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Straßenbaubeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz sowie Kostenerstattung nach § 10a KAG, § 16 BbgStrG oder § 7a BFernStrG


Metadaten

Gericht VG Potsdam 1. Kammer Entscheidungsdatum 16.11.2017
Aktenzeichen VG 1 K 1306/16 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2017:1116.1K1306.16.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 8 KAG BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vor läufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Straßenbaubeiträgen durch die Beklagte für den Ausbau der B....

Vor dem streitigen Ausbau waren die beidseitigen Gehwege der B... mit Gehbahnen aus Granit und Mosaikpflaster befestigt. Die Beläge waren vor mehr als 60 bis 70 Jahren aufgebracht worden und wiesen erhebliche Schäden auf und waren zum Teil mit anderen Materialien ausgebessert worden. Auf einer Seite der Straße waren an den Gebäuden Lampen angebracht, die ein Alter von mehr als 30 Jahren aufwiesen.

Vor Beginn der Ausbauarbeiten führte die Beklagte zwei Veranstaltungen zur Beteiligung der Anlieger durch, bei der 5 Varianten für den Ausbau der B... vorgestellt wurden. Die von der Verwaltung bevorzugte Variante 1, die auch die Erneuerung der Fahrbahn vorsah, lehnten die Anlieger mehrheitlich ab, weshalb die Stadtverordnetenversammlung mit der Sache befasst wurde. Am 4. April 2012 beschloss die Stadtverordnetenversammlung „die Weiterführung der Planung und Realisierung der Baumaßnahme Umbau und Modernisierung der B... in B... gemäß Variante 3 und neue Straßenbeleuchtung und 3 barrierefreie Querungshilfen“. Am 18. Februar 2013 beschloss der Hauptausschuss nach öffentlicher Ausschreibung der Firma ITG GmbH den Zuschlag zu erteilen.

Daraufhin wurden die Gehwege unter Verwendung des bisherigen Mosaikpflasters und mit neuen Granitbahnen ausgebaut. Es wurden beidseitig Hochborde mit Entwässerungsrinnen und 11 Einläufe zur Straßenentwässerung mit Geruchsverschluss gesetzt. Schließlich wurden auf den Gehwegen beidseitig versetzt Straßenlampen errichtet. Die Bauabnahme erfolgte am 14. Oktober 2013. Die Straße ist in südlicher Richtung als Einbahnstraße ausgeschildert. Rechtsseitig ist das Parken mit Parkscheinen erlaubt, linksseitig das kurzfristige Halten zum Be- und Entladen. Die Beklagte ermittelte einen beitragsfähigen Aufwand von 56.871,16 € für die Beleuchtung und von 327.570,13 € für die Gehwege und zog die Anlieger zu Straßenbaubeiträgen i.H.v. 75 % dieser Beträge heran, weil sie die Bäckerstraße als Anliegerstraße im Sinne der Straßenbaubeitragssatzung einstufte.

Am 22. Juli 2015 erließ die Beklagte einen Bescheid über Straßenbaubeiträge für die Grundstücke der Klägerin. Für das Grundstück B... (Flurstück 8...der Flur 2...) setzte sie darin einen Straßenbaubeitrag von 22.446,75 € fest. Das Grundstück wurde als viergeschossig bebaubar und gewerblich genutzt angesehen (Nutzungsfaktor 2,25). Für das Grundstück B... (Flurstück 9...der Flur 2...) wurde ein Straßenbaubeitrag von 11.537,85 € festgesetzt. Dieses Grundstück wurde als zweigeschossig bebaut und mit einem Gewerbezuschlag berücksichtigt (Nutzungsfaktor 1,75). Für das Grundstück B... (Flurstück 91 der Flur 29 wurde wegen der viergeschossigen Bebauung (Nutzungsfaktor 1,75) ein Beitrag von 6.038,81 € und für das Grundstück Bäckerstraße 44 (Flurstück 2... der Flur 3...) wegen der dreigeschossigen Bebaubarkeit (Nutzungsfaktor 1,5) ein Beitrag von 18.044,15 € festgesetzt. Insgesamt ergab dies eine Beitragsforderung von 58.067,56 €.

Den dagegen ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2016 zurück.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Klage.

Zur Begründung trägt die Klägerin unter anderem vor, die Bäckerstraße sei keine Anliegerstraße, sondern eine Straße mit starkem innerörtlichem Verkehr im Sinne der Straßenbaubeitragssatzung. Sie diene – jedenfalls für den Rad- und Fußgängerverkehr – als Durchgangsstraße zur Innenstadt. Sie bilde die ausschließliche Zufahrt für die S... und die A..., die A... sowie die A.... Auch optisch sei sie für den Durchgangsverkehr ausgebaut, denn es gebe keine abgesenkten Bordsteine. Der Durchgangsverkehr überwiege.

Die Satzung sei mit 75 % Anliegeranteil für diese Straße nicht vorteilsgerecht. Gleiches gelte für Erhöhung des Nutzungsfaktors um 0,25 % für jedes Geschoss.

Die Maßnahme sei auch nicht als Erneuerung bzw. Verbesserung, sondern als beitragsfreie Instandhaltungsmaßnahme zu werten. Außerdem habe sich die Situation durch die Platzierung der Beleuchtungskörper auf den Gehwegen eher verschlechtert.

Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 4. April 2012 habe lediglich 3 Querungshilfen vorgesehen, tatsächlich sei eine weitere Querungshilfe gebaut worden. Dazu hätte es aber eines weiteren Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung bedurft, woran es fehle.

Die Kosten seien überhöht. Die Kosten für das Beweissicherungsverfahren seien nicht umlagefähig. Gleiches gelte für die Fahrbahnkosten, da diese nicht vom Beschluss der Stadtverordneten umfasst gewesen seien. Durch die mehrfache Umplanung seien Mehrkosten entstanden, die nicht von den Anliegern zu tragen seien. Schließlich sei das Vergabeverfahren fehlerhaft durchgeführt worden, weil der günstigste Bieter, der den Zuschlag erhalten habe, schon wegen Verstößen gegen das Vergaberecht vom Wettbewerb hätte ausgeschlossen werden müssen.

Bei den Grundstücken B... und B... sei zu Unrecht ein Nutzungsfaktor für eine gewerbliche Nutzung berücksichtigt worden. Das Grundstück B... werde von einem Bürgerverein zur ausschließlichen Vereinsarbeit genutzt. Dies sei mit einer gewerblichen Nutzung nicht vergleichbar. Die geringfügige Nutzung für seltene Ausstellungen oder Feste rechtfertige den Zuschlag nicht. Das Grundstück B... werde zwar teilweise von einer Kfz-Werkstatt genutzt. Diese Nutzung liege aber deutlich unter einem Drittel der Gebäudeflächen. Weitere Räumlichkeiten nutze ein Verein um dort Erwerbslose zu betreuen. Diese Nutzung sei mit einer gewerblichen Nutzung nicht vergleichbar. Im vorderen Gebäude befänden sich Wohnungen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. April 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie entgegnet unter anderem: Die B... sei in den Verkehrsentwicklungsplänen von 2003 und 2015 als Anliegerstraße eingestuft. Dies entspreche der tatsächlichen Verkehrssituation. Die Anlage sei stark erneuerungsbedürftig gewesen. Die Granitkrustenplatten der Gehwege seien gebrochen und verworfen gewesen, der Belag habe teilweise aus Ersatzbaustoffen, wie Beton und Betonplatten, bestanden. Der Untergrund sei nicht frostsicher gewesen und habe deshalb bis auf die Höhe des Planums ausgebaut und dann verdichtet werden müssen. Auch die Bordanlagen seien verworfen gewesen und hätten neu gesetzt werden müssen. Die Beleuchtung habe vorher keine einheitliche Stärke besessen und weder die Fahrbahn noch den gegenüberliegenden Gehweg hinreichend ausgeleuchtet. Nunmehr gebe es eine DIN-gerechte Ausleuchtung auf beiden Straßenseiten.

Die Änderung des Bauprogramms sei ein Geschäft der laufenden Verwaltung gewesen. Die weitere Querungshilfe sei in Abstimmung mit dem Behindertenverband angelegt worden. Das Vergabeverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der günstigste Bieter mit angemessenen Preisen habe den Zuschlag erhalten. Die Kosten der Beweissicherung sein beitragsfähig. Die Fahrbahnkosten seien notwendige Anpassungsarbeiten bei der Neuherstellung der Borde, der Erneuerung des Pflasterstreifens und beim Einbau der Regeneinläufe nebst Anschlussleitungen gewesen. Auch die Kosten für eine Umplanung seien beitragsfähig, da sie im Hinblick auf das Votum der Anlieger erforderlich geworden seien.

Die Grundstücke B... und 2...würden in einer Weise genutzt, die einer gewerblichen Nutzung vergleichbar sei. Diese Nutzung überschreite mehr als 1/3 der Gebäudeflächen.

Der Einzelrichter hat am 7. Juli 2017 die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die darüber gefertigte Niederschrift nebst Fotos verwiesen. Die Kammer hat mit Beschluss vom 9. August 2017 den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, auf die Gerichtsakten der Parallelverfahren und auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die nach Übertragung durch die Kammer durch den Einzelrichter zu entscheiden ist (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -), ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid erweist sich als rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Der Bescheid beruht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Dies ist die Straßenbaubeitragssatzung der S... in der Fassung der Änderung vom 19. März 2012 (SBS) i.V.m §§ 8 Abs. 2 und 2 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG). Die in § 4 Abs. 1 SBS enthaltenen Steigerungsfaktoren von 0,25 pro Geschoss sind nicht zu beanstanden (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. November 2008 - OVG 9 A 3.08 -, juris). Auch der Anteilssatz für die Anlieger von 75 % für Straßen, die überwiegend dem Anliegerverkehr - Wohnstraßen - dienen, ist vorteilsgerecht. Damit bleibt ein Anteil von 25 % außer Ansatz, der in angemessener Weise dem Vorteil, der durch die Nutzung durch die Allgemeinheit entsteht, entspricht (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. § 34 Rn. 18).

Die dem angefochten Bescheid zugrundeliegenden Ausbaumaßnahmen sind nach § 8 Abs. 2 KAG beitragspflichtig. Danach sind Beiträge Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 4 Abs. 2 KAG oder Teilen davon dienen, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung. Eine Erneuerung einer (Teil-)Anlage liegt vor, wenn sie im Wesentlichen entsprechend dem Ausbauzustand wiederhergestellt wird, den sie unmittelbar nach ihrer ersten oder einer etwaigen weiteren Herstellung hatte, indem sie durch eine neue Anlage von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleicher Befestigungsart ersetzt wird. Eine beitragspflichtige Erneuerung setzt zum einen voraus, dass die betreffende Anlage verschlissen ist, das heißt, sich in einem schadhaften Zustand im Sinne einer Erneuerungsbedürftigkeit befindet, und zum anderen, dass die übliche Nutzungszeit abgelaufen ist, die bei bestimmungsgemäßer Nutzung und ordnungsgemäßer Unterhaltung und Instandsetzung der betreffenden Straße erfahrungsgemäß zu erwarten ist.Eine Erneuerung unterliegt der Beitragspflicht nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit dann, wenn die (Teil-)Anlage verschlissen war (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. August 2007 - 9 N 148.05 -, juris). An den Nachweis der Erneuerungsbedürftigkeit sind allerdings desto geringere Anforderungen zu stellen, je länger die übliche Nutzungszeit überschritten ist. Hat diese Überschreitung ein erhebliches Maß angenommen, bedarf es für den Nachweis der Verschlissenheit keiner ins Einzelne gehenden Dokumentation mehr, vielmehr kann dann bereits aus dem bloßen Alter der Anlage auf deren Abgenutztheit geschlossen werden (vgl. OVG Münster, Urteil vom 30. Oktober 2001 - 15 A 4648/99 -, NVwZ-RR 2002, 304 und vom 28. August 2001 - 15 A 465/99 -, NVwZ-RR 2002, 299; VG Potsdam, Beschluss vom 20. Oktober 2009 – 12 L 672/08 -).

Mit einem Alter von mehr als 60 bis 70 Jahren bei den Gehwegen und mehr als 30 Jahren bei der Straßenbeleuchtung war die übliche Nutzungsdauer so erheblich überschritten, dass bereits deswegen auf einen Erneuerungsbedarf geschlossen werden kann. Damit ist es aber auch ohne Belang, ob die Beklagte regelmäßig Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten ausgeführt hat (vgl. Driehaus, a.a.O. § 32 Rn. 22). Angesichts des Alters der Anlage ist zu Gunsten der Beklagten zu vermuten, dass auch bei Durchführung dieser Arbeiten ein Erneuerungsbedarf bestanden hätte. Der grundhafte Ausbau der Gehwege überschreitet im Übrigen das Maß einer bloßen Unterhaltungsmaßnahme im Sinne von § 8 Abs. 2 S. 1 KAG bei weitem.

Bei der Straßenbeleuchtung ist darüber hinaus eine Verbesserung i.S. von § 8 Abs. 2 KAG erfolgt. Von einer Verbesserung ist auszugehen, wenn die Ausstattung der Anlage entsprechend ihrer bisherigen verkehrstechnischen Konzeption vorteilhaft verändert wird; die Vorteilhaftigkeit der Veränderung ist unter verkehrstechnischen Gesichtspunkten zu beurteilen, wonach zu prüfen ist, ob der Verkehr bei Zugrundelegung der bisherigen verkehrstechnischen Konzeption auf der neu gestalteten Anlage zügiger, geordneter, unbehinderter oder reibungsloser abgewickelt werden kann als vorher (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. August 2007 - 9 N 148.05 -, juris). Die Beklagte hat zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass sich die Ausleuchtung der Bäckerstraße verbessert hat und damit eine vorteilhafte Veränderung der verkehrstechnischen Konzeption eingetreten ist. Durch die versetzte Aufstellung von Leuchtmasten auf den Gehwegen wird der jeweils gegenüberliegende Gehweg besser ausgeleuchtet. Die Beleuchtung entspricht nunmehr den aktuellen technischen Vorschriften. Diese Verbesserung ist auch nicht durch die punktuelle Einengung der Gehwege am Standort der Leuchten kompensiert worden, so dass die Beitragspflicht entfallen würde. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Gehwege dadurch nicht mehr benutzbar wären (vgl. zur Kompensation: Driehaus, a.a.O. § 23 Rz. 51 ff.). Dafür fehlen nach dem Ergebnis des Ortstermins jegliche Anhaltspunkte.

Die Beklagte hat die B... zutreffend als Straße die überwiegend dem Anliegerverkehr - Wohnstraße - dient (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 SBS) mit einem Anteil der Beitragspflichtigen am Aufwand von 75 % eingestuft.

Die - in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung unterliegende - Bestimmung der Straßenart beurteilt sich nach ihrer Funktion. Die Einordnung hat nach der gemeindlichen Verkehrsplanung, dem aufgrund dieser Planung verwirklichten Ausbauzustand, der straßenverkehrsrechtlichen Einordnung und den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen zu erfolgen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Januar 2015 - OVG 9 N 9.14 -; VG Potsdam, Urteil vom 11. Dezember 2013 - VG 12 K 2280/12 -, juris). Maßgeblich ist dabei die sich aus der Verkehrsplanung der Gemeinde und dem hierauf beruhenden Ausbauzustand ergebende Funktion. Die tatsächliche Verkehrsbelastung und die Verkehrsströme bilden dabei lediglich ein Indiz für die Qualifizierung der Straße, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse jeder Zeit ändern können (OVG Berlin-Brandenburg a. a. O. und Beschluss vom 27. Juni 2007 - 9 S 56.06 -).

Als Anliegerstraßen sind Straßen anzusehen, die überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder der durch private Zuwegung mit ihnen verbundenen Grundstücke dienen, hier in § 3 Abs. 2 Nr. 1 SBS konkretisiert mit dem Begriff „Wohnstraßen“. Anliegerverkehr ist der gesamte Ziel- und Quellverkehr der durch die Straße erschlossenen Grundstücke. Durch eine Anliegerstraße verläuft aber auch der Verkehr einmündender Straßen innerhalb eines Siedlungsgebiets, soweit dieser nicht einen überwiegenden Umfang einnimmt. Dem steht die Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr gegenüber (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 SBS), die der in anderen Satzungen gebräuchlichen Kategorie der Haupterschließungsstraße vergleichbar sein dürfte. Als Haupterschließungsstraßen gelten nach der üblichen Definition Straßen die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen dienen, soweit sie nicht Hauptverkehrsstraßen sind. Neben der Erschließung der anliegenden Grundstücke kommt diesem Straßentyp die Funktion zu, den Verkehr der Anliegerstraßen zu sammeln, zu bündeln und an die Straßen für den innerörtlichen oder überörtlichen Durchgangsverkehr weiterzuleiten. Insoweit hat die Haupterschließungsstraße eine Verbindungsfunktion. § 3 Abs. 2 Nr. 2 SBS verlangt erweiternd, dass dieser innerörtlicher Verkehr „stark“ sein muss, also auch vom Umfang her die Verkehrsbelastung einer gewöhnlichen Anliegerstraße deutlich überschreitet.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die Bäckerstraße eine Anliegerstraße im Sinne von § 3 Absatz 2 Nr. 2 SBS. Als solche ist sie in der Verkehrsplanung der Stadt Brandenburg an der Havel vorgesehen. Diese Einstufung entspricht auch der tatsächlichen Funktion im Straßennetz, die sich in dem durch das Gericht durchgeführten Ortstermin bestätigt hat. Zwar ist die Funktion der Straße nicht auf die Erschließung der anliegenden Grundstücke – vergleichbar mit einer Sackgasse - beschränkt. Vielmehr bildet die B... die ausschließliche Zugänglichkeit zur A... und darüber zur A... und zur Kommunikation. Auch kann man in die beidseitig befahrbare Schusterstraße einfahren. Diese Straßen erschließen aber Grundstücke, die überwiegend zu Wohnzwecken genutzte werden und von denen kein umfangreicher Ziel- und Quellverkehr zu erwarten ist. Darüber hinaus ist die B... als Einbahnstraße von der Kreuzung P... zur R... hin befahrbar. Im Gegensatz zur klägerischen Ansicht wird dadurch kein wesentlicher Durchgangsverkehr ausgelöst. Kraftfahrzeuge müssen am Ende nach rechts in die R... abbiegen und können deshalb auf diesem Wege die Innenstadt über die „M...“ nicht erreichen. Auch für den durchgehenden Verkehr in Richtung Westen und Süden ist die Straße ohne Bedeutung, da der Verkehr lediglich wieder auf den Straßenzug P... zurückgeleitet wird. Es mag zwar sein, dass über die B... Fußgänger und Radfahrer in die Innenstadt gelangen. Ihnen bieten sich aber auch noch weitere Zugangsmöglichkeiten, so dass die Bedeutung dieses Verkehrs als gering anzusehen ist. Der Umstand, dass die Straße auch von Nichtanliegern zum Parken genutzt werden kann, wirkt sich auf ihre Funktion nicht aus.

Der Funktion der Straße als Anliegerstraße entsprechen der Ausbauzustand und die straßenverkehrsrechtliche Situation. Die B... ist als Einbahnstraße ausgewiesen. Im Bereich der nördlichen Einfahrt ist die Fahrbahn verschmälert. Wegen der ausgewiesenen Parkmöglichkeiten dürfte die Straße nur mit geringer Geschwindigkeit zu befahren sein. Auch wenn auf einigen Grundstücken eine gewerbliche oder vergleichbare Nutzung stattfindet erschließt die Straße eine typische Wohnbebauung und entspricht auch insoweit dem Bild einer Wohnstraße.

Der Beklagte hat den beitragsfähigen Aufwand zutreffend ermittelt. So sind darin zutreffend die Aufwendungen für eine 4. Querungshilfe enthalten. Zwar wurde durch die Stadtverordnetenversammlung am 4. April 2012 beschlossen, das Bauvorhaben unter anderem mit (nur) 3 barrierefreien Querungshilfe zu planen und zu realisieren. Das Bauprogramm kann aber jederzeit bis zur Beendigung der Ausbaumaßnahme geändert werden. Dies bedarf grundsätzlich keiner Form und ist ein Geschäft der laufenden Verwaltung, soweit dies durch Ortsrecht nicht anders geregelt ist. Hier wurde das Bauprogramm in seinen Grundzügen allerdings durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Dies könnte zur Folge haben, dass auch nur diese das Bauprogramm ändern könnte (Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NRW, 8. Aufl. Rn. 319 m.w.N.). Darauf kommt es hier aber schon deswegen nicht an, weil der Hauptausschuss am 18. Februar 2013 den Beschluss gefasst hat, den Auftrag an das ausführende Bauunternehmen zu vergeben. Zu diesem Zeitpunkt war das Bauprogramm Bauprogramm, das diesem Auftrag zu Grunde lag, bereits durch Aufnahme einer 4. Querungshilfe erweitert worden. Damit war die Gemeindevertretung hinreichend mit der Änderung des Bauprogramms befasst. Einer nochmaligen Befassung des Rates bedurfte es nicht, da das Bauprogramm nicht wesentlich geändert, sondern ihm lediglich ein zusätzliches Element hinzugefügt wurde, das in keinem Widerspruch zu dem vom Rat beschlossenen Bauprogramm, welches bereits 3 Querungshilfen vorsah, stand (vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. Februar 2000 – 15 A 4167/96 -, juris Rn. 13 ff.).

Es kommt auch nicht darauf an, ob im Vergabeverfahren, wie von der Klägerseite vorgetragen wird, Fehler aufgetreten sind. Unstreitig hat der günstigste Bieter den Zuschlag erhalten. Mängel des Vergabeverfahrens wären nur dann zu berücksichtigen, wenn sich daraus ergeben könnte, dass dadurch Kosten entstandenen wären, die nicht erforderlich waren. Dies ist nicht ersichtlich. Im Gegensatz zur klägerischen Ansicht gehören die Kosten für die Beweissicherung zu den beitragsfähigen Kosten. Die Beweissicherung ist durch den Ausbau der Bäckerstraße veranlasst worden und üblich. Auch die Kosten, die im Bereich der Fahrbahn entstanden sind, sind beitragsfähig. Es handelt sich hierbei um notwendige Anpassungsarbeiten bei der Erneuerung der Gehwege und für deren Entwässerung. Sie sind in den Planungsunterlagen, die Gegenstand des Beschlusses der Stadtverordneten über das Bauprogramm waren, enthalten und damit von dem beschlossenen Bauprogramm umfasst. Soweit durch Umplanungen höhere Planungskosten entstanden sein sollten unterliegen auch diese der Beitragspflicht. Diese Umplanungen sind als Folge der Anliegerbeteiligung nach § 5 Buchst. a SBS erforderlich geworden. Die Erstellung von Varianten und der damit verbundene Mehraufwand bei der Planung ist durch die Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens vor Durchführung einer Straßenbaumaßnahme in § 5 Buchst. a SBS durch den Satzungsgeber im Interesse der Anlieger vorgesehen worden. Sollten dadurch Mehrkosten entstehen, sind sie für die Durchführung der Ausbaumaßnahme damit erforderlich.

Auch die Verteilung des beitragspflichtigen Aufwandes auf die durch den Ausbau bevorteilten Grundstücke weist keine Fehler auf, die sich zulasten der Klägerin auswirken würden.

Insbesondere hat die Beklagte für die Grundstücke B... (F... der Flur 2...) und B... (Flurstück 8...der und 2...) zutreffend einen Zuschlag von 0,5 nach § 4 Abs. 4 SBS wegen der Art der Nutzung zum Ansatz gebracht. Dieser Zuschlag wird für Grundstücke, die zu mehr als ein Drittel der vorhandenen Gebäudefläche tatsächlich gewerblich oder in ähnlicher Weise genutzt werden oder in diesem Umfang eine Nutzung aufweisen, welche typischerweise in Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäuden oder in ähnlicher Weise ausgeübt wird oder als Büro-, Verwaltungs-, Post-, Bahn-, Krankenhaus- und Schulgebäude oder in ähnlicher Weise genutzt werden, erhoben. Als in diesem Sinne qualifizierte Nutzungsarten sind neben der industriellen und der gewerblichen Nutzung im engeren Sinne auch solche Nutzungen zu verstehen, die - insoweit namentlich der zuletzt genannten Nutzungsart vergleichbar - typischerweise auf einen Kundenverkehr abstellen, deshalb einen Ziel- und Quellverkehr beachtlichen Umfangs hervorrufen und darin im Vergleich zur Wohnnutzung erfahrungsgemäß eine ins Gewicht fallend intensivere Inanspruchnahme einer Anbaustraße verursachen (BVerwG, Urteil 11. Dezember 1987- 8 C 85.86 -, juris). Es kommt also, wie auch der Wortlaut der Satzung zum Ausdruck bringt, nicht darauf an, welchen Umfang die Nutzung im konkreten Einzelfall hat, sondern ob eine Nutzung im Sinne der in der Satzung aufgeführten Beispiele typischerweise zu erwarten ist.

So liegt der Fall hier. Das Gebäude B... ist an den Verein „B...“ vermietet und wird von diesem als Begegnungsstätte genutzt. Nach dem im Internet einsehbaren Belegungsplan werden die Räume Vereinen, Kulturgruppen und Privatpersonen für Veranstaltungen überlassen. Auch Privatfeiern sind möglich. Der Belegungsplan zeigt, dass solche Nutzung auch tatsächlich stattfinden. Es kommt nicht darauf an, welche Teilnehmerzahlen hier zu erwarten sind. Eine derartige Nutzung veranlasst jedenfalls typischerweise einen Ziel- und Quellverkehr, der den einer reinen Wohnnutzung überschreitet. Hinzu kommt, dass ein Teil der Gebäudefläche, wenn auch wahrscheinlich unter einem Drittel, durch eine Praxis für Physiotherapie genutzt wird, was ohne Zweifel eine gewerbliche Nutzung darstellt.

Auch für das Grundstück B... ist danach zutreffend ein Artzuschlag von 0,5 berücksichtigt worden. In einem Teil der Gebäude befindet sich eine Kfz-Werkstatt. Dies stellt eine gewerbliche Nutzung dar. Selbst wenn diese ein Drittel der Gebäudeflächen nicht überschreitet, ist der Nutzungsfaktor gerechtfertigt, denn weitere erhebliche Teile der Gebäudeflächen werden durch den Verein „AH Tagestreff“ in Anspruch genommen. Durch den Verein werden dort gefährdete und langzeitarbeitslose Menschen betreut, die hier Holz- und Bastelarbeiten und Hilfsarbeiten ausführen und Fahrräder reparieren und zusammenbauen. Auch wenn dieser Arbeiten nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind entsprechen sie doch von der Art her einer gewerblichen Tätigkeit und sind daher dieser i.S.v. § 4 Abs. 4 SBS vergleichbar. Unerheblich ist auch hier, welchen Umfang die Tätigkeit des Vereins hat, da von den betriebenen Werkstätten jedenfalls typischerweise ein erhöhter Ziel- und Quellverkehr zu erwarten ist. Die Nutzung der Gebäude durch den Verein und durch die Kfz-Werkstatt zusammengenommen überschreitet den Anteil von einem Drittel erheblich.

Das Grundstück B... (Flurstück 8...der Flur 2...) ist im Rahmen der Verteilung dagegen fehlerhaft bewertet worden. Hier hat die Beklagte zunächst angenommen, dass das Gebäude auf dem benachbarten G..., welches 4 Geschosse aufweist, über die Grenze zum Flurstück 8... herüber reicht, so dass dieses gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Buchst. c SBS mit dem Nutzungsfaktor 1,75 zu berücksichtigen sei. Das ist, wie Nachmessungen ergeben haben, allerdings nicht der Fall, so dass Grundstück B... mit 3 Geschossen (Nutzungsfaktor 1,5) zu bewerten ist. Dadurch erhöht sich der Beitragssatz auf 9,6776306 Euro/Quadratmeter. Da sich der Straßenbaubeitrag für die Klägerin dadurch aber erhöht, führt dieser Fehler nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Im Übrigen ist die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands nicht zu beanstanden.

Die Klage ist somit mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vor der Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s :

Der Wert des Streitgegenstandes auf 58.067,56 € festgesetzt.

G r ü n d e :

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.