Gericht | FG Berlin-Brandenburg 5. Senat | Entscheidungsdatum | 06.07.2017 | |
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Aktenzeichen | 5 K 5270/15 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Klägerin ist in X.. ansässig und betreibt Hotels und Resorts in X.., Y..., und Z…. In B… unterhielt sie in angemieteten und 56 m² großen Räumlichkeiten ein Verbindungsbüro, in dem durchschnittlich ca. fünf Personen tätig waren. Zu den Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehörten jährliche Vertragsverhandlungen mit Reiseveranstaltern über die Überlassung von Zimmerkontingenten, die Kontrolle von Reiseveranstaltungsverträgen sowie der Darstellung der Hotels in den jeweiligen Reisekatalogen, die Erstellung und Kontrolle des Jahresbudgets für Sales und Marketing, die tägliche Prüfung der Auslastung der Hotels, der generierten Umsätze sowie der gesetzten Verkaufsziele, die Betreuung von deutschen Reiseveranstaltern, Reisebüros, Veranstaltungsagenturen, Fluglinien und Tourismuszentralen, die Überprüfung der Internetseiten der Reiseveranstalter, die Durchführung von Vertriebsaktionen in Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern, Reisebüros, Fluglinien und Flughäfen sowie die Teilnahme an Reisemessen, Roadshows, Workshops, Programmvorstellungen und Studienreisen in Deutschland. Die Überlassung der Hotelzimmer und Resorts gegenüber den Kunden erfolgte demgegenüber durch die Klägerin selbst.
Im Streitjahr 2007 erhielt die Klägerin für von dem Verbindungsbüro in B… beauftragte, verwertete bzw. bezogene Leistungen Rechnungen mit ausgewiesener Vorsteuer i.H.v. 30.722,22 € sowie acht Netto-Rechnungen ausländischer Dienstleister, mit denen diese Werbeleistungen abrechneten. Auf die vorgelegten Rechnungen mit ausgewiesener Vorsteuer sowie die zur Akte gereichten Fotokopien der Rechnungen ohne Steuerausweis wird Bezug genommen (Bl. 55-Bl. 62 der Gerichtsakte).
Am 26.10.2009 erließ der Beklagte zunächst einen Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 2007, der auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen beruhte. Damit setzte er die Umsatzsteuer auf 0,00 € fest. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 3.11.2014 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung unter Beibehaltung der Festsetzung aufgehoben. Mit dem dagegen eingelegten Einspruch begehrte die Klägerin die Erstattung der Vorsteuer i.H.v. 30.722,22 €. Dies lehnte der Beklagte letztendlich mit der Einspruchsentscheidung vom 24.11.2015 ab (Bl. 43 ff. der Gerichtsakte).
Mit der Klage macht die Klägerin geltend, dass sie einen Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer habe. Die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug lägen unstreitig vor. Streitig sei allein die Frage, ob die Umsatzsteuer im Inland geschuldet werde. Gemäß § 3 a Abs. 2 Satz 1 Umsatzsteuergesetz in der im Streitjahr geltenden Fassung – UStG – werde eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt werde, zwar grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibe. Dies sei im vorliegenden Fall X.., weil sich dort ihr, der Klägerin, Sitz befinde, so dass die von ihr empfangenen Dienstleistungen dort steuerbar seien. Dies gelte nach Satz 2 der zitierten Norm aber dann nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall – die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmens ausgeführt werde. In diesem Fall sei der Ort der Betriebsstätte maßgeblich.
Das Verbindungsbüro in B… sei als Betriebsstätte anzusehen. Art. 11 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15.03.2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Amtsblatt der EU 2011 Nr. L77) – Durchführungsverordnung – definiere die passive feste Niederlassung als jede Niederlassung mit Ausnahme des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit nach Art. 10 der Durchführungsverordnung, die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweise, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaube, Dienstleistungen, die für den eigenen Bedarf dieser Niederlassung erbracht würden, zu empfangen und dort zu verwenden. Dies entspreche im Wesentlichen auch der von der Finanzverwaltung verwendeten Definition. Das Verbindungsbüro in B… erfülle alle Voraussetzungen dieser Definition. Es befinde sich in fest angemieteten Räumen mit eingerichteten Büroarbeitsplätzen und Personal. Die Niederlassungsleiterin, die Zeugin C…, sei berechtigt, Verträge in ihrem, der Klägerin, Namen zu verhandeln.
Dass das Verbindungsbüro keine Ausgangsumsätze erbringe, sei unerheblich. Dies sei nur für eine aktive Betriebsstätte erforderlich, nicht hingegen für eine durch das Verbindungsbüro betriebene und zur Bestimmung des Ortes der sonstigen Leistung ausreichende passive Betriebsstätte im Sinne von § 3 a Abs. 2 Satz 2 UStG bzw. eine passive Niederlassung im Sinne von Art. 11 Abs. 1 der Durchführungsverordnung, die sich dadurch auszeichne, dass sie lediglich Leistungen von anderen Unternehmern empfange. Da die in B… unterhaltenen Betriebsstätte/Niederlassung mit dem von ihr, der Klägerin, betriebenen Unternehmen eine Einheit bilde, komme es nur darauf an, dass sie, die Klägerin, Ausgangsumsätze erziele, da das Verbindungsbüro kein eigenständiger Unternehmer sei.
Da es sich bei den vorsteuerbehafteten Leistungen vorwiegend um Werbeleistungen auf dem deutschsprachigen Markt handele, stehe auch außer Frage, dass diese dem deutschen Verbindungsbüro zuzuordnen seien.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sei sie, die Klägerin, berechtigt, die Vorsteuer im Veranlagungsverfahren geltend zu machen. Es treffe zwar zu, dass sie mit dem von ihr betriebenen Unternehmen grundsätzlich in der Bundesrepublik Deutschland keine steuerbaren Umsätze erzielen könne, weil die Überlassung von Übernachtungsmöglichkeiten sowie die Abgabe von Speisen und Getränken dort steuerbar und steuerpflichtig seien, wo sie, die Klägerin, sie tatsächlich erbringe. Dies sei jedenfalls nicht im Inland der Fall. Gleichwohl führe nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – die Verpflichtung eines Unternehmers, im Inland Steuererklärungen im Veranlagungsverfahren abzugeben, dazu, dass er sämtliche Vorsteuerbeträge dieses Jahres geltend machen könne. Eine solche Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen könne sich dabei sowohl aus dem Empfang von Eingangsleistungen ergeben, bei denen das Reverse-Charge-Verfahren nach § 13 b UStG anwendbar sei als auch aus dem fehlerhaften Ausweis von nicht geschuldeter Umsatzsteuer gemäß § 14 c Abs. 1 UStG. Da sie, die Klägerin, im Jahr 2007 acht Netto-Rechnungen von ausländischen Dienstleistern empfangen habe, für welche sie die Umsatzsteuer nach § 13 b UStG schulde, sei ein Veranlagungsverfahren durchzuführen, bei dem die geltend gemachte Vorsteuer zu berücksichtigen sei. Dem stehe auch das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 05.06.2014 (V R 50/13) nicht entgegen, weil sich daraus – ebenso wie aus § 59 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung – UStDV – keine Aussage ableiten lasse, dass der Unternehmer im Ausland ansässig sei, weil er keine relevanten Ausgangsumsätze getätigt habe. Abgesehen davon finde die Entscheidung auch deshalb keine Anwendung, weil sie den Betriebsstättenbegriff nach § 59 Satz 2 UStDV definiere und nicht denjenigen des § 3 a Abs. 2 Satz 2 UStG.
Während des Klageverfahrens hat die Klägerin am 10.6.2016 die Umsatzsteuererklärung 2007 bei dem Beklagten eingereicht (Bl. 70 ff. der Gerichtsakte).
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 2007 unter Änderung des Bescheides vom 3.11.2014 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 24.11.2015 auf ./. 30.722,22 € festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, ihr die eingereichten Originalrechnungen nochmals zur Stellungnahme zur Verfügung zu stellen unter Nachlass eines Schriftsatzes
Er beruft sich auf eine am 16.2.2016 für die Veranlagungszeiträume 2009-2011 durch das Finanzamt B… bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Nachschau. Dabei sei festgestellt worden, dass diese in B… lediglich ein Repräsentanzbüro betrieben habe und betreibe und nicht unternehmerisch tätig werde. Das Büro erfülle die an eine Selbstständigkeit zu stellenden Anforderungen nicht. Zur Begründung verweist der Beklagte auf den Aktenvermerk des Finanzamts B… vom 2.3.2016, auf den Bezug genommen wird (Bl. 111 ff. der Gerichtsakte). Hinzu komme, dass die Klägerin auch nach der inzwischen eingereichten Umsatzsteuererklärung keine eigenen Umsätze erzielt habe. Dies habe nach dem Urteil des BFH vom 05.06.2014 (V R 50/13) zur Folge, dass die Klägerin den Vorsteuerabzug nur im Vergütungsverfahren geltend machen könne. Es bestehe auch keine Steuerschuldnerschaft nach § 13 b UStG.
Neben der Gerichtsakte haben dem Gericht die Umsatzsteuerakte für das Streitjahr 2007 (blattiert bis Bl. 30) und eine Hinweisakte (blattiert bis Bl. 21) vorgelegen.
Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat den Vorsteuerabzug im Veranlagungsverfahren zutreffend abgelehnt.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Dies erfolgt grundsätzlich im Rahmen der nach § 18 UStG durchzuführenden Veranlagung zur Umsatzsteuer. Hiervon abweichend bestimmt die im Streitjahr 2007 geltende Fassung von § 59 UStDV i.V.m. § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG, dass „die Vergütung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13 b Abs. 4 UStG) abweichend von den §§ 16 und 18 Abs. 1 bis 4 UStG im Rahmen des Vergütungsverfahrens nach den §§ 60 und 61 UStDV durchzuführen“ ist, wenn der Unternehmer im Vergütungszeitraum unter anderem im Inland keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 UStG ausgeführt hat. Unter welchen Voraussetzungen von einer Ansässigkeit des Unternehmers im Ausland auszugehen ist, ergibt sich aus dem Klammerverweis in § 59 UStDV auf § 13 b Abs. 4 UStG (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 18 Rn. 596 [Stand: 10/2016]). Danach ist ein im Ausland ansässiger Unternehmer ein Unternehmer, der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiet einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat.
Unionsrechtlich bestimmt Art. 171 Abs. 2 Satz 1 Mehrwertsteuersystemrichtlinie in der im Streitjahr geltenden Fassung – MwStSystRL –, dass die Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige nach dem in der Richtlinie 86/560/EWG des Rates vorgesehenen Verfahren erfolgt. Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 86/560/EWG legt dazu fest, dass als nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtiger derjenige Steuerpflichtige gilt, der in dem Vergütungszeitraum in dem Gebiet weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch – in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung – seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthalt gehabt hat und der in dem gleichen Zeitraum in dem Mitgliedstaat keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht hat, mit Ausnahme von Beförderungsumsätzen und Dienstleistungen, bei denen die Steuer lediglich vom Empfänger geschuldet wird. Letzteres entspricht der Regelung in Art. 171 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL, der festlegt, dass Steuerpflichtige im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 86/560/EWG, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie die Gegenstände und Dienstleistungen erwerben oder mit der Mehrwertsteuer belastete Gegenstände einführen, ausschließlich Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen bewirken, für die gemäß den Artikeln 194-197 und 199 MwStSystRL der Empfänger der Umsätze als Steuerschuldner bestimmt worden ist, bei der Anwendung der genannten Richtlinie ebenfalls als nicht in der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige gelten.
Ausgehend von diesen unionsrechtlichen Vorgaben ist die im Streitjahr anzuwendende Fassung des § 13 b Abs. 4 UStG dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass ein im Ausland ansässiger Unternehmer ein Unternehmer ist, der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiet einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, hat (so auch Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 05.06.2014 – V R 50/13 –, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2014, 813, Rn. 31 zu den inhaltlich identischen Regelungen in Art. 171 Abs. 1 MwStSystRL und Art. 1 der Richtlinie 79/1072/EWG für in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige). Das bedeutet, dass es für eine durch eine Zweigniederlassung / feste Niederlassung vermittelte Ansässigkeit im Inland erforderlich ist, dass diese zum einen tatsächlich besteht und zum anderen von dort aus Umsätze bewirkt worden sind (so ausdrücklich BFH, am angegebenen Ort – a.a.O. –, Rn. 30). Letzteres entspricht auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union – EuGH –. Im Urteil vom 25.10.2012 (C-218, 219/11 – Daimler und Widex, Umsatzsteuerrundschau – UR – 2012, 932, Rn. 32 ff.) weist der Gerichtshof darauf hin, dass er im Zusammenhang mit der Bestimmung des Ortes der Besteuerung den Begriff der festen Niederlassung in ständiger Rechtsprechung dahingehend ausgelegt habe, dass von dort aus tatsächlich steuerbare Umsätze bewirkt worden sein müssten. Dafür reiche es nicht aus, dass der Steuerpflichtige zu einer Umsatzbewirkung in der Lage gewesen wäre; es sei vielmehr erforderlich, dass er diese Umsätze auch tatsächlich in Form von Ausgangsumsätzen bewirkt habe. Sei dies nicht der Fall, so sei er als gebietsfremder Steuerpflichtiger anzusehen. Das Vorliegen von in dem betreffenden Mitgliedstaat bewirkten Umsätzen sei somit das entscheidende Kriterium dafür, den Rückgriff auf die Richtlinie 79/1072/EWG und damit die Anwendung des Vergütungsverfahrens auszuschließen (EuGH a.a.O. Rn. 36).
Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall, wenngleich die Anwendung des Vergütungsverfahrens nicht aus Art. 171 Abs. 1 MwStSystRL und Art. 1 der Richtlinie 79/1072/EWG folgt, sondern – weil die Klägerin im Drittland ansässig ist – aus den inhaltsgleichen Regelungen in Art. 171 Abs. 2 MwStSystRL und Art. 1 der Richtlinie 86/560/EWG.
Da die Klägerin – wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist – im Inland keine Ausgangsumsätze bewirkt hat, gilt sie nach Art. 171 Abs. 2 MwStSystRL und Art. 1 der Richtlinie 86/560/EWG sowie § 59 UStDV als nicht im Inland ansässig, so dass sie die Erstattung der Mehrwertsteuer nur im Wege des Vergütungsverfahrens verlangen kann.
Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin nach ihrer Auffassung im Inland Umsätze erzielt hat, für die sie nach § 13 b Abs. 2 UStG die Umsatzsteuer schuldet. Zwar geht der Bundesfinanzhof in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass eine aus § 13 b Abs. 2 UStG resultierende Steuerschuld dazu führt, dass der Steuerpflichtige berechtigt ist, im Rahmen der nach § 18 Abs. 3 UStG abzugebenden Steuererklärung alle in dem Kalenderjahr entstandenen Vorsteuerbeträge geltend zu machen (BFH, Urteil vom 14.04.2011 – V R 14/10, BStBl. II 2011, 834; Urteil vom 28.08.2013 – XI R 5/11, BStBl. II 2014, 497). Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin im Streitjahr allerdings keine Umsätze erzielt, für die sie nach § 13 b Abs. 2 UStG die Umsatzsteuer schuldet.
Nach § 13 b Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 UStG schuldet der Leistungsempfänger die Steuer für die in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 der Norm genannten Fälle, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erfasst dabei Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers. Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die von Lagardère, Travel & Lifestyle, American Express sowie Internationaler Reiseclub Verlagsgesellschaft s.r.o. erbrachten Leistungen zwar erfüllt, weil das Schalten von Werbeanzeigen in den von den Leistenden herausgegebenen Publikationen sonstige Leistungen sind und die Leistenden im Ausland ansässig waren. Weitere Voraussetzung für eine Steuerschuld des Leistungsempfängers nach § 13 b Abs. 2 UStG ist aber, dass die bezogene sonstige Leistung nach § 3 a UStG im Inland steuerpflichtig ist (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 13 b nF Rn. 76 [Stand: 4/2014]; Heuermann in Sölch/Ringleb, UStG, § 13 b Rn. 26 f. [Stand: 4/2015]). Dies ist in Bezug auf die bezogenen Werbeleistungen nicht der Fall.
Gemäß § 3 a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 UStG wird eine sonstige Leistung, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dient, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen, dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Dies war bezogen auf die Klägerin X... Eine Ausnahme sieht § 3 a Abs. 3 Satz 2 UStG vor, wenn die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt wird; in diesem Fall ist der Ort der Betriebsstätte maßgeblich. Eine sonstige Leistung ist dann an eine Betriebsstätte ausgeführt, wenn sie ihr zuzuordnen ist, weil sie dieser dient, d.h. für deren Zwecke verwendet wird. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn die Leistung von der Betriebsstätte in Auftrag gegeben wurde. Erforderlich ist vielmehr, dass die bezogene sonstige Leistung von der Betriebsstätte für die Erbringung von eigenen Leistungen eingesetzt wird, also von solchen, die ihr zwar nicht zivilrechtlich, aber wirtschaftlich zuzurechnen sind (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 a nF Rn. 212 und 214 [Stand: 7/2015]). Das war in Bezug auf die von den ausländischen Unternehmern in Rechnung gestellten Werbeleistungen nicht der Fall. Die Zeugin hat hierzu ausgesagt, dass die ausländischen Unternehmer in den von ihnen vertriebenen Publikationen Anzeigen geschaltet hätten, mit denen für die von der Klägerin betriebenen Hotels und Resorts geworben worden sei. Diese Werbung ist zwar von dem Verbindungsbüro in B… mitgestaltet und zum Teil auch in Auftrag gegeben worden. Sie ist aber letztendlich nicht für Zwecke des Verbindungsbüros verwendet und für die Erbringung von – wirtschaftlich gesehen – eigenen Leistungen des Verbindungsbüros eingesetzt worden. Denn die Werbung ist nicht dem Verbindungsbüro zugutegekommen, sondern der Klägerin selbst, weil durch die Werbung die Buchungen von Unterkünften in den von ihr betriebenen Hotels und Resorts gesteigert werden sollten. Die Buchungen waren – wie die Zeugin dies ebenfalls ausgesagt hat – bei der Klägerin selbst vorzunehmen und nicht bei dem Verbindungsbüro. Dieses fungierte lediglich als Ansprechpartner für Rückfragen von Reisebüros. Dies zeigt, dass die Werbeleistungen gerade nicht für eigene Leistungen des Verbindungsbüros eingesetzt worden sind. Dem entsprechend geht die Finanzverwaltung in Abschnitt 3 a. 2 Abs. 5 Umsatzsteuer-Anwendungserlass im Ergebnis zutreffend davon aus, dass Werbeanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften (nur) dann einer Betriebsstätte zuzuordnen sind, wenn diese in der Lage ist, die Leistungen zu erbringen, für die geworben wird. Gerade das war bei dem Verbindungsbüro nicht der Fall. Die Werbeleistung ist damit der Klägerin selbst zuzuordnen und nicht einer inländischen Betriebsstätte in Gestalt des in B… betriebenen Verbindungsbüros.
Selbst wenn man mit der Klägerin die Auffassung vertreten wollte, dass die Werbeleistungen dem Verbindungsbüro zuzuordnen sind, so würde man gleichwohl zu keinem anderen Ergebnis gelangen. Dass § 3 a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 UStG hinsichtlich der Werbeleistung auf den Ort abstellt, an dem der Empfänger sein Unternehmen betreibt, ist Ausdruck des Verbrauchsortprinzips. Die Besteuerung soll danach dort stattfinden, wo in der Regel der Verbrauch, d.h. die Nutzung oder Auswertung der Dienstleistung erfolgt (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 a nF Rn. 50 [Stand: 7/2015]). Gleiches gilt für die Regelung in § 3 a Abs. 3 Satz 2 UStG, wonach bei der Ausführung der sonstigen Leistung an eine Betriebsstätte deren Ort für die Besteuerung maßgeblich ist. Dies beruht ebenfalls auf dem Grundgedanken, dass in diesen Fällen am Ort der Betriebsstätte der Verbrauch in Form einer Nutzung oder Auswertung der Dienstleistung stattfindet. Ein solcher Verbrauch am Ort der Betriebsstätte kann allerdings nur dann stattfinden, wenn die Betriebsstätte eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, weil nur in diesem Fall eine Nutzung oder Auswertung der empfangenen Dienstleistung im Rahmen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Betriebsstätte denkbar ist (so im Ergebnis auch Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 a nF Rn. 52 [Stand: 7/2015]). Übt die Betriebsstätte keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit aus, so findet die Verwertung der empfangenen sonstigen Leistungen nicht am Ort der Betriebsstätte statt, sondern an dem Ort, von dem aus das Unternehmen betrieben wird.
Dem entsprechend hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 16.10.2014 (Rs. C-605/12 – Welmory, Umsatzsteuerrundschau – UR – 2014, 937) zu dem unionsrechtlichen Begriff der festen Niederlassung, der dem nationalen Begriff der Betriebsstätte entspricht, entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, der den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit in einem Mitgliedstaat hat und der Dienstleistungen empfängt, die von einem in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Steuerpflichtigen erbracht werden, im Hinblick auf die Bestimmung des Ortes der Besteuerung dieser Dienstleistungen in diesem anderen Mitgliedstaat dann über eine „feste Niederlassung“ verfügt, wenn diese Niederlassung einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es von der personellen und technischen Ausstattung her ermöglicht, Dienstleistungen für ihre wirtschaftliche Tätigkeit zu empfangen und zu verwenden. Daraus ergibt sich, dass die Betriebsstätte / feste Niederlassung auch im Hinblick auf die Bestimmung des Ortes der sonstigen Leistung eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit ausüben muss. Ist dies nicht der Fall, so handelt es sich nicht um eine Betriebsstätte. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Dem steht nicht entgegen, dass der die Leistung empfangende Steuerpflichtige in dem von dem Gerichtshof entschiedenen Fall in einem anderen Mitgliedstaat ansässig war und nicht – wie im vorliegenden Fall – im Drittland, weil für den Begriff der Betriebsstätte / festen Niederlassung insoweit keine unterschiedlichen Definitionen gelten können. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Entscheidung zur Mehrwertsteuersystemrichtlinie in der Fassung der Änderung durch die Richtlinie 2008/8 des Rates vom 12.2.2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung ergangen ist, die im hiesigen Streitjahr noch nicht anwendbar war. Dies ändert nichts an der Allgemeingültigkeit der Aussagen des Gerichtshofs zu den an eine Betriebsstätte / feste Niederlassung zu stellenden Anforderungen.
Da die Klägerin – wie ausgeführt – keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, kann sie – unabhängig von ihrer personellen und sachlichen Ausstattung – nicht als Betriebsstätte im Sinne von § 3 a Abs. 3 Satz 2 UStG angesehen werden, so dass der Ort der empfangenen Werbeleistungen am Ort des Sitzes der Klägerin auf X.. liegt. Damit hat die Klägerin keine inländischen Umsätze ausgeführt, für die sie nach § 13 b Abs. 2 UStG die Umsatzsteuer schulden würde. Ein Veranlagungsverfahren, in dessen Rahmen die streitigen Vorsteuerbeträge nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu berücksichtigen wären, ist damit nicht durchzuführen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.