Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 21. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.07.2015 | |
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Aktenzeichen | 21 Ta 975/15 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 11a Abs 1 ArbGG, § 120a Abs 2 S 1 Alt 2 ZPO, § 124 Abs 1 Nr 4 ZPO, § 172 Abs 1 S 1 ZPO, § 329 Abs 2 S 2 ZPO, Art 103 Abs 1 GG |
1. Ist eine Prozesskostenhilfepartei anwaltlich vertreten, besteht für eine unverzügliche Mitteilung einer geänderten Anschrift an das Gericht kein Bedürfnis. Es spricht deshalb viel dafür, dass § 120a Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. ZPO im Wege einer teleologischen Reduktion dahin einschränkend auszulegen ist, dass die Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung einer Anschriftenänderung nur für die nicht anwaltlich vertretene Prozesskostenhilfepartei gilt.
2. Jedenfalls ist in einem solchen Fall die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO allein wegen der unterlassenen Mitteilung der geänderten Anschrift regelmäßig unverhältnismäßig und deshalb im Rahmen des gebundenen Ermessens als unangemessen anzusehen.
I. Auf die sofortige Beschwerde der früheren Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 28. April 2015 - 3 Ca 317/14 - aufgehoben.
II. Die Sache wird zur Prüfung und Entscheidung im Überprüfungsverfahren nach § 120a Abs. 1 ZPO an das Arbeitsgericht Neuruppin zurückverwiesen.
I. In dem Beschwerdeverfahren wendet sich die frühere Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Klägerin) gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Im Ausgangsverfahren vor dem Arbeitsgericht Neuruppin beantragte die Klägerin am 4. März 2014 durch ihre damalige Prozessbevollmächtigte zeitgleich mit der Erhebung der Klage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Die von der Klägerin am 25. Februar 2014 unterzeichnete Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse enthält u. a. folgende Erklärung:
„Mir ist (…) bekannt, dass ich während des Gerichtsverfahrens und vier Jahre über dessen Beendigung hinaus verpflichtet bin, dem Gericht wesentliche Verbesserungen meiner wirtschaftlichen Lage oder eine Änderung meiner Anschrift unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen, und dass bei einem Verstoß gegen diese Pflicht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben werden kann.“
Mit Beschluss vom 14. März 2014 gab das Arbeitsgericht dem Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin ohne Ratenzahlungsbestimmung statt.
Mit der Klägerin unmittelbar übersandtem Schreiben vom 31. März 2015 forderte das Arbeitsgericht die Klägerin nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO auf, sich innerhalb einer Frist von zwei Wochen schriftlich über Änderungen in ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu erklären. Das Schreiben kam mit dem postalischen Vermerk „Empfänger nicht ermittelbar - kein Eintrag Umzugsdatei der DPAG“ zurück. Daraufhin stellte das Arbeitsgericht eine Anfrage an das für die bisherige Anschrift der Klägerin zuständige Einwohnermeldeamt und erhielt am 28. April 2014 die Mitteilung, dass die Klägerin seit dem 1. Dezember 2014 eine neue Anschrift habe. Mit Beschluss von demselben Tag hob das Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung auf, die Klägerin habe dem Gericht die Änderung ihrer Anschrift nicht unverzüglich angezeigt.
Mit am 27. Mai 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26. Mai 2015 hat die Klägerin gegen diesen ihr zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 30. April 2015 zustellten Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt und am 28. Mai 2015 zusammen mit dem Original der Beschwerdeschrift eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Nachweisen eingereicht. Nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sei die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufzuheben, wenn die Partei wesentliche Verbesserungen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen der Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt habe. Ein solcher Fall liege aber nicht vor. Zwar hätten sich ihre Anschrift und ihre Einkommensverhältnisse geändert. Dies habe jedoch nicht zu einer wesentlichen Verbesserung der Vermögenslage geführt. Sie sei nach wie vor nicht in der Lage, aus ihren Einkünften einen Beitrag zu den Prozesskosten zu leisten. Mit Beschluss vom 27. Mai 2015 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe eingeräumt, dass sich ihre Anschrift geändert habe. Nach § 120a Abs. 2 Satz 1 ZPO sei eine Anschriftenänderung dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Hierüber sei die Klägerin in der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlich Verhältnisses auch belehrt worden. Die unverzügliche Mitteilung der Anschriftenänderung sei jedoch unterblieben.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat Erfolg. Nach § 11a Abs. 1 ArbGG gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe im arbeitsgerichtlichen Verfahren entsprechend. Danach führt die sofortige Beschwerde zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung des Überprüfungsverfahrens nach § 120a Abs. 1 ZPO an das Arbeitsgericht Neuruppin.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft sowie frist- und formgerecht i. S. v. § 127 Abs. 2 Satz 3, § 569 Abs. 2 ZPO eingelegt worden.
2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zu Unrecht aufgehoben.
a) Nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO soll das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe u. a. dann aufheben, wenn die Partei entgegen § 120a Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. ZPO dem Gericht Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitteilt.
aa) Die Regelung ist anders als die Vorgängerregelung nicht mehr als Kannvorschrift sondern als Sollvorschrift ausgestaltet. Das bedeutet, dass dem Gericht bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen grundsätzlich kein Ermessen mehr eingeräumt ist. In atypischen Fällen soll das Gericht jedoch nach wie vor die Möglichkeit haben, von einer Aufhebung abzusehen, um unangemessene Ergebnisse zu vermeiden (BT-Drs. 17/11472 S. 34). Dadurch wird ein gebundenes Ermessen eröffnet (Groß, § 124 Rn. 33; Beck-OK-Kratz, § 124 Rn. 6). Ob ein atypischer Fall vorliegt, der den Weg zu der gebundenen Ermessensentscheidung eröffnet, ist nicht Teil der Ermessensentscheidung, sondern dieser vorgelagert (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 10.06.2015 - 4 Ta 8/15 - Rn. 14, juris; vom 05.03.2015 - 17 Ta 2/14 - Rn. 21, juris).
bb) „Unverzüglich“ bedeutet entsprechend der Legaldefinition in § 121 BGB nicht „sofort“, aber „ohne schuldhaftes Zögern“, d. h. innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist (LAG Baden-Württemberg vom 05.03.2015 - 17 Ta 2/14 - Rn. 15, a. a. O). Es wird deshalb von einer Partei nicht verlangt, ihren Wohnungswechsel dem Gericht innerhalb weniger Tage nach dem Umzug bekannt zu machen. Es ist nachvollziehbar und auch nicht zu beanstanden, wenn ein gewisser - kurzer - Zeitraum zwischen dem Wohnungswechsel und der Nachricht an das Gericht vergeht (LAG Baden-Württemberg vom 05.03.2015 - 17 Ta 2/14 - Rn. 15, a. a. O.; LAG Düsseldorf vom 05.12.2014 - 2 Ta 555/14 -, juris).
cc) Subjektiv muss die Partei absichtlich oder zumindest grob nachlässig gegen die Mitteilungspflicht verstoßen haben (LAG Baden-Württemberg vom 10.06.2015 - 4 Ta 8/15 - Rn. 18, a. a. O.; vom 05.03.2015 - 17 Ta 2/14 - Rn. 16, a. a. O.; LAG Düsseldorf vom 05.12.2014 - 2 Ta 555/14 -, Rn. 17, a. a. O.; Nickel, MDR 2013, 890, 894; Büttner//Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Rn. 847; BLAH, § 124 Rn. 51; Zöller-Geimer, § 124 Rn. 17; Beck-OK-Kratz, § 124 Rn. 23a). Soweit teilweise vertreten wird, das Erfordernis eines zumindest grob nachlässigen Verstoßes beziehe sich nur auf die inhaltliche Richtigkeit der Mitteilung (Musielak-Fischer, § 124 Rn. 8a; Groß, § 124 Rn. 21), steht dem der Sanktionscharakter der Vorschrift (BT-Drs. 17/11472 S. 35) entgegen (Beck-OK-Kratz, a. a. O., sowie ausführlich LAG Baden-Württemberg vom 10.06.2015 - 4 Ta 8/15 - Rn. 15 ff., a. a. O.).
dd) Der Begriff „grobe Nachlässigkeit“ entspricht dem z.B. auch in § 296 ZPO verwandten Begriff der prozessualen groben Fahrlässigkeit (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, § 124 Rn. 839 m. w. N.; vgl. auch LAG Baden-Württemberg vom 10.06.2015 - 4 Ta 8/15 - Rn. 18; BLAH, § 124 Rn. 51). Danach liegt grobe Nachlässigkeit nur vor, wenn die Prozesskostenhilfepartei ihre Mitteilungspflicht in besonders schwerwiegender Weise verletzt hat, indem sie die im Prozess erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt und dabei dasjenige unbeachtet gelassen hat, was jeder Partei hätte einleuchten müssen (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 10.06.2015 - 4 Ta 8/15 - Rn. 18 m. w. N., a. a. O.).
ee) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe darf nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nur aufgehoben werden, wenn feststeht, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung gegeben sind. Zweifel stehen der Aufhebung entgegen und gehen nicht zu Lasten der Prozesskostenhilfepartei (LAG Baden-Württemberg vom 10.06.2015 - 4 Ta 8/15 - Rn. 18, a. a. O.; Zöller-Geimer, § 124 Rn. 22; BLAH, § 124 Rn. 21).
Vor der Entscheidung über die Aufhebung ist der Partei nach Art. 103 Abs. 1 GG rechtliches Gehör zu gewähren (Musielak-Fischer, § 124 Rn. 3; BLAH, § 124 Rn. 19; Zöller-Geimer, § 124, Rn. 21). Hierfür ist ihr eine angemessene Frist zu setzen (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Rn. 857).
Ob die Partei gehalten ist, die Gründe für die unterlassene Mitteilung darzulegen, ist umstritten (dafür OLG Zweibrücken vom 31.08.2007 - 5 W 5/07 - Rn. 18 zitiert nach juris, FamRZ 2008, 160; OLG Koblenz vom 19.02.1993 - 13 WF 9/93 -, FamRZ 1996, 616; wohl auch LAG Düsseldorf vom 05.12.2014 - 2 Ta 555/14 - Rn. 17, juris; a. A. unter Berufung auf den Wortlaut der Vorschrift BLAH, § 124 Rn. 38, dem folgend LAG Baden-Württemberg vom 10.06.2015 - 4 Ta 8/15 - Rn. 19, a. a. O; vom 05.03.2015 - 17 Ta 2/15 - Rn. 16, a. a. O).
b) Danach hätte das Arbeitsgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht aufheben dürfen. Denn jedenfalls handelt es sich um einen atypischen Fall, bei dem die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung allein wegen Verstoßes gegen die Mitteilungspflicht nicht angemessen, weil unverhältnismäßig ist.
aa) Es ist schon fraglich, ob überhaupt ein Verstoß gegen die Verpflichtung, dem Gericht Anschriftenänderungen unverzüglich mitzuteilen, vorliegt, da die Klägerin bereits im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren anwaltlich vertreten war und viel dafür spricht, dass die Vorschrift des § 120a Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. ZPO dahin einschränkend auszulegen ist, dass sie für anwaltlich vertretene Prozesskostenhilfeparteien nicht gilt.
(1) Durch die in § 120a Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. ZPO normierte Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung einer Anschriftenänderung soll sichergestellt werden, dass das Gericht in der Lage ist, ein Verfahren zur Änderung oder Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 120a Abs. 1 bzw. § 124 ZPO ohne eigene aufwändige Ermittlungen zu betreiben (BT-Drs. 17/11472 S. 34). Es geht darum, dass das Gericht, solange eine Änderung der von der Partei auf die Prozesskosten zu leistenden Zahlungen nach § 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO möglich ist, die Partei jederzeit postalisch erreichen kann, um ihr Schriftstücke zuzustellen oder auch formlos zu übersenden. Durch die Pflicht, eine Anschriftenänderung selbstständig ohne Aufforderung unverzüglich mitzuteilen, soll verhindert werden, dass das Gericht im Fall eines Umzugs der Partei gezwungen ist, die neue Anschrift der Partei erst zu ermitteln, was unter Umständen mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein oder auch zu einer erheblichen Zeitverzögerung führen kann.
Ein Bedürfnis zur unverzüglichen Mitteilung einer geänderten Anschrift besteht jedoch nur dann, wenn die Partei nicht anwaltlich vertreten ist. Denn im Fall einer anwaltlichen Vertretung sind Zustellungen sowie formlose Mitteilungen nach § 172 Abs. 2 ZPO nicht an die Partei selbst sondern an deren anwaltliche Vertretung zu richten (BGH vom 08.09.2011 - VII ZB 63/10 -, MDR 2011, 1314; vom 08.12.2010 - XII ZB 38/09 -, FamRZ 2011, 183 mit ausführlicher Begründung; ebenso bereits BAG vom 19.07.2006 - 3 AZB 18/06 -, juris; zu formlosen Mitteilungen siehe LAG Berlin-Brandenburg vom 20.07.2015 - 21 Ta 1066/15 - m. w. N.; LSG Nordrhein-Westfalen, vom 29.09.2014 - L 6 AS 1124/14 B - Rn. 13, juris; LAG Hamm vom 03.12.2013 - 14 Ta 570/13 - Rn. 13 zitiert nach juris, NZA-RR 2003, 382). Aufgabe der anwaltlichen Vertretung ist es dann, das Schriftstück unverzüglich an die Partei weiterzuleiten. Ist dies nicht möglich, weil die Partei umgezogen ist und ihre neue Anschrift ihrer anwaltlichen Vertretung nicht mitgeteilt hat, ist die Zustellung oder formlose Übersendung des Schriftstücks an die anwaltliche Vertretung gleichwohl wirksam.
Dies hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung bei der Änderung des Prozesskostenhilferechts jedoch offensichtlich nicht im Blick gehabt. Es spricht deshalb Einiges dafür, dass die Vorschrift des § 120a Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. ZPO nach ihrem Sinn und Zweck im Wege einer teleologischen Reduktion dahin einschränkend auszulegen ist, dass die Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung einer Anschriftenänderung nur für die nicht anwaltlich vertretene Prozesskostenhilfepartei gilt (näher zur Zulässigkeit einer teleologischen Reduktion BAG vom 19.12.2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 33, AP Nr. 3 zu § 2 AGG).
(2) Die Klägerin war während des gesamten Prozesskostenhilfeverfahrens von der Antragstellung an bis zur Aufhebung der Bewilligung durch den angefochtenen Beschluss vom 28. April 2015 anwaltlich vertreten. Dies ergibt sich daraus, dass bereits der Prozesskostenhilfeantrag durch die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin gestellt worden war und die der Prozessbevollmächtigten von der Klägerin auch insoweit erteilte Vollmacht sich nicht auf das Bewilligungsverfahren beschränkte, sondern das gesamte das erstinstanzliche Ausgangsverfahren betreffende Prozesskostenhilfeverfahren umfasst einschließlich eines Verfahrens zur Überprüfung oder Aufhebung der Bewilligung (BGH vom 08.09.2011 - VII ZB 63/10 -, a. a. O.; vom 08.12.2010 - XII ZB 38/09 -, a. a. O.; BAG vom 19.07.2006 - 3 AZB 18/06 -, a. a. O.).
bb) Aber auch dann, wenn man davon ausgeht, die Klägerin sei nach § 120a Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. ZPO verpflichtet gewesen, dem Arbeitsgericht ihre geänderte Anschrift unverzüglich mitzuteilen, hat das Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht aufgehoben.
(1) Die Klägerin hat zwar, indem sie dem Arbeitsgericht nach ihrem Umzug am 1. Dezember 2014 ihre neue Anschrift auch nach mehr als vier Monaten noch nicht mitgeteilt hatte, objektiv gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung der geänderten Anschrift verstoßen.
(2) Ob darüber hinaus auch der subjektive Tatbestand erfüllt ist und der Klägerin zumindest grobe Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann, ist unklar, da das Arbeitsgericht die Klägerin entgegen Art. 103 Abs. 1 GG vor der Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht angehört hat und auch die Beschwerdebegründung keine Angaben zu den Gründen enthält, weshalb die Klägerin dem Arbeitsgericht ihre geänderte Anschrift nicht mitgeteilt hatte. Allein der Umstand, dass sich die Vermögenslage der Klägerin nicht wesentlich verbessert und weiterhin die Voraussetzungen für eine ratenfreie Prozesskostenhilfebewilligung gegeben sein sollen, schließt ein grob nachlässiges Unterlassen der Änderungsmitteilung jedenfalls nicht aus.
(3) Hierauf kommt es jedoch nicht an. Ebenso kann offen blieben, ob - wovon wohl das Arbeitsgericht ausgegangen ist - für die Annahme einer groben Nachlässigkeit allein schon der Umstand genügt, dass die Klägerin in der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 25. Februar 2014 über die Mitteilungspflicht belehrt worden war (so wohl LAG Düsseldorf vom 05.12.2014 - 2 Ta 555/14 -, juris, wenn außer dem Umzugstrubel keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind; a. A. LAG Baden-Württemberg vom 10.06.2015 - 4 Ta 8/15 - Rn. 23, juris).
(4) Denn jedenfalls ist in den Fällen, in denen die Partei - wie vorliegend die Klägerin - anwaltlich vertreten ist und deshalb der Mitteilungspflicht keine oder allenfalls eine geringe Bedeutung zukommt, weil sämtliche Schreiben und sonstigen Schriftstücke nicht unmittelbar an die Partei sondern an deren anwaltliche Vertretung zu richten sind, die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe allein wegen einer unterlassenen Mitteilung der geänderten Anschrift unverhältnismäßig und daher unangemessen (vgl. dazu auch LAG Baden-Württemberg vom 05.03.2015 - 17 Ta 2/15 - Rn. 24 ff.; Groß, § 124 Rn. 33 f.).
(a) Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn das Gericht - wie hier das Arbeitsgericht - die Aufforderung nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO, sich zu einer etwaigen Änderung ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, nicht der anwaltlichen Vertretung zugestellt, sondern der Partei selbst zugesandt hat, gleichwohl eine Zustellung an die anwaltliche Vertretung ohne weiteres möglich und nach § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO analog auch geboten gewesen wäre.
(b) Ob dies auch dann gilt, wenn die Kommunikation mit der Partei über deren anwaltliche Vertretung erschwert ist, weil die Partei auch der anwaltlichen Vertretung weder ihre neue Anschrift, noch eine Telefon-Nr. oder E-Mail-Adresse mitgeteilt hat, über die sie kurzfristig erreichbar ist und es deshalb zu Verfahrensverzögerungen kommt, kann offen bleiben. Denn hierfür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Vielmehr hat die Klägerin, nachdem sie über ihre Prozessbevollmächtigte zeitgleich mit Unterrichtung über den Aufhebungsbeschluss von der fehlgeleiteten Aufforderung nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO Kenntnis erhalten hat, die erwünschte Erklärung zusammen mit der Einlegung der sofortige Beschwerde gegen den Aufhebungsbeschluss und damit zeitnah abgegeben.
c) Danach war der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.
Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 120a Abs. 1 ZPO wird das Arbeitsgericht u. a. aufzuklären haben, ob die Klägerin - wie sie in der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 17. Mai 2015 ohne Bezifferung angegeben hat - und/oder ihr Sohn - wie sie in der ursprünglichen Erklärung vom 25. Februar 2014 angegeben hatte - Unterhaltszahlungen erhält und wenn ja, in welcher Höhe.
Ferner wird das Arbeitsgericht zu beachten haben, dass Zustellungen und formlose Mitteilungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO an die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu richten sind und Mitteilungen, durch die eine Handlungsfrist der Klägerin in Lauf gesetzt werden soll, analog § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO förmlich zuzustellen sind (zum Erfordernis der Zustellung vgl. LAG Hamm vom 02.12.2014 - 14 Ta 546/14 - Rn. 6 ff. zitiert nach juris; OLG Sachsen-Anhalt vom 23.08.2012 - 8 WF 248/12 (PKH) -, juris). Außerdem wird das Arbeitsgericht zu beachten haben, dass der Klägerin nach Art. 103 Abs. 1 GG vor einer nachteiligen Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren ist.
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 11a Abs. 1 ArbGG, § 127 Abs. 4 ZPO).