervor, dass die Klägerin beidseits an einer bis an Ertaubung grenzenden Schwerhörigkeit leidet. Ohne Hörgeräte würden weder Flüster- noch Umgangssprache verstanden. Für eine berufliche Tätigkeit sei sie auf Hörgeräte angewiesen, da sie ansonsten nicht an der Kommunikation mit anderen Menschen teilnehmen könne. Die beidseitige Versorgung mit Hörgeräten sei nötig, um eine Frühberentung bzw. den Verlust des Arbeitsplatzes zu vermeiden. Ferner reichte sie die Rechnung der Firma G Hörakustik vom 28. November 2007 betreffend zwei Hörgeräte „Oti Sumo DM“ (Preis jeweils 1.400,-- €), zwei Komfort-Ohrschalen (Preis jeweils 72,-- €), einen „Geers Airball“ sowie zweier „Servicepauschalen“ (Preis jeweils 194,90 €) ein. Abzüglich der von der Beigeladenen gewährten pauschalen Leistungen (neben den beiden „Servicepauschalen“ Beiträge für die Hörgeräte in Höhe von 453,50 € und 369,50 €) und den Zuzahlungen der Klägerin (zweimal 10,-- €) verblieb ein offener Rechnungsbetrag von 2.364,20 €, den die Klägerin am 3. Dezember 2007 beglich.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2007 zurück. Die Versorgung mit Hörhilfen gehöre grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben kämen Hörgeräte nur dann in Betracht, wenn sie ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufs oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt würden. Auch im vorliegenden Fall sei keine besondere Ausstattung notwendig, die sich ausschließlich aus der Ausübung des Berufs begründe.
Der Beigeladenen war die Neuversorgung mit Hörgeräten unterdessen durch die „Versorgungsanzeige“ der Firma G Hörakustik vom 9. Oktober 2007 bekannt geworden. Die Beigeladene übernahm die Kosten für die Hörgeräteversorgung pauschal in dem oben beschriebenen Umfang, ohne hierüber einen Bescheid zu erlassen. Einen Antrag der Klägerin auf Übernahme der vollen Kosten lehnte sie durch Bescheid vom 5. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2008 ab. Hiergegen erhob die Klägerin keine Klage.
Mit ihrer gegen die Bescheide der Beklagten erhobenen Klage hat die Klägerin den Anspruch auf Kostenübernahme weiterverfolgt. Sie hat ein Schreiben ihres Arbeitgebers vom 10. Januar 2008 vorgelegt, in dem ihre Arbeitsaufgaben geschildert werden. Ferner hat sie ausgeführt, dass sie sich für die erworbenen Hörgeräte in einem Vergleich mit fünf anderen entschieden habe. Sie hätten den besten Hörerfolg erbracht und seien nach den „Festbetragsgeräten“ die günstigsten gewesen. Hierzu hat sie ein Schreiben der Firma G Hörakustik vom 12. Februar 2008 vorgelegt. Schließlich hat sie mitgeteilt, dass in ihrem Fall eine ausreichende Versorgung zum Festbetrag nur mit einem Taschenhörgerät gewährleistet sei, was jedoch keine Kommunikation im beruflichen Alltag ermögliche. Hierzu hat sie ein Schreiben der Firma G Hörakustik vom 15. Mai 2008 vorgelegt.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung verblieben, nicht leistungspflichtig zu sein. Die mit Beschluss des Sozialgerichts vom 5. Juni 2009 beigeladene Krankenkasse hat die Auffassung vertreten, dass sie ebenfalls keine weitergehende Leistungspflicht treffe. Es sei nicht erkennbar, dass die Geräuschkulisse am Arbeitsplatz der Klägerin über das hinausgehe, was sich überall im täglichen Leben wieder finde. Damit reiche die Hörgeräteversorgung im Rahmen der Festbeträge aus.
Das Sozialgericht hat eine schriftliche Auskunft der G Hörakustik AG & Co. KG vom 11. September 2009 eingeholt und durch Urteil vom 8. Januar 2010 die Beklagte im beantragten Umfang zu Leistungen verurteilt. Als erstangegangener Leistungsträger, der den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht weitergeleitet habe, müsse sie ausnahmsweise auch Leistungen nach Krankenversicherungsrecht erbringen. Nach krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften handle es sich um ein Hilfsmittel zur Krankenbehandlung, wobei dahinstehen könne, ob es sich auch um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Krankenversicherung handle. Die Klägerin habe jedenfalls Anspruch auf Ausstattung mit den Hörgeräten, wobei sich der gesetzliche Anspruch auf Sachleistungen in einen Anspruch auf Kostenerstattung gewandelt habe. Die gewählten Hörgeräte seien zur Krankenbehandlung und zum Ausgleich der Behinderung ausreichend, zweckmäßig und erforderlich. Das ergebe sich aus den Angaben des behandelnden Arztes Dr. G und des Hörgeräteakustikers. Keine Bedeutung habe, dass für Hörgeräte Festbeträge vorgesehen seien. Maßstab für die Prüfung der Erforderlichkeit sei, ob sich die nach dem Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erreichen lasse. Sei dies mit Festbetragsgeräten nicht möglich, sei es verfassungsrechtlich geboten, über den Festbetrag hinauszugehen. Es könne dahinstehen, ob mit anderen und preiswerteren als den getesteten Geräten möglicherweise gleich gute Ergebnisse zu erzielen gewesen wären. Nach den Grundsätzen des sogenannten Systemversagens könne nicht auf wirtschaftlichere Alternativen verwiesen werden, wenn es - wie hier - an einer sachgerechten Beratung durch den Leistungsträger fehle. Ob ein Anspruch auf Versorgung mit Hörgeräten möglicherweise auch aus rentenrechtlichen Vorschriften folge, könne dahinstehen, da er dem Anspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung nicht entgegenstehe. Die Hörgeräte seien zur Ausübung elementarer Grundbedürfnisse der Klägerin erforderlich und damit von der krankenversicherungsrechtlichen Grundversorgung erfasst. Hierzu gehöre es auch, eine berufliche Tätigkeit auszuüben.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, nicht leistungspflichtig zu sein. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) treffe grundsätzlich die Krankenkassen das Risiko, dass eine behinderungsgerechte Versorgung nicht mit einem Festbetragsgerät möglich sei. Es sei unstreitig, dass im vorliegenden Fall das Festbetragsgerät nicht zu einer ausreichenden Versorgung der Klägerin führe. Sie (die Beklagte) sei auch nicht verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Träger von Teilhabeleistungen Leistungen zu prüfen oder zu gewähren, die nicht den Charakter einer Teilhabeleistung hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Januar 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Bescheid der Beklagten vom 30. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2007 aufzuheben und die Beigeladene zu verurteilen, an sie 2.364,20 € zu zahlen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Wenn aber die Beklagte nicht leistungspflichtig sei, so sei es jedenfalls die Beigeladene.
Die Beigeladene beantragt,
die gegen sie gerichtete Klage abzuweisen, soweit der Hilfsantrag der Klägerin zum Tragen kommt.
Sie vertritt die Auffassung, dass sie im vorliegenden Verfahren nicht zu Leistungen verpflichtet werden könne. Die Klägerin habe den ihr gegenüber erlassenen Bescheid nicht angefochten. Erst durch das anhängige Streitverfahren habe sie erfahren, dass die Versorgung mit Geräten zum Festbetrag nicht ausreiche. Sie sei davon ausgegangen, dass der Hörgeräteakustiker entsprechend seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Beigeladenen eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung sichergestellt habe.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat ihr gegenüber keinen Anspruch auf die geltend gemachten Leistungen. Unbegründet ist auch der gegen die Beigeladene gerichtete Klageantrag. Deren Verurteilung ist verfahrensrechtlich nicht möglich.
Für einen Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
Die Beklagte ist grundsätzlich nur dafür zuständig, Leistungen nach dem für sie geltenden Leistungsgesetz, dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), zu erbringen. Darüber hinaus ist sie im vorliegenden Fall der für Leistungen zur Teilhabe zuständige Leistungsträger (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB IX). An sie ist (im August 2007) als Erste ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe gerichtet worden, und sie hat diesen Antrag nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen an einen anderen Träger von Leistungen zur Teilhabe weitergeleitet.
Durch die nach § 14 SGB IX begründete Zuständigkeit haben andere Leistungsträger, im vorliegenden Fall die Beigeladene, ihre Entscheidungsbefugnis über die Gewährung von Teilhabeleistungen nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen verloren (s. BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 8 und Urteil vom 20. April 2010 – B 1/3 KR 6/09 R). Als Folge ist die Beklagte verpflichtet, Teilhabeleistungen nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen unter Beachtung der besonderen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen (s. stellvertretend BSG in Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] 4-3250 § 14 Nr. 8). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts fallen Leistungen außerhalb des Rechts der Teilhabe nicht unter die durch § 14 SGB IX begründete Zuständigkeit. Die Beklagte konnte deshalb nicht verpflichtet werden, Leistungen für Hörhilfen als Krankenbehandlung (Hilfsmittel) nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i. V. mit § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V]).
Im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Träger von Leistungen zur Teilhabe kommen Ansprüche jedoch nur nach dem für die Beklagte selbst geltenden Leistungsgesetz, dem SGB VI, in Betracht. Die Versorgung mit Hilfsmitteln, zu denen Hörgeräte zählen, gehört zum Leistungskatalog der von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung zu erbringenden medizinischen Rehabilitation (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i. V. mit §§ 26 Abs. 2 Nr. 6, 31 SGB IX) und, soweit sie nicht als medizinische Leistung erbracht werden können, unter bestimmten Voraussetzungen auch zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 Abs. 8 Nr. 4 i. V. mit Abs. 2 Nr. 1 und 6 SGB IX). Hilfsmittel werden im Regelfall als Sachleistung erbracht (s. BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 7). Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX ist der Rehabilitationsträger stattdessen aber unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet, wenn er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (zur Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 SGB IX s. erneut BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 8).
Die Beklagte hat keine Leistung zu Unrecht abgelehnt. Nicht infrage steht jedoch, dass die Klägerin dem Grunde nach zum Personenkreis der Leistungsberechtigten der medizinischen Rehabilitation und der Teilhabe am Arbeitsleben nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung gehört (§§ 10, 11 SGB VI).
In welchem Umfang eine Hörminderung durch Leistungen zur Teilhabe und nicht im Rahmen der nicht zu den Teilhabeleistungen gehörenden kassenärztlichen Versorgung mit Hörgeräten (BSG SozR 4-2500 § 40 Nr. 5) auszugleichen ist, kann dahingestellt bleiben (s. dazu der für Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung zuständige 13. Senats des BSG in SozR 4-3250 § 14 Nr. 7 einerseits, der für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zuständige 3. Senat des BSG in SozR 4-2500 § 36 Nr. 2 andererseits). Denn jedenfalls hat sich auch nach der Befragung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nichts dafür ergeben, dass an ihrem Arbeitsplatz akustische Bedingungen herrschen, die sich nur im Arbeitsleben finden; dementsprechend stehen keine berufsspezifischen Gebrauchsvorteile infrage. Die Klägerin verrichtet Büroarbeiten. Sie teilt sich ein Büro mit einer Kollegin, mit der Gespräche über Arbeitsabläufe zu führen sind. Außerdem fallen Besuche von und bei Mandanten sowie Teambesprechungen an. Dies entspricht typischen Situationen des Alltagslebens, in denen Gespräche im Familien- oder Freundeskreis zwischen zwei Personen oder in kleineren Gruppen geführt werden.
Angesichts dessen liegt die Leistungspflicht für eine angemessene Versorgung der Klägerin mit Hörgeräten bei der Beigeladenen. In welchem Umfang ihr gegenüber ein Anspruch nach dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, muss jedoch nicht abschließend geklärt werden. Die Beigeladene kann nicht gemäß dem statthaften Hilfsantrag der Klägerin (§ 75 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) verurteilt werden. Dem steht entgegen, dass der Bescheid vom 5. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2008 von der Klägerin nicht angefochten und damit bestandskräftig geworden ist. Die Bestandskraft wird durch eine Beiladung nicht durchbrochen (s. BSG SozR 1500 § 75 Nr. 38 und auch 4-3500 § 54 Nr. 6).
Nur „am Rand“ kann der Senat deshalb darauf hinweisen, dass nach Lage der Akten vieles für einen deutlich höheren Leistungsanspruch der Klägerin spricht, jedenfalls soweit es sich um weitere Kosten für die Hörgeräte selbst handelt. Die „Festbetragsregelungen“ für die Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten begrenzen die Leistungspflicht der Krankenkassen nicht absolut. Der Leistungsanspruch der Versicherten ist vielmehr dann nicht auf einen Festbetrag beschränkt, wenn dieser für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht; der Gesetzgeber wollte mit der Festbetragsregelung das Sachleistungsprinzip nicht aufgeben (s. BVerfGE 106, 275 und daran anschließend BSG SozR 4-2500 § 33 Nr.1). Wird berücksichtigt, dass nach dem Ergebnis gerichtlicher Ermittlungen in anderen Verfahren bereits für mittelgradig Schwerhörige eine angemessene Versorgung nur mit einem Betrag von mindestens 1.000,-- € je Hörgerät zu erreichen ist (s. dazu ausführlich BSG SozR 4-2500 § 36 Nr. 2), so spricht vieles dafür, dass für einen schwerst hörbehinderten Menschen wie die Klägerin noch ein wesentlich höherer Betrag anzusetzen ist. Die Beklagte kann einer höheren Leistungspflicht auch nicht dadurch entgehen, dass sie auf Verträge mit Leistungserbringern verweist. An diesen Verträgen ist die Klägerin nicht beteiligt, sie kann allenfalls deren Begünstigte sein. Sofern der von der Klägerin gewählte Leistungserbringer ihr entgegen einer gegenüber der Beigeladenen vertraglich bestehenden Verpflichtung kein Hörgerät zum Festpreis angeboten hätte, welches den Leistungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beigeladenen vollständig abdeckt, ginge dies mangels ausreichender Beratung der Klägerin selbst dann zulasten der Beklagten, wenn das von der Klägerin selbst gewählte Hilfsmittel nicht das kostengünstigste gewesen wäre (sogenanntes „Systemversagen“, s. dazu etwa BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 7 und 4-2500 § 27 Nr. 12).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.