Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 21.10.2010 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 259/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 9 BKV |
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2008 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) – bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können –.
Der 1950 geborene Kläger hat in den 60er Jahren im ehemaligen J den Beruf des Maschinenschlossers erlernt. 1973 kam er in die Bundesrepublik Deutschland, wo er seither wie folgt beschäftigt war.
August 1973 bis Oktober 1974
Heizungsmonteur
Anschließend bis 1979
Maschinenschlosser
1980 bis 30. Juni 1998
Heizungsmonteur.
Das letzte Arbeitsverhältnis endete aufgrund der Insolvenz des Beschäftigungsbetriebs. Bereits ab dem 21. Januar 1998 bis zum 12. Juni 1998 bestand Arbeitsunfähigkeit u. a. wegen Lumboischialgie, Verdacht auf Bandscheibenprolaps. Anschließend war er arbeitslos bis zum Erhalt einer Rente wegen Erwerbsminderung ab Juli 2006. Vom 13. September bis zum 29. Oktober 2004 hatte er einen Arbeitsversuch als Heizungsmonteur unternommen.
Auf eine ärztliche Anzeige wegen des Verdachts auf das Bestehen einer BK Nr. 2108 durch den Orthopäden Dr. Dr. Z vom 19. Dezember 2002 leitete die Beklagte ein Ermittlungsverfahren ein. Sie holte unter anderem einen Befundbericht von dem behandelnden Orthopäden Dr. L vom 20. März 2003, Auskünfte der ehemaligen Arbeitgeber F B GmbH vom 21. März 2003 sowie G. W + Co. GmbH vom 21. August 2003 und ein Vorerkrankungsverzeichnis nebst Übersicht der Versicherungszeiten von der AOK B vom 07. April 2003 (erste Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankungen der Lendenwirbelsäule <LWS>: 24. Mai 1993 bis 04. Juni 1993 wegen Lumboischialgie) ein. Außerdem zog sie die Unterlagen der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) betreffend einen Arbeitsunfall des Klägers am 18. August 1976 und der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) betreffend einen Unfall am 27. Juni 2002 während eines Reha-Aufenthaltes bei. Schließlich forderte sie noch die Reha-Entlassungsberichte der Rehabilitationsklinik L vom 01. Dezember 1998 sowie der Rehabilitationsklinik G vom 15. August 2002 an. Des Weiteren veranlasste sie Stellungnahmen des Technischen Aufsichtdienstes (TAD) der Bau-Berufsgenossenschaft (Bau-BG) vom 15. April 2003 (betreffend die Zeit vom 01. Januar 1980 bis zum 31. Dezember 1981) und ihres eigenen Präventionsdienstes vom 29. September 2003 (betreffend die Zeit vom 30. Juni 1982 bis zum 31. Dezember 1998).
Nach Einholung einer Stellungnahme der Gewerbeärztin U vom 03. Februar 2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04. März 2004 die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, da bei dem Kläger keine BK Nr. 2108 bestehe. Nach den Feststellungen des TAD der Bau-BG sowie des Präventionsdienstes der Beklagten sei die Tätigkeit als Heizungsmonteur zwar mit schwerem Heben und Tragen verbunden gewesen. Es ergebe sich für eine insgesamt 19jährige Tätigkeitszeit jedoch nur eine Gesamtbelastungsdosis nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) i. H. v. rund 14 MNh, so dass die notwendige Gesamtbelastungsdosis nach dem MDD i. H. v. 25 MNh nicht erreicht werde.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch und machte geltend, er sei bereits vor 1980 wirbelsäulenbelastend tätig gewesen. Die Beklagte veranlasste daraufhin weitere Ermittlungen ihrer Präventionsabteilung (Stellungnahmen vom 18. Mai 2004 und 29. September 2004) sowie der Präventionsabteilungen der VBG (Stellungnahme vom 16. August 2004) und der BGFE (Stellungnahmen vom 20. Juli und 21. September 2004). Im Ergebnis ging die Beklagte von einer Gesamtbelastungsdosis i. H. v. 24,51 MNh für den Beschäftigungszeitraum vom 01. August 1973 bis zum 28. Februar 1998 aus. Anschließend legte sie den Sachverhalt dem beratenden Arzt Dr. R zur Einschätzung, ob das Krankheitsbild auf eine berufliche Verursachung schließen lasse, vor. Dieser gelangte unter Einsichtnahme in die Original-Röntgenaufnahmen der LWS vom 01. Juni 1995 und 20. Oktober 2004 zu dem Schluss, eine berufliche Verursachung sei nicht wahrscheinlich, da sich in allen LWS-Segmenten Sklerosierungen der Grund- und Deckplatten zeigten. Erniedrigte Zwischenwirbelräume fänden sich bei L1/2 bis L3/4 sowie bei L5/S1. Nur der Zwischenwirbelraum L4/5 sei normalweit. Gleichzeitig bestünden an allen Segmenten außer L4/5 zum Teil überbrückende Kantenanbauten. Da alle LWS-Segmente degenerativ verändert seien, auch die Brustwirbelsäule (BWS) erhebliche degenerative Veränderungen aufweise und außerdem das Schadensbild nicht von oben nach unten zunehme, liege kein für die BK Nr. 2108 typisches Krankheitsbild vor (Stellungnahme vom 25. November 2004). Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2005 zurück.
Mit seiner hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren aus dem Verwaltungsverfahren weiter geführt.
Das Gericht hat zunächst die Schwerbehindertenakte des Klägers beigezogen und Auszüge hieraus in den Rechtsstreit eingeführt. Außerdem hat es die medizinischen Unterlagen der Bundesagentur für Arbeit sowie der Landesversicherungsanstalt Berlin (LVA), die MDK-Gutachten vom 28. Juni 2005 und 09. August 2005 und Vorerkrankungsverzeichnisse der S Betriebskrankenkasse (SBK) vom 07. Juli 2005 sowie der AOK B vom 09. August 2005 beigezogen. Das Gericht hat Befundberichte von den Orthopäden Dr. L vom 26. September 2005 und Dr. Dr. Z vom 28. September 2005 eingeholt.
Anschließend hat das SG Beweis erhoben und den Orthopäden Dr. W-R mit der Untersuchung des Klägers und Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 23. Februar 2006 ist dieser nach einer Untersuchung des Klägers am 23. Februar 2006 zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Kläger lägen folgende Gesundheitsstörungen vor:
a) Chronisch degeneratives Halswirbelsäulen-Syndrom bei Osteochondrosen der unteren Halswirbelsäule (HWS)
b) Chronisch degeneratives BWS-Syndrom bei hochgradigen allgemeinen Abnutzungserscheinungen und Zustand nach abgelaufenem Morbus Scheuermann
c) Chronisch degeneratives LWS-Syndrom mit ubiquitärer Segmentdegeneration und möglichen sensiblen Nervenwurzelreizerscheinungen L5 rechts bei zunehmender Recessusstenosierung
d) Polyarthralgien
e) Adipositas.
Fraglich sei bereits ein einer bandscheibenbedingten Erkrankung entsprechendes typisches Beschwerdebild. Schon 1993 (Röntgenbilder der BWS vom 14. Oktober 1993) seien radiologisch Wirbelsäulenübergreifende Abnutzungserscheinungen auch auf weniger belasteten Segmenten wie L3 und in der BWS nachzuweisen gewesen, ohne dass Bandscheibenschäden zu finden gewesen wären. Auch auf den CT-Aufnahmen der LWS vom 07. Juni 1996 seien deutliche Segmentschäden mit Osteochondrosen, Sklerosierungen der angrenzenden wirbelkörperdeckplatten, Bandscheibenfacherniedrigungen, Randspondylosen und Facettenarthrosen zu erkennen, ohne dass die Bandscheiben prolabiert gewesen seien. Dies zeige, dass es sich nicht um eine primäre Erkrankung der Bandscheiben handele, sondern dass die Erkrankung ihren Ausgangspunkt in den knöchernen Veränderungen gefunden habe. Lange Zeit hätten altersnormale Zustände innerhalb der Bandscheiben vorgelegen bei fortschreitenden knöchernen Veränderungen. Als außerberufliche Faktoren seien zudem ein Morbus Scheuermann, eine Skoliose, die Übergewichtigkeit und eine genetische Disposition zu sehen.
Nach Vorlage des Befundes eines neurologischen Konsils vom 10. April 2006 hat der Sachverständige in einer ergänzenden Stellungnahme vom 18. Oktober 2006 seine Beurteilung aufrecht erhalten.
Das SG hat ergänzend den Orthopäden Dr. M mit der Untersuchung des Klägers und Erstellung eines Gutachtens betraut. Dieser hat sich in seinem Gutachten vom 28. März 2007 nach einer Untersuchung des Klägers am selben Tag der Beurteilung durch Dr. W-R im Ergebnis angeschlossen.
Das SG hat die auf Gewährung von Entschädigungsleistungen unter Anerkennung einer BK Nr. 2108 gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. März 2008 abgewiesen. Zwar lägen die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2108 vor, es fehle jedoch an den arbeitsmedizinischen Voraussetzungen, denn nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. W-R, die im Übrigen bestätigt worden seien von dem zweiten Gutachter Dr. M, liege keine primär bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vor.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Juli 2008 Berufung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) erhoben. Er ist nach wie vor der Auffassung, dass sowohl der Morbus Scheuermann als auch die rechtskonvexe Skoliose der LWS und die weiteren Schädigungen der LWS, insbesondere mit Bandscheibenfacherniedrigungen, nicht ausschließlich anlagebedingt, sondern gerade wesentliche Folgen der beruflichen Belastung seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2008 sowie den Bescheid vom 04. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2005 aufzuheben und bei ihm das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 2108 nach der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. S mit der Untersuchung des Klägers und Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 06. Januar 2009 ist er nach einer Untersuchung des Klägers am 31. August 2008 zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Kläger lägen folgende Gesundheitsstörungen vor:
1. Bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS mit chronischen Funktionsstörungen, Nervenreizung und diskreten Nervenausfallerscheinungen, radiologischen Zeichen einer Höhenminderung der Bandscheiben zwischen L5/S1 sowie zwischen L1/2, L2/3 und L4/5, belastungsabhängigem klinischem Segmentbefund im Bereich des rechten Beins, vermehrtem Muskeltonus im Bereich der unteren LWS
2. Verschleißleiden der BWS und HWS
3. Chronischen Schmerzsyndrom, Verdacht auf depressive Störung mit körperlichen Auswirkungen
4. Folgen mehrerer Unfälle
5. Bewegungsstörungen der Hüftgelenke
6. Bewegungsstörungen der Schultergelenke.
Bei dem Kläger liege eine BK Nr. 2108 vor. Zwar liege ein Bandscheibenvorfall nicht vor. Anhand der Röntgenaufnahmen der LWS vom 01. November 1999 ließen sich jedoch das altersübliche Maß überschreitende Chondrosen in den Segmenten L1/2 (Chondrose Grad I), L2/3 (Chondrose Grad III), L3/4 (Chondrose Grad I) und L5/S1 (Chondrose Grad III) nachweisen. In dem Segment L4/5 sei keine Chondrose feststellbar. Zwar sprächen hier sowohl Umstände für einen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit (klinisches Beschwerdebild in Form eines lokalen Wirbelsäulensyndroms, leichtgradig das Lebensalter überschreitende Veränderungen, Ausbildung vorderer und seitlicher Randzacken an den Wirbelkörpern bei Fehlen hinterer Randzacken, plausible zeitliche Korrelation zwischen Einwirkung und Entwicklung der Erkrankung, Vorliegen einen Begleitspondylose) als auch dagegen (Fehlen einer vermehrten Sklerose der Wirbelkörperabschlussplatten, untypisches Verteilungsmuster der Bandscheibenschäden an der LWS), in der Summe halte er aber einen Zusammenhang mit der beruflichen Exposition für wahrscheinlich. Es liege eine Konstellation „B2“ nach den Konsensempfehlungen vor. Wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren seien nach den Konsensempfehlungen nicht festzustellen, denn der Morbus Scheuermann habe zu keiner Bildung von Keilwirbeln mit einem Mindestgrad von 5° geführt, die Skoliose sei zu gering ausgeprägt und die Bogenschlussstörung sei laut den Konsensempfehlungen nicht als prädisponierender Faktor zu werten. Auf arbeitstechnischer Seite lägen nach den Angaben des Klägers ein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen und eine besonders intensive Belastung durch Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren vor. Die Erkrankung habe auch zur Unterlassung aller belastenden Tätigkeiten spätestens ab September 2004 gezwungen. Dem Gutachten ist der Entlassungsbericht der Hklinik I – Abt. Psychosomatik/Psychotherapie - vom 22. Mai 2006 beigefügt worden.
Die Beklagte kritisiert an dem Gutachten insbesondere, dass der Sachverständige aus nicht nachvollziehbaren Gründen zur Annahme eines besonderen Gefährdungspotentials sowie einer besonders intensiven Belastung gekommen sei, ohne dass entsprechende arbeitstechnische Feststellungen vorlägen. Darüber hinaus lasse sich ein belastungskonformes Schädigungsbild hier gerade nicht feststellen, denn das stark belastete Segment L4/5 sei von keiner Bandscheibendegeneration betroffen.
Auf Aufforderung des Senats hat der erstinstanzliche Sachverständige Dr. W-R am 20. April 2009 ergänzend zu dem Gutachten des Dr. S Stellung genommen. Es liege wegen des mangelnden Bandscheibenverschleißes bei L4/5 kein von oben nach unten zunehmendes Schadensbild vor. Im Übrigen sei allein das Vorliegen einer das altersübliche Maß überschreitenden Chondrose für die Erfüllung der Kriterien der Konsensempfehlungen nicht ausreichend. Es müsse nämlich erkennbar sein, dass eine knöcherne Segmentschädigung auch primär von der geschädigten Bandscheibe initiiert worden sei. Nicht anders sei die BK Nr. 2108 definiert. Sie sei nicht Ausdruck einer primären knöchernen Veränderung an den Deckplatten, Wirbelkörpern oder Facettengelenken, sondern Ausdruck einer krankhaften und altersüberschreitenden Schädigung durch eine spezifische berufliche Überlastung des Bandscheibengewebes. Gerade die CT-Aufnahmen aus dem Jahre 1996 belegten, dass der Schadensprozess nicht vom Bandscheibengewebe initiiert worden sei.
In seiner hierauf erstellten ergänzenden Stellungnahme vom 07. September 2009 hat Dr. S die Kritik des Dr. W-R zurückgewiesen.
Der Senat hat abschließend ein radiologisches Gutachten von Dr. L eingeholt. Dieser hat am 14. Dezember 2009 ein MRT der LWS angefertigt (allerdings ohne axiale und coronare Datensätze) und die vorliegenden Röntgen- und CT-Aufnahmen vom 12. Oktober 1993, 01. Juni 1995, 07. Juni 1996, 24. März 1997, 24. Februar 1998, 25. Mai 1998, 01. November 1999 sowie 20. Juni 2002 nachbefundet.
Anhand der MRT-Aufnahmen vom 14. Dezember 2009 seien die degenerativen Bandscheibenschäden insgesamt nicht als altersuntypisch zu werten, wohingegen die spondylotischen und spondylarthrotischen Veränderungen als das Altersmaß stark übersteigend zu qualifizieren seien. Zum Zeitpunkt der Arbeitsaufgabe 1998 hätten gemäß den vorliegenden Röntgenaufnahmen der BWS und LWS bereits ausgeprägte spondylarthrotische und spondylotische Veränderungen mit Syndesmophytenbildung und mäßige chondrotische Sklerose der Grund- und Deckplatten der LWS sowie BWS vorgelegen. Zeichen einer Begleitspondylose bestünden nicht. 1993 hätten zwar ausgeprägte spondylotische und spondylarthrotische Veränderungen vorgelegen, eine Erniedrigung der Bandscheibenfächer aber nicht. Zu keinem Zeitpunkt hätten degenerative Veränderungen der Bandscheiben von LWS und BWS vorgelegen, welche die vorbestehenden spondylotischen und spondylarthrotischen Veränderungen der Wirbelsäule übertroffen hätten. Vielmehr sei in Zusammenschau der konventionellen und tomographischen Bildgebung davon auszugehen, dass bereits lange vor der ersten Bildgebung eine generalisierte Degenration der LWS bei noch intakten Bandscheibenfächern und nicht affektierten Bandscheiben vorgelegen habe. Zum Zeitpunkt des MRT von Dezember 2009 habe bei ausgeprägten, endstadiösen generalisierten knöchernen Veränderungen der LWS keine das Altersnormmaß deutlich überschreitende Degeneration der Bandscheiben bestanden. Die vorhandenen Dehydratationen und Chondrosen, welche auch konventionell nachgewiesen worden seien, könnten als Reaktion auf die vorbestehenden generalisierten knöchernen Degenerationen der LWS und BWS gewertet werden.
Der Kläger hat das Gutachten kritisiert. Der Sachverständige berücksichtige nicht, dass er seit 1998 keinen Belastungen mehr ausgesetzt gewesen sei. Insgesamt sei der Beurteilung des Sachverständigen Dr. S zu folgen, der ihn gründlich untersucht und sich fachgerecht mit den Maßgaben der Konsensempfehlungen auseinander gesetzt habe.
Durch Beschluss vom 17. Mai 2010 ist der Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 5 SGG der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden. Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 14. September 2010 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamts Berlin Bezug genommen.
Die von dem Kläger als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erhobene Berufung, über die die Berichterstatterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gemäß §§ 153 Abs. 5 i. V. m. 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Arbeitsunfall bzw. eine BK nicht gegeben ist, deren Vorliegen als Grundlage infrage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG klären lassen (vgl. BSG vom 02. Dezember 2008 – B 2 U 15/07 R – zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de). Eine Entscheidung des Senats über konkrete Leistungsansprüche wäre außerdem nicht zulässig, da es insoweit an einer überprüfbaren Entscheidung der Beklagten fehlt.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass bei ihm die BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV besteht.
Als Versicherungsfall gilt nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII erleidet (§ 9 Abs. 1 SGB VII). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen.
Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf. bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung“, „Einwirkungen“ und „Krankheit“ müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG in SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und SozR 4-2700 § 8 Nr. 17) Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a. a. O.).
Von Nr. 2108 der Anlage zur BKV werden „bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben ursächlich waren oder sein können“, erfasst.
Nach dem Tatbestand der BK Nr. 2108 muss also der Versicherte aufgrund einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben und getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben. Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS entstanden sein und noch bestehen. Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK Nr. 2108 nicht vor (vgl. BSG inSozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 sowie Urteile vom 18. November 2008 - B 2 U 14/07 R – und – B 2 U 14/08 R – jeweils zitiert nach Juris) und ist nicht anzuerkennen.
Der Anspruch des Klägers scheitert hier nicht daran, dass die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen, d. h. die im Sinne der BK Nr. 2108 erforderlichen Einwirkungen durch langjähriges schweres Heben und Tragen bzw. Arbeit in Rumpfbeugehaltung, nicht gegeben wären. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Berechnungen des Präventionsdienstes der Beklagten, der VBG sowie des TAD der Bau-BG zum Ausmaß der mechanischen Belastung nach dem MDD (vgl. dazu die grundlegende Veröffentlichung von Jäger u. a., ASUMed 1999, 101 ff, 112 ff). Die Beklagte ist zuletzt von einer Gesamtbelastungsdosis i. H. v. 24,51 MNh für den Beschäftigungszeitraum vom 01. August 1973 bis zum 28. Februar 1998 ausgegangen.
Zwar ist danach die nach dem MDD vorgegebene Gesamtdosis von 25 x 106 Nh damit immer noch knapp unterschritten. Dennoch sind die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt, denn das MDD legt selber für die Belastung durch Heben und Tragen keine Mindestwerte fest, die erreicht werden müssen, damit von einem erhöhten Risiko von Bandscheibenschäden durch die berufliche Tätigkeit ausgegangen werden kann. Die auf Grund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis, sind nicht als Grenzwerte, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge zu verstehen. Von diesem Verständnis geht auch das aktuelle Merkblatt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur BK Nr. 2108 aus, das für eine zusammenfassende Bewertung der Wirbelsäulenbelastung auf das MDD verweist (BArbBl 2006, Heft 10 S. 30 ff) Danach sind zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 2108 zu bejahen, wenn die Richtwerte im Einzelfall erreicht oder überschritten werden; umgekehrt schließt aber ein Unterschreiten dieser Werte das Vorliegen der BK nicht von vornherein aus (vgl. BSG Urteile vom 30. Oktober 2007 a. a. O. sowie vom 18. November 2008 a. a. O.).
Orientierungswerte sind andererseits keine unverbindlichen Größen, die beliebig unterschritten werden können. Ihre Funktion besteht in dem hier interessierenden Zusammenhang darin, zumindest die Größenordnung festzulegen, ab der die Wirbelsäule belastende Tätigkeiten als potentiell gesundheitsschädlich einzustufen sind. Die Mindestbelastungswerte müssen naturgemäß niedriger angesetzt werden, weil sie ihrer Funktion als Ausschlusskriterium auch noch in besonders gelagerten Fällen, etwa beim Zusammenwirken des Hebens und Tragens mit anderen schädlichen Einwirkungen, gerecht werden müssen. Werden die Orientierungswerte jedoch so deutlich unterschritten, dass das Gefährdungsniveau nicht annähernd erreicht wird, so ist das Vorliegen einer BK Nr. 2108 zu verneinen, ohne dass es weiterer Feststellungen zum Krankheitsbild und zum medizinischen Kausalzusammenhang im Einzelfall bedarf (vgl. BSG Urteile vom 30. Oktober 2007 a. a. O. sowie vom 18. November 2008 a. a. O.).
Das BSG hat daher in seinen Entscheidungen vom 30. November 2008 – B 2 U 14/07 R und B 2 U 14/08 R - Modifizierungen zur Anwendung des MDD für notwendig erachtet. Danach ist die dem MDD zu Grunde liegende Mindestdruckkraft pro Arbeitsvorgang bei Männern nurmehr mit dem Wert 2.700 N pro Arbeitsvorgang anzusetzen. Auf eine Mindesttagesdosis ist nach dem Ergebnis der Deutschen Wirbelsäulenstudie zu verzichten. Alle Hebe- und Tragebelastungen, die die aufgezeigte Mindestbelastung von 2.700 N bei Männern erreichen, sind entsprechend dem quadratischen Ansatz (Kraft mal Kraft mal Zeit) zu berechnen und aufzuaddieren. Der untere Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der LWS ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, ist auf die Hälfte des im MDD vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis von 25 MNh, also auf 12,5 MNh, herabzusetzen. Berücksichtigt man dies hier zusätzlich, ist der inzwischen maßgebliche Orientierungswert von 12,5 MNh in jedem Fall erfüllt.
Der Anspruch scheitert jedoch an den arbeitsmedizinischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 2108.
In der medizinischen Wissenschaft ist anerkannt, dass Bandscheibenschäden und Bandscheibenvorfälle insbesondere der unteren LWS in allen Altersgruppen, sozialen Schichten und Berufsgruppen vorkommen. Sie sind von multifaktorieller Ätiologie. Da diese Bandscheibenerkrankungen ebenso in Berufsgruppen vorkommen, die während ihres Arbeitslebens keiner schweren körperlichen Belastung ausgesetzt waren, genauso wie in solchen, die wie der Kläger auch schwere körperliche Arbeiten geleistet haben, kann allein die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne des MDD die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines wesentlichen Kausalzusammenhanges nicht begründen (vgl. Merkblatt zu der BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV, BArbBl. 2006, Heft 10 S. 30 ff. ). Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Beurteilung des Ursachenzusammenhanges bei der BK Nr. 2108 war die medizinische Wissenschaft gezwungen, weitere Kriterien zu erarbeiten, die zumindest in ihrer Gesamtschau für oder gegen eine berufliche Verursachung sprechen. Diese sind niedergelegt in den medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der LWS, die als Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung auf Anregung der vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe anzusehen sind (vgl. Trauma und Berufskrankheit Heft 3/2005, Springer Medizin Verlag, S. 211 ff). Weder der Sachverständige Dr. W-R noch die Sachverständigen Dr. M, Dr. S und Dr. L haben einen neueren, von den Konsensempfehlungen abweichenden Stand der wissenschaftlichen Diskussion zu den bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule aufgezeigt. Es ist daher davon auszugehen, dass diese nach wie vor den aktuellen Stand der nationalen und internationalen Diskussion zur Verursachung von Lendenwirbelsäulenerkrankungen durch körperliche berufliche Belastungen darstellen (vgl. auch BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 – B 2 U 16/08 R -, zitiert nach Juris, und Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 13/05 R – in SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). Zur Gewährleistung einer im Geltungsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung gleichen und gerechten Behandlung aller Versicherten begegnet es daher keinen Bedenken, wenn die befassten Gutachter und die Sozialgerichtsbarkeit diese Konsensempfehlungen anwenden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen der BK Nr. 2108 nicht gegeben. Das Vorliegen einer durch die berufliche Tätigkeit verursachten bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS ist nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen des gesamten Gerichtsverfahrens, insbesondere dem Gutachten des Sachverständigen Dr. W-R vom 23. Februar 2006 nebst ergänzender Stellungnahme vom 20 April 2009 sowie dem Gutachten des Dr. M vom 28. März 2007 und dem Gutachten des Dr. L vom 26. Februar 2010.
Zwar können die bei dem Kläger durch diese Sachverständigen festgestellten Veränderungen der Wirbelsäule eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der BK Nr. 2108 darstellen. Unabdingbare, aber nicht hinreichende Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung ist nach den Konsensempfehlungen unter Punkt 1.3 der bildgebende Nachweis eines Bandscheibenschadens, d. h. einer Höhenminderung der Bandscheibe (=Chondrose) bzw. eines Bandscheibenvorfalls. Hinzu treten muss eine damit korrelierende klinische Symptomatik. Erforderlich ist ein Krankheitsbild, das über einen längeren Zeitraum andauert, also chronisch oder zumindest chronisch wiederkehrend ist, und das zu Funktionseinschränkungen führt, die eben eine Fortsetzung der genannten Tätigkeit unmöglich machen. Erforderlich sind daher ein bestimmtes radiologisches Bild sowie ein damit korrelierendes klinisches Bild (vgl. das aktuelle Merkblatt zur BK 2108 sowie die Konsensempfehlungen Punkt 1.3).
Als mögliche sekundäre Folge des Bandscheibenschadens können bildgebend darstellbare Veränderungen wie die Spondylose, die Sklerose der Wirbelkörperabschlussplatten, die Retrospondylose, die Spondylarthrose, die degenerative Spondylolisthesis und eine knöcherne Enge des Spinalkanals auftreten. Teilweise können der artige Veränderungen auch unabhängig von einem Bandscheibenschaden auftreten, wie z. B. bei der primären Spondylarthrose, der Spondylarthrose aufgrund eines Hohlkreuzes oder dem anlagebedingt engen Spinalkanal (vgl. die Konsensempfehlungen Punkt 1.3).
Heranzuziehen wären die der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit zeitlich nächstliegenden Röntgenbilder (vgl. auch Punkt 1.2 der Konsensempfehlungen). Zwar lassen sich hier nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. L in seinem Gutachten vom 26. Februar 2010 zumindest ab den Röntgenbildern vom 24. Februar 1998 – in etwa der Zeitpunkt der Aufgabe der belastenden Tätigkeit - ostochondrotische Deformationen in den Segmenten L5/S1 sowie L 2 bis L 4 nachweisen. Auf den Aufnahmen vom 01. November 1999 zeigt sich eine progrediente Hypersklerose der Grund- und Deckplatten in den Segmenten L 2 bis L 4 als Zeichen einer fortschreitenden osteochondrotischen Deformation. Entsprechend des Feststellungen des vom Kläger benannten Sachverständigen Dr. S in seinem Gutachten vom 06. Januar 2009 handelt es sich bei letzteren jedenfalls um gemäß Punkt 1.2 A. der Konsensempfehlungen das altersübliche Maß überschreitende Chondrosen in den Segmenten L1/2 (Chondrose Grad I), L2/3 (Chondrose Grad III), L3/4 (Chondrose Grad I) und L5/S1 (Chondrose Grad III). Bandscheibenvorfälle lagen und liegen nach den übereinstimmenden Feststellungen aller im Verfahren tätig gewordenen Sachverständigen nicht vor. Inzwischen (MRT vom 14. Dezember 2009 bei einem Alter des Klägers von 59 Jahren) sind die Chondrosen nicht mehr als das altersübliche Maß überschreitend zu qualifizieren (vgl. die Ausführungen des Dr. L vom 26. Februar 2010).
Wie der Sachverständige Dr. L in seinem Gutachten vom 26. Februar 2010 ausführt, finden sich jedoch bereits auf den Röntgenbildern der Brust- und Lendenwirbelsäule vom 12. Oktober 1993 – also vor dem ersten Nachweis einer Chondrose - ausgeprägte spondylotische Deformationen mit ventraler Syndesmophytenbildung in BWS und LWS sowie eine Facettengelenksarthrose (Spondylarthrose) in den Segmenten L3 bis S1. auf den schon erwähnten Röntgenbildern der BWS und LWS vom 24. Februar 1998 zeigt sich dann neben den jetzt nachweisbaren osteochondrotischen Deformationen bei L2 bis L4 sowie L5/S1 ein weiteres Fortschreiten der Spondylosis deformans mit beginnender ventraler Brückenbildung im Sinne von Syndesmophyten an den Segmenten L 2 bis L4 und L5/S1 sowie B 7 bis L 1. Die spondylotischen und spondylarthrotischen Veränderungen nahmen bis zu den Röntgenbildern vom 01. November 1999 nochmals zu. Bis 2009 zeigte sich kein weiteres Fortschreiten. Die spondylotischen Veränderungen waren zum Zeitpunkt der Tätigkeitsaufgabe bereits als endstadiös einzustufen (Gutachten des Dr. L vom 26. Februar 2010).
Daraus folgert der Sachverständige Dr. L in überzeugender Weise, dass in Zusammenschau der konventionellen und tomographischen Bildgebung davon auszugehen sei, dass bereits lange vor der ersten Bildgebung eine generalisierte Degeneration der LWS bei noch intakten Bandscheibenfächern und nicht affektierten Bandscheiben vorgelegen habe. Zum Zeitpunkt des MRT von Dezember 2009 habe bei ausgeprägten, endstadiösen generalisierten knöchernen Veränderungen der LWS keine das Altersnormmaß deutlich überschreitende Degeneration der Bandscheiben bestanden. Die vorhandenen auch im Dezember 2009 noch nachweisbaren Dehydratationen und Chondrosen, welche auch konventionell nachgewiesen worden seien, könnten als Reaktion auf die vorbestehenden generalisierten knöchernen Degenerationen der LWS und BWS gewertet werden. Damit handelt es sich hier nicht – worauf schon der Sachverständige Dr. W-R hingewiesen hat – um einen primären Bandscheibenschaden. Die Bandscheibenschädigung in Form von Chondrosen ist vielmehr Folge einer allgemeinen knöchernen Degeneration der Wirbelsäule und nicht der arbeitsbedingten Belastung.
Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass hier eine so genannte primäre Bandscheibenschädigung und auch ein damit korrelierendes Erkrankungsbild in Form eines lokalen Wirbelsäulensyndroms (vgl. hierzu die Ausführungen des Dr. S. in seinem Gutachten vom 06. Januar 2009) vorliegen, ist eine berufliche Verursachung nicht wahrscheinlich.
Denn bereits das Ausbreitungsmuster der bandscheibenbedingten Schäden spricht – wie die Beklagte und der Sachverständige Dr. W-R zutreffend aufgezeigt haben – gegen eine berufliche Verursachung. Bei dem zum damaligen Zeitpunkt 49 Jahre alten Kläger waren anhand der Röntgenaufnahmen der LWS vom 01. November 1999 das altersübliche Maß überschreitende Chondrosen in den Segmenten L1/2 mit dem Chondrose Grad I, L2/3 mit dem Chondrose Grad III, L3/4 mit dem Chondrose Grad I und L5/S1 mit dem Chondrose Grad III nachweisbar. In dem Segment L4/5 war keine Chondrose feststellbar (vgl. das Gutachten des Dr. S vom 06. Januar 2009). Angesichts des Alters des Klägers von 49 Jahren sind die Chondrosen Grad I als das altersübliche Maß nur leichtgradig überschreitend anzusehen (vgl. auch die Ausführungen des Dr. S in seinem genannten Gutachten). Relevante starke Schädigungen finden sich in dem mechanisch stark belasteten Segment L5/S1 und in dem mechanisch wesentlich weniger stark belasteten Segment L2/3. Eine wissenschaftlich belastbare Erklärung für ein solches untypisches Schädigungsmuster zeigt Dr. S hingegen nicht auf.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.