Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat | Entscheidungsdatum | 09.11.2010 | |
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Aktenzeichen | L 8 R 764/10 B ER | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 86b SGG, § 15 SGB 6, § 31 SGB 6, § 40 SGB 5 |
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 3. August 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
I.
Die Antragstellerin ist 1961 geboren worden. Wegen eines im Jahr 2007 erkannten Mamma-Carcinoms wurde sie zunächst zwei Mal, im November 2007 und im September 2008, operiert; ferner ist sie seither laufend in ambulanter onkologischer Behandlung. Seit Dezember 2007 ist bei ihr ein Grad der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) von 70 anerkannt. Im März 2009 beantragte sie bei der Antragsgegnerin eine Rente wegen Erwerbsminderung, im Mai 2009 auch Leistungen zur medizinischen/onkologischen Rehabilitation. Zur Begründung reichte sie einen Arztbrief des Sankt-G-Krankenhauses B (vom 27. Februar 2009 betreffend eine Behandlung am 23. Februar 2009) ein. Die Antragsgegnerin ihrerseits holte einen Befundbericht der behandelnden Fachärztin für Innere Medizin Dr. A (vom 27. Mai 2009) ein, dem diverse Drittbefunde über Behandlungen ab November 2007 bis Februar 2009 beigefügt waren. Eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde der Antragstellerin ab 1. März 2009 bewilligt (Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. August 2010).
Durch Bescheid vom 24. Juni 2009 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur onkologischen Rehabilitation für die Dauer von vier Wochen und bestimmte die S-Klinik Bad S-A zur Rehabilitationseinrichtung. Gegen den Bescheid legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Mit Bezug auf ein eingereichtes ärztliches Attest der Dr. A vom 1. August 2009 machte sie geltend, die Rehabilitation solle in der H-Klinik Bad M durchgeführt werden. Das Ziel der Maßnahme sei eine intensive Fortsetzung der bisherigen Therapiemaßnahmen. Hierzu sei nur diese Klinik aufgrund ihres besonderen Therapiekonzeptes geeignet. Auf Nachfrage der Antragsgegnerin äußerte sich Dr. A mit Datum des 27. Oktober 2009 ergänzend.
Durch Bescheid vom 4. November 2009 bewilligte die Antragsgegnerin daraufhin die Leistung im bisherigen Umfang in der H-Klinik Bad E; diese Klinik verfügt über Rehabilitations-Abteilungen in den Fachgebieten Lungenheilkunde und Orthopädie. Den Bescheid vom 24. Juni 2009 erklärte sie für gegenstandslos. Nachdem die Antragstellerin die Antragsgegnerin darauf hingewiesen hatte, dass die Klinik in Bad E nicht für ihre Erkrankung geeignet sei, lehnte die Antragsgegnerin die Umstellung der Rehabilitationseinrichtung auf die H-Klinik Bad M ab. Im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens könne die von der Antragstellerin gewünschte, von der Antragsgegnerin vertraglich nicht belegte Klinik nur dann ausgewählt werden, wenn die Leistung einzig dort erfolgreich durchgeführt werden könne. Es stünden jedoch mehrere geeignete, von den Trägern der Rentenversicherung betriebene oder vertraglich belegte Kliniken zur Verfügung. Der Antragstellerin wurden vier Einrichtungen angeboten, um die Maßnahme der Rehabilitation durchzuführen.
Die Antragstellerin machte in der Folge geltend, dass nur die H-Klinik Bad M ein derart umfangreiches Programm für Patienten mit fortgeschrittenen incurablen Tumoren anbiete. Sie reichte ein Schreiben der behandelnden Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe Dr. H (S) vom 26. Februar 2010 ein. Diese führte aus, dass im Erkrankungsstadium der Antragstellerin eine ganzheitliche Therapie wichtig sei, die in der H-Klinik Bad M durchgeführt werden könne. Die Kosten lägen nicht über denen der H-Klinik Bad E. Sie reichte ferner eine Kopie des Beschlusses des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Juli 2009 – L 24 KR 153/09 B ER – ein.
Durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch im wesentlichen mit der Begründung des Bescheides vom 4. November 2009 zurück. Der Antragstellerin werde empfohlen, die Rehabilitation in der H-Klinik Bad E durchzuführen.
Gegen die Bescheide vom 24. Juni und 4. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 hat die Antragstellerin am 8. Juli 2010 vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Außerdem hat sie am 22. Juli 2010 beantragt, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr die „bewilligte Rehabilitation“ in der H-Klinik Bad M mit sofortiger Wirkung zu gewähren. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass der Schwerpunkt der Klinik insbesondere auf der Behandlung von fortgeschrittenen und oft inkurablen Krebserkrankungen liege. Vorrangiges Ziel sei, die geistige und körperlich-seelische Gesundheit vollständig oder teilweise wiederherzustellen. Es sei ärztlich belegt, dass in ihrem – der Antragstellerin – Fall die intensive und langzeitige Chemo- und Antikörpertherapie nicht in der Lage gewesen sei, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten. Eine Rehabilitation in der H-Klinik sei indiziert, um durch das ganzheitliche Verfahren den geschwächtigen Allgemeinzustand zu stabilisieren; auch sei eine emotionale Entlastung der Antragstellerin dringend erforderlich. Weitere Ausführungen werden zu den rechtlichen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen und zu den Anforderungen an die Verpflichtung eines Trägers zu Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gemacht. Ferner hat sie unter anderem ein Schreiben der Dr. H ohne Datum – übersandt am 15. Juli 2010 – eingereicht, das im wesentlichen dem vom 26. Februar 2010 entspricht, jedoch um die Aussage ergänzt worden ist, dass es bei Ablehnung der Kur in der H-Klinik angesichts der lebensgefährlichen Erkrankung zu einer Invalidität kommen werde und der progrediente Verlauf sehr schnell den Tod der Antragstellerin herbeiführen werde.
Die Antragsgegnerin hat dem Antrag entgegengehalten, dass die Antragstellerin inzwischen an einem ossär, hepatogen und lymphogen methastasierenden Mammakarzinom leide. In diesem fortgeschrittenen Stadium stünden kurativ-therapeutische Ansätze nicht zur Verfügung. Wirksamkeit und Nutzen des von der Klinik angebotenen ganzheitsmedizinischen Therapiekonzepts mit immunbiologischer Therapie gälten nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht als wissenschaftlich belegt; abgesehen davon belege die Antragsgegnerin die Klinik grundsätzlich nicht. Die für die Antragstellerin erforderlichen palliativen Maßnahmen bei progressivem Krankheitsverlauf und negativer Erwerbsprognose entsprächen einer Krankenhausbehandlung; auch von der Antragstellerin werde die Klinik als „Krankenhaus“ bezeichnet. Für die Bewilligung derartiger Behandlungen sei die Beklagte nicht zuständig. Vorrangig sei nun eine Rente zu prüfen und zu erwägen, ob der ursprüngliche Bewilligungsbescheid zurückzunehmen sei.
Die Antragstellerin hat hierzu erwidert, es könne keine Rede davon sein, dass nur noch palliativmedizinische Maßnahmen ihr Leiden lindern könnten.
Durch Beschluss vom 3. August 2010 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Verpflichtung der Antragsgegnerin lägen nicht vor, da jedenfalls ein Anordnungsanspruch nicht bestehe. Die Bewilligungsbescheide der Antragsgegnerin seien nicht rechtswidrig. Nur zugunsten der Antragstellerin könne dahingestellt bleiben, ob sie noch rehabilitationsfähig sei und für die Maßnahme eine günstige Prognose bestehe. Die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung sei nicht zu beanstanden, weil sowohl die von der Antragsgegnerin bewilligten als auch die alternativ zur Auswahl gestellten Reha-Einrichtungen das Behandlungskonzept einer typischen onkologischen Rehabilitation böten. Es sei von daher nicht zu beanstanden, wenn sie es ablehne, die Rehabilitation in einer Klinik durchzuführen, zu der sie keine vertraglichen Beziehungen habe. Ein atypischer Fall, der die Behandlung in der Hufeland-Klinik rechtfertigen könne, liege nicht vor. Nach ihrem eigenen Vortrag begehre die Antragstellerin Krankenhausleistungen; auch die Ausführungen der Dr. H sprächen dafür, dass die als dringend erforderlich bezeichnete Behandlung keine Maßnahme zur Rehabilitation, sondern eine Krankenhausbehandlung sei. Für derartige Leistungen sei die Antragsgegnerin nicht zuständig. Die Entscheidung anhand einer Folgenabwägung sei angesichts dessen ebenfalls nicht angezeigt gewesen. Der Fall unterscheide sich von dem vom 24. Senat entschiedenen dadurch, dass dort die stationäre Behandlung in der H-Klinik als Leistung der Krankenbehandlung der gesetzlichen Krankenversicherung geltend gemacht worden sei.
Mit ihrer Beschwerde vom 12. August 2010 macht die Antragstellerin geltend, dass die gewünschten Leistungen zur Rehabilitation entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nur in der H-Klinik Bad M erbracht werden könnten. Das ergebe sich bereits aus dem Attest der Dr. A vom 11. August 2009. Gerade weil sie schwer erkrankt sei, benötige sie auch das Behandlungskonzept der H-Klinik und es sei ihr nicht zuzumuten, einen neuen Antrag bei der Krankenkasse zu stellen. Keine Rolle könne es spielen, ob sich der Gesundheitszustand derart verschlechtert habe, dass über die Rücknahme der ursprünglichen Bewilligung zu entscheiden sei.
Die Antragsgegnerin hat der Beschwerde entgegengehalten, dass ihr sozialmedizinischer Dienst die Notwendigkeit einer Krankenbehandlung festgestellt habe. Leistungen zur Teilhabe würden ausdrücklich nicht mehr als erfolgversprechend angesehen.
Der Senat hat zunächst die nach damaliger Aktenlage zuständige gesetzliche Krankenkasse, die K A, zum Verfahren beigeladen (Beschluss vom 9. September 2010). Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Antragstellerin bereits seit dem 1. Juni 2010 Mitglied der T-Krankenkasse geworden war, ist diese Krankenkasse durch Beschluss vom 13. Oktober 2010 zum Verfahren beigeladen und der Beiladungsbeschluss vom 9. September 2010 aufgehoben worden.
Die Antragstellerin hat in der Folge den Entlassungsbericht der B Klinik Bad B vom 8. September 2010 eingereicht, der eine stationäre Behandlung dort vom 30. August bis zum 8. September 2010 betraf (Diagnose: Mammacarcinom links, aktuelles Stadium Pleurafiliae – Metastasen im Bereich des Brustfells – rechts mit Zustand nach Erguss; Lungenfiliae – Lungenmetastasen – beidseits; Verdacht auf Lymphknotenfiliae mediastinal), sowie den Befund einer Spiralcomputertomografie des Röntgeninstituts am Rathaus S vom 4. Oktober 2010, die zum Zweck der Verlaufskontrolle nach (von November 2009 bis Mai 2010 durchgeführter) Chemotherapie bei Zustand nach (im Oktober 2009 vorgenommener) Entfernung der linken Brust vorgenommen worden war.
Die Beigeladene hat sich – in Kenntnis aller aus den Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und den Gerichtsakten hervorgehenden medizinischen Unterlagen – dahingehend eingelassen, dass die Antragsgegnerin die zuständige Leistungsträgerin sei. Die in Frage stehenden onkologischen Rehabilitationsleistungen seien nach Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung nachrangig gegenüber den von der Antragsgegnerin nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch zu erbringenden. Der von ihr eingeschaltete medizinische Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz sehe derzeit aber auch keinen Rehabilitationsbedarf, dies im Einklang mit der B-Klinik Bad B, die eine stationäre Wiedervorstellung entsprechend dem Krankheitsverlauf empfehle. Der ursprünglich von der Antragsgegnerin festgestellte Rehabilitationsbedarf könne nicht mehr gesehen werden. Bei Bedarf stünden jederzeit akutstationäre Behandlungen im Krankenhaus oder palliative Maßnahmen zur Verfügung. Die H-Klinik Bad M verfüge über keine Zulassung als Krankenhaus, sondern nur als Rehabilitationseinrichtung. Insoweit sei sie aber nicht die einzige Einrichtung für das Gebiet der Onkologie.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Verpflichtung der Antragsgegnerin oder der Beigeladenen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sind nicht erfüllt.
Die Antragstellerin begehrt die Gewährung einer Leistung, die ihr die Antragsgegnerin nicht in der gewünschten Form zuerkannt hat. In diesem Fall setzt eine einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Leistung im Regelfall voraus, dass bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch nach materiellem Recht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 916 Zivilprozessordnung [ZPO]; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit feststellbar sind (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund).
Von Verfassungs wegen sind jedoch dann besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens zu stellen, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen entweder die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen oder – wenn dies im Eilverfahren nicht möglich ist – anhand einer Folgenabwägung entscheiden (zusammenfassend Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05).
Nach einfachem Recht sind die Voraussetzungen für eine einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin oder der Beigeladenen nicht erfüllt. Ein Anordnungsanspruch ist nach summarischer Prüfung nicht gegeben.
Zuständige Trägerin für Leistungen zur Teilhabe ist ausschließlich die Antragsgegnerin. Denn bei ihr hatte die Antragstellerin im Mai 2009 den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe gestellt, aus dem sie noch immer Rechte, nämlich bezüglich der örtlichen Durchführung einer Maßnahme zur Rehabilitation, herleitet. Da sie den Antrag nicht weitergeleitet hat, ist ihre Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB IX begründet; andere Leistungsträger, im vorliegenden Fall im besonderen die Beigeladene, haben dadurch ihre Entscheidungsbefugnis über die Gewährung von Teilhabeleistungen nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen verloren (s. BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 8 und Urteil vom 20. April 2010 – B 1/3 KR 6/09 R). Daraus ergibt sich die Pflicht der Antragsgegnerin, Teilhabeleistungen nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen unter Beachtung der besonderen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen (s. stellvertretend BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 8).
Von vornherein nicht zu prüfen hatte die Antragsgegnerin deshalb, ob sich der begehrte Anspruch aus § 39 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ergibt. Diese Vorschrift regelt lediglich die Krankenhausbehandlung, nicht aber Ansprüche auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (s. dazu § 40 SGB V) und damit keine Leistungen zur Teilhabe im Sinne des SGB IX, die von den gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden könnten (s. dazu §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Nr. 1 SGB IX). Bereits deshalb ist für das vorliegende Verfahren der von der Antragstellerin eingereichte, in einem Verfahren gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ergangene Beschluss des 24. Senats des LSG Berlin-Brandenburg ohne Belang; er befasst sich ausschließlich damit, ob die Behandlung in der (nicht als Krankenhaus zugelassenen) H-Klinik als Leistung nach § 39 SGB V in Betracht kommt.
Nach dem für die Antragsgegnerin selbst geltenden Leistungsgesetz, dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), besteht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Anordnungsanspruch. Bereits dem Grunde nach hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation nach den allgemeinen Vorschriften des § 15 SGB VI i.V. mit §§ 26 ff SGB IX; von daher folgerichtig hat sich weder die Antragsgegnerin noch die Antragstellerin auf diese Vorschriften bezogen. Es ist – jedenfalls nachdem der Antragstellerin antragsgemäß eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bewilligt worden ist – nicht ersichtlich, dass durch eine medizinische Rehabilitation kausal die bei der Antragstellerin bestehende Minderung der Erwerbsfähigkeit verringert oder beseitigt werden und sie so die persönlichen Voraussetzungen erfüllt haben könnte (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b SGB VI).
Die Antragstellerin hat – jedenfalls derzeit – bereits dem Grunde nach auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf Leistungen der onkologischen Rehabilitation gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI. Aus den von ihr angegriffenen Bewilligungsbescheiden vom 24. Juni 2009 und vom 4. November 2009 kann sie kein solches Recht herleiten, das weiterhin durchsetzbar wäre. Selbst wenn die Bescheide einen der Bestandskraft zugänglichen Verfügungssatz über die Leistungsart – onkologische Rehabilitation – enthalten würden (s. zur Unterscheidung zwischen Verfügungssatz und Begründungselement z.B. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 24), so hätte sich diese Verwaltungsentscheidung dadurch auf sonstige Weise (§ 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch) erledigt, dass die Antragstellerin die Leistungserbringung in den von der Antragsgegnerin ausgewählten Einrichtungen abgelehnt und damit die nach § 9 Abs. 4 SGB IX erforderliche Zustimmung verweigert hat. Denn die Frage, „wie“ die Leistung zu erbringen ist, ist untrennbar mit der verbunden, „ob“ überhaupt die Leistung zu erbringen ist:
Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI können die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als sonstige Leistungen zur Teilhabe Nach- und Festigungskuren wegen Geschwulstererkrankungen für Versicherte, Bezieherinnen einer Rente und ihre Angehörigen erbringen. Die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI müssen für diese Teilhabeleistung nicht erfüllt sein (§ 31 Abs. 2 Satz 1 SGB VI), jedoch wird sie nur aufgrund von Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung Bund erbracht, die im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassen werden (§ 31 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Es kann dahingestellt bleiben, ob auf die in einem amtlichen Publikationsorgan der Antragsgegnerin veröffentlichten Gemeinsamen Richtlinien der Träger der Rentenversicherung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI für die Erbringung von onkologischen Nachsorgeleistungen bei malignen Geschwulst- und Systemerkrankungen (Ca-Richtlinien) in der ab 1. April 1998 geltenden Fassung (Die Angestelltenversicherung 1998, 381) oder die augenscheinlich nicht amtlich veröffentlichten, jedoch von den Trägern der Rentenversicherung tatsächlich angewendeten Ca-Richtlinien in der ab 1. August 2001 geltenden Fassung (abgedruckt u.a. in dem von der Antragsgegnerin herausgegebenen „Verbandskommentar“ als Anlage 2 zu § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) abzustellen ist. Denn soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, haben beide Fassungen der Ca-Richtlinien den gleichen Inhalt (die Änderung im Jahr 2001 war die Folge des Lebenspartnerschaftsgesetzes und bezog Lebenspartner im Sinne dieses Gesetzes in den Kreis der Leistungsberechtigten ein).
Nach § 1 Abs. 2 Ca-Richtlinien werden die Leistungen bis zum Ablauf eines Jahres nach einer beendeten Primärbehandlung gewährt. Darüber hinaus können spätestens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach beendeter Primärbehandlung Maßnahmen im Einzelfall erbracht werden, wenn erhebliche Funktionsstörungen entweder durch die Tumorerkrankung selbst oder durch Komplikationen bzw. Therapiefolgen vorliegen. Nach § 2 Ca-Richtlinien sind persönliche Voraussetzungen für onkologische Nachsorgeleistungen, dass (1.)die rehabilitationsbegründende Diagnose geklärt ist, (2.) eine etwaige operative oder Strahlentherapie abgeschlossen ist, wobei eine noch laufende zytostatische Behandlung kein grundsätzlicher Hinderungsgrund für onkologische Nachsorgeleistungen ist, und (3.)die durch die rehabilitationsbegründenden Erkrankungen oder deren Therapie bedingten körperlichen, seelischen, sozialen und beruflichen Behinderungen positiv beeinflussbar sein sollen, eine ausreichende Belastbarkeit für onkologische Nachsorgeleistungen gegeben ist und die Betreute in der Regel allein reisefähig ist.
Die Leistungen zur onkologischen Rehabilitation hängen angesichts dessen von den konkreten, jederzeit veränderlichen Umständen im Zeitpunkt der Leistungsbewilligung ab. Sie begründet sich nicht durch ein zeitlich abgrenzbares Ereignis (wie z.B. eine Operation). Vor diesem Hintergrund war im besonderen die Voraussetzung nach § 2 Abs. 2 Ca-Richtlinien in der Zwischenzeit von November 2009 bis Mai 2010 wegen der in dieser Zeit durchgeführten Chemotherapie nicht erfüllt.
Aktuell sind jedenfalls die Leistungsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 2 Ca-Richtlinien nicht erfüllt. Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die durch die Erkrankung oder deren Therapie bedingten körperlichen, seelischen, sozialen und beruflichen Behinderungen durch eine onkologische Rehabilitation positiv beeinflussbar wären. Im Vordergrund steht, wie sich im besonderen aus dem Entlassungsbericht der BioMed-Klinik ergibt, die weitere haus- und fachärztliche Behandlung und die etwaige stationäre Weiterbehandlung in einem Krankenhaus. Dies gilt noch umso mehr, als nicht einmal die B-Klinik eine onkologische Rehabilitation angeraten hat.
Im Ergebnis aus dem selben Grund besteht ein Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auch nicht auf der Grundlage des § 40 Abs. 2 SGB V. Auch diese Rechtsgrundlage wäre aber jedenfalls deshalb bereits von der Antragsgegnerin angesichts ihrer Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu prüfen gewesen, da insoweit die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gegenüber denen der gesetzlichen Rentenversicherung nachrangig sind (§ 31 Abs. 4 SGB V). Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation in einer nach § 20 Abs. 2a SGB IX zertifizierten Einrichtung, mit der (wie im Fall der H-Klinik Bad M) ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht, wenn die Leistungen nach § 40 Abs. 1 SGB V nicht ausreichen. Nach § 40 Abs. 1 SGB V erbringt die Krankenkasse ambulante Rehabilitationsleistungen in den dort näher beschriebenen Einrichtungen, wenn eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um die Ziele des § 11 Abs. 2 SGB V – Abwendung, Beseitigung, Minderung oder Ausgleich einer Behinderung oder von Pflegebedürftigkeit bzw. Verhütung ihrer Verschlimmerung oder Milderung ihrer Folgen – zu erreichen.
Eine einfachrechtliche Verpflichtung der Beigeladenen kann sich, wie bereits ausgeführt, aufgrund der durch § 14 SGB IX eingeschränkten Zuständigkeit nur aus Rechtsgrundlagen außerhalb des Teilhaberechts ergeben. Insoweit fehlt es zu der allein in Betracht kommenden Verpflichtung der Beigeladenen zu Leistungen der Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V jedoch an einem Anordnungsgrund. Dies gilt selbst dann, wenn in Frage stehen könnte, ob sich die von der Beigeladenen bekundete Bereitschaft, derartige Leistungen zu erbringen, auch auf die Behandlung in einer Einrichtung bezieht, die – wie die H-Klinik Bad M – über keine Zulassung für eine vollstationäre Behandlung verfügt (§ 40 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit § 108 SGB V). Jedenfalls ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der B-Klinik vom 8. September 2010 und dem eigenen Vortrag der Antragstellerin, dass ein medizinischer Anlass für eine solche Behandlung derzeit nicht besteht.
Auch eine Güterabwägung, die der Senat vornimmt, um das Verfahren im Interesse effektiven einstweiligen Rechtsschutzes mögichst zügig abzuschließen, führt nicht zu einem für die Antragstellerin günstigen Ergebnis und damit zu einer Verpflichtung der Antragsgegnerin oder der Beigeladenen. Zwar fällt zu ihren Gunsten die Schwere ihrer Erkrankung und die damit verbundene Gefahr für die hochrangigen Verfassungsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) ins Gewicht. Es überwiegt im konkreten Fall aber das Interesse der Antragsgegnerin daran, Leistungen entsprechend ihrer ebenfalls verfassungsrechtlichen Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) nur dann zu gewähren, wenn die Leistungsvoraussetzungen dem Grunde nach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen und das ihr hinsichtlich Art, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie der Rehabilitationseinrichtung von Gesetzes wegen zustehende pflichtgemäße Ermessen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) rechtlich, etwa durch das eingeschränkte Wahlrecht der Teilhabeberechtigen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, derart eingeschränkt ist, dass ihr rechtmäßig keine andere als eine der Antragstellerin günstige Entscheidung möglich ist. Unabhängig davon, wie der Aspekt zu bewerten sein könnte, dass die Antragstellerin den Schutz ihrer Rechtsgüter selbst über einen erheblichen, nämlich seit Mai 2009 dauernden Zeitraum zurückgestellt hat, indem sie auf eine onkologische Rehabilitation vollständig verzichtet hat, statt sie in einer von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Einrichtung durchzuführen, ist das Krebsleiden der Antragstellerin jedenfalls derzeit nach den jüngsten aktenkundigen Behandlungsbefunden durch akute ambulante ärztliche und klinische Maßnahmen zu behandeln, die nach Lage der Akten von Ärzten und Kliniken entsprechend den Wünschen der Antragstellerin durchgeführt wird. Es besteht deshalb kein Grund anzunehmen, dass Leben oder Gesundheit der Antragstellerin dadurch gefährdet werden könnten, dass nicht zusätzlich eine onkologische Rehabilitation durchgeführt wird.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Bundessozialgericht ausgeschlossen (§ 177 SGG).