Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 15.02.2012 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 N 40.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 5 Abs 2 BJagdG, § 7 Abs 1 BJagdG, § 7 JagdG BB, § 1 Nr 1 JagdGDV BB |
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. März 2011 wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt die Klägerin.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Angliederung von in ihrem Eigentum stehenden Flächen an den Eigenjagdbezirk des Beigeladenen durch Bescheid des Beklagten vom 10. März 2005 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2005.
Ihre Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 17. März 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlich ausgeführt, es sei gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) kraft Gesetzes ein Eigenjagdbezirk des Beigeladenen entstanden. Fünf schmale zwischen 18,85 m und 20,55 m breite und von 390 m bis 450 m lange bewaldete Streifengrundstücke des Beigeladenen seien geeignet, einen Zusammenhang zwischen dessen getrennten nördlichen und südlichen Flächen herzustellen, die jeweils für sich genommen die Mindestgröße von 150 ha gemäß § 7 des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg nicht aufwiesen.
II.
Der gegen dieses Urteil gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die Darlegungen zum zunächst geltend gemachten Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -) rechtfertigen die Zulassung nicht.
Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten angegriffen wird und im Ergebnis eine andere als die angegriffene Entscheidung ernsthaft in Betracht kommt (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163, 1164). Das ist vorliegend nicht der Fall.
Die Klägerin macht unter Gliederungspunkt 1.1 ihrer Antragsbegründung insoweit geltend, es handele sich bei den fünf schmalen Grundstücksstreifen um „ähnliche Flächen“ im Sinne des § 5 Abs. 2 BJagdG, die den Zusammenhang zur Bildung eines Jagdbezirkes zwischen getrennt liegenden Flächen nicht herstellen könnten. „Ähnliche Flächen“ seien alle Flächen, die wegen ihrer langgestreckten Form Wasserläufen und Wegen ähnelten. Maßgeblich sei dabei die Betrachtung des Einzelfalls. Es komme auf die Ausdehnung des Grundstücks in Länge und Breite an. Ähnliche Flächen seien demnach diejenigen Flächen, die im Verhältnis zu ihrer Länge nur eine sehr geringe Breite aufwiesen.
Hierbei vernachlässigt die Klägerin jedoch die vom Verwaltungsgericht zitierte aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 1990 – 3 C 34.87 -, juris Rz. 20), wonach es bei der Auslegung des Merkmals der ähnlichen Fläche auf zwei Elemente ankommt, nämlich einmal auf die äußere Gestalt - die „Geometrie“ - der Fläche und zum anderen auf den hegerisch-jagdlichen Wert im Vergleich zu Wegen, Wasserläufen, Triften und Eisenbahnkörpern. Flächen, die schon nach der äußeren Gestalt Wegen, Wasserläufen, Triften und Bahnkörpern nicht ähnlich sind, fallen danach nicht unter § 5 Abs. 2 BJagdG. Liegt aber eine Ähnlichkeit hinsichtlich der äußeren Gestalt vor, so kommt dennoch § 5 Abs. 2 nicht zum Zuge, wenn die betreffende Fläche einen nicht unerheblich größeren hegerisch-jagdlichen Wert besitzt als die gesetzlichen Vergleichsobjekte (vgl. BVerwG, a.a.O., Rz. 22). Letzteres hat das Verwaltungsgericht auf S. 7 des Entscheidungsabdrucks als selbständig tragende Begründung hier angenommen, womit sich die Klägerin im vorliegenden Kontext jedoch nicht auseinandersetzt.
Soweit die Klägerin unter Gliederungspunkt 1.2 ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, „ähnliche Flächen“ im Sinne des § 5 Abs. 2 BJagdG seien stets gegeben, wenn das Grundstück eine eigenständige Bejagung nicht zulasse, was eine der „Schrotschussentfernung“ von 35 – 40 m entsprechende Flurstücksbreite erfordere, begründet auch dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Denn der in § 5 Abs. 2 BJagdG enthaltene Konditionalsatz „wenn sie nach Umfang und Gestalt für sich allein eine ordnungsgemäße Jagdausübung nicht gestatten“ gilt ersichtlich nur für die erste Regel der Vorschrift - Bildung eines Jagdbezirks -, nicht aber für die zweite und die hier in Rede stehende dritte Regel – Nichtverbinden - (BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1980 – 3 C 113.79 -, juris Rz. 29 und Urteil vom 25. März 1965 – I C 142.60 – juris Rz. 19). Danach ist davon auszugehen, dass eine Fläche auch dann einen nicht unerheblich größeren hegerisch-jagdlichen Wert als die in § 5 Abs. 2 BJagdG genannten Vergleichsobjekte aufweisen kann, wenn sie für sich allein noch keine ordnungsgemäße Jagdausübung gestattet.
Soweit die Klägerin unter Gliederungspunkt 1.3 ausführt, der Beurteilung als „ähnliche Fläche“ im Sinne des § 5 Abs. 2 BJagdG stehe nicht entgegen, dass die Flächen bewaldet seien, auch land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen könnten eine „ähnliche Fläche“ sein, lässt sie eine substantiierte Auseinandersetzung mit den bereits angeführten selbständig tragenden Urteilsgründen auf S. 7 des Entscheidungsabdrucks vermissen, der jagdliche und hegerische Wert von bewaldeten Flächen sei ob seiner ökologischen Bedeutung erheblich höher einzuschätzen.
Auch das unter Gliederungspunkt 1.4 der Antragsbegründung angeführte Argument, das Verwaltungsgericht hätte sich an § 1 der Verordnung zur Durchführung des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg (BbgJagdDV) vom 2. April 2004 (GVBL II, S. 305) orientieren müssen, da von der dortigen Regelung „Indizwirkung“ ausgehe, kann ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht begründen. Nach der genannten Vorschrift kann die Mindestgröße von Eigenjagdbezirken bis auf 75 Hektar herabgesetzt werden, wobei die Fläche eine im Zusammenhang stehende Form aufweisen muss, die eine eigenständige Hege und Bejagung sichert (Satz 1), für die Herstellung des Zusammenhangs die Grundflächen eine Verbindung von 100 Metern Breite haben müssen (Satz 2) und Flächen, die in ihrer äußeren Gestalt lang gezogene schmale Streifen bilden, eine Mindestbreite von 300 Metern haben müssen (Satz 3). Die Vorschrift ist vorliegend nicht zur Anwendung gelangt. Sie entfaltet auch nicht die ihr von der Klägerin zuerkannte Indizwirkung. Die Klägerin verkennt insoweit, dass die Flächen, die den gesetzlichen Vergleichsobjekten in § 5 Abs. 2 BJagdG nicht ähneln, nicht auch geeignet sein müssen, den Erfolg einer einheitlichen Hege auf den anderen Flächen zu verbessern oder eine einheitliche Bejagung zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1980, a.a.O. Rz. 28). Darauf genau kommt es aber dem Verordnungsgeber, wie § 1 Nr. 1 Satz 1 BbgJagdDV zeigt, bei der - hier nicht einschlägigen - Herabsetzung der Mindestgröße der Eigenjagdbezirke jedoch an.
Auch die Darlegungen zum weiter geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht. Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem erstrebten Rechtsmittelverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer obergerichtlichen Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (vgl. zum Revisionsrecht: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, juris Rz. 2). Demgemäß fordert die Darlegung dieses Zulassungsgrundes prinzipiell die Formulierung einer solchen klärungsfähigen und -bedürftigen Rechts- oder Tatfrage von fallübergreifender Bedeutung (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 22. November 2011 - OVG 11 N 26.10 -, juris Rz. 3). Schon daran fehlt es. Aber auch der Sache nach zeigt die Klägerin keine Tat- oder Rechtsfrage auf, von der die Entscheidung abhängt und die der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfte. Die Klägerin macht geltend, es müsse auch in Zukunft einheitliche Kriterien für die „Bewertung“ der Frage geben, wann ein Eigenjagdbezirk entstanden sei. Diese Frage, wann ein Eigenjagdbezirk entstanden ist, ist aber im Hinblick auf den hier in Rede stehenden § 5 Abs. 2 BJagdG bereits durch die oben dargestellte und vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Es ist danach nicht so - wie die Klägerin meint -, dass nach dieser Rechtsprechung „die Nutzungsart“ der ihrer äußeren Gestalt, d.h. ihrer Geometrie nach, den gesetzlichen Vergleichsobjekten ähnlichen Grundstücke „unerheblich“ wäre; vielmehr liegen „ähnliche Flächen“ nicht vor, wenn die Flächen in ihrer äußeren Beschaffenheit, ihrer bodenmäßigen und geländemäßigen Ausgestaltung einen nicht unerheblich größeren hegerischen und jagdliche Wert besitzen als Wege, Triften und Eisenbahnkörper (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 1990, a.a.O. Rz. 19 und 22 und Urteil vom 28. Januar 1980, a.a.O. Rz. 30).
Schließlich rechtfertigen auch die Darlegungen zum weiter geltend gemachten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die Zulassung der Berufung nicht. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Divergenz vorliegt, ist auf die aktuelle Rechtsprechung des genannten Gerichts abzustellen. Hat sich seine Rechtsprechung geändert, führt die Abweichung von einer überholten Entscheidung nicht zur Zulassung der Berufung (vgl. Meyer-Ladewig / Rudisile in Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Kommentar, Loseblattsammlung, 10. Erg.Lfg., Stand: Sept. 2004, § 124 Rz. 47)
Soweit die Klägerin darlegt, das Verwaltungsgericht sei von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Dezember 1970 – I B 86.70 – (Buchholz 451.16 § 5 BJagdG Nr. 14) abgewichen, ist maßgeblich, dass das Bundesverwaltungsgericht an dieser Rechtsprechung, soweit die Klägerin sie zitiert, ausweislich seines bereits oben dargestellten Urteils vom 28. Januar 1980, a.a.O. Rz. 28 ff. selbst nicht mehr festhält. Dort (Rz. 28) heißt es:
„Der erkennende Senat - nunmehr für das Jagdrecht allein zuständig - vermag der vom Berufungsgericht im Anschluß an die Rechtsprechung des 1. Senats (vgl auch Beschluß vom 22. Dezember 1970 - BVerwG 1 B 86.70 – […]) vorgenommenen rechtlichen Auslegung des Begriffs der "ähnlichen Fläche" in § 5 Abs. 2 BJagdG nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, daß, wie in den vorgenannten Entscheidungen - im Zusammenhang mit der Anwendung der dritten Regel des § 5 Abs. 2 BJagdG - angenommen wird, eine Grundfläche, die verbinden soll, einen größeren jagdlichen und hegerischen Wert als ein Weg haben muß. Die darüber hinaus für die vorliegenden Tatbestände geforderten Voraussetzungen, daß die Grundflächen geeignet sein müßten, die Jagdgebiete zu einem einheitlichen Lebensraum für Wild zusammenzuschließen oder den Erfolg einer einheitlichen Hege auf den Teilflächen zu verbessern oder einer einheitlichen Bejagung der Teilflächen zu dienen, lassen sich jedoch weder aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 BJagdG noch aus dem Sinn und Zweck der Regelung entnehmen“.
Soweit die Klägerin darlegt, das Verwaltungsgericht sei auch vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 1965 – I C 142.60 –, juris Rz. 19 abgewichen, gilt das Gleiche.
Nach alledem kann der Senat dahinstehen lassen, inwieweit es sich rechtlich auswirken würde, dass der Beigeladene nach seinem Vortrag durch Zuerwerb weiterer Flächen nunmehr über ein Verbindungsstück von ca. 40 m Breite verfüge.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden aus Billigkeit der Klägerin auferlegt, da sich der Beigeladene durch seine Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).