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Entscheidung 13 UF 96/13


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 30.07.2014
Aktenzeichen 13 UF 96/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Nauen vom 19.03.2013 in Ziffer II Abs. 4 abgeändert und erhält insoweit folgende Fassung:

Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei dem Versorgungsträger E… AG (Personalnummer: …) zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 14.380,94 Euro auf einem für sie zu errichtenden Versicherungskonto bei der A… AG nach Maßgabe des Vertragsangebotes Nummer … vom 08.07.2014, bezogen auf den 31. Mai 2012, begründet.

Der Versorgungsträger des Antragstellers (E… AG) wird verpflichtet, diesen Betrag an den Versorgungsträger der Antragsgegnerin A… AG zu zahlen. Der Betrag ist vom 31. Mai 2012 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich mit 5,13 Prozent p. a. zu verzinsen.

II. Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerin 9/10 und der Antragsteller 1/10.

IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.164,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die am …1979 geschlossene Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin ist durch den angefochtenen Beschluss rechtskräftig geschieden. Die geschiedenen Eheleute streiten noch um die Durchführung des Versorgungsausgleiches und den Ehegattenunterhalt.

I.
Folgesache Versorgungsausgleich

A. Mit der Scheidung hat das Amtsgericht auch den Versorgungsausgleich durchgeführt. Neben Anrechten der Beteiligten bei der gesetzlichen Rentenversicherung hat es auch eine Betriebsrente des Antragstellers bei der weiteren Beteiligten zu 3) im Wege der externen Teilung ausgeglichen, indem es die weitere Beteiligte zu ) verpflichtet hat, den auszugleichenden Betrag auf ein für die Antragsgegnerin bei der Versorgungsausgleichskasse zu errichtendes Konto zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hatte zuvor als Zielversorgungsträger die A… gewählt (vgl. Bl. 77 d. A.) und das entsprechende Angebot in der mündlichen Verhandlung an das Gericht überreicht.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Begründung eines Anrechtes zu ihren Gunsten bei der Versorgungsausgleichskasse und beantragt stattdessen, den Ausgleich durch Verpflichtung der weiteren Beteiligten zu 3) zur Zahlung des Ausgleichsbetrages auf ein Konto der A… Versicherung durchzuführen (Bl. 181), hilfsweise die Entscheidung des Amtsgerichts hinsichtlich der hier angegriffenen Punkte aufzuheben und an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 68 III 2 FamFG), weil nicht ersichtlich ist, zu welchem Erkenntnisgewinn eine weitere mündliche Verhandlung führen könnte.

B. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Das Amtsgericht hat die Benennung eines aufnehmenden Versorgungsträgers für das extern zu teilende Anrecht des Antragstellers bei der Beteiligten zu 3) übergangen. Der im Übrigen von keinem Beteiligten in Frage gestellte Ausgleich jenes Anrechts ist zu Gunsten der gewählten Zielversorgung anzuordnen. Die vom Amtsgericht unterlassene Beteiligung des aufnehmenden Versorgungsträgers (§ 219 Nr. 3 FamFG) hat der Senat nachgeholt.

Bei dieser Gelegenheit berichtigt der Senat auf Antrag der Beteiligten zu 3) deren Firma, die richtig: E… AG lautet, im Beschlussrubrum.

II.
Folgesache Ehegattenunterhalt

A. Die Ehegatten haben sich im August 2010 getrennt. Die Antragsgegnerin hatte zwischen 1974 und 1976 die kaufmännische Ausbildung zum Facharbeiter für Schreibtechnik, Spezialisierung: Stenotypistin, durchlaufen. Aus der Ehe sind zwei 1979 und 1982 geborene Kinder hervorgegangen. Von 1976 bis Ende 1979 hatte sie sich für drei Jahre bei der Nationalen Volksarmee (im Folgenden: NVA) verpflichtet, wo sie den Dienstrang eines Unterfeldwebels erreichte. Anschließend arbeitete sie bis Ende 1985 als Krippensachbearbeiterin beim Rat der Stadt F…. Von 1986 bis August 1994 war sie als Sachbearbeiterin in Betrieben und nach 7-monatiger Arbeitslosigkeit von 1994 bis 1995 ist sie bis heute wiederum als Sachbearbeiterin teilschichtig in einem Verwaltungs- und Planungsbüro tätig. Seit Juli 2012 erzielt sie mit 30 Arbeitsstunden pro Woche ein monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen von 621,34 Euro.

Der Antragsteller erzielt ein um berufsbedingte Aufwendungen bereinigtes Nettoeinkommen von 2.485,00 Euro (Bl. 17 d. A.). Er lebt seit August 2013 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in dem ehemals im hälftigen Miteigentum der Ehegatten stehenden Haus, nachdem die Antragsgegnerin ihren ideellen Miteigentumsanteil zwischenzeitlich an die Lebensgefährtin des Antragstellers übereignet hat. Das Haus hat, nachdem der Antragsteller und seine Lebensgefährtin zwischen Mitte 2012 und August 2013 Baumaßnahmen in dem Haus durchgeführt haben, einen Wohnwert von 1.200,00 – 1.300,00 Euro. Der Antragsteller und seine Lebensgefährtin haben zur Finanzierung der Baumaßnahmen am 30.08.2012 ein Darlehen bei der D… AG aufgenommen (Bl. hierzu 32 d. A.). Die Darlehenssumme beträgt 195.000,00 Euro. Das Darlehen ist mit monatlich 1.000,00 Euro zurückzuführen. Mit Vertragsbeginn zum 07.10.2013 haben sie einen Bausparvertrag beim B… über eine Bausparsumme von 100.000,00 Euro abgeschlossen (Bl. 233 ff.), dessen monatliche Ansparrate 400,00 Euro und die monatlich zu entrichtende Zinsleistung 270,83 Euro beträgt (Bl. 234 d. A.). Der Antragsteller trägt von diesen Belastungen jeweils die Hälfte.

Im Zuge der Baumaßnahmen wurde das ehemalige Familienheim, das im Keller Feuchtigkeitsschäden aufwies und nicht isoliert war, entkernt, innen und außen gegen Feuchtigkeit abgedichtet, das Dach neu gedeckt, der Dachboden wärmegedämmt, Hohlraumwände wärmeisoliert, die Fenster ausgetauscht, die Türen erneuert bzw. aufgearbeitet, neue Wasser- und Abwasserleitungen installiert, eine neue Heizung und Solarzellen installiert und die Heizungsrohre ausgetauscht, im Untergeschoss eine Fußbodenheizung, im Obergeschoss neue Heizkörper eingebaut, die Elektrik und die Fußböden erneuert und die Badezimmer saniert. Die nach der Sanierung zur Verfügung stehende Nutzfläche beträgt 150 m², der erzielbare Mietpreis zwischen 1.200,00 und 1.300,00 Euro.

Die Antragsgegnerin hat behauptet, sie sei bemüht, eine Vollzeitstelle zu finden, habe sich im Sommer 2012 auf mehrere Stellenanzeigen telefonisch beworben, sei aber aufgrund ihres Alters nicht angenommen worden. Bei ihrem Arbeitgeber sei eine weitere zeitliche Aufstockung der Arbeitszeit nicht möglich bzw. selbst bei Aufstockung wäre ein Bruttoeinkommen von monatlich lediglich 1.100,00 Euro erzielbar. Sie habe im Dezember 2012 drei Wochen ein Stellengesuch in der BRAWO und in der MAZ sowie im Januar 2013 in der Nordsee-Zeitung inseriert. Aufgrund ihres Alters von 56 Jahren sei nicht davon auszugehen, dass sie in einem anderen Unernehmen eine Vollzeitstelle finden und ein höheres Einkommen erzielen könnte. Von dem Erlös von 75.000,00 Euro aus der Veräußerung ihrer Haushälfte habe sie 20.000,00 Euro für die Altersvorsorge auf sechs Jahre für 1,75 % Zinsen im ersten und 2 % Zinsen im zweiten Jahr fest angelegt. 7.495,73 Euro habe sie für die Anschaffung einer Wohnungseinrichtung und eines Autos ausgegeben, den verbleibenden Rest beabsichtige sie ebenfalls im Rahmen der Altersvorsorge fest anzulegen.

Die Antragsgegnerin meint, die im Zuge der Baumaßnahmen auf Seiten des Antragstellers entstandene Kreditbelastung könne ihr nicht entgegengehalten werden, da sie nicht prägend sei. Jedenfalls könnten allenfalls Zinslasten Berücksichtigung finden, da im Übrigen allein das Vermögen des Antragstellers vermehrt werde.

Eine Befristung ihres Unterhaltsanspruches komme infolge fortwirkender ehebedingter Nachteile nicht in Betracht. Die Antragsgegnerin habe während ihrer dreijährigen Dienstzeit bei der NVA die Absicht verfolgt, die Dienstzeit auf insgesamt 12 Jahre zu verlängern. Voraussetzung hierfür sei gewesen, dass sie in S… geblieben wäre, weil sie nur dort als Frau uniformiert habe tätig sein können. Für den Antragsteller, den sie während ihrer Dienstzeit in S… kennengelernt habe und von dem sie schließlich 1979 ein Kind erwartete, sei ein Verbleiben in S… anstelle seiner Rückkehr nach F… nicht in Frage gekommen, weshalb sie von der Verlängerung ihrer Dienstzeit in der NVA Abstand genommen habe. Hätte sie stattdessen wie geplant ihre Dienstzeit auf 12 Jahre verlängert, hätte sie einen besseren Dienstgrad und höhere Qualifikationen erlangt, die sich auf ihren beruflichen Werdegang ganz wesentlich ausgewirkt hätten. Sie vermutet, sie hätte nach ihrer zwölfjährigen Dienstzeit bei der NVA zur Polizei wechseln und dort möglicherweise wesentlich höhere Einkünfte erzielen können. Sie mutmaßt weiter, dass sie bei diesem Verlauf der Dinge heute verbeamtet wäre und deshalb wirtschaftlich viel besser dastehen würde. Ein Angebot, bei der Deutschen Volkspolizei zu arbeiten, habe sie nicht annehmen können, weil hierzu der Antragsteller auf Kontakte zu Verwandten in der Bundesrepublik Deutschland hätte verzichten müssen, was er abgelehnt habe. 2006 und 2009 habe sie auf Wunsch des Antragstellers Angebote des A… und des Q… Berlin abgelehnt.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antragsteller zu verpflichten, an die Antragsgegnerin ab rechtskräftiger Ehescheidung einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 825,00 Euro zu zahlen.

Der Antragsteller hat beantragt,

den Antrag abzuweisen, hilfsweise einen gegebenenfalls bestehenden Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin auf den Zeitraum von zwei Jahren nach Rechtskraft der Entscheidung zu befristen.

Es sei der Antragsgegnerin zumutbar und möglich, vollschichtig zu arbeiten, wobei sie mit ihrer Ausbildung und Berufserfahrung einen monatlichen Bruttoverdienst von 2.200,00 Euro erzielen könnte. Dieser Betrag sei fiktiv anzusetzen. Zudem verfüge sie aus dem Verkauf ihres Miteigentumsanteils am gemeinsamen Haus über den Geldbetrag von 75.000,00 Euro, aus dem sie bei einer monatlichen Verzinsung von 3 % monatlich 187,50 Euro erzielen könne, welche ihr ebenfalls fiktiv als Einkommen zuzurechnen seien.

Für die Sanierung des ehemaligen Familienheimes habe er einen Kredit und einen Bausparvertrag aufgenommen, was eine monatliche Belastung von 835,00 Euro zur Folge habe.

Der Antragsteller bestreitet, dass die Antragsgegnerin im Jahre 1979 die Absicht oder die Möglichkeit gehabt habe, sich auf 12 Jahre bei der NVA zu verpflichten oder bei der Polizei zu arbeiten. Die Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin eine Karriere beim Militär absolviert hätte, sei von den Ehegatten gar nicht in Erwägung gezogen worden. Er bestreitet die behaupteten positiven Auswirkungen einer solchen Laufbahn. Insbesondere hätte eine Tätigkeit bei der NVA oder der Deutschen Volkspolizei vor dem Hintergrund der bei dieser Tätigkeit grundsätzlich erwünschten Mitarbeit bei der Staatssicherheit nicht zwingend zu beruflichen Vorteilen geführt, die die politische Wende 1989/1990 überdauert hätten. Der Antragsteller hätte sich der Aufnahme einer vollschichtigen Beschäftigung durch die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt entgegengestellt, sondern eine solche begrüßt.

Das Amtsgericht hat den Antragsteller verpflichtet, ab Rechtskraft der Scheidung einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 478,00 Euro an die Antragsgegnerin zu zahlen, den Unterhaltsanspruch auf zwei Jahre befristet und den Antrag der Antragsgegnerin im Übrigen abgewiesen. Ehebedingte Nachteile seien auf Seiten der Antragsgegnerin nicht ersichtlich. Aus ihrem Wehrdienstausweis ergebe sich nicht ihre Absicht, die Dienstzeit auf 12 Jahre zu verlängern. Dass der Dienst für Frauen nur in S… möglich gewesen sei, ergebe sich nicht aus der vorgelegten Dienstlaufbahnordnung von 1962. Es sei gerichtsbekannt, dass es NVA-Stützpunkte auch in Wohnortnähe der Antragsgegnerin gegeben habe. Hinsichtlich der Unterhaltshöhe legt das Amtsgericht ein fiktives Einkommen von netto 1.210,00 Euro zugrunde sowie monatlich 187,00 Euro fiktive Kapitaleinkünfte aus dem Erlös aus der Veräußerung ihrer Miteigentumshälfte an dem ehemaligen Familienheim. Bei einem Stundenlohn von 10,00 Euro und vollschichtiger Beschäftigung könne die Antragsgegnerin ein Nettoeinkommen von 1.210,00 Euro erzielen, welches ihr fiktiv zuzurechnen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihren erstinstanzlichen Antrag in der Folgesache Ehegattenunterhalt uneingeschränkt weiter. Sie meint, sie habe einen unbefristeten Anspruch auf Aufstockungsunterhalt, nachdem sie sechs Jahre lang nur geringfügig beschäftigt gewesen sei, zum Mai 2010 eine Tätigkeit mit 25 Stunden pro Woche und ab Mitte Juli 2012 eine solche mit 30 Stunden pro Woche an ihrem Wohnort aufgenommen habe. Der ehebedingte Nachteil, den sie durch die Aufgabe der Fortsetzung ihrer beruflichen Laufbahn bei der NVA erlitten habe, wirke sich so nachhaltig aus, dass sie Zeit Lebens nicht die Einkommensverhältnisse werde erreichen können, die sie sonst erreicht hätte. Einen Wechsel zu einem anderen Standort hätte sie nicht durchführen können, weil nach ihrer Kenntnis auch heutzutage ein Wechsel zwischen den Waffengattungen nur in Ausnahmefällen möglich sei. Zudem könne sie kein Einkommen in der vom Amtsgericht angenommenen Höhe erzielen, ebenso wenig einen Zinssatz von 3 Prozent auf etwa vorhandenes Vermögen. Erzielbar seien unter Berücksichtigung der Abgeltungssteuer maximal 1,1 – 1,2 Prozent. Zudem seien auf Seiten des Antragstellers ein Wohnwert oder fiktive Mieteinnahmen aus dem Eigentumsanteil an dem Eigenheim sowie eine von ihm erzielte Dividende aus einem Aktiendepot zu berücksichtigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Entscheidung des Amtsgerichts hinsichtlich des Ausspruches zum nachehelichen Ehegattenunterhalt abzuändern und den Antragsteller zu verpflichten, an sie ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Ehegattenunterhalt von monatlich 825,00 Euro zu zahlen,
hilfsweise die Entscheidung des Amtsgerichts hinsichtlich der hier angegriffenen Punkte aufzuheben und an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen. Der Senat entscheidet – seiner Ankündigung folgend (Bl. 207) – ohne mündliche Verhandlung, weil nicht ersichtlich ist, zu welchem weiteren Erkenntnisgewinn eine erneute mündliche Verhandlung führen könnte, nachdem sich die Beteiligten auch im Beschwerdeverfahren umfassend schriftlich geäußert haben.

B. Die zulässige Beschwerde in der Folgesache Ehegattenunterhalt ist unbegründet.

Grundsätzlich obliegt es gemäß § 1569 BGB jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Nur wenn er dazu außerstande ist, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach den §§ 1570 ff. BGB. Diese Norm soll deutlich machen, dass nach der Unterhaltsrechtsreform der Schwerpunkt des Unterhaltsrechts wieder auf die Funktion einer Hilfe bis zum Übergang in die wirtschaftliche Selbstständigkeit verlagert wird (vgl. Brudermüller in: Palandt, BGB, 73. A., § 1569 Rn 1).

1. Die Antragsgegnerin macht Unterhaltsansprüche aus § 1573 Abs. 1 BGB (Erwerbslosigkeitsunterhalt) geltend.

Der Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 Abs. 1 BGB soll den Bedürftigen nach der Scheidung bis zur Erlangung einer angemessenen Tätigkeit vor dem „sozialen Abstieg“ schützen (vgl. Brudermüller in: Palandt, BGB, 73. A., § 1573 Rn 2). Voraussetzung für den Anspruch ist, dass der Unterhaltsberechtigte aus Gründen der Arbeitsmarktlage nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit findet (vgl. BGH FamRZ 1988, 927, 265). Die Antragsgegnerin hat lediglich vorgetragen, sie könne vor dem Hintergrund ihres Alters von 56 Jahren nicht davon ausgehen, in einem anderen Unternehmen eine Vollzeitstelle zu erlangen, um hierdurch ein Einkommen von mehr als 621,34 Euro netto zu erzielen. Bemühungen in dieser Hinsicht habe sie unternommen, indem sie im Dezember 2012 drei Wochen ein Stellengesuch in der BRAWO und in der MAZ sowie im Januar 2013 in der Nordsee-Zeitung inseriert habe. Diese Bemühungen stellen keine hinreichenden Bemühungen um eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1574 Abs. 2 BGB dar. Nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist der Antragsgegnerin eine vollschichtige Beschäftigung anzusinnen. Die Antragsgegnerin hat während der Zeit des Zusammenlebens regelmäßig mindestens teilschichtig gearbeitet. Gründe, die gegen eine Aufstockung auf eine Tätigkeit in Vollschicht sprechen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Bei einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit – wie vorliegend – hat der Berechtigte sich grundsätzlich unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen (Brudermüller in: Palandt, BGB, 73. A., § 1573 Rn 7). Erforderlich ist eine intensive und zielgerichtete Arbeitssuche, die erkennen lässt, dass sich der Arbeitssuchende ernstlich und nachhaltig um die Erlangung einer einträglichen Erwerbstätigkeit bemüht (Brudermüller a. a. O., BGH FamRZ 2011, 1851). Diesen Anforderungen werden die Erwerbsbemühungen der Antragsgegnerin, die im Dezember 2012 drei Wochen ein Stellengesuch in der BRAWO und in der MAZ sowie im Januar 2013 in der Nordsee-Zeitung inseriert hat, nicht gerecht. Dass Bürokaufleute mit einer der Qualifikation und Berufserfahrung wie die Antragsgegnerin in Brandenburg und Berlin immer wieder von Arbeitgebern gesucht werden, ist gerichtsbekannt, so dass der Senat vom Bestehen realistischer Erwerbschancen ausgeht.

Folge dieser Verletzung der Erwerbsobliegenheit ist, dass der Antragsgegnerin ein fiktives Einkommen in Höhe eines realistischer Weise erzielbaren Einkommens anzurechnen ist (Bömelburg in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. A., § 4 Rn 280) und dass sie in Höhe der erzielbaren Einkünfte nicht als bedürftig anzusehen ist. Ein Anspruch aus § 1573 Abs. 1 BGB scheidet damit aus.

2. Auch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) besteht nicht in weiterem als dem vom Amtsgericht zuerkannten Umfang, da die Antragsgegnerin ihren eheangemessenen Unterhaltsbedarf (§ 1578 Abs. 1 BGB) weitgehend mit Einkünften aus angemessener Erwerbstätigkeit decken könnte.

Maßgebend für den Bedarf des Unterhaltsberechtigten sind die ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 Abs. I BGB). Heranzuziehen sind damit diejenigen Umstände, die für den Lebenszuschnitt der Eheleute prägend waren, auch wenn sie sich nach der Scheidung verändert haben (Gerhardt in: Wendl/Dose, a. a. O., § 4 Rn 413), also insbesondere das aktuelle Einkommen, Vermögen und berücksichtigungswürdige Belastungen. Die ehelichen Lebensverhältnisse werden nur durch solche Einkünfte geprägt, die zur Deckung des laufenden Lebensbedarfs zur Verfügung stehen und dafür eingesetzt werden können (Gerhardt in: Wendl/Dose, a. a. O., § 4 Rn 432).

a) Die Antragsgegnerin verfügt über ein prägendes Einkommen in Höhe von 621,34 Euro. Um pauschale berufsbedingte Aufwendungen (31,22 Euro) und den Erwerbstätigenbonus von 1/7 (84,30 Euro) bereinigt, ergibt sich der Betrag von 505,82 Euro.

b) Der Antragsteller verfügt über ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 2.484,00 Euro. Abzüglich des Erwerbstätigenbonus’ von 1/7 (354,86 Euro) ergibt sich der Betrag von 2.129,14 Euro.

c) Hinzu kommt der hälftige Wohnwert des in seinem Miteigentum stehenden Hauses abzüglich der berücksichtigungswürdigen Belastungen. Ein Wohnvorteil ist nur insoweit zuzurechnen, als der Wohnwert die mit dem Grundeigentum verbundenen Unkosten übersteigt. Denn ein Wohnwert besteht nur, soweit der Eigentümer billiger lebt als der Mieter. Es wird ihm daher nur die Differenz aus Wohnwert und dem Mietzins vergleichbarem Aufwand als Einkommen zugerechnet (Gerhardt in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. A., § 1 Rn 498).

Es kann hier dahinstehen, ob man als prägend den geringen Wohnwert von 400,00 Euro, den die Immobilie vor der Modernisierung aufgewiesen hat oder denjenigen von 1.200,00 – 1.300,00 Euro, den das Objekt nach der Modernisierung hat, zugrunde legt. Denn im Ergebnis ergibt sich für die Frage, ob ein höherer Unterhaltsanspruch besteht als erstinstanzlich zuerkannt, kein Unterschied.

aa) Setzt man den alten Wohnwert an, so sind dem Antragsteller – ungeachtet zu berücksichtigender notwendiger Instandhaltungskosten für die Gebäudeschäden im Kellergeschoss – aufgrund des hälftigen Miteigentumsanteils höchstens 200,00 Euro zuzurechnen.

bb) Wollte man demgegenüber den nach der Sanierung erhöhten Wohnwert als prägend ansehen, so wären auch die Zinsbelastungen des zur Finanzierung der Baumaßnahmen aufgenommenen Darlehens bei der D… AG zu berücksichtigen. Nach dem unstreitigen Vortrag des Antragstellers wurden neben dem Ausbau des zuvor Feuchtigkeit und Schimmelflecken aufweisenden Kellers unter anderem die Heizungsanlage und die Isolation des Hauses umfassend modernisiert.

(1) Dem Mietzins vergleichbar sind vorliegend nur die Zinsbelastungen aus dem Darlehensvertrag bei der D… AG. Zweck der vom Antragsteller beschriebenen Sanierungsarbeiten an dem ehemaligen Familienheim war nicht die bloße Instandhaltung des Gebäudes zur Erhaltung der Bewohnbarkeit im bestehenden Zustand (§§ 535 I 2, 554 I BGB), sondern die Modernisierung der Immobilie (vgl. § 554 II, III BGB), die auf eine Verbesserung des Wohnraumes und eine Erhöhung des Wohnwertes gerichtet war. Dies ergibt sich bereits aus dem unbestrittenen Vortrag des Antragstellers, der Wohnwert habe sich durch die Baumaßnahmen von 400,00 Euro auf 1.200,00 – 1.300,00 Euro erhöht, wobei der Senat nach dem Vortrag des Antragstellers von einem Wohnwert von 1.250,00 Euro ausgeht (§ 287 ZPO). Solche Modernisierungsaufwendungen sind nach Veräußerung der Miteigentumshälfte der Antragsgegnerin und nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens, ab dem Zeitpunkt also, da die Antragsgegnerin an der Wertsteigerung der Immobilie nicht mehr über das Miteigentum oder den Zugewinn partizipiert, als einseitige vermögensbildende Ausgaben des Antragstellers anzusehen (BGH FamRZ 1997, 281). Solchen geht die Unterhaltspflicht gegenüber der Antragsgegnerin vor. Vom Wohnwert abzugsfähig sind damit grundsätzlich nur noch die vom Antragsteller bezahlten Zinsen (Gerhardt in: Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn 510). Der Tilgungsanteil ist allenfalls im Rahmen angemessener Altersvorsorge berücksichtigungsfähig (BGH FamRZ 2008, 963), vgl. nachfolgend (3).

Bei dem vorliegend von dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin aufgenommenen Annuitätendarlehen (Bl. 32 d. A.), ist die jährliche Summe aus Tilgung und Zinsen (sog. Annuität) gleich groß. Dadurch steigt der Tilgungsanteil während der Laufzeit an und der Zinsanteil verringert sich entsprechend. Die Annuität beträgt jährlich 12.000,00 Euro. Der Zinssatz beträgt 3,15 % p. a., der Darlehensbetrag 195.000,00 Euro. Im ersten Jahr (1.9.2012 – 31.8.2013) fielen 6.142,50 Euro Zinsen an. Damit belief sich der Tilgungsanteil in jenem Jahr auf 5.857,50 Euro. Im zweiten Jahr (1.9.2013 – 31.8.2014) beträgt der Zinsanteil (195.000 Euro – 5.857,50 Euro = 189.142,50 Euro x 3,15 % =) 5.957,98 Euro (monatlich 496,50 Euro), der Tilgungsanteil mithin 6.042,01 Euro (monatlich 503,50 Euro). Der Antragsteller trägt davon die Hälfte, mithin zahlt er monatsdurchschnittlich derzeit einen Zinsanteil von 248,25 Euro, der von seinem Wohnwert abzuziehen ist.

(2) Die Zinsleistungen für den beim B… bestehenden Bausparvertrag von monatlich 270,83 Euro sind nicht zu berücksichtigungsfähig. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der nach dem Einzug des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin in die modernisierte Immobilie erfolgte Abschluss dieses Bausparvertrages ebenfalls zur Finanzierung der Baumaßnahmen notwendig und angemessen war.

(3) Der Tilgungsanteil der Annuitäten des Darlehens bei der D… AG ist nicht schlechthin unbeachtlich, sondern im Rahmen der angemessenen Altersvorsorge zu berücksichtigen. Der Senat geht mit der Rechtsprechung des BGH davon aus, dass der Lebensstandard im Alter nur dann zu sichern ist, wenn neben der primären Vorsorge – unter anderem durch die gesetzliche Rentenversicherung – private Leistungen für eine zusätzliche Altersversorgung erbracht werden. Diese Notwendigkeit, für das Alter zusätzlich Vorsorge zu treffen, stellt sich letztlich für jeden, auch für den getrennt lebenden Ehegatten. Da eine angemessene Altersvorsorge nicht mehr allein durch die gesetzliche Rentenversicherung gewährleistet werden kann, muss dem Unterhaltsberechtigten und gleichermaßen dem Unterhaltspflichtigen zugebilligt werden, in angemessenem Umfang zusätzlich Vorsorgeaufwand zu betreiben und beiden die Möglichkeit eröffnet sein, diesen Umstand in die Unterhaltsbemessung einfließen zu lassen. Dabei ist es unterhaltsrechtlich unerheblich, ob sich der Erwerbstätige für eine Direktversicherung oder eine anderweitige Altersvorsorge entscheidet. Auch wenn er durch die Entschuldung des Familienheims weiteres Vermögen mit dem Ziel einer später miet- und belastungsfreien Wohnungsnutzung schafft, ist dies als besondere Form der zusätzlichen Altersvorsorge berücksichtigungsfähig (BGH FamRZ 2005, 1817, 1821).

In Anlehnung an den Höchstfördersatz der sog. "Riester-Rente" wird ein Betrag von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessene zusätzliche Altersvorsorge angesehen (BGH FamRZ 2008, 963). Nur soweit tatsächlich erbrachte Leistungen der Altersvorsorge darüber hinausgehen, müssen sie als einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt bleiben. Ausgehend von einem aus dem unstreitigen Jahresnettobetrag ermittelten Jahresbruttoeinkommen des Antragstellers von 52.980,00 Euro ist ihm damit eine zusätzliche Altersvorsorge von jährlich 2.119,20 Euro (monatlich 176,60 Euro) zuzubilligen. In dieser Höhe sind zusätzlich auch die Tilgungsleistungen des Beklagten als besondere Form der privaten Altersvorsorge bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen (vgl. BGH FamRZ 2008, 963).

(4) Bei den Aufwendungen für die Ansparraten des Bausparvertrages handelt es sich um Vermögensbildung, die darüber hinaus nicht berücksichtigungsfähig ist.

Damit sind vom hälftigen Wohnwert von 625,00 Euro 424,93 Euro an berücksichtigungswürdigen Aufwendungen abzuziehen, so dass als Wohnvorteil 200,07 Euro zuzurechnen sind.

Auf Seiten des Antragstellers ist damit höchstens der Betrag von 2.329,13 Euro in die Bedarfsermittlung einzustellen.

d) Aus dem Gesamtbedarf von 2.834,95 Euro ist der Bedarf der Antragsgegnerin von 1.417,48 Euro zu errechnen.

e) Die Antragsgegnerin ist nicht in voller Höhe dieses Bedarfs bedürftig. Der Unterhaltsberechtigte kann den vollen, nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Bedarf (§ 1578 I BGB) nur verlangen, soweit er bedürftig ist (§ 1577 I BGB). Er ist bedürftig, wenn er seinen Bedarf nicht oder nicht ausreichend auf andere Weise deckt oder decken könnte (BGH FamRZ 1989, 487). Dabei sind fiktive Einkünfte anzurechnen, soweit der Berechtigte in zumutbarer Weise (höheres) Einkommen erzielen könnte, dies jedoch unterlässt (Brudermüller a. a. O., § 1577 Rn 7). Den Berechtigten trifft daher die unterhaltsrechtliche Obliegenheit, eine seinen Fähigkeiten entsprechende angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, die die Unterhaltslast des Verpflichteten möglichst gering hält (Brudermüller a. a. O., § 1569 Rn 9).

aa) Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass die Antragsgegnerin gehalten ist, eine durchschnittlich entlohnte vollschichtige Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf aufzunehmen. Kommt sie ihrer nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten bestehenden Erwerbsobliegenheit nicht nach, muss sie sich so behandeln lassen, als ob sie Einkommen hätte, das sie bei gutem Willen erzielen könnte (Brudermüller a. a. O. vor § 1569 Rn 9). Gründe, die gegen eine vollschichtige Beschäftigung sprechen würden, sind – wie ausgeführt – nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund der bestehenden vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ist ein fiktives Bruttoeinkommen von jedenfalls 1.910,00 Euro anzusetzen. Dieser Betrag ist in den neuen Bundesländern für Bürokaufleute erzielbar (vgl. www.LohnSpiegel.de). Als Schätzungsgrundlage hat der Senat eine Erhebung und Auswertung von Einkommensdaten für Bürokaufleute im Rahmen des Projektes „LohnSpiegel“ des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) zugrunde gelegt. Dass Stellen für Bürokaufleute angeboten werden, ist gerichtsbekannt. Es ist nicht feststellbar, dass die Antragsgegnerin, die mit 56 Jahren bei nahezu ununterbrochener Erwerbstätigkeit über eine umfangreiche Berufserfahrung verfügt, eine entsprechende Stelle nicht erwerben könnte. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete (Gerhardt in: Wendl/Dose, a. a. O., § 4 Rn 932) Antragsgegnerin hat keine entsprechenden Erwerbsbemühungen dargelegt und nicht nachgewiesen, eine entsprechende Stelle nicht finden zu können.

Bei Steuerklasse I ergibt sich hieraus ein monatliches Nettoeinkommen von 1.325,35 Euro. Nach Abzug pauschaler berufsbedingter Aufwendungen (Nr. 10.2.1. der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, im Folgenden: Brb.-UL; 5 Prozent, 66,27 Euro) verbleiben 1.259,08 Euro, die als bereinigtes fiktives Einkommen anzusetzen sind. Hiervon abzuziehen ist der Erwerbstätigenbonus von 1/7 (Nr. 15.2. Brb. UL; 166,15 Euro), so dass ein Betrag von 1.079,21 Euro verbleibt.

bb) Hinzu kommen (fiktive) Zinseinkünfte aus dem Erlös der Veräußerung der Haushälfte, die als Surrogat für den früheren Wohnvorteil prägend sind. Aus der unterhaltsrechtlichen Obliegenheit des Bedürftigen, sich möglichst selbst zu unterhalten, ergibt sich die Verpflichtung, den Verkaufserlös adäquat anzulegen und den Unterhalt nicht ungerechtfertigt zu verbrauchen (Gerhardt in Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn 565, 567). Hinsichtlich der Anschaffung einer Wohnungseinrichtung und eines Autos nach der Trennung für insgesamt 7.495,73 Euro ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin die Summe in ungerechtfertigter Weise verschleudert hätte, denn dieser Betrag erscheint auf der Grundlage der dargelegten ehelichen Lebensverhältnisse als keineswegs unangemessen.

Der übrige Teil des Verkaufserlöses ist allerdings für den Ansatz fiktiver Zinseinkünfte zu Grunde zu legen. Die Antragsgegnerin hat 20.000,00 auf sechs Jahre für die Altersvorsorge fest angelegt, die jährlich zwischen 1,75 und 3,5 Prozent Jahreszinsen abwerfen (Bl. 49 d. A.) Es bleibt ihr unbenommen, den Kapitalbetrag nach Ablauf der Anlagezeit weiterhin für ihre Altersversorgung einzusetzen. Soweit die Antragsgegnerin aufgrund der von ihr gewählten Vertragsgestaltung des Zuwachssparens gehindert ist, vor Ablauf der Vertragslaufzeit ohne wirtschaftliche Verluste über die erwirtschafteten Zinsen zu verfügen, ändert dies nichts an der fiktiven Zurechenbarkeit der entsprechenden Zinseinkünfte. Denn insoweit bildet sie – über die angelegte Summe hinaus – Vermögen, an dem der Antragsteller nach Rechtshängigkeit der Scheidung (Stichtag für den Zugewinnausgleich) nicht beteiligt wird. Die Antragsgegnerin kann die Zinserträge auch nicht vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH zu angemessenen Altersvorsorgeleistungen als Aufwendungen für ihre Altersvorsorge abziehen. Denn sie hat bereits das Vermögen als solches für die Altersvorsorge eingesetzt, und damit mehr als 4 % ihres Vorjahresbruttoeinkommens (Höchstförderungssatz für sog. „Riester-Renten“). Der darüber hinausgehende Einsatz auch der erzielten Zinseinkünfte stellt vor diesem Hintergrund keine noch als angemessen zu bewertende Altersvorsorge dar. Damit sind die realistischerweise erzielbaren Zinsen auch aus der fest angelegten Summe als Einkünfte anzusetzen.

Dasselbe gilt hinsichtlich des verbleibenden Restbetrages. Hinsichtlich der Höhe der erzielbaren Zinsen setzt der Senat auf der Grundlage der vorherrschenden Situation am Kapitalmarkt, die sich auch in der tatsächlich getätigten Anlage der 20.000,00 Euro durch die Antragsgegnerin spiegelt, Zinserträge in Höhe von 2,00 Prozent p. a. an, so dass sich ein Monatsbetrag von (2,0 % x 67.504,27 Euro = 1.350,09 Euro / 12 =) 112,51 Euro ergibt. Auf Seiten der Antragsgegnerin ist daher der Betrag von 1.191,72 Euro in die Bedarfsberechnung einzustellen.

f) Damit kann die Antragsgegnerin von ihrem Bedarf von 1.475,24 Euro 1.191,72 Euro aus eigener Kraft decken, so dass sich ein höherer Anspruch als 478,00 Euro nicht ergibt.

3. Soweit sich die Beschwerde gegen die vom Amtsgericht vorgenommene Befristung des Unterhaltsanspruches richtet, ist sie unbegründet. Der Unterhaltsanspruch ist nach § 1578 b Abs. 2 BGB zeitlich zu begrenzen. Ein unbefristeter Unterhaltsanspruch wäre unbillig. Die Kriterien der Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist vorrangig das Auftreten ehebedingter Nachteile zu berücksichtigen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Der Unterhaltspflichtige, der sich auf eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der hierfür sprechenden Umstände, somit grundsätzlich auch dafür, dass keine ehebedingten Nachteile eingetreten sind. Da es sich hierbei um eine negative Tatsache handelt, trifft den Unterhaltsberechtigten eine sekundäre Darlegungslast. Hiernach muss dieser die Behauptung des Pflichtigen, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten. Er ist gehalten, seinerseits darzulegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen (BGH FamRZ 2013, 248).

Die Antragsgegnerin kann sich nicht auf ehebedingte Nachteile berufen. Der nacheheliche Unterhalt beinhaltet einen Nachteilsausgleich, solange und soweit der Bedürftige infolge der in der Ehe praktizierten Rollenverteilung nicht ausreichend für den eigenen Unterhalt sorgen kann (BT-Drucks. 16/1830, Seite 18). Der Antragsteller hat vorgetragen, aufgrund ihrer Erwerbsbiografie bestünden bei der Antragsgegnerin weder ehebedingte Nachteile, noch sprächen sonstige Gründe gegen eine zeitliche Begrenzung eines Unterhaltsanspruchs. Dies hat die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer sekundären Darlegungspflicht nicht widerlegt. Dass die Antragsgegnerin noch gegenwärtig fortwirkende Erwerbsnachteile durch die in der Ehe praktizierte Aufgaben- und Rollenverteilung erlitten hätte, kann der Senat ebenso wenig feststellen, wie Gründe der nachehelich geschuldeten Solidarität, die einen unbefristeten Unterhaltsanspruch rechtfertigen würden.

a) Die Antragsgegnerin war ungeachtet der Betreuung der beiden 1979 und 1982 geborenen Kinder seit 1976 durchgehend als Schreibkraft, Unteroffizierin auf Zeit und Sachbearbeiterin jedenfalls teilschichtig tätig. Soweit sie von September 1994 bis März 1995 arbeitslos war, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dies mit der ehelichen Rollenverteilung im Zusammenhang gestanden oder berufliche Nachteile verursacht hätte. Soweit sie sich auf ihre nur in Teilschicht ausgeübten Tätigkeiten beruft, ist ebenfalls nicht vorgetragen oder erkennbar, dass sich dies aktuell auf dem Arbeitsmarkt noch nachteilig für sie auswirken könnte oder umgekehrt formuliert, dass sie – vollschichtige Tätigkeiten unterstellt – in ihrem Beruf im Hinblick auf das Einkommen erfolgreicher wäre.

b) Aus ihrem Vortrag zur ehebedingt abgebrochenen NVA-Karriere ergibt sich nichts anderes. Insoweit fehlt es trotz des in erster Instanz erteilten Hinweises (Bl. 192 f. d. A.) an substantiiertem Vortrag zu der Frage, welchen Dienstgrad sie bei normalem Verlauf oder auch unter Ausnutzung möglicher Karrierechancen heute erreicht hätte (zumal es gerichtsbekannt ist, dass in der NVA ohne Abitur grundsätzlich nur die Unteroffizierslaufbahn möglich war) und mit welchem Verdienst dann heute zu rechnen wäre. Damit ist auch nicht ersichtlich, ob ihre Einkünfte im Falle eines ungestörten Fortganges ihrer Laufbahn heute höher wären, als die bei gehöriger Anstrengung in ihrem erlernten und ausgeübten Beruf von ihr jetzt erzielbaren Einkünfte, und ob der Einkommensunterschied uneinholbar ist.

c) Darin, dass die „Westkontakte“ des Antragstellers einer Tätigkeit der Antragsgegnerin bei der Deutschen Volkspolizei entgegen gestanden hätten, liegt kein ehebedingter Nachteil im Sinne des § 1578 b BGB. Hierbei handelte es sich vielmehr allenfalls um ein Karrierehindernis, das in der damaligen politischen Lage in der früheren DDR und weder in der Person des Antragstellers begründet war, noch in der tatsächlich praktizierten ehelichen Aufgabenverteilung, so dass dieser Umstand, der mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einer aufstrebenden Laufbahn in der NVA entgegengestanden hätte, keinen ehebedingten Nachteil im Sinne des § 1578 b BGB begründet. Denn hierunter sind vornehmlich solche Einbußen zu verstehen, die sich aus der ehelichen Rollenverteilung (§ 1356 BGB) ergeben, nicht aber aus sonstigen Umständen (BGH FamRZ 10, 1414 Tz 18; 11, 188 Tz. 20; 13, 1291 Tz 20). Voraussetzung ist ein Kausalzusammenhang zwischen Lebensführung und Erwerbsnachteilen, der Nachteil muss sich aus der Ehegestaltung (Rollenverteilung) ergeben (Brudermüller in Palandt, BGB, 73. A., § 1578 b Rn 3).

d) Ein unbefristeter oder längerfristig bemessener Unterhaltsanspruch erscheint auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Falles unbillig. Auch das Maß der von dem Unterhaltspflichtigen geschuldeten nachehelichen Solidarität vermag einen fortdauernden Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zu begründen. Bei der insoweit gebotenen Abwägung sind insbesondere die in § 1578 b Abs. 1 S. 3 BGB genannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen, also die Dauer der Kindererziehung, die Gestaltung der Haushaltsführung und die Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie die Dauer der Ehe (BGH FamRZ 2013, 860; 2011, 875; 713).

Die lange Ehedauer rechtfertigt keinen fortdauernden Unterhaltsanspruch. Die lange Dauer einer Ehe gewinnt im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsabwägung durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch die Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (BGH FamRZ 2011, 713). Hier war die Antragsgegnerin ungeachtet der Rollenverteilung im Übrigen nahezu durchgehend erwerbstätig, von 1986 bis 1994, als die Kinder zwischen vier und 15 Jahren alt waren, vollschichtig. Im Hinblick auf diese Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit waren die Lebensverhältnisse der Eheleute nicht so eng miteinander verknüpft, dass hierdurch das Maß der nachehelich geschuldeten Solidarität so wesentlich berührt würde, dass ein unbefristeter Unterhaltsanspruch billig erschiene. Die bestehende Einkommensdifferenz beruht auf dem unterschiedlichen Qualifikationsniveau der Ehegatten, nicht auf einer fortwirkenden wirtschaftlichen Verflechtung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 150 Abs. 4 1 FamFG, die Wertfestsetzung auf den §§ 55 Abs. 2, 50 Abs. 1 S. 2, 51 Abs. 1 FamGKG, wobei auf die Folgesache Versorgungsausgleich 1.000,00 Euro und die Folgesache Ehegattenunterhalt (825-478)= 347 Euro x 12 = 4.164 Euro entfallen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor.