Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 31.07.2017 | |
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Aktenzeichen | 3 L 447/16 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2017:0731.3L447.16.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 266 StGB, § 30 KomVerf BB, § 8 Abs 7 KAG BB, § 8 KAG BB, § 80 Abs 2 S 1 Nr 1 VwGO, § 80 Abs 4 S 3 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO |
1. Dem Antragsteller wird für das einstweilige Rechtsschutzverfahren in erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Raten und Beträge bewilligt. Ihm wird der zur Vertretung bereite Rechtsanwalt … aus … beigeordnet.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2016 wird angeordnet.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
4. Der Streitwert wird auf 192,05 Euro festgesetzt.
Dem Kläger ist nach § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt … aus ... beizuordnen (§ 121 ZPO), weil er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage, die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben (hier: Erhebung eines Straßenbaubeitrages) entfällt, anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO bestehen, wenn und soweit ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschluss vom 11. Februar 2000 – OVG 2 B 164/98). Im Aussetzungsverfahren richtet sich die Intensität der gerichtlichen Prüfung des Streitstoffes nach den Gegebenheiten des vorläufigen Rechtsschutzes. Es sind vornehmlich solche Einwände zu berücksichtigen, die der Rechtsschutzsuchende selbst gegen die Rechtmäßigkeit des Heranziehungsbescheides geltend macht, es sei denn, dass sich sonstige Mängel bei summarischer Prüfung als offensichtlich darstellen. Ferner können weder aufwändige Tatsachenfeststellungen getroffen werden noch sind schwierige Rechtsfragen abschließend zu klären. Deswegen ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig auch von der Gültigkeit der der Abgabenerhebung zu Grunde liegenden Satzungsvorschrift auszugehen, es sei denn, sie wäre offensichtlich fehlerhaft (VG Potsdam, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 12 L 610/16 –, Rn. 8, juris, m.w.N.). Die abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage muss dem in der Hauptsache geführten Klageverfahren vorbehalten bleiben (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Mai 2017 – OVG 9 S 6.17 –, juris Rn. 21; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. März 2016 – OVG 9 S 57.15, OVG 9 M 28.15 –, juris Rn. 12; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09. August 2007 – OVG 9 S 22.07 –, juris Rn. 6).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bestehen ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.
Die Heranziehung zum Straßenausbaubeitrag beruht auf der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde … vom 29. September 2011 (SBS) i.V.m. § 2 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG). Zwar sind Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch ist die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Ausbaumaßnahme voraussichtlich beitragspflichtig nach § 8 Abs. 1, 2 KAG (hierzu unter 1.) und beruht, entgegen dem Vorbringen des Antragstellers, auf einem ordnungsgemäß beschlossenen Bauprogramm (hierzu unter 2.). Jedoch schränkte der Antragsgegner darin das räumliche Ausmaß der „Anlage“ derart ein, dass der Bereich der ..., der östlich der ... liegt, gerade nicht mehr Teil derselben ist (hierzu unter 3.). Selbst unter Zugrundelegung der Annahme, der örtlich der ... gelegene Straßenteil sei als „unselbstständiges Anhängsel“ des Hauptzuges der ... Teil der Anlage, ist überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller für die Kosten des Ausbaus einer Teilstrecke nicht heranzuziehen war (hierzu unter 4.).
1. Nach § 8 Abs. 1, 2 KAG sind Beiträge Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 8 Abs. 2 KAG oder Teilen davon, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen. Durch die streitgegenständlichen Maßnahmen wurde die Straßenbeleuchtung als Teileinrichtung der … (§ 8 Abs. 3 S. 1 KAG) jedenfalls im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 1 KAG verbessert. Eine Verbesserung der Straßenbeleuchtung liegt vor, wenn durch die Ausbaumaßnahme eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht wird. Das kann durch eine Vermehrung der Zahl der Leuchten oder eine Erhöhung der Leuchtkraft der einzelnen Leuchten erfolgen. Kriterien für eine Verbesserung sind dabei Beleuchtungsstärke, Gleichmäßigkeit der Beleuchtung und Blendungsbegrenzung, wobei nicht alle Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 30. Januar 2017 – 9 A 158/15 –, juris Rn. 22 m.w.N.; Dietzel/Kallerhoff, Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 KAG NRW, 8. Aufl. 2013, Rn. 158 m.w.N.). Hier wurden die vormals bestehenden 7 Leuchten, die zum 3. Oktober 1990 erstmalig hergestellt wurden und aus Beton- und Holzmasten bestanden, welche mit Stahlrohrauslegern und verschiedenen Leuchtköpfen mit veralteten Gasentladungslampen bestückt waren, ersetzt. Die neue Beleuchtung wurde in einseitiger Anordnung mit 31 Leuchtpunkten und einem Leuchten-Abstand von 25 bis 40 Metern errichtet. Es sollen entsprechend der Planungsvorgabe [6] der Ausführungsplanung LED-Leuchtmittel mit verlängerter Lebensdauer eingesetzt werden. Ob darüber hinaus auch der Tatbestand der Erneuerung erfüllt ist, könnte mit Blick auf die übliche Nutzungszeit von ca. 30 Jahren fraglich sein, bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. August 2001 – 15 A 465/99 –, juris Rn. 28 f.).
2. Zur Bestimmung des Umfangs der straßenausbaubeitragsrechtlichen „Maßnahme“ sowie deren Beendigung, ist ein Bauprogramm unerlässliche Voraussetzung (BayVGH, Beschluss vom 10. April 2014 – 6 ZB 14.85 -, juris Rn. 7). Das Bauprogramm bedarf keiner besonderen Form. Es kann „formlos“ aufgestellt werden, sich aber auch aus Beschlüssen des Gemeinderats sowie den solchen Beschlüssen zugrunde liegenden Unterlagen ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 – 8 C 13/94 -, juris Rn. 19). Ein von den Gemeindevertretern beschlossenes Bauprogramm kann indes nicht einseitig durch die Verwaltung abgeändert werden (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Juli 2003 – 15 A 1350/03 -, juris Rn. 3).
Die Ausbaumaßnahme beruht auf mehreren, nach dem Ergebnis einer summarischen Prüfung ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschlüssen der Stadtverordnetenvertreter der Gemeinde. Wie auf S. 112 der Verwaltungsvorgänge, Beiakte II, dargestellt und mit Nachweisen untersetzt, hat die Gemeindevertretung … am 21. November 2007 mit Beschluss Nr. GV-26-07-/5-11-07 beschlossen, beginnend 2008 in einem Zeitraum von 4 Jahren die unbefestigten Straßen gemäß dem von der Gemeindevertreter noch zu beschließenden Straßenausbauprogramm für unbefestigte Straßen in … grundhaft auszubauen und soweit erforderlich, neue Straßenbeleuchtung zu errichten. Der Beschluss wurde im Amtsblatt für die Gemeinde ... vom 12. Dezember 2007 bekannt gemacht. Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Beschlussfassung waren die Gemeindeordnung für das Land Brandenburg vom 10. Oktober 2001 (GVBl. I S. 154), diese geändert durch Gesetz vom 28. Juni 2006 (GVBl. I S. 74, 86) sowie die Hauptsatzung der Gemeinde … vom 24. März 2004, diese geändert am 30. Juni 2004. Nach § 35 Abs. 1 GO ist die Gemeindevertretung für alle Angelegenheiten der Gemeinde zuständig, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 KAG in der Fassung vom 30. April 2004, diese geändert am 26. April 2005, soll die Gemeinde Beiträge gem. § 8 Abs. 2 KAG 2004 erheben. Von den 19 stimmberechtigten Mitgliedern der Gemeindevertretung waren 15 anwesend, sodass Beschlussfähigkeit gem. § 46 GO gegeben war. Mit einfacher Mehrheit von 9 Stimmen konnte der oben genannte Beschluss gefasst werden, § 47 GO.
Der Hauptausschuss stimmte am 15. Januar 2009 mit Beschluss Nr. BS/HA/01/09 dem Vergabevorschlag der Verwaltung der Gemeinde … zu, für das Projekt: „Straßenbau der 16 km unbefestigten Straßen in der Gemeinde …“ die Planungsleistungen gem. §§ 51, 68 und 57 HOAI zu vergeben. Der Bürgermeister wurde beauftragt, den Ingenieurvertrag abzuschließen. Nach summarischer Prüfung entspricht dieses Vorgehen den gesetzlichen Vorgaben nach § 44, § 27 ff. Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) vom 18. Dezember 2007 (GVBL. I, Nr. 19 S. 286) in der Fassung vom 23. September 2008 (GVBl. I, Nr. 12 S. 202, 207) in Verbindung mit § 10 Abs. 3 der Hauptsatzung ... 2004.
Ein Ausbauprogramm wurde in diesen Beschlüssen noch nicht festgelegt. Vielmehr handelt es sich um eine Absichtserklärung und erforderliche Vergabeentscheidungen zur Projektplanung ohne Festlegung des Umfangs der Ausbaumaßnahme bezüglich der Beleuchtung. Aus Sicht eines objektiven Beobachters wurde hiermit aber jedenfalls der Abbau der alten Leuchten, welcher bereits im Jahr 2008 stattfand, von den Gemeindevertretern gebilligt.
Die Gemeindevertretung legte mit Datum vom 3. Juni 2009 und Beschluss Nr. GV-21-09/3-06-09 die technischen Parameter im Sinne von Zielvorgaben für die Straßenbeleuchtung fest und beschloss einstimmig die Umsetzung der Vorgaben im Zuge des Projektes „Ausbau 16 km unbefestigte Straßen“. Wiederum entspricht die Beschlussfassung den Vorgaben der BbgKVerf vom 18. Dezember 2007 (i.d.F. vom 23. September 2008) und § 5 der Hauptsatzung der Gemeinde … vom 11. März 2009. In der Vorlage wurden nicht die genaue Position sowie die Anzahl der anzubringenden Leuchten festgelegt, sondern lediglich festgesetzt, welche Ziele mit der Beleuchtung erreicht werden sollen und welche Ausbauqualität nach dem entsprechenden technischen Regelwerk, namentlich der EN DIN 13 201, erstrebt wird.
Am 31. März 2010 haben die Gemeindevertreter darüber abgestimmt, ob an dem Beschluss aus dem Jahr 2007 (BS/GV/26/07) festgehalten wird. Hierfür sprachen sich 11 der 18 anwesenden, stimmberechtigten Mitglieder der Gemeindeversammlung aus. Die Beschlussfassung entspricht den Vorgaben der BbgKVerf vom 18. Dezember 2007 (i.d.F. vom 23. September 2008).
Für eine rechtswidrige Beeinflussung der Gemeindevertreter im Vorfeld der genannten Beschlüsse ist hinreichendes nicht erkennbar. Seitens des Antragstellers wurde diesbezüglich auch nichts weiter vorgetragen. Der Antragsteller äußert indes Bedenken gegen die Beschlussfassung am 28. September 2011, in welchem die Ausbauprogramme für den grundhaften Ausbau (Erneuerung/Verbesserung) der einzelnen Erschließungsanlagen des Projektes „Ausbau von 16 km unbefestigte Straßen“ beschlossen wurden. Der Gemeindevertretersitzung ging ein Schreiben der Gemeinde ... vom 9. September 2011 an die Gemeindevertreter voran, worin der Antragsteller eine Verletzung des § 30 Abs. 1 BbgKVerf sowie des – in § 1 Abs. 1 BbgKVerf und Art. 2 Abs. 1 der Landesverfassung des Landes Brandenburgs zum Ausdruck kommenden – Demokratieprinzips sieht. Nach § 30 Abs. 1 BbgKVerf üben die Gemeindevertreter ihr Amt nach ihrer freien, dem Gemeinwohl verpflichteten Überzeugung im Rahmen des geltenden Rechts aus und sind an Aufträge nicht gebunden. Nach dieser Vorschrift hat der Gemeindevertreter nicht nur das Recht auf freie Mandatsausübung, sondern auch die Pflicht, in seiner Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und seiner freien, nur durch die Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten, Überzeugung zu handeln (vgl. Muth, Potsdamer Kommentar, Kommunalrecht in Brandenburg, § 30 Rn. 3). Das freie Mandat der kommunalen Mandatsträger stellt ebenso wie das freie Mandat der Abgeordneten auf Bundes- und Landesebene eine Konkretisierung des Demokratieprinzips und des Grundsatzes der Gewaltenteilung dar. Es gewährleistet Grundbedingungen der repräsentativen Demokratie und der Unabhängigkeit der Legislative gegenüber der Exekutive. Ob tatsächlich eine Verletzung des § 30 Abs. 1 BbgKVerf vorliegt, stellt eine schwierige Rechtsfrage dar, deren abschließender Durchdringung es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht bedarf. Höchst vorsorglich weist das Gericht jedoch darauf hin, dass vieles dafür sprechen dürfte, in der Stellungnahme der Gemeinde vom 9. September 2011 keine Verletzung des § 30 Abs. 1 BbgKVerf zu sehen, der sich in der Folge auf die Rechtmäßigkeit bzw. Wirksamkeit des gefassten Beschlusses der Gemeindevertreter betreffend das Ausbauprogramm der verfahrensgegenständlichen Straße auswirkt. Die Ausführungen zur Bindung an die vergaberechtlich eingegangenen Vertragsbeziehungen erscheinen richtig und wurden nicht als absolut gültig formuliert. Aus dem rechtlichen Hinweis unter b) geht etwa hervor, dass eine einseitige Änderung des vertraglich vereinbarten Ausbauprogrammes nicht durchsetzbar und eine wesentliche Änderung ohne erneute Ausschreibung vergaberechtswidrig sei. Die grundsätzliche Möglichkeit den Vertrag aufzukündigen und einen neuen Vergabeprozess in die Wege zu leiten wird indes nicht in Abrede gestellt. Auch besteht die unter c) dargestellte Beitragserhebungspflicht für den Straßenbau und eine Verletzung derselben kann kommunalaufsichtliche Schritte nach sich ziehen. Zwar sind strafrechtliche Schritte nur bei Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestandes des § 266 Abs. 1 StGB zu erwarten, die generelle Möglichkeit dürfte indes bestehen. Der Grundsatz der Immunität nach Art. 46 Abs. 2 GG und Art. 58 LVBbg, nach dem Abgeordnete nur mit Zustimmung des Parlaments strafrechtlich verfolgt werden können, gilt für Gemeindevertreter nicht (Schumacher, in: Schumacher u.a., KommVerfR Brandenburg, § 37 GO S. 2). Das VG Arnsberg führt in seinem Urteil vom 14. Dezember 2016 (2 K 2373/13) betreffend die Nichterhebung von Straßenausbaubeiträgen zu den strafrechtlichen Voraussetzungen aus: „Nach § 266 Abs. 1 StGB wird, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der subjektive Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB setzt Vorsatz voraus; bedingter Vorsatz genügt.“ Insofern dürfte der rechtliche Hinweis jedenfalls nicht offensichtlich falsch sein. Darüber hinaus ist wohl entgegen dem Vorbringen des Antragstellers nicht erkennbar, dass das Schreiben die Gemeindevertreter in der Abstimmung ergebnisrelevant beeinflussen konnte. Zum einen stimmten die Gemeindevertreter noch knapp ein Jahr vorher darüber ab, an dem Vorhaben des Ausbaus festzuhalten und zum anderen ist der Umstand, dass sich zwei Gemeindevertreter enthielten und zwei gegen die Vorlage stimmten, Indiz dafür, dass den Gemeindevertretern die freie Wahl bei der Abstimmung gelassen wurde. Auch zeigen die seitens des Antragstellers dargelegten Äußerungen verschiedener Gemeindevertreter, dass diese sich ihrer Verantwortung und dem Schutz durch § 30 Abs. 1 BbgKVerf bewusst waren und sind.
Im Übrigen erfolgte die Abstimmung entsprechend den gesetzlichen Maßgaben der §§ 27 ff. der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg vom 18. Dezember 2007, diese zuletzt geändert am 27. April 2011 (GVBl. I/11, Nr. 06) sowie der Hauptsatzung vom 11. März 2009, diese zuletzt geändert am 8. Dezember 2010.
3. Beitragsrelevante „Anlage“ ist nach dem Ergebnis der gebotenen, summarischen Prüfung voraussichtlich die ... in dem Bereich zwischen der ... und der .... Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg führte in seinem Urteil vom 19. Februar 2014 (Az. 9 B 5.11) zum Anlagenbegriff im Straßenbaubeitragsrecht aus:
Der Anlagenbegriff des brandenburgischen Straßenbaubeitragsrechts ist ausbaubeitragsrechtlich zu verstehen […].Das schließt es indessen nicht aus, dass die Gemeinde in ihrer Straßenbaubeitragssatzung die räumliche Abgrenzung der Anlage nach denselben Kriterien festlegt wie im Erschließungsbeitragsrecht, d.h. nicht primär nach dem Bauprogramm, sondern nach einer natürlichen Betrachtungsweise (insoweit noch offengelassen im Beschluss des Senats vom 9. August 2007, a.a.O., Rn. 15).
(Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Februar 2014 – OVG 9 B 5.11 –, Rn. 18, juris)
In Brandenburg gilt demnach der „offene“ Anlagenbegriff, das heißt der Begriff ist „offen“ für eine nähere Definition durch den Ortsgesetzgeber in der Beitragssatzung. Mit der Formulierung „Anlagen im Bereich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze“ entschied sich die Gemeinde ... in ihrer Satzung vom 29. September 2011 gegen den Gleichlauf zum Begriff der Verkehrsanlage im Erschließungsbeitragsrecht. Während im Erschließungsbeitragsrecht bei der Bestimmung, inwieweit eine Straße oder ein Straßenzug eine einzelne Verkehrsanlage darstellt, von einer natürlichen Betrachtungsweise ausgegangen wird, kommt es vorliegend maßgeblich auf die räumliche Ausdehnung der Anlage nach dem Bauprogramm an.
Maßgebend für die Inhaltsbestimmung des Bauprogramms ist nicht allein, was ausdrücklich benannt ist, sondern was bei verständiger Würdigung in Verbindung mit den erstellten Unterlagen als Inhalt des Bauprogramms zu werten ist (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. März 1999 – 15 A 1047/99 –, juris Rn. 14; VG Aachen, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 4 K 1248/08 –, juris Rn. 56). Nach dem Bauprogramm vom 24. Mai 2011 sollen die Leuchten in einem Abstand von ca. 25 bis 40 m errichtet werden. Der Kläger führt aus, sein Grundstück sei mehr als 50 m von der nächsten Leuchte entfernt, sodass eine abweichende Bauausführung angenommen werden könne. Jedoch entspricht die tatsächliche Ausgestaltung den Markierungen der zu erstellenden Lichtpunkten in den Plänen zur Ausführungsplanung (vgl. VV BA II Bl. 97 ff.). Im Nordosten der ... beginnt hiernach die Beleuchtung mit Lichtpunkt 01 des Stromkreises 9.3. Die Anbringung von Leuchten östlich der … war demnach nicht Gegenstand der Planung. Die räumliche Beschränkung der Baumaßnahme bis zur ... geht auch aus der Markierung auf der Karte der Beschlussvorlage (BS/GV/19/11) hervor. Darüber hinaus wird die Strecke mit eine Länge von ca. 1.025,00 m in der Beschlussvorlage angegeben, was nach gerichtlichen Ermittlungen, unter Verwendung der Strecken-Messungs-Funktion des Geoportals Brandenburg Viewer, in etwa der Strecke zwischen ... und ... entspricht (ca. 1023 m). Bei Einbeziehung des nordöstlich der ... verlaufenen Teils der ... beträgt die Strecke danach ca. 1.106 m.
In der Folge wird das Grundstück des Antragstellers nicht durch die derart abgegrenzte „Anlage“ nach dem Bauprogramm erschlossen. An sein Grundstück kann nicht über die Anlage heran gefahren werden. Vielmehr erfolgt die Erschließung durch den, nach dem Bauprogramm als eigene Anlage anzusehenden, östlichen Teil der .... Das klägerische Grundstück dürfte hiernach außerhalb des Abrechnungsgebietes liegen.
4. Die Maßgeblichkeit des Bauprogramms für die räumliche Abgrenzung der Anlage unterliegt indes gewissen rechtlichen Schranken, die dazu führen können, dass die räumliche Ausdehnung über das Bauprogramm hinausgeht oder hinter diesem zurückbleibt. Diese Schranken ergeben sich aus dem dem Straßenbaubeitragsrecht zugrunde liegenden Vorteilsgedanken. Da der wirtschaftliche Vorteil ein Erschließungsvorteil ist, muss die Anlage so begrenzt werden, dass ihr erkennbar eine Erschließungsfunktion für bestimmte Grundstücke zukommt. Das setzt voraus, dass die Anlage selbst durch örtlich erkennbare Merkmale oder nach rechtlichen Gesichtspunkten abgrenzbar ist. Weitere Voraussetzung ist, dass durch die Abgrenzung der Anlage alle Grundstücke erfasst werden, denen durch die Ausbaumaßnahme annähernd gleiche wirtschaftliche Vorteile geboten werden (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Februar 2009 – 15 B 210/09 –, juris Rn. 5; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 55. EL § 8 Rn. 93).
Von einer annähernd gleichen Bevorteilung des Antragstellers kann hinsichtlich des Zwecks und der erstrebte Qualität des Ausbaus der Beleuchtung in der ... nicht die Rede sein. Insofern ist die räumliche Beschränkung der Anlage auf die … westlich der … sachgerecht. In der Anlage zum Beschluss der Gemeindevertreter BS/GV/21/09 wird dargelegt, dass eine angemessene Ausleuchtung des Straßenraumes unter Berücksichtigung vorhandener, parkender Fahrzeuge, eines normalen Verkehrsflusses von Fußgängern und Radfahrern und des normalen Kriminalitätsrisikos bezweckt ist. Mit dem Ausbau soll insbesondere auch eine Gesichtserkennung ermöglicht werden. Dies erfolgt durch Umsetzung der Beleuchtungsklasse S5. Ein derartiger Standort wird beim Grundstück des Antragstellers schon aufgrund des Abstands von der nächsten Leuchtquelle nicht erreicht wird. Es bestehen vielmehr erhebliche Zweifel daran, dass die Leuchte an der Kreuzung … und ... eine Leuchtkraft aufweist, die eine Ausleuchtung der Straße bis zum Beginn des Grundstücks des Antragstellers ermöglicht.
Des Weiteren kann infolge des Vorteilsgedankens die Anlagebegrenzung über das Bauprogramm hinausreichen, wenn von dem ausgebauten Hauptzug zufahrtsähnliche Straßenteile abzweigen, die lediglich „unselbstständige Anhängsel“ des ausgebauten Straßenzugs darstellen (Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 55. EL § 8 Rn. 93). Die Anlieger unselbständiger, funktionell abhängiger Stichstraßen eines allein ausgebauten Hauptzuges sind für diesen Ausbau beitragspflichtig. Maßgebend für die Beurteilung der Frage der Selbständigkeit eines Stichwegs ist der Gesamteindruck, der sich einem unbefangenen Beobachter nach den tatsächlichen Verhältnissen darbietet: Länge und Breite des Abzweigs, Beschaffenheit seines Ausbaus, Zahl der von ihm erschlossenen Grundstücke sowie das damit verbundene Maß der Abhängigkeit vom Hauptzug der Anlage (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Januar 2016 – 15 A 1006/14 –, juris Rn. 39). Mit Blick auf den Kreuzungsbereich mit der ... und das daran anschließende weit verzweigte Straßennetz dürfte die Abhängigkeit des östlich der ... liegenden Straßenteils von der ... im Übrigen relativ gering einzuschätzen sein.
Würde man nach Beweiserhebung im Hauptsacheverfahren zu dem Ergebnis kommen, der Bereich östlich der ... ist Teil der Gesamtanlage ..., so dürfte eine Beitragspflicht des Antragstellers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dennoch abzulehnen sein. Es würde sich insofern um einen Teilstrecken-Ausbau handeln. Die Anlieger eines nicht ausgebauten Streckenteils dürfen nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in diesen Fällen nur ausnahmsweise zu den Kosten der Gesamtanlage herangezogen werden. Dies gilt vornehmlich dann, wenn die nicht ausgebaute Teilstrecke entweder aus tatsächlichen Gründen nicht mit vertretbarem Aufwand ausgebaut werden kann, weil ihrem Ausbau Hindernisse wie etwa Altbebauung oder natürliche Hindernisse entgegenstehen, oder wenn sie mit Blick auf das Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung deshalb nicht ausgebaut werden darf, weil ihr Zustand unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Ausbaubedürfnis erkennen lässt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Februar 2014 – OVG 9 B 5.11 -, juris Rn. 20; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2009 – OVG 9 S 67.09 -, juris Rn. 8; a.A. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. August 2005 – 2 LB 38/04, juris sowie Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. September 2016 – 6 ZB 15.1979 -, juris Rn. 3). Hierfür liegen hinreichende Anhaltspunkte nicht vor.
Es kann danach offen bleiben, ob mit Blick auf die Höhe der Beitragsforderung und dem Umstand, dass dem Antragsteller gegenwärtig nur Sozialleistungen für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehen, auch der Tatbestand einer unbilligen Härte erfüllt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und entspricht einem Viertel des streitbefangenen Betrages (Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Stand 2013).