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Entscheidung 5 U 60/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 08.03.2012
Aktenzeichen 5 U 60/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16. Juli 2010 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam (Az. 10 O 155/10) abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 6.612,46 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei dem 26. Februar 2010 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 6.612,46 €

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Höhe eines von der Klägerin an die Beklagten auf der Grundlage von Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 8 EGBGB gezahlten Nutzungsentgeltes. Weiterer Beklagter war zunächst der am 22. Mai 2009 verstorbene W… V…, dessen Alleinerbe der Beklagte ist.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 28. November 2008 verkauften der Beklagte und Herr W… V… (im Folgenden: die Verkäufer) an die Klägerin mehrere Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 8.800 qm, die vom Rechtsvorgänger der Klägerin im Rahmen des komplexen Wohnungsbaus mit zu Wohnzwecken bestimmten und genutzten Gebäuden überbaut waren. Die Verkäufer hatten bereits seit dem Jahr 2002 versucht, die Grundstücke zum damals geltenden Mindestbodenwert 190,00 €/qm zu verkaufen und hatten zu diesem Zweck Verhandlungen mit der Stadt … geführt.

Unter § 2 Ziff. 2 des Kaufvertrages (Sachenrechtsbereinigung) vom 28. November 2008 heißt es u.a.:

„Deshalb besteht zwischen Verkäufer und Käufer Einigkeit darüber, dass für den heutigen Ankauf die Grundsätze des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes zu Anwendung kommen, die frei vereinbart wurden“.

Dem war folgender Schriftwechsel zwischen der die Klägerin vertretenden G… und dem Beklagtenvertreter vorausgegangen:

Mit Schreiben vom 7. April 2008 bat Rechtsanwalt T… die G…, ein angemessenes Angebot zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für den Zeitraum der Nutzung seit 1990 zu unterbreiten. Hierauf teilte die G… mit, keine Grundlage für eine rückwirkende Nutzungsentschädigung zu erkennen. Mit Schreiben vom 8. Mai 2008 teilte Rechtsanwalt T… hierauf mit, die Verkäufer hätten die Grundstücke schon im Jahr 2002 veräußern wollen, er gehe daher davon aus, dass der Bodenrichtwert des Jahres 2002 (190,00 €/qm) anzusetzen sei. Unter dem 3. Juni 2008 teilte die G… mit, dass sich die Kaufpreisvorstellung der Klägerin gemäß § 68 i.V.m. § 20 SachenRBerG berechnet. Hierbei legte sie den per 1. Januar 2008 geltenden Bodenrichtwert von 170,00 €/qm zugrunde. Mit Schreiben vom 13. Juni 2008 bestätigte sie ferner, für die Zeit ab April 2008 ein Nutzungsentgelt entsprechend § 43 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG zu zahlen.

Nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 18. Juni 2009 unter Bezugnahme auf deren Schreiben vom 13. Juni 2008 unter Fristsetzung auf, für den Zeitraum vom 1. April bis zum 28. November 2008 (242 Tage) ein Nutzungsentgelt in Höhe von 19.837,37 € zu zahlen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin am 8. Juli 2009 nach.

Mit Schreiben vom 13. Januar 2010 teilte die G… gegenüber dem Beklagtenvertreter mit, dass bei der Berechnung des Nutzungsentgeltes ein Fehler unterlaufen sei, da der Bodenwert gemäß § 20 SachenRBerG zu kürzen sei. Zugleich forderte sie die Erstattung des aus ihrer Sicht überzahlten Betrages in Höhe von 6.612,46 €. Der Beklagte verweigert diese Zahlung.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass bei der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung über die Höhe des Nutzungsentgeltes § 20 SachenRBerG anzuwenden sei. Die Vorschriften der §§ 19, 20 SachenRBerG definierten den Bodenwert für sämtliche Vorschriften dieses Gesetzes. Am 13. Juni 2008 hätten die Parteien telefonisch vereinbart, dass die Höhe des Nutzungsentgeltes sich nach § 43 Abs. 2 Ziff. 2 SachenRBerG richte, ausgehend von einem Bodenrichtwert in Höhe von 170,00 €/qm.

Der Beklagte hat vorgetragen, bei der Vereinbarung über das Nutzungsentgelt sei am 13. Juni 2008 nicht darüber gesprochen worden, dass nicht der wirkliche jährliche Bodenwert, sondern derjenige nach § 20 SachenRBerG anzusetzen. Für ihn habe festgestanden, dass bei der Berechnung des Nutzungsentgeltes - anders als bei der Bestimmung des Kaufvertrages - vom Bodenwert keine Kürzung vorzunehmen sei. Selbst wenn es zwischen den Parteien bezüglich der Höhe des Nutzungsentgeltes zu einem Dissens gekommen wäre, sei eine Vereinbarung jedenfalls dadurch zustande gekommen, dass der Beklagte die Zahlung eines Nutzungsentgeltes in Höhe von 19.837,37 € forderte und die Klägerin hierauf leistete.

Wegen des Sach- und Streitsstands im Übrigen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Parteien hätten bei der Festlegung des Nutzungsentgeltes eine gemäß Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 9 EGBGB zu berücksichtigende abweichende vertragliche Regelung getroffen. Soweit die Parteien die Anwendbarkeit des SachenRBerG frei vereinbart hätten, sei dem Gericht eine Überprüfung verwehrt. Eine Überprüfung einzelner Berechnungsfaktoren des Nutzungsentgeltes komme nicht in Betracht, weil die Parteien bereits im Rahmen der tatsächlichen Verkehrswertermittlung auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet hätten.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie rügt, das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass § 43 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG die Zinshöhe für unbebaute Grundstücksflächen nicht regelt; diese Auffassung stehe auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Das Landgericht habe zudem einen klägerischen Beweisantritt übergangen; es hätte durch Beweisaufnahme geklärt werden müssen, ob die Parteien Nutzungsentgelt mit oder ohne Berücksichtigung einer Bodenwertminderung gemäß § 20 Abs. 2, 19 Abs. 2 S. 2 SachenRBerG vereinbart hätten. Zudem sei ihr rechtliches Gehör vorenthalten worden, da der Klägerin eine Replik auf den gegnerischen Schriftsatz vom 16. Juni 2010 nicht möglich gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 16. Juli 2010 den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.612,46 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei dem 26. Februar 2010 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Meinung, das Berufungsgericht sei an die Feststellungen des Landgerichts im Urteilstatbestand gebunden, denen zufolge die Parteien sich auf die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 19.837,37 € verständigt hätten. Die Höhe des Nutzungsentgeltes sei frei vereinbart worden. Ein Anspruch der Verkäufer habe bis zur Beurkundung des Grundstückskaufvertrages nicht bestanden. Die von der Klägerin im Zusammenhang mit der Kaufpreisermittlung selbst festgestellte Minderung nach § 20 SachenRBerG sei bei der Vereinbarung des Nutzungsentgeltes nicht einmal erwähnt worden. Die Zustimmung der Klägerin zur Zahlung des vom Beklagten geforderten Nutzungsentgeltes in Höhe des (ungeminderten) Erbbauzinses nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG sei Voraussetzung zum Kaufvertragabschluss gewesen und habe die Forderung von 190,00 €/qm beendet.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 11. August 2011 hat der Beklagte seinen Vortrag dahingehend ergänzt, dass in dem Schreiben vom 13. Juni 2008 vorangegangenen Telefonat ausdrücklich vereinbart worden sei, dass die Nutzungsentschädigung aus dem ungekürzten Verkehrswert der Grundstücke berechnet auf einer Grundlage von 170,00 € pro Quadratmeter zu zahlen ist.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen W… H… und H… T…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. Februar 2012 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Rückzahlung in Höhe der Klageforderung aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB, weil die Zahlung der Klägerin in diesem Umfang ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung zur Höhe des geschuldeten Nutzungsentgeltes konnten die vormaligen Grundstückseigentümer nur einen Betrag in Höhe von 13.224,91 € beanspruchen.

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sie über das von der Klägerin zu entrichtende Nutzungsentgelt eine vertragliche Vereinbarung getroffen haben. Dies korrespondiert mit der Feststellung unter § 1 Nr. 2 im notariellen Kaufvertrag vom 28. November 2008, derzufolge zwischen den Kaufvertragsparteien Einigkeit bestand, dass diese die anwendbaren Grundsätze des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes frei vereinbart hätten. Derartige Vereinbarungen sind gemäß Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 9 EGBGB zulässig.

aa) Im Tatbestand des angefochtenen Urteils heißt es zwar, die Parteien hätten sich auf die Zahlung einer weitergehenden Nutzungsentschädigung in Höhe von 19.837,37 € verständigt. Diese Feststellung ist jedoch entgegen der von den Beklagten vertretenen Auffassung für das Berufungsgericht nicht bindend. Eine Bindung tritt gemäß § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO für Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts nur ein, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Ob Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen vorliegen, kann das Berufungsgericht anhand des Akteninhalts prüfen. Diese Prüfung ergibt im vorliegenden Fall, dass die Feststellung des Landgerichts unrichtig ist, weil jedenfalls die Klägerin eine derartige - ihrem Klagebegehren offenkundig widersprechende - Vereinbarung gerade in Abrede stellt.

bb) Da die Parteien über den Inhalt der getroffenen Vereinbarung streiten, ist dieser im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte zu ermitteln. Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände herangezogen werden, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt waren oder für ihn erkennbar waren. Abzustellen ist auf den Horizont und die Verständnismöglichkeiten des Empfängers. Entscheidend ist der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert des Verhaltens des Erklärenden.

Es ist unstreitig, dass am 13. Juni 2008 der Zeuge H… als Vertreter der Klägerin und der Beklagtenvertreter telefonisch das zu zahlende Nutzungsentgelt besprochen haben. Bezug nehmend auf dieses Telefonat teilte die Klägerin den Beklagten am selben Tag schriftlich mit, sie bestätige ihre Bereitschaft, ab April 2008 bis zum Abschluss eines Kaufvertrages ein Nutzungsentgelt entsprechend § 43 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG zu zahlen. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben forderten die Beklagten wiederum im Juni 2009 für die Zeit vom 1. April 2008 bis zum Datum des Kaufvertragsschlusses die Zahlung von 19.837,37 €.

Gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG ist für im staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau errichtete Gebäude zwei vom Hundert jährlich des Bodenwerts in Ansatz zu bringen. Es ist ferner unstreitig, dass der Bodenrichtwert für das verkaufte Grundstück im Jahr 2008 170,00 €/qm betrug und dass dieser Wert für die Berechnung herangezogen werden sollte. Streitig ist allein, ob dieser nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG für die Berechnung maßgebende Bodenwert gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 SachenRBerG zu mindern war.

Der Umstand, dass das Nutzungsentgelt dem Schreiben vom 13. Juni 2008 zufolge entsprechend § 43 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG gezahlt werden sollte, impliziert bei objektiver Betrachtung, dass die Berechnung der sich aus dieser Vorschrift ergebenden Rechtslage entsprechend erfolgen sollte. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die §§ 19, 20 SachenRBerG im Anwendungsbereich dieses Gesetzes stets für die Ermittlung des Bodenwertes heranzuziehen sind (Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 43 Rn 3; Vossius, SachenRBerG, 2. Aufl., § 43 Rn. 7). Sofern keine hiervon abweichenden Vereinbarungen getroffen werden, muss ein verständiger Vertragspartner deshalb davon ausgehen, dass diese Vorschriften auch bei einem vertraglich vereinbarten Nutzungsentgelt Anwendung finden.

Der nach dem SachenRBerG geschuldete Erbbauzins wird durch die Größe des für die Bebauung in Anspruch genommenen Grundstücks, dessen Wert und die Art der Bebauung bestimmt. Ausgangspunkt der Bemessung des Erbbauzinses ist der Bodenwert des Grundstücks (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG). § 20 SachenRBerG führt jedoch dazu, dass der Bodenwert von Grundstücken, die im Rahmen des komplexen Wohnungsbaus bebaut worden sind, abweichend von ihrem Verkehrswert zu bestimmen ist. Ausgangspunkt der Wertbemessung ist der Wert des unbebauten baureifen Grundstücks. Dieser Wert ist um die Kosten für die Erschließung, Vermessung und Baureifmachung zu mindern. Darüber hinaus muss ein Betrag für einen fiktiven Flächenverlust abgesetzt werden, zu dem es bei einer Bebauung der betroffenen Grundstücke bei Anwendbarkeit des Baugesetzbuchs gekommen wäre. Das wird dadurch erreicht, dass vom Bodenwert ein Abzug in Höhe eines Drittels gemacht wird (§ 20 Abs. 2 SachenRBerG). Der Abzug erfolgt unabhängig von den tatsächlichen Kosten der Erschließung und der Verwendung des betroffenen Grundstücks innerhalb des Wohngebiets. Dem Ziel von §§ 19, 20 SachenRBerG, durch die Annahme eines fiktiven Werts die Berechnung auszuscheidender werterhöhender Umstände zu erleichtern und Unterschiede bei der Bebauung im Rahmen des komplexen Wohnungsbaus auszuscheiden, muss auch bei der Bemessung des aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 8 EGBGB geschuldeten Nutzungszinses Rechnung getragen werden (BGH VIZ 2002, 580).

Der Annahme einer (konkludent) vereinbarten Anwendbarkeit von § 20 Abs. 1 SachenRBerG steht auch nicht entgegen, dass diese Vorschrift im Zusammenhang mit den Verhandlungen über das Nutzungsentgelt - anders als bei der Verhandlung des Kaufpreises - weder schriftlich noch im Rahmen des Telefonates vom 13. Juni 2008 genannt worden ist. Während die Klägerin im Schreiben vom 3. Juni 2008 die Berechnung ihrer Kaufpreisvorstellung offengelegt und in diesem Zusammenhang die Minderung des Bodenwertes gemäß § 20 SachenRBerG ausdrücklich ausgewiesen hatte, hat sie in Bezug auf das zu entrichtende Nutzungsentgelt eine entsprechende Berechnung nicht vorgenommen und mit dem Bestätigungsschreiben vom 13. Juni 2008 nur ihre Zahlungsbereitschaft “entsprechend § 43.2.2. SachenRBerG” mitgeteilt. Aus der unterbliebenen Nennung von § 20 SachenRBerG kann demnach nicht gefolgert werden, dass die Vorschrift in diesem Zusammenhang - entgegen der Gesetzessystematik - außer Betracht bleiben sollte.

cc) Der Beklagte hat auch nicht bewiesen, dass zwischen dem Zeugen Rechtsanwalt T… und dem Zeugen H… telefonisch ausdrücklich vereinbart worden wäre, dass die Nutzungsentschädigung aus dem ungekürzten Verkehrswert der Grundstücke berechnet auf einer Grundlage von 170,00 € pro Quadratmeter zu zahlen sein sollte. Der Zeuge T… hat hierzu bekundet, sich in dem Telefonat mit dem Zeugen H… dahingehend geeinigt zu haben, dass die Nutzungsentschädigung ausgehend von 170,00 € zu zahlen ist. Über die Vorschrift des § 20 SachenRBerG sei nicht gesprochen worden. Ob über den Zinssatz von 2% konkret gesprochen wurde, wisse er nicht mehr genau; für ihn sei es aber immer darum gegangen, dass die Nutzungsentschädigung unter Berücksichtigung des § 43 SachenRBerG gezahlt wird und nach seiner Erinnerung seien insoweit eben 2% maßgeblich gewesen.

Damit ist nicht erwiesen, dass das Nutzungsentgelt abweichend von der vorstehend unter a) bb) dargestellten Rechtslage ermittelt werden sollte. Dies hätte vorausgesetzt, dass zwischen den Parteien ausdrücklich Einigkeit darüber erzielt worden wäre, dass die Berechnung ohne Berücksichtigung der in § 20 Abs. 2 S. 2 SachenRBerG vorgesehenen Minderung erfolgen sollte; eine entsprechende Vereinbarung hat der Zeuge indessen nicht bestätigt. Indem lediglich der zugrunde zu legende Verkehrswert mit 170,00 € vereinbart wurde, war nach dem objektiven Empfängerhorizont davon auszugehen, dass die nähere Berechnung des Nutzungsentgeltes den Regelungen des SachenRBerG entsprechen sollte. Der Umstand, dass der Zeuge T… sich bei den Verhandlungen mit dem Zeugen von anderen Vorstellungen hat leiten lassen, bleibt in diesem Zusammenhang außer Betracht, da diese Vorstellungen für den Zeugen H… nicht erkennbar waren und nicht zum Gegenstand der Vereinbarung gemacht worden sind.

b) Die Klägerin ist auch nicht aufgrund eines konkludent erklärten Anerkenntnisses daran gehindert, bereicherungsrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Ein entsprechendes Anerkenntnis ist insbesondere nicht mit der vorbehaltlosen Zahlung des von den Beklagten mit 19.837,37 € bezifferten Nutzungsentgeltes erklärt worden.

Neben dem abstrakten Schuldanerkenntnis i.S.v. § 781 BGB und dem - gesetzlich nicht geregelten - deklaratorischen Schuldanerkenntnis ist allerdings noch ein “tatsächliches” Anerkenntnis anerkannt, das keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners verkörpert, sondern das der Schuldner zu dem Zweck abgibt, seine Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen oder dem Gläubiger den Beweis zu erleichtern (BGH NJW 2009, 580). Ein solches Anerkenntnis kann bei vorbehaltloser Zahlung einer Rechnung jedoch nur ausnahmsweise angenommen werden.

Allein in der Bezahlung einer Verbindlichkeit liegt kein konkludent erklärtes, bestätigendes Schuldanerkenntnis der beglichenen Forderung. Ein solcher Erklärungswert kommt einer Tilgungsleistung nur dann ausnahmsweise zu, wenn der Schuldner aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls bei seiner Leistung aus der Sicht des Empfängers den Eindruck erzeugte, er handele mit einem entsprechenden Rechtsfolgewillen (BGH ZIP 2008, 2405). Dies setzt voraus, dass die Beteiligten einen nachvollziehbaren Anlass für ein Schuldanerkenntnis haben, insbesondere Streit oder zumindest Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne Einwendungen herrscht und damit der Wille erkennbar wird, diese Unsicherheit durch vertragliche Vereinbarung zu beseitigen. Hierzu bedarf es konkreter Feststellungen. Die Bezahlung einer Schuld, auch wenn diese nach gründlicher Prüfung erfolgt, enthält über die Erfüllungshandlung hinaus keine Aussage des Schuldners, den Bestand der erfüllten Forderung außer Streit stellen zu wollen; sie begründet für sich genommen kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis der getilgten Verbindlichkeit (BGH ZIP 2008, 2405; NJW 2009, 580; NJW-RR 2007, 530).

Umstände, die im Streitfall dafür sprechen könnten, dass der Begleichung der Rechnung durch die Klägerin ausnahmsweise eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der Höhe der zu Grunde liegenden Forderung beizumessen wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Im Zeitpunkt der Rechnungszahlung bestand für die Parteien keine Unsicherheit über die Höhe des geschuldeten Nutzungsentgeltes, da beide Seiten - wenn auch möglicherweise unterschiedliche - feste Vorstellungen hierzu hatten und sich insoweit keiner Differenzen bezüglich des Inhalts der getroffenen Vereinbarung bewusst waren. Die Forderung des nicht näher erläuterten Betrages durch die Beklagten mit Schreiben vom 18. Juni 2009 enthielt auch keine Ausführungen bzw. Berechnungen, anhand derer die Klägerin ohne weiteres hätte erkennen müssen, dass die Forderung nicht ihrer Vorstellung von der Vereinbarung mit den Beklagten entsprach. Bei dieser Sachlage ist die Klägerin trotz vorbehaltloser Zahlung an der Rückforderung eines überzahlten Teilbetrages nicht gehindert.

2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen aus § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.