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Baunachbarschutz; vorläufiger Rechtsschutz; Neubau einer Einfeld-Sporthalle; Umgebung eines Denkmals; Gutshaus mit Hofanlage und Gutspark; Abwehranspruch des Denkmaleigentümers gegen Bauvorhaben; denkmalrechtlicher Umgebungsschutz; drittschützende Funktion; grundrechtlich gebotenes Mindestmaß; (wohl kein) weitergehender Drittschutz im Brandenburgischen Denkmalschutzgesetz; verfassungskonforme Auslegung; Eigentumsgewährleistung; erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals; denkmalrechtlich relevante Vorbelastung; frühere Bebauung; fortdauernde prägende Wirkung; Vergleichbarkeit der Beeinträchtigung; Sichtbezüge; Erscheinungsbild; städtebauliche Wirkung; Abstand; Gestalt und Funktion des Vorhabens; starker Kontrast; dörflich geprägte Umgebung; abstrakte Größenverhältnisse nicht allein ausschlaggebend; offene Erfolgsaussichten in der Hauptsache; summarische Prüfung; Folgenabwägung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 25.01.2011
Aktenzeichen OVG 2 S 93.10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 14 Abs 1 GG, § 80 Abs 5 S 1 VwGO, § 80a Abs 3 VwGO, § 146 Abs 4 S 4 VwGO, § 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 212a Abs 1 BauGB, § 2 Abs 3 DSchG BB, § 9 Abs 1 Nr 4 DSchG BB, § 9 Abs 2 DSchG BB, § 17 Abs 1 DSchG BB

Leitsatz

1. Eine die verfassungsrechtliche Eigentumsgewährleistung berührende - und damit einen Abwehranspruch des Denkmaleigentümers auslösende - erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals durch ein Vorhaben in der Umgebung ist jedenfalls anzunehmen, wenn über die Voraussetzungen des einfachgesetzlichen denkmalrechtlichen Umgebungsschutzes hinaus die Schutzwürdigkeit des Denkmals als besonders hoch zu bewerten ist oder dessen Erscheinungsbild den Umständen nach besonders schwerwiegend beeinträchtigt wird.

2. Zum Abwehranspruch des Eigentümers eines 1765 errichteten denkmalgeschützten Gutshauses mit Hofanlage und Gutspark in dörflich geprägter Umgebung gegen den Neubau einer Sporthalle in einem Abstand von 21 m.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 15. November 2010 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom 23. Juli 2010 wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Antragsgegner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3 750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen die dem beigeladenen Landkreis erteilte Baugenehmigung vom 23. Juli 2010 zum Neubau einer Einfeld-Sporthalle auf dem Grundstück Gemarkung G. Flurstück 645. Die Antragsteller sind Eigentümer des östlich und nördlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks A. (Flurstück 34/4), das mit einem im Jahr 1765 errichteten Herrenhaus und mehreren Nebengebäuden bebaut ist, an die sich nördlich eine Parkanlage anschließt. Die Gesamtanlage ist unter der Bezeichnung „Gutshaus mit Hofanlage und Gutspark“ in die Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen und befindet sich ferner im Bereich eines Denkmals mit Gebietscharakter, das sich aus den räumlich zusammenhängenden baulichen Anlagen und dem Straßenraum des zentralen Bereichs von Groß Kreutz einschließlich der Kirche, des Kirchhofs und der Gutsanlage zusammensetzt und auch die zu bebauende Fläche umfasst.

Das Verwaltungsgericht Potsdam hat den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 23. Juli sowie 24. August 2010 gegen die Baugenehmigung mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Beschlussgründe verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller mit dem Rechtsmittelantrag,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 15. November 2010 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom 23. Juli 2010 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann aus einem von den Antragstellern fristgerecht dargelegten - und damit der Prüfung durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO unterliegenden - Grund keinen Bestand haben.

Bei der nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen überwiegt auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens das Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs das öffentliche Interesse und das Interesse des Beigeladenen an der Aufrechterhaltung der sich aus § 212a Abs. 1 BauGB ergebenden sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung vom 23. Juli 2010. Da die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung zumindest als offen anzusehen sind (1), gibt letztlich eine Folgenabwägung den Ausschlag für das überwiegende Aussetzungsinteresse der Antragsteller (2).

1. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Rechtsbehelf der Antragsteller in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben werde, weil ihnen kein wehrfähiger Abwehranspruch gegen das Vorhaben des Beigeladenen zur Seite stehe, vermag der Senat bei summarischer Prüfung aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen nicht zu folgen.

Zwar dürfte das Verwaltungsgericht zu Recht eine Verletzung des nachbarschützenden bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebotes verneint haben; die Beschwerdebegründung tritt der erstinstanzlichen Entscheidung insoweit nicht entgegen. Auch haben die Antragsteller nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 4 und 6 VwGO entsprechend dargelegt, dass ein Abwehranspruch entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts den Regelungen des Brandenburgischen Denkmalschutzgesetzes (BbgDSchG) zu entnehmen sein könnte. Ihre Auffassung, dass den Regelungen zum denkmalrechtlichen Umgebungsschutz in § 9 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BbgDSchG eine - uneingeschränkt - drittschützende Funktion zu Gunsten des Denkmaleigentümers zukomme, lässt sich nicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stützen, der zufolge der Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG jedenfalls dann berechtigt sein muss, die denkmalrechtliche Genehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, wenn das Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtigt (vgl. Urteil vom 21. April 2009 - 4 C 3.08 -, BVerwGE 133, 347, 351); denn das Bundesverwaltungsgericht hat in der erwähnten Entscheidung zugleich klargestellt, dass es eine Frage des Landesrechts ist, ob der denkmalrechtliche Drittschutz des Eigentümers eines Kulturdenkmals auf das grundrechtlich gebotene Mindestmaß beschränkt ist oder - möglicherweise jedenfalls innerhalb einer Denkmalzone - darüber hinaus geht (BVerwG, a.a.O., S. 357). Überzeugende Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber einen weiter gehenden Nachbarschutz des Denkmaleigentümers geregelt hat, zeigt die Beschwerdebegründung indes nicht auf. Soweit die Antragsteller ihre dahingehende Auffassung auf § 9 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BbgDSchG stützen, übersehen sie, dass die den Belangen des Denkmalschutzes gleichgerichteten privaten Interessen eines Denkmaleigentümers nach dem Gesetzeswortlaut nicht in die Abwägungsentscheidung, auf deren Grundlage die Erlaubnis zur Veränderung der Umgebung eines Denkmals zu erteilen ist, einzubeziehen sind, da es sich offensichtlich nicht um den Belangen des Denkmalschutzes entgegenstehende (Hervorh. d. d. Senat) öffentliche oder private Interessen handelt. Weshalb allein schon der Umstand, dass sich das Brandenburgische Denkmalschutzgesetz zum Umgebungsschutz bekennt, die Annahme rechtfertigen soll, dass der Umgebungsschutz nicht nur den Belangen des Denkmalschutzes, sondern entgegen der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung u.a. des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg (vgl. Beschluss vom 13. September 1996 - 3 B 111/96 -, LKV 1998, 72) auch den privaten Interessen von Denkmaleigentümern dient, erschließt sich dem Senat nicht. Soweit in die nach § 9 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 2 BbgDSchG zu treffende Abwägungsentscheidung bei der nach der erwähnten neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 21. April 2009, a.a.O., S. 357) möglicherweise gebotenen verfassungskonformen Auslegung über den Gesetzeswortlaut hinaus auch die Interessen von Nachbarn einzubeziehen sein mögen, die sich als Denkmaleigentümer gegen ein Vorhaben in der Umgebung wenden, spricht auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nichts dafür, dass insoweit mehr als das grundrechtlich gebotene Mindestmaß zu berücksichtigen ist.

Im Hauptsacheverfahren überprüfungsbedürftig ist jedoch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Antragsteller auch nicht im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgewährleistung (Art. 14 Abs. 1 GG) Abwehransprüche gegen das Bauvorhaben des Beigeladenen geltend machen könnten. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens bestehen vielmehr gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass sich nachbarlicher Drittschutz im vorliegenden Fall jedenfalls unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG ergibt, da das Vorhaben des Beigeladenen in der Umgebung des geschützten Kulturdenkmals der Antragsteller dessen Denkmalwürdigkeit möglicherweise im Sinne der erwähnten neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. April 2009, a.a.O.) erheblich beeinträchtigt. Da der nachbarliche Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers nicht zu einer Veränderung der Grundlagen und Maßstäbe für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Vorhaben in der Umgebung des Denkmals führt (vgl. BVerwG, a.a.O., S. 355), setzt eine erhebliche Beeinträchtigung in diesem Sinne eine - besonders qualifizierte - Verletzung des in § 2 Abs. 3 BbgDSchG geregelten Umgebungsschutzes voraus. Danach unterliegt dem Schutz des Gesetzes auch die nähere Umgebung eines Denkmals, soweit sie für dessen Erhaltung, Erscheinungsbild oder städtebauliche Bedeutung erheblich ist. § 9 Abs. 1 Nr. 4 BbgDSchG zufolge bedarf deshalb einer Erlaubnis, wer durch die Errichtung oder Veränderung von Anlagen oder sonstige Maßnahmen die Umgebung eines Denkmals verändern will; die Erlaubnis ist gemäß § 9 Abs. 2 zu erteilen, soweit die beantragte Maßnahme nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten durchgeführt werden soll (Nr. 1) oder den Belangen des Denkmalschutzes entgegenstehende öffentliche oder private Interessen überwiegen und sie nicht auf andere Weise oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand berücksichtigt werden können (Nr. 2). Mit den erwähnten Regelungen des Brandenburgischen Denkmalschutzgesetzes zum denkmalrechtlichen Umgebungsschutz soll gewährleistet werden, dass die jeweilige besondere Wirkung des Baudenkmals, die es als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element auf den Betrachter ausübt, nicht geschmälert wird. Das heißt nicht, dass neue Bauten in der Umgebung eines Baudenkmals völlig an dieses anzupassen wären und ihre Errichtung unterbleiben müsste, wenn dies nicht möglich oder gewährleistet ist. Hinzutretende bauliche Anlagen müssen sich aber an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt hat und dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den Werten außer Acht lassen, welche dieses Denkmal verkörpert (vgl. Beschluss des Senats vom 25. April 2008 – OVG 2 S 120.07 -, BRS 73 Nr. 202, zu § 10 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 2 DSchG Bln). Eine die verfassungsrechtliche Eigentumsgewährleistung berührende - und damit einen Abwehranspruch des Denkmaleigentümers auslösende - erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals ist jedenfalls anzunehmen, wenn über die erwähnten Voraussetzungen hinaus die Schutzwürdigkeit des Denkmals als besonders hoch zu bewerten ist oder dessen Erscheinungsbild durch das Vorhaben den Umständen nach besonders schwerwiegend beeinträchtigt wird.

An diesen Maßstäben gemessen spricht auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens vieles dafür, dass die von dem beigeladenen Landkreis geplante Errichtung einer nach den Bauvorlagen 39,30 m langen, 17,93 m breiten und - bei einer Traufhöhe von 7,25 m - bis zu 7,65 m hohen Sporthalle in einer Entfernung von nur 21,23 m von dem denkmalgeschützten Herrenhaus der Antragsteller unter den gegebenen örtlichen Umständen eine Veränderung der näheren Umgebung darstellt, die das Erscheinungsbild des Denkmals besonders schwerwiegend beeinträchtigt und daher von den Antragstellern als Verletzung ihres nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrechts abgewehrt werden kann.

Die besonders hohe denkmalrechtliche Schutzwürdigkeit des Anwesens der Antragsteller steht für den Senat aufgrund der vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen außer Zweifel. Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum hat als Denkmalfachbehörde (vgl. § 17 Abs. 1 BbgDSchG) in seiner vom Verwaltungsgericht angeforderten Stellungnahme vom 25. Oktober 2010 zum Denkmalwert ausgeführt, dass sich in Groß Kreutz einer der letzten Gutskomplexe der Zauche mit allen wesentlichen Bestandteilen (Herrenhaus mit Gutspark, Wirtschaftshof mit bedeutendem barocken Speichergebäude und Feldsteinscheune, Kirche, Wohnhäuser von Gutsarbeitern) erhalten habe, die sich räumlich auf den gesamten Ort verteilten und veranschaulichten, wie stark der Gutsbetrieb die Struktur und die Geschichte des Ortes prägte. Das Herrenhaus gelte als qualitätsvolles Beispiel für einen märkischen Landsitz. Es gehöre zu den wenigen noch vorhandenen Herrenhäusern des Landadels, die in der Formensprache einen Bezug auf typische Bauten Königs Friedrichs II. nach der Mitte des 18. Jahrhunderts erkennen ließen. In Groß Kreutz sei aus heutiger Sicht eine Synthese zwischen Bauambitionen hoher Baukultur der Residenzen und einer dem ländlichen Umfeld angemessenen Zurückhaltung geglückt. Der Gutspark habe als sehr frühes Beispiel einer gartenkünstlerisch aufgeschmückten Landwirtschaft und als Vorläufer dieses später aus England (ornamented farm), Frankreich (ferme ornée) und unmittelbar aus Dessau/Wörlitz nach Preußen gelangten Gestaltungsstils einen hohen gartenhistorischen Wert. Der südliche Parkteil im Anschluss an das Herrenhaus stelle darüber hinaus ein inzwischen seltenes Beispiel des Umgangs der staatlichen Denkmalpflege der DDR mit historischen Gärten dar. Die unterschiedlichen und sehr alten Alleen und Baumreihen in ihrer außergewöhnlich dichten Stellung prägten noch heute das Landschaftsbild und besäßen eine hohe ästhetische Wirkung. Unter den Wirtschaftsgebäuden ragten in ihrer Bedeutung das große barocke Speichergebäude, eines der besterhaltenen Beispiele seiner Art im Land, und der langgestreckte, als Scheune errichtete Feldsteinbau hervor, der in der Region zu den frühesten Beispielen für die Wiederbelebung dieser Bauweise zähle.

In Anbetracht des sich aus diesen Ausführungen ergebenden herausragenden Ranges des Kulturdenkmals der Antragsteller kann eine erhebliche Beeinträchtigung durch die in unmittelbarer Nachbarschaft geplante Sporthalle entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts jedenfalls nicht bereits aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung ausgeschlossen werden. Soweit auch das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum in seiner bereits erwähnten Stellungnahme, ergänzt durch die im Beschwerdeverfahren vorgelegte Stellungnahme vom 13. Dezember 2010, ungeachtet der „durch das Neubauvorhaben zweifellos vorhandenen Veränderung des Denkmals“ und „obwohl es zweifellos günstigere Standorte innerhalb des Schulcampus gegeben hätte“, zu der Einschätzung gelangt, dass durch das Bauvorhaben „keine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals und des Denkmals mit Gebietscharakter“ entstehe, überzeugt dies aus den in der Beschwerdebegründung, die insoweit in zulässiger Weise auf das denkmalpflegerischen Gutachten von D. vom 6. November 2010 sowie die ergänzenden Stellungnahmen vom 28. November 2010 und 7. Januar 2011 Bezug nimmt, dargelegten Gründen nicht.

Mit dem Hinweis darauf, dass der Bestand und das Erscheinungsbild des Kutscherhofes einschließlich Herrenhauses seit seiner Errichtung 1765/66 durch eine Vielzahl von Umbau- und Neubaumaßnahmen seitens der Vorfahren der Antragsteller selbst oder jedenfalls (wohl) mit deren Erlaubnis verändert worden sei, stützt sich das Verwaltungsgericht im wesentlichen auf den Gesichtspunkt einer denkmalrechtlich relevanten Vorbelastung. Dies erscheint jedoch ebenso verfehlt wie die diesen Gesichtspunkt etwas enger fassende Überlegung der Denkmalfachbehörde, dass es sich bei der für die Bebauung vorgesehenen Fläche nicht um ein „Areal des Gutsparks“ bzw. eine „historische Freifläche“ handele, sondern die Fläche schon früher teilweise bebaut gewesen sei. Eine die Schutzwürdigkeit des Denkmals relativierende Vorbelastung kann nämlich aus einer Umgebungsbebauung allenfalls dann abgeleitet werden, wenn diese Bebauung das Denkmal in zumindest annähernd vergleichbarer Weise beeinträchtigt wie das nunmehr geplante Bauvorhaben. Erst recht gilt dies, wenn die Vorbelastung aus einer früheren, die Grundstückssituation gegebenenfalls fortwirkend prägenden Bebauung abgeleitet werden soll. Hierzu finden sich indes weder in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts noch in der Stellungnahme der Denkmalfachbehörde nähere Ausführungen, obwohl es auf der Hand liegt, dass etwa die vom Verwaltungsgericht erwähnten, bereits im 19. Jahrhundert durchgeführten Baumaßnahmen innerhalb des Wirtschaftshofes, entlang der Straße und am ehemaligen Ostflügel nicht mit dem streitgegenständlichen Vorhaben einer Sporthalle verglichen werden können, sondern vielmehr – worauf D. in seiner ergänzendenStellungnahme vom 28. November 2010 hinweist – selbst Bestandteil des geschützten Denkmals sein dürften. Auch den vom Verwaltungsgericht erwähnten Gebäuden aus der Zeit seit 1962 dürfte keine das Denkmal erheblich beeinträchtigende Wirkung zukommen, da sie sich nach den insoweit unwidersprochenen Ausführungen des Gutachters der Antragsteller in den erwähnten Stellungnahmen entweder - wie der Ersatzbau für den Pferdestall im Wirtschaftshof - in den Maßen und in der Lage an den (historischen) Vorgängerbau halten oder sich - wie das Bettenhaus, das Schulgebäude und das Gewächshaus - außerhalb des Denkmals mit Gebietscharakter sowie deutlich weiter entfernt vom Herrenhaus befinden als das nunmehr geplante Vorhaben.

Hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht ebenfalls als Vorbelastung gewerteten früheren Gebäude auf der zu bebauenden Fläche westlich des Herrenhauses wird in dem von den Antragstellern vorgelegten Gutachten eingehend dargelegt, dass sich dort bis zum Abriss im Jahr 2007 ein vom Gutachter als sog. Kutscherhof des Gutes bezeichnetes Ensemble aus drei Gebäuden befunden habe, von denen zwar eines erst 1969 erbaut worden sei, die beiden anderen aber im Wesentlichen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammten. Die Denkmalfachbehörde räumt in ihrer Stellungnahme vom 13. Dezember 2010 zwar selbst ein, dass ihr die in dem Gutachten von D. von 6. November 2010 gewonnenen Erkenntnisse „bei der Beurteilung des Bauvorhabens in dieser Form noch nicht zur Verfügung“ gestanden hätten, weil die Gebäude des ehemaligen Kutscherhofes aufgrund des durch den Bauherrn – d.h. den beigeladenen Landkreis – ohne Beteiligung der Denkmalschutzbehörden vorgenommenen Abrisses der Gebäude zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark und der in diesem Zusammenhang erfolgten „Nachbegründung des Denkmalwerts“ bereits zerstört gewesen seien. Andererseits hält die Denkmalfachbehörde ohne weitere eigene Ermittlungen an ihrer Auffassung fest, dass es sich bei dem Bauvorhaben des Beigeladenen um die Neubebauung einer als Bauland ausgewiesenen Freifläche in der Nähe des Gutshauses handele, die nicht zu einer historischen Freifläche (z.B. des Gutsparkes), sondern zu einer „schon früher teilweise bebauten Fläche (seit 1777 nachweisbar)“ zähle. Dieser Ansatz erscheint dem Senat nicht nachvollziehbar, denn Ausgangspunkt für die Bewertung des denkmalrechtlichen Umgebungsschutzes ist die gegenwärtige Situation, in der eine das Denkmal gegebenenfalls beeinträchtigende Bebauung auf der zu bebauenden Fläche tatsächlich nicht mehr vorhanden ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass in bauplanungsrechtlicher Hinsicht die prägende Wirkung des Altbestands fortdauert, solange mit einer Wiederbebauung nach der Verkehrsauffassung zu rechnen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5.98 -, NVwZ 1999, 523, 525), kann eine denkmalrechtlich relevante Vorbelastung nicht ohne Rücksicht auf die konkrete Gestalt, Funktion und Wirkung der früheren Bebauung angenommen werden. Die Antragsteller bemängeln insoweit zu Recht das Fehlen einer Begründung dafür, warum die völlig anders angeordneten Baukörper des historischen Kutscherhofes nunmehr eine Rechtfertigung für den Bau einer mit dem Gutshaus in keinem funktionalen Zusammenhang stehenden Sporthalle sein sollen. Jedenfalls durfte sich die Denkmalfachbehörde nicht darauf zurückziehen, dass ihr eine nähere Beurteilung heute nicht mehr möglich sei; denn zum einen räumt sie selbst ein, dass die frühere Funktion eines Kuscherhofes aufgrund der zitierten Beobachtungen sowie der räumlichen Situation zumindest nahe liege; zum anderen müssen Zweifel, die sich wegen der ohne Beteiligung der Denkmalschutzbehörden erfolgten Beseitigung der im Denkmal mit Gebietscharakter gelegenen Gebäude durch den Bauherrn nicht mehr klären lassen, letztlich zu dessen Lasten gehen.

Soweit das Verwaltungsgericht weiter darauf abstellt, dass das Gutshaus mit Hofanlage und Gutspark „nicht als singuläre Anlage isoliert im Orts- und Straßenbild“ stehe, sondern „seit Jahrzehnten von den beschriebenen Sichtbezügen nachhaltig negativ betroffen“ werde, greift dies ebenfalls zu kurz, weil auch unter diesem Aspekt nicht erkennbar ist, dass die auf der vorhandenen bzw. früheren Umgebungsbebauung beruhende Beeinträchtigung von Sichtbezügen mit der durch das Bauvorhaben des Beigeladenen voraussichtlich hervorgerufenen vergleichbar ist. Die Antragsteller weisen in der Beschwerdebegründung insoweit nachvollziehbar darauf hin, dass sich die in industrieller Hallenfertigbauweise konzipierte Sporthalle erheblich von der zurücktretenden Randbebauung des ursprünglichen Kutscherhofes unterscheide, da die Offenheit des Kutscherhofes an der östlichen Schmalseite dem Gutshaus einen deutlichen Freiraum gelassen habe, während die Sporthalle wie ein Riegel das Gutshaus gleichsam „einmauere“. Auch die auf die Stellungnahme des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum gestützte Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass die Hauptansichten auf das Herrenhaus schon immer und bis heute aus Richtung der Kirche, also von Südosten, bzw. auf der Gartenseite von Norden her bestanden hätten, hält der Senat aus den in der Beschwerdebegründung und den darin in Bezug genommenen gutachterlichen Äußerungen von D. dargelegten Gründen nicht für überzeugend, denn danach fehlt es für diese Annahme mangels einer aussagekräftigen Zahl historischer Ansichten an einer hinreichenden Grundlage. Darüber hinaus weisen die Antragsteller und ihr Gutachter nachvollziehbar darauf hin, dass auch die von der Denkmalfachbehörde für wichtiger gehaltene Ansicht von Südosten auf das Denkmal durch das Bauvorhaben voraussichtlich beeinträchtigt wird, da die geplante Sporthalle das Herrenhaus aus dieser Blickrichtung zwar nicht verdecken, aber „optisch einrahmen“ und daher in seinem Erscheinungsbild erheblich stören dürfte.

Die Erheblichkeit der Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds bzw. der städtebaulichen Wirkung des Gutshauses lässt sich auch nicht im Hinblick auf den vom Verwaltungsgericht ebenso wie vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum hervorgehobenen Abstand zwischen dem Neubauvorhaben und dem Herrenhaus verneinen. Vielmehr erscheint dem Senat der hier maßgebliche Abstand von 21,23 m zwischen der Sporthalle und dem Seitenanbau des Herrenhauses angesichts der hohen Schutzwürdigkeit des Denkmals, der hiermit stark kontrastierenden Gestalt und Funktion des Bauvorhabens sowie der konkreten örtlichen Verhältnisse, die der Senat in dieser Hinsicht auch ohne eine Ortsbesichtigung aufgrund des vorliegenden umfangreichen Karten- und Fotomaterials hinreichend einzuschätzen vermag, als äußerst gering. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich das Denkmal hier nicht in einem innerstädtischen Bereich befindet, in dem Sichtbezüge zu anderen Gebäuden und Anlagen ebenso typisch wie unvermeidlich sind (vgl. zu diesem Gesichtspunkt den Beschluss des Senats vom 25. April 2008 – OVG 2 S 120.07 -, BRS 73 Nr. 202), sondern in einer aufgelockerten, traditionell dörflich geprägten Umgebung. Die Einschätzung der Denkmalfachbehörde, dass der Neubau „mit seiner geringen Höhe von 7,20 m und seiner Gesamtlänge von 39 Metern gegenüber dem Gutshaus keine dominante Gestaltung“ aufweise, berücksichtigt zudem nicht die besonderen Spannungen, die hier - unabhängig von den abstrakten Größenverhältnissen - durch die spezifische Architektur und Nutzung einer Sporthalle in unmittelbarer Nähe eines Baudenkmals hervorgerufen werden können, das kunsthistorisch als „ein aus dem Königlichen ins Bürgerliche übersetztes Klein-Sanssouci“ gewürdigt worden ist (vgl. die auf S. 244 der auch von der Denkmalfachbehörde in ihrer Stellungnahme zitierten Fachpublikation „Denkmaltopographien der Bunderepublik Deutschland, Denkmale in Brandenburg, Band 14.1, Landkreis Zauche“ wiedergegebene Äußerung). Angesichts der aufgezeigten Zweifelsfragen muss die Beantwortung der Frage, ob hier bereits die Schwelle einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals überschritten ist, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

2. Ergibt die summarische Prüfung mithin, dass die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs der Antragsteller in der Hauptsache zumindest offen sind, orientiert sich die Entscheidung maßgeblich an der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung der auf beiden Seiten betroffenen Interessen. Dabei sind die Folgen, die eintreten, wenn die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes versagt würde, das Verfahren in der Hauptsache hingegen Erfolg hätte, den Auswirkungen gegenüberzustellen, die entstünden, wenn die aufschiebende Wirkung angeordnet würde, der Rechtsbehelf in der Hauptsache aber keinen Erfolg hätte. Diese Folgenabwägung geht zu Gunsten der Antragsteller aus. Ihr Interesse an einem vorübergehenden Baustopp zur Abwendung einer möglicherweise erheblichen Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit ihres Anwesens wiegt schwerer als das öffentliche Interesse an einer sofortigen Verwirklichung des Bauvorhabens, da nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auf dem Schulcampus genügend Flächen vorhanden sind, die grundsätzlich auch für die neue Einfeld-Sporthalle geeignet wären und Gründe, die für eine besondere Eilbedürftigkeit der Baumaßnahme gerade an dem geplanten Standort sprechen, nicht erkennbar sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei der Senat der erstinstanzlichen Entscheidung folgt.