Die Parteien streiten um die Versetzung der Klägerin zum Zentralen Personalüberhangmanagement (ZeP) sowie die Entfernung von Unterlagen aus der Personalakte und aus Personalnebenakten der Klägerin.
Die Klägerin ist 55 Jahre alt (... 1954) und seit dem 16. Oktober 1974 beim beklagten Land als Angestellte im Schreibdienst beschäftigt. Sie ist im Referat II B der Abteilung V. bei der Senatsverwaltung für I. und S. beschäftigt. Die Klägerin ist schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.
In der Abteilung II, in der die Schwerbehindertenquote am 11. Dezember 2007 bei 5,98% lag, entfiel eine Schreibdienststelle im Auswertungsreferat II B mit dem Haushalt 2006/07. Schreibkräfte gibt es in der Abteilung V. nur noch in den Referaten II B (R.- und L. sowie S.) und II D (Beschaffung). Im Referat II B ist es nur noch die Klägerin, in dem Referat II D sind es die Arbeitnehmerinnen A., M. und Sch..
Das Referat II B ist zuständig für die Analyse und Bewertung des L.- und R. in Berlin. Zusätzlich ist diesem Bereich die S.
zugeordnet. Das Referat II D ist für die Beschaffung von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln zuständig. Dies umfasst sowohl die menschliche als auch die technische Informationsbeschaffung.
Nach § 1 Abs. 2 des so genannten Stellenpoolgesetzes gilt folgendes:
Dienstkräfte, die von den Dienstbehörden oder Personalstellen dem Personalüberhang zugeordnet worden sind, sind Personalüberhangkräfte. Das Zentrale Personalüberhangmanagement (Stellenpool) und die Dienstkräfte sind von der Zuordnung schriftlich zu unterrichten. Die Personalüberhangkräfte werden zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) versetzt. Die Versetzung dient einem dienstlichen Bedürfnis.
Zur Umsetzung dieser gesetzlichen Festlegung hat die Senatsverwaltung für Finanzen eine Verwaltungsvorschrift über die Zuordnung von Beschäftigten zum Personalüberhang (VV-Personalüberhang) erlassen, die in einer Fassung vom 30. Mai 2007 jedenfalls im Rahmen einer Selbstbindung der Verwaltung gilt.
Nach § 1 der VV-Personalüberhang (nachfolgend VV) findet die Auswahl in der Regel innerhalb der Abteilung einer betroffenen Behörde statt.
Nach § 4 Abs. 1 der VV werden schwerbehinderte Beschäftigte erst in die Auswahl einbezogen, wenn die jeweilige Dienststelle entsprechend § 6 PersVG schwerbehinderte Menschen im Umfang von 5% beschäftigt.
Nach § 4 Abs. 2 werden Beschäftigte, die innerhalb der letzten drei Jahre von Maßnahmen zum Abbau des Personalüberhangs betroffen waren und in diesem Zusammenhang zu einer anderen Dienststelle versetzt wurden, ebenfalls nicht in die Auswahl einzubeziehen.
Nach § 6 Abs. 1 der VV gibt es verschiedene Punktwerte für bestimmte Kriterien wie Lebensalter, Beschäftigungszeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Nach § 6 Abs. 2 VV werden die Beschäftigten mit den geringeren Punktzahlen dem Personalüberhang zugeordnet, sofern nicht ein Ausnahmesachverhalt nach § 5 Abs. 1, 2 oder 3 der VV gegeben ist. Nach § 5 Abs. 2 findet eine Zuordnung entsprechend § 6 VV nicht statt, wenn
die Weiterbeschäftigung der Beschäftigten insbesondere
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wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder |
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zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur (einschließlich der Ziele des § 3 Abs. 3 LGG) |
im berechtigten betrieblichen Interesse liegt.
Die Beschäftigten A. und Sch. befanden sich zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung noch in der dreijährigen Schutzfrist nach § 4 Abs. 2 der VV. Die Beschäftigte Regina M. erreichte 15 Punkte, die Klägerin 33 Punkte.
Am 5. Dezember 2007 führte das beklagte Land einen Schreibtest mit Frau M. und der Klägerin durch. Beide hatten vom Band je zwei gleiche Texte zu schreiben, wobei Eigennamen auf dem Band nicht buchstabiert waren. Dafür hatten sie 10 Minuten Zeit. Beim ersten Text hatte die Klägerin in der vorgegebenen Zeit 22 Zeilen mit drei Fehlern geschrieben. Die Fehler bestanden einmal in einer falschen Hausnummer (141 statt 144), einmal in der nachstehenden falschen Schreibweise des Ländernamens Burkina Fahso und einmal in der Tatsache, dass bei den Worten „gebrochen deutsch“ das Wort deutsch klein geschrieben war. Frau M. hatte in der gleichen Zeit 31 Zeilen geschrieben mit einem Fehler (Muhammad statt Mohammed). Beim zweiten Test hat die Klägerin 14 Zeilen mit 11 Fehlern verfasst, Frau M. 32 Zeilen mit einem Fehler, indem sie den Namen Yasser statt Jasser geschrieben hatte. Beim Text der Klägerin fehlte nach einem Namen eine geschlossene Klammer und verschiedene Namen waren falsch geschrieben, nämlich Harri statt Hariri, Umma statt Umm, Hassa statt Hassan, Yasser statt Jasser und Iraqu statt Iraqi. Ein weiterer Fehler der Klägerin war das Weglassen des Vornamens Evelyn sowie die falschen Schreibweisen von „Wahrberichtigte“ statt „Wahlberechtigte“, Kleinschreibung des Wortes „Gewählten“, worden und Notierung des Wortes „routierten“ statt „votierten“.
Danach entschied sich das beklagte Land zur Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang. Zur Begründung verwies das beklagte Land in einem Vermerk vom 11. Dezember 2007 auf die Leistungseinschätzung der beiden Mitarbeiterinnen, wobei neben den vergangenen dienstlichen Beurteilungen auch das Ergebnis des Schreibtestes herangezogen wurde.
Nach einer ersten Information der Klägerin im Januar 2008, dass sie dem Personalüberhang zugeordnet werde, wurde die Klägerin im April 2008 zu der diesem Verfahren zugrunde liegenden Versetzung zum ZeP angehört.
Am 18. April 2008 ging beim Personalrat der Abt. II der Senatsverwaltung für Inneres und Sport der als Vermerk bezeichneter Antrag auf Mitwirkung zur Zuordnung zum Personalüberhang und zur Versetzung zum ZeP vom 11. Dezember 2007 (Bl. 56-59 d.A.) ein. Unter dem 7. April 2008 hatte die Frauenvertreterin den Vermerk abgezeichnet, unter dem 14. April 2008 die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen. Mit Schreiben vom 24. April 2008 (Bl. 149 d.A.) stimmte der Personalrat der Zuordnung der Klägerin zum Stellenpool nicht zu. Am 16. Mai 2008 wurde die Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang im Rahmen des wöchentlichen Vorstandsgesprächs erörtert. Ein entsprechender Vermerk erfolgte unter dem 16. Mai 2009 auf dem Schreiben des Personalrates vom 24. April 2008. Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 (Bl. 61-62 d.A.) teilte das beklagte Land dem Personalrat mit ausführlicherer Begründung mit:
„Ihre Einwände habe ich nochmals eingehend geprüft, weshalb ich erst jetzt antworten kann. Danach und nach erfolgter Erörterung mit Ihnen komme ich unverändert zu dem Schluss, dass die Maßnahme wie beantragt umgesetzt werden soll.“
Nach Einwendungen der Klägerin wurde sie schließlich entsprechend einem Schreiben vom 13. November 2008 zum 1. Januar 2009 zum ZeP versetzt (Bl. 20 d.A.).
Am 28. November 2008 erhob die Klägerin Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit dieser Versetzung.
Das beklagte Land trägt vor, dass eine schnelle sowie fehlerfreie Schreibleistung, überdurchschnittliche Belastbarkeit und Zuverlässigkeit für die Tätigkeit des Beschaffungsreferates unabdingbar seien. Das Beschaffungsreferat habe mit Schreiben vom 28. März 2007 (Bl. 41-42 d.A.) das betriebliche Interesse an einer optimalen Besetzung der verbleibenden Schreibdienststelle zum Ausdruck gebracht. Dazu gehöre nach diesem Schreiben
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fehlerfreie Schreibleistung |
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überdurchschnittliche Belastbarkeit |
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kontinuierlich qualitativ und quantitativ überdurchschnittliche Leistungen. |
Die Klägerin sei im Referat II B zwar nicht mehr mit klassischen Schreibdienstaufgaben, also dem Fertigen von Reinschriften nach Diktat beschäftigt worden, aber doch mit Schreibtätigkeiten, vor allem Abschreibtätigkeiten. Im Herbst 2008 habe sie gegenüber einer Mitarbeiterin des ZeP Schreibdiensttätigkeiten im Landesamt für G. und S. (LaGeSo) abgelehnt.
Aufgrund verschiedener Leistungseinschätzungen über die Klägerin aus der Zeit von 2002 bis 2005 (Bl. 32-40 d.A.) sei davon auszugehen, dass die Klägerin nicht über die notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen verfüge. Dieses habe der Schreibtest erneut belegt. Im Interesse eines geordneten Betriebsablaufs könne auf die Beschäftigte R. M. nicht verzichtet werden. Sie hebe sich in ihrer Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft in besonderem Maße von der Klägerin ab. Die Klägerin habe zudem wiederholt erklärt, zu Schreibarbeiten nicht in der Lage zu sein.
Die Klägerin erwidert, dass sie Tätigkeiten im Schreibdienst nicht abgelehnt habe. Die die Klägerin benachteiligenden Schreiben und Vermerke aus den Jahren 2002 bis 2004 dürften nicht, jedenfalls aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr, berücksichtigt werden. Diese seien im Übrigen aus der Personalakte bzw. aus den Personalnebenakten über die Klägerin zu entfernen. Auch wenn das beklagte Land außergerichtlich mitgeteilt habe, dass diese Schriftstücke Bestandteil des Vorgangs zum Dienstleistungsbericht vom 17. April 2007 und dieser wiederum Bestandteil dieses Gerichtsverfahrens sei, handele es sich um eine Personalakte im materiell-rechtlichen Sinn. Das seien alle Unterlagen, die den Arbeitnehmer betreffen würden und mit seinem Arbeitsverhältnis in unmittelbarem inneren Zusammenhang stünden. Die Klägerin sei vor Aufnahme dieser Schriftstücke in diese Personalakte nicht angehört worden, so dass sie allein aufgrund der auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Vorschrift des § 13 Abs. 2 BAT aus den Personal- und Personalnebenakten zu entfernen seien.
Aber auch unabhängig davon sei die Zuordnung zum Personalüberhang und die Versetzung zum ZeP rechtswidrig. Die Beschäftigte M. sei von den Dienstvorgesetzten gefördert und protegiert worden. Es sei nicht auszuschließen, dass Frau M. den Schreibtest bereits vorab gekannt habe und sich habe darauf vorbereiten können. Der Test sei nicht objektiv gewesen.
Die Klägerin werde aber auch nach dem Gleichstellungsgesetz und dem SGB IX benachteiligt. Der Klägerin könnten nur Leistungen unter Berücksichtigung ihrer Schwerbehinderung abverlangt werden. Die Beklagte habe die Eingliederung der Klägerin nach § 81 SGB IX unterlassen. Schließlich werde die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats, insbesondere eine eingehende Prüfung und Erörterung sowie die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bestritten.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25. Juni 2009 die Unwirksamkeit der Versetzung festgestellt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behauptung des beklagten Landes, den Widerspruch des Personalrates erörtert zu haben, unsubstantiiert sei. Das beklagte Land sei angesichts des Bestreitens der Klägerin gehalten gewesen, im Einzelnen vorzutragen, wann welche Personen des beklagten Landes und des Personalrates ein Gespräch über die Versetzung der Klägerin geführt hätten.
Die Klage auf Entfernung und Vernichtung von Schriftstücken sei allerdings unbegründet. Dem schuldrechtlichen Entfernungsanspruch stehe das berechtigte rechtliche Interesse des beklagten Landes entgegen, die Schriftstücke zur Rechtsverteidigung in diesem Rechtsstreit zu verwenden. Insofern bestehe ein Entfernungsanspruch erst nach rechtskräftigem Abschluss dieses Rechtsstreits.
Gegen dieses Urteil haben beide Seiten Berufung eingelegt.
Die Klägerin begehrt weiter die Entfernung der Unterlagen aus der Personalakte und den Personalnebenakten sowie deren Vernichtung. Die Ansicht des Arbeitsgerichts sei mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar. Der Entfernungsanspruch des Arbeitnehmers würde durch eine solche Ansicht unterlaufen. Zu entfernen seien Unterlagen aus Personalakten, wenn sie ohne die nach § 13 Abs. 2 BAT notwendige Anhörung in die Personalakte aufgenommen worden seien, inhaltlich unrichtig seien oder keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweisen würden.
Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 25. Juni 2009, Az.: 58 Ca 19538/08
1. den Beklagten zu verurteilen,
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den Vermerk vom 05.08.2002 (Anlage B 2 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 19.1.2009) |
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den Vermerk vom 06.03.2003 (Anlage B 3 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 19.1.2009) |
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den Vermerk über das Personalgespräch vom 07.03.2003 (Anlage B 4 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 19.1.2009) |
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den Vermerk vom 12.02.2004 (Anlage B 6 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 19.1.2009) |
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das Schreiben vom 08.03.2004 (Anlage zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 21.1.2009) |
aus der Personalakte und den Personalnebenakten zu entfernen und zu vernichten;
2. die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 25. Juni 2009, Az.: 58 Ca 19538/08
1. die Klage auch hinsichtlich des Klageantrags zu 1. abzuweisen;
2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Das beklagte Land geht davon aus, dass der Personalrat vor der Versetzung der Klägerin ordnungsgemäß mitgewirkt habe. Zum einen habe das beklagte Land erstinstanzlich bereits mehrfach auf die Erörterung hingewiesen, wohingegen die Klägerin sich auf ein einfaches Bestreiten beschränkt habe. Deshalb sei eine weitere Substantiierung der Erörterung durch das beklagte Land nicht erforderlich gewesen. Tatsächlich habe aber auch am 16. Mai 2008 im Rahmen des wöchentlichen Vorstandsgespräches mit dem Personalrat diese Erörterung stattgefunden. Dabei seien Teilnehmer des Gespräches die Personalratsmitglieder B. und O. sowie Herr D. (II A 4) als Vertreter der Dienststelle gewesen. Dieses habe der Personalratsvorsitzende auch mit einem Kurzvermerk auf der Durchschrift des Widerspruchs des Personalrates (Bl. 149 d.A.) bestätigt.
Die von der Klägerin begehrte Entfernung der Schriftstücke aus der Personalakte habe das Arbeitsgericht zu Recht abgelehnt. Denn zum einen handele es sich nicht um die Personalakte im formellen Sinn und zum anderen ergebe eine Interessenabwägung, dass das Interesse des beklagten Landes an einer Aufbewahrung der Unterlagen gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin überwiege. Schließlich sei die Klägerin auch angehört worden, wie erstinstanzlich vorgetragen.
Die Klägerin entgegnet, dass das beklagte Land mit seinem - neuen - Vorbringen in der zweiten Instanz ausgeschlossen sei, da es trotz Beauflagung in erster Instanz dazu nichts vorgetragen habe. Aber auch unabhängig davon ergebe sich nach wie vor aus dem Beklagtenvortrag nicht die gesetzmäßige Beteiligung des Personalrats. Denn es fehle jegliche Substantiierung, dass es zu einem Informations- und Gedankenaustausch gekommen sei. Auch die weiteren Unwirksamkeitsgründe aus erster Instanz wie das Nichtvorliegen betrieblicher Interessen, Unrichtigkeit der behaupteten Verfehlungen und Einschränkungen bei der Klägerin, fehlende Beteiligung des aufnehmenden Personalrats und fehlende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung lägen nach wie vor vor.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung und -erwiderung der Beklagten vom 27. Oktober 2009, den nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 25. Januar 2010 sowie auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 23. September 2009, die Berufungsbeantwortung der Klägerin vom 19. November 2009, die nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom13. Januar 2010 und 28. Januar 2010 sowie auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.