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Entscheidung 20 Sa 839/10


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 20. Kammer Entscheidungsdatum 24.11.2010
Aktenzeichen 20 Sa 839/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 626 BGB

Leitsatz

1. Die für Tarifverträge maßgebende Auslegungsmethode ist auch auf schuldrechtliche Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien anzuwenden, wenn sie drittbegünstigende Regelungen enthalten (vgl. BAG Urteil vom 15. Februar 2007 - 9 AZR 52/04 - EzA § 4 TVG Altersteilzeit Nr. 13, Rn. 27).

2. Besteht noch eine Alternative, um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines tariflich ordentlich unkündbaren Mitarbeiters zu vermeiden, ist es dem Arbeitgeber regelmäßig zumutbar, diese andere Möglichkeit zu wählen. Erst wenn alle Lösungsversuche gescheitert sind, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist vorliegen.
In diesen notwendigen Bemühungen konkretisiert sich der wesentliche Unterschied zwischen der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist (vgl. BAG Urteil 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - AP Nr. 8 zu § 53 BAT = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 14 ).
Vor Ausspruch einer Kündigung hätte die Arbeitgeberin vorhandene Arbeitsplätze so umgestalten müssen, dass für den Kläger hinsichtlich der durch ihn - ggf. auch nach längeren Umschulungs- und Qualifisierungsmaßnahmen - bewältigbaren Arbeitsaufgaben ein Arbeitsplatz entstanden wäre.
Da sich deshalb eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers als unwirksam erweist, besteht aufgrund der schuldrechtlichen Vereinbarung kein Rückkehrrecht des Arbeitnehmers (wie LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 11.11.2010 - 26 Sa 2673/09 -)

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.01.2010 - 54 Ca 11601/09 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

III. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten vor dem Hintergrund einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist über das Bestehen eines Rückkehrrechts des Klägers in die Dienste der Beklagten.

Der am ….. 1958 geborene Kläger war vom 1. April 1974 bis zum 30. September 1999 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1999 wurde der Kläger für eine Tätigkeit bei der K. D. GmbH (KDG) beurlaubt. Am 1. September 2003 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag. Der Kläger war weiter für die K. D. GmbH tätig. Die Aufnahme der Tätigkeit erfolgte im Rahmen einer Restrukturierung bei der Beklagten.

Zunächst unter den 8. August 2002 und dann am 8. April 2005 trafen die Beklagte und die Kabelgesellschaften KDG, KDVS und die K. D. B. S. GmbH (KDBS) sowie die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di eine „Schuldrechtliche Vereinbarung“. Darin ist den Arbeitnehmern, für den Fall, dass sie das ruhende Arbeitsverhältnis zur Beklagten beenden würden, ein Rückkehrrecht eingeräumt worden. Dazu heißt es in der Vereinbarung u.a.:

„1. Die Deutsche T. AG räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur Deutschen T. AG ein

        

a. innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),

        

b. nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht)…

        

2. Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn

        

a. das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird

oder   

        

b. infolge arbeitgeberseitiger Rationalisierungsmaßnahmen i.S.d. MTV eine räumliche Verlegung des Arbeitsplatzes eintritt, die die räumlichen Zumutbarkeitsgrenzen der bei der Deutschen T. AG geltenden Rationalisierungsschutzbestimmungen überschreitet

oder …

        

3. Der Arbeitnehmer kann von seinem Rückkehrrecht nach der Ziffer 1 frühestens 6 Monate nach Beginn des Rückkehrzeitraums für das allgemeine Rückkehrrecht Gebrauch machen. Es ist bei dem Rückkehrrecht nach Ziffern 1 a. und b. eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Im Falle des besonderen Rückkehrrechts nach Ziffer 1 b. i.V.m. 2 a. findet eine Rückkehr jedoch erst nach Ablauf der für den Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) geltenden jeweiligen individuellen Kündigungsfrist statt, soweit diese länger ist, als die dreimonatige Ankündigungsfrist.

        

Protokollnotiz zu Ziffer 3 Satz 3:           

Ist die in Ziffer 3 Satz 2 festgelegte Ankündigungsfrist länger als die vom Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) einzuhaltende individuelle Kündigungsfrist, gilt diese individuelle Kündigungsfrist zugleich als verkürzte Ankündigungsfrist.

        

Protokollnotiz:           

Die Ankündigung der Rückkehr hat schriftlich durch den Arbeitnehmer gegenüber der Kabelgesellschaft bzw. deren Rechtsnachfolger und der Deutschen T. AG zu erfolgen. Die Kabelgesellschaften bzw. deren Rechtsnachfolger stimmen der Rückkehr zu. Das Arbeitsverhältnis wird entsprechend einer Beendigung zugeführt.

        

4. Im Falle der Rückkehr finden ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der jeweils geltenden Rationalisierungsschutz-Tarifverträge der Deutschen T. AG Anwendung. Der Arbeitnehmer wird hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung bei der Deutschen T. AG weiter beschäftigt worden.“

Am 30. April 2005 schlossen die Parteien einen Vertrag zur Abänderung des Auflösungsvertrages in Zusammenhang mit der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. August 2002 (vgl. Bl. 38f der Akten). Dort vereinbarten die Parteien, dass nunmehr die schuldrechtliche Vereinbarung vom 8. April 2005 für das zeitlich begrenzte Rückkehrrecht Anwendung finden sollte. Dieser Vertrag änderte den Auflösungsvertrag vom 1. September 2003 ab. Weiter ist dort niedergelegt:

„Herr W. ist damit einverstanden, dass im Falle der Inanspruchnahme des Rückkehrrechts die K. D. Vertrieb & Service GmbH & Co KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern der Deutschen T. AG die Daten mit Bezug auf sein Arbeitsverhältnis offen legt sowie die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellt, aus denen sich die Voraussetzungen für das und die Folgen aus dem geltend gemachten Rückkehrrecht ergeben. Im Falle der Rückkehr auf Grund Ziffer 2a der schuldrechtlichen Vereinbarung erfasst dies auch die soziale Rechtfertigung, Wirksamkeit und Zulässigkeit der Kündigung.

Die Deutsche T. AG gewährleistet bezüglich der ihr von der K. D. Vertrieb & Service GmbH & Co KG, Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern übermittelten personenbezogenen Daten die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der personenbezogenen Daten.“

Hintergrund war ein der Beklagten durch die Kabelgesellschaften in diesem Zusammenhang eingeräumtes Auskunftsrecht.

Bei den Kabelgesellschaften werden vier Netzebenen unterschieden, u.a. die Betreuung der Satellitenempfangsanlagen und der Bereich vom Sender bis zum regionalen Verteilerpunkt (NE 2), das Netz vom regionalen Verteilerpunkt bis zum Übergabepunkt vor der Haustür (NE 3) und vom Übergabepunkt bis zur Kabelsteckdose in der Wohnung (NE 4). Darüber hinaus gibt es eine Einteilung in sechs Regionen, für die jeweils kraft eines Zuordnungstarifvertrages Betriebsräte errichtet worden sind. Der Kläger war bei der KDVS in der Organisationseinheit Service Nord im Bereich BBS Nord 4 als in der Region 2 beschäftigt. Er war als Experte Bauüberwachung, Montage, Instandsetzung in Leer bei einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt 3.650,00 EUR tätig. Seit dem 1. Juli 2007 war der Kläger als allgemeiner Servicetechniker NE 4 im BBS Gebiet Leer tätig.

Am 12. November 2008 schlossen die KDG, die KDVS und die KDBS mit dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich und eine „Konzernbetriebsvereinbarung über Sozialauswahl“ im Zuge einer „Restrukturierung des Bereichs Technical Operations“ („Magellan“). Hinsichtlich des Inhalts des Interessenausgleichs und der Auswahlrichtlinie wird auf die Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 15. Oktober 2009 (Blatt 39 -51 der Akten) Bezug genommen. Dort ist der Arbeitsplatzabbau auf die Regionen heruntergebrochen aufgeschlüsselt. Nach diesem Interessenausgleich sollten die Entstörtätigkeiten im Bereich der NE 3 und NE 4 mit Wirkung vom 1. Januar 2009 fremd vergeben und ab dem 1. Juli 2009 nicht mehr durch eigene Mitarbeiter ausgeführt werden. Der Bereich Außendienst/Service sollte sich künftig im Bereich der NE 3 und der NE 4 insbesondere auf (Bau-)Überwachung, BI-Kontrollaufgaben sowie Qualitätsprüfung und Koordination beschränken. Außerdem sah der Interessenausgleich die Reduzierung der BBS-Servicegebiete von 14 auf acht vor. In der BBS Leer in der der Kläger beschäftigt war sollten nach dem Interessenausgleich elf Vollzeitstellen im Service NE 3 und sechs Vollzeitstelen im Service NE 4 entfallen.

Parallel zur Entwicklung im Außendienst/Service sah der Interessenausgleich den Wegfall zahlreicher Arbeitsplätze für Disponenten vor und eine Zentralisierung der Dispositionsstandorte auf die Regionen Hannover, Berlin, Leipzig, München mit einer Zentrale in Unterföhring. Eine ähnliche Entwicklung sieht der Interessenausgleich für den Bereich Planung vor. Weiter sieht § 5 des Interessenausgleichs vor, dass für den Fall, dass die gem. § 2 dargestellte Zielstruktur nicht bis zum 20. November 2008 im Wege einvernehmlicher Aufhebungsvereinbarungen umgesetzt sei, werde der Arbeitgeber zum Zweck der Erreichung der Zielstruktur Änderungs- und Beendigungskündigungen aussprechen. Abs. 5 sieht vor, dass in diesem Falle die Arbeitnehmer mit einem Rückkehrrecht bis spätestens 15. Dezember 2008 gekündigt werden sollen.

Für die Sozialauswahl legte die KDVS die sich aus dem Zuordnungstarifvertrag ergebenden „Betriebe“ zugrunde. Dabei wurde davon ausgegangen, dass es sich zugleich um Betriebe i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes handelt. Die KDVS bezog die Servicetechniker für die NE 3 und die NE 4 in die Sozialauswahl ein. Im Rahmen der nach § 5 Nr. 2 des Interessenausgleichs i.V.m. Anlage 7 (Konzernbetriebsvereinbarung Sozialauswahl) durchgeführten Sozialauswahl erhielt der Kläger 30 Punkte.

Die KDVS hörte am 3. Dezember 2009 den Betriebsrat an, der am 5. Dezember 2009 Stellung nahm. Sodann kündigte sie dem Kläger mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 „aus betriebsbedingten Gründen außerordentlich unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist von sieben Monaten zum 31. Juli 2009“. Der Kläger erhob gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Hannover. Der Gütetermin scheiterte. Am 10. Juni 2009 nahm der Kläger seine Kündigungsschutzklage vor dem anberaumten Kammertermin zurück. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 teilte die Beklagte dem Kläger auf die Geltendmachung seines Rückkehrrechtes vom 15. Dezember 2008 mit, dass nach ihrer Ansicht ein Rückkehrrecht nicht mehr bestehe, da die Rückkehr nur bis zum 31. Dezember 2008 möglich gewesen wäre. Der Kläger ist in diesem Schreiben gebeten worden, dies zu bedenken, bevor er ggf. einvernehmlich das Arbeitsverhältnis mit der KDVS auflöse oder auf eine rechtliche Überprüfung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verzichte. Der Kläger hat mit seiner am 23. Juni 2009 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage sein Wiedereinstellungsbegehren weiterverfolgt. Insgesamt kündigte die KDVS im Dezember 2008 ca. weitere 100 Arbeitnehmer, die fast alle ein Rückkehrrecht zur Beklagten geltend machten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger aufgrund der Anwendbarkeit tariflicher Bestimmungen ordentlich unkündbar ist.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er erfülle die Voraussetzungen des Rückkehrrechts. Seine Geltendmachung im Dezember 2009 sei ausreichend, nicht ausschlaggebend sei die tatsächliche Rückkehr. Darüber hinaus sei nur eine wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der KDVS erforderlich. Die Wirksamkeit der Kündigung ergebe sich schon aus § 7 KSchG. Es liege zudem eine wirksame betriebsbedingte Kündigung vor. Die Unternehmensleitung der Beklagten habe die komplette Vergabe der Entstörtätigkeiten im Bereich der NE 3 und der NE 4 an externe Dienstleister/Auftragnehmer und die Einstellung der Bearbeitung durch eigene Mitarbeiter bis spätestens zum 30. Juni 2009 beschlossen. In die Sozialauswahl seien auch zutreffend ausschließlich die Servicetechniker der BBS Leer einbezogen worden, da er arbeitsvertraglich an keinen anderen Standort versetzt werden könnte. In der BBS Leer würden keine sozial stärkeren Arbeitnehmer mehr weiterbeschäftigt. Die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 2009 mit monatlich 3.564,00 € zu vergüten.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Vertragsangebot als vollbeschäftigter Arbeitnehmer ab dem 01.08.2009 mit dem Inhalt zu unterbreiten, den das Arbeitsverhältnis gehabt hätte, wenn der Kläger ohne Unterbrechung bei der Beklagten beschäftigt worden wäre.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.092,00 EUR brutto nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz liegenden Zins auf 3.546,00 EUR brutto seit dem 17.09.2009, auf 3.546,00 EUR seit dem 17.10.2009 zu zahlen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.092,00 EUR brutto nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz liegenden Zins auf 3.546,00 EUR brutto seit dem 17.11.2009, auf 3.546,00 EUR seit dem 17.12.2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, das Rückkehrrecht hätte eine tatsächliche Rückkehr bis zum 31. Dezember 2008 vorausgesetzt. Andernfalls ergäbe sich aus der Regelung keine zeitliche Grenze für das Rückkehrrecht. Die schuldrechtliche Vereinbarung stelle einen „Tarifvertrag“ i.S.d. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB dar. In den Einzelverträgen sei auf Regelungen i.S.d. § 310 Abs. 4 BGB Bezug genommen worden. Das schließe die AGB-Kontrolle aus. Im Übrigen hätten die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 KSchG für eine betriebsbedingte Kündigung nicht vorgelegen. Nach § 2 II des Interessenausgleichs seien in der Zielstruktur insgesamt im Bereich Planung, Disposition und Service 74,8 FTE verblieben. Im Bereich NE 3 und NE 4 Hannover habe der Kläger verbleiben können. Außerdem sei die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Beklagte hat behauptet, dass die in der Zielstruktur verbliebenen Mitarbeiter sozial schutzwürdiger als der Kläger seien. Bei den verbliebenen Arbeitnehmern sei nämlich weder die tatsächliche Unterhaltsberechtigung der Kinder noch die der Ehefrau geprüft worden. Im Übrigen seien die Belegschaftsmitglieder der Bereiche Planung und die der Disposition in die Sozialauswahl einzubeziehen gewesen. Bundesweit habe es für den Außenbereich Stellenausschreibungen gegeben. Dem Mitarbeiter G. sei nach Ausspruch der Kündigung eine Stelle in München angeboten worden, die dieser auch angenommen habe. Zu einem entsprechenden Angebot sei die KDVS auch nach Ausspruch der Kündigung nach § 3 Nr. 4 des Interessenausgleichs verpflichtet gewesen. Auch seien etwa 1.000 Leiharbeitnehmern eingesetzt, dies zeige, dass es freie Stellen gebe. Deren Tätigkeit hätte zunächst beendet werden müssen. Jedenfalls habe der Kläger keinen Anspruch auf eine Rückkehr zu den früheren Vertragsbedingungen bei der Beklagten, sondern nur auf Beschäftigung im Vermittlungsbetrieb V.. Auch sei zentral sowohl im Rahmen der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung als auch bei einer Interessenabwägung die tarifliche ordentliche Unkündbarkeit des Klägers zu beachten. Es sei bei der Kündigungsentscheidung wohl wesentlich auf das Rückkehrrecht des Klägers abgestellt worden.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26. Januar 2010 die Klage abgewiesen und das im Wesentlichen damit begründet, dass zwar ein Rückkehrrecht aus der Auflösungsvereinbarung zwischen Kläger und Beklagten folge, dessen Voraussetzungen bis auf eine wesentliche Voraussetzung erfüllt seien. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 KSchG könne nicht festgestellt werden. Der Kläger habe keine Tatsachen vorgetragen, die die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen könnten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 15. Februar 2010 zugestellte Urteil am 25. Februar 2010 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. Mai 2010 – mit einem am 6. Mai 2010 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Die Voraussetzungen für das Rückkehrrecht seien bereits dann erfüllt, wenn eine auf betriebsbedingte Gründe gestützte Kündigung formell wirksam sei. Einer gerichtlich festgestellten Sozialwidrigkeit der Kündigung bedürfe es nicht. Dies ergebe bereits die Wortlautauslegung der Rückkehrvereinbarung. Der Kläger beziehe sich zudem auf den in Anlage eingereichten Vortrag der in dem Kündigungsschutzverfahren beklagten KDVS. Es reiche aus, wenn vor dem 31. Dezember 2008 ein Rückkehrrecht geltend gemacht worden sei. Aufgrund der unternehmerischen Entscheidung der KDVS und damit der Fremdvergabe der Entstörtätigkeiten (NE 3 und NE 4) habe eine Zielstruktur von 2 Servicetechnikerstellen NE 3 und einer Stelle NE 4 im Bereich BBS Leer ergeben.

Eine Sozialauswahl sei zutreffend auf die Mitarbeiter beschränkt worden, die als Servicetechniker NE 3 und NE 4 in der Region 2 tätig waren, da es sich insoweit um den ausschließlichen Einsatzort des Klägers gehandelt habe. Die Mitarbeiter der NE 2 seien nicht mit denen der NE 3 und der NE 4 vergleichbar beschäftigt. Für das Aufgabengebiet NE 2 sei ein völlig anderes Aufgaben- und Kenntnisprofil maßgebend. Insbesondere ein abgeschlossenes Fach-/ Hochschulstudium Nachrichtentechnik. Es sei nicht zutreffend, dass Servicetechniker der NE 3 und der NE 4 als Allrounder auch im Bereich der NE 2 eingesetzt worden seien. Soweit diese aushilfsweise in der NE 2 eingesetzt worden sei, seien die ihm übertragenen Aufgaben mit denen der anderen Netzebenen vergleichbar. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen sei der Kläger nicht versetzbar gewesen, insbesondere habe er kraft Direktionsrecht nicht bei der BBS Bremerhaven oder der BBS Hannover eingesetzt werden können. Die sozialen Daten seien ausreichend und unter Beachtung der Auswahlrichtlinie berücksichtigt. Insoweit wird auf den Klägerischen Vortrag aus dem Schriftsatz vom 10. August 2010 (Blatt 502 - 504 der Akten) verwiesen. Es habe auch keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gegeben. Er habe die Anforderungen an die Planerstelle oder die eines Servicemanagers nicht erfüllt. Auch andere freie Arbeitsstellen habe es für ihn nicht gegeben. Leiharbeitnehmer seien im Dispositionsbereich jedenfalls ab dem 30. September 2009 nicht mehr eingesetzt worden. Wenn Aufgaben übertragen worden seien, dann an Drittunternehmen. Aus den dargelegten Gründen habe er einen Kündigungsschutzprozess für vollkommen aussichtslos gehalten. Die KDVS habe den Auskunftsanspruch der Beklagten umfassend erfüllt, weshalb von ihr auch substantiierter Vortrag erwartet werden könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.01.2010 – 54 Ca 11596 – abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Vertragsangebot als vollbeschäftigter Arbeitnehmer ab dem 01.08.2009 mit dem Inhalt zu unterbreiten, den das Arbeitsverhältnis gehabt hätte, wenn der Kläger ohne Unterbrechung bei der Beklagten beschäftigt worden wäre.

Hilfsweise,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Abschluss eines Arbeitsvertrages auf Grundlage des sich aus der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 ergebenden besonderen Rückkehrrechts mit Wirkung vom 01.08.2009 anzubieten.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 14.184,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.564,00 EUR brutto seit dem 17.09.2009, dem 17.10.2009, dem 17.11.2009 und dem 17.12.2009 zu zahlen,

sowie die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger weitere 7.092,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.564,00 EUR brutto seit dem 17.01.2010 und dem 17.02.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Klage sei mit diesen Anträgen bereits unzulässig. Ein dem Klageantrag entsprechender Tenor hätte keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Der Kläger konkretisiere weder die Arbeitsvertragsbedingungen noch die anzuwendenden tariflichen Regelungen oder eine Vergütung. Es fehle auch an einem Feststellungsinteresse hinsichtlich des Hilfsantrages. Es sei für eine wirksame Ausübung des Rückkehrrechts notwendig, dass eine wirksame betriebsbedingte Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG vorliege. Der Vorrang einer möglichen Änderungskündigung sei zu beachten. Die KDVS habe Stellen ausgeschrieben für Mitarbeiter im Außendienst und in der Disposition. Insbesondere hinsichtlich des tariflichen Kündigungsschutzes seien Gründe für eine außerordentliche Kündigung nicht dargetan. Dies gelte besonders hinsichtlich der großen Anzahl eingesetzter Leiharbeitnehmer. Das Rückkehrrecht sei zeitlich bis zu einer tatsächlichen Rückkehrmöglichkeit zum 31. Dezember 2008 begrenzt. Sie bestreitet unter Bezugnahme auf eine Aufstellung die Angaben des Klägers zum Wegfall der Arbeitsplätze und zu den verbleibenden Arbeitsplätzen. Außerdem habe der Kläger nicht die vergleichbaren Arbeitsplätze in der Planung und im Service (Innen- und Außendienst), auf denen weniger schutzbedürftige Arbeitnehmer beschäftigt würden, berücksichtigt. Er sei in der Lage, auch die Aufgaben eines Planers zu übernehmen. In der Zielstruktur verblieben im Bereich Planung/Service 51,8 Arbeitsplätze, auf denen der Kläger – jedenfalls nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen – weiterbeschäftigt werden könnte. Die Auswahlrichtlinie vom 12. November 2008 verstoße gegen § 1 Abs. 3 KSchG, da der besondere Kündigungsschutz des Klägers nicht berücksichtigt worden sei. Außerdem sei die Sozialauswahl auch grob fehlerhaft, weil sie nur auf Teilbetriebe erstreckt worden sei. Die Region 2 sei im Übrigen kein Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne. Jedenfalls sei nicht nachvollziehbar, warum die Sozialauswahl lediglich auf die BBS Leer beschränkt worden sei. Der Leitungsapparat der KDVS sitze allein in der Konzernzentrale in München. Auch die Vergleichsgruppenbildung sei fehlerhaft. Die Mitarbeiter der NE 2 seien einzubeziehen gewesen, schon weil bis August 2008 alle Servicemitarbeiter als Allrounder eingesetzt worden seien. Jedenfalls habe sich der Kläger mit zumutbaren Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen und aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung die Kenntnisse die im Bereich NE 2 notwendig seien aneignen können. Die KDVS sei bis 2008 auch selbst noch von einer – zumindest teilweisen – Vergleichbarkeit der gegenseitigen Durchlässigkeit der NE 2, 3 und 4 ausgegangen. Dies ergebe sich bereits aus den Stellenbeschreibungen der KDVS wegen denen auf die Anlage B 24 und B 25 des Schriftsatzes der Beklagten vom 30. August 2010 verwiesen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien in dem Berufungsverfahren vom 4. Mai 2010, 16. Juli 2010, 10. August 2010, 30. August 2010, 15. November 2010 und 16. November 2010.

Entscheidungsgründe

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist an sich (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG) und wegen des Streitwertgegenstandes (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b und c ArbGG) statthaft, in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 517 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG) sowie fristgerecht (§ 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG) und ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden.

2. Die Berufung ist aber unbegründet, da die Klage unbegründet ist. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

2.1 Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags zulässig. Insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es begegnet keinen Bedenken, dass der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe eines Vertragsangebotes und nicht - wie üblich - die Annahme eines Angebots begehrt. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zu der Abgabe eines Angebotes auf Abschluss eines Arbeitsvertrages und damit auf Abgabe einer Willenserklärung der Beklagten, die mit Rechtskraft eines dem Klageantrag stattgebenden Urteils gemäß § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO als abgegeben gilt. Aufgrund dieser Rechtsfolge erfordert das Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dass der Klageantrag - ggf. in Verbindung mit der Klagebegründung - die wesentlichen Vertragsbedingungen festlegt. Dabei ist der Antrag in Anlehnung an Ziffer 4 Satz 2 der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. April 2005 formuliert. Insbesondere, da die Beklagte das Vertragsangebot abzugeben hat und auch aufgrund der tariflichen Änderungen und der Änderungen der Vergütungsstruktur selbst bestimmen und erkennen kann, welches Angebot abzugeben ist, damit der Kläger so gestellt ist, als wäre er ununterbrochen bei ihr beschäftigt gewesen, erweist sich der Antrag als noch ausreichend bestimmt (vgl. Sächsisches LAG, Urteil vom 25. März 2010 - 9 Sa 550/09).

2.2 Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Abgabe eines Angebots mit dem im Hauptantrag des Klägers formulierten Inhalt.

2.2.1 Dem Klageantrag steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu einem auf den 1. August 2009 rückwirkenden Abschluss eines Arbeitsvertrages verurteilt werden soll. Nach § 306 BGB aF. war die Verurteilung zur Eingehung eines rückwirkenden Vertragsverhältnisses ausgeschlossen. Daraus hat das Bundesarbeitsgericht gefolgert, dass eine Verurteilung zum Abschluss eines in der Vergangenheit liegenden Arbeitsvertrages nicht möglich sei (vgl. BAG 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - BAGE 95, 171 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 6 = EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 5). Diese Rechtslage hat sich mit dem Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF. des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 ab 1. Januar 2002 geändert. Nach § 275 Abs. 1 BGB nF. ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Jedoch ist der rückwirkende Abschluss eines Vertrages nicht mehr nichtig. Damit ist auch eine dahingehende Verurteilung möglich. Nach § 894 ZPO gilt die Willenserklärung des Arbeitgebers auf Angabe eines Angebotes auf Abschluss des begehrten Arbeitsvertrages mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben. Der Neunte Senat hat in der zitierten Entscheidung im Übrigen gerade seine bisherige Rechtsprechung (vgl. BAG 27. April 2004 - 9 AZR 522/03 - AP Nr. 12 zu § 8 TzBfG = EzA § 8 TzBfG Nr. 10 = NZA 2004, 1225, Rn. 44), der sich die übrigen Senate angeschlossen haben, ausdrücklich bestätigt, wonach jetzt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht kommt, mit der eine Erklärung abgegeben werden soll, die rückwirkend auf einen zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist (vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 608/08 - AP Nr. 3 zu § 311a BGB = EzA § 894 ZPO 2002 Nr. 1 = NZA 2010, 32, Rn. 15, LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. November 2010 – 26 Sa 2673/09).

2.2.2 Der Kläger hat vorliegend keinen Anspruch auf Wiedereinstellung gegen die Beklagte. Er erfüllt die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 2 des Auflösungsvertrages vom 30. April 2005 i.V.m. Nr. 1b und 2a der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. April 2005 nicht. Voraussetzung hierfür wäre die Wirksamkeit der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung durch die KDVS vom 9. Dezember 2008. Dies ist nicht ersichtlich.

2.2.2.1 Dabei geht die Kammer im Anschluss an die 26., 14. und die 7. Kammer davon aus, dass der Kläger das besondere Rückkehrrecht auch noch mit Wirkung zum 1. August 2009 geltend machen konnte. Insoweit war es ausreichend, dass die Kündigung durch die KDVS noch im Jahr 2008 erfolgte. Der Kläger hat sein Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten auch rechtzeitig i.S.d. Nr. 3 der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. April 2005 vor Ablauf des Jahres 2008 schriftlich geltend gemacht. Das ergibt die Auslegung der schuldrechtlichen Vereinbarung.

Zunächst kommt es insoweit nicht darauf an, ob diese nach §§ 133, 157 BGB oder nach den für Tarifverträge maßgebenden Grundsätzen erfolgen muss, denn es folgt das gleiche Ergebnis. Die für Tarifverträge maßgebende Auslegungsmethode gilt allerdings auch für schuldrechtliche Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien, wenn sie drittbegünstigende Regelungen enthalten (vgl. BAG Urteil vom 15. Februar 2007 - 9 AZR 52/04 - EzA § 4 TVG Altersteilzeit Nr. 13, Rn. 27). Zu unterscheiden sind aber die Regelung der Tarifpartner und eine vertragliche Regelung der Arbeitsvertragsparteien, hier der Auflösungsvertrag vom 30. April 2005, der auf eine solche Regelung Bezug nimmt. Die Auslegung des Auflösungsvertrages selbst richtet sich jedenfalls nach den §§ 133, 157 BGB. Insoweit finden auch die §§ 305 ff. BGB Anwendung (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. November 2010 – 26 Sa 2673/09).

Dem Auslegungsergebnis der 26. Kammer (Urteil vom 11. November 2010 – 26 Sa 2673/09) schließt sich die 20. Kammer an:

Die Schuldrechtliche Vereinbarung ist schon bei Anlegung der für die Auslegung von Tarifverträgen relevanten Grundsätze dahin zu verstehen, dass der Kläger bis zum 31. Dezember 2008 sein Rückkehrrecht geltend machen konnte. Nach dem Wortlaut sollte innerhalb eines Zeitraums von 36 Monaten ein Rückkehrrecht bestehen. Nicht ganz eindeutig ist, ob es bis zum Ablauf der 36 Monate geltend gemacht oder realisiert sein musste. Bereits der Wortlaut spricht aber dafür, dass die Geltendmachung gemeint ist. Danach bestand innerhalb des gesamten Zeitraums das Recht und damit die Optionsmöglichkeit. Eine zeitliche Begrenzung des Optionsrechts auf einen bestimmten Zeitpunkt vor Ablauf des Zeitraums ist nicht formuliert. Im Übrigen macht Nr. 3 der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. April 2005 deutlich, dass die Vertragsparteien durchaus zwischen dem Gebrauch machen von dem Rückkehrrecht und der tatsächlichen Rückkehr unterschieden haben. Nr. 3 Satz 1 regelt den frühesten Zeitpunkt, ab dem das Belegschaftsmitglied nach Beginn des Rückkehrzeitraums von seinem Rückkehrrecht Gebrauch machen kann. Weitere ausdrückliche Regelungen, insbesondere für eine Verpflichtung zum Gebrauch machen – gemeint ist eindeutig die Geltendmachung - vor Ablauf der in Nr. 1 genannten Frist für das Bestehen des Rechts ergeben sich aus der Regelung nicht. Nach Nr. 3 Satz 3 ist im Falle der Geltendmachung des besonderen Rückkehrrechts nach Nr. 2a außerdem eine Ankündigungsfrist einzuhalten. Auch hier gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Ankündigungs- bzw. -Kündigungsfrist noch innerhalb des 36-Monats-Zeitraums liegen musste (im Ergebnis ebenso LAG Berlin-Brandenburg 20. November 2009 - 14 Sa 1249/09, Revision eingelegt unter 7 AZR 91/10, und vom 14. September 2009 – 7 Sa 826/10). Entgegen der Auffassung der Beklagten widerspricht dieses Auslegungsergebnis nicht der Intention der Vertragspartner, das Rückkehrrecht zeitlich zu begrenzen. Am 31. Dezember 2008 war nach der Regelung bekannt, wer zu welchem Zeitpunkt zurückkehren würde, nämlich zu dem Zeitpunkt, zu dem die jeweilige individuelle Kündigungsfrist auslaufen würde. Demgegenüber ist es kaum anzunehmen, dass die Tarifpartner es von der jeweiligen Kündigungsfrist der Beschäftigten – und damit der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit - abhängig machen wollten, ob ihnen anlässlich einer konkreten Rationalisierungsmaßnahme das Rückkehrrechts zustehen sollte oder nicht. Eine lange Betriebszugehörigkeit hätte sich dann zuungunsten der Betroffenen ausgewirkt.

2.2.2.2 Vorliegend sind allerdings die Voraussetzungen des Rückkehrrechts nicht erfüllt. Dafür muss das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt sein. Der Kläger hat die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung nicht dargelegt. Die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung erweist sich unterstellt den Vortrag des Klägers nicht als gerechtfertigt. dabei mag dahinstehen ob auch andere Wirksamkeitsvoraussetzungen wie ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung und Massenentlassungsanzeige vorliegen mussten.

Dabei ist die Regelung zunächst dahingehend zu verstehen, dass das Rückkehrrecht nicht nur im Falle des Ausspruchs einer ordentlichen nach § 2 KSchG sozial gerechtfertigten Kündigung, sondern erst recht im Falle einer wirksamen außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung bestehen sollte.

Der Kläger hat die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB für die Wirksamkeit der ihm ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung nicht dargelegt. Auch hinsichtlich der zwischen den Parteien umstrittenen Darlegungslast hinsichtlich der Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung schließt sich die erkennende Kammer den Ausführungen der 26. Kammer an (Urteil vom 11. November 2010 – 26 Sa 2673/09):

„Es oblag dem Kläger nach den allgemeinen Grundsätzen, die Voraussetzungen des Rückkehrrechts darzulegen und zu beweisen. Dem hat er auch dann nicht genügt, wenn zu seinen Gunsten erleichterte Grundsätze für die Darlegungs- und Beweislast herangezogen werden.

Nach allgemeinen Grundsätzen ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs dann schlüssig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Anforderungen an eine schlüssige Darlegung und einen darauf beruhenden Beweisantritt dürfen aber nicht in der Weise überspannt werden, dass in allen Fällen, in denen eine Partei keine sichere Kenntnis über einzelne Geschehnisabläufe oder Tatsachen hat, deren Darlegung und Verwertung im Prozess gänzlich unmöglich würde. Eine Partei, die keine näheren Einblicke in - dem Gegner bekannte - Geschehensabläufe hat und deren Darlegung deshalb erschwert ist, kann auch von ihr nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Unzulässig ist ein derartiges prozessuales Vorgehen erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt und sich deshalb rechtsmissbräuchlich verhält. Dies kann in der Regel nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden oder wenn die Partei selbst nicht an die Richtigkeit ihrer Behauptungen glaubt (vgl. BAG 28.4.2004 - 10 AZR 370/03 – AP Nr. 264 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, Rn. 39 mwN.).

Ob und ggf. inwieweit sich diese Grundsätze hier auf die Darlegungs- und Beweislast auswirken, kann im Ergebnis dahinstehen. Die gesamte Konstellation im Rahmen der schuldrechtlichen Vereinbarung, insbesondere das der Beklagten - nicht aber den Arbeitnehmern - eingeräumte Auskunftsrecht, spricht dafür, dass die Tarifpartner jedenfalls von einer Verpflichtung zu substantiiertem Bestreiten ausgegangen sind. Andernfalls hätte es der Auskunftsansprüche nicht bedurft. Richtig ist allerdings auch, dass es keines besonderen Auskunftsanspruchs der Arbeitnehmer bedurft hätte, wenn die Tarifpartner zugleich berücksichtigt hätten, dass der KDVS eine entsprechende Verpflichtung ohnehin im Rahmen der Kündigungsschutzprozesse oblegen hätte und es den Arbeitnehmern jedenfalls zuzumuten gewesen wäre, Kündigungsschutzklage zu erheben, um diese Verpflichtung auszulösen. Wenn die von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer sich dieses Recht durch früher fällige oder höhere Abfindungen für den Fall, dass keine Kündigungsschutzklage erhoben oder diese zurückgenommen wird, abkaufen lassen, haben sie sich ihrer Vortragsmöglichkeiten eher selbst begeben. Die Grundsätze der sekundären Behauptungslast könnten ihnen dann nur noch helfen, wenn die Auslösung der Verpflichtung zur Auskunftserteilung durch Klageerhebung als von vornherein unzumutbar anzusehen wäre.“

2.2.2.3 Vorliegend konnte schon nach dem klägerischen Vortrag die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung vom 9. Dezember 2008 mangels eines wichtigen Grundes nach § 626 Abs. 1 BGB das Arbeitsverhältnis zwischen der KDVS und dem Kläger ohne die Wirkung des § 7 KSchG nicht zum 31. Juli 2009 auflösen.

Nach zuletzt übereinstimmendem Vortrag der Parteien fanden zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag zwischen der KDG und der Deutschen Postgewerkschaft vom 8. September 1998 und der zwischen denselben Tarifpartnern abgeschlossene TV Sonderregelungen Anwendung. Danach konnte dem Kläger betriebsbedingt nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte.

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Grundsätzlich ist eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen gegenüber einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer nicht nach § 626 Abs. 1 BGB zulässig, da dem Arbeitgeber bei einem vergleichbaren ordentlich kündbaren Arbeitnehmer dessen Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist zumutbar wäre. Eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist kommt aber ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist, weil der tarifliche Ausschluss der ordentlichen Kündigung dem Arbeitgeber Unmögliches oder evident Unzumutbares aufbürdet. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber ohne außerordentliche Kündigungsmöglichkeit gezwungen wäre, ein Arbeitsverhältnis über viele Jahre hinweg allein durch Gehaltszahlungen, denen keine entsprechende Arbeitsleistung gegenüber steht, aufrechtzuerhalten. Dabei ist ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen. (BAG vom 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - AP Nr. 8 zu § 53 BAT = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 14, LAG Berlin-Brandenburg vom 11. November 2010 – 26 Sa 2673/09) Zu beachten ist weiter, dass schon die ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG nur aus dringenden betrieblichen Erfordernissen und nur dann möglich ist, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers, ggf. nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen, auf einem anderen freien Arbeitsplatz nicht erfolgen kann. Die an eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zu stellenden Anforderungen müssen deutlich darüber hinausgehen (vgl. BAG Urteil vom15. Februar 2007 - 8 AZR 310/06 - AP Nr. 2 zu § 613a BGB Widerspruch).

Bei der außerordentlichen Kündigung eines tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber mit allen zumutbaren Mitteln eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses versuchen. Besteht noch irgendeine Alternative, um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden, ist es dem Arbeitgeber regelmäßig zumutbar, diese andere Möglichkeit zu wählen. Erst wenn alle Lösungsversuche gescheitert sind, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist vorliegen. Gerade in den vom Arbeitgeber zu verlangenden Bemühungen, den Arbeitnehmer anderweitig zu beschäftigen, konkretisiert sich der wesentliche Unterschied zwischen der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung mit notwendiger Auslauffrist (vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - AP Nr. 8 zu § 53 BAT; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. November 2010 – 26 Sa 2673/09).

Der Vortrag des Klägers schließt bei Berücksichtigung dieser Grundsätze eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der KDVS nicht aus.

So ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der Kläger jedenfalls nach zumutbaren Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen nicht im Bereich der Netzebene 2 hätte weiterbeschäftigt werden können Die Arbeitsplätze der NE 2 sollten nach dem Interessenausgleich aber nicht umstrukturiert werden. Der KDVS wäre es vor Ausspruch einer Kündigung aber zuzumuten gewesen, die Arbeitsplätze der NE 2 umzugestalten und ausschließlich die – angeblich - höherwertigen Tätigkeiten den – angeblich – qualifizierteren Mitarbeitern der NE 2 und die übrigen Aufgaben unkündbaren Belegschaftsmitgliedern der NE 3 und der NE 4 zu übertragen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass für den Kläger auch in diesem Fall kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden hätte (vgl. LAG Berlin Urteil vom 11. November 2010 – 26 Sa 2673/09, LAG Hamburg vom 20.07.2010 – 4 Sa 58/09).

2.2.2.4 Ein Wiedereinstellungsanspruch lässt sich auch nicht aus Nr. 2b der schuldrechtlichen Vereinbarung ableiten. Die Regelung betrifft Versetzungen anlässlich der Verlegung von Arbeitsplätzen. Darum ging es vorliegend nicht (vgl. LAG Berlin Urteil vom 11. November 2010 – 26 Sa 2673/09.

3. Der Hilfsantrag ist aus den unter oben dargelegten Gesichtspunkten zulässig, jedenfalls aber aufgrund 2 genannter Gründe ebenfalls unbegründet.

4. Auch die Zahlungsansprüche sind nicht begründet, da ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht begründet wurde.

5. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

6. Die Kammer hat die Revision zugunsten des Klägers wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.