Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 19.02.2014 | |
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Aktenzeichen | L 7 KA 131/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 3 Onkologie-Vereinbarung, Art 12 Abs 1 GG |
1. Grundsätzlich ist maßgebender Beurteilungszeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen die (letzte) mündliche Verhandlung vor dem Senat.
2. Das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes gebietet es, einen Anspruch auf Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung nach der Onkologie-Vereinbarung auch dann anzunehmen, wenn diese zwar nach der Rechtslage bei letzter Tatsachenverhandlung nicht erteilt werden könnte, die Klägerin aber bei ordnungsgemäßer Handhabung des bisherigen Rechts durch die Kassenärztliche Vereinigung im Besitz der Abrechnungsgenehmigung hätte sein müssen; nur so ist sicher gestellt, dass eine unrichtige Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die Kassenärztliche Vereinigung im Zusammenspiel mit nicht steuerbarem Zeitablauf und späterer Rechtsänderung nicht zu einem Rechtsverlust bei der Klägerin führt. Rechtsänderungen hat das Gericht nur dann zu beachten, wenn das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfassen will.
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2010 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die beantragte Abrechnungsgenehmigung für Leistungen im Rahmen der Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten (Onkologie-Vereinbarung) für Dr. Kai-Michael Klima zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beteiligten streiten über eine Genehmigung zur Teilnahme an der Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten („Onkologie-Vereinbarung“, Anlage 7 zu den Bundesmantelverträgen, in Kraft getreten am 1. Oktober 2009).
Die Klägerin betreibt das V MVZ S, das seit dem 1. Juli 2007 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Mit Wirkung vom 1. Februar 2010 ist der Arzt Dr. K-M K, Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie, bei der Klägerin für eine Tätigkeit im MVZ S angestellt, anfangs in einem Umfang „von in der Regel bis zu 10 Stunden pro Woche“, seit dem 1. April 2012 im Umfang von mindestens 20 Stunden wöchentlich. Mit seiner Tätigkeit in der „Praxis für Innere Medizin/Onkologie, Tumorambulanz“ für das V MVZ S nimmt Dr. K an der hausärztlichen Versorgung teil. Daneben fungiert Dr. K im V Klinikum S, Abteilung Innere Medizin, als Oberarzt im Bereich Hämatologie und Onkologie.
Im Dezember 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten für die Tätigkeit von Dr. K im V MVZ S eine Abrechnungsgenehmigung für Leistungen im Rahmen der qualifizierten ambulanten Versorgung krebskranker Patienten auf Grundlage der Onkologie-Vereinbarung. Die fachliche Befähigung von Dr. K sah die Beklagte als gegeben an. Gleichwohl lehnte die Beklagte den Antrag auf Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung mit Bescheid vom 10. Februar 2010, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 28. September 2010, ab. Bei einer Anstellung im Umfange einer Viertelstelle bleibe nicht genügend Zeit, um die ambulante Behandlung der Patienten nach den Erfordernissen der Onkologie-Vereinbarung entsprechend einem einheitlichen Therapieplan zu leiten und die Tätigkeit mit durch Überweisung zugezogenen Ärzten zu koordinieren. Die besonderen Anforderungen an die ambulante Behandlung krebskranker Patienten seien für den onkologisch qualifizierten Arzt auch mit einer erhöhten zeitlichen Belastung verbunden. Ein nur im Umfange einer Viertelstelle tätiger Arzt könne die in der Onkologie-Vereinbarung geforderte Verantwortung, Koordination und Leitung der ambulanten Behandlung nicht hinreichend wahrnehmen.
Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt: Die erforderlichen ärztlichen Tätigkeiten seien patienten- und damit fallbezogen. Ein teilzeitbeschäftigter Arzt werde entsprechend weniger Patienten behandeln, für diese könne er aber alle nach der Onkologie-Vereinbarung erforderlichen Leistungen erbringen. Insofern stehe die Tätigkeit am MVZ nicht der Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung entgegen, sondern limitiere lediglich die Anzahl behandelbarer Patienten. Nach den Veröffentlichungen der Beklagten zum Regelleistungsvolumen für das Quartal 1/2009 behandle ein fachärztlicher Internist mit dem Schwerpunkt Hämatologie/Onkologie pro Quartal durchschnittlich 405 Fälle. Voraussetzung für die Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung sei, dass ein Facharzt für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung Hämatologie und internistische Onkologie durchschnittlich 120 Patienten pro Quartal mit soliden oder hämatologischen Neoplasien behandele. Dies entspreche nahezu einem Viertel der durchschnittlichen Fallzahl der Berliner Hämato-Onkologen. Diese Fallzahl könne auch im Rahmen einer 10-Stunden-Stelle erreicht werden. Ein in Vollzeit tätiger niedergelassener Vertragsarzt könne bei ca. 500 Fällen pro Quartal für jeden Patienten im Rahmen der Onkologie-Vereinbarung auch nur ca. eine Stunde pro Quartal aufwenden.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 28. September 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Ein mit lediglich zehn Wochenstunden an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender angestellter Arzt könne nicht als onkologisch qualifizierter Arzt tätig werden. Die in § 3 der Onkologie-Vereinbarung geforderten fachlichen Voraussetzungen seien im Rahmen einer lediglich zehnstündigen Anstellung nicht erbringbar. In § 3 Abs. 4 fordere die Onkologie-Vereinbarung eine Leistungserbringung in ganz bestimmtem Umfange, nämlich die Behandlung von 120 Patienten pro Quartal und Arzt mit soliden oder hämatologischen Neoplasien. Diese Voraussetzung sei jährlich nachzuweisen. Auch angesichts der durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe der Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie/Onkologie (rund 500 pro Quartal) erscheine es als ausgeschlossen, dass einem nur zehn Stunden wöchentlich tätigen Arzt der Nachweis der geforderten Patientenzahlen gelingen könne; Dr. K müsse praktisch ausschließlich Patienten mit soliden oder hämatologischen Neoplasien behandeln, um die notwendige Patientenzahl im Sinne von § 3 Abs. 4 der Onkologie-Vereinbarung zu erreichen. Damit müsse seine gesamte Tätigkeit im MVZ – unter Abweisung anderer Patienten – darauf ausgerichtet sein, die Anforderungen der Onkologie-Vereinbarung zu erfüllen. Dies erscheine unmöglich. Zudem nehme Dr. K eine Vollzeitstelle zusammen mit einem anderen Arzt wahr, der 30 Stunden wöchentlich arbeite. Es sei unvorstellbar, dass Dr. K dann bei seiner Anwesenheit auch nur „seine“ Patienten betreue. Dass ein nur zehnstündig tätiger Arzt nicht dem in § 3 Abs. 4 der Onkologie-Vereinbarung formulierten Leitbild entspreche, ergebe sich auch daraus, dass nicht einmal die im Bezirk der Beklagten in Vollzeit tätigen niedergelassenen Fachärzte für Hämatologie und internistische Onkologie durchweg die in § 3 Abs. 4 der Onkologie-Vereinbarung geforderten Patientenzahlen erreichten. Dass die Beklagte mit den Verbänden der Krankenkassen am 22. Februar 2011 vereinbart habe, aus Sicherstellungsgründen bis Ende 2011 von den erforderlichen Mindestfallzahlen nach § 3 Abs. 4 der Onkologie-Vereinbarung abzusehen, ändere hieran nichts.
Gegen das ihr am 7. Oktober 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 7. November 2011. Zu Unrecht habe das Sozialgericht auf die zu erbringenden Fallzahlen abgestellt. Nach § 3 Abs. 6 der Onkologie-Vereinbarung seien neu zugelassene Vertragsärzte nicht an die Mindestfallzahl aus § 3 Abs. 4 gebunden. Wenn schon bis Ende 2011 aufgrund der Vereinbarung der Beklagten mit den Verbänden der Krankenkassen gar keine Mindestfallzahlen gegolten hätten, dürften solche auch nicht für Dr. K verlangt werden. Ein im Umfange von 30 Wochenstunden an einem anderen MVZ der Klägerin tätiger Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie etwa habe im Quartal I/11 443 Patienten im Rahmen der Onkologie-Vereinbarung behandelt. Ein Drittel hiervon sei 147, mithin die von Dr. K im Rahmen einer Viertelstelle erbringbare Zahl. Im Übrigen sei Dr. K nun im Umfange von 20 Stunden wöchentlich im MVZ tätig; in vergleichbaren Fällen habe die Beklagte die begehrte Abrechnungsgenehmigung erteilt. Maßgeblich sei im Übrigen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides. Die im Jahre 2011 eingetretene Rechtsänderung, die eine Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erfordere, sei daher unerheblich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Abrechnungsgenehmigung für Leistungen im Rahmen der Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten (Onkologie-Vereinbarung) für Dr. K-M K zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Mit einer Arbeitszeit von nur zehn Stunden pro Woche habe nicht genügend Zeit bestanden, um die ambulante Behandlung von onkologischen Patienten zu leiten und zu koordinieren. Davon abgesehen fordere die Onkologie-Vereinbarung in der seit 1. Juli 2011 geltenden Fassung in § 3 Abs. 6, dass nur Ärzte neu zugelassen werden könnten, die – anders als Dr. K – dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehörten. Damit sei die Erteilung der Abrechnungsgenehmigung zwingend ausgeschlossen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch
auf Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für durch ihren Angestellten Dr. K-M K erbrachte Leistungen im Rahmen der Onkologievereinbarung.
1. Die in § 3 der Onkologie-Vereinbarung definierten Voraussetzungen zur Teilnahme an dieser Vereinbarung liegen vor; das wird - abgesehen von den Aspekten des fachärztlichen Versorgungsbereichs und der Teilzeitbeschäftigung von Dr. K - auch von der Beklagten nicht bestritten. Insbesondere verfügt dieser Arzt unstreitig über die erforderliche fachärztliche Qualifikation bzw. Weiterbildung. Die Vorschrift lautet in der gegenwärtigen Fassung:
§ 3 Voraussetzungen zur Teilnahme
(1) Die fachliche Befähigung für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen nach dieser Vereinbarung gilt als nachgewiesen, wenn die in den Absätzen 2 bis 8 genannten Voraussetzungen erfüllt und durch Zeugnisse und Bescheinigungen nachgewiesen werden.
(2) Der onkologisch qualifizierte Arzt hat seine fachliche Qualifikation durch eine abgeschlossene Weiterbildung mit dem Schwerpunkt Hämatologische und internistische Onkologie (Weiterbildung Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie) oder eine Facharztweiterbildung mit der Zusatzbezeichnung Medikamentöse Tumortherapie oder eine Facharzt - bzw. Gebietsbezeichnung, die diese Inhalte erfüllt, nachzuweisen.
(3) Der Vertragsarzt hat seine Teilnahme an der Kooperationsgemeinschaft gemäß § 6 dieser Vereinbarung nachzuweisen.
(4) Je nach Fachgruppe ist die Betreuung nachfolgender Patientenzahlen nachzuweisen:
• Fachärzte für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung Hämatologie und internistische Onkologie: Betreuung von durchschnittlich 120 Patienten / Quartal und Arzt (in den letzten 12 Monaten vor Antragsstellung) mit soliden oder hämatologischen Neoplasien, darunter 70 Patienten, die mit medikamentöser Tumortherapie behandelt werden, davon 30 mit intravenöser und/oder intrakavitärer und/oder intraläsionaler Behandlung
• Andere Fachgruppen Betreuung von durchschnittlich 80 Patienten / Quartal und Arzt (in den letzten 12 Monaten vor Antragsstellung) mit soliden Neoplasien, darunter 60 Patienten, die mit antineoplastischer Therapie behandelt werden, davon 20 mit intravenöser und/oder intrakavitärer antineoplastischer und/oder intraläsionaler Behandlung
(5) Bei Durchführung von Hämotherapie sind die Voraussetzungen gemäß den Richtlinien des Transfusionsgesetzes sind zu erfüllen.
(6) Ab dem 1. Juli 2011 können nur Ärzte zur Teilnahme an dieser Vereinbarung neu zugelassen werden, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören. Neu- und Jungpraxen bzw. neu und kürzer als zwei Jahre zugelassene Ärzte sind bei gegebener Qualifikation nach Abs. 1 auch dann zur Teilnahme an dieser Vereinbarung zuzulassen, wenn die entsprechenden Patientenzahlen nach Abs. 4 vor dem Beginn der Teilnahme an dieser Vereinbarung sowie innerhalb der darauf folgenden 24 Monate noch unterschritten werden.
(7) Aus Gründen der Sicherstellung einer flächendeckenden qualifizierten ambulanten Behandlung krebskranker Patienten nach dieser Vereinbarung können die Patientenzahlen nach Abs. 4 durch die Partner der Gesamtverträge mit gemeinsamen und einheitlichen Beschluss modifiziert werden. Soweit dies nicht zur Sicherstellung ausreicht, können an bisherigen Onkologie-Vereinbarungen teilnehmende Ärzte, deren Facharztweiterbildung die Inhalte der Zusatzweiter-bildung Medikamentöse Tumortherapie nicht vollständig umfasst oder die die Patientenzahlen nach Abs. 4 noch nicht erfüllen – soweit sie die Voraussetzungen nach Anhang 3 erfüllen – durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung zur Teilnahme an dieser Vereinbarung zugelassen werden. Bis zum 31. Dezember 2014 gilt dies auch für Ärzte, die sich neu niederlassen. Die Teilnahme der Ärzte nach den Sätzen 2 und 3 ab dem 01. Januar 2015 setzt die Erfüllung der Anforderungen nach den Absätzen 4 und 6 voraus. Für Ärzte, die ab dem 1. Januar 2011 nach Abs. 6 zur Teilnahme zugelassen werden und deren Facharztweiterbildung die Inhalte der Zusatzweiterbildung „Medikamentöse Tumortherapie“ nicht vollständig umfasst, sind durch die Partner der Gesamt-verträge Abschläge von der Vergütung nach § 9 und Anhang 2 A und B vorzunehmen.
(8) Bestehen trotz der vorgelegten Zeugnisse, Bescheinigungen und Dokumentationen Zweifel an der fachlichen Befähigung, hat sich die Onkologie-Kommission in einem fachonkologischen Kolloquium gemäß den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 135 Abs. 3 SGB V von der Fachkunde des Antragstellers zu überzeugen.
(9) Die Partner dieser Vereinbarung werden die Voraussetzungen zur Teilnahme an dieser Vereinbarung im Hinblick auf die Sicherstellung einer flächendecken-den qualifizierten ambulanten Behandlung krebskranker Patienten nach dieser Vereinbarung jährlich überprüfen und ggf. anpassen. Hierbei wird insbesondere geprüft, inwieweit durch eine Anhebung der Patientenzahlen nach Abs. 4 eine weitere Verbesserung der Versorgungsqualität ermöglicht werden kann.
Dass Dr. K dem hausärztlichen und nicht dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehört (§ 3 Abs. 6 Satz 1), ist angesichts des für den Senat maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts unerheblich (unten 2.). Die Teilzeitbeschäftigung von Dr. K steht der Erteilung der Abrechnungsgenehmigung nicht entgegen (unten 3.).
2. Dass Dr. K nicht dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehört, wie von § 3 Abs. 6 der Onkologie-Vereinbarung gefordert, ist rechtlich unerheblich, denn maßgeblich ist zur Überzeugung des Senats die Sach- und Rechtslage bei Beantragung der Abrechnungsgenehmigung im Dezember 2009; seinerzeit gab es aber keine Zulassungsbeschränkung für dem hausärztlichen Versorgungsbereich angehörende Ärzte.
Zwar ist grundsätzlich maßgebender Beurteilungszeitpunktfür die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen die (letzte) mündliche Verhandlung vor dem Senat (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Januar 1998, B 6 KA 44/96 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17; Urteil des Senats vom 14. November 2012, L 7 KA 81/11, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 10. Aufl. 2012, Rdnr. 34 zu § 54); in der Regel ist nur bei Anfechtung eines belastenden Verwaltungsakts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend (vgl. etwa zur Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung: Bundessozialgericht, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 22/11 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 54).
Diese Regel gilt jedoch nicht ausnahmslos. Materielles Recht insbesondere in Gestalt grundrechtlicher Gewährleistungen kann eine differenzierte Sichtweise dahin gehend erfordern, dass auch bei Leistungs- bzw. Verpflichtungsbegehren auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist. So liegt es hier: Das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes gebietet es, einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung der begehrten Abrechnungsgenehmigung auch dann anzunehmen, wenn diese zwar nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung nicht erteilt werden könnte, die Klägerin aber bei ordnungsgemäßer Handhabung des bisherigen Rechts durch die Beklagte – wie hier – im Besitz der Abrechnungsgenehmigung hätte sein müssen (vgl. Beschluss des Senats vom 28. Dezember 2011, L 7 KA 153/11 B ER, zitiert nach juris, dort Rdnr. 12 [Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung], sowie Urteil des 7. Senats des LSG Berlin vom 15. November 1995, L 7 Ka 25/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 18; jeweils im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 10. März 1961, I C 48.57, zitiert nach juris, dort Rdnr. 8;vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 5. Mai 2010, B 6 KA 2/09 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20, sowie Urteil vom 23. Februar 2005, B 6 KA 81/03 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14). Nur diese Sichtweise wird der grundrechtlichen Gewährleistung aus Art. 12 Abs. 1 GG, in deren Genuss die Klägerin mit ihrem Begehren kommt, gerecht. Und nur so ist sicher gestellt, dass eine unrichtige Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die Beklagte im Zusammenspiel mit nicht steuerbarem Zeitablauf und späterer Rechtsänderung nicht zu einem Rechtsverlust bei der Klägerin führt.
Das materielle Recht steht dieser Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes auch im Übrigen nicht entgegen. Insbesondere regelt § 3 Abs. 6 Satz 1 der Onkologie-Vereinbarung in der ab dem 1. Juli 2011 geltenden Fassung ausdrücklich, dass „ab dem 1. Juli 2011 (…) nur Ärzte zur Teilnahme an dieser Vereinbarung neu (Hervorhebung hier) zugelassen werden (können), die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören“. Die Rechtsänderung erfasst somit nur neu erteilte Abrechnungsgenehmigungen, nicht aber schon vor dem Stichtag erteilte bzw. – wie hier – zu beanspruchende. Eine gegenteilige Regelung, die im Übrigen auch kaum mit dem Gedanken des Bestandschutzes zu vereinbaren wäre, enthält die Onkologie-Vereinbarung nicht. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das neue Recht – anders als hier – nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfassen will (vgl. Urteil des 7. Senats des LSG Berlin vom 15. November 1995, L 7 Ka 25/95, zitiert nach juris, Leitsatz 1).
Auch andere rechtliche Gründe, die die Erteilung der Abrechnungsgenehmigung vor dem 1. Juli 2011 hätten hindern können, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat dargelegt, vor diesem Stichtag auch Angehörigen des hausärztlichen Versorgungsbereichs Abrechnungsgenehmigungen nach der Onkologie-Vereinbarung erteilt zu haben. Dazu war sie berechtigt. Insbesondere sind die in der Onkologie-Vereinbarung getroffenen Festlegungen spezieller gegenüber sonstigen vertraglichen Regelungen etwa in Gestalt der Hausarztverträge nach § 73 b SGB V.
3. Die Teilzeitbeschäftigung des Dr. K im Umfange von zehn Stunden pro Woche bis zum 30. März 2012 steht zur Überzeugung des Senats dem Anspruch auf Erteilung der Abrechnungsgenehmigung grundsätzlich nicht entgegen. Zu diesem Aspekt trifft die Onkologie-Vereinbarung keine ausdrückliche Aussage. Eine gegen Teilzeitarbeit gerichtete Regelung verstieße auch gegen den Willen des Gesetzgebers, Teilzeitarbeit zu fördern (vgl. §§ 1 und 6 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge vom 21. Dezember 2000 [BGBl. I S. 1966]).
Auch dass Dr. K als Teilzeitbeschäftigter voraussichtlich die Mindestfallzahl nach § 3 Abs. 4, erster Spiegelstrich der Onkologie-Vereinbarung (Betreuung von durchschnittlich 120 Patienten pro Quartal) nicht erreichen kann, ist unerheblich, weil die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Krankenkassenverbände sich aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten bis heute durchgehend darauf geeinigt haben, von der Übergangsregelung nach § 3 Abs. 7 der Onkologie-Vereinbarung Gebrauch zu machen und auch Ärzte an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmen zu lassen, die die Mindestpatientenzahlen unterschreiten.
Die Beschränkung auf eine wöchentliche Arbeitszeit von (nur) zehn Stunden schließt es auch sonst nicht aus, die in §§ 1 und 4 bis 6 definierten Ziele und Voraussetzungen der Onkologie-Vereinbarung zu erfüllen. Grundsätzlich ist anzunehmen, dass ein in Teilzeit tätiger Arzt eine seinem Arbeitszeitanteil entsprechende geringere Anzahl von Patienten wird betreuen können, ohne dass es dabei zu einer geringeren Versorgungsqualität kommt. Das gegenteilige Vorbringen der Beklagten beruht insoweit nur auf unbelegten Mutmaßungen. Zu berücksichtigen ist bei Dr. K im Besonderen, dass er nicht etwa nur zehn Stunden pro Woche als Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie im MVZ der Klägerin tätig war, sondern den Rest seiner Wochenarbeitszeit als Oberarzt im stationären Bereich wirkte und so durchgehend in Berührung war mit onkologischen Zusammenhängen. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass er etwa nicht in der Lage war, in gebotenem Maße auch an der qualifizierten ambulanten Behandlung krebskranker Patienten mitzuwirken und dabei die in § 1 Abs. 3 der Onkologie-Vereinbarung geforderte Koordination der onkologischen Behandlung in Gesamtverantwortung wahrzunehmen. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund seiner Wochenarbeitszeit nicht in der Lage war, die in § 4 der Onkologie-Vereinbarung vorgesehene ärztliche Behandlung von Patienten einschließlich der organisatorischen Maßnahmen nach § 5 zu gewährleisten.
Die Beklagte selbst sieht nach ihrer Verwaltungspraxis kein Hindernis darin, Abrechnungsgenehmigungen nach der Onkologie-Vereinbarung für solche Ärzte zu erteilen, die mit der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit ambulant tätig sind. Warum für Ärzte mit noch weiter reduzierter Arbeitszeit etwas grundlegend anderes gelten soll, erschließt sich dem Senat nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG.