Gericht | OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 21.05.2012 | |
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Aktenzeichen | 9 UF 19/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1.
Der Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 13.12.2011 wird aufgehoben. Das Verfahren wird an das Amtsgericht zurückverwiesen. Dabei hat das Amtsgericht auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.
2.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
Der Antragsteller und die die vietnamesische Staatsangehörigkeit führende Antragsgegnerin haben am 04.03.2009 geheiratet. Kinder sind aus ihrer Beziehung nicht hervorgegangen. Der Antrag auf Ehescheidung ist der Antragsgegnerin am 09.06.2011 zugestellt worden.
Der Antragsgegner hat erklärt, an der Ehe nicht mehr festhalten zu wollen. Der Antragsteller hat behauptet, im August des Jahres 2010 habe man sich getrennt. Dies erfolgte nach dem (insoweit unstreitigen) beiderseitigen Auszug aus der gemeinsamen Wohnung K… Strasse 32 in O…. In die Wohnung N…-Straße 2 in O… sei er allein eingezogen.
Er hat beantragt
die am 04.03.2009 geschlossene Ehe der Beteiligten zu scheiden.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Scheidungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat erklärt, an der Ehe festhalten zu wollen. Sie hat behauptet, man habe zunächst noch in der N…-Straße 2 zusammen gelebt. Da es zu Streitigkeiten aber kam, hat sie am 14.04.2011 dem Antragsteller erklärt „ich haue ab und gehe nach B…“. Erst dann sei sie tatsächlich aus dieser Wohnung ausgezogen. Gleichwohl habe man sich nachfolgend noch mehrfach getroffen und auch miteinander geschlafen.
Nach Anhörung beider Beteiligter hat das Amtsgericht unter dem 13.12.2011 beschlossen, die geschlossene Ehe der Parteien wird nicht geschieden. Zur Begründung hat das Amtgericht ausgeführt, dass Trennungsdatum entsprechend der Behauptung des Antragsstellers könne nicht festgestellt werden, das Trennungsjahr sei daher nicht abgelaufen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er in Widerholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die am 04.03.2009 geschlossene Ehe der Beteiligten zu scheiden.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Senat hat am 21.05.2012 die Beteiligten persönlich angehört. Wegen des Anhörungsergebnisses wird auf das Protokoll vom 21.05.2012 Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2012 den Antrag gestellt, den Versorgungsausgleich durchzuführen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, §§ 58 ff. FamFG. In der Sache hat sie insoweit Erfolg, als die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist.
Die Aufhebung und Zurückverweisung beruht auf § 146 Abs. 1 FamFG. Wird eine Entscheidung aufgehoben, durch die der Scheidungsantrag abgewiesen wurde, soll das Rechtsmittelgericht die Sache an das Gericht zurückverweisen, dass die Abweisung ausgesprochen hat, wenn dort eine Folgesache zur Entscheidung ansteht, § 146 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Liegen die Voraussetzungen dieser Norm vor, so muss grundsätzlich zwingend zurückverwiesen werden (OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1192; Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 33. Auflage 2012 § 146 FamFG Rn. 4). Vorliegend bedarf die Folgesache Versorgungsausgleich noch der vollständigen Aufklärung, weshalb nicht absehbar ist, ob diese ohne größeren Aufwand erledigt werden kann, was einer eigenen Sachentscheidung des Senats im Wege steht.
Die Voraussetzungen einer Ehescheidung gemäß § 1565 Abs. 1, 1567 Abs. 1 BGB liegen (nunmehr) vor. Angesichts der insoweit übereinstimmenden Angaben beider Beteiligter ist die Trennung spätestens zum 14.04.2011 mit dem Verlassen der zu diesem Zeitpunkt in der N…-Straße gelegenen Ehewohnung in O… durch die Antragsgegnerin vollzogen worden. Insbesondere die Antragsgegnerin hat selbst erklärt, dass sie in diese Wohnung nicht mehr endgültig zurückgekehrt ist, sondern nur vereinzelt dort gewesen und – ihrer Behauptung nach – mit dem Antragsteller dort nur vereinzelt Geschlechtsverkehr ausgeübt habe. Auch nach ihren eigenen Angaben vor dem Senat hat es sich dabei aber nicht um längere Zeiträume, sondern allein um vereinzelt gebliebene Tage gehandelt. Dass die damit zunächst vollzogene Trennung wieder aufgehoben wurde im Sinne eines Versöhnungsversuches, kann nicht festgestellt werden; auch die Antragsgegnerin ist (nach entsprechendem Hinweis des Senats) davon erkennbar nicht ausgegangen. Denn dies würde ein ernstliches Zusammenleben über einen längeren Zeitraum voraussetzen, was jedenfalls aber der Antragsteller erkennbar und insoweit auch von der Antragsgegnerin nicht bestritten stets abgelehnt hat.
Ist das Trennungsjahr damit spätestens im April 2012 abgelaufen, so ist weiter zu berücksichtigen, dass sich der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben und trotz des für ihn erkennbaren Willens der Antragsgegnerin, an der Ehe festzuhalten, endgültig von der Antragsgegnerin abgewandt hat und die Ehe nicht mehr aufrecht erhalten will. Damit liegen die Voraussetzungen eines Scheiterns der Ehe insbesondere gemäß § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB vor.
Nach Maßgabe dessen wäre die Ehe im Grundsatz zu scheiden. Davon ist angesichts § 146 Abs. 1 Satz 1 FamFG allerdings abzusehen, weil beim Familiengericht noch die Folgesache Versorgungsausgleich ansteht. Dies gilt unabhängig davon, dass hier eine sogenannte kurze Ehezeit gemäß § 3 Abs. 3 VersAusglG vorliegt. Unter Beachtung der Statusangaben ist die Ehezeit gemäß § 3 Abs. 1 VersAusglG hier die Zeit vom 01.03.2009 bis 31.05.2011. Zwar hatte die Antragsgegnerin erstinstanzlich noch keinen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleiches gemäß § 3 Abs. 3 VersAusglG gestellt. Dies hat sie erst innerhalb des Beschwerdeverfahrens nachgeholt. Dafür genügt im Übrigen auch die Erklärung zu Protokoll des Senats (vgl. auch HK-VersAusglG/Götsche, 2012, § 3 Rn. 55).
§ 146 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist aber auch dann anzuwenden, wenn der Sachantrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs erstmals in der 2. Instanz gestellt wird. Der Begriff des Anstehens im Sinne von § 146 Abs. 1 Satz 1 FamFG setzt nicht die Anhängigkeit oder Einleitung des Verfahrens voraus (vgl. Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 33. Auflage 2012 § 146 FamFG Rn. 3). Obgleich der Versorgungsausgleich bei erstinstanzlich erfolgten Scheidungsausspruch ausdrücklich hätte ausgeschlossen werden müssen (§ 3 Abs. 3 VersAusglG bzw. § 224 Abs. 3 FamFG), war der Versorgungsausgleich gleichwohl mit der Einleitung des Scheidungsverfahrens in den Scheidungsverbund gelangt (OLG Dresden, FamRB 2011, 483; HK-VersAusglG/Götsche, 2012, § 3 Rn. 60 mwN.). An sich hätte daher das Amtsgericht, sofern es die Scheidung ausgesprochen hätte, über den Versorgungsausgleich unter Beachtung von § 224 Abs. 3 FamFG entscheiden und diesen ausschließen müssen. Davon war allein deshalb abzusehen, weil das Amtsgericht den Scheidungsantrag abgewiesen hat und dadurch die Folgesache Versorgungsausgleich gegenstandslos geworden ist (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Dann kann es jedoch keine Rolle spielen, ob erstinstanzlich der Durchführungsantrag bereits gestellt war oder nicht.
Der Beschwerdewert folgt aus § 43 Abs. 1 FamGKG. Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestehen nicht.