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Haus(Grundstücks)anschlusskosten


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 10.07.2014
Aktenzeichen 6 K 388/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 10 Abs 4 AVBWasserV, § 10 KAG BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Kostenersatz für die Unterhaltung eines Trinkwasserhausanschlusses.

Mit Bescheid vom 25. Januar 2011 zog der Beklagte die Klägerin zu Kostenersatz für die Unterhaltung des Trinkwassergrundstücksanschlusses des Grundstückes der Klägerin Gemarkung D., Flur 1, Flurstück 502 (D. Nr. 34 in E. OT D.) in Höhe von 118,29 Euro brutto heran. Im Einzelnen setzt sich der Betrag aus folgenden Netto-Positionen zusammen:

Fahrzeugkosten Kleintransporter Citroën, 32 km

20,80 Euro

Arbeitsstunden, 1,5 h

36,65 Euro

Materialverbrauch Geopress-Übergangskupplung 32*1“ AG, 1 Stück

17,40 Euro

Materialverbrauch Geopress-Winkelkupplung 32*32, 1 Stück

35,70 Euro.

Mit Schreiben vom 16. Februar 2011 erhob die Klägerin dagegen Widerspruch und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Kostenersatz sei wegen § 10 Abs. 4 AVBWasserV nicht erstattungsfähig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ausweislich des von der Klägerin unterzeichneten Auftragsblattes seien die notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen am Hausanschluss des klägerischen Grundstücks am 30. Oktober 2008 durchgeführt worden. An diesem Tag sei ein Mitarbeiter des Beklagten bei der Klägerin in D. gewesen, um eine eingegangene Schadensmeldung zu prüfen. Vorort habe der Mitarbeiter festgestellt, dass der Hausanschluss undicht gewesen sei. Der Schaden sei umgehend behoben worden. Der Hausanschluss bestehe aus der Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage. Er beginne an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes und ende mit der Hauptabsperrvorrichtung. Die Höhe des Kostenersatzes sei zutreffend berechnet worden. Aus dem dem Widerspruchsbescheid beigefügten Auftragsbogen, der am 30. Oktober 2008 von der Klägerin unterzeichnet worden war, ergebe sich, dass die Hauswasserleitung des klägerischen Grundstücks undicht gewesen sei und diese durch den Mitarbeiter des Beklagten Herrn F. abgedichtet und gespült worden sei. Er sei 32 km mit einem Fiat Fiorino gefahren und habe 1,5 Stunden gearbeitet.

Die Klägerin hat am 29. April 2011 Klage erhoben und führt zur Begründung im Wesentlichen ergänzend aus, der beklagte Verband sei nicht wirksam entstanden. Die Kosten entstammten aus dem Jahre 2008, in der die Fusion der ehemaligen Verbände Zweckverband Trink- und Abwasser Doberlug-Kirchhain und Umland sowie Trink- und Abwasserzweckverband Sonnewalde/Umland noch nicht stattgefunden habe. Auch sei die dem Bescheid zugrundeliegende Satzung unwirksam. Da es sich um eine Reparatur gehandelt habe, welche noch vor dem Wasserzähler stattgefunden habe, bestehe schon gemäß § 10 Abs. 4 AVBWasserV kein Anspruch des Beklagten. Sie verweise auf das Urteil des BGH vom 26. September 2008 - VIII ZR 17/07. Das Anfallen von Fahrzeugkosten in Höhe von insgesamt 20,80 Euro werde bestritten. Im Bescheid führe der Beklagte aus, dass Fahrtkosten für 32 km zu 0,65 Euro/km für einen Kleintransporter Citroën angefallen seien. Dies sei der Höhe und Menge nach nicht nachvollziehbar, insbesondere auch nicht ortsüblich. Es sei verwunderlich, dass im Arbeitsbericht vom 30. Oktober 2008 ein Fiat Fiorino erwähnt sei. Arbeitsstunden und Materialverbrauch in der Menge und der Höhe nach seien nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2011 aufzuheben und
die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklären zu lassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt zur Begründung aus, der ehemalige Trink- und Abwasserzweckverband Sonnewalde/Umland habe sich mit Wirkung zum 1. Januar 2007 mit dem Zweckverband Trink- und Abwasser Doberlug-Kirchhain und Umland zum beklagten Verband zusammengeschlossen. § 10 KAG sei gegenüber der AVBWasserV vorrangig. Es handele sich bei der durchgeführten Maßnahme um eine solche zur Unterhaltung des Hausanschlusses. Auch das erforderliche Sonderinteresse der Klägerin sei wegen des Anschluss- und Benutzungszwangs gegeben. Bei der Angabe im Bescheid „Kleintransporter Citroën“ handele es sich um einen Schreibfehler. Es seien die tatsächlich angefallenen Kosten geltend gemacht worden.

Die Beteiligten haben jeweils einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer gemäß § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten im hiesigen Verfahren, die zur Kammersammlung und zum Verfahren gereichten Satzungsunterlagen, die eingereichten Feststellungsbescheide nach dem Zweckverbandsstabilisierungsgesetz und Unterlagen zum Zusammenschluss der Ursprungsverbände sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Bescheid findet seine Grundlage in der sich Rückwirkung auf den 01. Januar 2000 beimessenden Satzung über den Kostenersatz für Hausanschlüsse an die öffentlichen Wasserversorgungseinrichtungen des Wasser- und Abwasserverbandes Westniederlausitz vom 17. August 2011 (Kostenersatzsatzung 2011 – KES-WVS 2011-), die zeitlich den Entstehungszeitpunkt des Ersatzanspruches im Jahr 2008 abdeckt.

Soweit die Klägerin in pauschaler Weise die wirksame Gründung des beklagten Zweckverbandes bestreitet, führt dies nicht zum Erfolg ihrer Klage. Insoweit kann zunächst auf die jeweils Tatbestandswirkung entfaltenden Feststellungsbescheide des Landrates des Landkreises Elbe-Elster vom 2. Oktober 2001 betreffend den ehemaligen Zweckverband Trink- und Abwasser Doberlug-Kirchhain und Umland und vom 27. Juni 2002 betreffend den ehemaligen Trink-und Abwasserzweckverband Sonnewalde/Umland nach dem Gesetz zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung im Land Brandenburg verwiesen werden, mit denen die Entstehung der beiden Ursprungsverbände festgestellt wurden. Auch dass die jeweils mit einer Mehrheit von (mindestens) zwei Dritteln der satzungsmäßigen Stimmenzahl der Verbandsversammlungen und jeweils einstimmig von den jeweiligen Verbandsversammlungen gefassten Beschlüsse der beiden Ursprungsverbände vom 29. November 2006 zur Bildung eines neuen gemeinsamen Zweckverbandes gemäß § 22 a Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg (GKG) und zur Verbandssatzung desselben (vgl. § 22 a Abs. 2 Satz 2 GKG) nicht wirksam wären, kann anhand der vorgelegten Unterlagen nicht festgestellt werden. Der Landrat des Landkreises Elbe-Elster hat die Verbandssatzung auch entsprechend den Vorgaben des § 22 a Abs. Satz 3 i.V.m. § 10 Abs. 1 GKG mit Bescheid vom 6. Dezember 2006 genehmigt und mit Genehmigung im Amtsblatt für den Landkreis Elbe-Elster vom 21. Dezember 2006 auf S. 11 ff. öffentlich bekannt gemacht. Die Klägerin irrt auch, wenn sie meint, der beklagte Verband sei 2008 noch nicht existent gewesen. Die Neubildung des beklagten Zweckverbandes erfolgte gemäß § 15 der Verbandssatzung vom 29. November 2006 bereits zum 1. Januar 2007.

Gegen die Wirksamkeit der Kostenersatzsatzung 2011 bestehen keine formellrechtlichen Bedenken. Ihre Veröffentlichung im Amtsblatt für den Wasser- und Abwasserverband Westniederlausitz, 5. Jahrgang, Nr. 4 vom 22. August 2011, S. 51 f. entspricht den Vorgaben der Bekanntmachungsregelung in § 14 Abs. 2 der Verbandssatzung vom 15. Juni 2011 (VS 2011), die zum 15. Juli 2011 in Kraft getreten ist und somit zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der KES-WVS 2011 galt.

Die KES-WVS 2011 ist auch im Übrigen in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Ihre Ausfertigung und Bekanntmachung stimmen unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen mit der Beschlussfassung überein.

Die KES-WVS 2011 ist darüber hinaus in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die KES-WVS 2011 weist den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG erforderlichen Mindestinhalt auf, da sie nicht zu beanstandende Regelungen zum Kreis des Kostenersatz-schuldners (§ 4 KES-WVS 2011), dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Kostenersatzes (§ 3 Abs. 2 KES-WVS 2011) sowie dem den Kostenersatz begründenden Tatbestand (§ 1 und § 3 Abs. 1 KES-WVS 2011) enthält. Soweit § 1 Abs. 1 regelt, dass auch für die Unterhaltung des Hausanschlusses an die öffentlichen Wasserversorgungseinrichtungen Kostenersatz verlangt wird, entspricht dies der gesetzlichen Vorgabe in § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG. Die Klägerin irrt, wenn sie meint, § 10 Abs. 4 AVBWasserV entfalte insoweit eine Sperrwirkung. Eine Satzungsvorschrift, die einen Erstattungsanspruch für die Kosten der Hausanschlussleitung an die öffentliche Wasserversorgungsanlage regelt, ist nämlich nicht wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 4 Satz 1 AVBWasserV ungültig, soweit sie den dort enthaltenen spezifischen Kostenerstattungsvorschriften nicht entspricht, etwa – in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben des § 10 KAG – sämtliche dort genannten Maßnahmen für erstattungspflichtig erklärt (vgl. Kluge in Becker u.a., KAG Kommentar, Loseblattsammlung, Stand Februar 2014, § 10 Rz. 38 m.w.N.). § 10 Abs. 4 AVBWasserV bestimmt insoweit, dass das Wasserversorgungsunternehmen berechtigt ist, vom Anschlussnehmer die Erstattung der bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für die Erstellung oder durch eine Änderung oder Erweiterung der Anlage erforderlich werdenden oder sonst von ihm veranlassten Veränderungen des Hausanschlusses zu verlangen (Satz 1), wobei die Kosten pauschal berechnet werden können (Satz 2). Hieraus ergeben sich aber keine für die Kostenerstattung bindenden Vorgaben. Zwar verlangt § 35 Abs. 2 AVBWasserV, dass öffentlich-rechtlich ausgestaltete Versorgungsverhältnisse für Wasser den Regeln der AVWasserV anzupassen sind. Zugunsten der Kommunen und Zweckverbände enthält aber § 35 Abs. 1 HS 2 AVBWasserV einen Vorbehalt, wonach (gemeinderechtliche) Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts unberührt bleiben (vgl. BVerwG, Urt. vom 11. 4. 1986 – 7 C 50.83 –, zit. nach juris). Nach allgemeiner Auffassung gehören zu diesen Vorschriften, die von der Anpassungspflicht ausgenommen sind, auch die Regelungen über den Kostenersatz für Haus- und Grundstücksanschlüsse (vgl. dazu ausführlich Kluge, a.a.O. m.w.N.). Auch ist gegen § 2 Abs. 1 KES-WVS 2011 nichts zu erinnern, wonach dem Wasser- und Abwasserverband Westniederlausitz die Kosten für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung des Hausanschlusses an die öffentlichen Wasserversorgungsanlagen nach dem Aufwand und den Kosten des Hausanschlusses in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten sind. Damit hat sich der Satzungsgeber in zulässiger Weise gegen Einheitssätze entschieden.

Auch ist die Rückwirkungsanordnung in § 6 KES-WVS 2011 nicht zu beanstanden. Die Rückwirkung ist mit Blick auf die wegen ihrer fehlerhaften Regelung zum Erstattungspflichtigen in ihrem § 5 Abs. 3 („Zeitpunkt der Fälligkeit“ statt „Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides“; vgl. § 10 Abs. 1 Satz 4 KAG i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 6 KAG in der 2006 geltenden Fassung) insgesamt unwirksame Satzung über die Kostenerstattung zur Wasserversorgung im Verbandsgebiet des Trink- und Abwasserzweckverbandes Sonnewalde/Umland vom 5. September 2006 zur Heilung geboten. Mit der KES-WVS 2011 wird rückwirkend auch lediglich die genannte fehlerhafte Regelung korrigiert und den verbindlichen Vorgaben des KAG insoweit angepasst, während ansonsten inhaltlich keine (einen Bürger belastende) Veränderung vorgenommen wird. Gegenüber der unmittelbaren Vorgängersatzung KES-WVS vom 28. November 2007 werden - mit Ausnahme der Erweiterung des zeitlichen Anwendungsbereiches der Satzung - ebenfalls keine inhaltlichen Veränderungen vorgenommen, so dass die Ersetzung dieser Satzung jedenfalls als unschädlich anzusehen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. April 2014 - OVG 9 N 13.13 -, S. 3 f. des E.A.).

Die weiteren Voraussetzungen für den vom Beklagten geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch gem. § 10 KAG i.V.m. der KES-WVS 2011 liegen ersichtlich vor. Der Beklagte hat den Hausanschluss des klägerischen Grundstücks repariert und damit eine die Erstattungspflicht der Klägerin auslösende Unterhaltungsmaßnahme durchgeführt. Der Beklagte handelte auch auf Anforderung der Klägerin und schon deswegen in deren Sonderinteresse. Dieses besteht aber auch wegen der Nützlichkeit der vorgenommenen Maßnahmen für sie, da ihr Grundstück bewohnt ist und dort Trinkwasser verbraucht wird. Die im Einzelnen vom Beklagten bereits im Widerspruchsbescheid und später im gerichtlichen Verfahren plausibel erläuterten Kostenpositionen greift die Klägerin auch nicht substantiiert an, so dass das Gericht keinen Zweifel daran hat, dass die Positionen dem tatsächlichen Aufwand entsprechen und der Höhe nach gerechtfertigt sind. Auch ansonsten ist eine Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.