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Mitbestimmung; Gewährung einer Funktionszulage; Angestellte im Schreibdienst; Schreibdienstzulage; Einstellung der - wegen behaupteter Rechtsgrundlosigkeit;; Stellenpool; Übergangseinsatz; Maßnahme


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 60. Senat Entscheidungsdatum 16.06.2011
Aktenzeichen OVG 60 PV 6.10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 87 Nr 3 PersVG BE, § 99c Abs 3 PersVG BE

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Juni 2010 geändert.

Es wird festgestellt, dass eine Einstellung der Schreibdienstzulage wegen behaupteter Rechtsgrundlosigkeit dem Mitbestimmungstatbestand des § 87 Nr. 3 PersVG Berlin unterfällt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Veranlassung für das Verfahren geben die Fälle von insgesamt acht Angestellten im Schreibdienst, in deren Arbeitsverträgen in Form von Nebenabreden vereinbart ist, dass die durch Kündigung zum 1. Januar 1984 außer Kraft gesetzten Protokollnotizen Nr. 3 und 6 zu Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT nach Maßgabe der „Grundsätze für die Zahlung von Funktionszulagen im Schreibdienst“ angewandt werden sollen. Die Protokollnotizen Nr. 3 und 6 sehen die Zahlung einer Funktionszulage in Höhe von 8 v. H. der Anfangsgrundvergütung an Angestellte der Vergütungsgruppen VIII oder VII Fallgruppen 1 bis 4 vor, die mit mindestens einem Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit Magnetbandschreibmaschinen oder andere Textverarbeitungsautomaten bedienen und hierbei vollwertige Leistungen erbringen. Nach den in Ziffer I der Nebenabreden wiedergegebenen „Grundsätzen“ setzt die Zahlung der Funktionszulage sowohl eine Ausstattung des betreffenden Arbeitsplatzes mit einem „textverarbeitenden System“ (gerätebezogene Anforderung) als auch eine vollwertige Leistung an dem textverarbeitenden System (tätigkeitsbezogene Anforderung) voraus. In Ziffer II der Nebenabreden ist bestimmt, dass die Zahlung der Zulage mit Ablauf des Monats eingestellt wird, in dem die Voraussetzungen für deren Zahlung weggefallen sind. Gem. Ziffer III kann die Nebenabrede nur gemeinsam mit dem Arbeitsvertrag gekündigt werden. Die Nebenabrede tritt nach Ziffer IV ohne Kündigung spätestens zu dem Zeitpunkt außer Kraft, zu dem eine entsprechende tarifliche Regelung für die Tätigkeit an Schreibgeräten wirksam wird.

Die Angestellten wurden in der Vergangenheit als Personalüberhangkräfte zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) versetzt und von dort zu befristeten Übergangseinsätzen an andere Dienststellen abgeordnet. Der Antragsteller stimmte den Maßnahmen jeweils zu. In den zugehörigen Beteiligungsvorlagen war u.a. der Aufgabenbereich bei der zukünftigen Einsatzstelle beschrieben. Nachdem Ermittlungen der Beteiligten bei den aufnehmenden Dienststellen ergeben hatten, dass die Angestellten auf Arbeitsplätzen eingesetzt wurden, die keine Schreibdienstzulage rechtfertigten, stellte sie die Zahlung der Zulage für die Zukunft ein und teilte dies den Betroffenen mit. Daraufhin machte der Antragsteller mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 an die Beteiligte ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Nr. 3 PersVG Berlin geltend, was diese mit Schreiben vom 11. Januar 2010 zurückwies.

Am 17. März 2010 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet: Der Mitbestimmungstatbestand der Gewährung einer Leistungs- oder Funktionszulage nach § 87 Nr. 3 PersVG Berlin sei auch dann erfüllt, wenn die Zulage entzogen werde. Auf die Gründe des Entzugs komme es dabei nicht an. Erfasst werde somit auch der Entzug der Zulage bei einem vom Dienststellenleiter angenommenen Wegfall der Gewährungsvoraussetzungen. Das sei nicht anders zu beurteilen als die Mitbestimmung bei der korrigierenden Herabgruppierung nach § 87 Nr. 6 PersVG Berlin. Auch hier komme der Personalvertretung die Aufgabe zu, mitzubeurteilen, ob die arbeits- und tarifvertraglichen Bestimmungen eingehalten würden.

Die Beteiligte hat zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags ausgeführt: Die Schreibdienstzulage werde zwar von § 87 Nr. 3 PersVG Berlin erfasst, auch sei die Abberufung von einer noch andauernden, mit einer Funktionszulage bedachten Aufgabe als Widerruf der Zulage mitbestimmungspflichtig. Dies betreffe jedoch nicht die Einstellung der weiteren Zahlung, wenn deren Rechtsgrundlosigkeit erkannt werde. Denn anders als bei einem Widerruf der Zulage oder bei der Abberufung von der die Zulage auslösenden Tätigkeit fehle hier jedes Zutun des Beteiligten. Die vertragliche Nebenabrede selbst bleibe unberührt. Es sei lediglich die dort genannte Bedingung für die Zahlungseinstellung eingetreten.

Mit Beschluss vom 17. Juni 2010 hat das Verwaltungsgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen. In den Gründen heißt es: Der abstrakte Feststellungsantrag sei zwar zulässig, auch wenn in den Anlassfällen noch keine Erledigung eingetreten sei. Er sei aber unbegründet. Denn es fehle an einer mitbestimmungsfähigen Maßnahme der Beteiligten. Von einer Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne könne nur gesprochen werden bei einer Handlung und Entscheidung, die den Rechtsstand der Bediensteten oder eines einzelnen Bediensteten berühre. Mit dem Begriff des „Gewährens“ in § 87 Nr. 3 PersVG Berlin habe der Gesetzgeber einen rechtlichen Terminus und nicht eine auf das Faktische, z.B. die Zahlung, verweisende Ausdrucksweise gewählt. Wolle der Gesetzgeber faktische Handlungen des Dienststellenleiters der Mitbestimmung unterwerfen, bringe er dies regelmäßig auch zum Ausdruck, wie z.B. bei den Mitbestimmungstatbeständen der Gestaltung der Arbeitsplätze oder bei Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen. Jedenfalls aber setze eine personalvertretungsrechtliche Maßnahme ein positives - ausdrückliches oder konkludentes - Handeln des Dienststellenleiters voraus. In den Ausgangsfällen habe die Beteiligte keine den Rechtsstand der Zulagenempfänger berührenden Maßnahmen in diesem Sinne vorgenommen. Die Einstellung der weiteren Zahlung der Funktionszulage für die Zukunft in der Annahme, sie hätte ohnehin nicht zugestanden, sei lediglich der faktische Vollzug der Nebenabrede. Der Rechtsstand der Zulagenempfänger sei bei Vertragsschluss berührt worden, die Anwendung des Vertrages in Bezug auf die Zulage berühre ihn nicht erneut. Nach dem Text der Nebenabrede ende die Zulage automatisch, sobald der Arbeitsplatz nicht mehr die Voraussetzungen für die Zulagengewährung erfülle. Der Dienststellenleiter hebe kein Recht der Dienstkräfte auf, sondern stelle nur die Zahlung vereinbarungsgemäß ein. Der Schwerpunkt seines Verhaltens liege bei wertender Betrachtung in einem Unterlassen. Der Handlungsbeitrag des Dienststellenleiters beschränke sich auf die tatsächliche Würdigung, ob der vereinbarte Fall eingetreten sei. Seine daneben noch getroffene Anweisung an die Gehaltsstelle, in der elektronischen Datenverarbeitung eine entsprechende Änderung vorzunehmen, bleibe als Hilfstätigkeit außer Betracht. Die Fehleranfälligkeit der Tatsachenwürdigung seitens des Dienststellenleiters, ob die Voraussetzungen einer Zulage nach der Nebenabrede vorlägen oder nicht, vermittle als solche noch kein Mitbestimmungsrecht. Die aus einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung folgende Rechtsverletzung zum Nachteil des Beschäftigten mache aus der Zahlungseinstellung keine rechtserhebliche Maßnahme. Es sei insoweit Sache des Zulagenempfängers, auf die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes hinzuweisen und nötigenfalls die Zulage einzufordern.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, die er wie folgt begründet: Die vom Verwaltungsgericht vermisste Maßnahme des Dienststellenleiters sei darin zu erblicken, dass die Beteiligte geprüft und entschieden habe, ob bzw. dass die betreffenden Dienstkräfte die Voraussetzungen der Protokollnotiz zum BAT nicht mehr erfüllten. Gelange der Dienststellenleiter nach der Überprüfung des Arbeitsplatzes zu der Überzeugung, der neue Arbeitsplatz erfülle nicht die Voraussetzungen, unter denen Funktionszulagen zu gewähren seien, entscheide er, die Zulage nicht mehr zu gewähren und unterlasse nicht nur die Auszahlung. Dieser Fall sei der korrigierenden Herabgruppierung vergleichbar. Hier wie dort habe die Personalvertretung darüber zu wachen, dass eine vom Dienststellenleiter beabsichtigte Maßnahme einer Herabgruppierung oder der Einstellung der Funktionszulage mit dem im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifrecht in Einklang stehe. Die Zahlungseinstellung nach einer Rechtsanwendung von Tarifnormen sei von Fällen des Unterlassens, z.B. der bloßen Zahlungseinstellung infolge eines Buchungsversehens, zu unterscheiden.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Juni 2010 zu ändern und festzustellen, dass eine Einstellung der Schreibdienstzulage wegen behaupteter Rechtsgrundlosigkeit dem Mitbestimmungstatbestand § 87 Nr. 3 PersVG unterfällt.

Die Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beteiligte verteidigt den angefochtenen Beschluss. Sie meint, bei der Korrektur einer ansonsten von Anfang an rechtsgrundlosen Zahlung liege keine korrigierende Rückgruppierung vor, ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats sei folglich nicht gegeben. Der bloße faktische Vollzug der vertraglichen Regelung stelle keine den Rechtsstand der Zulagenempfänger berührende Handlung dar, weil keine rechtliche Entscheidung getroffen werde, sondern die Einstellung der Zahlung aufgrund fehlender tatsächlicher Voraussetzungen erfolge. Für die Überwachung tariflicher oder gesetzlicher Vorschriften bei Entscheidungen des Dienstherrn durch den Personalrat sei insoweit kein Raum.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Feststellungsantrag zu Unrecht zurückgewiesen.

Zutreffend hat die Fachkammer allerdings den abstrakten Feststellungsantrag unter stillschweigender Bezugnahme auf die acht Anlassfälle als zulässig angesehen. Da dies von den Verfahrensbeteiligten nicht in Frage gestellt wird, nimmt der Senat auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses (II.A.) Bezug.

Am Feststellungsinteresse des Antragstellers hat sich durch die Übernahme des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) durch den Angleichungstarifvertrag des Landes Berlin vom 14. Oktober 2010 (Angleichungs-TV Land Berlin) nichts geändert. Denn ungeachtet der Rechtsfrage, ob nach dem neuen Tarifrecht noch ein Anspruch auf Fortzahlung der Funktionszulage im Schreibdienst besteht (dies für die Beschäftigten im Bereich des TVöD verneinend das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Pressemitteilung Nr. 41/11, PersR 2011, 235), wird die Schreibdienstzulage nach den übereinstimmenden Angaben der Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Anhörung auch nach dem Inkrafttreten des Angleichungs-TV Land Berlin zum 1. November 2010, u.a. in zwei der acht Anlassfälle, unverändert weitergezahlt. Insofern sind in Zukunft auftretende Wie-derholungsfälle hinreichend wahrscheinlich.

Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Die Einstellung der Schreibdienstzulage wegen behaupteter Rechtsgrundlosigkeit ist mitbestimmungspflichtig gem. § 87 Nr. 3 PersVG Berlin. Danach bestimmt der Personalrat in Angelegenheiten der Arbeitnehmer mit bei Gewährung von Leistungs- und Funktionszulagen. Funktionszulagen sind Zulagen, die eine durch größere Verantwortung und höhere Leistung gekennzeichnete Tätigkeit abgelten sollen (vgl. den den Verfahrensbeteiligten bekannten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 7. August 1987 - OVG PV Bln 1.86 -, Seite 10 des Beschlussabdrucks).

Bei der Rede stehende Schreibdienstzulage handelt es sich um eine Funktionszulage in diesem Sinne und nicht etwa um eine von der Regelung nicht erfasste (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 28. August 2001 - OVG 60 PV 5.01 -, PersR 2002, S. 401) Erschwerniszulage. Denn sie wird in den Protokollnotizen Nr. 3 und 6 zu Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT sowie in den „Grundsätzen“ ausdrücklich als Funktionszulage bezeichnet und, anders als dies bei einer Erschwerniszulage der Fall wäre, bei der Berechnung des Sterbe- und Übergangsgeldes mitberücksichtigt, auch für Zeiten des Urlaubs und der Arbeitsunfähigkeit gewährt, wenn und solange für diese Zeiten die Grundvergütung fortzuzahlen ist, und wird Angestellten im Schreibdienst höherer Vergütungsgruppen nicht gewährt, auch wenn diese entsprechende Tätigkeiten verrichten. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 17. April 1996 - 10 AZR 437/95 -, juris Rn. 13 ff., ebenso LAG Niedersachsen, Urteil vom 14. Februar 2011 - 9 Sa 968/10 -, juris Rn. 46; LAG Hamm, Urteil vom 8. September 2010 - 5 Sa 1513/09 -, juris Rn. 40; a.A. ohne überzeugende Begründung LAG Köln, Urteil vom 27. August 2010 - 10 Sa 500/10 -, juris Rn. 37 und LAG Hamburg, Urteil vom 10. Mai 2010 - 8 Sa 60/09 -, juris Rn. 31).

Das Entziehen, d.h. das Nichtmehrgewähren einer Funktionszulage fällt als sog. actus contrarius unter den Begriff der Gewährung. Das ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 7. August 1987 - OVG PV Bln 1.86 - S. 10 ff. BA; Beschluss des erkennenden Senats vom 4. Juli 2007  - OVG 60 PV 3.06 -, juris Rn. 18, bestätigt durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Januar 2008 - BVerwG 6 PB 15.07 -, juris Rn. 4; vgl. auch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2005 - 10 AZR 331/04 -, juris Rn. 30) und wird von den Verfahrensbeteiligten auch nicht in Zweifel gezogen.

Zutreffend hat die Fachkammer erkannt, dass ein Entziehen einer Funktionszulage in der unmittelbaren Beendigung der Zulagenberechtigung, z.B. durch Kündigung oder Widerruf einer vertraglichen Zulagenabrede (vgl. zu einem solchen Fall Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2005, a.a.O., Rn. 26 ff.), oder in anderen Entscheidungen der Dienststellenleitung gesehen werden kann, die die Zulage mittelbar entfallen lassen, z.B. in der Entbindung von einem mit der Zulage bedachten Arbeitsplatz (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 7. August 1987 - OVG PV Bln 1.86 - S. 12 f. für den Fall des Widerrufs der Bestellung zum Vorarbeiter).

Die in den Anlassfällen getroffenen gleichlautenden Nebenabreden sind unstreitig nicht gekündigt worden. Der Rechtsgrund für die Schreibdienstzulage ist aber wegen der in den Nebenabreden vorgesehenen Knüpfung der Zulage an Ausstattung und Aufgaben des jeweiligen Arbeitsplatzes mit der Anordnung eines Übergangseinsatzes automatisch entfallen, wenn dessen Aufgabengebiet nicht den Anforderungen der Protokollnotizen Nr. 3 und 6 zu Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT i.V.m. den Grundsätzen für die Zahlung von Funktionszulagen im Schreibdienst entspricht. Das bedeutet, dass bereits die Abordnung zu Übergangseinsätzen in den Anlassfällen mit der Entscheidung über die Gewährung oder Nichtgewährung der Zulage als deren zwangsläufige Folge gem. § 87 Nr. 3 PersVG Berlin mitbestimmungspflichtig war. Holt der Dienststellenleiter die bei der Anordnung der Übergangseinsätze unterbliebene Entscheidung über die aus seiner Sicht fällige Einstellung der Funktionszulage nach erstmaliger Prüfung der Voraussetzungen der Nebenabreden im Verlaufe der Übergangseinsätze nach, aktiviert er damit nachträglich das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Nr. 3 PersVG Berlin.

Dieses Mitbestimmungsrecht ist nicht durch die Beteiligungsregelungen bei Übergangseinsätzen in § 99c Abs. 3 PersVG Berlin verdrängt (1), die Zustimmung des Antragstellers zu den Übergangseinsätzen umfasste nicht die Einstellung der Schreibdienstzulage (2), und die Einstellung ist als Maßnahme des Dienststellenleiters zu qualifizieren (3).

1. Nach § 99c Abs. 3 PersVG Berlin, eingefügt durch § 7 des Gesetzes zur Einrichtung eines Zentralen Personalüberhangsmanagements (Stellenpool) - StPG - vom 9. Dezember 2003 (GVBl. S. 589), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Juli 2008 (GVBl. S. 206), wirkt der Personalrat beim Stellenpool mit bei Übergangseinsätzen nach § 3 StPG mit einer Dauer von mehr als drei Monaten oder sobald der Übergangseinsatz diese Dauer überschreitet. Bei einem Übergangseinsatz mit einer Dauer von mehr als zwölf Monaten oder sobald der Übergangseinsatz diese Dauer überschreitet, bestimmt der Personalrat mit. Diese Vorschriften dienen ersichtlich dazu, die Mitbestimmungsregelung für Abordnungen nach § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PersVG Berlin bei Übergangseinsätzen, die im Wege der Abordnung durchgeführt werden, der vermeintlich geringeren Schutzbedürftigkeit der Dienstkräfte als Besonderheit der Übergangseinsätze anzupassen, indem in Abweichung von der allgemeinen Vorschrift Übergangseinsätze mit einer Dauer von mehr als drei bis zu zwölf Monaten nicht der Mitbestimmung, sondern nur dem schwächeren Beteiligungsrecht der Mitwirkung unterstellt werden (vgl. Begründung zum Entwurf des Stellenpoolgesetzes, Abghs.-Drs. 15/1564, S. 7). Die Annahme, § 99c Abs. 3 PersVG Berlin habe insoweit abschließenden Charakter, als daneben alle anderen Beteiligungsregelungen der §§ 70 ff. PersVG Berlin nicht anwendbar seien (so Germelmann/Binkert/Germelmann, PersVG Berlin, 3. Aufl., Rn. 34 zu § 99c ohne Begründung), ist mit dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Regelung nicht vereinbar. Mangels eines ausdrücklichen Ausschlusses anderer Beteiligungsrechte bestehen die vom Gesetz gewährten Beteiligungsrechte nebeneinander. Daraus folgt für den Fall der Gewährung oder der Nichtgewährung einer Funktionszulage bei Übergangseinsätzen, dass die Mitbestimmung nach § 87 Nr. 3 PersVG Berlin unabhängig von einer etwaigen Beteiligung nach § 99c Abs. 3 PersVG Berlin Platz greift.

2. Die Gewährung oder Nichtgewährung der Schreibdienstzulage gilt hier auch nicht etwa infolge der Zustimmung des Antragstellers zu den laufenden Übergangseinsätzen in den Anlassfällen als mitbestimmt. Dies ist für die Übergangseinsätze zwischen drei und zwölf Monaten offenkundig, weil die Dienststellenleitung in diesen Fällen jeweils nur die Mitwirkung des Antragstellers erbeten hatte. Für die längeren Einsätze gilt nichts anderes. Die Dienststellenleitung hatte jeweils ausdrücklich nur um Mitbestimmung „gem. § 99c Abs. 3 PersVG“ für eine „Abordnung für den Zeitraum von…“ gebeten; die im Vorlageformular vorgesehenen Rubriken für andere Maßnahmen wie Laufbahnwechsel, Höhergruppierung oder „Sonstiges“, waren nicht angekreuzt. Zwar wurde jeweils der Aufgabenbereich kurz umrissen, z.B. „Einsatz im Wahlamt“ oder „Tätigkeiten im Eingangsbereich des JobCenters …“, jedoch hat weder der Antragsteller noch die Beteiligte darin eine prüffähige Beteiligungsvorlage in Bezug auf einen etwaigen Wegfall der Schreibdienstzulage gesehen. Vielmehr erhellt die anfängliche (Fort-)Zahlung der Schreibdienstzulage und die nachträglichen Prüfung der Voraussetzungen für deren Zahlung durch die Beteiligte, dass Gegenstand der Beteiligung des Antragstellers lediglich die Abordnung der Angestellten im Schreibdienst als solche, nicht aber die damit möglicherweise verbundene Entscheidung über die Zahlung der Zulage sein sollte.

3. Ebenso wie der Mitbestimmungstatbestand der Herabgruppierung nach § 87 Nr. 6 PersVG Berlin die korrigierende Rückgruppierung nach irrtümlich zu hoher Eingruppierung umfasst (vgl. Germelmann/Binkert/Germelmann, a.a.O., Rn. 78c zu § 87; vgl. auch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Februar 1976 - BVerwG VII P 4.75, juris Rn. 23 ff., zum Fall der korrigierenden Höhergruppierung nach dem Hamburger Personalvertretungsgesetz), umfasst der Mitbestimmungstatbestand der Gewährung einer Funktionszulage die korrigierende Entscheidung über den Fortfall der Zulage. Hier wie dort hat die Entscheidung des Dienststellenleiters nur feststellenden Charakter, weil die Eingruppierung wie die Zulage automatisch der Art des Arbeitsplatzes und der zu verrichtenden Tätigkeit folgt. Die Mitbestimmung dient deshalb im Wesentlichen nur der Richtigkeitskontrolle.

Die von der Beteiligten ins Feld geführte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29. Januar 1986 (- 4 AZR 279/84 -, juris Rn. 23) steht nicht entgegen. Zwar ging es auch in dem dort entschiedenen Fall um den Widerruf einer rechtsgrundlos geleisteten Zulage. Jedoch hatte das Bundesarbeitsgericht auf der Grundlage des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu entscheiden, das keinen Mitbestimmungstatbestand für die Gewährung einer Zulage kennt. Die Aussage des Gerichts, dass sich die Entscheidung über den Wegfall einer Zulage weder unter das Merkmal der „Höhergruppierung“ noch unter das Merkmal der „Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit“ subsumieren lasse, weil die Zulage kein Teil der Vergütungsgruppe bilde, spricht für die hier vom Senat vertretene Auffassung. Denn wenn das Landespersonalvertretungsgesetz eine solche Beteiligung ausdrücklich unter Ausweitung der nach Bundesrecht eingeräumten Beteiligungstatbestände regelt (vgl. Abghs.-Drs. 6/1354, S. 15 und 20 zum Entwurf des Personalvertretungsgesetz 1974), unterliegt die Zulagengewährung als Teil der Lohngestaltung demselben Beteiligungsregime wie andere „korrigierende“ Entscheidungen der Dienststellenleitung im Lohnbereich.

4. Die Maßnahme im Sinne von § 79 Abs. 1 PersVG Berlin ist in der nachträglichen Entscheidung der Dienststellenleitung zu sehen, die Funktionszulage in Anbetracht der Art des Arbeitsplatzes und der zu verrichtenden Tätigkeit in Zukunft nicht mehr zu gewähren. Insoweit gilt auch hier nichts anderes als in den vergleichbaren Fällen der Mitbestimmung bei der korrigierenden Rückgruppierung. Hier wie dort trifft der Dienststellenleiter eine normvollziehende und rein feststellende Entscheidung, indem er einen bestimmten Sachverhalt unter bestimmte Rechtsnormen (hier Vertragsbestimmungen unter Bezugnahme auf Tarifnormen) subsumiert (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Februar 1976, a.a.O., Rn. 26). Die Einstellung der Funktionszulage stellt sich somit nicht als Unterlassen, sondern als positives Tun des Dienststellenleiters dar. Diese Entscheidung ist der Mitbestimmung unterworfen, nicht dagegen der reale Zahlungsvorgang. Aus der Verwendung des Begriffs der Gewährung (anstelle von Zahlung) im Gesetz folgt nichts anderes. Denn unter „Gewährung“ kann unschwer auch die Feststellungsentscheidung des Dienststellenleiters verstanden werden, wie andererseits unter „Zahlung“ nicht zwangsläufig allein der Realakt zu verstehen ist (im Ergebnis wie hier OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 1997 - 18 L 850/96 -, juris Rn. 3).