Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 28.12.2011 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 4/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 19. Dezember 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Nauen, Az.: 24 F 78/05, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und der Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt beginnend ab dem 22. März 2008 befristet bis zum 21. März 2013 wie folgt zu zahlen:
für die Zeit ab 22. März 2008 in Höhe von 62,50 €,
für das Jahr 2009 in Höhe von 76,00 €,
für das Jahr 2010 in Höhe von 132,00 € und
ab 2011 in Höhe von 146,00 €.
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 19. Dezember 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Nauen, Az.: 24 F 78/05, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise dahin abgeändert, dass der Antragsteller verurteilt wird, an die Antragsgegnerin ab 22. März 2008 Unterhalt in Höhe von 105 % des Mindestunterhalts für das Kind D… bis einschließlich Juni 2010 abzgl. bereits geleisteten Unterhalts in Höhe von 300,00 € monatlich (insgesamt 567,00 €) zu zahlen.
Die weitergehenden Anträge werden abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Antragsgegnerin zu 90 %, der Antragsteller zu 10 %.
I.
Die Parteien, durch am 19.12.2007 verkündetes Urteil des Amtsgerichts Nauen – Familiengericht – geschiedene Ehegatten, streiten um nachehelichen Unterhalt der Antragsgegnerin sowie aus abgetretenem Recht um Unterhalt für den gemeinsamen Sohn D… bis zum Eintritt von dessen Volljährigkeit am ...2010.
Die Parteien haben am … 1983 die Ehe geschlossen und seit 2002 nach Auszug der Antragsgegnerin aus dem gemeinsamen Einfamilienhaus getrennt gelebt. Der im Juni 1992 geborene gemeinsame Sohn D… wird von beiden Parteien betreut, verfügt auch sowohl im Haushalt der Antragsgegnerin als auch im bisherigen Familienheim über ein eigenes Zimmer. Die Antragsgegnerin ist angelernte Floristin, hat diesen Beruf allerdings nicht ausgeübt, sondern während der Ehe verschiedene Aushilfstätigkeiten ausgeübt und in dem vom Antragsteller nebenerwerbstätig geführten Bistro mitgearbeitet. Der Antragsteller ist als Busfahrer bei der BVG beschäftigt und hat bis einschließlich 2009 neben dem bereits erwähnten Nebenerwerb in Form eines Bistros einen solchen in Gestalt eines Automatenaufstellbetriebes innegehabt. Ergänzend wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat den Antragsteller unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt in Höhe von 879,00 € (davon 177,00 € Altersvorsorgeunterhalt) beginnend mit Rechtskraft der Scheidung zu zahlen. Die Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn D…, geb. am …1992, hat es abgewiesen. Wegen des den vom Antragsteller gezahlten Unterhalts von 300,00 € übersteigenden begehrten Kindesunterhalts ist es aufgrund des Vortrags des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 13.6.2007 von fehlender Aktivlegitimation der Antragsgegnerin zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen (§ 1629 Abs. 2 S. 2 BGB) ausgegangen. Die Stellungnahme der Antragsgegnerin auf diesen Schriftsatz hat es nicht mehr berücksichtigt mit der Begründung, dass diese nach Ablauf der im Termin vom 7.11.2007 gewährten Schriftsatzfrist und damit verspätet eingegangen sei, ohne dass die Verspätung hinreichend entschuldigt worden sei. Ungeachtet dessen sei der Unterhaltsbedarf des Sohnes durch die Zahlungen des Antragstellers von monatlich 300,00 € gedeckt.
Den zuerkannten Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin hat das Gericht aus § 1578 Abs. 2 BGB hergeleitet. Dabei ist es auf der Grundlage des - gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig behandelten - Vorbringens der Antragsgegnerin von einem monatlichen Gesamteinkommen des Antragstellers von 3.016,00 € sowie einem dem Einkommen des Antragstellers hinzuzusetzenden Nettowohnwert von 304,40 € ausgegangen. Auf Seiten der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht ein fiktiv zu erzielendes Einkommen von netto 1.060,00 € bei vollschichtiger Tätigkeit als Floristin zugrunde gelegt.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Berufung dem Ziel der Abänderung und Klageabweisung, hilfsweise Abänderung und Klageabweisung, soweit er zur Zahlung von mehr als 200,00 € monatlich für einen Zeitraum von über drei Jahren verurteilt worden ist. Er beschränkt seine Angriffe gegen das angefochtene Urteil auf folgende Punkte:
- mangelndes Bestreiten seines von der Antragsgegnerin behaupteten Gesamteinkommens,
- Zugrundelegung eines fiktiven Einkommens der Antragsgegnerin von maximal brutto 1.007,00 €,
- Feststellungen zur Wohnungsgröße und dem geschätzten Mietzins von 6,00 €.
Zur Darlegung seiner Einkommensverhältnisse, insbesondere zum seiner Ansicht nach hinreichend substantiierten Bestreiten seines von der Antragsgegnerin dargestellten Gesamteinkommens verweist er auf seine Schriftsätze vom 21.11.2007, vom 4.7.2007 und vom 22.12.2006. In seinem Schriftsatz vom 22.12.2006 habe er seine Einkommensverhältnisse detailliert dargelegt und darauf in den nachfolgenden Schriftsätzen, ohne dass dies vom Gericht beanstandet worden sei, Bezug genommen. Ungeachtet dessen habe die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 10.1.2007 sein Einkommen aus nicht selbständiger Tätigkeit für den Zeitraum 10/05 bis 9/06 in Höhe von 2.141,24 € unstreitig gestellt.
Was die Feststellungen zum Wohnwert des von ihm allein bewohnten im Miteigentum der Beteiligten stehenden Einfamilienhauses betrifft, verweist er darauf, dass auf der Grundlage seines – im angefochtenen Urteil offenbar zugrunde gelegten - Vortrags für die Bemessung des Wohnwertes allenfalls eine Wohnungsgröße von 130,18 m² statt 140 m² zugrunde zu legen sei, wobei für die im Dachgeschoss vorhandenen Schrägen noch ein Abzug vorzunehmen sei. Die Schätzung eines Mietzinses von 6,00 € sei nicht nachvollziehbar. Dazu hätte es angesichts der stark divergierenden Darstellungen der Parteien der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurft. Zudem hätten in diesem Zusammenhang die monatlichen Belastungen, wie Zins- und Tilgungsleistungen und auch verbrauchsunabhängige Kosten in Abzug gebracht werden müssen.
Schließlich rügt er, dass das Gericht das unmittelbar bevorstehende Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform nicht berücksichtigt habe.
Er beantragt,
1.das Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 19. Dezember 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise,
2. unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Nauen vom 19. Dezember 2007 die Klage abzuweisen, soweit er verurteilt worden ist, nachehelichen Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung von mehr als 200,00 € monatlich länger als drei Jahre ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen.
Nach Vorlage der Abtretungserklärung des gemeinsamen Sohnes D… vom 5. November 2011 betreffend die Abtretung seiner Unterhaltsansprüche an die Antragsgegnerin für die Zeit bis zum Eintritt seiner Volljährigkeit beantragt die Antragsgegnerin,
die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen und
1. den Antragsteller zu verurteilen, Kindesunterhalt für den am …1992 geborenen Sohn D… N… in Höhe von 136,1 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe, derzeit nach Altersstufe drei, 420,00 € ab Rechtskraft der Scheidung,
2. nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.034,00 € (hiervon 211,00 € Altersvorsorgeunterhalt) zu zahlen.
Die Antragsgegnerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Begehren - Unterhalt für D… in Höhe von 136,1 % sowie nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.034,00 € - weiter. Sie rügt in erster Linie die mangelnde Berücksichtigung ihres Vorbringens im Schriftsatz vom 28.11.2007 (zu § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB) wegen Verspätung. Im Termin am 7.11.2007 sei ein Schriftsatznachlass von 3 Wochen für beide Seiten besprochen worden. In dem am 20.11.2007 übermittelten Protokoll sei dann von einer Frist von nur 2 Wochen die Rede. Da die Fristsetzung nicht bzw. erst durch Zuleitung des Protokolls am 20.11. durch förmliche Zustellung erfolgt sei, sei die Frist am 28.11.2007 noch nicht abgelaufen gewesen. An ihrem diesbezüglichen Vortrag – D… halte sich nicht mehr als im Rahmen des Umgangs üblich beim Antragsteller auf - hält sie unter Beweisantritt fest. In Bezug auf die (geringfügige) Abweisung ihres Antrags auf Unterhalt rügt sie das angenommene fiktive Einkommen unter Hinweis auf ihre Schul- und Berufsausbildung (Hauptschulabschluss, Blumenbinderanlernling) sowie behauptete gesundheitliche Einschränkungen (Kniebeschwerden), die ihr eine vollschichtige Tätigkeit unmöglich machten, als nicht nachvollziehbar.
Der Antragsteller beantragt,
die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Der Senat hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 14. Juli 2010 schriftliche Sachverständigengutachten zur Höhe des Wohnwertes des gemeinsamen Einfamilienhauses der Parteien sowie zu gesundheitlichen Einschränkungen der Antragsgegnerin und deren Auswirkungen auf ihre Erwerbstätigkeit eingeholt. Wegen der sachverständigen Feststellungen wird auf die Feststellungen im Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. Arch. S… vom 17. September 2010 und im Gutachten des Sachverständigen Chefarzt Dr. med. K… vom 23. Juni 2011 verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und der Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
II.
1. Berufung des Antragstellers
Die gemäß §§ 629 a, 517, 519, 520 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Antragstellers hat in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Das Verfahren richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch nach dem bis Ende August 2009 geltenden Prozessrecht, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2011, BeckRS 2011, 27105).
a)
nachehelicher Unterhalt
Im Ansatz ist dem Amtsgericht darin zu folgen, dass der Antragsgegnerin dem Grunde nach allenfalls ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß §§ 1573 Abs. 2 i.V.m. 1578 BGB zustehen kann. Maßgeblich für die Beurteilung ihres Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt ist das materielle Unterhaltsrecht in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung.
(1)
Für einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung ist für den hier maßgeblichen Zeitraum ab Februar/März 2008 bei dem gemeinsamen knapp 16-jährigen Sohn der Beteiligten kein Raum mehr.
(2)
Ebenso wenig hat die Antragsgegnerin einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen gemäß § 1572 BGB n.F. Danach kann ein geschiedener Ehegatte Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen Krankheit oder anderer Gebrechen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach dem eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin wie auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Antragsgegnerin nicht infolge ihrer Beschwerden im Knie eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann. Unstreitig hat die Antragsgegnerin sowohl bis zur als auch nach der Trennung der Parteien eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, indem sie zunächst in den selbständigen Betrieben des Antragstellers mit gearbeitet und nach Trennung der Parteien eine Tätigkeit als Telefonistin aufgenommen hat. Ein umfassender Anspruch der Antragsgegnerin auf Unterhalt wegen Krankheit scheidet danach schon auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens aus.
Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, infolge ihrer Beschwerden im Knie eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht ausüben zu können, wird ihr diesbezügliches Vorbringen durch die Feststellungen des Sachverständigen Dr. K… nicht bestätigt. Allerdings ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass im Fall der krankheitsbedingten Teilerwerbstätigkeit ein Unterhaltsanspruch gemäß §§ 1572, 1573 Abs. 1 BGB bis zur Höhe des durch eine Vollerwerbstätigkeit erzielbaren Mehreinkommens und daneben gegebenenfalls ein Anspruch gemäß § 1573 Abs. 2 BGB bestehen kann, wenn der eigene Verdienst zusammen mit dem Teilanspruch zu seinem vollen Unterhalt nicht ausreicht (BGH FamRZ 2009, 406). Allerdings scheidet § 1572 BGB als Anspruchsgrundlage für einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt aus, wenn eine andere Arbeit vollschichtig möglich ist (Palandt-Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1572 Rn. 17). So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. K…, denen der Senat folgt, ist die Antragsgegnerin trotz der von ihr geschilderten Beschwerden in den Kniegelenken in der Lage, vollschichtig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Zwar leidet die Antragsgegnerin trotz durchgeführter Operationen in den Jahren 1977 und 1997 an beiden Knien an Instabilität der Patella, vor allem im linken Knie. Diese wie im linken Kniegelenk diagnostizierte leichte bzw. im rechten Kniegelenk beginnenden degenerativen Veränderungen führen zu den von der Antragsgegnerin beschriebenen Beschwerden bei Belastung beider Kniegelenke, insbesondere des linken Kniegelenkes bei langem Stehen oder Knien und im linken Kniegelenk auch zu Schwellzuständen. Gleichwohl stehen die diagnostizierten gesundheitlichen Einschränkungen einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin nicht entgegen. Mit Blick auf die festgestellte Arthrose und die anderen Beschwerden sind lediglich die Kniegelenke besonders belastende Tätigkeiten, insbesondere in kniender oder in Zwangshaltung durchzuführende Tätigkeiten zu vermeiden; sitzende Tätigkeiten mit Vermeidung von Zwangshaltung der unteren Extremitäten demgegenüber sind ohne Weiteres möglich und empfehlenswert. Diese Feststellungen sind nachvollziehbar und plausibel. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass eine die Knie stark belastende Tätigkeit bei der getroffenen Diagnose nicht oder jedenfalls nicht vollschichtig ausgeübt werden kann, ohne dass es zu einer Verschlechterung der Beschwerden, insbesondere zu einer Verstärkung der Schmerzen und vermehrt zu Schwellungen im Kniegelenk kommt. Bei dieser Sachlage kommt eine vollschichtige Erwerbstätigkeit in dem angelernten Beruf als Floristin, der überwiegend stehend oder kniend ausgeübt wird, nicht in Betracht. Hingegen kann die Antragsgegnerin jede sitzende Tätigkeit, bei der sie gelegentlich die Beine hoch legen oder sich einige Schritte Bewegung verschaffen kann, vollschichtig ausüben, ohne dass es zu einer Verstärkung der genannten Beschwerden kommt. Eine solche Tätigkeit stellt u. a. auch die von ihr bereits zeitweise ausgeübte Tätigkeit als Telefonistin in einem Callcenter dar.
(3)
Weiter steht der Antragsgegnerin ein Anspruch auf Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 1 BGB wegen Erwerbslosigkeit bereits dem Grunde nach nicht zu. Der Anspruch der Antragsgegnerin auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit gemäß § 1573 BGB setzt voraus, dass der geschiedene Ehegatte eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder ausüben kann und entweder eine angemessene Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nicht finden kann (§ 1573 Abs. 1 BGB). Sinn und Zweck des § 1573 Abs. 1 BGB ist es, den Bedürftigen nach der Scheidung bis zur Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit vor dem sozialen Abstieg zu schützen. Das Prinzip der Eigenverantwortung, § 1569 BGB, ist vorrangig zu beachten.
Erforderlich für den Anspruch aus § 1573 Abs. 1 BGB ist, dass der Unterhaltsberechtigte im Zeitpunkt der Scheidung trotz Erwerbsobliegenheit nicht oder nur teilweise in angemessener Weise erwerbstätig war. Das ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin trifft eine Erwerbsobliegenheit zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit. Dieser ist sie mit der seit 2005 ausgeübten Beschäftigung als Teilzeit-Telefonistin nicht nachgekommen. Ausgehend von vorstehenden Feststellungen zum Fehlen von Krankheit bedingten Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ist sie mangels entgegenstehenden Vorbringens spätestens seit Wegfall des Betreuungsbedarfes für den gemeinsamen Sohn D…, der im Jahr 2005 das zwölfte Lebensjahr vollendet hat, nicht nur ohne Weiteres in der Lage gewesen, ihre Tätigkeit als Telefonistin vollschichtig auszuüben, sondern gemäß § 1361 BGB i.V.m. § 1572 Nr. 2 BGB auch dazu verpflichtet gewesen. Eine vollschichtige Tätigkeit als Telefonistin ist mit Blick auf die schulische und berufliche Vorbildung der Antragsgegnerin wie auch ihre Erwerbsbiografie nicht als unangemessen zu bezeichnen. Die Angemessenheit einer Tätigkeit richtet sich nach § 1574 BGB. Nach dessen Absatz 2 ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Die für einen Ehegatten erreichbare Erwerbstätigkeit ist nicht erst dann angemessen, wenn das damit erzielbare Einkommen den vollen Unterhalt deckt (BGH NJW 85, 1695). Vielmehr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine umfassende Abwägung vorzunehmen. Dabei sind die subjektiven Kriterien in ihrer Gesamtheit umfassend zu würdigen. Daneben ist in objektiver Hinsicht festzustellen, ob für eine danach zumutbare Erwerbstätigkeit eine reale Beschäftigungschance besteht (Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1574 Rn 3 m.w.N.). Mit Blick darauf, dass die Antragsgegnerin nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt und Zeit ihres beruflichen Lebens lediglich als ungelernte Kraft beschäftigt war und sie zudem infolge ihrer Kniebeschwerden in dem angelernten Floristenberuf erwiesenermaßen nicht vollschichtig tätig sein kann, ist zumindest eine vollschichtige Tätigkeit im Callcenter oder in vergleichbaren, eine einseitige Belastung der Kniegelenke vermeidenden Tätigkeitsfeldern wie etwa einem Heimarbeitsplatz als Tagesmutter angemessen. Die Tätigkeit im Callcenter hat die Antragsgegnerin bereits als Teilzeitkraft ausgeübt. Dass sie aus gesundheitlichen Gründen zur Ausweitung dieser Tätigkeit auf eine Vollzeitstelle nicht in der Lage ist, hat sie nicht nachgewiesen. Dass andere, etwa im Bereich des Anstellungsunternehmens und des allgemeinen Arbeitsmarktes liegende Gründe einer Ausweitung ihrer Tätigkeit auf eine Vollzeitstelle entgegenstehen, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Ebenso wenig hat die Antragsgegnerin dargelegt, sich entweder um die Aufstockung ihrer Beschäftigung in zeitlicher Hinsicht bei ihrem damaligen Arbeitgeber oder um eine gegebenenfalls besser bezahlte vollschichtige Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber bemüht und damit der ihr obliegenden Erwerbsobliegenheit in hinreichendem Maße Rechnung getragen zu haben. Bei dieser Sachlage ist für einen Anspruch der Antragsgegnerin auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit kein Raum.
(4)
Für den vom Amtsgericht zugesprochenen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt ist Voraussetzung, dass die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578 BGB) nicht ausreichen (§ 1573 Abs. 2 BGB).
Ausgehend von den vorstehenden Erwägungen wäre zumindest eine vollschichtige Erwerbstätigkeit im Callcenter angemessen; bei einer solchen Tätigkeit würde die Antragsgegnerin bei Hochrechnung des von ihr im Rahmen ihrer Teilzeitbeschäftigung von wöchentlich 20 Stunden erzielten Einkommens ein bereinigtes Einkommen in Höhe von zwischen 880,00 € und 980,00 € erzielen.
Ein Einkommen in dieser Höhe entspricht indessen nicht dem vollen Unterhalt im Sinne des § 1573 Abs. 2 BGB, den das Gesetz nach den Kriterien des § 1578 BGB, insbesondere nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemisst. Gemessen daran schuldet der Antragsteller der Antragsgegnerin Aufstockungsunterhalt (nur) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.
Bei Ermittlung der ehelichen Verhältnisse ist das Amtsgericht im angefochtenen Urteil schon zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Antragsteller den Vortrag und die Berechnung der Antragsgegnerin zu seinem Gesamteinkommen aus nichtselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit nicht bestritten habe. Auf Blatt 217 nimmt er ausdrücklich Bezug auf den Schriftsatz vom 22.12.2006, in dem er sein Gesamteinkommen abweichend von den Berechnungen der Antragsgegnerin ermittelt. Wenn das Amtsgericht die Bezugnahme auf seinen Vortrag auf der ersten Stufe betreffend Auskunft wegen des Eintritts in die zweite Stufe der Stufenklage als nicht hinreichendes Bestreiten hätte unberücksichtigt lassen wollen, hätte es den Antragsteller darauf hinweisen müssen. Ohne entsprechenden Hinweis durfte der von den Berechnungen der Antragsgegnerin abweichende Vortrag des Antragstellers weder als zu wenig substanziiert noch erst recht als zugestanden behandelt werden.
Bei dieser Sachlage kommt es zur Ermittlung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin dem Grunde und der Höhe nach darauf an, von welchem Einkommen des Antragstellers für die ehelichen Verhältnisse im Sinne des § 1578 BGB auszugehen ist. Zu den den Unterhaltsbedarf bestimmenden ehelichen Lebensverhältnissen rechnen sämtliche eheprägende Einkünfte unter Berücksichtigung normaler Einkommensentwicklungen nach der Scheidung. Davon in Abzug zu bringen sind berufsbedingte Aufwendungen, ehebedingte Verbindlichkeiten u.a., ggf. Kindesunterhalt. Maßgeblich dabei sind für den hier in Rede stehenden nachehelichen Unterhalt im Grundsatz die prägenden Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung (Ehinger/Griesche/Rasch, Rn. 482), also hier die im Jahr 2007. Diese ergeben sich, da der Antragsteller im Zeitpunkt der Scheidung Einkünfte aus nichtselbständiger wie selbständiger Erwerbstätigkeit erzielt hat, aus der Addition beider Einkommensarten und mit Blick darauf, dass angesichts der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit der Durchschnitt aus einem Dreijahreseinkommen zu Grunde zu legen ist, aus den Einkünften aus den Jahren 2005, 2006, 2007.
Zu seinem Vortrag und der daraus folgenden Berechnung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit für den Zeitraum 10/05 bis 9/06 hat der Antragsteller Verdienstabrechnungen vorgelegt, aus denen sich ein Jahreseinkommen von insgesamt 21.378,27 € ergibt. Auf den Monat umgerechnet ergibt das durchschnittlich 1.781,50 €.
Dem sind zunächst die Einnahmen aus der seinerzeit noch ausgeübten selbständiger Tätigkeit des Antragsgegners hinzuzusetzen. Zur Ermittlung eines durchschnittlichen jährlichen einheitlichen Einkommens des Antragstellers aus nichtselbständiger und selbständiger Tätigkeit hat der Senat entsprechend seinem Beschluss vom 18. Juni 2008 von den Parteien unwidersprochen Einnahmen und Ausgaben der Jahre 2005 – 2007 gegenübergestellt, daraus die Summe gebildet und das Ergebnis auf drei Jahre verteilt.
1. Einkommen Antragsteller aus Erwerbstätigkeit | |||
a) 2005 | |||
aa) nichtselbständige Tätigkeit | 20.233,58 € | ||
: 12 | = | 1.686,13 € | |
./. VBl-Anteil | 39,72 € | ||
./. 5% berufsbedingte Aufwendungen | 84,31 € | ||
= | 1.562,10 € | ||
./. Kindesunterhalt D… | 300,00 € | ||
= | rund | 1.262,00 € | |
bb) selbständige Tätigkeit | 18.226 € | (lt. ESt-Bescheid v. 7.5.07) | |
./. | 10.605,35 € | ||
= | 7.620,65 € | ||
: 12 | 635,05 € | ||
Summe von aa) und bb) =: | 1.897,05 € | ||
b) 2006 | |||
aa) nichtselbständige Tätigkeit | 21.419,82 € | ||
./. | 441,15 € | (Steuerpfändungen 10 – 12/06) | |
= | 20.978,67 € | ||
: 12 | 1.748,22 € | ||
./. | 41,85 € | LBV Anteil | |
./. 5% berufsbedingte Aufwendungen | 85,31 € | ||
= | rund | 1.621,00 € | |
./. Kindesunterhalt D… | 300,00 € | ||
= | 1.321,00 € | ||
bb) selbständige Tätigkeit | 9.992,33 € | (Gewinn ausweisl. EÜR Bistro 2006) | |
./. | 2.300,22 € | (Verlust ausweisl. EÜR Automaten 2006) | |
./. Steuern | 715,68 € | ||
= Gesamt | 6.976,43 € | ||
: 12 | 581,40 € | ||
Summe von aa) und bb) = | 1.902.40 € | ||
c) 2007 | |||
aa) nichtselbständige Tätigkeit | 19.048,36 € | ||
: 12 | 1.587,36 € | ||
./. VBL – Anteil | 40,79 € | ||
= | 1.546,57 € | ||
./. berufsbedingte Aufwendungen | 77,33 € | ||
./. Steuerpfändungen 1.863,45 € : 12 | 155,29 € | ||
./. Kindesunterhalt | 300,00 € | ||
= | 1.013,95 € | ||
bb) selbständige Tätigkeit | 0,00 € | ||
Summe von aa) und bb) = | 1.013,95 € |
Im Dreijahresdurchschnitt ergibt sich daraus ein einzusetzendes Einkommen des Antragstellers in Höhe von 1.014,00 € + 1.902,00 € + 1.897,00 € = 4.813,00 € : 3 = 1.604,33 €, rund 1.604,50 €. Unter Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 verbleibt auf Seiten des Antragstellers ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 1.604,50 € - 229,20 € = 1.375,30 €. Soweit die Antragsgegnerin meint, die Pfändungen der Steuerschulden des Antragsgegners seien bei der Ermittlung seines Einkommens nicht zu berücksichtigen, weil sie dafür weder verantwortlich sei noch diese in die Zeit ihres Zusammenlebens mit dem Antragsteller fallen, ist das rechtlich unbeachtlich. Bei den Steuerverbindlichkeiten des Antragstellers, deretwegen die Vollstreckung in sein monatliches Gehalt erfolgt, handelt es sich um Verbindlichkeiten, die während der Ehezeit und noch für die Zeit nach der Scheidung bis auf Weiteres das für die Lebensführung zur Verfügung stehende Einkommen aus selbständiger Tätigkeit verringern. Dem kann die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Antragsteller in den Jahren zuvor über hinreichende finanzielle Mittel verfügt habe, um die Steuerverbindlichkeiten zu begleichen. Zum einen hätten die nunmehr aufgrund Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamtes N… vollstreckten Steuerverbindlichkeiten des Antragstellers für die von ihm als Selbständiger betriebenen Unternehmen das Familieneinkommen lediglich zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich bereits in den Vorjahren entsprechend vermindert. Auf die grundsätzliche Berechtigung des Antragstellers, die Steuerschulden einkommensmindernd abzusetzen, hat dies jedoch keinen Einfluss. Zum anderen ist ihr diesbezügliches Vorbringen zu wenig substanziiert und nicht ausreichend. Allerdings ist der Unterhaltspflichtige für das Vorhandensein und die Berechtigung von Abzugsposten von seinem nachgewiesenen Einkommen darlegungs- und beweispflichtig. Dem genügt der Antragsteller jedoch mit dem Vorbringen zum unstreitigen Bestand von Verbindlichkeiten und deren Vollstreckung. Ohne konkretes Bestreiten des Unterhaltsberechtigten zur Berücksichtigungsfähigkeit von Schulden ist nicht erforderlich, dass er darüber hinaus konkret zu den genauen Umständen der Entstehung der Verbindlichkeiten Angaben macht. Dies gilt selbst mit Blick darauf, dass dem Umstand, dass der Antragsgegner seine Steuerverbindlichkeiten in den Vorjahren nicht freiwillig erfüllt, sondern es zur Vollstreckung hat kommen lassen, mit Blick darauf, dass dafür die ehelichen Verhältnisse zur Zeit der Scheidung maßgeblich sind. Für die Bemessung des Anspruchs der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt Bedeutung zukommen könnte insofern, als Steuerleistungen in den Jahren aus der Zeit vor dem für die Ermittlung von Einkommen Selbständiger maßgeblichen Dreijahreszeitraum, also bis einschließlich 2004, möglicherweise keine nachteiligen Auswirkungen auf das Gesamteinkommen des Antragstellers gehabt hätten. Der Antragsteller hat auf die Stufenlage hin umfassend Auskunft über seine Einkommensverhältnisse aus der Zeit seit Trennung der Parteien erteilt. Auf Grundlage der diesbezüglichen Einkünfte wäre es der Antragsgegnerin ohne Weiteres möglich gewesen, ihr Vorbringen zu konkretisieren.
Bei Zugrundelegung des Durchschnitts des vom Antragsteller erzielten Dreijahreseinkommens in den Jahren 2006, 2007 und 2008 würde sich das auf Seiten des Antragstellers einzusetzende Einkommen aus Erwerbstätigkeit mangels eines aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielten Gewinns auf noch nicht um Kindesunterhalt und Erwerbstätigenbonus bereinigte 1.467,10 € vermindern. Nach Abzug des Zahlbetrages für den gemeinsamen Sohn D… in Höhe von 300,00 € verbliebe ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 1.167,10 €, der sich unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus auf 1.000,34 € verminderte.
2. Für die Zeit bis einschließlich Ende 2007, dem dem Unterhaltsbeginn vorangehenden Bemessungszeitraum ist auf Seiten des Antragstellers ein sein aus Erwerbstätigkeit erzieltes Einkommen erhöhender Wohnwert des im Wesentlichen von ihm allein genutzten Familienheimes nicht hinzuzusetzen. Zwar ist der Mietwert des Wohnens in eigener Wohnung (eigenem Haus) unterhaltspflichtiges Einkommen. Er ist grundsätzlich bedeutsam sowohl für die Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen i.S.d. § 1587 BGB (Bedarf) als auch für die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Für den hier maßgeblichen Unterhaltszeitraum beginnend ab dem 21. März 2008 kann ein positiver Mietwert ausgehend von den noch im Jahr 2007 vom Antragsteller aufgewendeten Kosten für Zins und Tilgung indessen nicht festgestellt werden.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen S…, die die Parteien im Termin am 9. November 2011 übereinstimmend als verbindlich anerkannt haben, belief sich der Wohnwert für das gemeinsame Einfamilienhaus bis einschließlich Juni 2009 auf 766,40 €. Die monatlichen Zins- und Tilgungsleistungen sowie die verbrauchsunabhängigen Kosten überstiegen diesen bis zum Wegfall der Zins- und Tilgungsraten gegenüber der I… ab Januar 2008 um rund 130,00 €. Als vom Wohnwert abzusetzende Belastungen sind neben den unstreitigen monatlichen Zinslasten von 545,60 € die Tilgungsraten i.H.v. 137,40 € anzuerkennen, d.h. 683,00 € (vgl. BGH FamRZ 1998, 899, 901). Zum einen sind nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch Tilgungsleistungen unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Altersvorsorge in Höhe von bis zu 4 % des Bruttoeinkommens grundsätzlich anerkennungsfähig (BGH FamRZ 2007, 799, 881). Das wären hier bis zu 100,00 €, so dass ausgehend von einem Wohnwert von 766,40 € nach Abzug der neben den Zinslasten anzuerkennenden verbrauchs-unabhängigen Belastungen von 13,00 € Grundsteuer und 645,60 € Zins- und Tilgung ein restlicher Wohnwert von 121,40 € verbliebe. Zum anderen sind Zahlungen für Zins- und Tilgungsleistungen dann, wenn sie – wie hier – den Wohnwert übersteigen, dann anzuerkennen, wenn die geschiedenen Ehegatten noch Miteigentümer sind, der das Haus bewohnende Ehegatte mietfrei wohnt und die Verbindlichkeiten allein trägt, weil dann die Fortzahlung von Zins- und Tilgungsverpflichtungen im Interesse beider Ehegatten liegt (BGH FamRZ 95, 869, 871; Ehinger/Griesche, Handbuch Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Rn. 494). Da nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen allenfalls für die Zeit ab Wegfall der Zins- und Tilgungslasten bei der I… in Höhe von 216,66 € monatlich ein positiver Wohnwert verbleibt und bis dahin die Lasten den Wohnwert sogar übersteigen, ist für die Annahme eines das Einkommen des Antragstellers erhöhender Wohnvorteil bis einschließlich Dezember 2007 kein Raum.
Dem danach zur Ermittlung der ehelichen Verhältnisse zugrunde zu legenden Gesamteinkommen des Antragstellers in Höhe von 1.375,30 € ist das Einkommen der Antragsgegnerin hinzuzusetzen und dann nach Abzug eheprägender Verbindlichkeiten entsprechend dem Halbteilungsgrundsatz zu teilen.
Ausweislich der beigefügten Verdienstabrechnungen hat die Antragsgegnerin im Jahr 2007 ein durchschnittliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von netto 540,00 €, abzgl. 5 % berufsbedingter Aufwendungen rund 513,00 € erzielt. Bereinigt um einen Erwerbstätigenbonus von 1/7 verbleiben rund 440,00 € (513,00 € ./. 73,29 € = 439,71 € ).
Der Gesamtbedarf der Ehegatten beläuft sich danach bis Dezember 2007 auf 1.815,00 € (1.375,30 € + 439,70 €). 50 % davon entfallen auf die Antragsgegnerin; das sind 908,00 €.
Dieser Bedarf der Antragsgegnerin ist ausgehend von dem tatsächlich erzielten eigenen Einkommen in Höhe von 440,00 € durch eigenes Einkommen gedeckt. Am Ende der Ehezeit verbleibt mithin ausgehend von ihrem tatsächlich erzielten Einkommen noch ein ungedeckter Bedarf von 468,00 €, bei Zugrundelegung des fiktiv mindestens zu erzielenden Einkommens aus vollschichtiger Tätigkeit in Höhe von ca. 880,00 € ein ungedeckter Bedarf von noch 28,00 €.
Da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (FamRZ 1992, 1045, 1046 f; BeckRS 2011, 27105 Rn. 18), der der Senat folgt, bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nacheheliche Einkommensveränderungen schon im Rahmen der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen sind, sofern sie unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar, insbesondere als leichtfertiges, unterhaltsrechtliche Belange des anderen missachtendes Verhalten zu bewerten sind (BGH FamRZ 2003, 590, 592; FamRZ 2006, 683 ff), ist der für die Zeit bis Dezember 2007 ermittelte Bedarf nicht ohne Rücksicht auf die drastischen Veränderungen in der Einkommenssituation des Antragstellers zugrunde zu legen.
Ausweislich der vom Antragsteller zu den Akten gereichten Einnahme/Überschussrech-nungen für seine selbständig geführten Betriebe haben im Jahr 2008 die Ausgaben sowohl für die Automatenaufstellung als auch für das Bistro die Einnahmen deutlich überstiegen, hat der Antragsteller mithin keinen Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielt. Aus diesem Grund hat er beide Unternehmen im Folgejahr 2009 bzw. Anfang 2010 abgemeldet und deren Betreib eingestellt.
Es ist von Seiten der Antragsgegnerin weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Einnahmerückgänge aus den selbständigen Betrieben des Antragstellers auf leichtfertigem, die unterhaltsrechtlichen Belange der Antragsgegnerin missachtenden Verhalten beruhen. Der Antragsteller hat dazu unwidersprochen vorgetragen, dass insbesondere im Umfeld des von ihm betriebenen Bistro im hier maßgeblichen Zeitraum die Konkurrenz durch andere Imbisse gewachsen und für den Einkommensrückgang verantwortlich ist. Dass der Antragsteller dann den Betrieb eines nicht mehr rentabel zu führendes Bistro einstellt, ist nicht vorwerfbar, sondern unternehmerisch sinnvoll. Sein diesbezügliches Vorbringen wird bestätigt durch die aus den vom Antragsteller für das Jahr 2008 vorgelegten Unterlagen, ersichtlichen Zahlen. Der in der Einnahme/Überschussrechnung ausgewiesene Verlust sowie die beträchtliche Höhe der aus der Selbständigkeit aufgelaufenen Verbindlichkeiten legt es selbst unter der Prämisse, dass die Unterlagen nicht ohne Weiteres für die Unterhaltsberechnung übernommen werden können, nahe, dass eine Fortsetzung der Betriebe wirtschaftlich sinnvoll oder gar gewinnbringend nicht möglich war. Nachdem sich danach das Einkommen des Antragstellers aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 2007 und den Folgejahren in einem gravierenden Ausmaß verringert hat, ohne dass ihm insoweit ein Vorwurf gemacht würde oder gemacht werden könnte, erscheint es mit Blick auf die Einstellung der selbständigen Tätigkeiten des Antragstellers im Jahr 2009 sachgerecht, für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin ausschließlich auf dessen Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit abzustellen.
Ausgehend von dem dem Antragsteller im Jahr 2008 nach Abzug von Pfändungen wegen Steuerschulden verbleibenden Nettoeinkommen von monatlich rund 1.563,00 € ist für den Bedarf nach Abzug von berufsbedingten Aufwendungen in Höhe von 5 % = 78,15 € ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 1.484,85 € einzusetzen. Abzusetzen davon ist, da hier nur Unterhaltsansprüche des minderjährigen Kindes aus der Zeit ab Januar 2008 in Rede stehen, nicht der Tabellenbetrag, sondern der Zahlbetrag des Antragstellers für den Kindesunterhalt in Höhe von 300,00 € = 1.184,00 €, vgl. Ehinger/Griesche, a.a.O., Rn. 503. Davon abzusetzen ist schließlich der Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 = 169,26 €, so dass auf Seiten des Antragstellers ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 1.015,00 € zur Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse anzusetzen ist.
Hinzuzusetzen ist dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein Wohnvorteil in Höhe der ab August 2008 weggefallenen Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber der I… in Höhe von 216,66 €. Insgesamt sind danach auf Seiten des Antragstellers für das Jahr 2008 die eingesparten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 216,66 € auf den Monat umgerechnet in Höhe von rund 90,28 € (216,66 € x 5 = 1.083,30 € : 12 = 90,275 €) dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit hinzuzusetzen = 1.105,28 €, für die Zeit ab Januar 2009 in vollem Umfang, mithin in Höhe von 216,66 € monatlich hinzuzusetzen, so dass insgesamt ein Einkommen in Höhe von aufgerundet 1.232,00 € (1.015,00 € + 216,66 € ) als Einkommen des Antragstellers einzusetzen ist.
Das Einkommen der Antragsgegnerin ist ausweislich der für das Jahr 2008 eingereichten Verdienstbescheinigungen geringfügig gestiegen (rund 600,00 € netto ./. 30,00 € berufsbedingte Aufwendungen = 570,00 x 6/7 = 488,57 €, rund 489,00 €), was bei einer fiktiven Vollzeiterwerbstätigkeit der Antragsgegnerin umgerechnet rund 980,00 € entspricht.
Im Jahr 2009, in dem der Antragsteller seit 25. Juni des Jahres Krankengeld in Höhe von monatlich 1.473,30 € bezogen hat, würde sich selbst bei im Übrigen unveränderter Fortschreibung der Einkommensverhältnisse des Antragstellers eine geringfügige Erhöhung des Gesamteinkommens daraus ergeben, dass das ihm über mehr als sechs Monate gewährte Krankengeld weder um berufsbedingte Aufwendungen noch um einen Erwerbstätigenbonus zu kürzen wäre (BGH FamRZ 2009, 307). Auf das Jahr umgerechnet ergäbe sich daraus anstelle des für das Jahr 2008 nach Abzug des Zahlbetrages von 300,00 € Kindesunterhalt ermittelten Einkommens aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 1.015,00 € ein solches in Höhe von rund 1.226,00 € (1.015,00 € x 6 = 6.090,00 € + 1.437,30 € x 6 = 8.623,80 € = 14713,80 € : 12 = 1.226,15 €), unter Berücksichtigung des durch Wegfall der Tilgungsbelastung von 216,66 € realisierbaren Wohnvorteils in Höhe von 1.442,66 €.
Für das Jahr 2010, dem Wegfall der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem gemeinsamen Sohn D…, ab Juli 2010, in Höhe von monatlich je 300,00 € würde sich das für den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ab 2011 maßgebliche Gesamteinkommen anteiliger Anrechnung auf das Jahr um monatlich 150,00 € erhöhen. Zusammen mit dem Übergangsgeld des Antragstellers in Höhe von 1.426,80 €, den gesparten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 216,66 € würde sich das dem Antragsteller zur Verfügung stehende Gesamteinkommen auf 1.793,46 € summieren, rund 1.793,00 €. Da weder von dem dem Antragsteller gezahlten Krankengeld noch von dem ihm bewilligten Übergangsgeld im Rahmen der Bedarfsermittlung der Erwerbstätigenbonus noch berufsbedingte Aufwendungen in Abzug zu bringen sind (BGH FamRZ 2009, 307), ergäbe sich bei Hinzusetzen eines fiktiven Vollzeiterwerbseinkommens der Antragsgegnerin von 980,00 € ein Gesamtbedarf in Höhe von 2.773,00 €.
Der Gesamtbedarf für die Zeit ab Januar 2008 beläuft sich danach auf rund 2.085,00 € (1.105,28 € + 980,00 €),
für die Zeit ab 2009 auf 2.112,00 € (1.232,00 € + 980,00 €),
für die Zeit ab 2010 auf 2.422,66 € (1.442,66 € + 980,00 €),
für die Zeit ab 2011 auf 2.773,00 € (1.793,00 € + 980,00 €).
Der entsprechende anteilige Bedarf der Antragsgegnerin beliefe sich auf je 50 % davon, also
für das Jahr 2008 auf 1.042,50 €,
für das Jahr 2009 auf 1.056,00 €,
für das Jahr 2010 auf 1.211,33 € und
für das Jahr 2011 auf 1.386,50 €,
bei eigenem fiktiv anrechenbaren Einkommen von 980,00 € ungedeckt in Höhe von
62,50 € für das Jahr 2008,
76,00 € für das Jahr 2009,
231,33 € für das Jahr 2010 und
406,50 € für das Jahr 2011.
Gleichwohl ist der Antragsgegnerin ein so errechneter Unterhaltsanspruch nicht zuzugestehen. Bei den das Gesamteinkommen der Parteien erhöhenden Umständen handelt es sich nur in Bezug auf den Wegfall der Zins- und Tilgungsbelastung gegenüber der I… und der Unterhaltszahlung für D… um vorhersehbare, die Einkommensverhältnisse nachhaltig beeinflussende Faktoren. Die Erhöhungen des Gesamteinkommens, die sich aus der mangelnden Berücksichtigung von Pauschalen für berufsbedingte Aufwendungen und den Erwerbstätigenbonus ergeben, sind demgegenüber nur vorübergehender Natur und für die Bemessung des auf die Zukunft gerichteten Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt nicht heranzuziehen, sondern statt dessen das bis zuletzt erzielte Erwerbseinkommen des Antragstellers aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit fortzuschreiben und zugrunde zu legen.
Bei Fortschreibung des zuletzt bis zu seiner Erkrankung erzielten um eine Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen bereinigten Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.484,85 € ergibt sich für das Jahr 2010 unter Berücksichtigung der anteilig verminderten Unterhaltszahlung um 150,00 € und eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 ein auf das Gesamteinkommen anrechenbares Einkommen des Antragstellers in Höhe von 1.144,16 € (1.484,85 € ./.150,00 € = 1.334,85 € x 6/7), für das Jahr 2011 ein einzusetzendes Einkommen des Antragstellers von 1.272,73 € (um berufsbedingte Aufwendungen und Pfändungen bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.484,85 € x 6/7).
Daraus errechnet sich unter zusätzlicher Berücksichtigung des Wegfalls der monatlichen Raten an die I… für das Jahr 2010 ein Gesamtbedarf in Höhe von 2.124,16 € (1.144,16 € + 980,00 € fiktives Einkommen) und für die Zeit ab 2011 in Höhe von 2.252,73 € (1.272,73 € + 980,00 € fiktives Einkommen).
Da die Erhöhung des Gesamteinkommens infolge Wegfall der Zins- und Tilgungsleistungen ab August 2008 voraussehbar war und die Differenz zwischen den Gesamteinkommen in 2008 und 2009 geringer als 10 % ist, erscheint es mit Blick auf den ebenfalls vorhersehbaren Wegfall der Unterhaltspflicht des Antragstellers gegenüber D… ab Juli 2010 angemessen, den erst im Jahr 2009 vollumfänglich entstehenden Vorteil aus dem Wegfall der Zinsbelastung bereits für das Jahr 2008 anteilig und ab 2009 vollumfänglich sowie den Fortfall der Unterhaltszahlungen für den gemeinsamen Sohn D… ab Juli 2010 anzusetzen.
Danach ergibt sich ausgehend von einem fiktiven Vollzeiteinkommen ein durch Aufstockungsunterhalt zu befriedigender Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin
für die Zeit ab 22. März 2008 in Höhe von 62,50 €,
für das Jahr 2009 in Höhe von 76,00 €,
für das Jahr 2010 in Höhe von 132,00 € (1.112,00 € ./. 980,00 €) und
ab 2011 in Höhe von 146,00 € (1.126,00 € ./. 980,00 €).
Mit Blick auf die beiderseitigen geringen Einkommensverhältnisse hält der Senat es für gerechtfertigt, einen Unterhaltsanspruch in der geringen Höhe zuzuerkennen. Allerdings ist streitig, ob im Rahmen von § 1573 Abs. 2 BGB geringfügige Einkommensdifferenzen auszugleichen sind. Zum Teil wird entsprechend dem Normzweck angenommen, dass ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in der Regel nur in Betracht komme, wenn er 10 % des bereinigten Nettoeinkommens des Bedürftigen übersteigt (u. a. OLG Brandenburg, NJW-RR 06, 944). Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann im zur Entscheidung stehenden Fall offen bleiben. Angesichts der der Antragsgegnerin aus fiktiver Vollerwerbstätigkeit anzurechnenden geringen Höhe des erzielbaren Einkommens erscheint ein vollständiger Ausschluss des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen nicht gerechtfertigt.
In Höhe des danach für die Zeit nach der Scheidung bestehenden Unterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin ist der Antragsteller ausgehend von seinem eigenen Vorbringen auch für den Zeitraum ab Mai 2009, dem Bezug von Krankengeld in Höhe von monatlich 1.473,30 € sowie für die Zeit ab Mai 2010, dem Bezug von Übergangsgeld in Höhe von monatlich 1.426,80 € leistungsfähig.
(5)
Für einen Ausschluss des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen ergeben sich nach dem Vorbringen der Parteien keine hinreichenden Anhaltspunkte.
(6)
Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist allerdings gemäß § 1578b Abs. 2 BGB wie aus dem Tenor ersichtlich zu befristen. Eine zeitliche Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1573 Abs. 5, 1578 b BGB möglich, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter, jedenfalls aber ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch orientiert an den eheprägenden Verhältnissen unbillig wäre. Die v.g. Vorschriften betreffend die zeitliche Befristung und die Herabsetzung auf den angemessenen Unterhalt können miteinander kombiniert werden.
Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben, vgl. BGH Urteil vom 26.10.2011, Az.: XII ZR 162/09. Die Darlegungs- und Beweislast für die eine Herabsetzung/Befristung des Unterhaltsanspruchs rechtfertigende Anordnung zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände liegt grundsätzlich bei dem Verpflichteten. Er hat die Gründe für die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 1578b BGB, die zu seinen Gunsten für eine Herabsetzung und/oder Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs sprechen, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (Ehinger/Griesche/Rasch, a.a.O., Rn. 527). Die Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Beweis negativer Tatsachen dahin, dass den Unterhaltsberechtigten die sogenannte sekundäre Darlegungs- und Beweislast trifft. Im Rahmen von § 1578b BGB hat diese zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, ehebedingte Nachteile seien nicht entstanden, substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden, BGH, ebd., Rn. 23. In die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Billigkeitsprüfung sind die Umstände des Einzelfalls sowie die Interessen beider Parteien einzubeziehen. Dazu hat der Unterhaltsberechtigte seine konkreten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten sowie das Vorhandensein der dafür erforderlichen Eignung und Bereitschaft darzulegen. Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Antragsgegnerin nicht. Sie hat sich lediglich darauf berufen, seit 1992 zumindest bis zum heutigen Tag überwiegend die Betreuung des gemeinsamen Sohnes D… wahrgenommen zu haben. Der Antragsteller bezweifelt allerdings, dass diese Betreuung ursächlich war und für das Einkommensgefälle zwischen den Parteien, mithin, dass es sich dabei um einen ehebedingten Nachteil handelt und bringt dazu in seinem Schriftsatz vom 27.5.2008 - bislang unwidersprochen - vor, dass die Antragsgegnerin in der Zeit von 1983 (Eheschließung) bis 1992 (Geburt des Sohnes D…), das sind immerhin 9 Jahre, Gelegenheit hatte, eine Berufsausbildung zu absolvieren. Davon habe sie keinen Gebrauch gemacht, ohne dass es eine entsprechende Absprache zwischen den Parteien gegeben hätte. Ihr bloß pauschaler Vortrag, die Rollenverteilung sei insofern „klassisch“ gewesen, reicht nach den vorstehenden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Anforderungen an die Darlegung ehebedingter Nachteile nicht aus und ist zudem nicht schlüssig.
Die Antragsgegnerin hat nach der Eheschließung unstreitig im Jahr 1986 eine Beschäftigung als Tagesmutter, im Jahr 1987 eine solche in der BVG-Kantine und im Jahr 1990 eine solche als Reinigungskraft ausgeübt. Keine dieser Tätigkeiten deutet auf eine ausschließlich klassische Rollenverteilung hin; zudem war keine dieser Tätigkeiten dazu geeignet, ihr berufliches Fortkommen als angelernte Blumenbinderin zu fördern.
Nicht einmal für die Zeit ab Geburt des gemeinsamen Sohnes D.. im Jahr 1993 kann nicht ohne substanziiertes Vorbringen der Antragsgegnerin davon ausgegangen werden, dass dessen Betreuung und die Haushaltsführung durch sie in diesem Zeitraum von immerhin bis zur Trennung der Parteien neun Jahren und bis zur Rechtskraft der Scheidung 15 Jahren ihre Erwerbsmöglichkeiten nachhaltig beeinträchtigt haben. Die Antragsgegnerin hat unstreitig im Bistro des Antragstellers mit gearbeitet und zudem ebenso unstreitig 10 Jahre nach der Geburt des Sohnes D… ihre Beschäftigung im Callcenter aufgenommen. Auch diese Beschäftigung steht in keinerlei Zusammenhang mit ihrer beruflichen Situation im Zeitpunkt der Eheschließung und ihren seinerzeit gegebenenfalls vorhandenen Absichten und Vorstellungen über ihre berufliche Zukunft ohne Eheschließung.
Selbst unter weiterer Berücksichtigung der Ehedauer ergibt sich eine abweichende Beurteilung nicht. Für die Berechnung der Ehedauer ist auf die Zeit zwischen Eheschließung und Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags abzustellen, hier Eheschließung 23.3.1983 - Zustellung Scheidungsantrag 8.9.2005, mithin ist von einer Ehedauer von über 20 Jahren (22 1/2 Jahre) auszugehen.
Allerdings haben schon die nach der bisherigen Rechtslage vorgesehenen Gründe, bei einer langen Ehedauer eine Befristung oder Begrenzung nach §§ 1578 Abs. 1 S. 2, 1573 BGB a.F. auszuschließen, ihre Rechtfertigung nicht in der Dauerhaftigkeit der Ehe an sich gefunden, sondern haben an die Verfestigung ehebedingter Nachteile in der Einkommenssituation und in der beruflichen Entwicklung angeknüpft. In der Regel wird davon ausgegangen, dass sich mit zunehmender Ehedauer die wirtschaftliche Abhängigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten verfestigt. Je stärker seine finanzielle Abhängigkeit ist und je geringer seine Chancen sind, eigenverantwortlich für einen angemessenen Unterhalt zu sorgen, desto mehr fällt seine Interessenlage bei der Abwägung ins Gewicht, wobei auch immer die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten zu beachten sind (BGH, FamRZ 1982, 894, 895). Je weniger eine wirtschaftliche Verflechtung beider Ehegatten und das schützenswerte Bedürfnis eines Ehegatten nach Absicherung durch den Unterhalt festzustellen ist, desto weniger kommt der Ehedauer Gewicht zu (OLG Düsseldorf, FamRZ 2006, 1040, 1041). Hier bestand die Ehe der Parteien zwar knapp 22 ½ Jahre. Allerdings war die Antragsgegnerin schon während der Trennung und erst recht während der Ehe keinesfalls wirtschaftlich völlig vom Antragsteller abhängig, sondern hat jedenfalls - wenn auch in geringerem Umfang – über ein eigenes Einkommen aus ihrer Mithilfe/Tätigkeit im Bistro des Antragstellers verfügt und zudem drei Jahre nach der Trennung eine Beschäftigung im Callcenter aufgenommen. Mit dieser schon in der Trennungszeit begonnenen Erwerbstätigkeit hat die Antragsgegnerin die Entflechtung der beiderseitigen Lebensverhältnisse frühzeitig eingeleitet. Bei dieser Sachlage steht weder die von der Antragsgegnerin behauptete einvernehmliche Rollenverteilung in der Ehe noch die langjährige Dauer der Ehe einer Befristung ihres Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt von vornherein entgegen.
Schließlich ist die im Jahr 1960 geborene Antragsgegnerin keineswegs in einem Alter, das es ihr unmöglich machen oder erheblich erschweren würde, auf dem regulären Arbeitsmarkt eine vollschichtige Beschäftigung zu finden. Ihre grundsätzliche Beschäftigungsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich schon daran, dass sie nicht nur eine Beschäftigung im Callcenter ausgeübt hat, sondern ausweislich der von ihr zu den Akten gereichten Bewerbungsunterlagen aus dem Jahr 2009 ebenfalls eine solche – ebenfalls in Teilzeit – als Servicekraft in einem Hotel. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sie mit Blick auf ihre Erwerbsbiografie, ihr Alter oder den Arbeitsmarkt nur eine Teilzeiterwerbstätigkeit finden könnte. Zwar werden gerade für Hilfstätigkeiten häufig Teilzeitkräfte eingestellt. Das bedeutet jedoch nicht, dass gering qualifizierte Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt trotz und bei entsprechenden Bemühungen keine Chance haben, eine Vollerwerbstätigkeit auszuüben oder mehrere Teilzeittätigkeiten auszuüben.
Vor diesem Hintergrund erscheint es auch und gerade mit Blick auf die Einkommenssituation des Antragstellers, dessen Einkünfte sich nach Einstellung seiner selbständigen Tätigkeiten im unteren Einkommensniveau bewegen, gerechtfertigt, den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zu befristen. Auch wenn dafür eine klare Zeitgrenze nicht existiert, hält der Senat die Befristung auf fünf Jahre nach Rechtskraft der Scheidung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls für angemessen. Die Antragsgegnerin hat seit Aufnahme ihrer Tätigkeit im Callcenter im Jahr 2005, spätestens seit der Diskussion um die Änderungen im Unterhaltsrecht im Jahr 2007 viele Jahre Zeit und Gelegenheit gehabt, sich um ihrer Erwerbsbiografie angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen und sich auf die damit einhergehende zeitliche Endlichkeit ihres nachehelichen Unterhaltsanspruchs einzustellen. Dies zeigt sich bereits daran, dass sie schon während der langjährigen Trennung von immerhin nahezu sechs Jahren davon Abstand genommen hat, den Antragsteller gerichtlich auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch zu nehmen.
2. Berufung der Antragsgegnerin
Die gemäß §§ 629 a, 517, 519, 520 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
a)
nachehelicher Unterhalt
Soweit die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.034,00 € weiter verfolgt, ist ihre Berufung aus den unter II.1.dargestellten Gründen unbegründet.
b)
Kindesunterhalt
Was den Anspruch auf Kindesunterhalt betrifft, ist die Antragsgegnerin nach der am 5. November 2011 erfolgten Abtretung der Ansprüche des Sohnes D… an sie sowie die entsprechende Umstellung ihres diesbezüglichen Vorbringens und des Klageantrags in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahin, dass der geltend gemachte Anspruch auf Kindesunterhalt in Höhe von 136,1 % nur noch für die Zeit bis zur Volljährigkeit des Sohnes aus abgetretenem Recht beansprucht werde, prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert.
Der Wirksamkeit der Abtretung steht § 400 BGB nicht entgegen. Allerdings können Unterhaltsansprüche, auch solche betreffend Rückstände, grundsätzlich nicht abgetreten werden (Johannsen/Henrich-Graba, Familienrecht, 5. Aufl., § 1614, Rn. 6). Seinem Zweck nach ist § 400 BGB jedoch nicht anwendbar, wenn der Zedent vom Zessionar eine wirtschaftlich gleichwertige Leistung erhält. Dementsprechend ist die Abtretung des Anspruchs auf Kindesunterhalt an die Mutter, die das Kind unterhalten hat, wirksam (OLG Bremen, NJW-RR 02, 361). Dies ist auf den folgenden Fall übertragbar. Der Kindesunterhalt ist – wie nachfolgend aufgezeigt – vom Antragsteller bis auf geringfügige Rückstände regelmäßig gezahlt worden. Eine Gefährdung des Unterhalts für den Sohn stand zu keiner Zeit in Rede. Bei der gebotenen teleologischen Auslegung der Norm besteht bei dieser Sachlage für eine Unwirksamkeit der Abtretung gemäß § 400 BGB kein Anlass oder gar eine Notwendigkeit.
Allerdings ist ihre Klage nur in einem geringen Umfang in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers scheitert der Anspruch des Sohnes D… auf Kindesunterhalt nicht von vornherein daran, dass der Antragsteller den dem gemeinsamen Kind geschuldeten Unterhalt in Gestalt von Betreuung des gemeinsamen Sohnes erbracht hat und deshalb gemäß § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB zum Barunterhalt nicht (mehr) verpflichtet ist. Betreuen – wie der Antragsteller geltend macht - beide Eltern trotz ihrer Trennung das Kind gemeinsam, kommt es darauf an, bei wem der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Erziehung liegt. Schon bei einem Anteil von 2/3 zu 1/3 Betreuung bleibt es zu Gunsten des das Kind zu 2/3 betreuenden Elternteils bei der Regel des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB (BGH FamRZ 2006, 1015). Selbst auf der Grundlage des Vorbringens des Anragstellers ist für den hier maßgeblichen Zeitraum bis zum Erreichen der Volljährigkeit des Sohnes D… von einem den Anteil des Antragstellers eindeutig überwiegenden Betreuungsanteil der Antragsgegnerin auszugehen. Dies gilt selbst für den Fall, dass D… regelmäßig die Zeit zwischen Schulschluss und 18.00 Uhr bis 19.00 Uhr im Haushalt des Antragstellers verbracht haben sollte. Ausgehend von einem 24-Stunden-Tag, von dem allein mindestens 5 bis 6 Stunden auf den Schulbesuch entfallen, macht die Zeit zwischen Schulschluss (zwischen frühestens 13.00 Uhr und frühen Abend) nur einen geringen Anteil an dem für die Betreuung des Sohnes im Haushalt der Antragsgegnerin verbleibenden Zeitkontingent von mindestens 12 Stunden (spätestens ab 19.00 Uhr bis ca. 7.00 Uhr morgens) aus.
Für die Bemessung der Höhe des Unterhaltsanspruchs des Sohnes D… ab 1. Januar 2008 ist ausgehend von den Feststellungen unter II.1. ein für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Gesamteinkommen in Höhe von rund 1.575,00 € (1.484,85 € um berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 % bereinigten Nettoerwerbseinkommen + eines anrechenbaren Wohnwertvorteils von 90,28 €) zugrunde zu legen. Damit schuldet der Antragsteller nach der Düsseldorfer Tabelle Unterhalt nach der 2. Einkommensstufe für die dritte Altersgruppe in Höhe von 105 % des Mindestunterhalts. Für eine Bemessung des Unterhaltsanspruchs an Hand einer höheren Einkommensgruppe sieht der Senat weder Anlass noch Raum. Allerdings werden mit Blick darauf, dass die Bedarfsbeträge der Tabelle auf drei Unterhaltsberechtigte bezogen sind, bei einer abweichenden Anzahl Unterhaltsberechtigter wie hier – im Rahmen richterlichen Ermessens Zu- und Abschläge in Höhe eines Zwischenbetrages gemacht oder wird der Unterhaltspflichtige in die nächst höhere oder niedrigere Einkommensgruppe eingestuft. Von der letztgenannten Möglichkeit der Eingruppierung in eine höhere Einkommensgruppe wird jedoch bei den beiden untersten Einkommensgruppen zu Recht abgesehen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen dafür gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.