Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 15.04.2014 | |
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Aktenzeichen | 7 TaBV 2194/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 99 BetrVG, § 100 BetrVG, § 101 BetrVG |
I. Das Verfahren wird hinsichtlich der Arbeitnehmer W., G. und T. eingestellt.
II. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 28. November 2013 – 3 BV 33/13 – wird zurückgewiesen.
III. Die Rechtsbeschwerde für die Arbeitgeberin wird zugelassen.
1. Die zu 1. beteiligte Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung der Zustimmung des zu 2. beteiligten Betriebsrats zur Einstellung von Leiharbeitnehmern und die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung der Maßnahmen.
Die nicht tarifgebundene Arbeitgeberin betreibt u. a. in L. ein Fachklinikum für Psychiatrie und Neurologie mit ca. 280 eigenen Arbeitnehmern sowie weiteren ca. 132 Leiharbeitnehmern, die ihr insbesondere über zwei konzerneigene Töchter vermittelt und nach dem Tarifvertrag IGZ-DGB vergütet werden. Die vom Land Brandenburg übernommenen Stammarbeitnehmer erhalten demgegenüber Vergütungen in unterschiedlicher Höhe nach BAT-O oder dem TVL.
In einer Reihe von Anhörungsschreiben bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat um die Zustimmung zur befristeten ca. anderthalbjährigen Einstellung, so u. a. für die hier noch zwischen den Beteiligten im Streit stehende Einstellung der Leiharbeitnehmerin R. T. für die Dauer vom 15. Juli 2013 bis zum 31. Dezember 2014. Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat mit Schreiben vom 28.06.2013 über die beabsichtigte Beschäftigung dieser Mitarbeiterin über die Konzerntochter Personalagentur für G. mbH (PAG) mit einer 35 Stundenwoche und einer Vergütung nach dem TV-IGZ in der Entgeltgruppe 8. Zur Begründung verwies die Arbeitgeberin darauf, für die Station 3.3 sei durch die Versetzung eines Mitarbeiters und den Abgang der Stationsärztin sowie dem Beschäftigungsverbot für eine Therapeutin ab Anfang Juni die therapeutische Betreuung der Patienten nicht mehr in der erforderlichen Qualität gewährleistet. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 324 – 326 d. A.) Bezug genommen. Die Therapeutin, auf die im Rahmen der Begründung der Einstellung Bezug genommen wurde, war ihrerseits zunächst als Leiharbeitnehmerin von der Arbeitgeberin eingesetzt worden und wurde zu einem späteren Zeitpunkt von dieser als eigene Arbeitnehmerin übernommen. Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 03.07.2013 seine Zustimmung mit der Begründung, die Einstellung stelle einen Gesetzesverstoß dar, da es sich um eine Schein-und Dauerleihe handle. Für die Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 327 – 332 d. A. Bezug genommen.
Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat mit einem weiteren Schreiben vom 05.07.2013 (Bl. 334 d. A.) darüber, dass die Einstellung als vorläufige Maßnahme gem. § 100 BetrVG durchgeführt werden solle, da die Besetzung der Stelle zur Absicherung der therapeutischen Betreuung der Kinder erforderlich sei. Dieses Schreiben ging beim Betriebsrat am 08.07.2013 ein. Der Betriebsrat bestritt die dringende Erforderlichkeit der Maßnahme mit Schreiben vom 11.07.2013, bei der Arbeitgeberin eingegangen am 12.07.2013.
Mit dem beim Arbeitsgericht am 15.07.2013 eingegangenen Antrag, der nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen in Bezug auf sämtliche andere Arbeitnehmer allein noch für die Entscheidung im Beschwerdeverfahren von Relevanz ist, begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zu der Einstellung der Arbeitnehmerin R. T. sowie die Feststellung, dass die vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei.
Sie hat die Auffassung vertreten, § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG habe nur klarstellende Funktionen. Eine maximale Laufzeit für die vorübergehende Überlassung verlange weder das AÜG noch die EU-Leiharbeitsrichtlinie.
Demgegenüber vertritt der Betriebsrat die Auffassung, eine Einstellung auf Dauerarbeitsplätzen sei nicht vorübergehend iSd. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG.
Mit Beschluss vom 17.10.2013 hat das Arbeitsgericht – soweit für die Entscheidung im Beschwerdeverfahren noch relevant – die Anträge der Arbeitgeberin in Bezug auf die noch streitige Arbeitnehmerin zurückgewiesen und der Arbeitgeberin im Rahmen eines Widerantrags des Betriebsrats aufgegeben, die personelle Maßnahme der Einstellung der Leiharbeitnehmerin aufzuheben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Betriebsrat habe ein Zustimmungsverweigerungsrecht, wenn die Einstellung eines Leiharbeitnehmers nicht nur vorübergehend erfolge. Es handele sich insoweit um eine Verbotsnorm. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, da es sich bei den mit Leiharbeitnehmern zu besetzenden Arbeitsplätzen um Dauerarbeitsplätze gehandelt habe mit dauerhaften Beschäftigungsbedarf, auf denen Leiharbeitnehmer nicht mehr eingesetzt werden dürften. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen diesen der Arbeitgeberin am 05.12.2013 zugestellten Beschluss richtet sich ihre Beschwerde, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 20.12.2013 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 05.02.2014 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Arbeitgeberin ist weiterhin der Auffassung, es liege kein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG vor. Die Einstellung der Leiharbeitnehmer erfolge ihrerseits befristet. Etwas anderes fordere das AÜG nicht, sodass ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot iSd. § 99 Abs. 2 S. 1 BetrVG nicht vorliege.
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit auch in Bezug der Arbeitnehmer W., G. und T. übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt die Arbeitgeberin
den Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 28.11.2013, Aktenzeichen 3 BV 33/13 abzuändern und zu erkennen:
1. Die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin R. T. für die Dauer vom 15.07.2013 bis 31.12.2014 zu ersetzen;
2. Festzustellen, dass die am 15.07.2013 vorgenommene vorläufige Durchführung der befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin R. T. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
3. Den Widerantrag des Beteiligten zu 2 zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsrat vertritt weiterhin die Auffassung, der Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen verstoße gegen den Begriff des „vorübergehend“ iSd. AÜG. Mithin verstoße die Einstellung gegen ein gesetzliches Verbot und die Zustimmung sei nicht zu ersetzen.
Wegen des weiteren Sach- und Verfahrensstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Anhörungen Bezug genommen.
2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Die Zustimmung des Betriebsrates war zu der noch zwischen den Beteiligten im Streit stehenden Maßnahme – Einstellung der Arbeitnehmerin R. T. – nicht gem. § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu der Einstellung dieser Leiharbeitnehmerin zu Recht gem. §§ 14 Abs. 3 S. 1 AÜG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG iVm. § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG verweigert. Die Einstellung der Arbeitnehmerin T. erfolgte nicht nur vorübergehend.
2.1 Dass der Betriebsrat bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung die Zustimmung zur Einstellung nach § 99 BetrVG verweigern kann, hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 10.07.2013 – 7 ABR 91/11 – NZA 2013, 1296 – 1301 ausgeführt. Das Beschwerdegericht schließt sich diesen Ausführungen an.
2.2 Auch im vorliegenden Fall erfolgte die Einstellung der Arbeitnehmerin R. T. nicht nur vorübergehend iSv. § 1 AÜG.
2.1.1 Wie der Begriff „vorübergehend“ iSv § 1 AÜG auszulegen ist, ist umstritten und noch nicht durch das Bundesarbeitsgericht geklärt. So wird zum einen vertreten, der Begriff „vorübergehend“ in § 1 Abs. 2 AÜG sei arbeitnehmerbezogen. Dieses Tatbestandsmerkmal sei bereits dann eingehalten, wenn die Überlassung für einen befristeten Zeitraum erfolge (vgl. LAG Hamburg vom 04.09.2013 – 5 TaBV 6/13 – juris). Nach anderer Auffassung ist der Begriff „vorübergehend“ arbeitsplatzbezogen auszulegen (vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 24.10.2013 – 4 TaBV 8/13 -; LAG Berlin-Brandenburg vom 16.04.2013 – 3 TaBV 1983/12 -, 3 TaBV 1987/12; LAG Berlin-Brandenburg vom 14.04.2013 – 4 TaBV 2094/12; vom 09.01.2013 – 24 TaBV 1868/12).
2.1.2 Das Beschwerdegericht folgt letzterer Auffassung. Dazu haben die Kammern 24, 4 und 3 des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg in den Beteiligten bekannten Verfahren (LAG Berlin-Brandenburg Beschluss v. 09.01.2013 – 24 TaBV 1868/12; v. 16.04.2013 – 3 TaBV 1983/12 und 3 TaBV 1987/12; v. 14.04.2013 – 4 TaBV 2094/12) sinngemäß folgendes ausgeführt:
„Eine Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt nicht vorübergehend iSd. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, wenn durch die Arbeitnehmerüberlassung ein reiner Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt wird. Dies ergibt eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG unter Berücksichtigung der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit.
2.2.1 Das innerstaatliche Gericht muss das nationale Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auslegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Artikel 288 Abs. 3 AEUV (ex-Artikel 249 EGV) zu genügen (vgl. EuGH 16. J. 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 60, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 98/59 Nr. 2; BAG 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - EzA § 13 BUrlG Nr. 59, zitiert nach juris Rn. 25; BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - AP § 10 AÜG Nr. 23 = EzA § 10 AÜG Nr. 15 - zitiert nach juris Rn. 26).
2.2.2 Der RL 2008/104/EG lässt sich mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen nach dem Willen des Richtliniengebers unzulässig sein soll (vgl. auch LAG Niedersachsen 19.09.2012 - 17 TaBV 124/11 - zitiert nach juris Rn. 30; ArbG Cottbus 25.04.2012 - 2 BV 8/12 - zitiert nach juris Rn. 32; ArbG Cottbus 22.08.2012 - 4 BV 2/12 - zitiert nach juris Rn. 58; Bartl/Romanowski, NZA 2012, 845 ff.; Fitting, BetrVG § 99 Rn. 192a; Hamann, NZA 2011, 70, 72; Preis/Sansone, Anforderungen der Leiharbeitsrichtlinie der Europäischen Union an das deutsche Recht der Arbeitnehmerüberlassung, Rechtsgutachten, S. 10; Sansone, Gleichstellung von Leiharbeitnehmern nach deutschem und Unionsrecht, S. 571; Schüren/Wank, RdA 2011, 1, 3; a.A. LAG Düsseldorf 02.10.2012 - 17 TaBV 38/12 - zitiert nach juris Rn. 50; ArbG Leipzig 15.02.2012 - 11 BV 79/11 - zitiert nach juris Rn. 47; ArbG Offenbach 01.08.2012 - 10 BV 1/12 - zitiert nach juris Rn. 49; Teusch/Verstege, NZA 2012, 1326, 1328 f.; Thüsing/Stiebert, DB 2012, 632 ff.).
2.2.2.1 Dies folgt zunächst aus Art. 5 Abs. 5 S. 1 der RL 2008/104/EG. Danach ergreifen die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um eine missbräuchliche Anwendung dieses Artikels zu verhindern und um insbesondere aufeinander folgende Überlassungen, mit denen die Bestimmungen der Richtlinie umgangen werden sollen, zu verhindern. Damit bringt der Richtliniengeber zum Ausdruck, dass Kettenüberlassungen grundsätzlich missbräuchlich und damit unzulässig sind. Dies muss dann aber erst recht für die Besetzung eines Dauerarbeitsplatzes mit Leiharbeitnehmern gelten. Denn dadurch würden den entsprechenden Leiharbeitnehmern die bei dem Entleiher geltenden - in der Regel besseren - Arbeitsbedingungen vorenthalten werden, obwohl der Leiharbeitnehmer aufgrund des dauernden Beschäftigungsbedarfs bei dem Entleiher als Stammarbeitnehmer eingestellt werden könnte. Die Leiharbeit darf jedoch gerade nicht zur Umgehung tariflicher Arbeitsbedingungen missbraucht werden (vgl. LAG Niedersachsen 19.09.2012 - 17 TaBV 124/11 - zitiert nach juris Rn. 30).
2.2.2.2 Für die Unzulässigkeit der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern spricht auch der Erwägungsgrund 8 der RL 2008/104/EG, wonach mit der Richtlinie unter anderem die Förderung der Flexibilität bezweckt wird. Durch die Leiharbeit soll der Arbeitgeber flexibel auf Auftragsspitzen- oder flauten reagieren können. Dieser Zweck kann aber bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern nicht erreicht werden, da es hier aufgrund des ständigen Beschäftigungsbedarfs einer Flexibilisierung von vornherein nicht bedarf. Ein solcher Einsatz von Leiharbeitnehmern wird regelmäßig allein dem Zweck dienen, Lohnkosten durch Gewährung schlechterer Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer zu reduzieren. Dies widerspricht Art. 5 Abs. 1 der RL 2008/104/EG, wonach die wesentlichen Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Leiharbeitnehmer während der Dauer ihrer Überlassung mindestens denjenigen entsprechen, die für sie gelten würden, wenn sie von dem Entleihunternehmen direkt eingestellt worden wären. Zwar erlaubt Art. 5 Abs. 2 – 4 der RL 2008/104/EG Abweichungen hiervon, dies stellt jedoch nicht in Frage, dass Sinn und Zweck der Leiharbeit nach der RL 2008/104/EG die Erreichung einer Flexibilität für die Unternehmen, nicht jedoch die Reduzierung der Personalkosten durch Gewährung schlechtere Arbeitsbedingungen ist.
2.2.2.3 Der Wille des Richtliniengebers, die Umwandlung von Stammarbeitsplätzen in Leiharbeitsverhältnisse zu verhindern, kommt daneben auch noch in Art. 6 Abs. 1 der RL 2008/104/EG zum Ausdruck. Danach werden die Leiharbeitnehmer über die im entleihenden Unternehmen offenen Stellen unterrichtet, damit sie die gleichen Chancen auf einen unbefristeten Arbeitsplatz haben wie die übrigen Arbeitnehmer dieses Unternehmens. Dies setzt voraus, dass auf den entsprechenden Stellen die bisher als Leiharbeitnehmer eingesetzten Beschäftigten nunmehr als eigene Arbeitnehmer des bisherigen Entleihers übernommen werden sollen. Daraus ergibt sich, dass nach dem Willen des Richtliniengebers die entsprechenden unbefristeten Dauerarbeitsplätze mit eigenen Arbeitnehmern besetzt werden sollen. Dementsprechend sind Dauerarbeitsplätze nicht mit Leiharbeitnehmern zu besetzen.
2.2.2.4 Eine Auslegung der RL 2008/104/EG ergibt damit, dass die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen nach dem Willen des Richtliniengebers unzulässig sein soll. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs der „vorübergehenden“ Überlassung nach § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG zu berücksichtigen. Die Verpflichtung zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung darf zwar nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts „contra legem“ dienen (vgl. EuGH 16. J. 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 61, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 98/59 Nr. 2; BAG 17. November 2009 - 9 AZR 844/08 - EzA § 13 BUrlG Nr. 59, zitiert nach juris Rn. 25). Vorliegend wollte der Gesetzgeber jedoch ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 17/4804, S. 8) durch Einfügung des § 1 Abs. 1 AÜG klarstellen, dass das deutsche Modell der Arbeitnehmerüberlassung den europarechtlichen Vorgaben entspricht. Das Verständnis des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG iSd. der Vorgaben der RL 2008/104/EG entspricht damit dem Willen des nationalen Gesetzgebers. Eine Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt damit nicht vorübergehend iSd. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, wenn durch die Arbeitnehmerüberlassung einer reiner Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt wird.“
2.2.3 Dieser Begründung schließt sich das Beschwerdegericht an. Gemessen daran erweist sich die Einstellung der noch zwischen den Beteiligten streitigen Arbeitnehmerin als gesetzeswidrig. Denn im Ergebnis handelt es sich bei dem Arbeitsplatz, auf dem diese Arbeitnehmerin eingestellt werden soll, um einen Arbeitsplatz, für den ein Dauerbeschäftigungsbedarf besteht. Dem steht der Umstand, dass die vorherige Arbeitsplatzinhaberin aufgrund eines Beschäftigungsverbots ausfällt, nicht entgegen. Zwar kann ein Vertretungsbedarf für einen vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft z.B. wegen Mutterschutz, Krankheit oder aus sonstigen Gründen einen rechtmäßigen Einsatz einer Leiharbeitskraft begründen, weil dieser dann auch vorübergehend erfolgt. Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall jedoch. Die im Streit stehende Leiharbeitnehmerin soll keine Stammkraft ersetzen, bei der die Arbeitgeberin mit einer Rückkehr schon aufgrund der vertraglichen Bindungen rechnen müsste. Vielmehr soll sie ihrerseits einen Arbeitsplatz einnehmen, den die Arbeitgeberin zuvor schon mit einer Leiharbeitnehmerin besetzt hatte und bei dem nicht erkennbar ist, dass er für die Leiharbeitnehmerin im Beschäftigungsverbot „freigehalten“ werden solle. Für diesen, im Ergebnis unbesetzten Arbeitsplatz besteht ein Dauerbedarf, den die Arbeitgeberin nicht durch den „vorübergehenden“ fortlaufenden Einsatz von Leiharbeitskräften abdecken kann. Eine vorübergehende Überlassung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die konkrete Person des Leiharbeitnehmers wechselt, soweit der Arbeitgeber den Arbeitskräftebedarf auf einem Dauerarbeitsplatz ausschließlich mit Leiharbeitnehmern deckt.
Durch das Verbot, Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen einzusetzen, wird nicht die durch die Richtlinie 2008/104/EG bezweckte Flexibilität der Arbeitgeber durch Leiharbeit eingeschränkt. Leiharbeitnehmer können dann auf Dauerarbeitsplätzen beschäftigt werden, wenn dies z. B. aufgrund eines konkreten Vertretungsbedarfs für den auf dem Dauerarbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmer erforderlich ist (LAG Berlin-Brandenburg vom 19.12.2012 – 4 TaBV 1163/12 – juris; LAG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2013 – 24 TaBV 1869/12 – juris).
2.2.4 Der Feststellungsantrag ist offensichtlich unbegründet. Die vorläufige Einstellung der im Antrag bezeichneten Person war nicht dringend erforderlich. Es wäre der Arbeitgeberin ohne weiteres möglich gewesen, die Beschäftigten als eigene Mitarbeiter – gegebenenfalls auch befristet – einzustellen (LAG Berlin-Brandenburg Beschluss v. 09.01.2013 – 24 TaBV 1868/12). Allein die sich aus der Differenz zwischen den Personalkosten als Leiharbeitnehmer und den Kosten bei Einstellung als Stammkraft ergebenden Kosten können die dringende Erforderlichkeit aus sachlichen Gründen nicht rechtfertigen. Denn unter sachlichen Gründen sind betriebliche Gründe, insbesondere solche des geregelten Arbeitsablaufs zu verstehen, nicht aber betriebswirtschaftliche Überlegungen.
2.2.5 Da die vorläufige Einstellung offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, war der Arbeitgeberin gemäß § 101 Satz 1 BetrVG aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angegriffenen Entscheidung wird Bezug genommen.
3. Soweit die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich der weiteren drei Arbeitnehmer übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war es gem. §§ 83 a Abs. 2, 90 Abs. 2 ArbGG einzustellen.
4. Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92 Abs. 2 S. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG.