Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 24.11.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 B 9.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 3 Abs 1 GG, Art 28 Abs 1 FlüAbk, § 2a HumHiG, § 2 HumHiG, § 1 HumHiG, § 102 Abs 1 S 1 AufenthG, § 4 Abs 1 Nr 1 AufenthV, § 6 S 1 Nr 1 AufenthV, § 5 AufenthV |
Die Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion unter entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes vor In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes begründet keinen Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge nach Art. 28 GFK.
Auf die Berufung des Beklagten wird das dem Kläger und dem Beklagten am 24. September 2008 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höheleistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Kläger begehrt die Verlängerung seines Reiseausweises für Flüchtlinge, hilfsweise die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer.
Der in Kiew geborene Kläger ist jüdischer Abstammung. Am 17. Mai 1992 reiste er in Besitz eines bis zum 28. Februar 1995 gültigen Reisepasses der UdSSR in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Das Klageverfahren gegen den ablehnenden Asylbescheid setzte das Verwaltungsgericht Würzburg bis zu einer Entscheidung über die Anerkennung des Klägers als Kontingentflüchtling aus. Unter dem 1. September 1998 bescheinigte der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, dass bei dem Kläger ein Härtefall vorliege und er außerhalb des geordneten Verfahrens entsprechend dem Kontingentflüchtlingsgesetz aufgenommen werden könne. Am 16. September 1998 gaben der Kläger und seine damalige Ehefrau gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde folgende schriftliche Erklärung ab: „Uns ist bekannt, dass wir beide aufgrund der vom jüdischen Landesverband in München ausgestellten Härtefallbescheinigung außerhalb des geregelten Verfahrens in das Kontingent einbezogen werden. Auf die Vorlage eines gültigen Nationalpasses wurde zunächst verzichtet. Wir wurden jedoch vom Ausländeramt darauf hingewiesen, dass in einem späteren Einbürgerungsverfahren der Besitz eines gültigen Nationalpasses des Herkunftsstaates häufig notwendig ist, um die Entlassung aus unserer bisherigen Staatsangehörigkeit zu erreichen (…)“. Daraufhin erteilte das Landratsamt Rhön-Grabfeld dem Kläger am 29. September 1998 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis und stellte ihm einen bis zum 28. September 2000 gültigen Reiseausweis für Flüchtlinge nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) aus. Darin wurde folgender Hinweis aufgenommen: „Der Ausweisinhaber ist ausländischer Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl I S. 1057)“. Am 1. Oktober 1998 nahm der Kläger seinen Asylantrag zurück.
Der Reiseausweis für Flüchtlinge wurde auf Antrag des Klägers am 6. September 2000 durch das Landratsamt Rhön-Grabfeld um zwei Jahre verlängert. Nach dem Umzug des Klägers nach Berlin verlängerte der Beklagte mehrfach den Reiseausweis des Klägers, zuletzt am 25. Februar 2003 um zwei Jahre.
Am 24. Februar 2005 beantragte der Kläger mündlich beim Beklagten eine weitere Verlängerung seines Reiseausweises für Flüchtlinge. Mit Schreiben desselben Tages teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag abzulehnen und räumte ihm Gelegenheit zur Stellungnahme ein. Daraufhin beantragte der Kläger unter dem 14. März 2005 die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer, der dem ungültig gewordenen Reiseausweis voll entspreche.
Den Antrag vom 24. Februar 2005 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 2005 ab und führte zur Begründung aus: Die Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion sei bislang entsprechend den Vorschriften des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (im Folgenden: Kontingentflüchtlingsgesetz) erfolgt. Mit dem In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes sei das Kontingentflüchtlingsgesetz außer Kraft getreten und könne daher auch nicht mehr analog angewendet werden. Daher könne auch kein Reiseausweis für Flüchtlinge mehr ausgestellt werden. Die Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV) komme ebenfalls nicht in Betracht, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass seine zuständige Heimatvertretung ihm die Ausstellung eines Passes oder Passersatzes verweigert habe.
Den gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2005 eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2005 zurück.
Mit seiner am 23. Januar 2006 vor dem Verwaltungsgericht erhobenen Klage hat der Kläger zunächst nur den Antrag auf Verlängerung seines Reiseausweises für Flüchtlinge weiter verfolgt. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 25. Januar 2007 hat er unter Übersendung des ausgefüllten Formulars „Antrag über Besitz oder Nichtbesitz der ukrainischen Staatsangehörigkeit“ bei der Botschaft der Ukraine die Überprüfung seiner Staatsangehörigkeit beantragt. Der Antrag ist bislang nicht durch die Botschaft beschieden worden. Am 12. Februar 2007 hat der Beklagte dem Kläger eine Niederlassungserlaubnis gemäß § 23 Abs. 2 AufenthG erteilt. Am 12. September 2007 ist ihm auf seinen Antrag einen Ausweisersatz gemäß § 48 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 55 AufenthV ausgestellt worden. In der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2008 hat der Kläger seinen Antrag um einen Hilfsantrag erweitert, mit dem er die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer begehrt.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage im Hauptantrag stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf Verlängerung seines internationalen Reiseausweises für Flüchtlinge aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Vertrauensschutz. Der Beklagte habe bis zum In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes jüdischen Zuwanderern aus der ehemaligen UdSSR regelmäßig einen internationalen Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt und verlängert und damit eine ständige Verwaltungspraxis begründet. Dieser Personengruppe sei eine Rechtsstellung eingeräumt worden, die an die Rechtsstellung der Kontingentflüchtlinge angelehnt gewesen sei. Hieraus folge auch die passrechtliche Sondersituation, die mit einer entsprechenden Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes und von Art. 28 GFK die Ausstellung von Reiseausweisen für Flüchtlinge ermöglicht habe. Beim Kläger sei durch die in Bayern und Berlin ausgeübte Praxis der Verlängerung seines internationalen Reiseausweises schutzwürdiges Vertrauen dahingehend entstanden, dass er dauerhaft von Bemühungen um einen Nationalpass freigestellt sei. Er habe im Hinblick auf die ihm eingeräumte aufenthaltsrechtliche Sonderstellung seinen Asylantrag zurückgezogen und auch davon abgesehen, seinen Meldepflichten gegenüber der ukrainischen Botschaft nachzukommen. Von der geübten Verwaltungspraxis habe der Beklagte nicht ohne sachlichen Grund abweichen dürfen. Allein die Aufhebung des Kontingentflüchtlingsgesetzes und die Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage im Aufenthaltsgesetz für die künftige Aufnahme jüdischer Emigranten rechtfertigten nicht die Änderung der Verwaltungspraxis. Es sei nicht anzunehmen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die vor dem In-Kraft-Treten der Neuregelung in Deutschland lebenden Emigranten allein nach den neuen aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen behandelt werden sollten. Vielmehr habe der Gesetzgeber durch die generalklauselartige Formulierung des § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zum Ausdruck gebracht, dass der bisherige besondere ausländerrechtliche Status der jüdischen Zuwanderer unangetastet bleiben solle.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner vom Senat zugelassen Berufung, zu deren Begründung er vorträgt: Ein Anspruch auf Erteilung eines Reiseausweises für Flüchtlinge aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung komme nicht in Betracht. Die bis zum In-Kraft-Treten des Aufenthaltsgesetzes geübte Verwaltungspraxis, jüdischen Emigranten Reiseausweise für Flüchtlinge auszustellen, sei weder rechtmäßig noch sachgerecht gewesen. Nach der bis zum 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage hätten jüdische Emigranten keinen Anspruch auf Ausstellung eines internationalen Reiseausweises gehabt. Ein unmittelbarer Anspruch aus Art. 28 GFK sei nicht gegeben gewesen, weil jüdische Emigranten keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention seien. Ein Anspruch nach § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz i.V.m. Art. 28 GFK habe ebenfalls nicht bestanden, weil die jüdischen Emigranten nicht nach § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz aufgenommen worden seien. Vor diesem Hintergrund sei es nicht zu beanstanden, dass sich mit In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes die Verwaltungspraxis dahingehend geändert hat, jüdischen Zuwanderern keine Reiseausweise für Flüchtlinge mehr auszustellen oder zu verlängern, sondern diesen einen Reiseausweis für Ausländer auszustellen, sofern die Erteilungsvoraussetzungen der §§ 5 ff. AufenthV vorliegen. Es sei grundsätzlich zulässig, eine durch Verwaltungsvorschriften vorgegebene oder rein tatsächliche Verwaltungsübung jederzeit aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft zu ändern, auch wenn die Betroffenen hierdurch gegenüber der bisherigen Praxis schlechter gestellt würden. Der Kläger habe auch nicht in schützenswerter Weise darauf vertrauen dürfen, dass ihm in Zukunft immer ein internationaler Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt werden würde. Insbesondere folge aus seiner am 16. September 1998 vor der Ausländerbehörde Rhön-Grabfeld abgegebenen Erklärung nicht, dass von ihm in Zukunft unter keinen Umständen die Vorlage eines Nationalpasses gefordert werden könne. Auch der Hilfsantrag müsse ohne Erfolg bleiben. Der Kläger habe bisher keine geeigneten Passbeschaffungsbemühungen nachgewiesen. Nach Auskunft der ukrainischen Botschaft erhielten ukrainische Staatsangehörige mit einer Niederlassungserlaubnis und einem Wohnsitz in Berlin einen Pass in der Botschaft ausgestellt, wenn eine Registrierung in der Botschaft vorhanden sei. Sei dies nicht der Fall, so gelte seit dem 1. September 2005 folgendes Verfahren: Der Betroffene könne in der ukrainischen Botschaft einen Antrag auf Überprüfung der ukrainischen Staatsangehörigkeit stellen. Das Ergebnis werde immer schriftlich mitgeteilt. Liege eine Bestätigung der ukrainischen Staatsangehörigkeit vor, müssten drei weitere Anträge zur Überprüfung der Wohnsitznahme im Ausland, auf Registrierung in der Botschaft und Ausstellung eines Reisepasses gestellt werden. Bei vollständigen Anträgen könne ein ukrainischer Reisepass durch die Botschaft ausgestellt werden. Der Kläger verfüge über alle wesentlichen Urkunden, die zur Beantragung des Nationalpasses erforderlich seien, etwa seine Geburtsurkunde, seine Heiratsurkunde und seinen ungültigen Nationalpass. Nach Auskunft der ukrainischen Botschaft sei der Antrag des Klägers auf Überprüfung der ukrainischen Staatsangehörigkeit unbearbeitet geblieben, weil es an einem Identitätsnachweis in Kopie und einem Nachweis über die Begleichung der Konsulargebühren gefehlt habe. Außerdem habe der Kläger bislang nicht von der ihm bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht deutlich gemachten Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit einem Mitarbeiter der Clearingstelle bei der ukrainischen Botschaft vorzusprechen.
Der Beklagte beantragt,
das dem Kläger und dem Beklagten am 24. September 2008 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus: Jedenfalls stehe ihm der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer zu. Er habe alle zumutbaren Schritte für eine Passbeschaffung unternommen. Die ukrainische Botschaft habe von ihm bei seiner Vorsprache im Jahr 2007 verlangt, persönlich in Kiew die Zustimmung zur unbefristeten Ausreise zu beantragen, da sonst eine Registrierung bei der ukrainischen Botschaft nicht möglich sei. Er sei sich sicher, dass er diese Erlaubnis in Kiew nicht erlangen könne, weil er im Zeitpunkt seiner Ausreise wegen seiner Zugehörigkeit zur militärischen Reserve einem Ausreiseverbot unterlegen habe. Außerdem komme für ihn eine Reise in die Ukraine nicht in Frage, weil ihm dort wegen gesetzwidrigen Verlassens des Landes eine Haftstrafe drohe.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Gerichtsakten verwiesen.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klage hat weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
1. Der Hauptantrag bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm bei sachgerechter Auslegung seines Klageantrages (§ 88 VwGO) begehrte Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge. Der Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2005 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge.
a) Ein Anspruch folgt nicht aus Art. 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -, BGBl 1953 II S. 560/BGBl 1954 II S. 619). Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK werden die vertragschließenden Staaten den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Gebiet aufhalten, Reiseausweise ausstellen, die ihnen Reisen außerhalb dieses Gebietes gestatten, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Nach Satz 2 können die vertragschließenden Staaten einen solchen Reiseausweis jedem anderen Flüchtling ausstellen, der sich in ihrem Gebiet befindet; sie werden ihre Aufmerksamkeit besonders jenen Flüchtlingen zuwenden, die sich in ihrem Gebiet befinden und nicht in der Lage sind, einen Reiseausweis von dem Staat zu erhalten, in dem sie ihren rechtmäßigen Aufenthalt haben.
Zwar ist Art. 28 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention, der die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG durch Bundesgesetz zugestimmt hat, innerstaatlich unmittelbar anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2005 - 1 C 36.04 -, juris Rn. 12). Jedoch ist der Kläger nicht Flüchtling im Sinne von Art. 28 Abs. 1 GFK. Ein Anspruch auf Ausstellung eines internationalen Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK bzw. ein Anspruch auf Neubescheidung nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GFK setzt voraus, dass der Betreffende Flüchtling ist und dieser Status durch einen Formalakt festgestellt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1992 - 1 C 21.87 -, juris Rn. 14). Da der Kläger weder als Asylberechtigter gemäß Art. 16a GG i.V.m. § 2 Abs. 1 AsylVfG anerkannt noch ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. § 51 Abs. 2 Satz 2 AuslG i.V.m. § 3 Abs. 1 AsylVfG zuerkannt worden ist, erfüllt er diese Voraussetzungen nicht.
b) Ein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge folgt auch nicht aus § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz (in unmittelbarer Anwendung) i.V.m. Art. 28 Abs. 1 GFK. Nach § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz genießt ein Ausländer, der im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen der Bundesrepublik Deutschland auf Grund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks oder auf Grund einer Übernahmeerklärung nach § 33 Abs. 1 des Ausländergesetzes im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufgenommen worden ist, die Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 GFK. Dahinstehen kann, ob die Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes als Anspruchsgrundlage schon deshalb ausscheidet, weil § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz durch Artikel 15 Absatz 3 Nr. 3 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) zum 1. Januar 2005 außer Kraft gesetzt worden ist, oder ob die noch unter der Geltung des Gesetzes erworbene Rechtsstellung als Kontingentflüchtling als eine „vor dem 1. Januar 2005 getroffene sonstige aufenthaltsrechtliche Maßnahme“ gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch über den 1. Januar 2005 fortbesteht (so: VG Hannover, Urteil vom 11. Juni 2010 - 12 A 3137/09 -, juris Rn. 19). Denn der Kläger hat die Rechtsstellung eines Kontingentflüchtlings nicht vor dem 1. Januar 2005 erworben. Diese Rechtsstellung entstand ausschließlich kraft Gesetzes, da es insoweit ein Anerkennungs- oder Feststellungsverfahren nicht gab (vgl. OVG Rheinland-Pfalz vom 26. November 1999 - 11 A 11523/99 -, juris Rn. 6; OVG Meckl.-Vorp., Urteil vom 15. September 2004 - 1 L 107/02 -, juris Rn. 77; Bay. VGH, Beschluss vom 7. August 2008 - 19 B 07.1777 -, juris Rn. 30). Demgemäß kommt der amtlichen Bescheinigung, die gemäß § 2 Kontingentflüchtlingsgesetz der "Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1" zum Nachweis seiner Rechtsstellung erhält, nur deklaratorische Bedeutung zu (vgl. Beschluss des Senats vom 29. März 2010 - OVG 2 S 5.10 -, BA S. 3; OVG Rheinland-Pfalz a.a.O.). Die in seinen Reiseausweis für Flüchtlinge aufgenommene Bescheinigung, dass der Ausweisinhaber Flüchtling im Sinne von § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz sei, konnte deshalb beim Kläger die Rechtsstellung eines Kontingentflüchtlings nicht begründen. Er erwarb diese auch nicht kraft Gesetzes durch eine Aufnahme nach § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz.
Voraussetzung hierfür war, dass die Aufnahme aufgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks oder auf Grund einer Übernahmeerklärung nach § 33 AuslG erfolgt ist. Beides ist hier nicht der Fall. Der Kläger ist ohne Visum in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hat zunächst einen Asylantrag gestellt. Erst in Deutschland hat er einen Aufenthaltstitel als jüdischer Zuwanderer außerhalb des geordneten Verfahrens beantragt. Da er somit jedenfalls ohne eine vorangegangene Übernahmezusage nach Deutschland eingereist ist, fehlte es hier auch dann an einer Aufnahme aufgrund einer Übernahmeerklärung, wenn man die Entscheidung, Juden aus der ehemaligen Sowjetunion in einem geregelten Verfahren aufzunehmen, als Übernahmeerklärung im Sinne des § 33 Abs. 1 AuslG ansehen wollte. Denn eine Übernahme nach § 33 Abs. 1 AuslG musste zwingend vor der Einreise erklärt werden (vgl. m.w.N. VG Hannover, a.a.O., Rn. 21).
c) Der Kläger kann einen Anspruch auf Ausstellung eines internationalen Reiseausweises für Flüchtlinge auch nicht aus einer Rechtsstellung sui generis herleiten, die ihm durch seine Aufnahme als jüdischer Zuwanderer aus der früheren Sowjetunion verliehen worden ist.
Zwar erwarben nach einer in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Ansicht die vor In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes auf der Grundlage des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991 in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetzes aufgenommenen jüdischen Emigranten eine Rechtsstellung sui generis, die durch das In-Kraft-Treten des Aufenthaltsgesetzes nicht beseitigt wurde (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13. Juli 2011 - 11 S 1412/10 -, juris Rn. 36 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 19 BV 11.1068 -, juris Rn. 16; wohl auch: Hess. VGH, Urteil vom 29. August 2011 - 3 A 210/11 -, juris Rn. 23). Dies wird wie folgt begründet: Die Aufnahme der jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion sei aus einer einmaligen historischen Situation heraus erfolgt. Mit der in dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991 ohne zahlenmäßige und zeitliche Begrenzung festgelegten Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion unter entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes habe die Verantwortung Deutschlands für das gegenüber Juden begangene Unrecht dokumentiert und ein Beitrag zur „Wiedergutmachung“ geleistet werden sollen. Vor allem aber habe die Aufnahme den Zweck verfolgt, die wenigen, überalterten jüdischen Gemeinden Deutschlands zu erhalten und zu stärken. Aufgrund der zu erwartenden hohen Anzahl jüdischer Zuwanderer aus dem Osten habe politischer Konsens darüber bestanden, dass ein geordnetes Einreiseverfahren und gleiches Recht für alle zu schaffen seien. Mit der bewusst gewählten entsprechenden Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes sei nicht nur der Zweck verfolgt worden, die finanziellen Lasten der Aufnahme zwischen Bund und Ländern zu verteilen, sondern auch die Intention, den jüdischen Zuwanderern und ihren Familienangehörigen unmittelbar nach der Einreise durch die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis einen gesicherten und auf Dauer angelegten aufenthaltsrechtlichen Status zu vermitteln und sie in den Genuss staatlicher Eingliederungshilfen kommen zu lassen. Allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hätte nach damaligem Recht nicht ausgereicht, um die seinerzeit gewünschten Folgen für die jüdischen Zuwanderer herbeizuführen. Nach der maßgeblichen Verwaltungspraxis hätten die jüdischen Zuwanderer, die nach Durchführung des so genannten geregelten Aufnahmeverfahrens in das Bundesgebiet eingereist seien, vielmehr eine besondere Rechtsstellung in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes erhalten. Diese habe dem Umstand Rechnung getragen, dass jüdische Emigranten nicht um eines Verfolgungs- oder Flüchtlingsschicksals willen aufgenommen worden seien und man auch nicht ein Fortbestehen ihrer Verbindung zum Herkunftsstaat habe in Frage stellen wollen. Denn dieser Personenkreis habe seine Reisepässe behalten, im Herkunftsstaat erneuern und auch weiter dorthin reisen dürfen (vgl. zu allem: VGH Bad.-Württ., a.a.O., Rn. 26 ff. und 36 ff.). Mit dem In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 sei diese Rechtsstellung auch nicht wieder entzogen worden (vgl. mit unterschiedlichen Begründungsansätzen: VGH Bad.-Württ., a.a.O., Rn. 49; Bay. VGH Beschluss vom 7. August 2008 - 19 B 07.1777 -, juris Rn. 62 ff.).
Hierauf lässt sich das Klagebegehren jedoch nicht stützen. Dabei
kann offen bleiben, ob der Auffassung zu folgen ist, dass mit der
faktischen Aufnahme der jüdischen Zuwanderer aus der ehemaligen
Sowjetunion eine Rechtsstellung sui generis begründet wurde,
obgleich es an einer gesetzlichen Grundlage fehlte, sowie ob es im
Falle des Klägers an dem für die Begründung der Rechtsstellung
erforderlichen Verwaltungsakt fehlt, weil seine Aufnahme nicht im
so genannten geregelten Aufnahmeverfahren auf Grundlage einer vor
der Einreise erteilten Aufnahmezusage des Bundesverwaltungsamts
erfolgt ist (vgl. zur Verwaltungsaktqualität der Aufnahmezusage:
VGH Bad.-Württ., a.a.O., Rn. 45 ff.). Denn nach Auffassung des
Senats umfasste diese Rechtsstellung jedenfalls nicht auch das
Recht der jüdischen Zuwanderer auf Ausstellung von Internationalen
Reiseausweisen für Flüchtlinge. Die entsprechende Anwendung des
Kontingentflüchtlingsgesetzes sollte dem Umstand Rechnung tragen,
dass die jüdischen Zuwanderer nicht wegen eines Verfolgungs- oder
Flüchtlingsschicksals aufgenommen wurden. Ihnen sollten auch
weiterhin Reisen in ihr Herkunftsland möglich sein. Deshalb
entsprach es allgemeiner Auffassung, dass auf diesen Personenkreis
§ 2a Abs. 1 Nr. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz, wonach die
Rechtsstellung nach § 1 erlosch, wenn der Ausländer sich freiwillig
oder durch Annahme oder Erneuerung eines Nationalpasses erneut
seinem Herkunftsstaat unterstellte, keine Anwendung finden sollte,
weil diese Vorschrift eine tatsächliche Verfolgung im
Herkunftsstaat voraussetzte (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 30.
August 2011 - 19 BV 11.1068 -, juris Rn. 17;
Hochreuter, NVwZ 2000, 1376, 1380 f.; HK-AuslR/Fränkel, § 103
AufenthG Rn. 3). Da die jüdischen Zuwanderer somit die Pässe ihrer
Herkunftsstaaten behalten durften und verlängern konnten und dabei
auch nicht den Verlust der ihnen in der Bundesrepublik Deutschland
eingeräumten Rechte befürchten mussten, war die Ausstellung von
Reiseausweisen für Flüchtlinge für diesen Personenkreis nicht
geboten. Denn der Konventions-Reiseausweis soll den
Konventionsflüchtlingen das Reisen außerhalb des Staates
ermöglichen, in dem sie sich rechtmäßig aufhalten, und ersetzt
damit in weitem Umfang den - einem Flüchtling im Sinne der Genfer
Flüchtlingskonvention nicht zugänglichen - nationalen Reisepass
(vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2004 - 1 C 1.03 -, juris Rn. 24).
Für den Personenkreis der jüdischen Zuwanderer aus der ehemaligen
Sowjetunion genügte es indessen, wenn im Einzelfall, sofern der
Betroffene einen Nationalpass nicht besaß und diesen auch nicht in
zumutbarer Weise erlangen konnte, ein Reiseausweis für Ausländer
unter den Voraussetzungen von § 15 DVAuslG ausgestellt wurde.
Darüber hinaus sollte nach dem Willen der Bundesregierung die
Ausstellung von Reiseausweisen für Flüchtlinge auch deshalb
unterbleiben, weil außenpolitische Irritationen zu Israel sowie den
Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion vermieden werden
sollten. Dieser Gedanke kommt in dem Rundschreiben des
Bundesministeriums des Innern an die Innenminister der Länder vom
10. August 1993 (Az.: A 2 - 125 341 - ISR/1) zum Ausdruck, in dem
es heißt:
„Nach Auffassung des Auswärtigen Amtes ist es aus außenpolitischen Gründen weiterhin zwingend geboten, von der Ausstellung von Reiseausweisen für Flüchtlinge nach der Genfer Konvention an die aus der ehemaligen Sowjetunion aufgenommenen Juden abzusehen. Durch die Ausstellung von Reiseausweisen würde dieser Personenkreis als politisch Verfolgte gekennzeichnet. Eine Verfolgung von Juden in der ehemaligen Sowjetunion von staatlicher Seite liegt jedoch nicht vor. Zudem fände die Aufnahme jüdischer Emigranten auch nicht deswegen statt. Die deutsche Verwaltungspraxis müsse dem Rechnung tragen, um außenpolitische Irritationen zu vermeiden. Dies gelte für Juden aus allen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Ich wiederhole daher nochmals meine mehrfach geäußerte Bitte, den aufgenommenen jüdischen Emigranten keine Reiseausweise nach Art. 28 der Genfer Konvention, sondern Reisedokumente nach § 15 DVAuslG auszustellen, soweit sie nicht im Besitz eines für alle Staaten gültigen Reisepasses der ehemaligen Sowjetunion oder eines der Nachfolgestaaten sind. Zu den an mich herangetragenen Fragen bezüglich der Rechtsstellung der aufgenommenen Juden aus der ehemaligen Sowjetunion bemerke ich: Nach dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991 findet das Kontingentflüchtlingsgesetz ausdrücklich nur entsprechende Anwendung. Maßgeblich hierfür war vor allem, dass nur bei einer Aufnahme nach diesem Gesetz eine finanzielle Beteiligung des Bundes an den erforderlichen Eingliederungsmaßnahmen vorgesehen ist, und dass es für Aufnahmen ein Verteilungsverfahren auf die Länder gibt. Dies bedeutet allerdings, dass die Juden aus der ehemaligen Sowjetunion den unmittelbar nach dem Kontingentflüchtlingsgesetz aufgenommenen Flüchtlingen gleichgestellt werden und denselben Rechtsstatus erhalten, d. h. ihnen stehen die sich aus den Artikeln 2 bis 24 der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Vergünstigungen zu (z. B. unbefristete Aufenthaltserlaubnis, Eingliederungshilfen, Zugang zum Arbeitsmarkt). Ihnen kann zum Nachweis ihrer Rechtsstellung daher auch eine Bescheinigung nach § 2 Kontingentflüchtlingsgesetz erteilt werden. Infolge der nur entsprechenden Anwendung bleibt jedoch die Möglichkeit erhalten, den vom unmittelbaren Anwendungsfall dieses Gesetzes abweichenden Besonderheiten Rechnung zu tragen und die Regelungen über die Kontingentaufnahme mit den aus sachlichen Gründen gebotenen Maßgaben anzuwenden, beispielsweise auch auf die vorgesehene Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge nach Art. 28 Genfer Konvention zu verzichten. (…)“:
Der Senat folgt nicht der vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 29. August 2011, a.a.O., Rn. 25) vertretenen Auffassung, dass es bei der enthaltenen Passage „ihnen stehen die sich aus den Artikeln 2 bis 24 der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Vergünstigungen zu (z. B. unbefristete Aufenthaltserlaubnis, Eingliederungshilfen, Zugang zum Arbeitsmarkt)“ um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt und tatsächlich Art. 2 bis 34 gemeint seien (wie hier: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13. Juli 2011, a.a.O., Rn. 40) . Denn die Heranziehung der unter Artikel 25 bis 34 GFK genannten Bestimmungen, wie insbesondere diejenige zum Reiseausweis nach Art. 28 GFK oder zur Verwaltungshilfe nach Art. 25 Abs. 2 GFK, hätte aufgrund des jeweiligen Regelungsinhalts nur dann einen Sinn gehabt, wenn die aufgenommenen jüdischen Zuwanderer Verfolgte oder jedenfalls Flüchtlinge gewesen wären. Aus dem zitierten Rundschreiben ergibt sich somit eindeutig, dass nach dem Willen der Bundesregierung die mit der Aufnahme unter entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes eingeräumte Rechtsstellung nicht auch einen Anspruch auf Ausstellung von Internationalen Flüchtlingsausweisen umfassen sollte.
Eine andere Bewertung ist nicht deshalb geboten, weil der Beklagte der in dem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 10. August 1993 geäußerten Aufforderung, keine Reiseausweise nach Art. 28 GFK auszustellen, nicht nachgekommen ist. In Berlin wurden vor In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes jüdischen Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion immer dann Reiseausweise für Flüchtlinge ausstellt, wenn die Betroffenen dies beantragten und der Heimatpass abgelaufen war (vgl. Verfahrenshinweise der Ausländerbehörde Berlin, Stand: 10. Mai 2001, E.Israel 1 Buchst. a). Diese allein im Land Berlin und zwei weiteren Bundesländern geübte Verwaltungspraxis führt nicht dazu, dass der Umfang der Rechtsstellung sui generis in diesen Bundesländern anders zu beurteilen wäre. Denn die Aufnahme erfolgte aufgrund eines politischen Konsenses zwischen Bund und Ländern, die jüdischen Emigranten bundesweit in einem einheitlichen Verfahren aufzunehmen und ihnen die gleiche Rechtsstellung zu verleihen. Die in einzelnen Bundesländern ausgeübte von dem Konsens nicht gedeckte „überschießende“ Praxis der Ausstellung von internationalen Flüchtlingsausweisen vermag deshalb den Umfang der bundeseinheitlich gewollten Rechtswirkungen der Aufnahme nicht zu beeinflussen.
d) Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung besteht schließlich kein Anspruch des Klägers aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und dem Grundsatz des Vertrauensschutzes. Zwar wurden im Land Berlin vor In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes den unter entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes aufgenommenen jüdischen Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in ständiger Verwaltungspraxis internationale Reiseausweise für Flüchtlinge ausgestellt, sofern diese keinen gültigen Pass ihres Heimatlandes besaßen. Diese Verwaltungspraxis hat der Beklagte jedoch mit In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes geändert. Seitdem wird auch bei jüdischen Zuwanderern, denen bisher ein Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt worden ist, dieser Ausweis nicht verlängert oder neu ausgestellt. Die Betroffenen werden nunmehr darauf verwiesen, einen Reiseausweis für Ausländer zu beantragen, welcher ihnen erteilt wird, wenn die Voraussetzungen der §§ 5 ff. AufenthV vorliegen (vgl. Verfahrenshinweise der Ausländerbehörde Berlin, Stand: 20. Juli 2005, E.Israel 1 Ziffer 1.). Bei dieser Sachlage besteht kein Anspruch des Klägers auf Fortführung der bis zum In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes geübten Verwaltungspraxis.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zwar anerkannt, dass Verwaltungsvorschriften über die ihnen zunächst nur innewohnende interne Bindung hinaus vermittels sowohl des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als auch des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Art. 20 und Art. 28 GG) eine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger zu begründen vermögen (vgl. m.w.N. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 - 3 C 6.95 -, BVerwGE 104, 220, 223). Dabei ist Voraussetzung einer Selbstbindung angesichts der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG), dass die Verwaltungspraxis der Rechtsordnung entsprechen muss. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 3 C 49.02 -, juris Rn. 12). Bei Anwendung dieser Grundsätze kann hier offen bleiben, ob die Praxis der Ausstellung von Reiseausweisen von Flüchtlingen für jüdische Zuwanderer rechtswidrig war, weil es aufgrund des mit der Ausstellung von Pässen verbundenen Eingriffs in die Personalhoheit des Herkunftsstaates hierfür einer gesetzlichen Grundlage bedurft hätte (so: VG Hannover, Urteil vom 11. Juni 2010, a.a.O., Rn. 32), und bereits deshalb für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum eine anspruchsbegründende Außenwirkung nicht eintreten konnte. Denn jedenfalls durfte der Beklagte seine Verwaltungspraxis mit In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes ändern. Der Verwaltung bleibt es grundsätzlich unbenommen, von einer in der Vergangenheit geübten Praxis zugunsten einer neuen gleichmäßigen Ermessenshandhabung abzugehen (vgl. Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, § 10 V 3 Rn. 65; Starck in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1, Rn. 273). Für die Änderung der Verwaltungspraxis müssen allerdings sachliche Gründe vorliegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. April 1997, a.a.O. und vom 5. November 1998 - 2 A 3.98 -, juris Rn. 12). Dies war hier der Fall. Als Gründe für die Aufgabe seiner früheren Praxis führt der Beklagte u.a. an, dass die bisherige Praxis nicht sachgerecht gewesen sei. Da die jüdischen Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion ein Verfolgungs- oder Flüchtlingsschicksal nicht erlitten hätten und ohne Angst vor staatlicher oder staatlich geduldeter Verfolgung ihre Herkunftsstaaten bereisen und bei staatlichen Behörden Anträge stellen und Dokumente erlangen könnten, sei für sie die Ausstellung von Flüchtlingsausweisen nicht geboten. Diese Gründe für die Änderung der Verwaltungspraxis sind nicht zu beanstanden. Es besteht somit kein über Art. 3 Abs. 1 GG vermittelter Anspruch des Klägers auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge.
Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht das verfassungsrechtlich verbürgte Gebot des Vertrauensschutzes. Die Tatsache allein, dass dem Kläger über einen Zeitraum von insgesamt mehr als sechs Jahren hinweg ein Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt bzw. verlängert worden ist, konnte bei ihm kein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen, dass diese Praxis auch in der Zukunft weitergeführt werde. Die dem Kläger jeweils ausgestellten Reiseausweise waren - den Vorgaben von Paragraf 5 des Anhangs zur Genfer Flüchtlingskonvention folgend - in ihrer Geltungsdauer jeweils auf maximal zwei Jahre beschränkt. Der Kläger konnte daher nicht annehmen, dass der Reiseausweis auch nach Ablauf seiner Geltungsdauer ohne erneute Prüfung der Sach- und Rechtslage verlängert werden würde. Sollte ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers darauf anzuerkennen sein, dass es ihm aufgrund seiner Aufnahme als jüdischer Zuwanderer entsprechend des Kontingentflüchtlingsgesetzes auch in Zukunft möglich sein müsse, in der Bundesrepublik Deutschland ein Ausweisdokument zu erlangen, mit dem er Auslandsreisen unternehmen kann, so würde diesem Vertrauen auch mit der geänderten Verwaltungspraxis Rechnung getragen. Denn mit der Aufgabe der Praxis, Reiseausweise für Flüchtlinge auszustellen, entfällt für den Kläger nicht jede Möglichkeit, in der Bundesrepublik Deutschland einen Reiseausweis zu erlangen. Er hat, da er keinen Nationalpass besitzt, unter der weiteren Voraussetzung, dass er einen Nationalpass auch nicht zumutbar erlangen kann, gemäß § 5 Abs. 1 AufenthV jedenfalls Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer, im Falle der Ermessensreduzierung einen Anspruch auf Ausstellung eines solchen. Das vom Kläger darüber hinaus geltend gemachte Vertrauen darauf, dass er sich nach seiner Aufnahme als jüdischer Zuwanderer niemals um einen nationalen Pass bei der ukrainischen Botschaft werde bemühen müssen, ist nicht schutzwürdig. Aus der dem Kläger durch das Landratsamt Rhön-Grabfeld zur Unterzeichnung vorgelegten Erklärung vom 16. September 1998 folgt nicht, dass er davon ausgehen durfte, dass er zu keinen Zeitpunkt in der Zukunft einen nationalen Pass werde beschaffen müssen. Darin wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit seiner Aufnahme als jüdischer Zuwanderer außerhalb des geregelten Verfahrens zunächst auf die Vorlage eines gültigen Nationalpasses verzichtet wurde. Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass die Vorlage eines Nationalpasses eigentlich erforderlich gewesen wäre und möglicherweise noch in der Zukunft gefordert werden kann. Lediglich beispielhaft wird in der Erklärung angeführt, dass im Falle eines späteren Einbürgerungsverfahrens der Besitz eines gültigen Nationalpasses des Herkunftsstaates häufig notwendig sei. Auch in der Rücknahme des Asylantrages im Hinblick auf die ihm eingeräumte Rechtsstellung liegt keine Ausübung eines schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass auch nach Ablauf der Geltungsdauer des Reiseausweises für Flüchtlinge dieser stets verlängert werden würde. Zum einen ist anzunehmen, dass der Kläger in erster Linie im Hinblick auf das ihm gewährte unbefristete Aufenthaltsrecht seinen Asylantrag zurückgenommen hat. Außerdem wäre jedenfalls ein Vertrauen auf die Wiederholung der Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auch nach Ablauf der Geltungsdauer – wie dargelegt – nicht schutzwürdig.
2. Die Klage hat mit dem Hilfsantrag ebenfalls keinen Erfolg. Dieser ist nach § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass der Kläger unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer, hilfsweise eine Neubescheidung seines Antrages auf Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer begehrt.
a) Die Verpflichtungsklage ist zwar auch insoweit zulässig. Die in der erstmaligen Stellung eines Hilfsantrages in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht liegende Klageänderung ist zulässig, denn der Beklagte hat sich auf die geänderte Klage eingelassen (§ 91 Abs. 2 VwGO). Der Kläger hat einen Antrag beim Beklagten gestellt und das erforderliche Vorverfahren (§ 68 VwGO) durchgeführt. Mit Schreiben vom 15. März 2005 beantragte der Kläger ausdrücklich und über seinen Antrag vom 24. Februar 2005 hinausgehend die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer. Diesen Antrag hat der Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 2005 beschieden. Zwar wird in dem Tenor des Bescheides nur der Antrag des Klägers „vom 24. Februar 2005 auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf Grund des Art. 28“ genannt. Jedoch ergibt sich bei sachgerechter Auslegung des Bescheides, in dessen Begründung ausgeführt wird, dass auch eine Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AufenthV) nicht in Betracht komme, dass damit auch der unter dem 15. März 2005 gestellte Antrag beschieden werden sollte. Auch insoweit hat der Kläger mit Schreiben vom 28. Oktober 2005 Widerspruch erhoben, der mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2005 zurückgewiesen wurde.
b) Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer noch auf Neubescheidung seines Antrages. Der Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2005 ist daher auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
Die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge richtet sich nach §§ 5 Abs. 1, 6 AufenthV. Zwar besitzt der Kläger eine Niederlassungserlaubnis, so dass für ihn grundsätzlich nach § 6 Satz 1 Nr. 1 AufenthV ein Reiseausweis für Ausländer im Inland ausgestellt werden darf. Jedoch sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 AufenthV nicht erfüllt.
Nach § 5 Abs. 1 AufenthV kann einem Ausländer, der nachweislich keinen Pass oder Passersatz besitzt und ihn nicht auf zumutbarere Weise erlangen kann, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen ein Reiseausweis für Ausländer ausgestellt werden. Absatz 2 der Bestimmung enthält Regelbeispiele dazu, was als zumutbar im Sinne des Absatzes 1 gilt. So ist etwa in der den Bestimmungen des deutschen Passrechts entsprechenden Weise an der Ausstellung oder Verlängerung des Passes oder Passersatzes mitzuwirken und die Behandlung des Antrages durch die Behörden des Herkunftsstaates nach dem Recht des Herkunftsstaates zu dulden, sofern dies nicht zu einer unzumutbaren Härte führt (Nr. 2). Ferner sind für die behördlichen Maßnahmen die vom Herkunftsstaat allgemein festgelegten Gebühren zu zahlen (Nr. 4).
Welche konkreten Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen sind, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls aufgrund einer Gesamtbetrachtung aller Umstände (vgl. zum Begriff der Unzumutbarkeit in § 5 Abs. 2 Nr. 3 AufenthV: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2011 – 1 B 1.11 -, juris Rn. 6). Bei dieser Gesamtbetrachtung sind vorliegend zu Gunsten des Klägers die besondere Schwierigkeiten bei der Passbeschaffung zu berücksichtigen, die dadurch bedingt sind, dass er niemals einen nationalen Pass der Ukraine besessen hat und sich bislang auch nicht darum bemühen musste, weil er in der Vergangenheit einen internationalen Reiseausweis für Flüchtlinge besaß. Dabei liegt nach der Rechtsprechung des Senats die Darlegungs- und Nachweislast dafür, die erforderlichen und zumutbaren Schritte für die Erlangung eines Nationalpasses unternommen zu haben, nicht allein beim Kläger. Vielmehr bestehen wechselseitige Pflichten des betroffenen Ausländers und der zuständigen Ausländerbehörde. Den Ausländer treffen eine Mitwirkungs- sowie eine Initiativpflicht hinsichtlich ihm bekannter und zumutbarer Möglichkeiten, einen Pass zu beschaffen. Der Behörde obliegt die Erfüllung einer Hinweis- sowie einer Anstoßpflicht. Sie muss den Ausländer auf diejenigen Möglichkeiten der Passbeschaffung hinweisen, die ihm bei objektiver Sichtweise nicht bekannt sein können (vgl. zu § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG: Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2011 - OVG 2 M 62.10 -, unter Bezugnahme auf VGH München, Urteil vom 23. März 2006 - 24 B 05.2889 -, juris). Selbst bei Berücksichtigung der besonderen Schwierigkeiten des Klägers bei der Passbeschaffung infolge der Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge und bei Anwendung des nach Verantwortungsbereichen differenzierenden Maßstabs für die Nachweispflicht reichen die Darlegungen des Klägers über seine Passbeschaffungsbemühungen nicht aus, um anzunehmen, dass er einen solchen bei der ukrainischen Botschaft nicht zumutbar erlangen kann.
Zwar hat der Kläger unter dem 25. Januar 2007 mit dem vollständig ausgefüllten Formular der ukrainischen Botschaft „Antrag über Besitz oder Nichtbesitz der ukrainischen Staatsangehörigkeit“ die Überprüfung der ukrainischen Staatsangehörigkeit beantragt, deren Feststellung die erste notwendige Voraussetzung für die Ausstellung eines ukrainischen Passes ist. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang auch persönlich bei der ukrainischen Botschaft vorgesprochen. Damit hat er jedoch nicht alle für ihn zumutbaren Schritte zur Beschaffung eines ukrainischen Passes unternommen. Offen bleiben kann, ob der Antrag auf Überprüfung der ukrainischen Staatsangehörigkeit bereits unvollständig war, weil ihm kein Identitätsnachweis beigefügt war, oder ob der Beklagte insoweit seiner Hinweispflicht nicht genügt hat. Denn jedenfalls hat der Kläger weitere für ihn zumutbare Bemühungen unterlassen. So hat er sich nicht mit dem gebotenen Nachdruck um die Ausstellung eines ukrainischen Passes bemüht. Seit der Antragstellung vom 25. Januar 2007 und der Vorsprache bei der ukrainischen Botschaft sind nunmehr fast 5 Jahre vergangen, ohne dass der Kläger weitere Schritte unternommen oder sich nach den Gründen für die Nichtbescheidung seines Antrages erkundigt hätte. Der Kläger hat außerdem nicht – wie nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 AufenthV erforderlich – die Gebühren für die Bearbeitung seines Antrages auf Überprüfung der Staatsangehörigkeit entrichtet. Dies räumt er in seiner eidesstattlichen Erklärung vom 20. September 2011 letztlich ein („… wollte diese bereits bezahlen“). Schließlich ist der Kläger ohne sachlichen Grund nicht auf das in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unterbreitete Angebot des Beklagten eingegangen, sich durch einen spezialisierten Mitarbeiter der Clearingstelle bei einer weiteren Vorsprache bei der Botschaft begleiten zu lassen, der einen formellen Umgang sowie eine ordnungsgemäße Bearbeitung sicherstellen und zudem die konkreten Auskünfte der Botschaftsmitarbeiter dokumentieren könnte.
Diese zumutbaren weiteren Bemühungen durfte der Kläger auch nicht deshalb als entbehrlich ansehen, weil nach der ihm der von der ukrainischen Botschaft gegebenen Auskunft eine Entscheidung über seinen Antrag vom 25. Januar 2007 zunächst eine Registrierung bei der ukrainischen Botschaft erfordere, die nur nach Erteilung der persönlich in Kiew zu beantragenden Zustimmung der ukrainischen Behörden zur unbefristeten Ausreise möglich sei und ein Versuch, die Genehmigung in der Ukraine zu erlangen, für ihn von vornherein nicht erfolgversprechend wäre. Die dem Kläger gegebene Auskunft widerspricht den Erkenntnissen des Beklagten über das übliche Verfahren der Passbeschaffung bei der ukrainischen Botschaft, wonach bei einem positiven Ergebnis der Überprüfung der Staatsangehörigkeit der Antrag auf konsularische Registrierung auch bei der ukrainischen Botschaft gestellt werden kann. Sie steht auch nicht im Einklang mit der gegenüber dem Beklagten erteilten telefonischen Auskunft der ukrainischen Botschaft vom 9. November 2011, wonach der Antrag des Klägers vom 25. Januar 2007 deshalb unbearbeitet geblieben sei, weil es an einem Identitätsnachweis in Kopie sowie an einem Nachweis über die Begleichung der Konsulargebühren gefehlt habe. Es ist daher jedenfalls nicht ohne - vom Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zu erbringende - weitere Nachweise davon auszugehen, dass eine Bescheidung seines Antrags auf Überprüfung seiner Staatsangehörigkeit durch die ukrainische Botschaft deshalb unterblieben ist, weil es an einer Registrierung bei der ukrainischen Botschaft und der dafür erforderlichen Zustimmung der ukrainischen Behörden zur unbefristeten Ausreise fehlte. Weitere Aufklärung könnte eine Vorsprache des Klägers bei der ukrainischen Botschaft mit einem Mitarbeiter der Clearingstelle erbringen, die dieser jedoch trotz eines entsprechenden Angebots des Beklagten bislang nicht unternommen hat. Im Übrigen ist es nach den Darlegungen des Klägers auch nicht ersichtlich, dass es für ihn völlig aussichtslos wäre, die Genehmigung über das unbefristete Verbeiben im Ausland in der Ukraine zu erlangen. Soweit er auf die – in eigener Übersetzung vorgelegte – „Verordnung über das Anschauen des Gesuchs ukrainischer Staatsbürger auf unbefristetes Verbleigen im Ausland“ verweist und geltend macht, die darin für die Genehmigung verlangten Unterlagen in der Ukraine nicht mehr besorgen zu können, ist schon fraglich, ob die Verordnung (noch) formell gültig ist und ob die entsprechenden Unterlagen in der Praxis der ukrainischen Behörden auch in Fällen, in denen die Ausreise - wie hier - schon im Jahr 1992 erfolgt ist, ohne Einschränkung verlangt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtsfrage, welchen Umfang die Rechtsstellung jüdischer Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion hat, die vor In-Kraft-Treten des Aufenthaltsgesetzes aufgenommen worden sind, einer höchstrichterlichen Klärung bedarf.