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Übernahme (zukünftiger) Fahrkosten - Krankentransport


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 9. Der Senat Entscheidungsdatum 20.10.2011
Aktenzeichen L 9 KR 212/11 B ER ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 15 SGB 5, § 60 SGB 5

Leitsatz

Einem Versicherten steht ohne eine (ordnungsgemäße) vertragsärztliche Verordnung bzw. vor einer solchen Verordnung (noch) kein Anspruch auf eine begehrte Krankentransportleistung bzw. die Kostenübernahme hierfür zu. Dies gilt auch für zukünftige Transportleistungen. Ein Anspruch auf Fahrkosten zur ambulanten Behandlung setzt mindestens voraus, dass ein Versicherter seine Krankenkasse von der medizinischen Notwendigkeit des Transports mit einem bestimmten Fahrzeug und der erforderlichen Transportfrequenz nach vertragsärztlicher Verordnung in Kenntnis setzt und ihr damit die Möglichkeit einräumt, über diesen Anspruch vor der Inanspruchnahme der Transportleistung zu entscheiden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juni 2011 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin durch den vorgenannten Beschluss im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, vorläufig die Kosten des Krankentransports der Antragstellerin zur ambulanten Behandlung im Schmerzzenztrum B mittels eines Krankentransportwagens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch bis zum 31. Oktober 2011 zu übernehmen. Im Übrigen hat es den Antrag der Antragstellerin, darauf zu erkennen, dass der Antragstellerin Krankentransport gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) als dauerhaft von der Antragsgegnerin zu gewährende Sachleistung zusteht, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Kosten des Krankentransports - vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache - von der Hand hält sowie die durch die außergerichtliche Tätigkeit ihres Verfahrensbevollmächtigten entstandenen Kosten für erforderlich zu erklären, zurückgewiesen. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin dagegen, dass das Sozialgericht ihren Antrag auf Übernahme der Krankentransporte aus Anlass sonstiger ambulanter Behandlungen vollständig abgewiesen habe und macht geltend, dass ihr ein Anspruch auf Krankentransportleistungen mit einem Krankentransportwagen auf Grund weiterer ärztlicher Verordnungen zustehe, wenn solche Verordnungen vorgelegt würden.

Soweit das Sozialgericht die von der Antragstellerin erstinstanzlich gestellten Anträge abgelehnt hat, ist der Beschluss nicht zu beanstanden. Denn die Antragstellerin hat für ihr Begehren keinen Anordnungsanspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Insbesondere steht ihr für das mit der Beschwerde nunmehr ausschließlich geltend gemachte Begehren auf Übernahme weiterer Krankentransportleistungen zu ambulanten Behandlungen nach einer Vorlage entsprechender ärztlicher Verordnungen derzeit kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch nach dem SGB V zu.

1.) Nach § 60 Abs. 1 SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB V festgelegt hat.

2.) Ein Anspruch auf Kostenübernahme für Krankentransportleistungen setzt darüber hinaus eine entsprechende vertragsärztliche Verordnung voraus. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB V wird die ärztliche Behandlung von Ärzten erbracht. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie grundsätzlich nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden. Nach § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V umfasst die vertragsärztliche Versorgung auch die Verordnung von Krankentransporten; schon nach dem Wortlaut der Vorschrift ist danach eine ärztliche Verordnung auch für die Versorgung mit Krankentransporten erforderlich. Erst durch die vertragsärztliche Verordnung wird das der Versicherten durch §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 60 SGB V gewährte Rahmenrecht auf Versorgung mit Krankentransportleistungen zu einem Anspruch auf die Kostenübernahme für die Benutzung des vom Vertragsarzt bestimmten Fahrzeugs in dem von ihm bestimmten Umfang konkretisiert. Daraus folgt, dass der Versicherten ohne eine (ordnungsgemäße) vertragsärztliche Verordnung bzw. vor einer solchen Verordnung (noch) kein Anspruch auf die begehrte Krankentransportleistung bzw. die Kostenübernahme hierfür zusteht (so allgemein zum Anspruch des Versicherten für alle krankenversicherungsrechtlichen Leistungen: BSG, 1. Senat, Urteil vom 9. Juni 1998, B 1 KR 18/96 R [Kunsthoden] sowie für die Arzneimittelversorgung auch 3. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 3 KR 13/08 R, jeweils zitiert nach juris). Dies schließt es leistungsrechtlich aus, die Kostenübernahme für Krankentransportleistungen zuzusprechen, bevor eine ärztliche Verordnung vorliegt, aus der sich die zwingende medizinische Notwendigkeit der Benutzung eines bestimmten Fahrzeuges und die erforderliche Frequenz der Transportfahrten ergeben. Dies gilt auch für zukünftige Transportleistungen. Der für die Vertragsärzte gemäß § 34 Bundesmantelvertrag/Ärzte verbindliche Vordruck für die Verordnung einer Krankenbeförderung (Muster 4 der Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung) sieht entsprechende Feststellungen/Anordnungen des Vertragsarztes auch für zukünftige Krankenfahrten ausdrücklich vor.

3.) Darüber hinaus kommt eine gerichtliche Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme von Kosten für Krankentransportleistungen zu ambulanten Behandlungen grundsätzlich erst nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse in Betracht (Urteil des Senats vom 13. April 2011, L 9 KR 189/08, zitiert nach juris). Ein Anspruch auf Fahrkosten zur ambulanten Behandlung setzt deshalb mindestens voraus, dass die Versicherte die Krankenkasse von der medizinischen Notwendigkeit des Transports mit einem bestimmten Fahrzeug und der erforderlichen Transportfrequenz nach vertragsärztlicher Verordnung in Kenntnis setzt und ihr damit die Möglichkeit einräumt, über diesen Anspruch vor der Inanspruchnahme der Transportleistung zu entscheiden. Daran fehlt es hier ebenfalls, so dass auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht gegeben sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundssozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).