I.
Im Beweisaufnahmetermin am 01.07.2009 hat das Amtsgericht die Zeuginnen K und R vernommen. Die Vernehmung einschließlich der an die Zeuginnen gestellten Fragen ist unmittelbar und fortlaufend auf Tonträger aufgezeichnet worden; dies ist im Protokoll vermerkt worden.
Mit Schriftsatz vom 01.07.2009 hat der Kläger beantragt, das Protokoll um den gesamten Aussageinhalt der Zeuginnen zu ergänzen und die Aussage in Reinschrift zu übertragen. Das Amtsgericht hat daraufhin am 17.07.2009 eine ergänzte Protokollfassung gefertigt, wegen deren Inhalt auf Bl. 82 bis 99 d. A. Bezug genommen wird. Die an die Zeuginnen gerichteten Fragen sind in dieser Fassung nur teilweise enthalten; im Übrigen ist vor der Aussage jeweils vermerkt: "Auf Frage:". Eine Passage der Vernehmung der Zeugin R ist beispielsweise wie folgt protokolliert:
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"Auf Frage: Nein. |
Auf Frage: Genau. |
Auf Frage: Wie, wessen Versicherung?" |
Am 24.07.2009 hat das Amtsgericht ein klageabweisendes Urteil verkündet; der Rechtsstreit ist derzeit in der Berufungsinstanz (Aktenzeichen 1 S 151/09) beim Landgericht Cottbus anhängig.
Mit Schriftsatz vom 28.09.2009 hat der Kläger gegenüber dem Amtsgericht beantragt, das Protokoll der Verhandlung vom 01.07.2009 dahingehend zu berichtigen, dass der gesamte Inhalt der vom Gericht vorgenommenen vorläufigen Aufzeichnung in das Protokoll übertragen wird. Er ist der Ansicht, der Inhalt der Antworten der Zeuginnen erschließe sich teilweise nicht, weil die Fragen nicht mit in das Protokoll aufgenommen worden seien.
Das Amtsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 09.10.2009 (Bl. 157 d. A.) abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch auf Übertragung der Fragen an die Zeuginnen bestehe nicht, da nach dem eindeutigen Wortlaut des § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO nur die Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO, das heißt die Aussagen der Zeugen, zu übertragen seien. Die Übertragung auch der Fragen liefe auf ein vollständiges Wortprotokoll hinaus, worauf die Parteien keinen Anspruch hätten. Die Beschränkung des Protokollinhaltes auf die Fragen beeinträchtige keine Verfahrensrechte der Parteien. Diese könnten das gesamte Protokolldiktat abhören.
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger mit dem am Tage seiner Abfassung beim Amtsgericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz vom 19.10.2009 Beschwerde eingelegt, die er mit weiteren Schriftsätzen vom 03.11.2009 und 18.11.2009 begründet hat. Darin verweist der Kläger – nach Abhören des Tonträgers durch seinen Prozessbevollmächtigten – unter anderem darauf, dass ein Teil der nicht übertragenen Fragen an die Zeuginnen gut zu verstehen sei. Wegen der weitergehenden Beschwerdebegründung wird auf die vorgenannten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Es hält das Rechtsmittel unter Hinweis auf § 160 Abs. 4 ZPO bereits für unzulässig. Außerdem verweist die Vorinstanz darauf, dass der Übertragung von Fragen des Gerichts oder der Parteien tatsächliche Schwierigkeiten entgegen stünden. Die Akustik im Gerichtssaal sei ungünstig, weshalb die Fragen zum Teil akustisch überlagert seien. Daher seien, wie im Protokoll vermerkt, selbst die Antworten der Zeuginnen an einigen Stellen nicht verständlich. Überdies fehle es regelmäßig an einer konkreten Fragestellung der Prozessbeteiligten.
Die Kammer hat die Tonträgeraufzeichnung der Beweisaufnahme vom 01.07.2009 beigezogen und angehört.
II.
1.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Der Kläger hat eine amtsgerichtliche Entscheidung angefochten, die eine mündliche Verhandlung nicht erfordert hat und mit der ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Das Amtsgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 09.10.2009 den Antrag des Klägers nach § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO auf Ergänzung des Protokolls vom 01.07.2009 um den gesamten Inhalt der auf Tonträger vorläufig aufgezeichneten Beweisaufnahme zurückgewiesen. Der Erlass dieser Entscheidung bedurfte keiner mündlichen Verhandlung.
Die Auffassung des Amtsgerichts, der Beschluss vom 09.10.2009 sei gemäß § 160 Abs. 4 Satz 3 ZPO unanfechtbar, ist nicht zutreffend. Während § 160 Abs. 4 ZPO das Verfahren über einen im Rahmen der mündlichen Verhandlung oder der Beweisaufnahme gestellten Antrag auf Aufnahme bestimmter Vorgänge und Äußerungen in das Protokoll regelt, betrifft die hier beschwerdegegenständliche Entscheidung die Übertragung einer bereits vorgenommenen vorläufigen Tonträgeraufzeichnung in das schriftliche Protokoll. Diese Sachverhalte sind nicht vergleichbar. Eine entsprechende Anwendung der in § 160 Abs. 4 Satz 3 ZPO normierten Beschränkung des Instanzenzuges auf das Protokollergänzungsverfahren nach § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO ist nicht geboten. Insbesondere hindert die Möglichkeit der Anfechtung eines Beschlusses zur Protokollergänzung regelmäßig nicht den Fortgang der mündlichen Verhandlung.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist auch nicht nach den für die Entscheidung über eine Berichtigung des Protokolls geltenden Grundsätzen (vgl. BGH MDR 2005, 46; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 164 Rn. 11 m. w. N.) unstatthaft. Zwar hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28.09.2009 die "Berichtigung" des Protokolls vom 01.07.2009 beantragt. Dabei handelt es sich indes um eine unschädliche Falschbezeichnung. Aus dem Schriftsatz geht unzweifelhaft hervor, dass der Kläger die – gegenüber der vom Amtsgericht erstellten Fassung – weitergehende Ergänzung des Protokolls nach § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO begehrte und keine Berichtigung nach § 164 ZPO. Die Beurteilung einer solchen Ergänzung ist dem Beschwerdegericht, anders als bei der sachlichen Prüfung des Protokollinhaltes im Rahmen einer Berichtigung, auch möglich, da es nicht auf die Anwesenheit im Termin, sondern auf die Tonträgeraufzeichnung und das schriftliche Protokoll ankommt, die der Kammer als Beurteilungsgrundlagen zur Verfügung stehen.
Das Rechtsmittel des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdefrist nach § 569 Abs. 1 ZPO ist mangels Zustellung oder Verkündung der Entscheidung nicht in Gang gesetzt worden. Überdies ist die sofortige Beschwerde innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des angegriffenen Beschlusses eingelegt worden.
2.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht die vollständige Ergänzung des Protokolls der Beweisaufnahme vom 01.07.2009 um sämtliche an die Zeuginnen K und R gerichteten, vorläufig auf Tonträger aufgezeichneten Fragen abgelehnt.
Nach § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO ist das Protokoll der Beweisaufnahme auf den bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gestellten Antrag einer Partei oder auf Anforderung des Rechtsmittelgerichts um die mit einem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichneten Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO zu ergänzen. Zu den Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO gehören unter anderem die Aussagen der Zeugen.
Vorliegend hat der Kläger vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens einen Antrag auf Ergänzung des Protokolls um die vollständige Aufzeichnung der Vernehmung der Zeuginnen K und R gestellt.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist mit der bisher erstellten Fassung des Protokolls keine vollständige Ergänzung nach § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO erfolgt. Das Amtsgericht hat die an die Zeuginnen gerichteten Fragen teilweise nicht vom Tonträger in das schriftliche Protokoll übertragen. Die einem Zeugen gestellten Fragen gehören aber zu den Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO, um die das Protokoll zu ergänzen ist (offen gelassen mit Tendenz zur Protokollierungspflicht in BVerwG, Beschluss vom 22.09.1987, 6 B 22/87, juris).
Zwar scheint der Gesetzeswortlaut "Aussagen der Zeugen" darauf hinzudeuten, dass lediglich das vom Zeugen gesprochene Wort zu übertragen ist. Ein solches Verständnis würde indes dem Sinn und Zweck der Regelung des § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht gerecht. Die Ergänzung des Protokolls um die zunächst nur auf Tonträger aufgezeichneten Angaben des Zeugen dient zum einen dazu, den Parteien eine Prüfung der Beweiswürdigung des Gerichts in seiner Entscheidung und gegebenenfalls Angriffe gegen die Tatsachenfeststellung des Erstgerichts im Rahmen des Berufungsverfahrens zu ermöglichen. Zum anderen ist das Berufungsgericht ohne eine Vernehmungsniederschrift häufig nicht in der Lage zu prüfen, ob die Beweisaufnahme erschöpfend war und die Urteilsgründe in Übereinstimmung mit den Zeugenaussagen stehen (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O., § 529 Rn. 7). Diese Funktionen kann das Protokoll jedoch regelmäßig nur dann erfüllen, wenn auch die Fragen an den Zeugen darin festgehalten sind. Nur dann erschließt sich zumeist, in welcher Weise durch welchen Verfahrensbeteiligten ein Zeuge zu welchem Sachverhalt befragt worden ist, was wiederum Rückschlüsse sowohl auf das eigene Wissen des Zeugen als auch auf seine Glaubwürdigkeit zulässt. Werden zudem einem Zeugen – wie häufig anzutreffen - geschlossene Fragen in Form von Entscheidungsfragen (Antwortmöglichkeiten: ja, nein oder doch) oder Paraphrasierungsfragen (Habe ich sie richtig verstanden, dass...) gestellt, ist ohne Kenntnis der Frage ein Verständnis der Antwort des Zeugen zumeist nicht möglich. Der durch den Zeugen bestätigte oder verneinte Sachverhalt ist in diesen Fällen bereits in der Frage enthalten.
Im vorliegenden Fall wird die Notwendigkeit der Aufnahme der Fragen in das Protokoll durch die oben unter Ziffer I. zitierte Passage aus der Vernehmung der Zeugin R deutlich. Die Antworten der Zeugin sind für sich genommen unverständlich und ermöglichen weder den Parteien noch dem Berufungsgericht eine Prüfung im Zusammenhang mit dem Urteil vom 24.07.2009.
Im Übrigen steht die durch das Amtsgericht vertretene Ansicht, die den Zeuginnen gestellten Fragen seien nicht in das Protokoll zu übertragen, mit der eigenen Handhabung im ergänzten Protokoll nicht in Übereinstimmung. Auf den Antrag des Klägers hat das Amtsgericht das Protokoll nämlich nicht nur um die Antworten der Zeuginnen K und R, sondern auch um einen Teil der Fragen ergänzt. Nach welchen Kriterien die Fragen entweder vom Tonträger übernommen oder nicht übertragen wurden hat das Amtsgericht allerdings nicht dargelegt und erschließt sich auch anderweitig nicht. Die uneinheitliche Verfahrensweise ist jedenfalls nicht auf die fehlende akustische Verständlichkeit einiger Fragen zurückzuführen. Ebenso wie der Klägervertreter hat sich auch das Beschwerdegericht durch Anhören des Tonträgers davon überzeugt, dass mindestens ein Teil der nicht in das Protokoll übertragenen Fragen deutlich zu verstehen ist.
Soweit das Amtsgericht auf technische Schwierigkeiten bei der Aufnahme der Vernehmung der Zeuginnen abgestellt hat, betrifft dies die Aufzeichnung der Aussagen auf den Tonträger, während es hier um die Übertragung der vorläufigen Aufzeichnung in das Protokoll geht. Es versteht sich von selbst, dass das Amtsgericht das Protokoll nur um dasjenige ergänzen kann, was zuvor auch in übertragbarer Form, also verständlich, aufgezeichnet worden ist. Sollten Passagen der Tonträgeraufzeichnung akustisch nicht zu verstehen sein, kann dies unter Umständen in der Berufungsinstanz Bedeutung erlangen (vgl. BVerwG a.a.O.), berechtigt das Amtsgericht aber nicht zur Ablehnung der Übertragung verständlich aufgezeichneter Abschnitte der Zeugenvernehmung.
Auch die weiteren Argumente des Amtsgerichts vermögen die Kammer nicht zu überzeugen. Ein Verweis der Parteien auf die Möglichkeit des Abhörens der Fragen in der Tonträgeraufzeichnung im Rahmen einer Akteneinsicht verbietet sich angesichts der zwingenden gesetzlichen Anweisung zur Ergänzung des Protokolls in § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO und würde zu einer unpraktischen Zerstückelung der Wiedergabe der Zeugenvernehmung führen. Soweit das Amtsgericht außerdem unter Zitierung von Zöller/Stöber, a.a.O., § 160a Rn. 3 meint, die Parteien hätten keinen Anspruch auf ein vollständiges Wortprotokoll, betrifft die Kommentarstelle ersichtlich und richtigerweise das zusammenfassende Diktat einer Zeugenaussage in das Protokoll durch das Gericht. Wenn sich das Gericht - wie hier das Amtsgericht – jedoch dafür entscheidet, die Aussage des Zeugen ausschließlich durch einen Mitschnitt zu dokumentieren, ist nach entsprechender Antragstellung einer Partei oder Anforderung durch das Rechtsmittelgericht eine wörtliche Ergänzung des Protokolls unvermeidlich.
Das Amtsgericht hat nach alldem sein Protokoll vom 01.07.2009 um die noch nicht aufgenommenen Fragestellungen zu ergänzen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Kosten der erfolgreichen Beschwerde im Zwischenverfahren auf Protokollergänzung sind solche des Rechtsstreits.
Die Rechtsbeschwerde wird nach § 574 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen, da die Problematik der Ergänzung des Protokolls um die auf Tonträger aufgezeichneten Fragen grundsätzliche Bedeutung hat.