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Informationsbegehren; Entgeltsätze von Betreuungseinrichtungen für Behinderte; Sozialhilfeträger; Vereinbarungen mit Einrichtungsträgern; Übernahmefähigkeit; externer Vergleich; Geschäftsgeheimnisse; Sozialgeheimnis; Kalkulation; Gestehungskosten; keine Nennung des Einrichtungsträgers; behördliche Aufgabenwahrnehmung; erhebliche Beeinträchtigung; Bearbeitungsaufwand des Informationsbegehrens


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 02.08.2018
Aktenzeichen OVG 12 B 12.18 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2018:0802.OVG12B12.18.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 35 SGB 1, § 75 Abs 2 SGB 12, § 75 Abs 3 SGB 12, § 1 AktenE/InfZG BB, § 4 Abs 2 Nr 4 AktenE/InfZG BB, § 4 Abs 3 AktenE/InfZG BB, § 5 Abs 1 S 1 Nr 3 AktenE/InfZG BB

Leitsatz

1. Der Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 AIG ist auf Beeinträchtigungen der Aufgabenerfüllung durch den personellen wie sachlichen Aufwand der Bearbeitung des Einsichtsersuchens beschränkt; ein Akteneinsichtsbegehren kann nicht auf dieser Grundlage abgelehnt werden, wenn die Behörde durch die Offenlegung eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer sachlichen Aufgabenerfüllung befürchtet.

2. Einer Zugänglichmachung der „blanken“ Entgeltsätze von Einrichtungen zur Behindertenbetreuung ohne Nennung der Einrichtung oder ihres Trägers, die der Sozialhilfeträger im Rahmen des sog. externen Vergleichs für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen heranzuziehen hat, stehen Ausschlussgründe nach dem AIG nicht entgegen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das ihr am 7. Juni 2017 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) geändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 5. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2012 verpflichtet, der Klägerin unabhängig von der Zustimmung der Träger der Einrichtungen Einsicht in alle von dem Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII abgeschlossenen Vergütungen (Grund-, Maßnahmenpauschale und Investitionsbetrag, getrennt nach Leistungstypen und Hilfebedarfsgruppen, Stand: 19. Januar 2010) zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des Vollstreckungsbetrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um Akteneinsicht in vom Beklagten mit Trägern sozialer Einrichtungen abgeschlossene Vergütungsvereinbarungen i.S.v. § 75 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).

Die Klägerin betreibt Einrichtungen für die Unterbringung und Versorgung von Menschen mit Behinderung unter anderem auch im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, mit dem sie auch bereits entsprechende Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII abschloss.

Unter dem 15. Januar 2010 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beim Beklagten,

„1. unserer Mandantschaft Akteneinsicht in diejenigen Verwaltungsvorgänge zu gewähren, aus denen sich die Berechnungsgrundlagen für die vergleichbaren Entgelte für Einrichtungen im Sinne des §§ 75 Abs. 3 SGB XII ergeben,

2. hilfsweise unsere Mandantschaft hinsichtlich des Akteneinsichtsanspruchs zu Ziffer 1 zu beraten bzw. zu unterstützen.“

Mit Schreiben vom 5. April 2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könne, weil schutzwürdige Interessen der anderen Unternehmen entgegenstünden. Die in den Akten regelmäßig angegebenen Personal- und Sachkosten ließen Rückschlüsse auf die Organisation und die Preiskalkulation des jeweiligen Unternehmens zu. Dies seien regelmäßig geheim zu haltende Daten.

Den Widerspruch vom 14. Juni 2011 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15. August 2012 zurück. Der Klägerin sei die Akteneinsicht zu verwehren gewesen, weil es sich hierbei ausschließlich um Unterlagen von Geschäftsbetrieben im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 3 Akteneinsichts- und Informationsgesetz in der geltenden Fassung (AIG a.F.) handele, deren Geheimhaltungsinteressen dadurch betroffen und deren Zustimmungen nicht eingeholt seien.

Mit der entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides am 20. September 2012 beim Verwaltungsgericht Potsdam erhobenen und von dort zuständigkeitshalber durch Beschluss vom 24. September 2012 an das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) verwiesenen Klage hat die Klägerin klargestellt, dass sie Einsicht in die „blanken“ Entgeltsätze sämtlicher Träger begehre, mit denen der Beklagte entsprechende Vereinbarungen geschlossen habe; die Vereinbarungen könnten insoweit anonymisiert werden, so dass die Einrichtungen nicht identifizierbar seien. Soweit in den Vergütungsvereinbarungen weitere Regelungen enthalten seien, die über die pauschalen, bei sämtlichen Trägern gleich ausgestalteten Preise für die jeweiligen Leistungen hinausgingen, habe sie nichts gegen eine Schwärzung einzuwenden. Bei den zu offenbarenden Entgeltsätzen handele es sich danach nicht um geschützte Geschäftsgeheimnisse.

Auf gerichtlichen Hinweis hat der Beklagte alle Träger von Einrichtungen, mit denen er Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII abgeschlossen hatte, um schriftliche Mitteilung gebeten, ob sie mit der Einsichtnahme in die derzeit gültigen Entgeltpauschalen durch einen anderen Träger einverstanden sind. Bezüglich des Ergebnisses der Befragung wird auf Blatt 172 bis 182 der Gerichtsakte verwiesen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage im schriftlichen Verfahren durch den Beteiligten jeweils am 7. Juni 2017 zugestelltes Urteil abgewiesen. Zwar schließe der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AIG n.F. den Anspruch auf die begehrte Akteneinsicht nicht aus. Den „blanken“ Entgelt- bzw. Vergütungssätzen fehle die Geheimniseigenschaft, weil jedenfalls der Unternehmensbezug nicht gegeben sei. Ein Rückschluss von diesen Daten auf die jeweilige Einrichtung bzw. den Einrichtungsträger sei selbst dann nicht möglich, wenn man einen Abgleich mit allen Einrichtungen vornehme, mit denen der Beklagte Vereinbarungen abgeschlossen habe. Der Beklagte könne dem Akteneinsichtsgesuch der Klägerin aber entgegenhalten, durch die Gewährung der Einsicht bei der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erheblich beeinträchtigt zu sein, ohne dass das Interesse an der Einsichtnahme das entgegenstehende öffentliche Interesse im Einzelfall überwiege (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 AIG n.F.). Die Offenlegung der mit sämtlichen Einrichtungsträgern in seinem Zuständigkeitsbereich nach § 75 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII vereinbarten Entgeltsätze bewirke eine erhebliche Schwächung des Beklagten in seiner Verhandlungsposition bei Abschluss neuer Vereinbarungen. Der Träger der Sozialhilfe verhandele die Vergütungssätze nicht jeweils im Einzelfall frei, sondern ermittle im Rahmen aller Verhandlungen mit gleichermaßen geeigneten Einrichtungen Vergütungssätze, die dann - bei jeweils vergleichbarem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung - als Maßstab für die Vereinbarungen mit allen diesen Einrichtungen dienten. Eine Offenlegung der Vergleichsdaten würde dazu führen, dass die Einrichtungen ihre Leistungen gerade noch so günstig anbieten würden, dass die Entgelte dem Vergleich mit den anderen Anbietern standhielten, um in den Genuss der Vereinbarung zu kommen. Die damit verbundene Intransparenz der Vergleichsgrundlage und der einseitige Verhandlungsvorteil für den Träger der Sozialhilfe seien rechtlich gewollt und nicht zu beanstanden. Sie könne zwar im Einzelfall ein Interesse an der Offenlegung einzelner oder aller Vergütungssätze zu begründen, wenn eine Vereinbarung nicht innerhalb von sechs Wochen zustande komme. Für eine solche Entscheidung sei nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch die Schiedsstelle zuständig, die von einer der Vertragsparteien gemäß § 80 SGB XII angerufen werden könne. Ein überwiegendes privates Interesse an der Einsichtnahme in die Vergütungssätze sei weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Gegen das Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin. Zur Begründung macht sie geltend, dass sie als beteiligter Leistungserbringer die Kalkulation ihrer Personal- und Sachkosten nachweisen müsse und es nicht genüge, lediglich ihre Vergütungs- und Entgeltsätze anzugeben. Der Vergleich mit den Vergütungssätzen anderer Leistungserbringer, mit denen der Beklagte Vereinbarungen abgeschlossen habe, ermögliche eine gewisse Kontrolle, ob der Sozialhilfeträger das gesetzliche Verfahren zur Auswahl geeigneter Sachleistungserbringer im Vorfeld des Abschlusses von Vereinbarungen beachtet habe. Darin liege keine wesentliche Schwächung der Verhandlungsposition des Beklagten, der bei Abschluss der Vereinbarungen auch Festlegungen zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen treffen könne.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 5. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2012 zu verpflichten, ihr unabhängig von der Zustimmung der Träger der Einrichtungen Einsicht in alle von dem Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII abgeschlossenen Vergütungen (Grund-, Maßnahmenpauschale und Investitionsbetrag, getrennt nach Leistungstypen und Hilfebedarfsgruppen) zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Es sei erwartbar, dass sich die Einrichtungsträger an den Maximalwerten der Vergütungssätze orientieren und ihre Kalkulation daran ausrichten würden, würde der vollständige externe Vergleich offengelegt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird neben der Streitakte (zwei Bände) auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten (ein Leitzordner), die Gegenstand der Beschlussfassung gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Der Senat kann über die Berufung der Klägerin im Beschlusswege gemäß 130a VwGO entscheiden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat nach § 1 des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes – AIG – vom 10. März 1998 (GVBl. I S. 46), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes und zur Aufhebung des Personalausweisgesetzes vom 15. Oktober 2013 (GVBl. I Nr. 30), Anspruch auf Einsicht in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang in die anonymisierten Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII, die der Beklagte im Zeitpunkt des Antragseingangs am 19. Januar 2010 mit anderen Einrichtungsträgern abgeschlossen hatte (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Anspruchsvoraussetzungen liegen vor. Nach § 1 AIG hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach den §§ 4 und 5 AIG entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten. Zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehört auch die Klägerin als inländische juristische Person (vgl. Art. 21 Abs. 4 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 Verfassung des Landes Brandenburg). Das Recht besteht nach § 2 Abs. 1 AIG gegenüber Behörden und Einrichtungen des Landes, zu denen der Beklagte im Rahmen seiner Aufgaben als Träger der Sozialhilfe gehört. Akten sind gemäß § 3 Satz 1 AIG alle schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise aufgezeichnete Unterlagen, soweit sie amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienen. Darunter fallen die mit den Einrichtungen, die Sachleistungen gegenüber Sozialhilfeempfängern erbringen, nach § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarungen. Dabei kann sich das Einsichtsrecht jedoch nur auf den bei Eingang des Antrages am 19. Januar 2010 vorhandenen Aktenbestand beziehen. Der Abschluss von Vereinbarungen in späteren Jahren ist von dem Antrag auf Akteneinsicht logisch nicht erfasst.

Das SGB XII enthält keine bereichsspezifischen Regelungen über die Gewährung von Informationszugang für einen unbeschränkten Personenkreis, sondern nur Regelungen für die am Verfahren der Beauftragung von Einrichtungen Beteiligten (i.V.m. SGB X). Daran ändert auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts zum Verfahren vor der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII nichts. Es mag sein, dass die Klägerin auch in einem solchen Verfahren als Verfahrensbeteiligte Zugang zu den von ihr begehrten Informationen erhalten könnte. Im vorliegenden Verfahren macht sie jedoch das für einen unbeschränkten Personenkreis geregelte allgemeine Recht auf umfassenden Informationszugang geltend und muss sich insoweit nicht auf die ihr als Verfahrensbeteiligte im Falle des § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zustehenden Rechte verweisen lassen.

2. Überwiegende öffentliche oder private Interessen nach den §§ 4 oder 5 AIG stehen der begehrten Akteneinsicht nicht entgegen.

a) Die Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen der übrigen Träger von Einrichtungen, mit denen und für die der Beklagte Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII abgeschlossen hat, schließt den Anspruch der Klägerin nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AIG nicht aus. Insoweit hat schon das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt, dass den „blanken“ Entgelt- bzw. Vergütungssätzen der Einrichtungen, mit denen der Beklagte entsprechende Vereinbarungen geschlossen hat, nach der nunmehr auch im AIG anzuwendenden allgemeinen Begriffsbestimmung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 7 C 12.13 –, BVerwGE 150, 383, juris Rn. 28, Beschluss vom 25. Juli 2013 – 7 B 45.12 – juris Rn. 10, 16 und Urteil vom 24. September 2009 – 7 C 2.09 – BVerwGE 135, 34, juris Rn. 52, 58 f.) der notwendige Unternehmensbezug fehlt. Es handelt sich gewissermaßen nur um die Preise, zu denen die Einrichtungsträger Leistungen gegenüber den bedürftigen Hilfeempfängern erbringen, deren Zahlung der Beklagte übernimmt. Die begehrten Daten geben keinen Aufschluss über Kostenansatz oder -struktur des jeweiligen Einrichtungsträgers, und die bloße Angabe der Sätze lässt keinen Rückschluss auf die jeweilige Einrichtung zu. Ein Abgleich der vereinbarten Vergütungssätze untereinander ermöglicht es nicht, die Sätze bestimmten Einrichtungen oder ihren Trägern zuzuordnen. Die diesbezüglichen Einwände des Beklagten hat das Verwaltungsgericht zu Recht als unsubstantiiert zurückgewiesen.

b) Im Ergebnis nichts anderes gilt für die Geheimhaltungspflichten gemäß § 4 Abs. 3 AIG i.V.m. §§ 35 SGB I und 67 ff. SGB X zur Wahrung des Sozialgeheimnisses. Insoweit kann dahinstehen, ob die in Rede stehenden Informationen überhaupt durch das Sozialgeheimnis geschützt werden. Zum einen handelt es sich bei den Entgeltsätzen letztlich um die Preise, zu denen die Leistung auch dem jeweiligen Empfänger gegenüber angeboten wird und die damit im Rahmen der Vertragsanbahnung offengelegt werden. Zum anderen bilden sie nach § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII (seit 1. Januar 2017: § 75 Abs. 2 Satz 10 SGB XII) den Maßstab für den externen Vergleich eines Leistungsangebots, nach dem der Sozialhilfeträger Vereinbarungen mit den Leistungserbringern zu schließen hat. Das dürfte die Befugnis einschließen, den Vergleichsmaßstab zur Begründung und Rechtsverteidigung der Entscheidungen, auch solcher der Schiedsstellen, offenzulegen (vgl. BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 – B 3 P 3/08 R – BSGE 105, 126, juris Rn. 66 und vom 14. Dezember 2000 – B 3 P 19/00 R – BSGE 87, 199, juris Rn. 27; BVerwG, vom 1. Dezember 1998 – 5 C 17.97 – BVerwGE 108, 47, juris Rn 25 f). Dieser für die Pflegeversicherung entwickelte Vergleichsmaßstab greift grundsätzlich auch im hier betroffenen Bereich des SGB XII (vgl. BSG; Urteil vom 7. Oktober 2015 – B 8 SO 21/14 R – BSGE 120, 51, juris Rn. 16), wenngleich die Rechtsprechung im Hinblick auf die anders geartete Struktur des SGB XII und die geringere Normdichte und fehlende Regelungen über die Mitwirkungspflichten im Schiedsstellenverfahren nicht voll übertragbar ist. Insofern ist allerdings nicht zu erkennen, dass danach gebotene Modifikationen sich auf die Frage der Offenlegung der für den externen Vergleich heranzuziehenden Entgelte auswirken. Dies wird auch aus dem Einwand des Beklagten, eine generelle Übertragbarkeit auf den hier strittigen Sachverhalt aus dem SGB XII erscheine zumindest fraglich, weil die zitierte Ausgangsrechtsprechung das SGB XI betreffe, nicht deutlich. Jedenfalls geht es dabei nicht um personenbezogene Daten von Leistungsempfängern oder dem Personal der Einrichtungen und ihrer Träger. Allerdings stehen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gemäß § 35 Abs. 4 SGB I den durch das Sozialgeheimnis vor unbefugter Offenbarung geschützten Sozialdaten gleich. „Geheimnisse“ liegen jedoch nur vor, wenn sie in dem gleichen Sinn einer Person oder einem Unternehmen zugeordnet werden können, wie Sozialdaten sonst eine bestimmte Person „betreffen“ müssen (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Daran fehlt es nach den vorstehenden Ausführungen bei einer Einsicht allein in die vom Antrag erfassten Entgelt- und Vergütungssätze, weil sie eine individuelle Zuordnung in der Gruppe der Unternehmen und Einrichtungen, mit denen der Beklagte Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossen hat, nicht ermöglichen und eine Reidentifizierung des einzelnen Trägers oder der Einrichtung also ausgeschlossen ist. Die Auffassung, dass „blanke“ Entgeltsätze die Eigenschaft als Geschäftsgeheimnis nicht verlieren, wenn das Datum von seinem Zuordnungssubjekt getrennt wird und damit der Unternehmensbezug fehlt, teilt der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht.

Insofern ist es für das ausdrücklich zustimmungsunabhängig geltend gemachte Akteneinsichtsbegehren unerheblich, dass nicht alle Einrichtungsträger im Rahmen der während des Verfahrens vom Beklagten – offenbar auch ohne Beachtung des zeitlichen Bezuges des Einsichtsbegehrens auf den Antragseingang bei der Behörde – durchgeführten Umfrage der Offenbarung zugestimmt haben.

3. Nicht gefolgt werden kann dem Verwaltungsgericht jedoch, soweit es eine erhebliche Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle durch die Gewährung der Akteneinsicht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 4 AIG annimmt, weil die Offenbarung aller Vergütungssätze die Verhandlungsposition des Beklagten gegenüber den Einrichtungsträgern in künftigen Verhandlungsrunden schwächen würde, so dass die Gefahr einer Entwertung des Auswahlkriteriums eines externen Vergleichs nach § 75 Abs. 2 Satz 10 SGB XII besteht.

Es kann dahinstehen, ob diese Befürchtung durch eine Offenlegung der Vergütungssätze überhaupt begründet ist und bei einer wertenden Betrachtung den Grad einer erheblichen Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung erreichen kann. Dagegen spricht schon, dass eine Ermittlung der Entgeltsätze auch bei den jeweiligen Einrichtungsträgern möglich sein dürfte und der externe Vergleich vom Gesetz her der Förderung des Wettbewerbs und der Marktgerechtigkeit dienen soll, was prinzipiell die Offenlegung voraussetzt (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000, a.a.O.). Aus sozialrechtlichem Blickwinkel könnte daher sogar manches für eine Veröffentlichung seitens der Behörde von sich aus sprechen, was auch der Praxis im Land Berlin, das die Vergütungssätze veröffentlicht, entspricht. Solche Veröffentlichung führt im Übrigen dazu, dass die Antragsteller bei Anträgen auf Akteneinsicht darauf verwiesen werden können (§ 7 Abs. 1 Satz 7 AIG) und sich der Bearbeitungsaufwand in Grenzen hält. Im Übrigen erscheint die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung schon deshalb fernliegend, weil jede Einrichtung für den Abschluss einer Vereinbarung ihre Gestehungskosten in einer schlüssigen Kalkulation gegenüber dem Beklagten offenlegen muss und daraus für ihn erkennbar werden dürfte, inwiefern ein realistischer Vergütungsansatz vorliegt.

Es bedarf aber keiner näheren Betrachtung, ob bereits dies den Befürchtungen des Beklagten die Grundlage entzieht. Denn das Verwaltungsgericht legt dem Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 AIG ohne erkennbare Begründung und damit rechtsfehlerhaft einen materiellen Gehalt bei, der von der gesetzgeberischen Absicht nicht gedeckt ist. Der Ablehnungsgrund bezieht sich nach den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 2/4417, S. 13) nur auf Beeinträchtigungen der Aufgabenerfüllung durch das Verfahren der Aufbereitung und Sichtung der Akten zur Beantwortung des Einsichtsersuchens; anderes, insbesondere eine Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung aus sachlichen Gründen durch die Offenlegung von Informationen wird in der Einzelbegründung zu der Norm nicht erwähnt. Der Wortlaut der Vorschrift ist deshalb enger als der Wortsinn auszulegen, so dass er auf Beeinträchtigungen der Aufgabenerfüllung durch den personellen wie sachlichen Aufwand der Bearbeitung des Einsichtsersuchens beschränkt ist (vgl Senatsrechtsprechung, Beschlüsse vom 24. Mai 2018 – OVG 12 N 108.17 – Beschlussabdruck S. 3, vom 4. Februar 2015 – OVG 12 N 15.13 – Beschlussabdruck S. 2, und vom 4. August 2014 – OVG 12 N 36.14 – juris Rn. 9).

Eine von dem Ausschlussgrund gedeckte Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung durch die Bearbeitung des Akteneinsichtsgesuchs der Klägerin hat der Beklagte nicht substantiiert eingewandt. Die von der Vorschrift für den Fall einer erheblichen Beeinträchtigung vorgesehene Ermessensentscheidung unter Abwägung des Interesses der Klägerin mit dem entgegenstehenden Interesse der öffentlichen Stelle erübrigt sich danach. Dem Verwaltungsgericht könnte aber auch darin nicht gefolgt werden, dass für ein überwiegendes Interesse der Klägerin nichts sprechen würde. Vielmehr liegt auf der Hand, dass das Einsichtsinteresse der Klägerin schon dadurch begründet wird, dass sie selbst Träger von Einrichtungen ist und sich als Leistungserbringer um Vereinbarungen mit dem Beklagten bewirbt. Darüber hinaus dürfte eine Kontrolle der Verwaltungstätigkeit des Beklagten im Rahmen des § 75 Abs. 2 und 3 SGB XII durchaus inmitten dessen liegen, was mit Art. 21 Abs. 4 der Verfassung des Landes Brandenburg und dem zu seiner Ausfüllung eröffneten gesetzlichen Anspruch auf Informationszugang an verbesserter Teilhabe an den politischen Mitgestaltungsrechten bezweckt ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.