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Entscheidung 11 W 8/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 14.03.2011
Aktenzeichen 11 W 8/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten wird das am 9. April 2010 verkündete Zwischenurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Az.: 6 O 113/09, abgeändert und die Nebenintervention des Nebenintervenienten auf Seiten der Kläger zugelassen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 25.028,83 €

Gründe

I.

Der Beklagte hat dem Nebenintervenienten mit der Klageerwiderungs- und Streitverkündungsschrift vom 15.07.2009 aufgefordert, dem Rechtsstreit auf seiner Seite beizutreten. Mit Schriftsatz vom 03.08.2009 hat der Nebenintervenient erklärt, dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger als Nebenintervenient beizutreten. Der Beklagte vertritt die Auffassung, dieser Beitritt sei unzulässig, da der Nebenintervenient kein rechtliches Interesse an einem Obsiegen der Kläger dargetan habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Zwischenurteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Antrag des Beklagten auf Zurückweisung der Nebenintervention als begründet angesehen, da es an einem rechtlichen Interesse des Nebenintervenienten am Obsiegen der Kläger fehle. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen das ihm am 16. April 2010 zugestellte Zwischenurteil hat der Nebenintervenient mit einem am 28. April 2010 bei dem Landgericht eingegangen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Er wiederholt seine Auffassung, dass er ein rechtliches Interesse habe, auf Seiten der Kläger dem Rechtsstreit beizutreten.

Er verweist nochmals auf den Vortrag des Beklagten, der gegenüber der Inanspruchnahme durch die Kläger u.a. geltend mache, Sch… - diesem hat der Beklagte ebenfalls den Streit verkündet - sei seinerzeit ausschließlich für ihn (Nebenintervenienten) tätig geworden. Deshalb sei ein etwaiges rechtswidriges Tun des Beauftragten Sch… ihm (Nebenintervenienten) zuzurechnen. Damit werfe ihm der Beklagte vor, er habe gegenüber den Klägern eine deliktische Handlung begangen, um sich auf seine (des Nebenintervenienten) Kosten von den Vorwürfen der Kläger zu entlasten. Sein erhebliches rechtliches Interesse an einem Beitritt auf Klägerseite ergebe sich daraus, dass beide Parteien des Rechtsstreits im Falle des jeweiligen Unterliegens auf Grund der Argumentation des Beklagten ihn (Nebenintervenienten) in Anspruch nehmen könnten. Er habe angesichts des zitierten Verteidigungsvorbringens des Beklagten indes kein Interesse an dessen Obsiegen. Vielmehr habe er ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass der Beklagte den Klägern zum Schadensersatz verpflichtet sei. Er habe daher ein rechtliches Interesse daran, im Rahmen des Rechtsstreits alle Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, die geeignet seien, eine Haftung des Beklagten zu bejahen. Dies wäre ihm verwehrt, wenn er auf Seiten des Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten wäre, da er sich im Prozess nicht in Widerspruch zu den Erklärungen der unterstützten Partei setzen dürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Schriftsätze des Nebenintervenienten vom 27.04.2010, 18.05.2010, 19.08.2010, 15.10.2010, 15.02.2011.

Der Nebenintervenient beantragt,

das am 9. April 2010 verkündete Zwischenurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam abzuändern und seine Nebenintervention auf Seiten der Kläger zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Er vertritt unter näheren Darlegungen die Auffassung, dass er und der Nebenintervenient ggfls. gesamtschuldnerisch aus ungerechtfertigter Bereicherung hafteten. Deshalb habe er ein rechtliches Interesse, dass der Nebenintervenient dem Rechtsstreit auf seiner Seite beitrete.

Der Nebenintervenient erlangte durch einen Beitritt auf Seiten der Kläger keinen Vorteil, da diesem kein Anspruch gegen ihn (Beklagten) zustehe. Im Übrigen könne er durch einen Beitritt auf Seiten der Kläger ihn durch die Streitverkündung treffende Nachteile nicht abwenden.

Der Nebenintervenient verteidige sich gegen etwaige Ansprüche, die ihm (Beklagten) zustehen könnten und die nur das Innenverhältnis zwischen ihnen beträfen, wenn er (Beklagter) zur Zahlung verurteilt werden sollte. Dies verdeutliche, dass der Nebenintervenient nicht als Streithelfer der Kläger, sondern allein für sich selbst auftrete. Zutreffend führe das Landgericht aus, dass sich eine aus dem Beitritt ergebende Interventionswirkung im Verhältnis zu den Klägern für einen etwaigen Folgeprozess zwischen ihm (Beklagten) und dem Nebenintervenienten ohne Bedeutung wäre.

Im Übrigen wird auf das Vorbringen des Beklagten in den Schriftsätzen vom 03.05.2010, 28.07.2010, 31.08.2010, 17.09.2010, 19.01.2011 verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 71 Abs.2, 567 Abs.1 Nr.1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Die Voraussetzungen einer Nebenintervention liegen entgegen der Auffassung des Landgerichts vor. Der Nebenintervenient hat das gemäß § 66 Abs.1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der Nebenintervention glaubhaft gemacht.

Nach § 66 Abs.1 ZPO kann nur derjenige, der ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit eine Partei obsiegt, dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. Der Begriff des rechtlichen Interesses - im Gegensatz zu einem bloß wirtschaftlichen oder sonstigen tatsächlichen Interesse - erfordert, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 24.04.2006, II ZB 16/05, unter Hinweis auf die h. M. mit weiteren Nachweisen; OLG Hamm, Beschluss vom 21.01.2010 I-10 W 124/09, 10 W 124/09; OLG Koblenz, Beschluss vom 14.04.2009, 5 U 309/09). Dabei ist der Begriff des rechtlichen Interesses weit auszulegen (vgl. BGH, Beschluss v. 17.01.2006, X ZR 236/01). Daraus folgt, dass die Führung eines Zivilprozesses ausschließlich Sache der Parteien ist. Andere Personen haben grundsätzlich keinen Einfluss auf das Verfahren und werden dementsprechend auch nicht von seinem Ergebnis berührt. Wirkt sich die Entscheidung des Prozesses ausnahmsweise auf die rechtliche Stellung eines Dritten aus, so ist es allerdings geboten, ihm die Möglichkeit eines Einflusses auf das Verfahren zu gewähren. Dem Dritten ist dann zwar keine Parteirolle zugewiesen; er kann sich aber als Gehilfe einer Partei an dem Rechtsstreit beteiligen. Aus diesem Grund kennt die ZPO die Nebenintervention (Streithilfe). Dadurch kann sich ein Dritter an einem zwischen zwei anderen Personen anhängigen Rechtsstreit beteiligen und eine Partei, an deren Obsiegen er ein rechtliches Interesse hat, unterstützen. Der Nebenintervenient ist nicht selbst Partei, auch nicht ihr Vertreter, sondern lediglich ihr Gehilfe, der dabei jedoch im eigenen Namen handelt (OLG Koblenz, a.a.O.).

Das hier vom Nebenintervenienten verfolgte Interesse kann als rechtliches i. S. v. § 66 Abs.1 ZPO angesehen werden. Die Frage, ob die Entscheidung im vorliegenden Prozess die Rechtsposition des Nebenintervenienten in irgendeiner Weise berührt oder beeinflusst, ist zu bejahen. Das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten ist angesichts der gebotenen weiten Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs zu bejahen.

Es besteht die nicht von der Hand zu weisende Möglichkeit, dass der Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit mit seinem Vorbringen, der Nebenintervenient habe gegenüber den Klägern eine deliktische Handlung begangen, durchdringt und den Prozess hierdurch zu seinen Gunsten entscheidet. Denkbare Konsequenz wäre dann, dass die Kläger nunmehr in einem Folgeprozess den Nebenintervenienten in Anspruch nähmen. Auch wenn eine für die Kläger negative Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit ohne die Nebenintervention keine Rechtskraftwirkungen im Verhältnis der Kläger zum Nebenintervenienten entfalten würde, liegt es gleichwohl im rechtlichen Interesse des Nebenintervenienten, die Kläger im vorliegenden Rechtsstreit gegen den Beklagten zu unterstützen. Der hiesige Nebenintervenient kann die Kläger aktiv nur durch seinen Beitritt unterstützen - ohne sich dabei in Widerspruch zu deren Erklärungen im Prozess zu bringen, was bei einem Beitritt auf Seiten des Beklagten der Fall sein würde - um dadurch ein Obsiegen der Kläger zu erleichtern, was seine spätere Inanspruchnahme durch diese abwenden könnte.

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht mehr darauf an, dass ein Interventionsgrund nicht darin gesehen werden kann, dass der Nebenintervenient sinngemäß auch geltend macht, die Unterstützung der Kläger erleichtere ihm möglicherweise die Verteidigung in einem etwaigen Prozess des Beklagten gegen ihn, da die Nebenintervention im Verhältnis zum Gegner der unterstützten Partei ohne jede Bedeutung ist (vgl. BGH Beschluss vom 10.10.1984, IVb ZB 23/84; Urt. v. 07.10.1992, VIII ZR 182/91, dort II. 1. b. aa. der Entscheidungsgründe).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO.

Die Höhe des Beschwerdewertes bemisst sich nach dem Interesse des Nebenintervenienten. Maßgeblich ist insoweit sein gemäß § 3 ZPO zu schätzendes Interesse, das mit der Klageforderung identisch ist.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Gründe des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Weder besteht ein Bedürfnis an der Fortbildung des Rechts, noch an der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; auch sind die Voraussetzungen des rechtlichen Interesses an einer Nebenintervention höchstrichterlich geklärt.