Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 60. Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) | Entscheidungsdatum | 10.04.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 60 PV 13.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 74 PersVG BE, § 73 BPersVG, § 77 Abs 6 BetrVG, § 4 Abs 5 TVG |
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. April 2013 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Im Streit ist die Weitergeltung einer gekündigten Dienstvereinbarung.
Am 24. Januar 2011 schlossen die Berliner Bäder-Betriebe Anstalt des öffentlichen Rechts und ihr Personalrat die „Dienstvereinbarung Arbeitszeit in der Verwaltung der Berliner Bäder-Betriebe (Flexible Arbeitszeitregelung)“ - DV Flex, die am 1. März 2011 in Kraft getreten ist. Nach § 12 Nr. 2 DV Flex ist die Dienstvereinbarung mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Quartals kündbar. Mit Schreiben vom 23. Mai 2012 machte der Antragsteller von seinem Kündigungsrecht Gebrauch und kündigte die DV Flex mit Wirkung zum 30. September 2012 mit der Begründung, dass die Vereinbarung seiner Ansicht nach aufgrund des tatsächlichen Betriebsablaufs nicht eingehalten werden könne. Es liefen zu viele Zeitguthaben auf, die nicht abgearbeitet werden könnten. Der Beteiligte bestätigte die Kündigung unter dem 6. Juni 2012 und fügte an: Eine Nachwirkung der DV Flex sei zwar nicht vereinbart worden, aufgrund der aktuellen Rechtslage gehe er jedoch von einer Nachwirkung aus. Dem widersprach der Antragsteller mit Schreiben vom 20. Juni 2012: Er habe die DV Flex seinerzeit nur abgeschlossen, weil eben keine Nachwirkung vereinbart worden sei. Die erste Dienstvereinbarung - mit vereinbarter Nachwirkung - sei mit Wirkung vom 30. April 2004 gekündigt worden. Erst nach einer Einigungsstellenverhandlung am 24. Februar 2011 habe eine Einigung erzielt werden können. Um genau diesen jahrelangen Schwebezustand auszuschließen, sei eine Nachwirkung weder vereinbart noch beabsichtigt gewesen. Es sei nun Sache der Dienststelle, unverzüglich in Verhandlungen einzutreten oder nach den tarif- oder personalvertretungsrechtlichen Vorgaben zu verfahren. Unter dem 29. August 2012 forderte der Antragsteller den Beteiligten auf, die Mitbestimmungsverfahren zu Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, zur Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage sowie bei der Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden einzuleiten und mitzuteilen, wie die Minus- und Pluszeiten der Beschäftigten aus der Zeit der alten DV Flex ausgeglichen werden könnten. Dem entgegnete der Beteiligte unter dem 4. September 2012, die DV Flex wirke entsprechend § 77 Abs. 6 BetrVG nach, weil Gegenstand der Dienstvereinbarung eine Materie sei, bezüglich derer der Personalrat ein uneingeschränktes Mitbestimmungsrecht habe. Dem vermochte der Antragsteller weiterhin nicht zu folgen und stellte unter dem 5. September 2012 einen Initiativantrag zur Arbeitszeit in der Verwaltung der Berliner Bäder-Betriebe.
Am 24. Januar 2013 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und vorgetragen: Das Berliner Personalvertretungsgesetz enthalte keine Regelung über eine Nachwirkung von Dienstvereinbarungen und eine solche sei auch nicht vereinbart worden.
Der Antragsteller hat beantragt
festzustellen, dass die Dienstvereinbarung „Arbeitszeit in der Verwaltung der Berliner Bäder-Betriebe (Flexible Arbeitszeitregelung)“ vom 24. Januar 2011, in Kraft getreten am 1. März 2011, seit dem 1. Oktober 2012 nicht nachwirkt.
Der Beteiligte hat zur Begründung seines Zurückweisungsantrags ausgeführt: Das Berliner Personalvertretungsgesetz regle die Nachwirkung von Dienstvereinbarungen ebenso wenig wie z.B. das Bundespersonalvertretungsgesetz. Die insoweit bestehende Regelungslücke sei durch analogen Rückgriff auf Regelungen über die Nachwirkung von Dienstvereinbarungen in anderen Bundesländern, wie z.B. § 83 Abs. 2 Satz 2 HmbPersVG, bzw. über die Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen im Betriebsverfassungsrecht nach § 77 Abs. 6 BetrVG zu schließen. Jedenfalls sei eine derartige Nachwirkung in der streitgegenständlichen Dienstvereinbarung selbst geregelt. Zwar fehle eine ausdrückliche Klausel. Den entsprechenden Willen der Vertragsparteien könne man aber aus den Umständen des Vertragsschlusses ableiten. Ursprünglich sei nämlich in dem Entwurf des Antragstellers eine ausdrückliche Regelung über den Ausschluss einer Nachwirkung enthalten gewesen. Diese sei in den Verhandlungen dann gestrichen worden, woraus man ersehen könne, dass die Parteien die Nachwirkung gewollt hätten.
Mit Beschluss vom 10. April 2013 hat das Verwaltungsgericht Berlin die beantragte Feststellung getroffen. In den Gründen heißt es: Die DV Flex entfalte über den 30. September 2012 hinaus keine Rechtswirkungen. Eine Nachwirkung folge zunächst nicht aus dem Berliner Personalvertretungsgesetz. Denn es enthalte zu dieser Frage unstreitig keine Regelung. Die Annahme einer Nachwirkung lasse sich aber auch nicht auf die Rechtsfigur der Analogie stützen. Schon eine planwidrige Lücke sei nicht erkennbar. Diese würde nämlich voraussetzen, dass dem Gesetz oder seiner Begründung ein erkennbarer Regelungsplan entnommen werden könnte, an dem gemessen sich die getroffene gesetzliche Regelung als unvollständig und damit ergänzungsbedürftig darstelle. Das Gericht entnehme den Vorschriften des Berliner Personalvertretungsgesetzes lediglich den Regelungsplan, die Vertragsfreiheit von Dienststellenleitung und Personalrat in personalver-tretungsrechtlichen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze und außerhalb bestimmter Regelungsmaterien anzuerkennen. Der Gesetzgeber habe auch die Regelung der Frage, was am Ende einer Dienstvereinbarung rechtlich gelte, alleine in die Hände der Vertragsparteien gelegt. Dafür, dass es keinen über die Anerkennung von Vertragsfreiheit hinaus reichenden Regelungsplan gegeben habe und gebe, spreche weiter, dass die vermeintliche Regelungslücke seit langem bekannt sei und der Gesetzgeber das Berliner Personalvertretungsgesetz mehrfach geändert habe, ohne insoweit eine Neuregelung zu verfügen. Auch hätten die Parteien der Dienstvereinbarung in dieser selbst keine Nachwirkung vereinbart. Hierfür spreche zunächst das unstreitige Fehlen einer ausdrücklichen Regelung im Vertragstext. Einer ergänzenden Vertragsauslegung stehe schon das Schriftformerfordernis entgegen. Damit unvereinbar wäre eine ergänzende Vertragsauslegung, die Inhalte zum Vertragsgegenstand machte, für die es - wie hier - in der Formulierung der Vereinbarung noch nicht einmal gewisse Anhaltspunkte gebe. Zudem könne sich die Kammer auch nicht davon überzeugen, dass die Parteien der Dienstvereinbarung eine Nachwirkung tatsächlich vereinbaren wollten.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Beteiligten, die er wie folgt begründet: Sei die Nachwirkung einer Dienstvereinbarung nicht verabredet worden, sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts danach zu unterscheiden, ob es sich um eine (durch Mitbestimmung) „ersetzbare“ oder um eine „freiwillige“ Dienstvereinbarung handele. Bei ersetzbaren Dienstvereinbarungen sei eine Nachwirkung anzunehmen. Es bestehe insoweit eine planwidrige Regelungslücke im Berliner Personalvertretungsgesetz wie auch im Personalvertretungsgesetz des Bundes. Denn weder der Bundesgesetzgeber noch der Berliner Gesetzgeber hätten sich mit der steigenden Bedeutung der Nachwirkung von Dienstvereinbarungen auseinandergesetzt. Einer konkreten Bestimmung zur Nachwirkung habe es ursprünglich nicht bedurft, weil die Dienstvereinbarung für den öffentlichen Dienst eine erheblich geringere Bedeutung gehabt habe als die Betriebsvereinbarung für die Privatwirtschaft. Heute aber sei der öffentliche Dienst nicht vom Beamtentum, sondern von der Tarifbeschäftigung geprägt, sodass Dienstvereinbarungen heute eine größere Bedeutung hätten. Deshalb sei die Nachwirkungsregelung im Betriebsverfassungsgesetz ihrem Grundgedanken nach auch auf das Berliner Personalvertretungsgesetz anzuwenden, weil ein Grund für eine Ungleichbehandlung nicht ersichtlich sei. In Anbetracht der langwierigen Mitbestimmungsverfahren sei eine Nachwirkung sachgerecht, damit in der Zeit bis zur Einigung eine Regelung zur Verfügung stehe. Die Nachwirkung verhindere zudem, dass der Dienststellenleiter es jederzeit in der Hand habe, durch Kündigung der Dienstvereinbarung die Interessen der Beschäftigten zu missachten. Im Übrigen, so behauptet der Beteiligte unter Beweisangebot, ergäben die Gesamtumstände des Abschlusses der fraglichen Dienstvereinbarung, dass die Parteien eine Nachwirkung vereinbart hätten. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Schriftformerfordernis träfen zwar zu, aber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts komme es bei der Auslegung von Dienstvereinbarungen und Tarifverträgen nicht allein auf den Wortlaut an. Vielmehr sei der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen, wenn er in den Vorschriften seinen Niederschlag gefunden habe. Das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass die Parteien einen Ausschluss der Nachwirkung hätten vereinbaren wollen, dann aber die Dienstvereinbarung ohne einen solchen Ausschluss abgeschlossen hätten. Daraus sei zu schließen, dass eine Nachwirkung vereinbart worden sei. Es werde bestritten, dass sich die Parteien bei Abschluss der DV Flex darauf verständigt hätten, die Nichtregelung der Nachwirkung würde lediglich die bestehende Rechtslage nachzeichnen. Die Verhandlungsführerin des Beteiligten, Frau R..., habe darauf bestanden, die Nachwirkung nicht ausdrücklich auszuschließen.
Nachdem beide Verfahrensbeteiligten übereinstimmend erklärt haben, dass seit dem 1. Januar 2014 wieder eine neue Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit in der Verwaltung der Berliner Bäder-Betriebe bestehe, und der Antragsteller daraufhin seinen Antrag auf Feststellung einer fehlenden Nachwirkung der DV Flex auf den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2013 beschränkt hat,
beantragt der Beteiligte,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. April 2013 zu ändern und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und behauptet, Frau W... für die BBB und Herr F... für den Antragsteller als Verhandlungsführer seien sich einig gewesen, dass eine Nachwirkung ausdrücklich nicht gewünscht sei. Dafür spreche u.a. auch, dass der Beteiligte in seinem Entwurf der Dienstvereinbarung, der in der Einigungsstellenverhandlung am 24. Januar 2011 verhandelt worden sei, in den Schlussbestimmungen die Nachwirkung nicht ausdrücklich vorgeschlagen habe. Vielmehr habe er zur Vermeidung eines dienstvereinbarungsfreien Zeitraums ursprünglich vorgesehen, die Kündigungsfrist um sechs Monate verlängern zu lassen, sofern nicht einer der Beteiligten ein konkretes Angebot zur Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss einer neuen Dienstvereinbarung unterbreiten würde. Da vor der Einigungsstelle nicht der Entwurf des Antragstellers verhandelt worden sei, sondern der Entwurf des Beteiligten, handele es sich nicht um ein „Streichen des ausdrücklichen Ausschlusses der Nachwirkung“, sondern lediglich um das Verhandeln eines Entwurfs der Dienststelle, der selbst ihren angeblichen Wunsch nach Nachwirkung mit keinem Wort enthalten habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten samt Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Beteiligten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Feststellungsantrag des Antragstellers zu Recht entsprochen.
Der Feststellungsantrag ist zulässig. Das Interesse des Antragstellers für die im Beschwerdeverfahren zeitlich eingegrenzte Feststellung des Nichtbestehens einer Dienstvereinbarung im Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2013 ist trotz der inzwischen abgeschlossenen neuen Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit in der Verwaltung der Berliner Bäder-Betriebe noch gegeben, weil nach übereinstimmendem Bekunden beider Verfahrensbeteiligten Streit zwischen einigen Beschäftigten und der Dienststelle darüber besteht, ob im fraglichen Zeitraum in der Dienststelle Tarifrecht galt und deshalb z.B. Überstundenvergütung beansprucht werden kann.
Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Beteiligte hat auch im Beschwerdeverfahren nicht aufzuzeigen vermocht, dass die Dienstvereinbarung „Arbeitszeit in der Verwaltung der Berliner Bäder-Betriebe (Flexible Arbeitszeitregelung)“ vom 24. Januar 2011, in Kraft getreten am 1. März 2011, seit dem 1. Oktober 2012 weitergalt. Eine Weitergeltung könnte sich nur aus dem Gesetz oder aus einer Vereinbarung ergeben.
Dienstvereinbarungen sind nach § 74 PersVG Berlin Vereinbarungen zwischen den Parteien der Dienststellenverfassung, die die Arbeitsbedingungen bzw. die Beschäftigungsverhältnisse der Dienstkräfte normativ gestalten. Sie schaffen als Akte dienststelleninterner Rechtssetzung für die Dienststelle und deren Dienstkräfte unmittelbar geltendes Recht in der Weise, dass alle gegenwärtigen und künftigen in der Dienststelle beschäftigten Dienstkräfte vom Dienststellenleiter nach deren Vorschriften behandelt werden müssen (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. September 2004 - BVerwG 6 P 3.04 -, juris Rn. 25). Dienstvereinbarungen sind schriftlich niederzulegen, von beiden Seiten zu unterzeichnen und in geeigneter Weise bekannt zu machen. Sie sind zulässig, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Sie sind in größerem Umfang zulässig als nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz. § 74 PersVG Berlin lässt Dienstvereinbarungen auch in innerdienstlichen Angelegenheiten zu, die nicht durch Mitbestimmungsrechte erfasst sind. Derartige "freiwillige" Dienstvereinbarungen, die dem entsprechenden Institut des Betriebsverfassungsrechts nachgebildet sind, stellen keine unzulässige Erweiterung der Mitbestimmung dar. Denn ihr Abschluss kann durch die Personalräte nicht erzwungen werden (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Oktober 2010 - BVerwG 6 PB 11.10 -, juris Rn. 8).
Im Personalvertretungsgesetz Berlin ist - ebenso wie im Bundespersonalvertretungsgesetz - eine Weitergeltung der Dienstvereinbarung nach Kündigung nicht geregelt, anders als dies etwa in § 4 Abs. 5 TVG für Tarifverträge vorgesehen ist oder in § 77 Abs. 6 BetrVG für Betriebsvereinbarungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann. Dort gelten die Vereinbarungen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Fehlt es an einer solchen Bestimmung, endet nach den allgemeinen Regeln eine Vereinbarung durch Kündigung mit Ablauf des nach der Vereinbarung vorgesehenen Zeitpunkts. Eine Weitergeltung über den vereinbarten Endzeitpunkt hinaus bedürfte einer besonderen Regelung im Gesetz. Ist sie wie hier nicht vorhanden, ist die Weitergeltung grundsätzlich ausgeschlossen.
In der Kommentarliteratur zum Bundespersonalvertretungsrecht wird allerdings überwiegend für eine analoge Anwendung der Weitergeltungsbestimmung in § 77 Abs. 6 BetrVG auf Dienstvereinbarungen in denjenigen Fälle plädiert, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Dienststelle und Personalrat ersetzen kann (vgl. etwa Richardi u.a., BPersVR, 3. Aufl., Rn. 50, unter Hinweis auf die [vermeintlichen] Vorteile für beide Parteien; Altvater u.a., BPersVG, 7. Aufl., Rn. 22 zu § 73, unter Hinweis darauf, dass so verhindert werde, dass der Dienststellenleiter die Wirkung einer gegen seinen Willen zustande gekommenen Dienstvereinbarung einseitig beseitige; Lorenzen u.a., BPersVG, Stand Mai 2014, Rn. 16 zu § 73, ohne Begründung; dagegen soweit ersichtlich nur Fischer/Goeres GKÖD Bd. V K § 73 Rn. 24 und im sonstigen Schrifttum Kunze, PersV 1998, 510 ff., 513, jeweils unter Hinweis darauf, dass für eine Weitergeltung angesichts der nach Kündigung wieder auflebenden Mitbestimmungsrechte kein Bedürfnis bestehe).
Der Senat vermag sich dieser Mehrheitsmeinung nicht anzuschließen. Das Bundesarbeitsgericht hat vor Einführung der Regelung in § 77 Abs. 6 BetrVG zum Parallelfall der Betriebsvereinbarung überzeugend argumentiert, dass mit dem Ablauf einer Betriebsvereinbarung, sei es auf Grund einer Befristung, sei es auf Grund einer Kündigung, die Normenwirkung der Vereinbarung ihr Ende findet. Eine Nachwirkung der Normen, die in einer aufgehobenen oder abgeänderten Betriebsvereinbarung enthalten waren, findet nicht statt, weil die Normen nicht in die Arbeitsverträge „eingegangen“ sind, was dem Wesen der normativen Wirkung widerspricht. Wenn die Partner einer Betriebsvereinbarung nicht mehr der Willen haben, die Normen einer Betriebsvereinbarung weiter gelten zu lassen und sie aufheben, so ist damit ihre Wirkung beendet. Eine Nachwirkung der Betriebsvereinbarung kann auch nicht aus § 4 Abs. 5 TVG gefolgert werden. Diese Bestimmung ordnet für den Tarifvertrag die Nachwirkung ausdrücklich an; es ist aber kein Grund einzusehen, diese Bestimmung auf das Recht der Betriebsvereinbarung zu übertragen, für die es an einer ausdrücklichen entsprechenden Regelung fehlt (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16. März 1956 - GS 1/55 -, juris Rn. 15). Dem ist aus Sicht des Senats nur noch hinzuzufügen, dass für die analoge Anwendung von § 77 Abs. 6 BetrVG nichts anderes gilt als für die analoge Anwendung von § 4 Abs. 5 TVG.
Der Senat teilt darüber hinaus die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es an einer planwidrigen Lücke im Berliner Personalvertretungsgesetz als Voraussetzung eines Analogieschlusses fehlt. § 74 PersVG Berlin entspricht im Wesentlichen den Regelungen in § 51 PersVG Berlin in der Fassung vom 21. März 1957 (GVBl. S. 296) sowie in § 56 PersVG Berlin in der bis zum 1. September 1974 geltenden Fassung vom 22. Juli 1968 (GVBl. S. 1004). Keine dieser Vorläufervorschriften enthielt eine Regelung zur Weitergeltung oder Nachwirkung von Dienstvereinbarungen (deshalb eine „Nachwirkung“ ablehnend Ilbertz, PersVG Berlin, 2. Aufl., 1984, Rn. 16 zu § 74, und Daniels, PersVG Berlin, 2. Aufl., Rn. 8 zu § 74). Der Gesetzgeber wollte es offensichtlich der Gestaltungsfreiheit der Parteien überlassen, über Abschluss und Inhalt von Dienstvereinbarungen im Rahmen der Gesetze und außerhalb bestimmter Regelungsmaterien selbst zu entscheiden. Das beinhaltet dann aber auch das Recht beider Parteien, Beginn und Ende der Vereinbarung festzulegen. Dass der Berliner Gesetzgeber es bei dieser Freiheit der Parteien der Dienststellenverfassung belassen wollte, folgt daraus, dass er seit 1957 an der ausdrücklichen Nichtregelung einer Weitergeltung einer beendeten Dienstvereinbarung festgehalten hat, d.h. eine dem § 77 Abs. 6 BetrVG vergleichbare Regelung nicht in das Personalvertretungsgesetz Berlin aufgenommen hat. Er hat in der Gesetzesbegründung zu § 51 PersVG Berlin in der Fassung von 1957 vielmehr darauf verwiesen, dass die Dienstvereinbarung der Betriebsvereinbarung im Arbeitsrecht entspreche (Abghs.-Drs. 2/756 S. 14). Die Weitergeltungsregelung in § 77 Abs. 6 BetrVG ist dann erst mit dem Betriebsverfassungsgesetz 1972 eingefügt worden in Anlehnung an § 4 Abs. 5 TVG (vgl. BT-Drs. 6/1786 S. 47), ohne dass der Berliner Gesetzgeber für seinen Zuständigkeitsbereich in der Folgezeit bis heute einen Regelungsbedarf gesehen hätte, ebenso wenig wie auch der Bundesgesetzgeber (vgl. BT-Drs. 7/176 S. 33).
Die Beschwerdebegründung vermag demgegenüber dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Selbst wenn die Behauptung des Beteiligten zuträfe, dass es einer konkreten Bestimmung zur Nachwirkung ursprünglich nicht bedurft habe, weil die Dienstvereinbarung für den öffentlichen Dienst eine erheblich geringere Bedeutung gehabt habe als die Betriebsvereinbarung für die Privatwirtschaft, heute aber der öffentliche Dienst nicht vom Beamtentum, sondern von der Tarifbeschäftigung geprägt sei, sodass Dienstvereinbarungen heute eine größere Bedeutung hätten, und auch wenn die Behauptung zuträfe, weder der Bundesgesetzgeber noch der Berliner Gesetzgeber hätten sich mit einer steigenden Bedeutung der Nachwirkung von Dienstvereinbarungen auseinandergesetzt, ist doch die Nachwirkungsregelung in § 77 Abs. 6 BetrVG „ihrem Grundgedanken nach“ nicht auf das Berliner Personalvertretungsgesetz anzuwenden. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, sich an die Stelle des Gesetzgebers zu setzen um einem vermeintlichen Regelungsbedürfnis abzuhelfen. Eine Anpassung der Regelungen zur Dienstvereinbarung an die Regelungen zur Betriebsvereinbarung oder auch umgekehrt muss dem jeweils zuständigen Gesetzgeber überlassen bleiben. Der Primat des Gesetzes gilt ungeachtet der Frage, ob die Nachwirkung wirklich sachgerecht ist, wie der Beteiligte meint, damit in der Zeit bis zur Einigung eine Regelung zur Verfügung stehe, oder ob die Anordnung der Nachwirkung überflüssig ist, weil die mit Beendigung der Dienstvereinbarung auflebende Mitbestimmungspflicht ohnehin eine alsbaldige Neuregelung nahe legt.
Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht erkannt, dass die Verfahrensbeteiligten in der in Rede stehenden Dienstvereinbarung vom 24. Januar 2011 keine Nachwirkung oder Weitergeltung über den im Fall der Kündigung verabredeten Beendigungszeitpunkt hinaus bestimmt haben. Dass eine solche Weitergeltung ausdrücklich vereinbart worden sei, behauptet der Beteiligte selbst nicht. Im Übrigen gilt die Sperrwirkung des Schriftformerfordernisses (§ 74 Abs. 1 Satz 2 PersVG Berlin): Es können außerhalb der Vertragsurkunde liegende Vorgänge, wie z.B. nicht zur Ausführung gekommene Vertragsentwürfe oder auch mündliche Abreden zwischen den Beteiligten, nicht zum Gegenstand der Vereinbarung werden.
Der Einwand der Beschwerde, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts komme es bei der Auslegung von Dienstvereinbarungen und Tarifverträgen nicht allein auf den Wortlaut an, vielmehr sei der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen, wenn er in den Vorschriften seinen Niederschlag gefunden habe, hilft nicht weiter. Richtig ist, dass Dienstvereinbarungen wie Tarifverträge und diese wiederum wie Gesetze auszulegen sind. Danach ist maßgeblich auf den im Wortlaut der Dienstvereinbarung zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien und den von diesen beabsichtigten Sinn und Zweck der Regelung abzustellen, soweit diese in den Regelungen noch ihren Niederschlag gefunden haben. Hierbei ist auch der Gesamtzusammenhang der Regelungen in den Dienstvereinbarungen von Bedeutung (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2001 - BVerwG 6 P 12.00 -, juris Rn. 28 f.). Das ändert aber nichts daran, dass die vermeintliche Vereinbarung einer Weitergeltung über den Kündigungszeitpunkt hinaus in der Dienstvereinbarung ihren Niederschlag gefunden haben müsste. Das aber ist, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, nicht der Fall.
Über diesen Mangel hilft auch nicht hinweg, dass die Parteien, wie der Beteiligte behauptet, zunächst einen Ausschluss der Nachwirkung hätten vereinbaren wollen, dann aber die Dienstvereinbarung ohne einen solchen Ausschluss abgeschlossen hätten. Daraus ist durchaus nicht zu schließen, dass eine Nachwirkung auch vereinbart worden ist. Vielmehr lässt das Absehen von einem ausdrücklichen Ausschluss der Nachwirkung ebenso den Schluss zu, dass die Parteien einen solchen Ausschluss nicht für erforderlich gehalten haben, weil, wie der Antragsteller behauptet, sie sich bei Abschluss der Dienstvereinbarung darauf verständigt hatten, die Nichtregelung der Nachwirkung würde lediglich die bestehende Rechtslage nachzeichnen. Da die vom Beteiligten behauptete Willensübereinstimmung in der Dienstvereinbarung keinen Niederschlag gefunden hat, musste der Senat nicht in die Klärung dieser streitigen Behauptung eintreten.
Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.