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Entscheidung 6 U 15/16


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 15.10.2019
Aktenzeichen 6 U 15/16 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2019:1015.6U15.16.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 02.02.2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 12 O 131/14 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach EEG für eingespeisten Strom in dem Zeitraum vom 22.11.2012 bis zum 16.06.2013.

Die Klägerin betreibt am Standort R…, K…, eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 3.829,68 KW. Die Solarmodule sind angebracht auf Dächern von Stallgebäuden, welche von der … Agrargesellschaft GmbH & Co. KG (Agrargesellschaft) betrieben werden. Diese unterhält ein Arealnetz mit mehreren Trafostationen, aus dem die Energie für den Eigenverbrauch der Agrargesellschaft und die Kundenanlage der Klägerin entnommen wird. Sodann erfolgt die Einspeisung der Energie im Wege kaufmännisch-bilanzieller Einspeisung nach § 8 Abs. 2 EEG 2012 in das im streitgegenständlichen Zeitraum von der Beklagten betriebene Netz.

Die Photovoltaikanlage wurde am 29.06.2012 in Betrieb genommen und im November 2012 mit einer Fernwirkanlage als Einrichtung nach § 6 Abs. 1 EEG 2012 ausgestattet. Die Beklagte hat die von den jeweiligen, an ihr Netz angeschlossenen Anlagenbetreiber zu erfüllenden technischen Anforderungen an Fernwirkanlagen in ihrer „Werknorm Technische Anschlussbedingungen WN TAB 2020“ (Bl. 782ff. GA) zusammengefasst. Die von der Klägerin eingebaute Fernwirkanlage wurde von der Beklagten bezogen und erlaubt grundsätzlich die Reduzierung der Einspeiseleistung in den Stufen 100 % (keine Reduzierung), 60 %, 30 %, null (keine Einspeisung). Sie verfügt außerdem über einen so genannten Not-Aus-Befehl, mit dem die Anlage technisch vollständig vom Netz getrennt werden kann.

Die Klägerin ließ die Fernwirkanlage einbauen durch die Firma C… GmbH, deren Geschäftsführer der Zeuge M... ist. Die Fernwirkanlage wurde am 22.11.2012 ohne Beteiligung der Beklagten einer Vorprüfung unterzogen. Über das Ergebnis wurde ein Protokoll erstellt (Bl. 106 GA). Seit diesem Tag speist die Klägerin über das Arealnetz Strom in das Netz der Beklagten ein.

Am 26.02.2013 fand ein Termin zur Abnahme der Fernwirkanlage in Anwesenheit eines Mitarbeiters der Beklagten, des Zeugen H... statt. Zu diesem Zeitpunkt war die Fernwirkanlage so an die Anlage der Klägerin angebunden, dass der Not-Aus-Befehl niederspannungsseitig die Wechselrichter in den einzelnen Trafostationen auf Null schaltete. Zudem war in der Anlage der Klägerin ein digitales Schutzgerät mit Steuerungs-, Überwachungs- und Kommunikationsfunktionen verbaut. Das durch den Zeugen H... mit Datum 26.02.2013 erstellte „Inbetriebnahmeprotokoll für Fernwirkanlagen in EEG-Stationen“ notiert verschiedene Mängel der Anlage, unter anderem unter Ziff. II.22: „Die Messumformer müssen noch mal vorgeführt werden und nach TAB2020 in Zelle J04 eingeschliffen werden“, Ziff. III. Bemerkungen: „Es gab bei allen Rückmeldungen Verdrahtungsprobleme. Die Anlage wurde nicht richtig vorgeprüft“, Ziff. IV.9: „Der Not-aus Befehl funktioniert in der Schaltanlage nicht. Der Not- aus Befehl funktioniert gar nicht“ und Ziff. V.: Bemerkungen: „der Not-aus Befehl funktioniert gar nicht. Deshalb wird die Anlage auch nicht übernommen.“ (Wegen der weiteren Einzelheiten des Protokolls wird auf Bl. 107 GA Bezug genommen.)

In dem Termin am 10.06.2013 nahm die Beklagte die Fernwirkanlage schließlich als funktionstüchtig ab.

Seit diesem Tag zahlt sie der Klägerin Vergütung nach EEG 2012. Für den zuvor im Zeitraum 22.11.2012 bis 10.06.2013 eingespeisten Strom, insgesamt 1.377.676 kWh hat sie gegenüber der Klägerin unter Bezugnahme auf §§ 17 Abs. 1, 6 EEG 2012 so genannte „Null-Rechnungen“ ausgestellt (Bl. 35ff GA). Die Klägerin hat ihrerseits eine Abrechnung der eingespeisten Strommengen vorgelegt, aus der sich für den Zeitraum 22.11.2012 bis 10.06.2013 ein Zahlungsanspruch von insgesamt von 316.822,71 € brutto (266.237,57 € netto) ergibt.

(Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 53 GA Bezug genommen.)

Die Klägerin hat behauptet, die Fernwirkanlage sei bereits ab dem 22.11.2012, jedenfalls aber ab dem 26.02.2013 funktionstüchtig eingebaut gewesen und habe eine Reduzierung der Einspeiseleistung in den Stufen 100 %, 60 %, 30 %, 0 % erlaubt. Auch der Not-Aus-Befehl sei umgesetzt worden. Sie hat die Ansicht vertreten, die rechtlichen Anforderungen des § 6 EEG erfüllt zu haben, insbesondere ergebe sich das Erfordernis der von der Beklagten geforderten Not-Aus-Funktion nicht aus dem Gesetz.

Die Klägerin hat beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, für die von ihr erzeugte und an die Beklagte übergebene Energiemenge im Zeitraum vom 22.11.2012 bis zum 16.06.2013 an sie 266.237,57 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer = 316.822,71 € (brutto) zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und zwar über den Betrag in Höhe von 1.808,02 € ab dem Zeitraum 01.01.2013, über den Betrag in Höhe von 3.856,35 € ab dem 01.02.2013, über den Betrag in Höhe von 2.348,44 € ab dem 01.03.2013, über den Betrag in Höhe von 6.185,01 € ab dem 01.04.2013, über den Betrag in Höhe von 45.737,38 € ab dem 01.05.2013, über den Betrag in Höhe von 93.437,77 € ab dem 01.06.2013, über den Betrag in Höhe von 111.653,14 € ab dem 01.07.2013, über den Betrag in Höhe von 51.796,60 € ab dem 01.08.2013 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtlich entstandene, nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.640,45 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, anlässlich der Abnahme am 26.02.2013 sei der Not-Aus-Befehl nicht aktivierbar gewesen. Auch hätten an diesem Tag nicht alle gängigen Reduzierungsbefehle betreffend Einspeiseleistungen angenommen und umgesetzt werden können.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Anlage der Klägerin habe deshalb bis zum 10.06.2013 die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2012 nicht erfüllt mit der Folge, dass sich der Vergütungsanspruch nach § 17 Abs. 1 EEG 2012 auf Null reduziert habe.

Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache vollständig und hinsichtlich der Zinsen unter Abweisung im Übrigen nur teilweise stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch in geltend gemachter Höhe auf Vergütung nach § 16 Abs. 1 EEG 2012 zu. Dieser Anspruch sei nicht nach §§ 17 Abs. 1, 6 EEG 2012 ausgeschlossen. Ausweislich des Abnahmeprotokolls vom 26.02.2013 sei die Fernwirkanlage an diesem Tag regelbar gewesen und der Aus-Befehl habe funktioniert. Ob auch der Not-Aus-Befehl funktioniert habe, sei unerheblich, denn diese Funktion werde gesetzlich nicht gefordert. Eine über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende vertragliche Vereinbarung betreffend die Eigenschaften der von der Klägerin vorzuhaltenden Fernwirkeinrichtung einschließlich einer Regelung über ein Entfallen des Vergütungsanspruches bei mangelnder Funktionsfähigkeit sei von den Parteien nicht getroffen worden. Nach der gesetzlichen Regelung sei es ausreichend, wenn der Netzbetreiber die Anlage im Notfall im Wege des Zugriffs auf die einzelne Anlage außer Betrieb nehmen könne. Diese Anforderung sei hier erfüllt gewesen. Wenn die gesetzlichen Anforderungen des § 6 EEG vorlägen und die vom Netzbetreiber vorgegebene konkrete Ausgestaltung einer ferngesteuerten Not-Aus-Funktion sich bereits im Stadium der Einrichtung befinde, bestehe kein rechtlich geschütztes Interesse des Netzbetreibers am Ausschluss der Vergütungspflicht.
(Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.)

Die Beklagte hat gegen das ihr am 11.02.2016 zugestellte Urteil mit am 10.03.2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit am 10.05.2016 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie verfolgt ihren Antrag auf Klageabweisung weiter und macht geltend, der Klägerin stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch nach §§ 17, 6 EEG 2012 nicht zu, denn diese sei der ihr als Anlagenbetreiberin obliegenden Pflicht nicht nachgekommen, im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, dass sie die in ihren Verantwortungsbereich fallenden Voraussetzungen für die Einbindung der Regeleinrichtung in das Netzsicherheitsmanagement erfüllt habe. Bei dem Abnahmetermin am 26.02.2013 seien Verdrahtungsprobleme vorgefunden worden, die eine Funktionsfähigkeit der Fernwirkanlage in dem Zeitraum zuvor ausgeschlossen hätten. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass die Einspeisung der Anlage am 22.11.2012 nicht reduzierbar gewesen sei. Ein Vergütungsanspruch für eingespeisten Strom ab diesem Tage bestehe keinesfalls.

Auch am 26.02.2013 sei die Fernwirkanlage nicht voll funktionsfähig gewesen, so habe der Not-Aus Befehl nicht funktioniert. Die von der Klägerin realisierte Not-Aus-Regelung in den Wechselrichtern habe nicht die von ihr, der Beklagten, geforderte mechanische Trennung der Anlage von Netz bewirkt. Die Arbeiten des für die Klägerin im Abnahmetermin auftretenden Zeugen M... hätten nicht zum Erfolg geführt. Die Not-Aus-Funktion sei Bestandteil des gesetzlich geregelten Einspeisemanagements und diene der Netzsicherheit und Netzstabilität, sie ermögliche die sofortige Abschaltung aller Anlagen im betreffenden Netzgebiet. Die Funktion gehöre deshalb zu den gängigen Regelstufen im Rahmen der technischen Anforderungen des § 6 EEG 2012.

Die durch die Klägerin veranlasste Vorschaltung eines Schutzgerätes zwecks Prüfung eingehender Signale vor die Fernwirkanlage widerspreche den Anforderungen der WN TAB 2020, wonach der Not-Aus-Befehl durch Netzsicherheitsmanagement im Interesse der Netzsicherheit direkt auf eine Schalteinrichtung (in der Regel den Leistungsschalter) wirken müsse, die unmittelbar der Erzeugungsanlage bzw. den Erzeugungseinheiten zugeordnet sei. Bei der am 26.02.2013 vorgefundenen Lösung der Klägerin hätte im Falle einer Fehlfunktion in ihrer Kundenanlage kein unmittelbarer Zugriff auf den Leistungsschalter bestanden, so dass die Fernwirkanlage die Abschaltung der Erzeugungsanlage in einem solchen Fall nicht hätte veranlassen können. Sie sei als Netzbetreiberin nicht verpflichtet, andere als die von ihr allgemein vorgegebenen Not-Aus-Lösungen zu akzeptieren, auch wenn diese von den Anlagenbetreibern selbst als besser oder gleichwertig befunden würden. Es gehe nicht darum, ihr als Netzbetreiber irgendeine Möglichkeit zu eröffnen, die Erzeugungsanlage abzuschalten, vielmehr müsse die Fernwirkanlage die gezielte Reduzierung bzw. unmittelbare Abschaltung der Einspeisung sicherstellen. Die Ausgestaltung ihres Einspeisemanagements sei diskriminierungsfrei, sie stelle gegenüber allen Anlagenbetreibern dieselben Anforderungen. Da die Sanktion des § 17 Abs. 1 EEG 2012 nach dem Willen des Gesetzgebers dazu diene, die Anlagenbetreiber anzuhalten, ihre Pflichten nach § 6 EEG 2012 im Interesse der Netzsicherheit zu erfüllen, komme es für die Entstehung des Vergütungsanspruchs auch nicht darauf an, ob sie als Netzbetreiber ein rechtlich geschütztes Interesse am Ausschluss der Vergütungspflicht habe.

Der Klägerin stehe zudem nach § 17 Abs. 1 EEG 2012 wegen der am 26.02.2013 festgestellten Mängel an der Verdrahtung der Messwerterfassung bis zum 10.06.2013 kein Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung zu. Die von der Klägerin zunächst realisierte Lösung habe nicht die Ist-Einspeisung unter Berücksichtigung des Stromverbrauchs in der Kundenanlage, sondern den in der Photovoltaik-Anlage produzierten Strom erfasst. Dabei sei unberücksichtigt geblieben, dass der erzeugte Strom teilweise im Arealnetz auch durch die Agrargesellschaft konsumiert werde. Erst nach dem später erfolgten Einschleifen des Messumformers in der Zelle J04 seien die technischen Voraussetzungen des § 6 EEG 2012 erfüllt gewesen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und behauptet, die Fernwirkanlage hätte es der Beklagten am 26.02.2013 ermöglicht, im Bedarfsfall die Anlage der Klägerin auf „Null“ zu schalten.

Sie vertritt weiterhin die Ansicht, es sei Sache der Beklagten darzulegen, warum für sie ein Not-Aus-Befehl technisch notwendig sei, denn die Beklagte stelle insoweit eine Anforderung, welche das gesetzlich Geforderte überschreite und lediglich für sie, die Beklagte, eine Vereinfachung in der Handhabung bewirke. Das Erfordernis einer Not-Aus Funktion ergebe sich weder aus den Vorgaben des § 49 EnWG noch aus VDE-Vorschriften und entspreche nicht den Regeln der Technik. Die Beklagte als Netzbetreiber könne nicht einfach technische Maßnahmen vorgeben, ohne diese zu begründen oder pauschal mit einem technischen Bedürfnis zu rechtfertigen. Da die Beklagte die Photovoltaikanlage zunächst auch ohne den Einbau der Fernwirkanlage an das Netz angeschlossen habe, könne deren Notwendigkeit auch nicht mit Sicherheitserwägungen begründet werden.

Die vor dem 26.02.2013 realisierte Lösung, die Fernwirkanlage so einzubauen, dass die Energieeinspeisung in den Wechselrichtern unterbrochen werde, genüge den gesetzlichen Anforderungen. Dies führe die von der Beklagten geforderte mechanische Trennung der Anlage von Netz herbei und sei einem „Not-Aus“ auf Leistungsschalterebene gleichwertig. Zugleich biete diese Lösung für sie als Anlagenbetreiberin den Vorteil, dass die Stromversorgung zur Überwachung der Anlage noch funktioniere und nicht auf zeitlich begrenzte Batterieversorgung zurückgegriffen werden müsse.

Die durch sie, die Klägerin, bewirkte Einbindung des Schutzgerätes in die Fernwirkanlage stehe dem Bedürfnis der Beklagten nach Netzsicherheit nicht entgegen. Das Schutzgerät greife hinsichtlich des Not-Aus-Befehls nicht aktiv in den Regelmechanismus ein. Es diene der Überwachung des gesamten Auslösekreises zur Zelle J05, die über insgesamt vier Wege verfüge, einen Ausschaltbefehl zu rezipieren, nämlich „AUS durch Schutzgerät“, „AUS durch Zählung“, „AUS-Befehl (LS-Aus)“ und „NOT-AUS“. Nur die ersten drei Befehle würden durch das Schutz-, Steuer- und Überwachungsfunktionen abbildende Schutzgerät verarbeitet. Die von der Beklagten geforderte Lösung ohne Vorschaltung eines solchen Schutzgeräts führe bei Abschaltungen in der Zelle J05 zu umfangreicher Fehlersuche und verunmögliche das Abrufen aktueller Zustandsmeldungen des Solarparks.

Soweit die Beklagte die Sanktion des § 17 Abs. 1 EEG 2012 an die mangelnde Funktionsfähigkeit des - gesetzlich nicht geforderten - Not-Aus-Befehls knüpfe, seien ihre Vorgaben unverhältnismäßig. Dies gelte selbst für den Fall, dass der Einbau einer Not-Aus-Funktion Stand der Technik in den Jahren 2012/2013 gewesen sein sollte, denn dieser Begriff sei so wenig konkret, dass ein etwaiger Verstoß nicht die gravierenden Folgen eines Vergütungsausschlusses nach sich ziehen könne.

Jedenfalls sei ihr zumindest für den ab dem 01.03.2013 eingespeisten Strom Vergütung zu zahlen. Denn der Zeuge M... habe noch am Abend des 26.02.2013, nachdem der Zeuge H... bereits abgereist gewesen sei, die von der Beklagten gewünschte Lösung der Anbindung des Not-Aus-Befehls funktionsfähig herbeigeführt. Damit habe sie die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, ohne dass es darauf ankomme, dass die Fertigstellung nicht im Beisein des Mitarbeiters der Beklagten H... erfolgt sei.

Soweit das Inbetriebnahmeprotokoll vom 26.02.2013 Mängel hinsichtlich der Parametrierung der Messwertumformer verzeichne, bestehe kein Zusammenhang mit der nach § 6 Abs. 1 EEG 2012 geforderten Abrufung der Ist-Einspeisung. Die Ist-Werte würden durch andere Messeinrichtungen erfasst, welche die Beklagte selbst bereits vor Inbetriebsetzung der Anlage geliefert und montiert habe.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen Ch… M... und des gegenbeweislich von der Beklagten benannten Zeugen R… H... gemäß Beweisbeschluss vom 15.05.2018 (Bl. 512 GA). Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2018 (Bl. 511 ff. GA) Bezug genommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Klägerin hat unter dem 27.09.2019 einen nicht nachgelassenen Schriftsatz zu den Akten gereicht.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) hat auch in der Sache Erfolg. Das landgerichtliche Urteil unterliegt der Abänderung, denn die Klägerin kann Vergütung für den in dem Zeitraum 22.11.2012 bis 10.06.2013 in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom nicht verlangen. Der ihr als Betreiberin einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zukommende Anspruch auf Vergütung nach § 19 Abs. 1 des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien vom 21.07.2014 (EEG 2014) ist wegen Verstoßes gegen die technischen Vorgaben nach § 6 Abs. 1 EEG in der bis 31.07.2014 geltenden Fassung (EEG 2012) auf Null reduziert, §§ 6 Abs. 6, 17 EEG 2012. Die Klage ist deshalb abzuweisen.

1) Der Vergütungsanspruch der Klägerin beurteilt sich nach den Regelungen des EEG 2014. Für Strom aus Anlagen, die nach Maßgabe des bis zum 31.07.2014 geltenden Inbetriebnahmebegriffs, wie hier, vor dem 01.08.2014 in Betrieb genommen worden sind, sind nach § 100 Abs. 1 EEG 2014 grundsätzlich die Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden, mithin auch die Vergütungsregelung des § 19 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2014. Hinsichtlich der Regelungen betreffend technische Vorgaben (§ 9 EEG 2014) gilt dies nach § 100 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2014 allerdings mit der Maßgabe, dass statt des § 9 Abs. 7 EEG 2014 die Bestimmung des § 6 Abs. 6 EEG 2012 und damit zugleich § 17 Abs. 1 EEG 2012 anzuwenden sind. Dies führt dazu, dass bei der von der Klägerin betriebenen Anlage, welche über eine installierte Leistung von mehr als 100 kW verfügt, die Nichteinhaltung der nach § 6 Abs. 1 EEG 2012 geforderten technischen Vorgaben zur ferngesteuerten Reduzierung der Einspeiseleistung zur Folge hat, dass der Vergütungsanspruch während der Dauer des Verstoßes auf Null reduziert ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2015 - VIII ZR 304/14 Rn 19; zit. nach juris).

2) Die Klägerin ist im streitgegenständlichen Zeitraum den nach § 6 Abs. 1 EEG 2012 bestehenden Vorgaben nicht nachgekommen. Sie hat nicht bewiesen, dass sie als Betreiberin einer Anlage mit einer Leistung von mehr als 100 Kilowatt diese so mit einer technischen Einrichtung ausgestattet hatte, dass es der Beklagten als Netzbetreiber möglich gewesen wäre, die Einspeiseleistung bei Netzüberlastung jederzeit ferngesteuert reduzieren.

a) Der Begriff der technischen Einrichtung im Sinne von § 6 EEG 2012 ist gesetzlich nicht definiert. Er ist weit zu verstehen (Salje, EEG 2012, 6. Aufl. 2012, § 6 Rn 7) und umfasst jede hard- oder softwaregestützte Vorrichtung, die dem Netzbetreiber durch direkte ferntechnische Einwirkung unmittelbar die Reduktion der Einspeiseleistung ermöglicht (Reshöft/Schäfermeier, EEG, 4. Aufl. 2014, § 6 Rn 10). § 6 EEG 2012 dient in Verbindung mit den Vorschriften über das Einspeisemanagement der Netzsicherheit und der Netzstabilität, welche der Netzbetreiber nur gewährleisten kann, wenn er die Möglichkeit hat, unmittelbar kurzfristig auf die regelnden Anlagen zuzugreifen. Das Gesetz schreibt keine konkrete Technik für die ferngesteuerte Reduzierung der Einspeiseleistung vor, es bestimmt auch nicht, ob die Anlage in bestimmten Stufen, stufenlos oder in Form einer Ab- und Zuschaltbarkeit regelbar sein soll (Schumacher, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Bd 2, 3. Aufl. 2014, § 6 Rn 13, 15). Vielmehr obliegt die Formulierung konkreter Anforderungen an die technischen Einrichtungen nach § 6 EEG 2012 dem jeweils zuständigen Netzbetreiber. Er hat das Netzsicherheitsmanagement im Einzelnen auszugestalten und den Anlagenbetreibern die für die erfolgreiche Umsetzung der dazu notwendigen Maßnahmen erforderlichen technischen Rahmenbedingungen vorzugeben (OLG Naumburg, Urteil vom 21.11.2013 - 2 U 19/13 (Kart) Rn 51; zit. nach juris). Dabei hat er das Diskriminierungsverbot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren (Reshöft/Schäfermeier, a.a.O, Rn 11). Der Netzbetreiber ist deshalb in Bezug auf die von ihm aufzustellenden technischen Vorgaben gehalten, auf den Stand der Technik und die bei Anlagen dieser Art üblichen Auslegungen zurückzugreifen (Salje, a.a.O., Rn 7; Schumacher, a.a.O., Rn 15), nicht jedoch ist er - in Anbetracht der Vielzahl der an sein Netz anzuschließenden Anlagen - verpflichtet, sich mit den von einzelnen Anlagenbetreibern alternativ unterbreiteten Konzepten zur ferngesteuerten Einwirkung auf EEG-Anlagen auseinanderzusetzen und diese auf Kompatibilität mit den Anforderungen des von ihm verantworteten Einspeisemanagements zu überprüfen.

b) Diese Maßgaben hat die Beklagte beachtet, indem sie die von ihr im Zusammenhang mit dem Einbau von Fernwirkanlagen geforderten Netzanschlussbedingungen mit der „Werknorm Technische Anschlussbedingungen - WN TAB 2020“ definiert und damit für alle Anlagenbetreiber die Anforderungen an die Sekundärtechnik bei einem Anschluss von Erzeugungsanlagen an das Mittelspannungsnetz über Anschlussstationen allgemein festgelegt hat. Danach verlangt die Beklagte den Einsatz einer Fernwirkanlage, durch welche die Einspeisung in festgelegten Stufen reduziert werden kann (100%, 60%, 30% und 0%) und die über eine sog. Not Aus-Funktion verfügt. Das von der Beklagten gesendete Signal „Not-Aus“ muss auf eine dafür ausgelegte Schalteinrichtung wirken (in der Regel Leistungsschalter), die unmittelbar der Erzeugungsanlage bzw. den Erzeugungseinheiten zugeordnet ist. Einzelheiten sind vor Ausführung projektspezifisch mit dem Netzbetreiber abzustimmen, Fragen zur Anwendung der WN TAB 2020 sind zu Beginn der Planungsphase der Erzeugungsanlage mit dem Netzbetreiber zu klären. Mit Schreiben vom 13.02.2012, Anlage 2 (Anlage B 11, Bl. 394, 400) hat die Beklagte zudem gegenüber der Klägerin ausgeführt, dass die Realisierung der NOT-AUS-Schaltung nach dem Empfang des Signals unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 5 Sekunden zu erfolgen hat.

Die an den Netzbetreiber zu stellenden Anforderungen betreffend Transparenz und diskriminierungsfreier Gleichbehandlung der Anlagenbetreiber sind damit gewahrt, dies zieht auch die Klägerin nicht in Zweifel. Soweit sie rügt, einzelne dieser Vorgaben, insbesondere das Erfordernis, einen Not-Aus-Befehl umsetzen zu können, welcher unmittelbar, d.h. ohne vorgeschaltetes Schutzgerät, auf den Leistungsschalter wirke, entsprächen nicht dem Stand der Technik, ist sie ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung der technischen Vorgaben nach § 6 EEG 2012 obliegt dem Anlagenbetreiber (vgl. Senat, Urteil vom 13.03.2018 - 6 U 83/15; Urteil vom 03.03.2015 - 6 U 55/13; Salje, a.a.O., Rn 9). Daraus folgt, dass ihm auch die Darlegungslast dafür obliegt, die vom Netzbetreiber geforderten technischen Vorgaben entsprächen nicht dem Stand der Technik, sondern gingen über die nach § 6 Abs. 1 EEG 2012 zu fordernden technischen Parameter hinaus. Entgegen der Auffassung der Klägerin obliegt es danach nicht der Beklagten als Netzbetreiber, die von ihr geforderten technischen Parameter im Einzelnen zu begründen.

Zum Beleg ihrer Behauptung, das Vorhalten einer „Not-Aus“-Funktion entspreche nicht dem technischen Standard im Jahr 2012/2013, hat die Klägerin sich zunächst auf die Technischen Bedingungen eines Netzbetreibers aus dem Regierungsbezirk Schwaben (Bl. 126 ff. GA) betreffend das Jahr 2010 bezogen. Rückschlüsse auf den Stand der Technik im Jahr 2012 in dem sich fortwährend technisch entwickelnden Bereich der Erneuerbaren Energien können daraus nicht zuverlässig gezogen werden, zumal das Vorhalten einer Not-Aus-Funktion neben Reduzierungsstufen auf 0 %, 30 %, 60 % und 100 % im gleichen Zeitraum an anderer Stelle als in der Praxis bewährt bezeichnet wird (vergleiche Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft e.V., Umsetzungshilfe zum EEG 2009, Ziff. 3.2; Reshöft/ Schäfermeier, a.a.O., Rn 12). Auch die von der Klägerin weiter erhobene Rüge, die von der Beklagten in den WN TAB 2020 aufgestellte Vorgabe ergebe sich nicht aus den nach § 49 Abs. 2 EnWG einzuhaltenden VDE-Vorschriften, greift nicht durch. § 49 Abs. 1 EnWG statuiert die Vermutung, dass bei der Errichtung und dem Betrieb von Energieanlagen die technische Sicherheit gewährleistet ist, wenn die technischen Regeln des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) eingehalten worden sind. Es ergibt sich daraus nicht die Bindung des Netzbetreibers, im Rahmen der Konkretisierung der nach § 6 Abs. 1 EEG 2012 zu fordernden Einrichtungen nur solche Parameter aufzustellen, die positiv in einer technischen Regel des VDE normiert sind.

c) Der Einwand der Klägerin, die Bindung des Netzbetreibers hinsichtlich der von ihm festzulegenden Anforderungen an technische Einrichtungen im Sinne von § 6 Abs. 1 EEG 2012 an den „Stand der Technik“ statt an konkrete gesetzliche Vorgaben genüge dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht, an die Nichteinhaltung solcher technischer Vorgaben könne daher nicht eine so weitreichende Sanktion wie der in § 17 Abs. 1 EEG 2012 vorgesehene Vergütungsausschluss geknüpft werden, greift nicht durch. Der Begriff „Stand der Technik“ bezeichnet einen in einer Vielzahl von Rechtsgebieten (u.a. Umweltrecht, Patentrecht, Arbeitssicherheitsrecht, Produktrecht) verwendeten unbestimmten Rechtsbegriff, der auf die Entwicklung von Wissenschaft und Technik Bezug nimmt. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist grundsätzlich unbedenklich, auch wenn durch ihre Verwendung die Schwierigkeiten der verbindlichen Konkretisierung und der laufenden Anpassung an die wissenschaftliche und technische Entwicklung mehr oder weniger auf die administrative und - soweit es zu Rechtsstreitigkeiten kommt - auf die judikative Ebene verlagert werden. Dies rechtfertigt sich aus dem dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraum, dessen Entscheidungen auch durch Erwägungen der praktischen Handhabung beeinflusst werden dürfen. Bei der Frage, welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, sind deshalb die Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie die Regelungsintensität zu berücksichtigen. Bei vielgestaltigen Sachverhalten oder dann, wenn zu erwarten ist, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse rasch ändern, sind geringere Anforderungen zu stellen (BVerfGE 49, 89 - Kalkar I, Schneller Brüter, Rn 101-111 m.w.N.; zit. nach juris). Die Anbindung der vom Netzbetreiber im Zusammenhang mit den Einrichtungen nach § 6 Abs. 1 EEG 2012 zu fordernden technischen Parameter an den „Stand der Technik“ ist danach wegen der im Bereich der Erneuerbaren Energien in besonderem Maße fortschreitenden technischen Entwicklung nicht zu beanstanden.

d) Die von der Beklagten geforderten technischen Parameter hatte die Klägerin bereits ihrer eigenen Darlegung nach nicht bis zum 26.02.2013 realisiert. Bis zu diesem Tag ist die Vergütung für den von ihr seit dem 22.11.2012 eingespeisten Strom deshalb auf Null reduziert.

Nach der bis zu diesem Tag realisierten Einbindung der Fernwirkanlage durchlief das Signal „Not-Aus“ zunächst eine sog. Schutzeinrichtung und bewirkte die Unterbrechung der Einspeisung der Energie auf Wechselrichterebene. Diese Konstruktion entsprach allerdings nicht der in den WN TAB 2020 für alle Anlagen und damit diskriminierungsfrei aufgestellten Anforderung, dass der Not-Aus-Befehl unmittelbar auf den Leistungsschalter wirken müsse. Dabei kann dahinstehen, ob das Schutzgerät, dem nach Darstellung der Klägerin betreffend die Funktionen „Aus durch Schutzgerät“, „Aus durch Zählung“ und „Aus-Befehl (LS-Aus) eine permanente Überwachungsfunktion zukommt, hinsichtlich der Auslösung des „Not-Aus-Befehls“, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betont hat, nur passiv beteiligt war. Denn die Beklagte hat ausgeführt, bereits die Zwischenschaltung des Schutzgerätes als solche begründe die Gefahr, dass bei einem technischen Defekt ein unmittelbarer Zugriff des Not-Aus-Befehls auf den Leistungsschalter beeinträchtigt werde. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Das sich daraus ergebende Risiko ist mit dem durch §§ 17, 6 EEG 2012 verfolgten Ziel, zur Sicherung der Netzstabilität und Netzsicherheit einen jederzeitigen Zugriff des Netzbetreibers auf Anlagen zur Erzeugung von Erneuerbaren Energien ab einer bestimmten Kapazität sicherzustellen, nicht vereinbar. Die sich aus dieser Konstruktion für die Klägerin ergebenden Vorteile, insbesondere der Unterscheidung zwischen einer Schutzabschaltung und einem Aus-Befehl durch die logische Prüfung eingehender Signale und der Aufrechterhaltung der Stromversorgung im Arealnetz im Falle der Aktivierung des Not-Aus-Befehls, können deshalb im Interesse der Allgemeinheit an Netzsicherheit und -stabilität keine Berücksichtigung finden.

e) Auch für den Zeitraum vom 26.02.2013 bis zum 10.06.2013 kann die Klägerin eine Vergütung für den von ihr eingespeisten Strom nicht verlangen. Zum einen hat die Klägerin nicht beweisen können, dass sie im Verlauf des Abnahmetermins am 26.02.2013 die Funktionstüchtigkeit der Fernwirkanlage in der von der Beklagten geforderten Weise hergestellt hat (aa). Zum anderen hat sie der Beklagten als Netzbetreiberin auch nicht nachgewiesen, dass die Funktionsfähigkeit der Fernwirkanlage vor dem 10.06.2013 bewirkt war (bb).

aa) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Senates fest, dass die Photovoltaikanlage der Klägerin zum Abschluss des Abnahmetermins am 26.02.2013 über eine unmittelbar auf den Leistungsschalter der Erzeugungsanlage wirkende Not-Aus-Funktion verfügte.

Zwar hat der von der Klägerin benannte Zeuge M... bekundet, er habe am Abnahmetag die Not-Aus-Funktion, wie von der Beklagten gefordert, eingerichtet, nachdem zunächst technische Probleme bestanden hätten, die in dem Termin selbst gelöst worden seien. Dabei habe die Not-Aus-Funktion der Fernwirkanlage bei der Abnahme am 26.02.2013 von Beginn an funktioniert, und zwar sei zunächst die softwareseitige Not-Aus-Funktion eingerichtet gewesen. Die Beklagte habe allerdings eine andere Not-Aus-Funktion verlangt, eine, die er für unelegant halte, weil sie auch den Eigenbedarf der Anlage abschalte. Die von der Beklagten geforderte Funktion hätte bei Wiedereinschalten der Anlage zu Problemen geführt, weil es dann keine Erkenntnisse darüber hätte geben können, in welchem Zustand sich die Anlage befinde. Da die Beklagte im Abnahmetermin aber diese Funktion verlangt habe, habe er, der Zeuge, sie durch eine Änderung der Verdrahtung eingerichtet. Am Schluss sei der Not-Aus-Befehl in der von der Beklagten geforderten Anbindung funktionstüchtig gewesen.

Dieser Aussage steht jedoch diejenige des von der Beklagten gegenbeweislich benannten Zeugen H... unvereinbar gegenüber. Dieser hat bekundet, bei dem Abnahmetermin sei festgestellt worden, dass die von der Beklagten ausgesandten Signale auf ihrer - der Beklagten - vor Ort befindlichen Klemmleiste ankommen. Jedoch sei eine entsprechende Rückmeldung durch die Anlage der Klägerin nicht erfolgt. Der Not-Aus-Befehl habe den Leistungsschalter an der Anlage der Klägerin nicht gelöst. Dieses Problem habe bis zum Schluss des Abnahmetermins nicht beseitigt werden können. Eben dieses Ergebnis hält auch das vom Zeugen H... am 26.02.2013 verfasste Inbetriebnahmeprotokoll fest (Anlage B 7, Bl. 107ff. GA).

Der Senat vermag daher nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf Grund dieser Aussage des Zeugen H... die für seine Überzeugung erforderliche Gewissheit von der Funktionsfähigkeit der Not-Aus-Funktion im Abnahmetermin am 26.02.2013 in der von der Beklagten geforderten Variante nicht zu gewinnen. Es liegt die Situation eines non-liquet vor.

Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht kein Anlass, der Aussage des Zeugen M... ein höheres Gewicht einzuräumen, als derjenigen des Zeugen H.... Beide Aussagen sind gleichermaßen glaubhaft. Insbesondere bietet der Umstand, dass der Zeuge M... bekundete, konkrete Erinnerung an den Tag der Abnahme zu haben, während der Zeuge H... sich an den Abnahmetermin nur noch unter Bezug auf das ihm vorliegende Protokoll erinnern konnte, keinen Anlass an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen
H... zu zweifeln. Das unterschiedliche Erinnerungsvermögen der Zeugen liegt vielmehr darin begründet, dass der Zeuge M... nicht allein mit der Abnahme der Anlage befasst war, sondern diese als Subunternehmer für die Klägerin selbst eingebaut und vorgeprüft hatte, während der Zeuge H... nur am 26.02.2013 zur Abnahme vor Ort war. Gleichwohl bietet dies keinen Anlass, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen H... in Zweifel zu ziehen, denn er hat seine Aussage auf das von ihm selbst zeitnah nach dem Abnahmetermin erstellte Inbetriebnahmeprotokoll gestützt, in welchem er die einzelnen abgearbeiteten Prüfungspunkte mit ihrem am Schluss des Tages vorliegenden Ergebnis zusammengefasst hat. Der Zeuge H... hat dieses Inbetriebnahmeprotokoll auch zeitnah nach dem Abnahmetermin verfasst. So ist es bereits unter dem 05.03.2013 an den Zeugen M... zur Stellungnahme weitergeleitet worden, wie sich aus der Zusammenschau der Anlagen B 17 und B 18 (Bl. 689-697 GA) ergibt. Tatsachen, welche die von der Klägerin geäußerten Zweifel an der Richtigkeit des Protokolls begründen können, sind auch im Übrigen nicht erkennbar.

Der Überzeugungskraft der Aussage des Zeugen H... steht auch nicht entgegen, dass er das für das Protokoll vorgesehene Formular nicht während des Termins selbst, sondern nach dessen Abschluss ausgefüllt hat. Dies ergibt sich bereits aus der Funktion des Protokolls, den Zustand der Anlage bei Beendigung des Abnahmetermins festzuhalten.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ergeben sich auch aus dem Umstand, dass der Zeuge H... sich nicht an die Teilnahme des Zeugen M... am Abnahmetermin erinnern konnte, keine erheblichen Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Denn der Zeuge
H... hat angegeben, dass die Teilnehmer an dem Abnahmetermin ihre Namen selbst in eine entsprechende Liste eingetragen haben. Dass er nicht zu erläutern vermochte, weshalb der Name des ihm unbekannten Zeugen M... dort nicht verzeichnet ist, stattdessen der Name des nicht anwesenden Herrn B…, ist vor diesem Hintergrund ohne weiteres nachzuvollziehen.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen H... bestehen nicht. Allein der Umstand, dass er als Mitarbeiter der Beklagten in deren Lager steht, ist nicht geeignet, Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit zu begründen. Der Senat ist zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen H... auch nicht gehalten, die Beweisaufnahme wegen stattgefundenen Richterwechsels nach der Beweiserhebung zu wiederholen. Zwar hat von den drei an der Entscheidung mitwirkenden Richter nur einer an der Beweisaufnahme teilgenommen. Der Richterwechsel nach einer Beweisaufnahme erfordert aber nicht grundsätzlich deren Wiederholung, denn eine frühere Zeugenaussage kann im Wege des Urkundsbeweises durch Auswertung des Vernehmungsprotokolls verwertet werden. Das Gericht darf dann allerdings bei der Beweiswürdigung nur das berücksichtigen, was auf der Wahrnehmung aller an der Entscheidung beteiligten Richter beruht oder aktenkundig ist und wozu die Parteien sich erklären konnten. Das gilt auch, wenn das Gericht den persönlichen Eindruck eines Zeugen zur Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit heranziehen will (BGH, Urteil vom 04.12.1990
- XI ZR 310/89 Rn 6; zitiert nach juris). Eindrücke, die nicht in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen worden sind, zu denen die Parteien also keine Stellung nehmen konnten, sind vorliegend bei der Entscheidung nicht verwertet worden.

Auf den persönlichen Eindruck, den der Zeuge H... in dem Termin zur Beweisaufnahme den teilnehmenden Richtern vermittelt hat, kommt es hier nicht entscheidend an. Wie der umfangreich protokollierten Aussage dieses Zeugen zu entnehmen ist, konnte dieser sich an den Abnahmetermin vom 26.02.2013 aus dem Gedächtnis nicht erinnern, sondern nur anhand des ihm vorliegenden Protokolls dieses Termins. Der Zeuge hat dann in seiner Aussage lediglich den Inhalt dieses von ihm verfassten Protokolls erläutert, wie sich aus dem Protokoll der Beweisaufnahme ergibt.

Da die Aussage des Zeugen M... danach durch die glaubhafte Aussage des glaubwürdigen Zeugen H... erheblich in Zweifel gezogen wird, kam es auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen M... nicht an.

bb) Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch nicht vor dem 10.06.2013 den Nachweis geführt, dass die Fernwirkanlage, in der von der Beklagten geforderten Lösungsvariante, funktionstüchtig an ihre - der Klägerin - Kundenanlage angebunden worden ist. Deshalb bedarf keiner weiteren Aufklärung, ob der Zeuge M..., wie die Klägerin behauptet, nach Beendigung des Abnahmetermins und Abreise des Zeugen H... den Not-Aus-Befehl noch am Abend des 26.02.2013 funktionstüchtig hergestellt hat.

Der Anlagenbetreiber hat dem Netzbetreiber die Erfüllung der Anforderungen nach § 6 EEG 2012 nachzuweisen. Es kommt für den Zeitpunkt, bis zu dem die Vergütung nach § 17 Abs. 1 EEG 2012 auf Null reduziert ist, nicht darauf an, wann die Anforderungen tatsächlich realisiert worden sind, sondern auf den Zeitpunkt der Dokumentation der sicherzustellenden technischen Vorgaben gegenüber dem Netzbetreiber (Salje, a.a.O § 17 Rn 4f.). Für diese Dokumentation war, wie sich bereits aus der Vereinbarung des Abnahmetermins vom 26.02.2013 ergibt, eine Prüfung der Voraussetzungen durch Mitarbeiter der Beklagten vorgesehen. Dies ist der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 13.02.2012 (B 11, Anlage 2, Bl. 394, 400) bereits mit Mitteilung des geeigneten Verknüpfungspunktes für die Photovoltaikanlage auch verdeutlicht worden. Dort heißt es: „Außerdem ist zu beachten, dass Sie die dauerhafte Funktionsfähigkeit der technischen Einrichtung zur Reduzierung der Einspeiseleistung sicherstellen. Im Rahmen eine Abnahme, vorzugsweise bei der Inbetriebsetzung der Anschlussanlage, ist [der Beklagten] die Funktionsfähigkeit der technischen Einrichtung zur Reduzierung der Einspeiseleistung sowie auf Verlangen (Stichprobenprüfung) die ordnungsgemäße Umsetzung der Steuerbefehle vorzuführen. Stellt [die Beklagte] fest, dass die Erzeugungsanlage nicht bzw. nicht gemäß der Vorgabe auf die Steuerbefehle reagiert, dann wird [die Beklagte] nach § 17 Abs. 1 EEG die EEG-Vergütung nach § 16 Abs. 1 EEG auf Null reduzieren.“ Wie der Zeuge H... bekundet hat, werden Folgetermine zu verweigerten Abnahmen in der Weise vereinbart, dass der Kunde das Problem behebt und sich dann bei der Beklagten meldet. Dieser Folgetermin hat dann allerdings erst am 10.06.2013 stattgefunden.

f) Auf die zwischen den Parteien weiter streitige Frage, ob die Anlage der Klägerin vor dem 10.06.2013 mit einer technischen Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2012 zur Abrufung der jeweiligen Ist-Einspeisung ausgestattet war, oder ob es dazu noch der Parametrierung der Messwertumformer bedurfte, kommt es danach nicht an.

3) Entgegen der mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 27.09.2019 wiederholten Ansicht der Klägerin ist der Ausschluss der Vergütung nach § 17 Abs. 1 EEG 2012 im Streitfall auch nicht unverhältnismäßig. Eine Disproportionalität von Mittel und Zweck lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass die Beklagte die Anlage der Klägerin trotz des Fehlens einer technischen Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 EEG 2012 bereits im November 2012 an ihr Netz angeschlossen hat. Die Dualität von Anschlussvoraussetzungen und Vergütungsvoraussetzungen ergibt sich aus der Geschichte der Norm (Schäfermeier, a.a.O., Rn 28) und beruht auf europarechtlichen Vorgaben, die in den deutschen Förderrichtlinien nur unzureichend abgebildet werden (vgl. Salje, a.a.O. Rn 8). Der europarechtlich verankerten Pflicht des Netzbetreibers, allen Strom aus erneuerbare Energien erzeugenden Anlagen anzuschließen, korrespondiert nicht mit den Vergütungsansprüchen der Anlagenbetreiber. Vielmehr muss selbst dann angeschlossen werden, wenn der Anlagenbetreiber sich weigert, die Vorgaben des § 6 Abs. 1 EEG 2012 zu erfüllen, er mithin keine Vergütung beanspruchen kann. Ein solcher Anschluss kann unter Umständen für den Anlagenbetreiber dann von Interesse sein, wenn er sich durch den vorzeitigeren Netzanschluss höhere Vergütungssätze sichern möchte. Im Übrigen kann auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - im Hinblick auf die Einbringung des Stroms in den Wälzungsmechanismus nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Netzbetreiber finanziell von dem Ausschluss der Vergütung nach § 17 Abs. 1 EEGE 2012 profitiert.

Eine Unverhältnismäßigkeit des Vergütungsausschlusses lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht damit begründen, dass lediglich technische Detailvorgaben nicht eingehalten worden seien, was ihrer Ansicht nach nicht mit den gravierenden Konsequenzen eines Vergütungsausschlusses sanktioniert werden könne. Diese Auffassung lässt außer Betracht, dass dem Netzbetreiber die Verpflichtung zur Aufnahme und Vergütung des von dem Anlagenbetreiber aus erneuerbaren Energien erzeugten Strom unabhängig von einem eigenen Willensentschluss durch die Vorschriften des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes gesetzlich auferlegt wird. Gleichzeitig ist er für die Netzsicherheit und Netzstabilität verantwortlich und wird ihm dazu die Aufgabe des Einspeisemanagements übertragen, die er gegenüber einer Vielzahl von Anlagen unterschiedlichen technischen Standards ausführen muss. Den Pflichtenkreis von Netzbetreibern vor diesem Hintergrund dahin zu erweitern, individuelle Konzepte einzelner Anlagenbetreiber, welche diese im Hinblick auf eigene Bedürfnisse für vorzugswürdig zu erachten, beim Netzanschluss bzw. der Installation von Anlagen des Netzsicherheitsmanagements zu berücksichtigen und zwischen technischen Abweichungen unterschiedlicher Wertigkeit zu differenzieren, würde den Rahmen des dem aufnehmenden Netzbetreiber nach dem EEG-Zumutbaren überschreiten (vgl. allgemein zu den Pflichten von Netzbetreibern: BGH, Urteil vom 05.07.2017 - VIII ZR 147/16 Rn 71; zit. nach juris). Hinzu kommt, dass die WN TAB 2020 der Beklagten tatsächlich die Möglichkeit individueller Absprachen vorsehen, allerdings zu Beginn der Planungsphase. Dass die Klägerin diese Möglichkeit, ihren individuellen Vorstellungen Geltung zu verschaffen, genutzt hätte, ist nicht ersichtlich.

4) Mangels Begründetheit der Hauptforderung besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der als Verzugsschaden beanspruchten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

5) Der Schriftsatz der Klägerin vom 27.09.2019, dessen Inhalt der Senat zur Kenntnis genommen hat, gab zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass, § 156 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Entscheidung beruht auf den Besonderheiten des Einzelfalls, der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.