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Entscheidung 11 Kls 37/18


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 1. Strafkammer Entscheidungsdatum 30.04.2019
Aktenzeichen 11 Kls 37/18 ECLI ECLI:DE:LGNEURU:2019:0430.11KLS37.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 177 Abs 1 StGB, § 177 Abs 6 Nr 1 StGB, § 177 Abs 7 Nr 3 StGB, § 177 Abs 8 Nr 2a StGB, § 223 StGB, § 224 Abs 1 Nr 3 StGB, § 224 Abs 1 Nr 5 StGB, § 52 StGB

Tenor

Der Angeklagte wird wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von

6 Jahren

kostenpflichtig verurteilt.

Angewandte Vorschriften:

§§ 177 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 3, Abs. 8 Nr. 2 a), 223, 224 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 5, 52 StGB

Gründe

I. Feststellungen zur Person des Angeklagten

Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 36 Jahre alte Angeklagte ist in Zehdenick geboren worden und als Einzelkind im Haushalt seiner Mutter in Hammer aufgewachsen. Er durchlief Grund- und Oberschule, erwarb den Abschluss der 10. Klasse und absolvierte sodann eine Lehre zum Maler und Lackierer. In diesem Beruf war er viele Jahre tätig und ist das auch gegenwärtig wieder.

Zwischenzeitlich hatte er eine Beschäftigung im Zaunbau gefunden, wo er mehr Geld verdiente als in seinem Lehrberuf, geriet dann aber in Alkohol- und Drogenprobleme und verlor die Arbeit. In dieser Zeit, vor etwa fünf bis sechs Jahren, verlor außerdem auch seine Fahrerlaubnis, die wiederzuerlangen ihm seither noch nicht gelungen ist.

Aus der sich dem anschließenden Phase des sozialen und emotionalen Abstiegs fand der Angeklagte letztlich wieder heraus durch die Beziehung zu einer neuen Lebensgefährtin, mit der er eine inzwischen vierjährige Tochter hat und mit der er nun auch seit knapp zwei Jahren verheiratet ist.

Der Angeklagte lebt mit Frau und Tochter in einer Mietwohnung in Liebenwalde, wo die Familie außerdem einen Kleingarten innehat.

Mit seiner Tätigkeit als Maler und Lackierer verdiente der Angeklagte derzeit etwa 1500 EUR monatlich netto.

Der körperlich und geistig gesunde Angeklagte trinkt regelmäßig Alkohol, vornehmlich in Form von Bier, ohne dass damit eine Alkoholsucht verbunden wäre.

Daneben konsumiert er, zumindest gelegentlich, Kokain – was er selbst aber in Abrede stellt.

Strafrechtlich ist der Angeklagte bislang erst einmal auffällig geworden:

Am 15.11.2013, rechtskräftig seit dem 13.12.2013, verurteilte ihn das Amtsgericht Zehdenick – Az. 42 Cs 3105 Js 30340/13 (173/13) – wegen vorsätzlichen Fahrens ohne die erforderliche Fahrerlaubnis, begangen am 02.08.2013, zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 15,00 EUR und ordnete zugleich eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis bis zum 12.12.2014 an.

In vorliegender Sache ist der Angeklagte am 11.05.2018 vorläufig festgenommen und anschließend am 12.05.2018 dem Ermittlungsrichter beim Amtsgericht Neuruppin vorgeführt worden, der am selben Tag Haftbefehl gegen ihn erlassen hat. Anschließend ist der Angeklagte in Untersuchungshaft genommen worden, wo er sich bis zum 03.07.2018 befunden hat. An diesem Tag hat das Amtsgericht Zehdenick – Az. 4 Gs 18/18 – den Haftbefehl unter Auflagen außer Vollzug gesetzt.

II. Feststellungen zum Tatgeschehen

1. Die Vorgeschichte

Am 10.05.2018, dem Himmelfahrtstag, fanden in der Gartenkolonie „Am Grünen Weg“ in Liebenwalde, wo sich der Kleingarten des Angeklagten befindet, zur Feier des „Herrentags“ mehrere Gartenpartys statt, insbesondere eine im Garten des Angeklagten und eine im Garten der Zeugin Y.... Bei letzterer war die später geschädigte Zeugin V... zu Gast.

Die Party auf dem Grundstück des Angeklagten endete gegen etwa 23:00 Uhr bis 23:30 Uhr. Als seine eigenen Gäste gegangen waren, bemerkte der Angeklagte, dass die Party auf dem Grundstück der Zeugin ... noch im Gange war. Er ging dorthin, um den Abend ausklingen zu lassen. Dort befanden sich zu diesem Zeitpunkt neben der Zeugin ... und der Zeugin ... noch deren Lebensgefährte, der Zeuge ..., sowie ihre Bekannten S..., ...X und .... Die Stimmung war, dem Anlass entsprechend, gelöst. Fast alle Anwesenden hatten bereits in ganz erheblicher Menge Alkohol zu sich genommen, insbesondere auch die Zeugin .... Der Angeklagte selbst hatte im Laufe des Tages in ganz erheblicher Menge, zumindest 10 Halbliter-Flaschen, Bier getrunken, und er hatte außerdem zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt am Abend Kokain in nicht näher feststellbarer Menge zu sich genommen.

Der Angeklagte kannte die Zeugin ..., weil beide früher im selben Haus gewohnt hatten, und er wusste, dass die Zeugin in sexueller Hinsicht nicht zu Zurückhaltung neigte, sondern es genoss, sich auf dieser Ebene in den Mittelpunkt rücken zu können.

Zunächst wohl nur zu dem Zweck, sich auf Kosten der Zeugin ... zu amüsieren, begann der Angeklagte, sie dazu zu animieren, sich vor den anderen Partygästen als Frau zu präsentieren, so insbesondere ihre unbekleideten Brüste zu zeigen. Die Zeugin ..., die sich durch diese Aufforderung geschmeichelt fühlte, ging ohne weiteres auf dieses Ansinnen ein. Dabei widmete sie, auch insoweit von dem Angeklagten initiiert, ihre vorrangige Aufmerksamkeit dem Partygast ..., der wiederum sich dafür sehr empfänglich zeigte. So kam es an der Feuerstelle im Garten der Zeugin ... – während der Angeklagte mit am Feuer saß und das Geschehen verfolgte, und während die Zeugin ... und ... und die restlichen Partygäste, denen das Verhalten der Zeugin ... zunehmend unangenehm und peinlich wurde, sich in die Laube auf dem Gartengrundstück zurückzogen – zum Austausch von Zärtlichkeiten zwischen der Zeugin ... und ..., die schließlich darin ihren Höhepunkt fanden, dass die Zeugin ... ihn an der Feuerstelle, für jedermann sichtbar, oral befriedigte. An dieser Stelle schritt die Zeugin ..., die derlei auf ihrer Veranstaltung nicht dulden wollte, ein und erklärte der Zeugin ..., dass sie entweder dies unterlassen oder heimgehen solle. Die Zeugin ... akzeptierte dies widerspruchslos und die Party nahm ohne vergleichbare weitere Vorkommnisse ihren Fortgang.

2. Das Tatgeschehen

Etwa eine halbe Stunde später, es war inzwischen nach 2:30 Uhr, entschloss die Zeugin ... sich recht unvermittelt zum Aufbruch. Ihr waren die Zigaretten ausgegangen, sie hatte schon seit längerer Zeit vergeblich versucht, noch von einem der anderen Anwesenden eine zu erhalten, und jetzt wollte sie einen Bekannten, den Zeugen ..., aufsuchen, mit dem sie den Abend über schon mehrfach wegen dieser Frage telefoniert hatte.

Kaum dass er ihren Aufbruch bemerkte, brach auch der Angeklagte – der sich kurz vorher noch von seinem Gartengrundstück Nachschub an Bier und Zigaretten geholt hatte – unvermittelt auf und folgte ihr. Er war durch die von der Zeugin ... zuvor gezeigte Freizügigkeit auf den Gedanken gekommen, sich vor dem Nach-Hause-Gehen noch ein rasches sexuelles Abenteuer mit ihr zu gönnen.

Weil die Zeugin ... zunächst noch für einen Augenblick damit beschäftigt war, ihr Fahrrad, mit dem sie zu der Party gekommen war und das sie außen am Zaun abgestellt hatte, wieder an sich zu nehmen, hatte sie letztlich keinen Vorsprung vor dem Angeklagten, sondern beide gingen gleichzeitig und nebeneinander vom Grundstück der Zeugin ... weg. Sie bogen vom Gartentor der Zeugin ... aus nach rechts ab und gingen durch die Kleingartenanlage in Richtung auf den dort etwa 160 m weiter hinten gelegenen Garten des Angeklagten zu. Die Zeugin ... führte ihr Fahrrad auf der linken Seite, der Angeklagte ging rechts neben ihr. Seinen Hund ließ er frei laufen.

Als beide sich auf Höhe des Gartengrundstücks des Angeklagten befanden, versetzte der Angeklagte der Zeugin ... einen Schubs von der rechten Seite, der dazu führte, dass die Zeugin das Gleichgewicht verlor und sich mit dem Rücken voran gegen die angrenzende Hecke fallen lassen musste. Dieser Schubs hatte aus Sicht des Angeklagten nicht den Sinn eines aggressiven Angriffs, sondern war eher spielerisch gemeint, um der Zeugin ... klarzumachen, dass er, der Angeklagte, jetzt auch selbst mit ihr intim werden wollte – und genau so fasste die Zeugin ihn auch auf. Für sie war es jetzt offensichtlich, dass der Angeklagte etwas von ihr wollte, und davon fühlte sie sich wiederum geschmeichelt und war deshalb bereit, auf diesen Wunsch des Angeklagten einzugehen.

Beide begannen sich zu küssen und zu streicheln. Das Top der Zeugin ... wurde, ohne dass klar festzustellen war, wer von beiden Beteiligten dabei Hand anlegte, soweit hinuntergeschoben, sodass der Angeklagte an ihre unbekleideten Brüste gelangte, die er ebenfalls liebkoste. Nach einiger Zeit schob der Angeklagte Hose und Slip der Zeugin bis etwa zu den Kniekehlen nach unten, wogegen die Zeugin sich jedenfalls nicht wehrte, möglicherweise sogar dabei mitwirkte. Danach begann der Angeklagte, die Zeugin auch im Bereich der Vulva zu streicheln und führte schließlich auch einen oder mehrere Finger in ihre Vagina ein.

Ob die Zeugin ... sich dies noch widerspruchslos gefallen ließ, war in der Hauptverhandlung nicht sicher aufzuklären. Möglicherweise war sie schon damit nicht mehr einverstanden und machte dem Angeklagten auch deutlich, das nicht zu wollen. Möglich ist aber auch, dass die Zeugin durch das Manipulieren des Angeklagten bis zu diesem Moment in wachsende sexuelle Erregung geraten war und zu einer Fortsetzung der Zärtlichkeiten bereit gewesen wäre.

Fest steht aber jedenfalls, dass der Angeklagte nunmehr dazu überging, der Zeugin ... nicht nur einzelne Finger in die Vagina einzuführen, sondern die ganze Faust hineinzustoßen, und zwar so tief, dass mindestens ein Drittel seines Unterarms in die Zeugin eindrang und mindestens dreimal. Dabei war dem Angeklagten von Anfang an bewusst, dass der weibliche Unterleib für ein derart plötzliches Eindringen eines derart großvolumigen Gegenstandes nicht konstruiert ist, und dass deshalb als Folge dieses Handelns massive Schmerzen der Zeugin ... sicher und erhebliche Verletzungen in ihrem Unterleib mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren, und beides war ihm mindestens gleichgültig.

Was den Angeklagten zu diesem Verhalten veranlasst hat sowie ob und welches Ziel er damit verfolgte, hat die Kammer nicht feststellen können. Ausgehend von der Annahme, dass die Zeugin Ernst schon deutlich gemacht hatte, dass die Zärtlichkeiten des Angeklagten ihr bereits zu weit gegangen waren, hätte eine Trotzreaktion des Angeklagten oder ein Bedürfnis, die Zeugin für ihren Sinneswandel zu maßregeln, nahegelegen. Da aber die Möglichkeit bestand, dass es eine solche Ablehnung/Zurückweisung gar nicht gegeben hatte, konnte darüber nicht einmal begründet spekuliert werden.

Die Zeugin ... erlitt schon durch das erstmalige Eindringen der Faust des Angeklagten schier unerträgliche Schmerzen, denen sie durch lautes Schreien Ausdruck gab, wobei der genaue Wortlaut nicht festgestellt werden konnte, jedenfalls aber auch das Wort „Nein“ vorkam, und wodurch dem Angeklagten mit letzter Sicherheit deutlich wurde, dass die Zeugin dies unter keinen Umständen wollte. Gleichwohl rammte er seine Faust noch mindestens zwei weitere Male in die Vagina der Zeugin ..., die dabei vor Schmerzen unentwegt weiter schrie. Danach ließ der Angeklagte – ob als Reaktion auf ihr andauerndes Schreien oder weil er dies ohnehin vorgehabt hatte, war nicht festzustellen – von der Zeugin ab, die daraufhin bäuchlings zu Boden fiel, und machte sich auf den Heimweg, ohne sich weiter um sie zu kümmern.

Unterwegs entsorgte er den Pullover, den er den Abend über getragen hatte, in einen Müllcontainer, weil er festgestellt hatte, dass dieser Pullover großflächige Blutverschmutzungen davongetragen hatte.

Zu Hause wusch er sich flüchtig und ging dann zu Bett, wo er später, nachdem die Polizei ihre Ermittlungen aufgenommen hatte, schlafend angetroffen und festgenommen wurde.

Unterdessen hatten die Zeugen ... und ... die Schreie der Zeugin ... gehört und sogar ihre Stimme erkannt und hatten sich deshalb, getrennt voneinander, aufgemacht um nach der Zeugin ... zu suchen und festzustellen, ob diese möglicherweise ernsthaft Hilfe brauche. Die Zeugin ... fand die Zeugin ... schließlich, immer noch auf dem Bauch liegend und mit bis unter die Knie heruntergelassenen Hosen, auf dem Weg beim Gartengrundstück des Angeklagten. Sie brachte die Zeugin dazu, sich notdürftig anzukleiden und unter Mitnahme des Fahrrades mit ihr zu Ihrem Gartengrundstück zurückzukommen. Dem Klagen der Zeugin ..., dass der Angeklagte sie vergewaltigt habe und dass sie extreme Unterleibsschmerzen habe, nahm sie ebenso wenig ernst wie wenig später die Zeugen ...und .... Erst als die Zeugin ... auf dem Rasen im Garten der Zeugin ... kollabiert war und der Zeuge ..., der das ihrer Alkoholisierung zuschrieb, bei dem Versuch, sie zum Verlassen des Gartens zu bringen, das Blut bemerkt hatte, das inzwischen ihre Hose durchtränkte, alarmierten die Zeugen den Rettungsdienst, der schließlich die Zeugin ... gerade noch rechtzeitig ärztlicher Versorgung zuführte.

3. Die Tatfolgen

Die Zeugin ... hatte als Folge der Fauststöße des Angeklagten in ihre Vagina zwei hohe Scheidenrisse erlitten, und zwar einen stark blutenden hohen Scheidenriss rechts von 10 cm Länge mit einer 2 cm großen Abscherung des Parakolpiums und einen linksseitigen, ebenfalls stark blutenden Scheidenriss von 5 cm Länge. Die Blutung nahm – befördert dadurch, dass die Zeugin Ernst blutverdünnende Medikamente einnahm und ohne dass dies für den Angeklagten bei seinem Weggang von ihr schon erkennbar war – ein derartiges Ausmaß an, dass die Zeugin ... etwa 1 l Blut verlor, dadurch in konkrete Lebensgefahr kam und notoperiert werden musste, um die Blutungen zu stillen und ihr Leben zu retten. Nach der chirurgischen Versorgung ihrer Verletzung musste die – ohnehin psychisch labile – Zeugin sich wegen der durch die Tat entstandenen Traumatisierung für längere Zeit in stationäre psychiatrische Behandlung begeben. Sie leidet jetzt noch unter diesem Trauma und wird deshalb fortlaufend weiter psychotherapeutisch behandelt.

Die körperlichen Verletzungen sind zwischenzeitlich ohne nennenswerte Dauerfolgen ausgeheilt.

III. Einlassung des Angeklagten und Beweiswürdigung

A.

Die Feststellungen zur Person des Angeklagten beruhen auf seinen eigenen insoweit glaubhaften Angaben.

Die referierte strafrechtliche Vorbelastung hat die Kammer auf Grundlage der in der Hauptverhandlung verlesenen Auskunft des Bundesamtes für Justiz aus dem Zentralregister und aus dem Erziehungsregister vom 15.10.2018 festgestellt.

B.

Zum Tatgeschehen hat der Angeklagte sich in den zentralen Punkten abweichend von den getroffenen Feststellungen eingelassen:

Die Vorwürfe aus der Anklageschrift träfen nicht zu, und er könne sich die bei der Zeugin ... entstandenen Verletzungen nicht erklären.

Er habe die Party bei .../... fast zeitgleich mit Zeugin ... verlassen. Die Zeugin ... sei vom Gartentor aus zunächst nach links, zum Grünen Weg hin, gegangen. Er sei mit Absicht in die andere Richtung abgebogen, weil er gerade nicht zusammen mit der Zeugin ... habe gehen wollen, deren vorausgegangenes Verhalten ihn nämlich abgestoßen habe.

Als er bereits ein Stück zwischen den Gärten nach Hause gegangen sei, habe die Zeugin ... ihn gerufen habe und ihn zu warten gebeten. Er habe das getan, und sie sei mit ihrem Fahrrad zu ihm gekommen und habe ihn erneut um Zigaretten gebeten. Obwohl er ihr gesagt habe, dass er keine mehr hätte, habe sie weitergebettelt.

Dann sei ihre Tasche aus ihrem Fahrradkorb gefallen und er habe sich danach gebückt. Dabei habe sie sich über ihn gebeugt und ihm ihren Busen auf den Rücken gedrückt. Er habe das Gefühl gehabt, dass sie ihn anmachen wollte und sich zu ihr umgedreht. Sie habe sich ihr Oberteil heruntergezogen. Er habe sie an die Brust gefasst und diese massiert und geküsst, bis sie angefangen habe zu stöhnen. Dann habe er ihr die Hose und den Slip etwa bis zu den Knien hinuntergezogen. Dabei habe sie geholfen. Dann habe er sie im Schambereich gestreichelt und begonnen, sie durch Auf-und-ab-Bewegungen mit den Fingern in der Scheide zu befriedigen. Sie habe weiter gestöhnt und habe sich mehr geöffnet, sodass er mehrere Finger in sie habe schieben können. Er habe weiter die Auf-und-ab-Bewegungen gemacht. Sie habe immer mehr gestöhnt. Das habe ihn aber nicht erregt und er habe gemerkt, dass das gar nicht wolle und habe sich plötzlich geekelt. Er habe deshalb die ganze Situation abrupt abgebrochen, sie weggestoßen und sei gegangen. Sie sei rückwärts in eine Hecke am Weg gefallen.

Als er dann ein paar Meter weit weg und die Zeugin ... nicht mehr zu sehen gewesen sei, habe er sie kurz schreien gehört. Er habe gedacht, das wäre aus Wut und Frust, weil er einfach so kommentarlos gegangen sei.

Als er in Höhe Feuerwehr mit dem Handy eine Nachricht an seine Frau geschrieben habe, habe er im Licht bemerkt, dass Blut an seinem Pullover gewesen sei. Er habe aber gedacht, dass dieses von seiner Hündin stamme. Ihm sei nicht der Gedanke gekommen, dass er die Zeugin ... verletzt haben könne.

Den Pullover habe er sogleich im Müll neben dem Hauseingang entsorgt, damit seine Frau das Malheur nicht bemerkte, weil es nämlich wegen des Hundes ohnehin schon immer Streit mit seiner Frau gegeben habe, die das Tier nicht möge.

Die getroffenen Feststellungen stehen allerdings, auch soweit sie dieser Einlassung des Angeklagten widersprechen, auf Grundlage der nachfolgend referierten Beweismittel und Erwägungen zur sicheren Überzeugung der Kammer fest:

1.

Die zur „Vorgeschichte“ getroffenen Feststellungen hat die Kammer auf Grundlage der – soweit die jeweiligen Wahrnehmungen und das jeweilige Erinnerungsvermögen reichte, sich in allen wesentlichen Punkten deckenden – Angaben der dazu gehörten Teilnehmer der Party auf dem Grundstück der Zeugin ..., also des Angeklagten selbst, der Zeuginnen ... und ... sowie der Zeugen ... und ..., getroffen. Die vollständige Übereinstimmung dieser Angaben verbot jeden Zweifel an ihrer Richtigkeit.

2.

Dass beim Aufbruch der Zeugin ... und des Angeklagten nach 2:30 Uhr nicht etwa, wie vom Angeklagten bekundet, beide vom Garten der Zeugin ... aus zunächst verschiedene Richtungen eingeschlagen haben und dann die Zeugin ... umgekehrt ist, um dem Angeklagten zu folgen, sondern dass vielmehr die Zeugin das Grundstück als erste verlassen, ihr Fahrrad geholt und dann nach rechts, in Richtung auf den späteren Tatort vor dem Gartengrundstück des Angeklagten, abgebogen ist, und dass der Angeklagte ihr sogleich vom Grundstück gefolgt und dann zusammen mit ihr dieselbe Richtung eingeschlagen hat, hat nicht nur die Zeugin ... selbst so angegeben, sondern außerdem auch die Zeugin ...und der Zeuge ..., die den Vorgang von der Feuerstelle auf dem Grundstück aus beobachtet haben. Die Zeugin ... hat überdies bekundet, sich schon in diesem Moment wegen des plötzlichen Aufbruchs des Angeklagten gewundert und die Möglichkeit kurz angesprochen zu haben dass die beiden jetzt wohl „ficken wollten“.

Auch an der Richtigkeit dieser Angaben hat die Kammer keinen Zweifel haben können, insbesondere weil die Zeugin ... dies, wie der damalige Vernehmungsbeamte, der Zeuge KHK ..., bekundet hat, auch schon bei ihrer Zeugenvernehmung im Ermittlungsverfahren am 15.05.2018 so angegeben hat. Und damals, bei seiner Vernehmung am 23.05.2018, hat nach Angaben des Zeugen ... auch der Zeuge ... – der sich allerdings in der Hauptverhandlung so erinnert hat, dass der Angeklagte sich mit der Ankündigung verabschiedet habe, jetzt nach Hause zu wollen – den Ablauf noch so geschildert, dass der Aufbruch des Angeklagten ganz unvermittelt und so überstürzt erfolgt sei, dass der Angeklagte sich nicht einmal von ihm verabschiedet habe.

Gründe, dem Angeklagten seine angebliche Abscheu vor der Zeugin ... zu glauben, die ihn bewogen habe, die von ihrer entgegengesetzte Richtung einzuschlagen, hat die Kammer im Übrigen ohnehin nicht gefunden. Denn nach den glaubhaften Angaben der Zeugen ... und ..., war er selbst es gewesen, der die Zeugin ... zu ihrem freizügigen Verhalten auf der Party animiert und als einziger weiterer Partygast neben dem direkt beteiligten ... ungeniert dabei zugeschaut hatte.

3.

Dass es anschließend zu den festgestellten zunächst einvernehmlichen Zärtlichkeiten zwischen dem Angeklagten und der Zeugin ... gekommen ist, haben im Kern beide übereinstimmend so bekundet. An der Richtigkeit dieses übereinstimmenden Teils der Angaben der Zeugen und des Angeklagten hat die Kammer keinen Zweifel haben können.

Was die Frage der Initiative zu diesen Zärtlichkeiten angeht, hat die Kammer letztlich keinen Grund dafür gefunden, der Zeugin ... und ihrer insoweit sehr eindeutigen und auch aus lebhafter Erinnerung detailgenau geschilderten Darstellung zu misstrauen. Insbesondere konnte die abweichende Darstellung des Angeklagten keinen solchen Grund darstellen, denn ihm war jedenfalls an dieser Stelle ohnehin nicht zu glauben. Es stand, wie unter 2. ausgeführt, bereits fest, dass der Angeklagte gelogen hat, was die Entstehung der Situation anging, dass er nämlich entgegen seiner Darstellung den Kontakt zur Zeugin ... nicht vermieden, sondern ihn im Gegenteil gesucht hat. Für die Annahme, in der so von ihm geschaffenen Situation sei die dies bestreitende Zeugin ... plötzlich gegen seinen Willen aus sexuellen Motiven quasi über ihn hergefallen, hat die Kammer keinen plausiblen Anhaltspunkt gefunden.

4.

Zu der Frage, bis zu welchem Punkt diese Zärtlichkeiten einvernehmlich ausgetauscht wurden und insbesondere zu der Frage, ob die Zeugin ... schon auf das Eindringen des Angeklagten in ihre Vagina nur mit den Fingern ablehnend reagiert hat, hat die Kammer deshalb keine verlässlichen Feststellungen treffen können, weil sie hierzu keine brauchbaren Aussagen erhalten hat, und zwar weder von dem Angeklagten, noch von der Zeugin ...:

Die Angabe des Angeklagten, die Zeugin habe sich dies in wachsender sexueller Erregung gefallen lassen, konnte die Kammer deshalb nicht ohne weiteres als plausibel hinnehmen und als wahrscheinlich wahr unterstellen, weil sie die Angaben des Angeklagten zu seinem unmittelbar anschließenden Verhalten, dass er sich nämlich zum Abbruch des Sexualkontakts entschlossen, die Zeugin von sich weggestoßen und sich auf den Heimweg gemacht habe, für – wie noch auszuführen sein wird – feststehendermaßen gelogen erachtet hat. Ausgehend von der Erkenntnis, dass Angeklagte sowohl zum Beginn der Situation als auch zu ihrem Ende falsche Angaben gemacht hat, gab es aber keine Grundlage dafür, andere Teile seiner Schilderung, soweit nicht von anderer Seite bestätigt, für wahr zu halten.

Die Angaben, die die Zeugin ... in der Hauptverhandlung zu dieser Frage gemacht hat, waren demgegenüber in sich widersprüchlich, und diese Widersprüche haben sich auch nicht aufklären lassen. Einerseits hat die Zeugin nämlich zunächst erklärt, schon als der Angeklagte begonnen habe, mit den Fingern in sie einzudringen, habe sie dazu nein gesagt. Dieses Nein habe der Angeklagte aber nicht verstanden, sondern er habe immer weiter gemacht, und es sei immer schlimmer geworden. Später in derselben Vernehmung hat sie dann erklärt, erst die plötzlichen unerträglichen Schmerzen in ihrem Unterleib hätten sie dazu gebracht, zu schreien und unter anderem „nein, nein!“ zu rufen. Auf Nachfrage war sie nicht in der Lage zu berichten, was konkret vor dem Auftreten dieser Schmerzen geschehen sei und insbesondere was der Angeklagte zuvor noch mit ihrer Duldung getan habe. Auf den Versuch, ihr das Vorliegen und die Bedeutung dieses Widerspruchs deutlich zu machen, reagierte die Zeugin zunehmend ungehalten, ohne letztlich zu akzeptieren, dass ihre Angaben überhaupt widersprüchlich seien. Andere Beweismittel oder Indizien, auf deren Grundlage zu diesem Teil des Geschehens verlässliche Feststellungen möglich gewesen wären, lagen nicht vor. Insbesondere war im Ergebnis der Vernehmung der Zeugin KOKin ..., die eine Vernehmung der Zeugin ... während deren Aufenthalts im Krankenhaus in Hennigsdorf durchgeführt hat, festzustellen, dass die Angaben der Zeugin ... auch damals schon die gleichen Widersprüchlichkeiten aufwiesen und diese auch damals schon nicht aufzuklären waren.

Die Kammer hat zwar keinen Grund gefunden, aus diesem Befund allgemeine Zweifel an der Verlässlichkeit der Angaben der Zeugen Ernst abzuleiten. Die Verletzungen, die die Zeugin in der Tatnacht erlitten hat, waren wegen ihrer extremen Schmerzhaftigkeit, auf die noch einzugehen sein wird, geradezu prädestiniert dazu, die Zeugin psychisch zu traumatisieren und dabei auch ihre Erinnerung, speziell in Bezug auf die Reflektion chronologischer Zusammenhänge, nachhaltig zu beeinträchtigen. Bei zusätzlicher Berücksichtigung der erkennbar sehr schlichten Denkstruktur der Zeugin erschien es völlig plausibel, dass die Zeugin nur auf quasi ausgestanzte Erinnerungsinseln zurückgreifen und keine detaillierte, stimmige und chronologisch einleuchtende Gesamtdarstellung liefern konnte. Dass die Kammer daraus die Folgerung abgeleitet hat, der Zeugin in den Punkten, zu denen sie eine deutliche Erinnerung wiedergeben konnte, gleichwohl die für eine Überzeugungsbildung der Kammer erforderliche Verlässlichkeit zuzutrauen, konnte aber nichts daran ändern, dass ihre Angaben zu dem hier in Rede stehenden Abschnitt des Geschehens unergiebig waren und deshalb keine Überzeugung der Kammer stützen konnten.

Die Kammer hat sich deshalb an dieser Stelle letztlich auf die Erkenntnis beschränken müssen, dass sie insoweit keine und insbesondere keine von der Schilderung des Angeklagten zu seinem Nachteil abweichenden Feststellungen treffen konnte.

5.

Dass der Angeklagte die Zeugin ... allerdings tatsächlich in der Nacht auf den 11.05.2018 im Intimbereich berührt und insbesondere seine Finger in ihre Vagina eingeführt hat, hat nicht nur die Zeugin ... bekundet und er in seiner eigenen Einlassung in der Hauptverhandlung letztlich eingeräumt, sondern es wurde zusätzlich durch die Ergebnisse der durchgeführten Spurensicherung bestätigt. Insoweit haben nämlich das wissenschaftliche DNA-Identitätsgutachtens vom 28.08.2018 und das wissenschaftliche RNA-Expressionsanalysegutachten vom 30.08.2018 der Uniklinik Köln, die beide in der Hauptverhandlung verlesen worden sind ergeben:

Insbesondere an zwei der Fingernagelabschnitte, die bei dem Angeklagten nach seiner Festnahme gesichert worden sind, wurden DNA-Spuren gefunden, die nach der Analyse von 16 DNA-Systemen und einem Geschlechtsindikator in einem Fall vollständig mit dem DNA-Profil der Zeugin ... übereinstimmen und in einem weiteren Fall zwar nur Ergebnisse zu einem Teil der untersuchten DNA-Systeme geliefert haben, in den danach verbleibenden neun DNA-Systemen aber gleichwohl vollständig mit dem entsprechenden Teil des DNA-Profils der Zeugin Ernst übereinstimmen. Außerdem wurde eine dem DNA-Profil der Zeugen ... vollständig entsprechende Merkmalskombination an einem Handabrieb des Angeklagten gefunden, wobei das Gutachten für alle diese Spuren im Ergebnis einer biostatistischen Bewertung zu dem Ergebnis gelangt, dass die DNA-Profile mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Zeugin ... stammten.

An mehreren der gesicherten Spuren konnte außerdem mit der RNA-Expressionsanalyse das Vorhandensein von Blut oder Vaginalschleimhaut nachgewiesen werden. Darunter befand sich insbesondere einer der Fingernagelabschnitte der rechten Hand, nämlich der Spur D-18-1421A, an dem das Vorliegen von Vaginalschleimhaut nachgewiesen wurde. Dabei lässt zwar, wie in dem Gutachten ausgeführt wird, die RNA-Expressionsanalyse keine Rückschlüsse darauf zu, um wessen Vaginalschleimhaut es sich handelt. Da aber genau die hier angesprochene Spur D-18-1421A, der Fingernagelabschnitt war, an dem mit der DNA-Analyse das vollständig mit dem DNA-Profil der Zeugin ... übereinstimmende Profil gefunden wurde, und hieran insbesondere kein DNA-Profil einer anderen Frau gefunden worden war, konnte es sich gleichwohl nur um die Vaginalschleimhaut der Zeugin ... gehandelt haben, die mithin der Angeklagte unzweifelhaft mit seinem Finger berührt haben musste.

6.

Dass der Angeklagte der Zeugin ... anschließend in der festgestellten Weise wiederholt die Faust in die Vagina gestoßen/gerammt hat, hat die Kammer neben den insoweit hinreichend deutlichen Angaben der Zeugen ..., aus den dabei entstandenen Verletzungen der Zeugin ableiten können.

a)

Dass die Zeugin ... am Ende des Tatgeschehens die festgestellten massiven blutenden Verletzungen in ihrer Vagina hatte, hat die Kammer festgestellt auf Grundlage des rechtsmedizinischen Gutachtens, dass die Assistenzärztin beim brandenburgischen Landesinstitut für Rechtsmedizin, Frau V..., in der Hauptverhandlung erstattet hat. Danach sind bei der Geschädigten, nachdem sie gegen 4:15 Uhr am 11.05.2018 durch einen Rettungswagen erstversorgt und dann ins ... Krankenhaus in Eberswalde überführt worden war, ein ca. 10 cm großer, bis zur Portio reichender Scheidenriss rechts mit ca. 2 cm großer Abscherung des Parakolpiums, stark blutend, sowie links ein ca. 5 cm großer, ebenfalls stark blutender Scheidenriss festgestellt worden.

b)

Von diesen Verletzungen, so die Sachverständige weiter, sei es in höchstem Maße wahrscheinlich und jedenfalls plausibel, dass sie durch stumpfe Gewalteinwirkung in der Scheide entstanden seien, nämlich durch das wiederholte kraftvolle Einführen eines Gegenstandes, der dafür eigentlich zu groß gewesen sei und deshalb das Scheidengewebe überdehnt habe. Insbesondere eine menschliche Faust sei ein dafür geeigneter Gegenstand.

Den Unterlagen sei zu entnehmen, dass der Operateur ein mindestens drei- bis viermaliges Eindringen dieses Gegenstandes als Verletzungsursache angenommen habe. Das sei plausibel. Aus sachverständiger Sicht sei festzustellen, dass jedenfalls ein nur einmaliges Eindringen dieses Verletzungsbild nicht habe nach sich ziehen können, sondern dass es unter allen Umständen mindestens zweimal zur Gewalteinwirkung gekommen sein müsse.

Es könne allerdings anhand der ihr vorliegenden Dokumentation der Verletzungen nicht mit letzter naturwissenschaftlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Scheidenrisse auch mit einem anderen, insbesondere einem sehr viel dünneren Gegenstand wie einem kantigen Stab verursacht worden sein könnten. Das sei aber jedenfalls äußerst unwahrscheinlich, weil dieses Werkzeug hätte sehr exakt geführt werden müssen, um nur Risse, aber keine Punktion des Gewebes der Vagina herbeizuführen. Überdies sei die dokumentierte Abscherung des Parakolpiums so kaum zu erklären. Vollends ausgeschlossen erscheine diese Möglichkeit aber bei unterstellter Selbstbeibringung, weil jedenfalls die von der ersten Verletzung ausgehenden Schmerzen es der Verletzten hätten unmöglich machen müssen, die zweite Verletzung mit gleicher Präzision zu realisieren.

c)

Wegen der Höhe der Scheidenrisse, insbesondere wegen des einen bis zur Portio, also bis zum Scheidenteil der Gebärmutter hinaufreichenden Risses sei es anatomisch unmöglich, dass die Zeugin ... sich diese Verletzung unter Verwendung nur der eigenen Faust selbst beigebracht haben könnte. Denn um diese Höhe der Verletzung zu erreichen, habe die Faust deutlich weiter als bis zum Handgelenk, etwa bis zu einem Drittel des Unterarms, in die Vagina eingeführt werden müssen. Das sei aber nur bei gestrecktem Handgelenk möglich, und damit, wenn also der Arm nur im Schulter- und im Ellenbogengelenk bewegt werden könne, sei Eindringen mit der Hand in die eigene Vagina undenkbar, jedenfalls bei nicht ganz außergewöhnlich entwickelter Gelenkigkeit, die bei der körperlichen Konstitution der Zeugin ... unmöglich vorliegen könne.

d)

Diese in der Hauptverhandlung eingehend erläuterten und begründeten, gut nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen, die insbesondere von der Verteidigung mehrfach hinterfragt worden sind, ohne dass sich dabei aber Unsicherheiten der Sachverständigen oder andere Gründe zu Zweifeln an der Stichhaltigkeit ihrer Ausführungen ergeben haben, hat die Kammer sich nach eigener Prüfung zu eigen gemacht.

e)

Dass die Zeugin ... diese Verletzungen etwa schon früher, vor ihrem Aufbruch von der Party auf dem Grundstück der Zeugin ..., erlitten haben könnte, war wegen der von den Verletzungen ausgehenden Schmerzen, die die Zeugin unmöglich überspielt haben kann, und wegen des damit verbundenen massiven Blutverlustes unmöglich. Zum einen hätte dieser Blutverlust, der später binnen kurzem zur Durchtränkung ihrer Hose geführt hat, den anderen Teilnehmern der Party auffallen müssen, und zum anderen hätte er, hätte die Blutung bereits früher eingesetzt, erheblich früher als geschehen zu einem Kollaps der Zeugin ... führen müssen.

f)

Hinzu kam die zeitliche Passgenauigkeit der wenigen exakt zeitlich einzuordnenden Punkte im Zusammenhang mit dem Tatgeschehen: Wie die Kammer durch Verlesung der Verschriftung des Notrufmitschnitts aus der Tatnacht (Bl. 830-834 der Akte) festgestellt hat, hat der Zeuge Ramm um 3:37:01 Uhr am 11.05.2018 die Notrufzentrale angerufen.

Zu diesem Zeitpunkt war die Zeugin Ernst bereits, begleitet von der Zeugin ..., zu deren Grundstück zurückgekehrt. Dort war sie, wie die Zeugen ..., ... und ... glaubhaft bekundet haben, auf dem Rasen zusammengebrochen, hatte sich danach zunächst nochmals erhoben und war noch einige Schritte weiter gegangen. Dann war sie erneut zusammengebrochen und war dort für eine Weile liegen gelassen worden. Denn bis dahin hatte niemand ihre Verletzung bemerkt, sondern man hielt sie für betrunken. Und die Zeugin ... glaubte auch nicht daran, dass die Zeugin ..., die das schon auf dem Rückweg mehrfach gesagt hatte, vergewaltigt worden sei. Erst danach hatte der Zeuge ... eine Lampe geholt, eigentlich in der Absicht, die Zeugin ... nunmehr zum Heimgehen zu bewegen, und erst im Licht dieser Lampe das viele Blut an ihrer Hose bemerkt. Dieses hatte er dann noch den Zeugen ... und ... präsentiert, und erst danach war man zu dem Entschluss gekommen, dass der Notruf alarmiert werden müsse.

Ehe die Zeugin ... zum Grundstück zurückkehrte, war sie, wie die Zeugin ... berichtet hat, von dieser bäuchlings vor dem Gartengrundstück des Angeklagten liegend und teilweise entkleidet, nämlich mit bis zu den Knien heruntergezoger Hose und Unterhose, gefunden worden. Die Zeugin ... hatte sie angesprochen, sie dazu bewegt, aufzustehen und sich sich notdürftig wieder anzuziehen, sich ihr Jammern über die erlittene Vergewaltigung angehört und sie aufgefordert und überzeugt, wieder mit zurück in ihren Garten zu kommen. Danach hatte die Zeugin ... ihr Fahrrad wieder an sich genommen und beide waren gemeinsam die rund 160 m lange Strecke vom Garten des Angeklagten zu dem der Zeugin ... gegangen, wobei die Zeugin ... wegen ihrer Alkoholisierung und der erlittenen Verletzung nur langsam gehen konnte.

Ehe die Zeugin ... die Zeugin ... gefunden hatte, hatten sie und der Zeuge ..., noch an der Feuerstelle in ihrem Garten stehend, während ihres Gespräches aus der Ferne ein lautes lang anhaltendes Schreien gehört, das sie beide vermuten ließ, dass es die Zeugin ... sei, die da schrie. Beide hatten sich durch den Schrei zunächst in ihrem Gespräch nicht stören lassen, sondern weiter gesprochen und erst mit einiger Verzögerung begonnen, darüber nachzudenken sich darüber auszutauschen, ob da nicht die Zeugin ... geschrien habe und ob es nicht geboten sein könne, nachzusehen, was da los sei. Sie hatten sich dann entschlossen, getrennt voneinander, der Zeuge ... nach links und die Zeugin ... nach rechts, suchen zu gehen, und die Zeugin ... war schließlich, wegen der Dunkelheit langsam und vorsichtig, die Strecke von rund 160 m bis zum Gartengrundstück des Angeklagten gegangen.

All das zusammen konnte ohne weiteres 30 oder 40 Minuten gedauert haben, insbesondere unter Berücksichtigung der unklaren Länge des Zeitraums, über den die Zeugin ... noch hilflos auf dem Rasen im Garten der Zeugin ... gelegen hat, ehe ihre Verletzungen bemerkt wurden.

Ausgehend von 40 Minuten ergab sich allerdings ein Zeitpunkt des von den Zeugen ... und ... vernommenen Schreis und damit ein vermutlicher Tatzeitpunkt wenige Minuten vor 3:00 Uhr, und dieser korrespondiert genau mit dem Zeitpunkt 3:03 Uhr, zu dem der Angeklagte erstmals, nachdem er das Grundstück der Zeugin ... verlassen hatte, sein Mobiltelefon wieder in Betrieb nahm – worauf er selbst hingewiesen hat und was sich auch mit dem deckt, was seine Ehefrau, die nämlich vorher schon vergeblich versucht hatte, ihn zu erreichen und der er zu dieser Zeit eine WhatsApp-Textnachricht geschrieben hat, im Zuge der Ermittlungen der Polizei offenbart hatte.

g)

Die Verteidigung hat demgegenüber gemeint, einen merklich kürzeren Zeitraum annehmen zu dürfen, den die unter f) rekapitulierten Vorgänge erfordert hätten, und daraus einen Zeitraum von etwa 10 Minuten ableiten zu können, den die Zeugin ... nach dem Aufbruch des Angeklagten unbeobachtet allein gewesen sei und in dem sie Gelegenheit gehabt hätte, die Situation zu manipulieren. Daraus müssten sich vernünftige Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten ergeben. Dieser Schlussfolgerung war aber nicht zu folgen.

Dem stand zunächst der Schrei entgegen, den Zeugen ... und ... gehört haben und von dem kaum angenommen werden kann, er sei ein anderer gewesen als der, den der Angeklagte gehört zu haben angegeben hat. Denn den ansonsten zu unterstellenden vorangegangenen weiteren Schrei der Zeugin ... hätten die Zeugen ... und ... dann überhört haben müssen, was für sich betrachtet schon unwahrscheinlich war. Nach dem Schrei sind aber keinesfalls mehr 10 Minuten vergangen, ehe die Zeugin ... am Tatort eintraf.

Im Übrigen wäre, einen solchen unbeobachteten Zeitraum als gegeben unterstellt, die Frage zu stellen gewesen, worin eine solche Manipulation bestanden haben sollte und wie sie hätte realisiert werden sollen. Denn nach den bis hierher bereits getroffenen Feststellungen kam als Alternative zu einer Verursachung der Verletzungen durch den Angeklagten nichts anderes mehr in Betracht, als dass

- entweder die Zeugin ... sich aus Wut oder Enttäuschung über den angeblichen plötzlichen Rückzug des Angeklagten die Verletzungen selbst beigebracht hätte,

- oder dass ihr ein dem Angeklagten entgangener, aber für sie sofort verfügbarer Helfer zur Verfügung gestanden hätte, der dies auf ihre Bitte hin getan oder sie dabei unterstützt hätte,

- oder dass unmittelbar nach dem Weggang des Angeklagten ein unbekannt gebliebener Dritter hinzugekommen wäre, der der Zeugin die Verletzungen beigebracht hätte.

Nichts davon konnte irgendwie ernsthaft in Betracht gezogen werden.

Insbesondere hätte die Annahme einer Selbstbeibringung vorausgesetzt, dass die Zeugin ... in den wenigen Minuten zwischen dem von ihr ausgestoßenen Schrei, den neben dem Angeklagten auch die Zeugin ... und der Zeuge ... wahrgenommen haben, zunächst einen Tatentschluss gefasst, dann einen geeigneten Gegenstand als Werkzeug für die Selbstverletzung gefunden, mit diesem Gegenstand die Selbstverletzung vorgenommen, ihn danach hätte so spurlos verschwinden lassen, dass er später weder von den Zeugen ..., ... und ..., noch von der später vor Ort tätig gewordenen Polizei oder den Angehörigen des Angeklagten, die mit beachtlichem Eifer Privatermittlungen durchgeführt haben, gefunden worden wäre, und sich schließlich bis zum Eintreffen der Zeugin ... am Gartengrundstück des Angeklagten in die Position am Boden gebracht hätte, in der diese Zeugin sie fand. Das allerdings war in mehrfacher Hinsicht undenkbar. Insbesondere war weder der Zeugin ... zuzutrauen, so schnell und konsequent einen Plan zu fassen und umzusetzen, noch war es vorstellbar, ein für die Herbeiführung der festgestellten Verletzungen geeignetes Werkzeug in so kurzer Zeit zu finden und anschließend, erst recht mit einer solchen Verletzung, derart gründlich zu verbergen.

Bei unterstelltem Vorhandensein eines Helfers hätte sich das Problem des Verbergens des Tatwerkzeugs allerdings nicht gestellt; gleichwohl war dieser Fall noch undenkbarer als die Vermutung einer Selbstbeibringung. Denn es konnte nicht erklärt werden, wo zu dieser Nachtzeit der fragliche Helfer hätte hergekommen sein sollen und wie die Zeugin ... in den wenigen zur Verfügung stehenden Minuten hätte in der Lage sein sollen, mit diesem Helfer einen Tatplan zu fassen und umzusetzen und bei alldem zu vermeiden, dass jemand den Helfer wahrnahm.

Die Annahme der Tatbegehung durch einen Dritten hätte demgegenüber vorausgesetzt, dass nicht nur unmittelbar nach dem Weggehen des Angeklagten überhaupt ein Dritter vor Ort gewesen wäre, der sich überdies angesichts der Situation spontan zu einer Vergewaltigung der Zeugin ... in Fortsetzung des gerade abgebrochenen Geschehens entschlossen hätte, sondern zudem die Zeugin ... in Reaktion auf diese Vergewaltigung auf den Gedanken verfallen wäre, die Zurückweisung durch den Angeklagten so viel übler zu nehmen als das an ihr tatsächlich begangene Verbrechen, und sie deshalb den tatsächlichen Täter davonkommen ließ und stattdessen den Angeklagten zu Unrecht beschuldigte. Jeder dieser Punkte für sich betrachtet erschien schon derart unwahrscheinlich, dass die Kammer, wäre es nur auf einen davon angekommen, bereits große Mühe gehabt hätte, dies für nicht unter Ausschluss jedes vernünftigen Zweifels ausgeschlossen zu halten. Das Erfordernis des Zusammentreffens dieser sämtlichen drei Punkte ließ demgegenüber keinerlei Zweifel mehr daran zu, dass es anders gewesen sein musste.

Im Ergebnis des Ausschlusses auch noch dieser theoretischen Alternativen stand die Täterschaft des Angeklagten unter Ausschluss jedes Zweifels fest.

7.

Die Unmöglichkeit verlässlicher Feststellungen zur Motivation oder zu etwaigen mit der Tat verbundenen Zielvorstellungen des Angeklagten ergab sich einerseits aus seinem – aus der Tatleugnung fast zwangsläufig folgenden – Schweigen hierzu und andererseits aus der im Detail unklaren Ausgangssituation, zu der schon unter 4. näher ausgeführt wurde.

8.

Dass der Angeklagte wusste, dass als Folge seiner Fauststöße in die Vagina der Zeugin ... mit Sicherheit massive Schmerzen und mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Verletzungen in ihrem Unterleib eintreten würden, und dass er dies als ihm mindestens gleichgültig hinnahm, hat die Kammer ohne weiteres aus dem äußeren Vorgang entnommen. Jedermann weiß, dass die Geschlechtsorgane einer Frau für ein derart plötzliches und brutales Eindringen mit einem derart großen Gegenstand wie einer Faust nicht gemacht sind, und dass sie derlei auch nicht schadlos überstehen können. Das musste erst recht für den Angeklagten gelten, der seit mehreren Jahren in einer Paarbeziehung lebt und Vater ist.

Anhaltspunkte dafür, dass er in einer anderen Vorstellung gelebt hätte, gab es nicht, und zwar insbesondere auch nicht in seiner Einlassung.

9.

Eine Feststellung dahin, dass die aus der Tat letztlich entstandene akute Lebensgefahr für die Zeugin ... vom Angeklagten vorhergesehen oder erwartet oder sonst irgendwie in seinen Tatplan einbezogen worden wäre, war nicht zu treffen. Die auch hierzu explizit befragte rechtsmedizinische Sachverständige ... hat dazu erklärt, das Ausmaß der eingetretenen Blutung sei durch blutverdünnende Medikamente erhöht worden, die die Zeugin eingenommen habe, ohne dass dies für den Angeklagten erkennbar gewesen sei. Die Blutung sei auch im ersten Moment, solange also der Angeklagte sich noch am Tatort befand, nicht derart massiv gewesen, dass sich hieraus die Annahme eines bevorstehenden Verblutens der Zeugin Ernst hätte aufdrängen müssen.

10.

Anhaltspunkte dafür, dass sich der Angeklagte bei der Tatbegehung etwa in einem Zustand der erheblich verminderten Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit befunden hätte, gab es nicht. Insbesondere war sein Nachtatverhalten mit der sofortigen Beseitigung des verräterisch beschmutzten Pullovers und mit dem Austausch von WhatsApp-Textnachrichten mit seiner Ehefrau so überlegt, folgerichtig und unauffällig, dass das Vorliegen von Ausfallerscheinungen im psychopathologischen Sinne nicht angenommen werden konnte. Die bei dem Angeklagten festgestellte Intoxikation mit Alkohol und Kokain erreichte kein solches Ausmaß, dass auch ohne solche Ausfallerscheinungen die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung in Betracht gezogen werden musste. Die gemessene Blutalkoholkonzentration für den Entnahmezeitpunkt 7:56 Uhr betrug 1,00 mg/g, woraus sich im Ergebnis einer Rückrechnung auf den fast exakt fünf Stunden davor liegenden Tatzeitpunkt – und unter der aus Sicht der Kammer nicht zweifelhaften Voraussetzung, dass der Angeklagte zwischen der Tat und der Blutentnahme keinen Alkohol mehr zu sich genommen hat – eine Blutalkoholkonzentration für den Tatzeitpunkt kurz vor 3:00 Uhr von zwischen 1,50 mg/g (bei dem Mindest-Abbauwert von 0,10 mg/g pro Stunde) und 2,20 mg/g (bei dem höchstmöglichen Abbauwert von 0,20 mg/g pro Stunde nebst dem einmaligen Sicherheitszuschlag von weiteren 0,20 mg/g) ergibt. Diese Blutalkoholkonzentrationen von allerhöchstens 2,20 mg/g ist bei einem langjährig trinkgewohnten Menschen – wie der Angeklagte, der in der Vergangenheit sogar mit einem Alkohol- und Drogen-Suchtproblem zu kämpfen hatte und der auch weiterhin nicht abstinent lebt, dies ist – noch kein Indiz für eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit. Und der Konsum von Kokain zieht solche Folgen ohnehin nicht nach sich, solange es nicht durch langjährigen Konsum zu nachhaltigen schwerwiegenden Veränderungen der Persönlichkeit gekommen ist, wofür bei dem Angeklagten, der beispielsweise in einer funktionierenden Ehe lebt, nichts sprach.

IV. Rechtliche Würdigung

Nach diesen Feststellungen hat der Angeklagte sich zunächst wegen Vergewaltigung, und zwar in der Qualifizierung gemäß § 177 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 3, Abs. 8 Nr. 2 a) StGB strafbar gemacht, indem er gegen den erkennbaren Willen der Zeugin ... eine dem Beischlaf ähnliche sexuelle Handlung an ihr vornahm, nämlich seine Faust mehrfach in ihre Vagina rammte und sie dabei zugleich in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung brachte und sie körperlich schwer misshandelte. Für diese schwere Misshandlung genügt die Zufügung erheblicher körperlicher Schmerzen, und diese stand nach den getroffenen Feststellungen in objektiver wie subjektiver Hinsicht außer Zweifel.

Eine Strafbarkeit auch nach § 177 Abs. 8 Nr. 2 b) schied dagegen im Ergebnis trotz der objektiv eingetretenen akuten Lebensgefahr aus, weil der auch insoweit für eine Strafbarkeit erforderliche Vorsatz des Angeklagten festgestellt werden konnte.

Da der Angeklagte bei alldem die Tat noch fortgesetzt hat, nachdem die Zeugin ... bereits vor Schmerzen schrie, erübrigten sich auch alle Überlegungen zu rechtlichen Folgen der unter III.B.4. erläuterten verbliebenen tatsächlichen Unklarheiten, beispielsweise zu einer möglichen Anwendbarkeit von § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB für das erstmalige Einführen der Faust bei unterstelltem Einverständnis der Zeugin ... mit allen bis dahin vom Angeklagten vorgenommenen Handlungen.

Da bei der Zeugin auch erhebliche Verletzungen entstanden sind, stand diese Tat in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 3, und Nr. 5 StGB wobei ein hinterlistiger Überfall im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB deshalb anzunehmen war, weil die Zeugin sich in der Erwartung des einvernehmlichen Austausch von Zärtlichkeiten in eine wehrlose Lage begeben hatte, ohne im mindesten mit einer Feinseligkeit des Angeklagten zu rechnen, und eine das Leben gefährdende Behandlung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB deshalb vorlag, weil ein derart massives Einwirken auf die Geschlechtsorgane objektiv stets zu derart schweren Folgen führen kann.

Weitere Tateinheit mit einem versuchten Tötungsdelikt lag demgegenüber, trotz der durch die Tat entstandenen akuten Lebensgefahr, nicht vor. Denn Tötungsvorsatz des Angeklagten war ebenso wenig festzustellen wie seine Bereitschaft, die Zeugin Ernst durch die Vergewaltigung in die Gefahr des Todes zu bringen.

V. Strafzumessung

Bei der Strafzumessung hat die Kammer vom Strafrahmen des § 177 Abs. 8 StGB auszugehen, der Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren (und bis zu 15 Jahren) vorsieht. Das Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß § 177 Abs. 9 StGB, das zur Anwendung eines milderen Strafrahmens von einem Jahr bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe geführt hätte, hat die Kammer geprüft, nach dieser Prüfung aber verneint. Voraussetzung für die Annahme eines minder schweren Falles wäre gewesen, dass die zu Gunsten des Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgründe die gegen ihn sprechenden deutlich überwogen hätten und dass deshalb in einer Gesamtbetrachtung die Anwendung des Regelstrafrahmens als insgesamt nicht mehr angemessen erschienen wäre.

In diesem Rahmen sprach für den Angeklagten, dass er nur geringfügig und nicht einschlägig vorbestraft ist. Hinzu kam, dass er die Tat in einem Zustand alkoholbedingter Enthemmung und unter dem Einfluss von Kokain begangen hat, was seine Fähigkeit zur Selbstkritik zweifellos reduziert hat. Hinzu kam, dass er als Erstverbüßer besonders haftempfindlich ist, was durch seine familiäre Situation mit einer vierjährigen Tochter noch gesteigert wird.

Gegen ihn sprachen demgegenüber die hochgradige Brutalität, mit der er gegen die Zeugin ... vorgegangen ist, und die totale Anlasslosigkeit der Tat. Die Kammer hätte wohl, insbesondere wegen der anlässlich des „Herrentages“ gelösten Stimmung und des in erheblichen Mengen konsumierten Alkohols und unter Berücksichtigung des freizügigen Verhaltens der Zeugin ... auf der Party, ein gewisses Verständnis haben können, wenn die hier in Rede stehende Tat im Vollzug üblichen Geschlechtsverkehrs bestanden hätte und der Angeklagte dabei eine erst im letzten Moment geäußerte entgegenstehende Willensäußerung der Zeugin zu ignorieren sich entschlossen hätte. Einen Mitmenschen bei Gelegenheit eines Sexualkontaktes in solcher Brutalität wie hier geschehen zu misshandeln, ließ sich demgegenüber durch gar nichts erklären und stand aus Sicht der Kammer auf niedrigster Stufe. Hinzu kamen die durch die Tat entstandene konkrete Lebensgefahr und die tateinheitlich begangene gefährliche Körperverletzung.

Damit war aus Sicht der Kammer ein erhebliches Überwiegen der Strafmilderungsgründe und damit die Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falles ausgeschlossen.

Innerhalb des dann gegebenen Strafrahmens mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer allerdings bei dem Angeklagten, der ansonsten in ordentlichen sozialen Verhältnissen lebt, nach nochmaliger Abwägung der schon erörterten Strafzumessungsgründe eine Freiheitsstrafe für ausreichend gehalten, die sich nur geringfügig von dieser Mindeststrafe abhob, und demgemäß letztlich auf eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren als tat- und schuldangemessen und allen Strafzwecken genügend erkannt.

VI. Kosten

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.