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Stationäre Eingliederungshilfe; stationäre Hilfe zur Pflege; Kostenerstattung zwischen Sozialhilfeträgern; Wechsel der Art der Hilfeleistung; "Geltendmachen" und "Leistung" im Sinne von § 111 Satz 1 SGB X; Ausschlussfrist (hier nicht gewahrt); Hinausschieben des Fristbeginns nach § 111 Satz 2 SGB X n.F. (hier verneint)


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 27.02.2013
Aktenzeichen OVG 9 B 58.11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 Abs 3 S 2 SGB 10, § 111 S 1 SGB 10, § 111 S 2 SGB 10

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten, die er für die Gewährung von Sozialhilfe aufgewendet hat.

Der Hilfeempfänger, Herr E..., wurde a... 1923 geboren und verstarb a... 2009. Er lebte zunächst bei seinen Eltern in Rathenow (heute Landkreis Havelland). Nach dem Tod seiner Eltern war er in verschiedenen Heimen untergebracht, bis er a... 1940 in den von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel, Bielefeld aufgenommen wurde. Er war halbseitig links gelähmt und litt an epileptischen Anfällen. Ab 1948 erhielt er Sozialhilfe in Form von Eingliederungshilfe im Sinne des späteren § 39 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Mit Wirkung vom 1. November 1995 gewährte der Kläger dem Hilfeempfänger nicht mehr Eingliederungshilfe gemäß § 39 BSHG, sondern Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG. In einer Besprechung von Vertretern des Klägers mit Vertretern der von Bodelschwinghschen Anstalten am 8. Juli 1996 wurde diese Änderung bestätigt. Am 31. Januar 2000 wurde der Hilfeempfänger aus der vollstationären Betreuung entlassen und zog nach Lübbecke um.

Mit Schreiben vom 13. Juli 1994 begehrte der Kläger vom Landesamt für Soziales und Versorgung in Cottbus nach § 103 BSHG bzw. § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X die Erstattung der entstandenen bzw. entstehenden Sozialhilfeaufwendungen, die seit dem 1. Januar 1991 für die Betreuung des Hilfeempfängers „im Rahmen des § 39 BSHG“ in den von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel angefallen seien. Für die Leistungen ab 27. Juni 1993 ergebe sich die Erstattung aus § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X. Da das Landesamt nach § 97 Abs. 2 BSHG n.F. seit dem 27. Juni 1993 für die Hilfegewährung örtlich zuständig sei, bitte es der Kläger außerdem, den Hilfefall ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt in seine eigene Zuständigkeit zu übernehmen.

Unter dem 15. August 1994 lehnte das Landesamt die Kostenerstattung ab. Der Erstattungsanspruch erfasse nicht sog. Altfälle, in denen der gewöhnliche Aufenthalt vor der Heimaufnahme an die Zeit vor dem 1. Januar 1991, dem Inkrafttreten des BSHG in den neuen Bundesländern, anknüpfe. Deshalb lehne das Landesamt es auch ab, nach § 97 Abs. 2 BSHG n.F. die Hilfe direkt zu übernehmen. Auf Nachfrage des Klägers verzichtete das Landesamt unter dem 1. November 1994 im Hinblick auf anhängige Musterverfahren auf die Einrede der Verjährung.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2001 bat der Kläger das Landesamt unter Hinweis auf seinen Verzicht auf die Einrede der Verjährung und die inzwischen vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung, für die Kosten der stationären Betreuung des Hilfeempfängers bis zum 31. Januar 2000 seinen Erstattungsanspruch anzuerkennen.

Unter dem 17. Januar 2001 erkannte das Landesamt den Kostenerstattungsanspruch gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X hinsichtlich des Zeitraums vom 18. Juli 1993 bis zum 31. Dezember 1995 dem Grunde nach an. Für die Zeit vor dem 18. Juli 1993 lehnte es die Kostenerstattung ab, weil der Kläger seinen Anspruch nicht gemäß §§ 111, 120 Abs. 2 SGB X spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend gemacht habe. Für die Zeit nach dem 31. Dezember 1995 habe das Zweite Funktionalreformgesetz vom 13. Juli 1994 im Land Brandenburg die Zuständigkeit für Aufgaben der Eingliederungshilfe nach § 100 Abs. 1 Nr. 1, § 39 BSHG auf die örtlichen Sozialhilfeträger übertragen. Damit habe der Erstattungsanspruch gegen das Land geendet und sei auch die Übernahme des laufenden Hilfefalles durch das Landesamt abzulehnen. Ab 1. Januar 1996 zuständiger Sozialhilfeträger sei der Beklagte.

Mit Schreiben vom 6. Februar 2002 wandte sich der Kläger an den Beklagten. Unter Hinweis auf das Anerkenntnis des Landesamtes und die Zuständigkeit des Beklagten ab dem 1. Januar 1996 für Aufgaben der Eingliederungshilfe bat er ihn, über seinen Erstattungsanspruch für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Januar 2000 zu entscheiden. Nach weiterem Schriftwechsel zwischen dem Kläger und dem Beklagten zwischen August und Oktober 2002 lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 4. Dezember 2002 die Anerkennung des Kostenerstattungsanspruchs ab. Der Kläger habe seinen Erstattungsanspruch nicht gemäß § 111 SGB X spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend gemacht. Danach käme ein Erstattungsanspruch erst für ab 14. Februar 2001 erbrachte Leistungen in Betracht. Der Hilfeempfänger habe die Einrichtung aber bereits am 31. Januar 2000 verlassen. Das habe die Leistungen des Klägers beendet. Außerdem erhob der Beklagte die Einrede der Verjährung.

Mit seiner am 23. Dezember 2002 beim Verwaltungsgericht Cottbus eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren der Kostenerstattung für den Zeitraum 1. Januar 1996 bis 31. Januar 2000 weiterverfolgt. Das Verwaltungsgericht Cottbus hat die Sache an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen. Dort hat der Kläger außerdem die Erstattung der Sozialhilfe begehrt, die er dem Hilfeempfänger nach dem 31. Januar 2000 (Auszug aus dem Heim) als Familienpflege gewährt hat.

Das Verwaltungsgericht Potsdam hat die Klage mit Urteil vom 18. November 2008 abgewiesen. Hinsichtlich des Zeitraums bis 31. Januar 2000 stehe dem Anspruch die Ausschlussfrist des § 111 SGB X entgegen, weil der Kläger seinen Anspruch gegenüber dem Beklagten erst nach Ablauf der gesetzlichen Jahresfrist geltend gemacht habe. Hinsichtlich des Zeitraums ab 1. Februar 2000 fehle es nach allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen an der Voraussetzung der Zuständigkeit des Beklagten. Sie sei insoweit nicht gegeben, weil beim Übergang von stationärer zu ambulanter Hilfe gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG der Sozialhilfeträger zuständig werde, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger tatsächlich aufhalte.

Auf Antrag des Klägers hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit es um die Erstattung der Sozialhilfekosten geht, die der Kläger für den Hilfeempfänger in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Januar 2000 aufgewendet hat. Im Rahmen der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Zur Begründung führt er insbesondere aus, er habe seinen Anspruch nach § 111 SGB X fristgerecht und ordnungsgemäß angemeldet. Das Geltendmachen des Anspruchs beim Landesamt durch das Schreiben vom 13. Juli 1994 wirke auch gegenüber dem Beklagten.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die für den Hilfeempfänger in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Januar 2000 aufgewendeten Sozialhilfekosten in Höhe von 132.073,36 Euro zu erstatten zuzüglich 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem Erstattungsanspruch die Ausschlussfrist des § 111 SGB X entgegenstehe. Darüber hinaus habe der Beklagte bereits im Klageverfahren dem Grunde und der Höhe nach Einwände gegen den Erstattungsanspruch erhoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Januar 2000, für den der Kläger die Erstattung seiner Kosten begehrt, kommt als Anspruchsgrundlage der Kostenerstattung allein § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X in Betracht (zur ausschließlichen Anwendbarkeit von § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X ab 1. Januar 1994 auf Fälle, für die vorher § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG galt, vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. September 2003 – 1 L 124/03 -, juris, Rn. 69 - 75). Unbeschadet der Frage, ob die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage erfüllt sind, ist dieser Anspruch indessen jedenfalls ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen des § 111 Satz 1 SGB X erfüllt sind und sich aus § 111 Satz 2 SGB X nichts anderes ergibt.

Der Ausschlusstatbestand des § 111 Satz 1 SGB X findet auf den Erstattungsanspruch nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X Anwendung (OVG Berlin, Urteil vom 10. Februar 2005 – 6 B 21.03 -, FEVS 57, 537, juris, Rn. 17). Nach der seit 1983 unverändert geltenden Fassung des § 111 Satz 1 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Das „Geltendmachen“ in diesem Sinne erfordert eine Mitteilung, dass und für welchen Hilfeempfänger welche Sozialleistungen gewährt werden bzw. wurden und dass und für welche Leistungen Erstattung begehrt wird (BVerwG, Urteil vom 10. April 2003 - 5 C 18.02 -, FEVS 54, 195, Juris Rn. 14). Aus der Mitteilung müssen sich die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind, nämlich Leistungsart, Leistungsberechtigter und Leistungsgrund, und der Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret ergeben (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2012 - B 7 AY 5/11 R -, juris, Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 10. April 2003, a.a.O.). Beziffert werden muss der Anspruch mit dem Geltendmachen noch nicht, selbst wenn dies möglich wäre und erst erfolgt, nachdem die Leistung nicht mehr erbracht wird (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 22). Der Kostenerstattungsanspruch kann bereits angemeldet werden, bevor die Ausschlussfrist zu laufen begonnen hat. Insoweit können allgemeine Angaben genügen, die sich auf die im Zeitpunkt des Geltendmachens vorhandenen Kenntnisse über Art und Umfang künftiger Leistungen beschränken (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 – 5 C 14.09 -, BVerwGE 137, 368, juris, Rn. 22; BSG, Urteil vom 20. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 15). Für laufend - etwa monatlich - gewährte Leistungen der Sozialhilfe verlangt § 111 Satz 1 SGB X nicht, dass der Erstattungsanspruch laufend - etwa monatlich - neu geltend zu machen wäre. Vielmehr lässt die Bestimmung zu, dass eine einheitliche Anmeldung auch für die Erstattung aller zukünftigen Leistungen abgegeben wird (Klattenhoff, in: Hauck/Noftz, SGB X, K § 111 Rn. 11). Jedoch verlangt das Geltendmachen der Kosten für die Leistung auch, dass der Erstattungsberechtigte, der eine konkrete Leistungsart benennt, bei einer Änderung der Leistung die neue Leistungsart spezifiziert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2007 – 12 S 2506/06 -, EuG 2008, 235, juris Rn. 16; Kater, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: 1. Oktober 2012, § 111 SGB X Rn. 18 u. 20; Roller, in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 111 Rn. 13). Bei laufenden Sozialhilfeleistungen, die monatlich an den Hilfeempfänger erbracht werden, beginnt die Ausschlussfrist mit Ablauf des Monats, für den die wiederkehrende Leistung tatsächlich gezahlt worden ist (OVG Berlin, Urteil vom 10. Februar 2005, a.a.O., Rn. 28; Roller, a.a.O., Rn. 6 mit weiteren Nachweisen). Nach diesen Maßstäben ist der Kostenerstattungsanspruch des Klägers für die Leistungen der Hilfe zur Pflege, die er gegenüber dem Hilfeempfänger im streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Januar 2000 erbracht hat, erloschen, weil er ihn nicht bis zum Ablauf der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X geltend gemacht hat. Der letzte Tag, für den er die in Rede stehende Leistung erbracht hat, war der 31. Januar 2000. Damit endete die Frist für die zuletzt für Januar 2000 erbrachten Leistungen spätestens mit Ablauf des 31. Januar 2001. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger für Kosten der Hilfe zur Pflege im Sinne von §§ 68 f. BSHG keine Erstattung geltend gemacht. Sein Schreiben vom 13. Juli 1994 erfüllt zwar die inhaltlichen Anforderungen des Geltendmachens eines Erstattungsanspruchs im Sinne von § 111 Satz 1 SGB X, ist aber ausdrücklich auf die entstandenen und entstehenden Sozialhilfeaufwendungen für den „im Rahmen des § 39 BSHG“ betreuten Hilfeempfänger bezogen. Damit hat der Kläger die stationär gewährte Hilfe zur Eingliederung im Sinne von §§ 39 ff. BSHG als die konkrete Leistungsart benannt, für deren Kosten er Erstattung begehrt. Eine Kostenerstattung für die im streitigen Zeitraum stattdessen stationär gewährte Hilfe zur Pflege nach §§ 68 f. BSHG hat der Kläger demgegenüber bis zum 31. Januar 2001 nicht geltend gemacht. Um Kostenerstattung für „die Leistung“ im Sinne von § 111 Satz 1 SGB X geltend zu machen, hätte er jedoch gegenüber dem Erstattungspflichtigen gerade diese Art der Sozialhilfe angeben müssen, nachdem er zunächst für eine andere Art der Hilfe die Erstattung der Kosten begehrt hatte. Bei der Hilfe zur Pflege handelt es sich um eine andere Art der Sozialhilfe als bei der Eingliederungshilfe (vgl. Beschluss des Senats vom 28. November 2012 - OVG 9 N 23.09 – BA S. 3; zum Fall der Anmeldung einer solchen Umstellung von der stationären Eingliederungshilfe auf stationäre Hilfe zur Pflege durch den Erstattungsberechtigten vgl. auch Niedersächsisches OVG, Urteil vom 10. April 2002 – 4 LB 3480/01 -, FEVS 54, 64, juris Rn. 40). Beide Leistungsarten unterscheiden sich nach ihrem jeweiligen Zweck und der daran orientierten Qualität und Dauer des Bedarfs und können daher für das Geltendmachen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 111 Satz 1 SGB X nicht als eine einheitliche Leistung angesehen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O., Rn. 20 zur einheitlichen Leistung bei der Kostenerstattung für Maßnahmen, die alle einen qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarf decken). Die Hilfe zur Eingliederung hat gemäß § 39 Abs. 3 BSHG das Ziel, eine Behinderung zu verhüten oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Auflage 2002, § 39 Rn. 72). Sie kann Gesichtspunkte der Hilfe zur Pflege einbeziehen (W. Schellhorn/ H. Schellhorn, BSHG, 16. Auflage 2002, § 68 Rn. 60). Wenn indessen eine Besserung oder Milderung des körperlichen oder geistigen Zustandes bzw. der Folgen der Behinderung nicht mehr erreicht werden kann, so gehört es grundsätzlich nicht zur Aufgabe der Eingliederungshilfe, auch für die notwendige Pflege aufzukommen. Für solche sog. Dauerpflegefälle gelten vielmehr die Vorschriften über die Hilfe zur Pflege (W. Schellhorn/H. Schellhorn, a.a.O., § 39 Rn. 70). Gemäß § 68 Abs. 1 BSHG ist sie Personen zu gewähren, die infolge Krankheit oder Behinderung so hilflos sind, dass sie nicht ohne Wartung und Pflege bleiben können. Damit zielt die Hilfe zur Pflege nicht auf die Eingliederung des behinderten Menschen in das Leben der Gesellschaft, sondern soll der Gefahr abhelfen, dass er an den Grunderfordernissen des täglichen Lebens scheitert. Eingliederungshilfe zielt primär auf Integration und Rehabilitation, Hilfe zur Pflege dient überwiegend der Kompensation (W. Schellhorn/H. Schellhorn, a.a.O., § 68 Rn. 59).

Der Beginn der Ausschlussfrist ist hier auch nicht nach § 111 Satz 2 SGB X in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung hinausgeschoben. Danach beginnt der Lauf der Frist frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Dabei hat der Gesetzgeber an Fälle gedacht, in denen der erstattungspflichtige Leistungsträger über seine Leistungspflicht gegenüber dem Leistungsempfänger nachträglich eine rückwirkende Entscheidung trifft (Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 14/4375, S. 60; BSG, Urteile vom 10. Mai 2005 - B 1 KR 20/04 R -, juris Rn. 19 f., und vom 16. März 2010 - B 2 U 4/09 R -, juris, Rn. 22 - 24). Ungeachtet der Frage, ob die Vorschrift hier zumindest für die Erstattung der bis 31. Dezember 1999 erbrachten Leistungen schon deshalb nicht anwendbar ist, weil insoweit der Erstattungsanspruch des Klägers bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits ausgeschlossen war und weder die Neuregelung noch die Übergangsregelung in § 120 Abs. 2 SGB X solche erloschenen Ansprüche wiederbeleben (zum Anwendungsausschluss bei erloschenen Erstattungsansprüchen und zur Übergangsregelung in § 120 Abs. 2 SGB X vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2003, a.a.O., Rn. 9; OVG Berlin, Urteil vom 10. Februar 2005, a.a.O., Rn. 27), liegen jedenfalls die Voraussetzungen des § 111 Satz 2 SGB X n.F. für einen späteren Beginn der Frist nicht vor. Für einen hinausgeschobenen Beginn des Laufs der Frist verlangt die Vorschrift, dass der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt. Das scheidet aus, wenn der Erstattungsverpflichtete eine Entscheidung über Leistungen, wie sie der Erstattungsberechtigte bereits erbracht hat, überhaupt nicht mehr treffen kann und darf (BSG, Urteile vom 10. Mai 2005, a.a.O., Rn. 16, vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 13/07 R -, juris, Rn. 15 f. und vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 21/08 R -, juris, Rn. 20). Der hinausgeschobene Beginn des Laufs der Frist setzt voraus, dass eine Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers gegenüber dem Leistungsempfänger in der Sache bereits vorliegt oder zumindest in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 10. Mai 2005, a.a.O., Rn. 21). Eine solche materiell-rechtliche Entscheidung des Beklagten gegenüber dem Hilfeempfänger liegt hier nicht vor. Auch ist sie für den streitigen Erstattungszeitraum nie in Betracht gekommen. Da der Beklagte den Hilfefall nie in seine eigene Zuständigkeit übernommen hat, hatte er auch nie eine Entscheidung über seine eigene Leistungspflicht gegenüber dem Hilfeempfänger zu treffen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X musste der Kläger in diesem Zeitraum als bisher zuständige Behörde die Leistungen noch solange erbringen, bis sie der Beklagte als nunmehr zuständige Behörde fortsetzt. Demgegenüber hat der Beklagte für den vor einer solchen Fortsetzung liegenden Zeitraum keine Leistungspflicht gegenüber dem Hilfeempfänger, über die er nachträglich eine rückwirkende Entscheidung treffen könnte. Ab 1. Februar 2001 war ohnehin die Zuständigkeit des Beklagten gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung wegen der Entlassung des Hilfeempfängers aus dem Heim nicht mehr gegeben und stattdessen nunmehr gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig geworden, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger infolge seines Umzugs nach Lübbecke tatsächlich aufhielt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen vorliegt.