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sachliche Beitragspflicht; Zeitpunkt der Entstehung; Rückwirkung der Satzung; Vollgeschossmaßstab; "überwiegend vorhandene Vollgeschosse" im bauplanungsrechtlichen Innenbereich; zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab; Verwaltungspraktikabilität und Nachvollziehbarkeit; Globalkalkulation; Methodenfehler der Kalkulation; unzulässiger Ansatz aktueller Ist-Werte bei Kalkulation für rückwirkende Satzung; unerheblicher Kalkulationsfehler; Aufwandsüberschreitungsverbot; Mischfinanzierung durch Beiträge und Gebühren; keine Quotenbindung; kein Gemeinanteil für (an sich unbeabsichtigtes) Eindringen von Fremdwasser; Erforderlichkeit des Aufwands; Anrechnung von Zuwendungen; Verbot der Doppelbelastung; kein Fehler der Beitragssatzung; gespaltene Gebührensätze; Abgabengerechtigkeit; persönliche Beitragspflicht; keine Verjährung; Kenntnis über den Erben


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 26.01.2011
Aktenzeichen OVG 9 B 14.09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 8 Abs 4 KAG BB, § 8 Abs 6 KAG BB, § 8 Abs 7 S 2 KAG BB, § 12 Abs 3 KAG BB

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 8. September 2008 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Schmutzwasseranschlussbeitrag durch den beklagten Verbandsvorsteher des Zweckverbandes "Fließtal".

Der Zweckverband „Fließtal“ betreibt auf dem Gebiet der heutigen Gemeinden Birkenwerder und Mühlenbecker Land eine zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage. Die von ihm betriebenen Herstellungsarbeiten begannen Anfang der 1990er Jahre; zuvor existierte im Verbandsgebiet keine solche Anlage. Die Abwässer werden der außerhalb des Verbandsgebiet liegenden Kläranlage Schöner-linde zugeführt. Auf vertraglicher Grundlage wurden aus dem benachbarten Hohen Neuendorf und werden aus Glienicke/Nordbahn sowie dem Berliner Stadtteil Blankenfelde Abwässer in die Anlage des Verbandes „Fließtal“ eingeleitet und in die Kläranlage übergeleitet.

Den Herstellungsaufwand für die zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage finanziert der Verband teilweise durch Anschlussbeiträge und teilweise durch Schmutzwassergebühren.

Das verfahrensgegenständliche Grundstück (Gemarkung B… Flurstück 265) wurde im Jahr 1996 durch den Beklagten an die zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage angeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt und bis 2004 war im Grundbuch die bereits 1984 verstorbene Frau M… als Eigentümerin eingetragen. Der Beklagte fragte im Jahr 1996, 1997 und 1999 bei der Gemeinde Birkenwerder an, ob die Anschrift von Frau M… oder deren Erben bekannt seien. Dies wurde jeweils verneint.

Im November 1999 beantragte die Gemeinde Birkenwerder beim Landrat des Landkreises Oberhavel wegen Unkenntnis über den Aufenthaltsort der Eigentümerin bzw. deren Erben die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters für das Grundstück. Mit Schreiben vom 7. Dezember 1999 lehnte der Landrat des Landkreises Oberhavel die Vertreterbestellung ab, und zwar mit der Begründung, F… in B… habe als „vermeintliche Erbin“ der Frau M… ermittelt werden können. Es fehle lediglich noch ein Erbschein zum Nachweis der lückenlosen Erbfolge.

Im Jahr 2002 verstarb Frau L….

Mit einem dem Gericht nur auszugsweise vorliegenden Grundstückskaufvertrag vom 2. Juli 2003 (UR-Nr. 44/2003, Notar J…) kaufte die Klägerin das Grundstück. Aus der Vorbemerkung des Grundstückskaufvertrages geht hervor, dass M… im Jahr 1984 von ihrem Ehemann W… und dieser im Jahr 1987 von Frau L… beerbt worden ist. Wer diese beerbt hat und als Verkäufer aufgetreten ist, geht aus dem Vertragsauszug nicht hervor.

Am 2. März 2004 wurden die - verstorbene - Frau L… als Eigentümerin und eine Eigentumsübertragungsvormerkung zu Gunsten der Klägerin im Grundbuch eingetragen; die Eigentumseintragung der Klägerin erfolgte am 28. September 2004. Davon erfuhr der Beklagte mit Grundbuchauszug vom 3. Dezember 2004.

Durch Bescheid vom 24. Januar 2006 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Schmutzwasseranschlussbeitrag in Höhe von 4.067,25 Euro heran. Dabei stützte er sich auf die Schmutzwasseranschlussbeitragssatzung des Zweckverbandes vom 15. Juni 2004 - SWABS 2004 -, die sich Rückwirkung auf den 1. Januar 2000 beimaß.

Am 11. April 2006 wurde im Grundbuch die Teilung des bisherigen Flurstücks 265 in die Flurstücke 398, 399 eingetragen.

Den gegen den Beitragsbescheid eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2006 zurück.

Die Klägerin hat am 16. August 2006 Klage erhoben, mit der sie geltend gemacht hat, das Grundstück habe bei Bescheiderlass bereits nicht mehr existiert, weil es am 19. Januar 2006 aufgeteilt und unter neuen Grundbuchblättern geführt worden sei. Die Voreigentümerin Frau L… habe im Zeitpunkt des Abwasseranschlusses in Deutschland gelebt und sei jederzeit leicht auffindbar gewesen. Die Voreigentümerin sei auch der Gemeinde Birkenwerder bekannt gewesen, da sie regelmäßig Grundsteuern entrichtet habe. Der Beklagte habe durch einfache Nachfrage bei der Gemeinde Name und Anschrift erfahren können. Nicht die Klägerin, sondern die Voreigentümerin sei beitragspflichtig gewesen. Die Forderung sei verjährt. Die Verjährungsfrist habe spätestens ein Jahr nach der letzten Anfrage bei der Gemeinde, d.h. im Jahr 2000, zu laufen begonnen und habe am 31. Dezember 2004 geendet.

Der Beklagte hat darauf erwidert, dass ihm die Eigentümerin bzw. Erbin nicht bekannt gewesen sei. Deshalb habe er auch keinen Beitragsbescheid erlassen können. Gemäß § 12 Abs. 3 KAG sei wegen der zeitweiligen Unkenntnis über Person bzw. der Anschrift der Eigentümerin oder Erbin eine Festsetzungsverjährung nicht eingetreten. Nachfragen an die Gemeinde in den Jahren 1997 bis 1999 seien erfolglos geblieben. Es komme grundsätzlich darauf an, wer im Grundbuch eingetragen sei. Es könne nicht von ihm verlangt werden, mehr als einmal im Jahr einen Grundbuchauszug anzufordern. Zudem sei erst im Dezember 2004 aus einem Grundbuchauszug das Eigentum der Klägerin ersichtlich geworden. Anfragen zwischen 1999 und 2003 seien aufgrund personeller Engpässe unterblieben; sie würden keinen anderen Sachstand ergeben haben. Leider habe auch die Gemeinde versäumt, den Verband zeitnah auf Eigentumsänderungen hinzuweisen. Die Klägerin sei beitragspflichtig, weil sie im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides Grundstückseigentümerin gewesen sei.

Der Beklagte hat erstinstanzlich ein Schreiben vom 5. März 2008 vorgelegt, in dem ihm die Gemeinde Birkenwerder bestätigte, dass es zwischen 1996 und 1999 Schriftverkehr zwischen ihr und dem Zweckverband gegeben habe. Erst mit dem Kaufvertrag aus dem Jahr 2003 sei der Gemeinde die Eigentümerin bekannt geworden. Weil Steuern und Abgaben für 1992 bis 2003 erst aus der Kaufpreiszahlung beglichen worden seien und die Festsetzung des Grundsteuermessbetrages auf Frau L… erst 2004 erfolgt sei, gehe die Gemeinde davon aus, auch dem Finanzamt sei die Eigentümerin erst in den Jahren 2003 oder 2004 bekannt geworden.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 8. September 2008 mit der Begründung stattgegeben, dass es dem angegriffenen Bescheid an einer satzungsmäßigen Ermächtigungsgrundlage fehle. Die Schmutzwasseranschlussbeitragssatzung vom 15. Juni 2004 (SWABS 2004) sei wegen eines fehlerhaft kalkulierten Beitragssatzes nichtig. Die Beitragskalkulation vom 28. Mai 2004 sei methodisch fehlerhaft, weil sie hinsichtlich der anzusetzenden Flächen im unbeplanten Innenbereich von einem Beitragsmaßstab ausgehe, der in der SWABS 2004 selbst überhaupt nicht verwendet werde. Zudem sei kalkulatorisch ein Gemeinanteil für das Eindringen von Fremdwasser in die Kanalisation anzusetzen gewesen. Darüber hinaus hätten Aufwendungen für nicht erforderliche Kapazitäten der Überleitungsnetze nicht in die Kalkulation einbezogen werden dürfen. Schließlich sei die ursprüngliche Systementscheidung zur Mischfinanzierung des Anschaffungs- und Herstellungsaufwandes durch Beiträge und Gebühren zu beachten gewesen; es sei rechtswidrig, dass die heutigen Beitragszahler über ihre Beiträge rechnerisch etwa doppelt so viel zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten beitrügen wie die anfänglichen Beitragszahler, ohne dass insoweit eine Entlastung auf der Gebührenseite erkennbar sei. Der angegriffene Bescheid lasse sich auch nicht auf vorherige Beitragssatzungen, namentlich nicht auf die Schmutzwasseranschlussbeitragssatzung vom 20. Juni 2002 (SWABS 2002) stützen. Deren Maßstabsregelung zur Veranlagung nach der Zahl der Vollgeschosse im unbeplanten Innenbereich sei unwirksam. Eine solche Maßstabsregelung dürfe nicht darauf abstellen, welche bauliche Nutzung in der näheren Umgebung eines Grundstücks "überwiege", sondern müsse diejenige Grundstücksnutzung in den Blick nehmen, die nach § 34 BauGB maximal zulässig sei; etwas anderes lasse sich auch mit Erwägungen der Verwaltungspraktikabilität nicht rechtfertigen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und am 23. Dezember 2008 eingelegte Berufung des Beklagten. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 3. März 2009 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom selben Tage ausgeführt, zumindest die SWABS 2004 sei eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid. Dass der Beitragssatz unter Zugrundelegung von Maßstabsregelungen kalkuliert worden sei, die in der SWABS 2004 nicht enthalten seien, habe sich ausweislich einer Nachkalkulation nicht in erheblicher Weise ausgewirkt. Der satzungsmäßige Beitragssatz überschreite den nach der Kalkulation möglichen Beitragssatz in keinem Fall. Für das Eindringen von Fremdwasser müsse kein Gemeinanteil abgesetzt werden. Soweit der Leitungsquerschnitt wegen des Eindringens von Fremdwasser vergrößert worden sei, handele es sich um einen ingenieurtechnisch erforderlichen Sicherheitszuschlag. Außerdem betreffe dies nur marginale Mehrkosten. Eine Bindung an die bei Beginn der Beitragserhebung getroffene Entscheidung zur beitrags- und gebührenmäßigen Kostendeckungsquote bestehe nicht. Finanzierungsquoten bildeten keinen Anknüpfungspunkt für die Entstehung schutzwürdigen Vertrauens und könnten geändert werden, zumal der Beitragssatz unter den historisch besonderen Bedingungen der Aufbaujahre nicht ein für allemal richtig habe kalkuliert werden können. Eine Verschiebung zwischen dem Beitrags- und Gebührenanteil der Anlagenfinanzierung führe zwangsläufig dazu, dass es über die Zeit Abgabenpflichtige mit einem höheren und Abgabenpflichtige mit einem niedrigeren Beitragsanteil an der Anlagenfinanzierung gebe. Dies verstoße nicht gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und müsse weder durch eine anteilige Rückzahlung von Beiträgen noch durch gespaltene Gebührensätze ausgeglichen werden. Ersteres sei wirtschaftlich, Letzteres verwaltungstechnisch nicht machbar, nachdem es mehrfache Verschiebungen zwischen Beitrags- und Gebührenfinanzierung gegeben habe. Zudem halte sich die mit der Ungleichbehandlung faktisch einhergehende Belastung auf der Gebührenseite in engen Grenzen. Soweit es auf die SWABS 2002 ankomme, sei auch diese nicht fehlerhaft. Der darin enthaltene Vollgeschoßmaßstab für den unbeplanten Innenbereich, der an die überwiegende Bebauung in der näheren Umgebung anknüpfe, sei vorteilsgerecht. Der Verband habe insoweit typisieren und pauschalieren dürfen. Der gewählte Maßstab sei wegen seiner Praktikabilität für die Behörde und seiner Durchschaubarkeit für die Abgabenpflichtigen empfehlenswert.

Beitragsschuldnerin sei die Klägerin; für die persönliche Beitragspflicht knüpfe die Satzung zulässigerweise an den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides an. Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten, weil der Beklagte bis Dezember 2004 keine Kenntnis über die Person des Erben des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers gehabt habe. Erst mit Ablauf des Jahres 2004 habe die Verjährungsfrist begonnen. Der Beklagte habe, gemessen an § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 KAG, das zur Kenntniserlangung rechtlich Erforderliche getan. Auf ein „Kennenmüssen“ komme es nicht an. Eine Kenntnis bei der Gemeinde sei dem Beklagten nicht zurechenbar. Es handele sich um verschiedene juristische Personen.

Schließlich verweist der Beklagte auf die Schmutzwasseranschlussbeitragssatzung vom 9. Februar 2010 (SWABS 2010), die sich Rückwirkung auf den 1. Juli 2004 beimisst und den Beitragssatz erneut auf 4,35 €/m² festsetzt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. September 2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Berufung sei nur auf die SWABS 2002 beschränkt zugelassen worden. Im Übrigen hält sie der Berufung entgegen, sie sei nicht Beitragsschuldnerin geworden. Die Beitragspflicht sei bereits 1996 entstanden; Beitragsschuldnerin sei die damalige Grundstückseigentümerin geworden. Die satzungsmäßige Regelung, wonach Beitragsschuldner sei, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Grundstückseigentümer sei, verstoße gegen das Kommunalabgabengesetz. Vorgängersatzungen könnten nicht wieder aufleben, wenn sich eine Nachfolgesatzung als unwirksam erweise. Der Bürger brauche aus Gründen der Rechtsklarheit nicht auch ältere Satzungen in seine Prüfung einzubeziehen, sondern könne sich auf Einwendungen gegen die aktuell geltende Satzung beschränken. Die SWABS 2010 habe keine hinreichende Rückwirkung. Aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit sei der Verband gehalten, Prozentsätze einer Mischfinanzierung aus Beiträgen und Gebühren beizubehalten. Jedenfalls sei Festsetzungsverjährung eingetreten. Der Beklagte könne sich nicht auf Unkenntnis über die frühere Eigentümerin berufen. Diese sei seit 1999 bei der Gemeinde Birkenwerder bekannt gewesen. Die Kenntnis bei der Gemeinde müsse sich der Beklagte zurechnen lassen, zumal für einen Teil der vertretungsberechtigten Organe des Verbandes und der Gemeinde Birkenwerder Personenidentität bestehe. Der Beklagte habe im Übrigen nach Treu und Glauben Kenntnis von der eigentlichen Beitragsschuldnerin haben müssen; er habe keine hinreichenden Ermittlungen angestellt. Es komme nicht auf die Änderung des § 12 Abs. 3 KAG im Jahr 2003 an, sondern auf die Gesetzeslage im Jahr 1999.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die von dem Beklagten zu den in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2011 gemeinsam verhandelten Verfahren eingereichten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Der Senat kann entscheiden, ohne der Klägerin die in der mündlichen Verhandlung beantragte Schriftsatzfrist zu gewähren. Weder der Beklagte noch der erkennende Senat haben neue Gesichtspunkte in das Verfahren eingeführt, zumal nicht solche, zu denen sich die Klägerin nicht hätte äußern können. Der Senat hat sich mit denjenigen Satzungsfragen befasst, die das erstinstanzliche Gericht zur Grundlage seiner Entscheidungsfindung gemacht hat. Er hat weiter die von der Klägerin schon erstinstanzlich angesprochene und sie besonders interessierende Verjährungsfrage erörtert. Angesichts der bisherigen Dauer des Verfahrens bestand auch ausreichend Gelegenheit, noch weiteren Streitstoff in das Berufungsverfahren einzuführen; dies gilt insbesondere für solche Kalkulationsfragen, die erstinstanzlich - ohne vertiefte Dokumentation - bereits behandelt worden sein sollen. Nicht zuletzt ist dem Vertreter der Klägerin auch nach Stellung seines Antrags auf eine Schriftsatzfrist noch Gelegenheit gegeben worden, weiteres vorzutragen.

B. Die Berufung ist entgegen der Annahme der Klägerin nicht auf die SWABS 2002 oder anderweitig nur beschränkt zugelassen. Schon der Tenor des ver-waltungsgerichtlichen Urteils beinhaltet keine Beschränkung. Zudem wäre eine Beschränkung der Berufungszulassung auf bestimmte Rechtsfragen, Ermächtigungsgrundlagen oder einzelne Urteilselemente unzulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1975 - II C 43.73 -, Juris Rn. 37 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 124 a Rn. 13, 276 m.w.N.). Dagegen würde verstoßen, wenn der Ansicht der Klägerin gefolgt würde. Denn hinsichtlich der SWABS 2002 geht es nicht um einen selbständigen und abtrennbaren Klaganspruch bzw. Streitgegenstand, sondern um die Rechtsfrage, ob diese oder gegebenenfalls eine andere Satzung den angefochtenen Beitragsbescheid trägt.

C. Die Berufung ist begründet. Die Klage ist abzuweisen. Denn der Beitragsbescheid des Beklagten vom 24. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Der Bescheid findet die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erforderliche satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage jedenfalls in der SWABS 2010, die keine Rechtsfehler erkennen lässt.

1. Die Rückwirkung der SWABS 2010 auf den 1. Juli 2004 ist rechtlich nicht zu beanstanden; die SWABS 2004 und alle vorhergehenden Satzungen durften ungeachtet der Frage ihrer Wirksamkeit bis zum 30. Juni 2004 rückwirkend durch die SWABS 2010 ersetzt werden, weil die SWABS 2010 erstmalig den seit dem 1. Juli 2004 geltenden gesetzlichen Anforderungen an den Beitragsmaßstab genügt hat, soweit es um die Berücksichtigung der Art der baulichen Nutzung geht (vgl. § 8 Abs. 6 Satz 3, § 19 KAG in der Fassung des Gesetzes vom 17. Dezember 2003). Anders als in der vorherigen Gesetzesfassung sollen ab dem 1. Juli 2004 bei leitungsgebundenen Einrichtungen und Anlagen ausschließlich das Maß - und nicht mehr auch die Art - der baulichen oder sonstigen Nutzung berücksichtigt werden. Dem hat insbesondere die SWABS 2004 nicht entsprochen, die ausdrücklich Artabschläge vorgesehen hat (vgl. 4 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 SWABS 2004); dies hat zur Unwirksamkeit ihrer Maßstabsregelung seit dem 1. Juli 2004 geführt (vgl. Urteil des Senats vom 16. Dezember 2009 - 9 B 65.08 -, Juris Rn. 16 f.).

2. Die SWABS 2010 ist auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Ihre Maßstabsregelung begegnet keinen Bedenken; es ist nicht zu beanstanden, bei Grundstücken im unbeplanten Innenbereich die Zahl der nach der näheren Umgebung zulässigen Vollgeschosse für maßgebend anzusehen (vgl. § 5 Abs. 2 SWABS 2010).

b) Auch die Festlegung des Beitragssatzes ist rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Die Obergrenze für die Kalkulation des Beitragssatzes bildet das Aufwandsüberschreitungsverbot (§ 8 Abs. 4 Satz 8 KAG). Danach soll der Beitragssatz so kalkuliert werden, dass das veranschlagte Beitragsaufkommen die umlagefähigen Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht übersteigt. Diese Obergrenze wird zwar gleichsam nach unten verschoben, wenn der Satzungsgeber sich in der Vergangenheit dafür entschieden hatte, die Anschaffungs- und Herstellungskosten (teilweise) auch über Gebühren zu finanzieren und entsprechende Gebühren schon erhoben hat; was bereits über Gebühren finanziert worden ist, darf nicht noch einmal über Beiträge finanziert werden. Eine zusätzliche Vorgabe hinsichtlich des höchstzulässigen Beitragssatzes in Gestalt einer Bindung des Satzungsgebers an einmal festgelegte Quoten hinsichtlich der Finanzierung des Anschaffungs- und Herstellungsaufwandes einerseits über Beiträge, andererseits über Gebühren besteht nicht. Der Satzungsgeber hat nicht nur anfänglich die Wahl, den Anschaffungs- und Herstellungsaufwand gänzlich durch Beiträge, anteilig durch Beiträge und Gebühren oder ausschließlich durch Gebühren zu decken. Vielmehr kann er seine diesbezügliche Entscheidung auch ändern (vgl. Urteil des Senats vom 6. Juni 2007 - 9 A 77.05 -, Juris Rn. 36). Dies schließt die Befugnis ein, die Quoten anteiliger Beitrags- und Gebührenfinanzierung gegeneinander zu verschieben. Dem steht auch der Gedanke der Beitragsgerechtigkeit "über die Zeit" nicht entgegen. Soll die Gleichbehandlung aller Beitragspflichtigen "über die Zeit" geprüft werden, so kann das schon im Ansatz nur dann durch einen Vergleich der in den einzelnen Zeitabschnitten jeweils geltenden Beitragsquoten geschehen, wenn diese Quoten zuvor auf einen zeitübergreifend einheitlichen Nenner gebracht worden sind. Ungeachtet dessen ist nicht ersichtlich, dass der Satzungsgeber hinsichtlich der Gleichbehandlung "über die Zeit" prinzipiell stärker gebunden sein soll als hinsichtlich der Gleichbehandlung im Übrigen, die regelmäßig aus hinreichend gewichtigen Sachgründen unterbleiben kann. Beitragssenkungen sind insoweit leichter zu rechtfertigen als Beitragserhöhungen. Aber auch Letztere sind nicht ausgeschlossen, zumal sie am Ende zu Gebührensenkungen führen. Ob eine Grenze für die Erhöhung der Beitragsquote dort besteht, wo dadurch derjenige maximale Beitragssatz überschritten würde, der durch eine erste Globalkalkulation ermittelt worden ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Es mag möglicherweise dem Wesen der Globalkalkulation entsprechen, dass sie nur einmal vorgenommen werden darf und den Satzungsgeber danach bindet (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2004 - 2 A 168/02 - S. 26 f. des EA m.w.N.; ferner Becker in Becker/Benedens u.a., KAG für das Land Brandenburg, Stand: Dezember 2010, § 8 Rn. 265 ff.). Die hinsichtlich der Globalkalkulation bestehende einfach-gesetzliche Regelung (§ 8 Abs. 4 Satz 2 KAG) würde aber überinterpretiert, wenn sie so verstanden würde, dass selbst Globalkalkulationen, die einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten und keine Grundlage für eine wirksame Satzung bilden können, eine entsprechende Bindungswirkung auslösen. Gemessen daran ist hier keine (frühere) Globalkalkulation ersichtlich, die dem Beitragssatz von 4,35 Euro/m² entgegenstände.

bb) Es ist nicht ersichtlich, dass die durch das Aufwandsüberschreitungsverbot gezogene Obergrenze für die Beitragskalkulation hier verletzt worden wäre.

(1) Die Einhaltung des Aufwandsüberschreitungsverbots ist grundsätzlich durch eine methodisch korrekte und im Übrigen plausible Beitragskalkulation zu belegen, die spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen muss. Aus der Kalkulation muss hervorgehen, dass der in der Satzung festgelegte Beitragssatz über seine gesamte Geltungsdauer rechtmäßig ist. Dementsprechend muss ein Beitragssatz, der in einer rückwirkenden Beitragssatzung geregelt ist, methodisch grundsätzlich mit einer Kalkulation untersetzt werden, die aus der Perspektive des Rückwirkungszeitpunkts erstellt worden ist (vgl. Urteil des Senats vom 1. Dezember 2005 - 9 A 3.05 -, Juris Rn. 29 m.w.N.; OVG Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2004 - 2 A 168/02 -, S. 26 f. EA). Denn grundsätzlich lässt nur eine solche Kalkulation (und nicht eine Kalkulation auf der Grundlage aktueller Ist-Zahlen) den Schluss zu, dass der Beitragssatz auch im Rückwirkungszeitpunkt rechtmäßig gewesen ist. Eine Ausnahme besteht nur für den Fall, dass eine Kalkulation nach aktuellen Ist-Zahlen zusammen mit den weiteren Umständen des Falles den Schluss zulässt, dass der Beitragssatz auch aus der Perspektive des Rückwirkungszeitpunkts nicht überhöht gewesen sein kann.

Gemessen daran ist es methodisch fehlerhaft gewesen, den in der SWABS 2010 geregelten Beitragssatz auf der Grundlage der Kalkulation vom 27. März 2009 zu beschließen, weil diese hinsichtlich des zu verteilenden Aufwandes auf aktuelle Ist-Werte und nicht auf die Werte aus der Sicht des Rückwirkungszeitpunkts der Satzung (1. Juli 2004) abgestellt hat. Dieser methodische Fehler ist im vorliegenden Verfahren nicht durch Vorlage einer anderen - auf die Sicht des Jahres 2004 abstellenden - Kalkulation korrigiert worden. Insbesondere kann insoweit nicht auf die Kalkulation vom 28. Mai 2004 zurückgegriffen werden. Sie ist in Bezug auf den Rückwirkungszeitpunkt der SWABS 2010 zwar zeitgerecht erstellt worden, ihr liegt indessen noch der - nachfolgend teilweise geänderte - Vollgeschoßmaßstab der SWABS 2002 zugrunde.

Der methodische Fehler der Verwendung von Ist-Werten zur Kalkulation eines rückwirkend geltenden Beitragssatzes schlägt indessen hier ausnahmsweise nicht durch. Denn vorliegend besteht wegen der Mischfinanzierung des Herstellungsaufwands durch Beiträge und Gebühren ein erheblicher „Puffer“ bis zur Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbots. Der in der SWABS 2010 festgelegte Beitragssatz von 4,35 €/m² unterschreitet den im März 2009 als höchstzulässig kalkulierten Beitragssatz (5,21 €/m²) um 0,86 €/m² und damit deutlich. Angesichts dessen besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beitragssatz von 4,35 € bei einer Beitragskalkulation auf der Grundlage der am 1. Juli 2004 möglichen Erkenntnisse und Prognosen als überhöht anzusehen gewesen wäre. Vielmehr weist - immerhin als Indiz brauchbar - die zeitnähere Kalkulation vom 28. Mai 2004 einen sogar etwas höheren maximal zulässigen Beitragssatz aus (5,27 €/m²). Auch die noch früher erstellten Kalkulationen kamen jeweils zu einem höheren maximal zulässigen Beitragssatz als 4,35 € (2002: 5,13 €/m²; 1999: 9,55 DM/m² = 4,88 €/m²).

Die Kalkulation vom 27. März 2009 ist zudem insoweit methodisch fehlerhaft, als sie bei der Ermittlung der Verteilungsflächen noch unberücksichtigt gelassen hat, dass gemäß § 8 Abs. 6 Satz 3, § 19 KAG seit dem 1. Juli 2004 keine Artabschläge mehr erfolgen sollen. Auch dieser methodische Fehler schlägt indessen nicht auf das Ergebnis durch. Denn bei den z.B. noch in § 4 Abs. 4 SWABS 2004 bezeichneten Fällen für einen Artabschlag handelt es sich angesichts des vorgenannten „Puffers“ um nicht ins Gewicht fallende Einzelfälle.

(2) Das Aufwandsüberschreitungsverbot ist nicht deswegen verletzt, weil zu den beitragsfähigen Aufwendungen auch Kosten gezählt worden sind, die sich daraus ergeben haben, dass die Schmutzwasserbeseitigungsanlage technisch so ausgerichtet worden ist, dass sie einen bestimmten "Fremdwassereintrag" verkraften kann, d.h. ein (an sich unbeabsichtigtes) Eindringen von Wasser durch Kontrollschächte, durch undichte Stellen in der Entwässerungsanlage und in den Hausanschlussleitungen und durch illegale Anschlüsse. Insbesondere ist insoweit kalkulatorisch kein Gemeinanteil i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 7, 1. Halbsatz, 1. Alt. KAG anzusetzen und vom beitragsfähigen Aufwand abzuziehen gewesen.

Ein solcher Abzug wäre vorzunehmen, soweit die Investitionsaufwendungen über den Zweck der Anlage zur Abwasserentsorgung hinausgehend einer sonstigen Aufgabe im Interesse der Allgemeinheit dienen und nicht zugleich auch den beitragserheblichen Vorteil mitbegründen würden (vgl. z.B. bei der Trinkwasserversorgung: zusätzliche Hydranten für den Brandschutz). So verhält es sich hier aber nicht. Vielmehr kommen der konstruktive Fremdwasserzuschlag und die dadurch bewirkte etwas größere Auslegung von Anlagenteilen (z.B. der Kanalquerschnitte) den Benutzern der Anlage zugute. Der auf technischen Regelwerken (Arbeitsblatt 118 der Abwassertechnischen Vereinigung - ATV-; BA 27 zu OVG 9 B 7.09) beruhende und in den Planungen für den Wasserverband einberechnete Zuschlag auf den geplanten Abwasseranfall berücksichtigt einen möglichen Fremdwasseranteil "Qf" für z.B. in die Kanäle eindringendes Grundwasser, für Wasser aus Fehlanschlüssen und von Hausdränagen sowie für Regenwasser, das über die Schachtdeckel zufließt. Der Zuschlag von 25 % bei Annahme von Trockenwetter (vgl. u.a. S. 4 des Erläuterungsberichts zur Ortsentwässerung Birkenwerder - Qt -, BA 2 zu OVG 9 B 7.09) und von 100 % bei maximalem Fremdwasserzufluss (S. 12 ff. der BA 3 zu OVG 9 B 7.09), etwa sehr starken Niederschlägen, entspricht dem Vorsorgegedanken. Die Aufnahmefähigkeit für Abwässer und die Funktionssicherheit der Anlage soll auch bei widrigen Umständen möglichst jederzeit gewährleistet sein. Auch in solchen Situationen sollen eine Kapazitätsüberlastung, gegebenenfalls Rückstaus und Grundstücksüberschwemmungen möglichst vermieden werden. Dies dient ebenso wie die Anlage überhaupt den Anlagebenutzern im Verbandsgebiet und gegebenenfalls sonstigen rechtmäßigen Anlagenbenutzern. Insoweit ist insbesondere auch keine Kostenaufteilung wegen nebenbei erfolgender Niederschlagswasserbeseitigung veranlasst. Dass die Anlage Schächte aufweist, bei denen in Kauf genommen werden muss, dass namentlich in Extremsituationen von der normalen Niederschlagsentwässerung nicht gefasstes Niederschlagswasser eindringen kann, ändert nichts an der alleinigen Zweckbestimmung der Anlage und aller ihrer Funktionselemente zur gesicherten Schmutzwasserentsorgung. Hinsichtlich der Art und Weise der Zweckerreichung (hier: Fremdwasserzuschlag) besteht ein Spielraum, zumal eine technisch dichte Lösung zwar auf der einen Seite zu bestimmten Ersparnissen geführt hätte (so etwa durch geringere Rohrdurchmesser), auf der anderen Seite aber mit gewissen Mehraufwendungen verbunden gewesen wäre (so etwa erhöhtem Aufwand für besonders korrosionsbeständige Materialien oder Korrosionsschutz, Aufwand für häufige Druck- und Dichtigkeitsprüfungen, ggf. auch häufigerer Austausch von Teilen).

(3) Das Aufwandsüberschreitungsverbot ist weiter nicht verletzt, soweit Aufwand für Überleitungsnetze in die Beitragskalkulation eingestellt worden ist. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass damit ein in Wahrheit nicht erforderlicher Aufwand umgelegt worden ist.

Die Erforderlichkeit ist insoweit nicht im Sinne einer Beschränkung auf das Notwendigste zu verstehen, sondern markiert lediglich eine äußerste Grenze der Vertretbarkeit. Diese Grenze ist erst überschritten, wenn die von der Gemeinde bzw. dem Verband im Einzelfall gewählte Lösung, sei es die Herstellung einer bestimmten Anlage überhaupt, seien es deren Umfang und Art, „sachlich schlechthin unvertretbar ist“ (so zum Straßenbaubeitragsrecht bereits Beschluss des Senats vom 31. August 2007 - 9 N 148.05 -, Juris Rn. 24; insoweit vergleichbar zu Erschließungsbeiträgen: BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1979 - IV C 28.76 -, BVerwGE 59, 249). Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten. Sie verstoßen erst dann gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit, wenn sie in für den Einrichtungsträger erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen (vgl. zum Gebührenrecht: Beschluss des Senats vom 22. November 2006 - 9 A 75.05 -, Juris Rn. 18 m.w.N.). Unterhalb dieser sich aus dem Äquivalenzprinzip ergebenden Schwelle steht dem Einrichtungsträger bei der Beurteilung der Angemessenheit sowohl der Maßnahme als auch der dafür entstehenden Aufwendungen ein weites Ermessen zu. Insoweit ist am Vorgehen und der Kalkulation des Verbandes nichts zu beanstanden.

Die Lage des Verbandsgebietes ist durch besondere geographische Umstände geprägt; das Verbandsgebiet umgibt weitgehend den Stadtteil Bergfelde der Nachbarstadt Hohen-Neuendorf. Weiter liegt die Kläranlage Schönerlinde nicht nur für den Verband, sondern auch für die Gemeinden Glienicke/Nordbahn und den Berliner Stadtteil Blankenfelde günstig. Wegen dieser geographischen Umstände hat der Verband eine Zusammenarbeit mit Hohen-Neuendorf, Glienicke/Nordbahn und Berlin vereinbart. Dies verkörpert sich im sogenannten Überleitungsnetz. Soweit die Verbandsangehörigen dieses Netz nutzen, steht die Erforderlichkeit außer Frage. Dies umfasst zudem Reservekapazitäten, die für eine vertretbar prognostizierte Zunahme an Einwohnerzahl und Gewerbebetrieben im Verbandsgebiet geschaffen worden sind. Auch im Übrigen spricht nichts für Überkapazitäten, für die ein Aufwand zu Unrecht auf die Beitragszahler des Verbandsgebiets umgelegt würde. Mit der gemeinsamen Nutzung ist grundsätzlich eine gemeinsame Kostentragung einher gegangen. Die verbandsfremden Nutzer haben u.a. ausweislich der Anlage 1 zur Beitragskalkulation vom 27. März 2009 Baukostenzuschüsse geleistet und auch sonstige Investitions- und Fördermittel beigetragen. Außerdem entfallen auf sie kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen, wie sich aus der Gebührenkalkulation des Verbandes vom 17. November 2009 erkennen lässt (BA 26 zu OVG 9 B 7.09). Soweit das Überleitungsnetz gleichwohl noch Kapazitäten aufweisen sollte, die einerseits unter keiner vertretbaren Sicht den Anliegern im Verbandsgebiet zu Gute kommen, andererseits aber nicht durch die Beteiligung anderer Gemeinden "ausfinanziert" sind, führt auch dies nicht zu einer Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbotes, sondern ist unerheblich. Denn gemäß § 8 Abs. 4 Satz 7 KAG sind Zuwendungen Dritter, sofern der Zuwendende nichts anderes bestimmt hat, zunächst zur Deckung des ansonsten vom Verband oder der Allgemeinheit zu tragenden Anteils zu verwenden. Nur soweit die Fördermittel darüber hinaus reichen, sind sie auf den übrigen Aufwand anzurechnen. Sollte eine Überdimensionierung vorliegen, für die nicht umlagefähige Kosten angefallen sind, würden daher zunächst diese Kosten durch allgemeine Fördermittel gedeckt. Den Beitragspflichtigen entsteht daraus kein Schaden, da sie von der Konzeption des Kommunalabgabengesetzes her keinen Anspruch auf (öffentliche) Zuschüsse zur Finanzierung ihres Beitragsanteils haben (vgl. Möller, in: Driehaus, KAG, Stand: September 2010, § 8 Rn. 1845 f.). Eine Grenze wäre erst erreicht, wenn auch nach Anrechnung der Fördermittel noch Überkapazitäten blieben, die nicht durch die anderen Gemeinden oder die Fördermittel finanziert worden wären, sondern den Beitragspflichtigen zur Last fielen. Dafür spricht hier nicht ansatzweise etwas. Denn immerhin stehen ausweislich der Kalkulation vom 27. März 2009 insoweit Zuschüsse von insgesamt 14,5 Mio. Euro zur Verfügung (ca. 11,4 Mio. Euro allgemeine Fördermittel, ca. 4 Mio. Euro Leistungen der nicht verbandsangehörigen Gemeinden).

(4) Es ist auch sonst nichts dafür ersichtlich, dass für den maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der SWABS 2010 zum 1. Juli 2004 (oder für einen Zeitpunkt seither) davon ausgegangen werden musste, eine Aufwands(über)deckung sei bereits eingetreten oder werde in Kürze durch die weitere Beitragserhebung eintreten. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten sind weder durch die erwarteten und die bereits erhobenen Beiträge noch durch die erwarteten und bereits erhobenen Beiträge zuzüglich der bereits erhobenen Gebühren gedeckt, geschweige denn überdeckt. Vielmehr weist namentlich die Gebührenkalkulation vom 17. November 2009 (Beiakte 26 zu OVG 9 B 7.09) selbst bis zum Jahr 2010 eingenommene Beiträge von erst knapp 41 Mio. Euro aus, während die Beitragskalkulation vom 27. März 2009 einen umlagefähigen Aufwand von über 50 Mio. Euro errechnete. Auch in der Summe mit den in der Gebührenkalkulation ausgewiesenen kumulierten Abschreibungen und Zinsen war für 2010 noch keine Aufwands- bzw. Kostenüberdeckung zu erwarten; dies gilt danach erst recht für die vorhergehenden Jahre.

cc) Die SWABS 2010 ist auch nicht zu beanstanden, weil die darin vorgesehene Beitragserhebung gegen das sogenannte Verbot der Doppelbelastung verstoßen würde. Dieses Verbot untersagt es, über Beiträge Aufwendungen zu finanzieren, die bereits über erhobene Gebühren finanziert worden sind und umgekehrt. In Bezug auf Letzteres hat das Verbot der Doppelbelastung seinen gesetzlichen Ausdruck darin gefunden, dass bei der Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen, die im Rahmen der Gebührenkalkulation stattfindet, der aus Beiträgen aufgebrachte Eigenkapitalanteil außer Betracht bleibt (§ 6 Abs. 2 Satz 5 KAG). Der Sinn des Verbotes der Doppelbelastung besteht in erster Linie darin sicher zu stellen, dass die Abgabenpflichtigen in ihrer Gesamtheit auch bei einer Zusammenschau von Beitrags- und Gebührenerhebung finanziell nicht mehr zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten beitragen als überhaupt angefallen sind; insoweit verwirklicht das Verbot der Doppelbelastung das Aufwandsüberschreitungsverbot gleichsam "abgabenübergreifend". Dass die SWABS 2010 unter diesem Blickwinkel keine Probleme aufwirft, ist in den vorherigen Ausführungen bereits im Einzelnen dargestellt worden.

Der "gebührenrechtliche Pfeiler" des Verbotes der Doppelbelastung stellt - im Zusammenwirken mit dem Prinzip der Abgabengerechtigkeit - weiter sicher, dass eine gewisse Binnengerechtigkeit innerhalb des Kreises der Gebührenpflichtigen geschaffen wird. Bestehen zwischen einzelnen Gruppen von Gebührenpflichtigen erhebliche Unterschiede, was die Belastung mit Anschlussbeiträgen angeht, so etwa dahin, dass bestimmte Gebührenzahler auch Beitragszahler sind, andere Gebührenzahler indessen nicht, weil die Beitragserhebung im Laufe der Zeit aufgegeben worden ist, so muss dem (wenn nicht die bereits erhobenen Beiträge zurückgezahlt werden), auf der Gebührenseite dadurch Rechnung getragen werden, dass entweder gespaltene Gebührensätze für Beitragszahler und Nichtbeitragszahler vorgesehen werden oder dass die Beitragszahler auf der Gebührenseite anderweitig, nämlich spätestens in Form von Billigkeitsmaßnahmen entlastet werden (vgl. Urteil des Senats vom 6. Juni 2007 - 9 A 77.05 -, Juris Rn. 36 ff.; OVG Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 -, Juris Rn. 37 ff.). Auf diese Weise wird auf der Gebührenseite wenigstens eine gewisse "Gruppengerechtigkeit" geschaffen, und zwar dahin, dass das nur von einigen aufgebrachte Beitragsvolumen nicht allen Gebührenzahlern, sondern nur der Gruppe von Gebührenzahlern zu Gute kommt, die auch Beiträge gezahlt hat. Damit wird vermieden, dass diese Gruppe zu einem Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten doppelt beiträgt, während die andere Gruppe (nämlich die Nichtbeitragszahler) sich an diesem Kostenteil überhaupt nicht beteiligt. Auf der Beitragsseite gibt es insoweit allerdings keine Entsprechung: Während gezahlte Beiträge bei der Gebührenerhebung nicht nur überhaupt, sondern im Grundsatz auch wenigstens "gruppengerecht" in Ansatz gebracht werden müssen, sind gezahlte Gebühren bei der Beitragserhebung nur insgesamt, nicht aber "gruppengerecht" zu berücksichtigen: Aus dem Wesen des Beitrags als einmaliges Entgelt für die bloße Inanspruchnahmemöglichkeit der Anlage folgt ohne weiteres, dass bei der Beitragserhebung nicht danach unterschieden werden muss, ob einzelne Beitragszahler oder bestimmte Gruppen von Beitragszahlern bereits über Gebühren mehr zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten beigetragen haben als andere; derartige Unterschiede sind beitragsrechtlich unerheblich. Auch wird eine Beitragserhebung als solche nicht dadurch rechtswidrig, dass Unterschieden auf der Beitragsebene, die nach dem Zuvorgesagten auf der Gebührenebene wenigstens einen gruppengerechten Ausgleich erfahren müssen, auf der Gebührenebene tatsächlich nicht ausgeglichen werden; dieser Fehler ist ein Fehler der Gebühr und infiziert nicht den Beitrag (in diesem Sinn bereits: Beschluss des Senats vom 20. März 2006 - 9 S 82.05 -, S. 5 f. des EA).

c) Nicht zu beanstanden ist auch die Satzungsbestimmung zur persönlichen Beitragspflicht. Gemäß § 8 SWABS 2010 ist Beitragsschuldner, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des beitragspflichtigen Grundstücks ist. Das Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg enthält keine Bestimmung dazu, auf welchen Zeitpunkt für die Feststellung des Schuldners abzustellen ist. Diese Regelung ist dem Satzungsgeber überlassen (vgl. Deppe in Becker/Benedens u.a., KAG, Stand: Dezember 2010, § 2 Rn. 14; Driehaus, KAG, Stand: September 2010, § 8 Rn. 68 f.). Er hat sich fehlerfrei dafür entschieden, an den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides anzuknüpfen. Das entspricht im Übrigen dem, was der Bundesgesetzgeber für das Erschließungsbeitragsrecht geregelt hat (vgl. § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB).

3. Die SWABS 2010 ist auch geeignet, den Bescheid vom 24. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 in Ansehung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG zeitlich zu tragen. Dies ist der Fall, weil sie sich Rückwirkung auf den 1. Juli 2004 und damit auf einen Zeitpunkt vor Bescheiderlass beimisst.

II. Möglicherweise findet der Beitragsbescheid vom 24. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 seine Rechtsgrundlage indessen bereits in der SWABS 2002. Diese Satzung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Sie durfte sich Rückwirkung auf den 1. Januar 1998 beimessen, weil die vor-her erlassenen Schmutzwasseranschlussbeitragssatzungen von 1993, 1995, 1997 und 1999 aus den vom Verwaltungsgericht zutreffend angeführten Gründen nichtig gewesen sind.

2. Auch die Maßstabsregelung des § 6 Abs. 2 SWABS 2002 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach dieser Bestimmung ist für die Kalkulation bei Grundstücken im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) die Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend.

Die Satzungsregelung entspricht den gesetzlichen Anforderungen. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG werden von den Grundstückseigentümern Beiträge als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Die Beiträge sind gemäß § 8 Abs. 6 KAG nach den Vorteilen zu bemessen. Gruppen von Beitragspflichtigen mit annähernd gleichen Vorteilen können dabei zusammengefasst werden (§ 8 Abs. 6 Satz 2 KAG).

Vor dem Hintergrund dieser Regelungen hat der Satzungsgeber nach seinem Ermessen einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verband die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Es genügt, dass der gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme gebotenen Vorteilen steht, nicht sachwidrig oder willkürlich ist (OVG Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2004 – 2 A 168/02 –, S. 17 f. EA). Gemessen daran ist der vom Verband in § 6 Abs. 2 SWABS 2002 gewählte Maßstab nicht zu beanstanden. Insbesondere musste er sich nicht unmittelbar und allein an § 34 Baugesetzbuch (BauGB) orientieren.

Der Beitragsmaßstab bestimmt sich regelmäßig am Grad der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks (OVG Brandenburg., Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE -, Juris Rn. 71 m.w.N.), um den wirtschaftlichen Vorteil abzugelten. Dafür gibt § 34 Abs. 1 BauGB eine - im Bauplanungsrecht verbindliche - Orientierung. Danach muss sich - bauplanungsrechtlich - das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Wenn unmittelbar an diese Tatbestandsmerkmale der Norm angeknüpft wird, ergibt dies einen beitragsrechtlich unbedenklichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab für das Verhältnis von höchstzulässigen Vollgeschoßzahlen und wirtschaftlichem Vorteil.

Aber auch wenn (wie in § 6 Abs. 2 SWABS 2002) von § 34 Abs. 1 BauGB abweichend auf die in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse abgestellt wird, ist der Wahrscheinlichkeitszusammenhang zwischen der so bestimmten baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks und der grundsätzlich anzuerkennenden Steigerung des Gebrauchswerts des Grundstücks durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung nicht aufgehoben. Der Wahrscheinlichkeitszusammenhang ist zwar etwas gelockert. Denn der Maßstab des § 6 Abs. 2 SWABS 2002 kann in manchen Gebieten dazu führen, dass unbebaute bzw. geringer bebaute Grundstücke mangels Überwiegens einer bestimmten höheren Vollgeschoßanzahl im Gebiet nicht mit dieser Vollgeschoßanzahl veranlagt werden, während dies nach einem unmittelbar an § 34 Abs. 1 BauGB anknüpfenden Vollgeschoßmaßstab schon eher der Fall sein kann. Dies ist aber nicht zu beanstanden.

Der vom Satzungsgeber gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist nicht sachwidrig oder willkürlich. Für ihn sprechen der Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität (vgl. Urteil des Senats vom 6. September 2006 - 9 B 24.05 -, Juris Rn. 31) und eine einfachere Nachvollziehbarkeit für die Beitragspflichtigen. Dies bietet hier einen hinreichend sachlichen Grund für die vom Verband vorgenommene Typisierung, zumal es sich bei jeder der beiden Varianten nur um einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab handelt und nicht der eine davon der allein richtige, der andere hingegen falsch ist. Deswegen liegt entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts in der Abweichung von einem Ansatz nach § 34 Abs. 1 BauGB auch kein „Fehler“ vor. Die Anknüpfung an ein „Überwiegen“ hat den Vorzug, praktikabel und für die Beitragspflichtigen leicht nachvollziehbar zu sein. Im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit hat der Verband die bauliche Ausnutzbarkeit in den Blick genommen und zugleich einen Maßstab geschaffen, der ihm - und auch den Beitragspflichtigen - die Möglichkeit gibt, die höchstzulässigen Vollgeschoßzahlen je Gebiet regelmäßig durch schlichtes Abzählen zu ermitteln. Auch ein Gleichstand beim Abzählen macht diesen Maßstab nicht weniger brauchbar; für ein Überwiegen wird dann das höhere Gewicht der höheren Bebauung den Ausschlag geben. Damit erspart der Verband sich - und den Beitragspflichtigen - die anderenfalls nicht selten erforderliche nähere Prüfung nach dem bauplanungsrechtlichen Kriterium „Einfügen“ bzw. diesbezüglich die Bauaufsichtsbehörde (bzw. Rechtsanwälte) jeweils um Einschätzung ersuchen zu müssen, wobei sich etwa besondere Schwierigkeiten ergeben können, ob oder wenn „Fremdkörper“ (vgl. BVerwG, u.a. Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 -, Juris Rn. 13 m.w.N.; Beschluss vom 16. Juni 2009 - 4 B 50.08 -, Juris Rn. 6) im Baugebiet vorhanden sind. Die damit verbundene „Vergröberung“ des Maßstabs führt auch nicht dazu, dass der gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme gebotenen Vorteilen stünde; für ein solches Missverhältnis ist nichts ersichtlich.

3. Die SWABS 2002 lässt auch im Übrigen keine Rechtsfehler erkennen. Insoweit gilt das zur SWABS 2010 ausgeführte entsprechend.

III. Als satzungsmäßige Grundlage des Bescheides vom 24. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 kommt schließlich auch noch die SWABS 2004 in Betracht. Die Rückwirkung dieser Satzung auf den 1. Januar 2000 ist zwar rechtsfehlerhaft, weil damit nachträglich in den Geltungszeitraum der beanstandungsfreien SWABS 2002 eingegriffen wird; im Übrigen lässt die SWABS 2004 indessen keine Rechtsfehler erkennen. Insoweit gilt wiederum das zur SWABS 2010 ausgeführte entsprechend.

IV. Ob der Bescheid vom 24. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 seine Rechtsgrundlage erst in der SWABS 2010 oder schon in der SWABS 2004 oder gar SWABS 2002 findet, hängt davon ab, wann die sachliche Beitragspflicht entstanden ist. Diese nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG zu beantwortende Frage kann hier indessen offen bleiben, weil die sachliche Beitragspflicht wegen § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG in Verbindung mit der SWABS 2010 jedenfalls spätestens am 1. Juli 2004 entstanden ist und weil etwaige frühere Entstehungszeitpunkte der sachlichen Beitragspflicht - auch wenn sie zur Anwendbarkeit einer anderen Satzung geführt haben sollten - nichts an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ändern.

1. Das gilt zunächst hinsichtlich der von der Klägerin ins Feld geführten Grundstücksteilung im Jahr 2006, die nach jeder Betrachtungsweise erst nach Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erfolgt und damit hier unerheblich ist.

2. Weiter führen alle Satzungen zur gleichen Beitragshöhe. Der in der SWABS 2004 und in der SWABS 2002 festgelegte Beitragssatz und der danach zu berechnende Beitrag sind identisch mit Beitragssatz und Beitrag gemäß der SWABS 2010. Soweit die SWABS 2004 und die SWABS 2002 - anders als die SWABS 2010 - für die Veranlagung bestimmter Grundstücke Artzuschläge (z.B. für Gewerbe- und Industriegrundstücke, Grundstücke mit Büro-, Krankenhaus- oder Schulgebäuden) und Artabschläge (z.B. für Sportplätze, Freibäder u.ä.) vorgesehen hatten, wirkt sich dies auf die klägerische Beitragslast nicht aus. Denn das Grundstück der Klägerin erfüllte keinen der Zuschlags- oder Abschlagstatbestände. Auch die Anwendung der Maßstabsregelung des § 6 Abs. 2 SWABS 2002 würde zu keinem anderen, insbesondere zu keinem geringeren Beitragsbetrag führen als nach der SWABS 2010 oder der SWABS 2004. Das im Beitragsbescheid nach der SWABS 2004 mit einem Vollgeschoss (Nutzungsfaktor 1,0) veranlagte Grundstück der Klägerin hätte auch nach der SWABS 2002 insoweit nicht günstiger veranlagt werden können.

3. Es ist auch keinesfalls Verjährung eingetreten.

Gemäß §§ 169 Abs. 2 Satz 1, 170 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG beginnt die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Beitrag entstanden ist. Diese Frist war vor Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides am 24. Januar 2006 nicht abgelaufen.

a) Dies liegt auf der Hand, wenn die sachliche Beitragspflicht nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG i.V.m. der SWABS 2010 erst am 1. Juli 2004 entstanden ist.

b) Eine Festsetzungsverjährung ist indessen auch dann nicht eingetreten, wenn die sachliche Beitragspflicht aufgrund der SWABS 2002 oder der SWABS 2004 früher entstanden sein sollte. Dies kann allenfalls auf der Grundlage am 1. Februar 2004 in Kraft getreten Fassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG in Verbindung mit den genannten Satzungen geschehen sein, denn nach der Vorfassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG hätten die Satzungen wenigstens auf den Zeitpunkt der Anschlussmöglichkeit (1996) zurückwirken müssen, um die sachliche Beitragspflicht zur Entstehung bringen zu können (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98/NE -, Juris Rn. 45, 48), was aber weder bei der SWABS 2002 noch der SWABS 2004 der Fall gewesen ist. Indessen ist zeitgleich mit der Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG auch § 12 Abs. 3 KAG geändert worden (vgl. Art. 5 des Zweiten Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben (GVBl. I 2003, 294). Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 KAG in der Fassung des Zweiten Entlastungsgesetzes beginnt die Festsetzungsfrist, wenn der Beitragspflichtige nicht feststellbar ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Beitragspflichtige bekannt geworden ist; nicht feststellbar ist ein Beitragspflichtiger, wenn der Beitragsgläubiger über die Person oder den Aufenthalt des Erben des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers keine Kenntnis hat. So hat es hier gelegen.

Nach der gesetzlichen Definition des Tatbestandsmerkmals „nicht feststellbar“ kommt es - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht darauf an, ob der Zweckverband Kenntnis hätte erlangen können („Kennenmüssen“), sondern nur darauf, ob er selbst, d.h. die für ihn insoweit verantwortlich Handelnden tatsächlich Kenntnis hatten. Dies unterstreicht die Begründung zum damaligen Gesetzentwurf, wonach nunmehr in abschließender Aufzählung deutlich bestimmt werde, was „nicht feststellbar“ bedeute; zugleich werde die Maßgeblichkeit des Grundbuchs in den Vordergrund gestellt (vgl. LT-Drucksache 3/6324 zu § 12 KAG).

Kenntnis des Beklagten über die Klägerin als Eigentümerin und Beitragsschuldnerin bestand aufgrund eines Grundbuchauszugs im Dezember 2004. Davon ausgehend war die Beitragsforderung im Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 24. Januar 2006 nicht verjährt.

Eine frühere Kenntnis des Beklagten bzw. der Verbandsversammlung des Verbandes ist nicht ersichtlich. Zwar dürften bereits im Jahr 1999 Beschäftigte der Gemeinde Birkenwerder ungeachtet des noch bis 2004 unrichtigen Grundbuchs Kenntnis über die damalige Grundstückseigentümerin bzw. Erbin, Frau L…, erlangt haben. Das kann auch dazu geführt haben, dass sich die Gemeinde Birkenwerder gegenüber Dritten diese Kenntnis zurechnen lassen müsste, damit Dritte nicht allein wegen der Organisationsform einer juristischen Person schlechter gestellt würden, als wenn ihnen eine einzige natürliche Person gegenüberstände (vgl. zur Wissenszurechnung bei fiskalischem Handeln: OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 25. April 2001 - 23 U 91/00 -, Juris Rn. 4 m.w.N.). Eine solche Zurechnung findet aber nicht in Bezug auf den Zweckverband statt, der eine andere (juristische) Person verkörpert und nicht nur Aufgaben für die Gemeinde Birkenwerder erfüllt. Eine teilweise Personenidentität von Verantwortlichen einer Gemeinde und eines Zweckverbandes bleibt insoweit unergiebig. Dafür, dass der Beklagte selbst, die Verbandsversammlung oder etwa ein für die Beitragsfestsetzung zuständiger Beschäftigter des Verbandes vor dem 1. Januar 2002 Kenntnis über Frau L… als Grundstückseigentümerin und Beitragspflichtige erlangt hätte und dies gegebenenfalls dem Verband zuzurechnen wäre, ist weder etwas dargetan noch sonst ersichtlich.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.