Gericht | OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 11.03.2013 | |
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Aktenzeichen | 10 UF 13/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. wird zurückgewiesen.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: bis 1.200 €
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Auf den am 27.4.2007 zugestellten Antrag hin hat das Amtsgericht die Folgesache Versorgungsausgleich unter dem 4.9.2007 abgetrennt und mit Urteil vom 4.9.2007 die am 6.12.1986 geschlossene Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin geschieden. Mit Beschluss vom 14.11.2007 ist der Versorgungsausgleich nach § 2 VAÜG ausgesetzt worden. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens durch Verfügung vom 27.9.2012 und Einholung neuer Auskünfte hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 6.12.2012 den Versorgungsausgleich nach dem ab dem 1.9.2009 geltenden materiellen und Verfahrensrecht durchgeführt. Es hat die Anrechte der geschiedenen Eheleute bei den weiteren Beteiligten jeweils im Wege der internen Teilung ausgeglichen. Mit ihrer gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde macht die weitere Beteiligte zu 1. geltend, ein Ausgleich der Anrechte der Antragsgegnerin aus der bei ihr bestehenden freiwilligen Versicherung sei nicht vorzunehmen. Denn es handele sich um ein Anrecht, das geringfügig ist.
II.
Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 4 FGG-RG, § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG das ab dem 1.9.2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden, weil das Verfahren vom Scheidungsverbund abgetrennt, als Folgesache ausgesetzt und erst nach dem 1. September 2009 wieder aufgenommen worden ist.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. ist form- und fristgerecht eingelegt. Die weitere Beteiligte zu 1. ist auch beschwerdebefugt (vgl. dazu BGH, FamRZ 2013, 207). Die Beschwerde, über die der Senat nach Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne erneute Verhandlung entscheidet, führt in der Sache nicht zum Erfolg.
1.
Soweit es um den Ausgleich der Anrechte der geschiedenen Ehegatten bei den weiteren Beteiligten zu 2. bis 4. geht, bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts, ohne dass es hierzu weiterer Ausführungen bedarf. Die weitere Beteiligte zu 1. hat ihre Beschwerde auf den Ausgleich der Anrechte beschränkt, die die Antragsgegnerin bei ihr erworben hat. Eine solche Teilanfechtung ist zulässig, weil bei mehreren Anrechten der Ehegatten die Teilung innerhalb der einzelnen Versorgung erfolgt und die Entscheidungen zu den jeweiligen Anrechten nicht voneinander abhängig sind (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2011, 547). Daher beschränkt sich die Überprüfung des Senats auf den angefochtenen Teil der Entscheidung.
2.
Gemäß § 3 VersAusglG ist dem Versorgungsausgleich die Ehezeit vom …1986 bis ...2007 zugrunde zu legen. Die Antragsgegnerin hat in dieser Zeit bei der weiteren Beteiligten zu 1. Anwartschaften auf eine Betriebsrente aus der Pflichtversicherung sowie aus der freiwilligen Versicherung erworben. Diese Anrechte hat die weitere Beteiligte zu 1. in ihrer von keiner Seite beanstandeten Auskunft vom 18.10.2012 wie folgt angegeben:
in der Pflichtversicherung | ||
Ehezeitanteil | 29,99 Versorgungspunkte | |
Ausgleichswert | 17,05 Versorgungspunkte | |
korrespondierender Kapitalwert | 5.505,55 € | |
(abzügl. Teilungskosten) | ||
in der freiwilligen Versicherung | ||
Ehezeitanteil | 9,71 Versorgungspunkte | |
Ausgleichswert | 5,51 Versorgungspunkte | |
korrespondierender Kapitalwert | 1.548,66 € | |
(abzügl. Teilungskosten) |
3.
Zu Recht - und von der Beschwerde unbeanstandet - hat das Amtsgericht den Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin aus der Pflichtversicherung gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG im Wege der internen Teilung vorgenommen. Gleiches gilt für das Anrecht aus der freiwilligen Versicherung. Denn das Anrecht aus der Pflichtversicherung ist nicht geringfügig im Sinne des § 18 Abs. 2, 3 VersAusglG. Das Anrecht aus der freiwilligen Versicherung ist unter Ermessensgesichtspunkten ebenfalls auszugleichen.
§ 18 Abs. 1 VersAusglG findet hier schon deshalb keine Anwendung, weil den Anrechten der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 1. kein gleichartiges Anrecht des Antragstellers gegenübersteht. Im Übrigen sind die Anrechte der Antragsgegnerin aus der Pflichtversicherung und der freiwilligen Versicherung mit Blick auf die von der weiteren Beteiligten zu 1. in ihrem Schreiben vom 25.2.2013 dargestellten Unterschiede in der Wertentwicklung und im gewährten Risikoschutz wie einzelne Anrechte zu behandeln.
Nach § 18 Abs. 2 VersAusglG sollen Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgeglichen werden. Die Geringfügigkeitsgrenze bemisst sich bei Anrechten, deren maßgebliche Bezugsgröße - wie bei den hier vorliegenden - kein Rentenbetrag ist, nach dem Kapitalwert, den der Ausgleichswert des Anrechts am Ende der Ehezeit hatte (§ 18 Abs. 3 VersAusglG).
a)
Der Ausgleichswert des Anrechts der Antragsgegnerin aus der Pflichtversicherung beträgt 5.505,55 €. Er liegt damit über der bei Ehezeitende im Jahr 2007 geltenden Bagatellgrenze von 2.940 € (120 % der monatlichen Bezugsgröße von 2.450 €; vgl. Schürmann, Tabellen zum Familienrecht, 33. Aufl., S. 27).
b)
Ferner hat das Amtsgericht zu Recht auch das Anrecht der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 1. aus der freiwilligen Versicherung ausgeglichen.
Im Ausgangspunkt zutreffend verweist die weitere Beteiligte zu 1. darauf, dass das bei ihr bestehende Anrecht der Antragsgegnerin aus der freiwilligen Versicherung mit einem Kapitalwert von 1.548,66 € im Sinne von § 18 Abs. 2 VersausglG geringfügig ist, weil es für sich genommen die genannte Bagatellgrenze nicht überschreitet. Darauf hat sich die Prüfung des Gerichts jedoch nicht zu beschränken. Vielmehr eröffnet § 18 Abs. 2 VersAusglG ein Ermessen dahin, zu prüfen, ob der Ausgleich des Anrechts trotz der Geringfügigkeit ausnahmsweise geboten ist. Maßstab ist der grundsätzlich zu beachtende Halbteilungsgrundsatz. So soll mit § 18 Abs. 2 VersAusglG nach dem Zweck dieser Vorschrift vornehmlich ein hoher Verwaltungsaufwand für den Versorgungsträger vermieden werden, der durch die Teilung und Aufnahme eines neuen Anwärters verursacht wird und der im Hinblick auf geringwertige Anrechte unverhältnismäßig wäre. Seine Grenze findet dieser Zweck jedoch, wenn dieser nicht oder nur unwesentlich erreicht wird, weil z.B. für beide Ehegatten bereits jeweils ein Konto bei dem Versorgungsträger geführt wird. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Versorgungsträger nach § 13 VersAusglG zusätzliche Kosten im Rahmen der Teilungskosten zumindest teilweise kompensieren kann (vgl. BGH FamRZ 2012, 192; FamRZ 2012, 610).
Danach hat hier der Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin aus der freiwilligen Versicherung zu erfolgen. Die weitere Beteiligte zu 1 muss für den Antragsteller bereits aufgrund der internen Teilung des Anrechts aus der Pflichtversicherung ein Versicherungskonto einrichten. Dieses Konto wird auch für die freiwillige Versicherung verwendet und nur durch eine Versicherungsnummer ergänzt. Zwar fällt laufend zusätzlicher Verwaltungsaufwand z.B. für den regelmäßig durchzuführenden Schriftverkehr an. Zudem werden die Beiträge aus der freiwilligen Versicherung getrennt von der Pflichtversicherung gebucht und verwaltet. Relevanz entfaltet dies jedenfalls bei der Berechnung der möglichen Überschussverteilung in Form von Bonuspunkten. Allerdings können und werden die Kosten durch die Teilungskosten nach § 13 VersAusglG, die hier in gleicher Höhe wie für die Pflichtversicherung angesetzt werden, jedenfalls teilweise kompensiert (vgl. BGH, FamRZ 2012, 610). Der Aufwand dürfte zudem, da laufende Beitragszahlungen des Ausgleichsberechtigten nicht erfolgen, überschaubar bleiben. Die Rentenauszahlung erfolgt einheitlich. Damit fällt ebenfalls kein zusätzlicher Aufwand an. Selbst wenn die freiwillige Versicherung - im Gegensatz zur Pflichtversicherung - als Einmalzahlung zur Auszahlung gelangt, beschränkt sich der Aufwand auf die einmalige Berechnung. Eine im Übrigen zu vermeidende Splitterversorgung entsteht durch die einheitliche Auszahlung hier nicht.
Die von der weiteren Beteiligten zu 1. angeführte mögliche Absenkung der Garantieleistung auf 75 % spricht eher gegen eine besondere Belastung des Versorgungsträgers. Das Risiko für die Antragsgegnerin bleibt überschaubar, zumal sie mit Blick auf die Gesamtversorgungsbilanz und ihr Alter auf die aus der möglichen Absenkung folgende Reduzierung der Rentenleistung nicht angewiesen ist.
Zu Recht verweist der Antragsteller im Übrigen darauf, dass im Falle des Nichtausgleichs des Anrechts eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vorliegt, nachdem sein - allerdings nicht geringfügiges - Anrecht aus der freiwilligen Versicherung bei der A… zugunsten der Antragsgegnerin ausgeglichen wurde.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 FamFG, die Wertfestsetzung auf § 50 Abs. 1 FamGKG.
5.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Nach den Ausführungen der weiteren Beteiligten zu 1., die jedenfalls mit Blick auf die zitierte Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts zutreffen, besteht in der Rechtsprechung bei der Behandlung von Pflichtversicherung und freiwilliger Versicherung im Rahmen des § 18 VersAusglG eine unterschiedliche Sachbehandlung.