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Entscheidung 10 UF 173/14


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 03.07.2015
Aktenzeichen 10 UF 173/14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 1684 BGB, § 1685 BGB

Leitsatz

1. Das Beschwerdegericht ist im Verfahren nach § 1685 BGB an einer Entscheidung zulasten der Großeltern als Beschwerdeführer nicht gehindert. In Umgangsverfahren gilt das Verschlechterungsverbot, das Verbot der reformatio in peius, nicht.

2. Ob ein Wechselmodell grundsätzlich nicht gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden darf und ob die gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells in einem Sorgerechtsverfahren oder in einem Umgangsverfahren zu treffen ist, kann dahinstehen, wenn soeben eine unanfechtbare beschwerdegerichtliche Entscheidung vorliegt, wonach das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Mutter allein verbleibt, während im Übrigen die elterliche Sorge auf beide Eltern gemeinsam übertragen wird. Jedenfalls in einer solchen Konstellation ist das mit dem Umgang befasste Gericht gehindert, im Widerspruch zu der Sorgerechtsentscheidung nun ein Wechselmodell anzuordnen, das den Vorstellungen der Mutter über den Aufenthalt des Kinders eklatant widerspricht.

3. Der Umgangsberechtigte hat üblicherweise jedenfalls alle vierzehn Tage am Wochenende Umgang mit dem Kind. Bei kleineren Kindern kommt oft noch ein Umgang an einem einzelnen Tag unter der Woche hinzu, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass bei ihnen das Zeitempfinden ein anderes ist.

4. Eine zeitliche Ausdehnung des Umgangs kann aus Gründen des Kindeswohls geboten sein, wenn zwischen den Wohnorten von Mutter und Vater eine erhebliche Entfernung von deutlich über 600 km liegt und eine Beschränkung des regelmäßigen Umgangs auf die sonst übliche Zeit dem Vater faktisch die Möglichkeit nehmen würde, mit dem Kind auch zu sich nach Hause zu fahren.

5. Dass ein Kind wegen der gebotenen Ausweitung des Umgangs längere Zeit nicht die Tagespflegestelle bzw. die Kita besuchen kann, steht einer solchen Regelung nicht entgegen, da ungeachtet der grundsätzlich positiven Wirkungen, die ein Besuch des Kindes bei der Tagesmutter oder in einer Kita hat, den guten und stabilen Bindungen zu den Eltern ein Vorrang einzuräumen ist.

6. Ungeachtet der zugunsten des Vaters bestehenden Umgangsregelung ist die Mutter grundsätzlich auch berechtigt, mit dem Kind zu verreisen. Dabei versteht es sich von selbst, dass jedenfalls dann, wenn die Mutter den Vater von ihren Reiseplänen rechtzeitig unterrichtet hat, ein ausnahmsweise in die Reisezeit der Mutter fallender regelmäßiger Umgang des Vaters mit dem Kind ersatzlos entfällt.

7. Es ist grundsätzlich die Aufgabe des umgangsberechtigten Elternteils, das Kind zu Beginn des Umgangs abzuholen und es zum Ende des Umgangs wieder zum Obhutselternteil zurückzubringen. Allerdings darf die konkrete Umgangsregelung im Einzelfall nicht dazu führen, dass der Umgang für den berechtigten Elternteil unzumutbar und damit faktisch vereitelt wird. Wenn der Umgang aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte der Eltern nur unter einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand ausgeübt werden kann, obliegt es den Gerichten zu prüfen, ob der Obhutselternteil anteilig zur Übernahme an dem für das Holen und Bringen der Kinder zur Ausübung des Umgangsrechts erforderlichen zeitlichen und organisatorischen Aufwand zu verpflichten ist. Dabei kann der Umfang der Mitwirkungs- und Kostentragungspflichten des Obhutselternteils davon abhängen, ob er oder der umgangsberechtigte Elternteil durch Umzug die hohen mit dem Umgang verbundenen Belastungen verursacht hat.

8. Auch wenn ein Umgang des Kindes isoliert betrachtet ohne weiteres seinem Wohl dienlich wäre, können die Umstände des Einzelfalls dagegen sprechen, den Umgang der Großeltern gerichtlich positiv zu regeln. So kann es liegen, wenn eine Verkürzung der Umgangszeit des Vaters zugunsten der Großeltern im Hinblick auf den Vorrang des Umgangsrechts nach § 1684 BGB nicht in Betracht kommt, die Großeltern zum einen selbst erklärt haben, ihr Recht nicht zulasten ihres Sohnes durchsetzen zu wollen und sie andererseits ohnehin regelmäßigen Kontakt zum Kind haben.

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 7. August 2014 (6 F 614/14) wird aufgehoben.

Der Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 17. Dezember 2014 (6 F575/14) wird abgeändert.

1.

Der Vater hat das Recht und die Pflicht, mit seinem Sohn L… M…, geboren am …. Februar 2013, wie folgt zusammen zu sein:

a) alle zwei Wochen von Donnerstag, 12:00 Uhr, bis Dienstag, 18:00 Uhr, wobei der Donnerstag jeweils in der ungeraden Kalenderwoche liegt, beginnend am Donnerstag, dem 16. Juli 2015,

b) alle zwei Jahre an Weihnachten in der Zeit vom 23. Dezember, 14:00 Uhr, bis zum 30. Dezember, 18:00 Uhr, beginnend mit Weihnachten 2016,

c) alle zwei Jahre an Ostern vom Ostersamstag, 14:00 Uhr, bis zum Sonntag nach Ostern, 18:00 Uhr, beginnend mit Ostern 2017,

d) jedes Jahr in den Winterferien des Landes B… vom Samstag nach dem letzten Schultag, 14:00 Uhr, bis zum Sonntag vor dem ersten Schultag, 18:00 Uhr,

e) jedes Jahr in den Sommerferien des Landes B… vom vierten Samstag nach Ferienbeginn, 14:00 Uhr, bis zum Sonntag vor dem ersten Schultag, 18:00 Uhr.

2.

Die Feiertags- und die Ferienregelung gehen dem unter a) genannten regelmäßigen Umgang vor. Das hat zur Folge, dass der Vater in den Zeiten, in denen er Ferienumgang hat, das Kind stets erst am Samstag und nicht schon am Donnerstag zu sich nehmen kann und er das Kind auch stets bereits am Sonntag und nicht erst am Dienstag zur Mutter zurückbringen muss. Der unter a) genannte regelmäßige Umgang findet in der Zeit vom 23. Dezember bis zum 30. Dezember und in der Zeit von Ostersamstag bis zum Sonntag nach Ostern auch in den Jahren nicht statt, in denen der Vater keinen Feiertagsumgang hat. Fallen Teile des unter a) genannten regelmäßigen Umgangs in die soeben genannten Feiertagsperioden, findet der regelmäßige Umgang insgesamt nicht statt.

3.

Zu Beginn des unter a) genannten regelmäßigen Umgangs holt der Vater das Kind um 12:00 Uhr in der Tagespflegestelle bzw. in der Kita ab, wenn diese Einrichtungen am Tage des Beginns des Umgangs geöffnet haben. Die Mutter stellt insoweit sicher, dass sich das Kind an jenen Tagen in der Tagespflegestelle bzw. in der Kita befindet und vom Vater abgeholt werden kann. Im Übrigen holt der Vater das Kind zu Beginn des Umgangs an der Wohnung der Mutter ab. Die Mutter stellt sicher, dass das Kind dem Vater am Beginn des jeweiligen Umgangs übergeben wird. Am Ende des jeweiligen Umgangs bringt der Vater das Kind zur Wohnung der Mutter zurück. Diese trägt Sorge dafür, dass das Kind zu dieser Zeit entgegengenommen wird.

Im Falle des unter a) genannten regelmäßigen Umgangs stellt die Mutter, wenn die genannten Einrichtungen am Tage des Beginns des Umgangs geöffnet haben, sicher, dass sich in dem Gepäck des Kindes dessen Krankenversicherungskarte befindet. Im Übrigen übergibt die Mutter dem Vater zu Beginn eines jeden Umgangs die Krankenversicherungskarte des Kindes. Der Vater gibt zum Ende eines jeden Umgangs diese Krankenversicherungskarte wieder an die Mutter zurück.

4.

Der Mutter wird aufgegeben, gegenüber dem Amtsgericht W…, Hinterlegungsstelle, binnen einer Woche nach Erlass dieses Beschlusses zu erklären, dass sie dem Antrag des Vaters auf Herausgabe der Pässe des Kindes zustimmt.

5.

Die Eltern werden darauf hingewiesen, dass im Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Anordnungen ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 25.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann oder dessen Anordnung keinen Erfolg verspricht, Ordnungshaft angeordnet werden kann.

6.

Es bleibt bei den Kostenentscheidungen und Wertfestsetzungen in den Beschlüssen des Amtsgerichts vom 7. August 2014 (6 F 614/14) und vom 17. Dezember 2014 (6 F 574/14).

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden zu je einem Drittel der Mutter, dem Vater und den Großeltern auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 8.000 € festgesetzt. Davon entfallen je 4.000 € auf das vormalige Beschwerdeverfahren 10 UF 173/14 betreffend den Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 7. August 2014 (6 F 614/14) und auf das vormalige Beschwerdeverfahren 10 UF 10/15 betreffend den Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 17. Dezember 2014 (6 F 574/14).

Gründe

I.

Die weiteren Beteiligten zu 1. bis 3. streiten um den Umgang des fast zweieinhalb Jahre alten Kindes L… M… mit seinem Vater und seinen Großeltern väterlicherseits. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf die beiden angefochtenen Beschlüsse Bezug genommen.

Das Verfahren (6 F 614/14) haben die Großeltern mit dem als Anregung zu verstehenden Antrag vom 4.6.2014 eingeleitet. Durch Beschluss vom 7.8.2014 hat das Amtsgericht den Großeltern väterlicherseits ein Umgangsrecht mit dem Kind alle vier Wochen samstags von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr eingeräumt. Wegen der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Großeltern mit der Beschwerde. Sie haben zunächst wöchentlichen Umgang, eine Feiertags- und Urlaubsregelung, eine Ersatzregelung für den Fall, dass ein Umgang aus wichtigem Grund nicht stattfinden kann und einen Hinweis auf die Folgen einer schuldhaften Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung begehrt. Zur Begründung ihres Begehrens auf gerichtliche Regelung des Umgangs mit ihrem Enkelkind führen sie ihre engen Beziehungen zum Kind an. Auch verweisen sie darauf, dass im Hinblick darauf, dass die Mutter des Kindes Afrikanerin und der Vater Deutscher sei, eine besondere Verantwortung für die Sozialisierung und Integration des Kindes in die deutsche Gesellschaft bestehe, wozu sie beitragen wollten.

Die Mutter ist dem entgegengetreten und hat insbesondere darauf hingewiesen, dass ein wöchentlicher Umgang des Kindes mit den Großeltern schon im Hinblick auf den vom Vater gepflegten Umgang nicht angezeigt sei. Auch müsse das Verhalten der Großmutter berücksichtigt werden, als sie, die Mutter, und das Kind sich überwiegend beim Vater aufgehalten hätten. Ihre, der Mutter, private Dokumente seien ständig durchsucht worden.

Der Vater hat sich für eine Verknüpfung seiner Umgangsregelung mit dem Umgangsrecht der Großeltern ausgesprochen.

Der Vater hat mit Schriftsatz vom 6.5.2014 das Verfahren 6 F 574/14 eingeleitet. Dieses Verfahren war beim Amtsgericht im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde der Großeltern noch anhängig. Im Senatstermin vom 2.12.2014 ist neben der Anhörung der Beteiligten der - vergebliche - Versuch unternommen worden, eine gütliche Regelung im Rahmen einer Gesamtlösung unter Berücksichtigung des Umgangsrechts des Vaters zu erreichen. Auf den entsprechenden Anhörungsvermerk wird verwiesen. Durch Beschluss vom 17.12.2014 (6 F 574/14) hat das Amtsgericht den Umgang des Vaters mit dem Kind dahin geregelt, dass er mit dem Kind alle vierzehn Tage von Donnerstag, 14:00 Uhr, bis Dienstag, 18:00 Uhr, zusammen sein kann, ferner alle zwei Jahre über die Weihnachtsfeiertage, ab 2016 jeweils vom 23.12., 14:00 Uhr, bis zum 30.12., 18:00 Uhr, zudem alle zwei Jahre über die Osterferien, beginnend mit dem Jahr 2015, von Ostersamstag, 14:00 Uhr, bis zum Sonntag nach Ostern, 18:00 Uhr, in den Winterferien des Landes B… in jedem Jahr vom Samstag vor dem ersten Ferientag, 14:00 Uhr, bis zum Sonntag vor Schulbeginn, 18:00 Uhr, sowie in den Sommerferien des Landes B… in jedem Jahr vom vierten Samstag nach Ferienbeginn, 14:00 Uhr, bis zum Sonntag vor Schulbeginn, 18:00 Uhr. Das Amtsgericht hat darüber hinaus eine Vorrangregelung getroffen, das Abholen und Bringen des Kindes geregelt und einen Hinweis für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die den Eltern aufgegebenen Verpflichtungen erteilt. Wegen der Einzelheiten und der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Mutter mit der Beschwerde. Sie rügt den vom Amtsgericht dem Vater eingeräumten Umfang des Umgangs und verweist darauf, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes bei ihr in W… sei. Bei der Ferienregelung müsse mit Rücksicht auf den Wohnort des Kindes auf die Ferien in R… und nicht auf die Ferien in B… abgestellt werden.

Der Vater ist der Beschwerde entgegengetreten. Schon mit Rücksicht auf die durch den Umzug der Mutter vorsätzlich geschaffene große Distanz zwischen seinem Wohnort und demjenigen des Kindes sei eine umfangreiche Umgangsregelung geboten. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass ein Umgang, wie ihn das Amtsgericht geregelt habe, eine erhebliche finanzielle und zeitliche Belastung für ihn darstelle.

Auch die Großeltern wenden sich gegen die Beschwerde der Mutter. Sie weisen insbesondere darauf hin, dass durch die von der Mutter herbeigeführte Situation, den Umzug nach W…, zwei Reisetage für das Abholen und Zurückbringen des Kindes zwischen W… und B… erforderlich seien. Angesichts eines Ungleichgewichts der Umgangszeiten von Mutter und Vater mit dem Kind wollten sie den Umgang ihres Sohnes mit L… nicht noch weiter schmälern. Sie begehrten deshalb einen zusätzlichen Umgangstag mit dem Kind alle zwei Wochen unmittelbar vor und nach den Umgangstagen des Vaters mit dem Kind.

Durch Beschluss vom 5.3.2015 hat der Senat die Beschwerdeverfahren 10 UF 173/14, betreffend den Beschluss des Amtsgerichts zum Umgang mit den Großeltern vom 7.8.2014 (6 F 614/14) und 10 UF 10/15, betreffend den Beschluss des Amtsgerichts zum Umgang mit dem Vater vom 17.12.2014 (6 F 574/14) nach vorheriger Ankündigung miteinander verbunden und einheitlich unter dem Aktenzeichen 10 UF 173/14 fortgeführt.

Am 8.6.2015 hat der Senat einen weiteren Anhörungstermin durchgeführt. Auf den entsprechenden Anhörungsvermerk wird Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 17.12.2014 (6 F 574/14) bleibt ohne Erfolg. Auf die Anregung des Vaters ist jener Beschluss jedoch abzuändern. Ebenfalls ohne Erfolg bleibt das Begehren der Großeltern, unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 7.8.2014 (6 F 614/14) erweiterten Umgang mit dem Kind zu erhalten. Vielmehr ist dieser Beschluss im Beschwerdeverfahren ersatzlos aufzuheben.

Der Senat ist an einer Entscheidung zulasten der Großeltern als Beschwerdeführer nicht gehindert. In Umgangsverfahren gilt das Verschlechterungsverbot, das Verbot der reformatio in peius (s. dazu allgemein Hahne/Munzig/Gutjahr, BeckOK FamFG, Edition 15, § 69 Rn. 43 ff.), nicht (Senat, NJW-RR 2010, 301, 302; Beschluss vom 12.10.2009 - 10 UF 118/07, BeckRS 2009, 29289; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 8.11.2011 - 6 UF 140/11, BeckRS 2011, 26641; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.5.2009 - 3 UF 402/07, BeckRS 2013, 22833; KG, Beschluss vom 21.9.2012 - 17 UF 118/12, BeckRS 2012, 23567). Jedenfalls in dem Amtsverfahren des Umgangs (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 1346; OLG Schleswig, NJOZ 2012, 1245) kommt dem Kindeswohl der Vorrang zu (§ 1697 a BGB). Aus demselben Grund sind die Anregungen des Vaters in dem von der Mutter eingeleiteten Beschwerdeverfahren betreffend den Umgang des Vaters zu beachten, ohne dass eine förmliche Anschlussbeschwerde vorliegt (vgl. Hahne/Munzig/Gutjahr, a.a.O., § 66 Rn. 5).

1.

Der Umgang des Vaters mit dem Kind ist, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, zu regeln.

Das Recht des Vaters, mit L… regelmäßigen Umgang zu haben, ergibt sich dem Grunde nach aus § 1684 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift hat jedes Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet. Das Umgangsrecht ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Aussprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschluss vom 13.12.2012 - 1 BvR 1766/12, BeckRS 2013, 46031; s. auch BVerfG, FamRZ 2007, 105; FamRZ 1995, 86, 87; BGH, FamRZ 1984, 778, 779). Die Ausgestaltung des persönlichen Umgangs der Eltern mit dem Kind richtet sich in erster Linie nach dem Willen der Eltern. Die Eltern können daher die Einzelheiten des Umgangs durch Vereinbarung regeln. Können sich die Eltern über die Ausgestaltung des Umgangs nicht einigen, entscheidet gemäß § 1684 Abs. 3 BGB das Gericht über Umfang und Ausübung des Umgangs. Die Regelung des Umgangs erfolgt ohne Bindung an Anträge der Beteiligten und es sind diejenigen Modalitäten festzulegen, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Eltern dem Kindeswohl am besten entsprechen, § 1697 a BGB (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. Aufl., § 1684 Rn. 21 f.). Im Hinblick darauf, dass der Inhalt vollzugsfähig sein muss, wird eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs getroffen (vgl. dazu Verfahrenshandbuch Familiensachen/Gutjahr, 2. Aufl., § 2 Rn. 191). Ein Abweichen von den festgelegten Umgangszeiten ist einvernehmlich möglich. Kommt insoweit keine Einigung zustande, verbleibt es bei den Festlegungen des Beschlusses (Senat, Beschluss vom 4.3.2014 - 10 UF 190/13, BeckRS 2014, 04894).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Umgang des Vaters mit dem Kind, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, zu regeln.

a)

Soweit es den regelmäßigen Umgang alle vierzehn Tage betrifft, verbleibt es bei der vom Amtsgericht getroffenen Bestimmung, nur dass der Umgang jeweils schon um 12:00 Uhr in der Weise beginnt, dass der Vater das Kind aus der Tagespflegestelle bzw. Kita abholt.

aa)

Entgegen dem Begehren des Vaters ist ein Wechselmodell dahin, dass sich das Kind abwechselnd zu gleichlangen Zeiten beim Vater und bei der Mutter aufhält, im Rahmen dieses Umgangsverfahrens nicht anzuordnen.

Nach herrschender Rechtsprechung darf ein Wechselmodell grundsätzlich nicht gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden (vgl. nur KG, FamRZ 2014, 50; OLG Naumburg, FamRZ 2014, 50). Der Senat hat in der Vergangenheit dieser Auffassung zugeneigt (vgl. nur Senatsbeschluss vom 11.4.2002 - 10 UF 13/02, NJOZ 2003, 3041, wonach, wenn sich bei einem Streit über das Aufenthaltsbestimmungsrecht aufgrund der übrigen Kriterien kein Vorrang eines Elternteils ergibt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht unter dem Gesichtspunkt des Förderungsprinzips demjenigen Elternteil übertragen werden kann, der eher die Gewähr dafür bietet, dass das bisher praktizierte Wechselmodell beendet wird; ferner Beschluss vom 29.12.2009 - 10 UF 150/09, BeckRS 2009, 26214; Beschluss vom 9.3.2009 - 10 UF 204/08, BeckRS 2009, 09543; s. aber auch Beschluss vom 17.3.2014 - 10 UF 244/13, BeckRS 2014, 14880). Demgegenüber wird auch die Auffassung vertreten, ein Wechselmodell sei selbst dann möglich und gerichtlich anzuordnen, wenn Einvernehmen bei den Eltern darüber nicht besteht (vgl. nur Sünderhauf, Wechselmodell: Psychologie-Recht-Praxis, 2013; dieselbe, FamRB 2013, 290; FamRB 2013, 327; AG Heidelberg, FamRZ 2015, 151; AG Erfurt, FamRZ 2015, 339). Im vorliegenden Fall ist die Mutter nicht bereit, das vom Vater begehrte Wechselmodell zu praktizieren. Sie meint vielmehr, ein Umgang des Vaters mit dem Kind einmal im Monat reiche aus. Ob der herrschenden Rechtsprechung zu folgen ist, wonach gegen den Willen der Mutter das Wechselmodell nicht angeordnet werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man bei dieser Sachlage, der ablehnenden Haltung der Mutter, die Anordnung eines Wechselmodells grundsätzlich für möglich hielte, kann das hier nicht im vorliegenden Unterhaltsverfahren geschehen.

Für den Fall, dass die gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells in Betracht kommt, ist nicht abschließend geklärt, ob eine solche Anordnung in einem Sorgerechtsverfahren oder in einem Umgangsverfahren zu treffen ist (vgl. nur Veit, in: BeckOKBGB, 35. Aufl., § 1671 Rn. 35; Hennemann, in: MünchKommBGB, 6. Aufl., § 1671 Rn. 91; Gutjahr, FPR 2006, 301, 302). Welcher Auffassung zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Selbst wenn man die Auffassung verträte, ein Wechselmodell könne in einem Umgangsverfahren gerichtlich angeordnet werden, scheidet dies im vorliegenden Fall aus. Denn mit Schriftsatz vom 30.6.2015 hat die Mutter eine Ausfertigung des Beschlusses des Kammergerichts vom 22.6.2015 (16 UF 232/14) vorgelegt, wonach auf die Beschwerde der Mutter der Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 20.11.2014 (85 F 115/14) dahin abgeändert wird, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Mutter allein verbleibt, während im Übrigen die elterliche Sorge auf beide Eltern gemeinsam übertragen wird. Damit hat das Kammergericht - unanfechtbar, weil die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist - die Befugnis, über den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, allein der Mutter zugewiesen. Der Senat sieht sich gehindert, im Widerspruch zu der soeben getroffenen Entscheidung des Kammergerichts nun ein Wechselmodell anzuordnen, das den Vorstellungen der Mutter über den Aufenthalt des Kinders eklatant widerspricht.

bb)

Entgegen dem Begehren der Mutter hat der Umgang alle zwei Wochen von Donnerstag bis Dienstag stattzufinden.

(1)

Der regelmäßige Umgang hat alle zwei Wochen und nicht nur - wie die Mutter geltend macht - einmal im Monat stattzufinden.

Der Umgangsberechtigte hat üblicherweise alle vierzehn Tage am Wochenende Umgang mit dem Kind. Bei kleineren Kindern kommt oft noch ein Umgang an einem einzelnen Tag unter der Woche hinzu, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass bei ihnen das Zeitempfinden ein anderes ist (vgl. Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl., § 1684 Rn. 14). Vorliegend sind keine Gründe dafür ersichtlich, warum der Vater nicht auch alle vierzehn Tage mit L… Umgang haben sollte. Die Mutter hat Gesichtspunkte, die gegen einen Umgang in dieser Häufigkeit sprechen könnten, nicht überzeugend dargelegt. Wenn der Vater bereit und in der Lage ist, die mit dem Zurücklegen der großen Entfernungen verbundenen Belastungen alle vierzehn Tage auf sich zu nehmen, sollte dies im Interesse des Kindes auch genutzt werden.

Dass L… eine enge Bindung zu Vater und Großeltern väterlicherseits hat, ist von der Verfahrensbeiständin aufgrund deren Beobachtungen bestätigt worden. Dass auch eine starke Bindung des Kindes an seine Mutter besteht, lässt sich den eingereichten Stellungnahmen des Jugendamtes W… und des vom Amtsgericht W… bestellten Verfahrensbeistands entnehmen. Zu Recht weist daher die Mutter auf ihre sehr wichtige Rolle für L… hin. Das ändert aber nichts daran, dass auch der Kontakt zu seinem Vater als weitere Hauptbezugsperson möglichst aufrechterhalten werden muss. Im Hinblick auf die hier zu überbrückende große Entfernung ist daher der Umgang, wie geschehen, zu regeln.

(2)

Dem Vater ist während des alle vierzehn Tage stattfindenden Umgangs das Recht einzuräumen, mit L… von Donnerstag bis Dienstag zusammen zu sein. Insoweit liegt allerdings eine Abweichung gegenüber dem gewöhnlichen Wochenendumgang vor, der regelmäßig nur von Freitagnachmittag bis Sonntagabend andauert. Diese verlängerte Umgangsperiode ist im vorliegenden Fall aber aus Gründen des Kindeswohls geboten. Zwischen den Wohnorten von Mutter und Vater liegt eine erhebliche Entfernung von deutlich über 600 km. Würde man den regelmäßigen Umgang auf die sonst übliche Zeit beschränken, würde man dem Vater faktisch die Möglichkeit nehmen, mit L… auch zu sich nach Hause, nach B…, zu fahren. Der Vater hat aber ein berechtigtes Interesse daran, Umgang mit L auch in der dem Kind vertrauten Umgebung in B… zu haben. Dies liegt auch im wohlverstandenen Interesse des Kindes selbst. Im Übrigen rechtfertigt sich der große zeitliche Aufwand für das Holen und Bringen im Hinblick auf die weite Entfernung erst dann, wenn auch ausreichend freie, nicht von Reisen betroffene Tage für das Zusammensein von Vater und Kind zur Verfügung stehen. So liegt es hier bei dem festgelegten Umgang, weil die Zeit von Freitag bis Montag, das sind vier Tage, nicht von Reisetätigkeit betroffen sind. Es wäre zwar grundsätzlich zu erwägen, ob nicht auch eine Zeit von drei Tagen, die uneingeschränkt dem Umgang zur Verfügung ständen, ausreichen könnte. Dies würde vorliegend aber den Gegebenheiten des Einzelfalles nicht gerecht. Dabei ist insbesondere das geringe Alter des Kindes zu beachten. Lebte L… in nur geringer Entfernung vom Vater, würde man, wie bereits ausgeführt, neben dem regelmäßigen Wochenendumgang auch einen Umgangstag unter der Wochen vorsehen. Da dies hier wegen der großen zurückzulegenden Entfernung nicht möglich ist, bleibt nur die Verlängerung des „erweiterten“ Wochenendumgangs. Diese vom Vater mit dem Kind zu verbringende Zeit wird auch von der Verfahrensbeiständin als „Minimum“ befürwortet.

Entgegen der Auffassung der Mutter steht dem so festgelegten regelmäßigen Umgang nicht entgegen, dass L… damit längere Zeit nicht die Tagespflegestelle bzw. die Kita besuchen kann. Insoweit hat die Verfahrensbeiständin im Senatstermin vom 8.6.2015 zu Recht darauf hingewiesen, dass ungeachtet der grundsätzlich positiven Wirkungen, die ein Besuch des Kindes bei der Tagesmutter oder in einer Kita hat, den guten und stabilen Bindungen zu den Eltern ein Vorrang einzuräumen ist. Im Übrigen hat der Vater darauf verwiesen, dass es, wenn L… beim ihm ist, auch Kontakt zu Freunden und Nachbarn und auch zu Kindern gibt. Auch die Betrachtungsweise der Mutter, dass ihr im Vergleich zum Vater nun weniger freie Zeit mit L… eingeräumt werde, hat die Verfahrensbeiständin zu Recht zurückgewiesen. Denn es war die autonome und unterstützenswürdige Entscheidung der Mutter, L… - und zwar auch schon vor Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch die Mutter - in eine Tagespflege zu geben. Dass die Mutter dann unter der Woche zeitweise nicht mit L… zusammen sein kann, ist hinzunehmen. Im Übrigen blendet die Sichtweise der Mutter aus, dass bei der nun getroffenen Umgangsregelung der Donnerstag und der Dienstag Reisetage sind. Holt der Vater, wie es in der Vergangenheit wohl überwiegend der Fall war, L… mit dem Auto ab, kann er sich dem Kind nicht uneingeschränkt widmen. Es ist dann vielmehr in der Vergangenheit Aufgabe der Großmutter gewesen, sich während der Autofahrt mit L… zu befassen.

Soweit das Jugendamt W… in seiner dem Amtsgericht W… unter dem 20.2.2015 unterbreiteten Stellungnahme darauf hinweist, dass die derzeit praktizierte Regelung des Umgangs für L… wegen der ständig erfolgenden Verschiebung des Lebensmittelpunkts und der vielen Reisezeiten große Unruhe bringe, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung. Ein Umgang des Kindes mit dem vom Obhutselternteil getrennt lebenden anderen Elternteil alle vierzehn Tage ist, wie ausgeführt, die Regel. Richtig ist zwar, dass aufgrund der großen Entfernung die Belastung durch Reisezeiten erheblich größer ist. Andererseits verbringt L… im Vergleich zu „gewöhnlichen Umgangskindern“ eine längere Zeit beim Vater, so dass er sich von der Reise nach B… auch erholen kann. Bei der gebotenen Abwägung liegt es auch im Interesse von L…, den Vater regelmäßig und auch für längere Zeiträume zu sehen. Die Reisebelastung tritt dahinter zurück, zumal L… bislang auch insoweit einen völlig unbelasteten Eindruck hinterlassen hat. Auch die Verfahrensbeiständin hat keine Anzeichen dafür gefunden, dass die vom Amtsgericht getroffene und hernach praktizierte Umgangsregelung dem Kindeswohl zuwiderläuft.

cc)

In Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts vom 17.12.2014 ist ein Beginn des regelmäßigen Umgangs des Vaters mit dem Kind am Donnerstag schon um 12:00 Uhr anzuordnen.

Allerdings hat im Senatstermin vom 8.6.2015 zwischen den Eltern Uneinigkeit darüber bestanden, ob die Tagesmutter ein Abholen L… aus der Kita bereits um 12:00 Uhr durch den Vater eher befürwortet oder ablehnt. Im Rahmen der Amtsermittlung, § 26 FamFG, hat der Senat mit der Tagesmutter telefonisch Kontakt aufgenommen. Der im Vermerk vom 22.6.2015 niedergelegte Inhalt des Telefongesprächs ist den Beteiligten bekanntgegeben worden. Danach hat es die Tagesmutter einmal, als der Vater ohnehin die Tagespflegeeinrichtung kennenlernen wollte, akzeptiert, dass er L… um 12:00 Uhr aus der Kita abholt, während sie im Übrigen wünscht, dass L… immer von der Mutter aus der Einrichtung abgeholt wird. Diese von der Tagesmutter geäußerte Auffassung spricht aber nicht dagegen, ein Abholen des Kindes durch den Vater bereits ab 12:00 Uhr als der Einrichtung anzuordnen. Die Tagesmutter hat für ihre Haltung eher formale Gründe angeführt. Ausschlaggebend ist auch insoweit das Kindeswohl. Der Vater hat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass bei einem Abholen um 12:00 Uhr unmittelbar nach dem Mittagessen die Phase des Mittagschlafs des Kindes für die erste Zeit der Rückfahrt nach B… genutzt werden könne, so dass L… durch die Autofahrt weniger belastet wäre. Hinzu kommt, dass die Wohnung des Vaters in B… auch früher erreicht würde, sodass L… früher zu Bett gebracht werden könnte.

Soweit die Tagesmutter die Befürchtung geäußert hat, ein Abholen des Kindes um 12:00 Uhr sorge für Unruhe, kann dem dadurch begegnet werden, dass der Vater das Abholen ohne große Belastungen durchführt. Er kann sich etwa im Hintergrund halten, möglicherweise sogar nach Absprache mit der Tagesmutter im Auto darauf warten, dass diese ihm das Kind um 12:00 Uhr bringt. Auch bedarf es anlässlich des Abholens eines längeren Austausches mit der Tagesmutter nicht. Denn die Tagesmutter hat ihre Bereitschaft erklärt, dass der Vater weiterhin bei ihr anrufen und sich nach L… erkundigen könne. Fachgespräche mit Erziehern oder Lehrern lassen sich ohnehin regelmäßig besser in Abwesenheit des Kindes, über das gesprochen werden soll, führen.

Ein vom Vater ins Gespräch gebrachtes „Zeitfenster“ für das Holen und Bringen kann nicht angeordnet werden. Wollte man ein solches vollstreckbar ausgestalten, ginge dies allein zulasten der Mutter, die dann jeweils für zwei Stunden „parat stehen“ müsste. Das ändert nichts daran, dass die Mutter, wenn sie ohnehin bereit wäre, das Kind früher in Empfang zu nehmen, dies auf Wunsch des Vaters bei früherer Ankunft in W… am Dienstag im Interesse des Kindes auch tun sollte.

b)

Die Feiertagsregelung kann so, wie vom Amtsgericht angeordnet, bestehen bleiben. Die Eltern haben hiergegen keine Einwände erhoben, sondern vielmehr den Umgang an Weihnachten und Ostern bereits so praktiziert, dass im jährlichen Wechsel jeder Elternteil eine längere Periode hat, in der er mit L… zusammen sein kann.

c)

Auch die Regelung des Ferienumgangs durch das Amtsgericht bedarf in der Sache keiner Abänderung. Eine Klarstellung ist hinsichtlich der Winterferien nur bezüglich des Beginns vorzunehmen. Damit soll ausgeschlossen werden, dass, wenn der Ferienbeginn einmal mitten in der Woche liegen sollte, der Umgang schon außerhalb der Ferien beginnen würde.

Zu Recht hat sich das Amtsgericht hinsichtlich der Ferienregelung an den Schulferien des Landes B… orientiert. L… lebt zwar bei seiner Mutter in R…. Doch wird es vermutlich noch bis zum Jahr 2019 dauern, bis L… eingeschult wird. Zurzeit besucht er die Tagespflegeeinrichtung, zukünftig vielleicht auch die Kita. Die Mutter hat jedenfalls angegeben, sich um einen Kita-Platz weiterhin zu bemühen. Nach Angaben der Mutter gibt es keine Kitaferien. Vor diesem Hintergrund braucht bei der zeitlichen Lage des Ferienumgangs auf die Belange der Mutter keine Rücksicht genommen zu werden.

Soweit es eine Ferienregelung hinsichtlich der Winterferien und der Sommerferien gibt, beruht dies auf den Wünschen des Vaters. Diesen ist nachzukommen, ohne dass dies eine unzulässige Bevorzugung des Vaters darstellen würde. Denn der Vater hat nachvollziehbare, auch im Kindesinteresse liegende Gründe für seine Wünsche vorgetragen. Er hat darauf hingewiesen, dass man mit der Großfamilie, insbesondere auch mit seinem älteren Sohn aus einer früheren Beziehung die Ferien gemeinsam verbringe, in den Winterferien auch mit Skilaufen. Es liegt im Interesse auch von L…, dass er die Ferien mit seiner Familie väterlicherseits, auch unter Einbeziehung des älteren Halbbruders, verbringen kann.

Soweit die Mutter im Schriftsatz vom 20.6.2015 beanstandet, dass der Vater seine Urlaubsreise im Sommer einseitig festgelegt und insoweit schon eine Buchung vorgenommen hat, ist darauf hinzuweisen, dass die vom Vater für die Reise gewählte Zeit in dem vom Amtsgericht festgelegten Umgangszeitraum während der Sommerferien liegt. Da die Mutter bislang keine Gründe vorgetragen hat, die dagegen sprechen könnten, dass es hinsichtlich der Sommerferien bei der vom Amtsgericht bestimmten Periode bleibt und auch der Senat keine Bedenken hinsichtlich der vom Amtsgericht getroffenen Ferienregelung geäußert hat, durfte der Vater diese Reise planen und auch buchen.

Die Mutter hat zutreffend darauf hingewiesen, dass auch sie das Recht hat, mit dem Kind Urlaubsreisen zu unternehmen. Ob die Mutter ihrem Wunsch entsprechend auch mit L… in ihr Heimatland, nach Kenia, reisen darf, war im Hinblick auf Bedenken des Vaters Gegenstand anderer gerichtlicher Verfahren. Darüber ist in diesem Umgangsverfahren nicht zu befinden. Jedenfalls ist festzustellen, dass die Mutter grundsätzlich auch berechtigt ist, mit dem Kind zu verreisen. Dabei versteht es sich von selbst, dass jedenfalls dann, wenn die Mutter den Vater von ihren Reiseplänen rechtzeitig unterrichtet hat, ein ausnahmsweise in die Reisezeit der Mutter fallender regelmäßiger Umgang des Vaters mit L… ersatzlos entfällt.

d)

Das Amtsgericht hat eine Vorrangregelung insoweit getroffen, als es in der Beschlussformel ausgesprochen hat, dass der Feiertags- und Ferienumgang dem Regelumgang vorgehe. Im vorliegenden Fall erscheint eine Konkretisierung dieser Vorrangregelung zur Vermeidung von Missverständnissen erforderlich. Einer Ersatzregelung - auch des regelmäßigen Umgangs - hingegen bedarf es nicht, zumal nicht sichergestellt werden kann, dass der Vater sich bei Ausfall eines regelmäßigen Umgangs eine entsprechend lange Zeit beruflich auch in der Folgewoche freihalten kann.

e)

Die vom Amtsgericht getroffene Regelung hinsichtlich des Abholens und Zurückbringens des Kindes ist insoweit zu modifizieren, als der regelmäßige Umgang nunmehr bereits donnerstags um 12:00 Uhr durch Abholen aus der Tagespflegestelle bzw. Kita beginnt.

Der Anregung des Vaters, die Mutter zu einer weitergehenden Mitwirkung beim Abholen oder Bringen anzuhalten, ist nicht zu entsprechen.

Es ist grundsätzlich die Aufgabe des umgangsberechtigten Elternteils, das Kind zu Beginn des Umgangs abzuholen und es zum Ende des Umgangs wieder zum Obhutselternteil zurückzubringen (Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1684 BGB Rn. 30). Allerdings darf die konkrete Umgangsregelung im Einzelfall nicht dazu führen, dass der Umgang für den berechtigten Elternteil unzumutbar und damit faktisch vereitelt wird. Wenn der Umgang aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte der Eltern nur unter einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand ausgeübt werden kann, obliegt es den Gerichten zu prüfen, ob der Obhutselternteil anteilig zur Übernahme an dem für das Holen und Bringen der Kinder zur Ausübung des Umgangsrechts erforderlichen zeitlichen und organisatorischen Aufwand zu verpflichten ist (BVerfG, FamRZ 2002, 809). Dabei kann der Umfang der Mitwirkungs- und Kostentragungspflichten des Obhutselternteils davon abhängen, ob er oder der umgangsberechtigte Elternteil durch Umzug die hohen mit dem Umgang verbundenen Belastungen verursacht hat (vgl. Senat, Beschluss vom 22.5.2008 - 10 UF 119/07, BeckRS 2008, 11679 einerseits und Beschluss vom 5.9.2011 - 10 UF 239/10 andererseits).

Eine über das normale Maß hinausgehende Mitwirkung des Obhutselternteils an dem Bringen und Holen des Kindes ist danach in Betracht zu ziehen, wenn aufgrund der großen Entfernungen ansonsten ein dem Kindeswohl entsprechender Umgang gar nicht möglich wäre. So kann es liegen, wenn erhebliche Entfernungen zurückzulegen sind, um einen gewöhnlichen Wochenendumgang von Freitagnachmittag bis Sonntagabend zu gewährleisten (vgl. die genannten Senatsbeschlüsse). Hier ist es anders. Der Vater ist bereit und in der Lage, alle vierzehn Tage einen erweiterten Wochenendumgang mit L… zu haben. Ihm stehen, wie bereits ausgeführt, auch ohne die Reisetage vier volle Tage, die er mit L… verbringen kann, zur Verfügung. Hinzu kommt, dass der Vater für das Zurücklegen der Entfernungen von B… nach W… nicht durchgängig dasselbe Verkehrsmittel - etwa das Flugzeug - gewählt hat. Vielmehr ist er nach eigenen Angaben überwiegend - in Begleitung seiner Mutter - mit dem Auto nach W… gefahren. Im Hinblick auf die wohl weiterhin genutzten verschiedenen Verkehrsmittel lässt sich eine vollzugsfähige Umgangsregelung, welche eine konkrete Mitwirkung der Mutter beim Holen und Bringen beinhaltet, nur schwerlich treffen.

f)

Hinsichtlich der Aushändigung und Rückgabe der Krankenversicherungskarte für das Kind bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts. Sie ist von den Eltern unbeanstandet geblieben und begegnet keinen Bedenken.

g)

Entsprechend der Anregung des Vaters im Schriftsatz vom 17.6.2015 ist die Mutter zu verpflichten, binnen einer Woche nach Erlass dieses Beschlusses gegenüber der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts W… zu erklären, dass sie dem Antrag des Vaters auf Herausgabe der Pässe des Kindes zustimmt.

Die Problematik des hinterlegten Reisepasses ist vom Vater bereits im Schriftsatz vom 1.6.2015 angesprochen worden. Diesen benötigt er für die beabsichtigte Reise ins Ausland in den Sommerferien. Vor diesem Hintergrund ist der Mutter durch Verfügung des Senats vom 10.6.2015 aufgegeben worden, binnen einer Woche zu erklären, welche Termine sie dem Vater anbieten kann, um gemeinsam mit ihm den Reisepass für das Kinder aus der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts W… abzuholen. Hierauf hat die Mutter nicht reagiert. Mit Schriftsatz vom 17.6.2015 hat der Vater dann zu der Problematik des hinterlegten Passes weiter vorgetragen, eine Buchungsbestätigung für die Auslandsreise in der Zeit vom 14. bis 25.8.2015 vorgelegt und beantragt, bis zum 30.6.2015 schriftlich gegenüber dem Amtsgericht W…, Hinterlegungsstelle, zu erklären, dass sie dem Antrag des Vaters auf Herausgabe der Pässe des Kindes zustimmt. Mit Rücksicht auf diesen als Anregung aufzufassenden Antrag hat der Senat durch Verfügung vom 22.6.2015 festgestellt, dass die Mutter der ihr durch Verfügung vom 10.6.2015 erteilten Auflage nicht nachgekommen sei und im Hinblick auf den Vortrag des Vaters im Schriftsatz vom 17.6.2015 daher beabsichtigt sei, der Mutter im Rahmen der Entscheidung über den Umgang aufzugeben, gegenüber dem Amtsgericht W…, Hinterlegungsstelle, binnen einer Woche nach Erlass des Beschlusses zu erklären, dass sie dem Antrag des Vaters auf Herausgabe der Pässe des Kindes zustimmt. Allen Beteiligten wurde Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme bis zum 26.6.2015 gesetzt. Der Verfahrensbevollmächtigte der Mutter hat am 26.6.2015 eine Stellungnahme für den 29.6.2015 angekündigt. Am 29.6.2015 hat er in der Sache weiter Stellung genommen, hinsichtlich der Problematik des Reisepasses jedoch lediglich ausgeführt, dass die Mutter darüber verblüfft gewesen sei, dass der Vater „das Gericht dirigiert“, indem er eine Urlaubsbuchung vornehme. Da dieser Vortrag nicht erkennen lässt, dass die Mutter sich freiwillig mit dem Vater in Verbindung setzt, um die Herausgabe des Reisepasses aus der Hinterlegungsstelle zu klären, hat die getroffene Anordnung zu erfolgen.

2.

Ein Umgang der Großeltern mit dem Kind ist nicht anzuordnen.

Gemäß § 1685 Abs. 1 BGB haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Mit der Voraussetzung, dass der beanspruchte Umgang dem Kindeswohl dienen muss, soll das Umgangsrecht „in verhältnismäßig engen Grenzen“ gehalten werden (Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1685 BGB Rn. 5). Bei Konkurrenz zwischen dem Umgangsrecht eines Elternteils nach § 1684 BGB und dem Umgangsrecht der Großeltern nach § 1685 BGB geht Ersteres vor (Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl., § 1685 Rn. 6). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend ein Umgang der Großeltern mit dem Kind nicht anzuordnen.

Isoliert betrachtet wäre ein Umgang von L… mit seinen Großeltern allerdings ohne weiteres seinem Wohl dienlich. Denn es bestehen starke Bindungen des Kindes an seine Großeltern. Darauf hat nicht nur die Verfahrensbeiständin hingewiesen. Davon hat sich der Senat auch im Anhörungstermin vom 2.12.2014 überzeugen können, als der kleine L… mangels weiterer Betreuungsperson während der gesamten Verhandlung mit im Sitzungssaal anwesend war und überwiegend mit einem der beiden Großelternteile gespielt hat.

Dennoch sprechen die Umstände des Einzelfalls dagegen, den Umgang der Großeltern gerichtlich positiv zu regeln. Dabei ist zu beachten, dass dem Vater, wie ausgeführt, alle zwei Wochen Umgang von Donnerstag bis Dienstag zu gewähren ist. Eine Verkürzung dieser Umgangszeit zugunsten der Großeltern kommt im Hinblick auf den Vorrang des Umgangsrechts nach § 1684 BGB nicht in Betracht. Andererseits ist der dem Vater unter Einbeziehung der Reisetage zuerkannte Umgang recht weitgehend. Dafür, den Großeltern noch zusätzlich einen Umgangstag zulasten der Mutter zu bewilligen, ist daher kein Raum.

Einer ausdrücklichen Umgangsregelung bedarf es aber auch deshalb nicht, weil die Großeltern zum einen selbst erklärt haben, ihr Recht nicht zulasten ihres Sohnes durchsetzen zu wollen und sie andererseits ohnehin regelmäßigen Kontakt zu L… haben. Für die Großmutter trifft dies schon dadurch zu, dass sie den Vater regelmäßig auf den Reisen nach W… begleitet und sich mit L… während der Autofahrt beschäftigt. Hinzu kommt, dass der Vater im Senatstermin vom 8.6.2015 erklärt hat, dass L…, wenn er bei ihm in B… sei, regelmäßigen Kontakt auch zu den Großeltern habe. Durch diese tatsächlich praktizierte Handhabung wird dem Interesse des Kindes, Kontakt auch zu den Großeltern zu haben, Genüge getan. Die Festlegung eines ausdrücklichen Umgangstages für die Großeltern würde entweder zulasten des Vaters oder zulasten der Mutter gehen und hat in diesem Einzelfall daher zu unterbleiben.

3.

An die Anordnungen aus der Beschlussformel haben sich die Eltern zu halten. Der Hinweis auf mögliche Folgen eines Verstoßes gegen die Anordnungen beruht auf § 89 Abs. 2 FamFG. Dessen ungeachtet steht es den Eltern frei, von den getroffenen Regelungen im gegenseitigen Einvernehmen abzuweichen. Lässt sich ein Einvernehmen nicht erzielen, bleibt es aber bei der gerichtlichen Regelung. An dieser Stelle wird an die Mutter appelliert, sich im Interesse des Kindes auch einmal auf geringfügige Abweichungen hinsichtlich des Umgangs einzulassen. Dass der Vater, wenn er verkehrsbedingt am Dienstag früher als 18:00 Uhr in W… ankommt und der Mutter dieses frühere Ankommen auch mitteilt, dennoch, wie im Schriftsatz vom 24.6.2015 beschrieben, mit dem Kind 40 Minuten auf einem Spielplatz im Regen verbringen muss, weil die Mutter vorher nicht bereit ist, das Kind entgegenzunehmen, entspricht jedenfalls nicht dem Wohl von L….

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG, die Wertfestsetzung auf §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 1 FamGKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.