Gericht | AG Zossen | Entscheidungsdatum | 14.03.2013 | |
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Aktenzeichen | 5 C 257/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Zossen vom 04.10.2012 wird insoweit aufrechterhalten, als der Beklagte zur Zahlung von 446,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit dem 28.01.2010 verurteilt worden und das Urteil des Amtsgericht Zossen vom 08.11.20111 darin aufgehoben worden ist.
Im Übrigen wird das Versäumnisurteil vom 04.10.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat vorab die durch die Säumnis im Termin am 04.10.2012 entstandenen Kosten zu tragen. Im Übrigen tragen die Kosten des Rechtsstreits die Klägerin zu 27 % und der Beklagte zu 73 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung des Gegners gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls dieser nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dies gilt auch für die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil.
Die Klägerin als gesetzliche Krankenversicherung macht gegenüber dem Beklagten vorgerichtlichen Anwaltskosten aus einem Schadensereignis ihrer Versicherungsnehmerin F vom 21.06 2008 aus übergegangenem Recht nach § 116 SGB X geltend.
Am 21.06.2008 wurde die Versicherungsnehmerin F von dem Hund des Beklagten auf dem Campingplatz Relax in T in den Oberschenkel gebissen. Da es in der Folgezeit zu einer Entzündung der Bissverletzung kam, begab sich Frau F in ein Krankenhaus, wo sie im Zeitraum von 21.07.2008 bis 25.07.2008 stationär aufgenommen wurde.
Die Höhe der für diese Gesundheitsbehandlung angefallenen Kosten mit 4.031,07 € ist zwischen den Parteien unstreitig.
Mit Schreiben vom 05.11.2008 wurde der Haustierversicherer des Beklagten, die A Haustierversicherungs- AG, von der zunächst von der Klägerin mit der außergerichtlichen Interessenwahrnehmung beauftragten G.-AG fruchtlos zur Zahlung der entstandenen Kosten aufgefordert. Mit Schreiben vom 11.11.2008 forderte die Haftpflichtversicherung des Beklagten die G.- AG auf, die Schadenursächlichkeit der behaupteten Forderung nachzuweisen so wie die Rechnungen, ärztlichen Unterlagen und Krankenhausberichte vorzulegen. Mit Schreiben vom 20.3.2009 übersandte die die G.- AG der Haftpflichtversicherung des Beklagten ihre Ersatzkostenrechnung in Kopie. Sie setzte für den Ausgleich der Forderung eine Frist bis zum 03.04.2009. Mit Schreiben vom 25.03.2009 bat die Haftpflichtversicherung der Klägerin die G.- AG um Übersendung eines ausführlichen Berichts des ab 21.06. ambulant behandeln Hausarztes inklusive Erstbefund, Patientenstatus, Vorgeschichte, Untersuchung und Behandlungsmaßnahmen.
Mit Schreiben vom 13.01.2010 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Übersendung einer Schweigepflichtsentbindungserklärung der Versicherungsnehmerin die Haftpflichtversicherung des Beklagten erneut zum Ausgleich der Krankenhauskosten auf. Ferner machte er in diesem Schreiben die Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 511,11 € geltend und forderte die Haftpflichtversicherung auf, unter Erklärung eines Verzichts auf die Einrede der Verjährung die Haftung für Folgeschäden dem Grunde nach anzuerkennen.
Die Beklagte brachte die Krankenhauskosten am 08.02.2010 zum Ausgleich.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte bzw. seine Haftpflichtversicherung mit Erhalt der Ersatzkostenrechnung mit Schreiben der G.-AG vom 20.03.2009 alle erforderlichen Informationen erlangt habe und jedenfalls verpflichtet gewesen wäre, die Schadensersatzforderung dem Grunde nach anzuerkennen.
Mit der am 16.6.2000 erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst einen Hauptforderungsbetrag in Höhe von 511,11 € geltend gemacht. Dieser Betrag war nach einem Gegenstandswert von 4.031,07 € auf der Grundlage einer 1,5 Gebühr nach Nummer 2300 VV RVG zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer berechnet. Das Amtsgericht Zossen hat die Klage durch Urteil vom 08.11.2011 im vereinfachten Verfahren nach § 495 a ZPO abgewiesen. Der hiergegen gerichteten Anhörungsrüge der Klägerin mit Schriftsatz vom 11.11.2011 hat das Amtsgericht Zossen durch Beschluss vom 05.04.2012 abgeholfen.
Der Kläger hat die Klage mit Schriftsatz vom 19.04.2012 erhöht und nunmehr einen Hauptforderungsbetrag in Höhe von 608,57 € geltend gemacht. Im Termin vom 04.10.2012 hat die Klägerin gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil erlangt, das diesem am 16.10.2012 zugestellt worden ist. Hiergegen hat der Beklagte am 23.10.2012 Einspruch eingelegt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil vom 04.10.2012 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 04.10.2012 abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Kosten des vom Zessionar beauftragten Rechtsanwalts nur unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu ersetzen seien, da sich die Ersatzpflicht aus § 249 BGB auf den beim Zedenten entstandenen Schaden beschränke.
Der Beklagte habe sich zum 13.01.2010, dem Zeitpunkt an dem der Prozessbevollmächtigte die Vertretung der Klägerin anzeigte, noch nicht in Verzug befunden. Im Hinblick auf den zwischen dem Schadensereignis und der Krankenhausaufenthalt liegenden Zeitraum von über einem Monat sei eine Ursächlichkeit des Schadensereignisses ohne die von der Haftpflichtversicherung angeforderten Unterlagen nicht nachvollziehbar gewesen. Da die Klägerin über eigenen rechtlichen Sachverstand verfüge sei eine Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Geltendmachung der Schadenersatzforderung nicht erforderlich. Zudem könne die Klägerin mangels Zahlung auf die Honorarforderung allenfalls einen Freistellungsanspruch geltend machen.
Der Einspruch ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
In der Sache hat er allerdings nur teilweise Erfolg.
Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten gemäß § 249 BGB aus dem Schadensereignis vom 21.06.2008 in Höhe von 446,13 € zu. Der Ersatz der Rechtsanwaltskosten ist vom Umfang der Haftung aus § 249 BGB unmittelbar erfasst. Nach gefestigter Rechtsprechung darf ein Geschädigter für die Verwirklichung seines Schadensersatzanspruches aus §§ 823 ff BGB die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in Anspruch nehmen. Die insofern entstandenen Kosten sind durch das schädigende Ereignis adäquat kausal verursacht. Die weiteren Voraussetzungen des Verzugs gemäß § 286 BGB müssen für eine Erstattungsfähigkeit des Schadens in diesen Fällen, zu denen auch die im vorliegenden Streitfall zur Anwendung kommende Tierhalterhaftung aus § 833 BGB zählt, nicht vorliegen. Dieselben Grundsätze gelten nach Ansicht des Gerichts auch für den im Wege der Legalzession nach § 116 SGB X betroffenen Zedenten. Es ist nicht ersichtlich, warum der Zedent, auf den die Schadensersatzansprüche bereits im Zeitpunkt der Schadensentstehung gesetzlich übergehen, insoweit schlechter stehen sollte, als der Geschädigte selbst. Da die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auch nicht zu den ureigensten Aufgaben der Klägerin als Krankenkasse gehört, durfte sie zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auch die Hilfe eines Rechtsanwaltes in Anspruch nehmen. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts war insoweit zweckmäßig und erforderlich.
Der Gegenstandswert der vorgerichtlichen Kosten ist mit den als Schadensersatzforderung in der Hauptsache geltend gemachten Heilbehandlungskosten in Höhe von 4.031,07 € zu bemessen. Danach ergibt sich eine erstattungsfähige Geschäftsgebühr in Höhe von 1,3 entsprechend 354,90 €. Zuzüglich der ebenfalls erstattungsfähigen Auslagenpauschale von 20,00 € und der auf beide Rechnungspositionen anfallenden Umsatzsteuer von 19 % errechnet sich ein Forderungsbetrag in Höhe von 446,13 €. Eine höhere Geschäftsgebühr als 1,3 ist vorliegend nicht gerechtfertigt. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist vorliegend nicht gegeben.
Die seitens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorprozessual entfaltete Tätigkeit entsprach vielmehr dem Durchschnitt, so dass eine Überschreitung der Regelgebühr nicht gerechtfertigt ist. Eine der gerichtlichen Überprüfung entzogene Toleranz von 20 % bei Überschreitung der Regelgebühr (Ermessenspielraum) besteht nach der Rechtsprechung des (BGH, dem das Gericht folgt, nicht BGH 8. Zivilsenat Urteil vom 11.07.2012 Az.: VIII ZR 323/11 zitiert nach juris).
Da Folgeschäden nicht ersichtlich sind kommt eine Erhöhung des Gegenstandswertes nicht in Betracht.
Die Klägerin kann unabhängig davon, ob sie mit der Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Vorlage getreten ist Zahlung statt Freistellung begehren, da ihre Inanspruchnahme durch ihren Prozessbevollmächtigten feststeht und der Beklagte die Leistung endgültig verweigert hat (§ 250 Abs. 2 BGB analog, so auch OLG Brandenburg Urteil vom 23.11.2011- 4 U 91/10 zitiert nach juris dort Rn 98).
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 344, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird bis zum 23.04.2012 auf 511,11 € und ab dem 24.04.2011 auf 608,57 € festgesetzt.