Gericht | OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 17.11.2011 | |
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Aktenzeichen | 9 UF 115/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 05. April 2011 – A.z. 51 F 317/09 – zu Ziffer II abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verpflichtet, an die Antragsgegnerin ab dem 21. Juli 2011 monatlich nachehelichen Unterhalt in Höhe von 857,50 €, fällig jeweils monatlich im Voraus bis zum Dritten eines jeden Monats, zu zahlen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Im Hinblick auf die Kosten erster Instanz bleibt es bei der durch das Amtsgericht getroffenen Entscheidung.
Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die Beteiligten sind inzwischen rechtskräftig geschiedene Eheleute und streiten über nachehelichen Unterhalt sowie dessen Befristung.
Die Ehe wurde im Oktober 1984 geschlossen. Aus ihr sind die im Juli 1983 geborene Tochter J… und der im März 1986 geborene Sohn E… hervorgegangen. Dieser studierte bis zu seiner Exmatrikulation im September 2011 an der B… C…. Der Antragsteller hat an den Sohn E… im Einverständnis der Beteiligten bis einschließlich Oktober 2011 monatlichen Unterhalt von 400,00 € gezahlt.
Die Beteiligten trennten sich (spätestens) im Januar 2009. Mit notarieller Urkunde vom 28. Mai 2009 verpflichtete sich der Antragsteller, an die Antragsgegnerin für die Zeit des Getrenntlebens einen monatlichen Unterhalt von 832,75 € zu zahlen. Diese Zahlungen hat er auch regelmäßig erbracht.
Der 1959 geborene Antragsteller ist Schichtleiter bei V… im Kraftwerk J…. Er arbeitet im Dreischichtsystem. Aufgrund einer Krebserkrankung war der Antragsteller in den vergangenen Jahren zeitweise arbeitsunfähig. Im Zeitraum Oktober 2009 bis März 2010 bezog er Krankengeld. Danach war er in vollem Umfang arbeitsfähig.
Die 1956 geborene Antragsgegnerin beendete im Sommer 1972 die Oberschule und wurde als Maschinist für Wärmekraftwerke ausgebildet. Sie beendete die Ausbildung im Juli 1974 mit dem Facharbeiterbrief. Danach war sie im Kraftwerk H… bzw. im Kraftwert J… als Maschinist für Außenanlagen und später als Schichtdispatcher Außenanlagen tätig. Im Juni 1978 erwarb sie die Qualifikation als Meister in der Fachrichtung Kraftwerkstechnik. Ab Mai 1980 wurde sie als Leitstandsmaschinist eingesetzt und am März 1987 als Operativtechnologe. Die Übernahme neuer Aufgaben war jeweils mit einer höheren Entlohnung verbunden. Zuletzt erhielt die Antragsgegnerin eine Entlohnung nach Lohngruppe 9. Zum 28.Februar 1990 schied die Antragsgegnerin „aus persönlichen Gründen“ bei dem VE-Kombinat Braunkohlenkraftwerke aus. Am 1. März 1990 nahm sie eine Tätigkeit als Abstimmer nach Lohngruppe 6 bei der W… der Landwirtschaft beim Rat des Bezirks C… auf. Zum 01. Mai 1993 wurde die Antragsgegnerin arbeitslos. In der Folgezeit absolvierte sie eine Umschulung zur Bauzeichnerin, Schwerpunkt Hochbau, die sie im März 1996 erfolgreich abschloss. In der Zeit vom 9. Februar 1996 bis 30. Juni 1998 war die Antragsgegnerin als technische Zeichnerin bei der WI… mbH beschäftigt. Es schloss sich eine Zeit der erneuten Arbeitslosigkeit an, die durch ABM-Maßnahmen vom 1. April 2001 bis 31. März 2002 sowie vom 15. August 2003 bis 14. Februar 2004 unterbrochen wurde. Seit dem 24. Oktober 2005 ist die Antragsgegnerin beim Amt P… – aufgrund verschiedener befristeter Verträge – mit einer wöchentlichen Grundarbeitszeit von 35 Stunden angestellt. Sie leistet zusätzlich Überstunden. Ihr obliegt die Erfassung und Bewertung des Infrastrukturvermögens im Amt P… zwecks Erstellung der Eröffnungsbilanz. Der derzeitige Arbeitsvertrag ist bis zum 31. Dezember 2012 befristet.
Mit Antragsschrift vom 11. November 2009 hat der Antragsteller das Ehescheidungsverfahren eingeleitet. Der Scheidungsantrag ist der Antragsgegnerin im Dezember 2009 zugestellt worden.
Im Laufe des Verfahrens hat die Antragsgegnerin die Folgesache nachehelicher Unterhalt anhängig gemacht und die Zahlung von monatlich 857,50 € nachehelichem Unterhalt begehrt. Sie ist dabei von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Antragstellers von 3.397,53 € ausgegangen und hat ihr eigenes durchschnittliches Nettoeinkommen mit 1.377,67 € beziffert.
Der Antragsteller ist dem Unterhaltsbegehren entgegengetreten. Er hat die Unterhaltsberechnung im Einzelnen beanstandet und den Anspruch auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt grundsätzliche in Frage gestellt. Die Antragsgegnerin habe keine ehebedingten Nachteile durch ihre Arbeitsbiographie erlitten. Sie sei während der Ehe insgesamt erwerbstätig gewesen. Das Arbeitsverhältnis mit dem VE Kombinat Braunkohlenkraftwerke habe die Antragsgegnerin gekündigt, weil sie seinerzeit der Auffassung gewesen sei, der Arbeitsplatz sei gefährdet und beim Rat des Bezirks C… könne sie einen besser abgesicherten Arbeitsplatz erlangen. Er hat die Ansicht vertreten, der Unterhalt sei in jedem Fall zu befristen.
Dem ist die Antragsgegnerin mit näherer Begründung entgegengetreten. Sie hat behauptet, die Arbeitsaufnahme als Abstimmer bei der W… im März 1990 habe der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie gedient. Der neue Arbeitsort sei näher zum Wohnort gelegen und besser erreichbar gewesen, was unstreitig ist. Der Arbeitsplatzwechsel sei wegen der bevorstehenden Einschulung der Tochter J… erfolgt und in Absprache mit dem Ehemann. Mit Schulbeginn hätte das Kind ohne Arbeitsplatzwechsel den Frühhort und den Nachmittagshort besuchen müssen. Ohne die familienbedingte Aufgabe des Arbeitsplatzes im Kraftwerk J… hätte die Antragstellerin die gleiche berufliche Entwicklung genommen wie der Ehemann und könne dasselbe Gehalt erzielen.
Durch Beschluss vom 05. April 2011 hat das Amtsgericht Cottbus die Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsteller zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts von monatlich 555,35 € ab Rechtskraft der Ehescheidung verpflichtet, befristet bis zum 31. Dezember 2014. Die ursprüngliche Folgesache Zugewinnausgleich hatten die Eheleute zuvor durch Vergleich beendet.
Wegen der Einzelheiten der Unterhaltsberechnung wird auf die Begründung des Beschlusses vom 05. April 2011 Bezug genommen. Hinsichtlich der Befristung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Antragsgegnerin habe keine ehebedingten Nachteile erlitten. Es sei nicht erkennbar, dass der Wechsel des Arbeitsplatzes aus familiären Gründen erfolgt sei. Vielmehr sei dieser Umstand den Wendezeiten geschuldet. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller seit Januar 2009 Trennungsunterhalt in erheblicher Höhe geleistet habe.
Gegen den ihr am 11. April 2011 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit am 6. Mai 2011 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, die sie mit einem am 9. Juni 2011 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Antragsgegnerin verfolgt ihr Unterhaltsbegehren in vollem Umfang weiter. Sie rügt im Wesentlichen Fehler der Rechtsanwendung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Sie beantragt nunmehr sinngemäß,
unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Cottbus vom 05.04.2011 – A. z. 51 F 317/09 – den Antragsteller zu verpflichten an sie nachehelichen Unterhalt in Höhe von 857,50 € monatlich jeweils zum dritten Werktag eines Monats im Voraus ab dem 21.07.2011 zu zahlen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung ebenfalls unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 58; 59 Abs. 1; 61 Abs. 1; 63 Abs. 1; 64 Abs. 1; 117 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist überwiegend begründet. Ihr steht gegen den Antragsteller ein Anspruch auf Zahlung monatlichen Unterhalts in der beanspruchten Höhe von 857,50 € zu, der derzeit nicht zu befristen ist.
Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt beruht auf § 1573 Abs. 2 BGB. Dieser Anspruch setzt mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs ein. Hier ist der Scheidungsausspruch mit Ablauf des 20.07.2011 in Rechtskraft erwachsen. Dies ergibt sich aus § 145 Abs. 1 FamFG, da die Rechtsmittelbegründung bezüglich der Folgesache Unterhalt dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsstellers am 20.06.2011 zugestellt worden ist und nach Ablauf eines Monats eine weitere Anfechtung des Scheidungfolgenbeschlusses nicht mehr zulässig war.
Die Höhe des Unterhaltsanspruchs ergibt sich aus den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1578 Abs. 1 BGB. Zur Feststellung der maßgeblichen Einkommensverhältnisse der Beteiligten ist auf den Zeitraum von einem Jahr vor der Rechtskraft der Ehescheidung abzustellen, da hierdurch der letzte Stand der ehelichen Lebensverhältnisse zutreffend erfasst wird. Dies gilt insbesondere, weil ein weiter zurückliegender Zeitraum auch dadurch gekennzeichnet war, dass der Ehemann aufgrund seiner Erkrankung nur ein niedrigeres Einkommen erwirtschaften konnte, was jedoch letztendlich nicht als eheprägend angesehen werden kann, da die Erkrankung zwar ernsthafter Natur war, jedoch die Arbeitsfähigkeit des Ehemannes wieder voll hergestellt worden ist. Es ist deshalb auf den Zeitraum vom 01. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011 bezüglich beider Beteiligter abzustellen.
Daraus ergibt sich für den Antragsteller folgendes: Sein monatliches Nettoeinkommen setzt sich angesichts der überreichten Entgeltabrechnungen des Arbeitgebers aus einem Tarifgehalt sowie Leistungs- und Schichtzulagen, jährlichen Sonderzulagen und Leistungsprämien sowie steuerfreien Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zusammen. Von Juli 2010 bis Juni 2011 belief sich das Nettoeinkommen des Antragstellers zunächst auf 42.093,89 €. In diesem Gesamtnettoeinkommen sind Schichtzulagen in Höhe von 1.530,16 € brutto, Leistungszulagen in Höhe von 3.562,27 € brutto sowie eine im November 2010 gewährte Jahressonderzahlung von 3.987,04 € brutto und die im April gezahlten Jahresprämien von insgesamt 5.475,65 € brutto enthalten. Eine tarifliche Einmalzahlung – wie noch im Januar 2010 gezahlt – ist in diesem Beurteilungszeitraum allerdings nicht gewährt worden.
Zusätzlich erhielt der Antragsteller von Juli 2010 bis Juni 2011 steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit von insgesamt 6.431,76 € (Sonntagszuschlag insgesamt 1490,96 €, Feiertagszuschlag insgesamt 1.433,00 € und Nachtzuschlag insgesamt 3.507,80 €). Zwischen den Beteiligten ist umstritten, inwieweit die Zulagen, Prämien und Sonderzulagen sowie die Zuschläge bei der Einkommensberechnung zu berücksichtigen sind. Der Antragsteller ist insbesondere der Ansicht, Leistungszulagen, Jahressonderzahlungen und Prämien seien dem Jahreseinkommen nicht voll zuzurechnen, sondern vielmehr auf drei Jahre zu verteilen. Er beruft sich in soweit darauf, dass die Zahlungen aufgrund des Arbeitsvertrags vom Arbeitgeber freiwillig geleistet würden.
Insoweit gilt, dass Leistungszulagen, Prämien und sonstige Gratifikationen grundsätzlich bei der Feststellung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen voll heranzuziehen sind, soweit sie als zusätzliches Entgelt oder Anerkennung für nicht überobligationsmäßige Arbeitsleistung gezahlt werden (BGH, FamRZ 1982, 250; OLG Oldenburg, NJW – RR 2009, 1657; Büttner/Niepmann/Schwamb, Die Rechtssprechung zur Höhe des Unterhalts, 11. Auflage, Rz. 792; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage, § 1 Rz. 74). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die monatlich gezahlten Leistungszulagen, die Jahressonderzahlung wie auch die gewährten jährlichen Prämien (Leistungsprämie und erfolgsabhängige Prämie) sind für den unterhaltspflichtigen Antragsteller übliche Einkommensbestandteile und damit bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens zu berücksichtigen. Die Arbeit in dem Schichtdienst prägte die Ehe der Beteiligten; dass der Arbeitgeber des Antragstellers das Entgelt in ein Grundentgelt und zusätzliche Entgelte einteilt, führt nicht dazu, dass hier eine angesichts des Arbeitsvertrages überobligationsmäßige Arbeitsleistung erbracht worden ist.
Die gezahlten Zulagen und Prämien sind anders als der Antragsteller meint, nicht auf drei Jahre zu verteilen. Zwar kann einer solche Verteilung angemessen sein, wenn im Beurteilungszeitraum außerordentliche und nicht regelmäßige Zuflüsse erfolgt sind, wie etwa Abfindungen oder Jubiläumssonderzahlungen. Hier handelt es sich jedoch um jährliche Zuwendungen, die der Arbeitgeber auch in den vergangenen Jahren jeweils geleistet hat. Es kommt für die Beurteilung nicht in erster Linie darauf an, ob nach der arbeitsvertraglichen Regelung ein einklagbarer Anspruch auf bestimmte Zahlungen besteht, sondern ob während der Ehe solche Zahlungen regelmäßig jährlich geflossen sind. Dies ist hier zuwischen den Beteiligten unstreitig. Es lässt sich deshalb ein hinreichend gesicherter Rückschluss für die Zukunft ziehen, dass entsprechende Leistungen jährlich anfallen und mithin nicht auf einen längeren Zeitraum zu verteilen sind. Sollten in der Zukunft solche Leistungen nicht mehr erbracht werden, wäre der Antragsteller auf eine Abänderung zu verweisen.
Soweit das Amtsgericht die steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nur zu 2/3 in die Unterhaltsberechnung eingestellt hat, gibt dies keinen Grund zur Beanstandung. Es handelt sich hierbei um Zulagen für Arbeitserschwernis in zeitlicher Hinsicht. Erschwerniszulagen sind voll anrechenbares unterhaltspflichtiges Einkommen, wenn die Belastungen – wie hier – berufstypisch sind (Büttner/ Niepmann/ Schwamb a.a.O., Rz. 817 m.w.N.). Als Ausgleich für die Erschwernis ist dem Unterhaltspflichtigen aber ein gewisser Bonus zu belassen, der durch die Rechtsprechung überwiegend mit 1/3 angesetzt wird (OLG München, NJW 1982, 835).
Dem Nettoeinkommen des Antragstellers sind somit 2/3 von 6.431,76 €, mithin 4.287,84 € hinzuzurechnen, sodass sich ein Gesamtnettoeinkommen in Höhe von 46.381,73 € ergibt. Dies entspricht einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 3.865,14 €.
Hiervon abzuziehen sind die berufsbedingten Aufwendungen (Fahrtkosten). Diese belaufen sich auf monatlich 201,66 € (22 Kilometer x 2 x 220 Tage x 0,25 € = 2.420,00 € :12).
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist auch der monatlich gezahlte Unterhalt für den volljährigen Sohn E… von 400,00 € auf Seiten des Antragstellers abzuziehen. Wie auch die Antragsgegnerin bei ihrer Anhörung im Senatstermin vom 27. Oktober 2011 bestätigt hat, entsprach es der üblichen Handhabung zwischen den Beteiligten, dass der Antragsteller an den Sohn monatlich 400,00 € Unterhalt leistete, während die Antragsgegnerin diesem keinen Barunterhalt zahlte. Bei dieser Sachlage ist ein Vorwegabzug des Volljährigenunterhalts gerechtfertigt (BGH, FamRZ 2009, 1300). Auf die Rangverhältnisse zwischen der Antragstellerin und ihrem Sohn kommt es insoweit nicht an. Zum Einen entsprach diese Handhabung den ehelichen Lebensverhältnissen und war damit eheprägend. Zum Anderen kommt es auf den Rang verschiedener Unterhaltsberechtigter nur im Fall der (teilweisen) Leistungsunfähigkeit aufseiten des Unterhaltsschuldners an. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Allerdings ist in der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2011 zutage getreten, dass sich künftig Unterhaltsansprüche des Sohnes E… aufgrund der Aufgabe seines Studiums verändern werden. Völlig unklar ist indes, ob der Anspruch fortbestehen wird und ggf. in welcher Höhe. Künftige Veränderungen, die noch nicht mit hinreichender Sicherheit absehbar sind, können jedoch bei der Unterhaltsberechnung nicht berücksichtigt werden. Es kommt vielmehr auf den Sachstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. Insoweit ist aber zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Antragsteller bis einschließlich Oktober 2011 den monatlichen Unterhalt in Höhe von 400,00 € geleistet hat. Deshalb muss nach derzeitigem Stand auch ein entsprechender Abzug auf Seiten des Antragstellers vorgenommen werden.
Das bereinigte Nettoeinkommen des Antragstellers beträgt damit 3.263,48 € (3.865,14 € - 201,66 € - 400,00 €).
Hinzuzusetzen ist der auf den Monat umgerechnete Betrag der Steuererstattung, die zum Einkommen gehört. Hier ist die Steuererstattung gemäß Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 zugrunde zu legen, der unter dem 26. April 2011 ergangen ist. Grundsätzlich findet das sogenannte „In- Prinzip“ Anwendung, das heißt, Steuererstattungen sind in dem Zeitraum zu berücksichtigen, in dem sie geflossen sind. Das ist hier jedenfalls innerhalb des zugrunde gelegten Berechnungszeitraums der Fall gewesen.
Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die im Vergleich zu den Vorjahren deutlich höhere Erstattung beruhe auf außergewöhnlichen Belastungen, die der Antragsgegnerin nicht zugute kommen dürften. Zwar trifft es zu, dass der recht hohe Erstattungsbetrag zu einem großen Teil aus der Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen herrührt. Worin diese außergewöhnlichen Belastungen bestanden haben, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Es spricht jedoch sehr viel dafür, dass es sich um eine Belastung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus Realsplitting handelt, hier also der Unterhalt an die damals getrennt lebende Ehefrau und/oder Kindesunterhalt berücksichtigt worden ist. Jedenfalls sind keine Gründe ersichtlich, welche die Berücksichtigung zugunsten der Unterhaltsberechtigten ausschließen würden. Vielmehr ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich von den tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen, wobei im Regelfall die Steuerlast in ihrer jeweils realen Höhe maßgebend ist, unabhängig davon, ob sie im konkreten Fall seit der Trennung gestiegen oder gesunken ist. Berichtigungen der durch Steuerbescheide nachgewiesenen Nettoeinkünfte sind nur in besonders gelagerten Fällen vorzunehmen, etwa dann wenn nicht prägende Einkünfte eingeflossen sind, steuerliche Vergünstigungen vorliegen, die – wie das Ehegattensplitting aus einer neuen Ehe – dem Unterhaltsberechtigten nicht zugute kommen dürfen oder wenn erreichbare Steuervorteile entgegen einer insoweit bestehenden Obliegenheit nicht in Anspruch genommen worden sind. Den Unterhaltspflichtigen trifft die Obliegenheit, mögliche Steuervorteile auch zu realisieren, insbesondere durch das Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Werden tatsächlich Unterhaltsleistungen erbracht, so sind für das jeweilige Steuerjahr auch die Vorteile in Anspruch zu nehmen (BGH, FamRZ 2008, 968). Da der Antragsteller auch weiterhin Unterhalt an die Antragsgegnerin zu leisten haben wird, ist für die Prognose seiner künftigen Einkünfte ebenfalls davon auszugehen, dass entsprechende Steuervorteile auch weiterhin erlangt werden bzw. werden können. Mithin ist dem Einkommen des Antragstellers ein monatlicher Betrag von (4.520,92 : 12) = 376,74 € hinzuzurechnen. Es ergibt sich danach ein bereinigtes Nettoeinkommen von 3.613,22 €, von dem das Erwerbstätigensiebtel in Höhe von 516,17 € in Abzug zu bringen ist, sodass 3.097,05 € verbleiben.
Das Einkommen der Antragstellerin für die Zeit von Juli 2010 bis Juni 2011 beläuft sich ausweislich der Verdienstabrechnungen des Amtes P… auf insgesamt 19.205,23 € netto. Hiervon abzuziehen sind die Beträge für die zusätzliche Altersvorsorge im öffentlichen Dienst (VBL) die sich auf insgesamt 572,01 € im genannten Zeitraum summieren. Im Ergebnis verbleibt ein Jahresnettoeinkommen von 18.633,22 €, also monatsdurchschnittlich 1.552,77 €.
Die Antragsgegnerin ist beim Amt P… aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden beschäftigt. Gemäß § 1574 BGB obliegt es der Antragsgegnerin als geschiedener Ehefrau, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. Da die Antragsgegnerin während der Ehe mit Ausnahme von Zeiten der Arbeitslosigkeit stets in Vollzeit beschäftigt gewesen ist und sie keine Kinder mehr zu versorgen hat, ist sie dem Antragsteller gegenüber verpflichtet, eine Vollzeittätigkeit auszuüben, was sie auch nicht in Abrede stellt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Antragsgegnerin jedenfalls seit November 2010 eine erhebliche Anzahl von Überstunden geleistet hat, und zwar monatlich zwischen 19 und 23 Stunden, die gesondert vergütet worden sind. Wie die Antragsgegnerin im Senatstermin erläutert hat, beruhen diese Überstunden auf einer Anordnung des Arbeitgebers. Für die Zeit ab November 2010 hat sie mithin mindestens in Vollzeit gearbeitet und – wie auch der Antragsteller – darüber hinaus.
Für die Zeit von Juli bis Oktober 2010 stellt sich die Frage, ob der Antragsgegnerin wegen der nicht ganz vollzeitigen Berufstätigkeit ein weiteres Einkommen fiktiv zuzurechnen ist. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass die Antragsgegnerin bei ihrer derzeit ausgeübten Tätigkeit im öffentlichen Dienst ein vergleichsweise gutes Einkommen erzielt. Es kann nicht zu Lasten der Antragsgegnerin unterstellt werden, dass es ihr möglich gewesen wäre, bei demselben Arbeitgeber einen Vertrag mit einer höheren Arbeitszeit zu erlangen oder bereits früher erhebliche Überstunden zu leisten. Wie gerichtsbekannt ist, werden gerade Zeitverträge mit öffentlichen Arbeitgebern meist nicht zu Vollzeit-Bedingungen abgeschlossen, ermöglichen aber – je nach Bedarf des Arbeitgebers - die Anordnung von Überstunden.
Der Antragsgegnerin könnte lediglich eine Vollzeittätigkeit in ihrem erlernten Beruf als Bauzeichnerin, Schwerpunkt Hochbau, zugerechnet werden. Dass sie im Kraftwerksbereich nicht mehr (mit besseren finanziellen Verdienstmöglichkeiten) eingesetzt werden kann, nachdem sie dort vor sehr langer Zeit ausgeschieden ist, liegt auf der Hand. Das durchschnittliche Bruttoeinkommen eines Bauzeichners im Bereich Hochbau einschließlich raumbildender Ausbauten beträgt aufgrund einer Internetrecherche (www.gehaltsvergleich.com) 1.914,00 € brutto, während die Antragsgegnerin für ihre Teilzeittätigkeit beim Amt P… Bruttobezüge von 1.980,27 € erhalten hat. Sie ist daher im gesamten Berechnungzeitraum ihrer Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit in vollem Umfang nachgekommen.
Von dem erzielten Nettoeinkommen sind die berufsbedingten Aufwendungen in Form der Fahrtkosten abzuziehen. Diese belaufen sich auf monatlich 128,33 € (14 km x 2 x 220 Tage x 0,25 € = 1.540,00 € : 12). Es ist – wie auch beim Antragsteller – nicht nur die Pauschale von 5 % vom Einkommen zu berücksichtigen. Dass die Antragsgegnerin für ihren Weg zur Arbeit einen PKW benutzt ist unstreitig. Bei den gegebenen auskömmlichen Einkommensverhältnissen, die bereits eheprägend waren, ist die Antragsgegnerin auch nicht gehalten, sich auf kostengünstigere öffentliche Verkehrsmittel verweisen zu lassen. Danach ergibt sich ein Nettoeinkommen von 1.424,44 €.
Dem ist noch die anteilige monatliche Steuererstattung hinzuzurechnen. Die Antragsgegnerin hat erklärt, ein Steuerbescheid für das Jahr 2010 liege hier nicht vor. Der Bescheid für das Jahr 2009 weist eine Erstattung von 41,14 € aus. Mangels neuerer Erkenntnisse ist dieser Betrag fortzuschreiben, sodass monatlich 3,43 € hinzuzurechnen sind. Es ergibt sich ein bereinigtes Nettoeinkommen der Antragsgegnerin von 1.427,87 € abzüglich des Erwerbstätigensiebtels von 203,98 €. Damit verbleibt ein Einsatzbetrag von 1.223,89 €.
Die Summe der bereinigten Einkommen der geschiedenen Ehegatten beträgt (3.097,05 € + 1.223,89 € =) 4.320,94 €. Der Bedarf der Antragsgegnerin beläuft sich auf die Hälfte, 2.160,47 €, wovon sie einen Anteil von 1.223,89 € selbst decken kann, sodass ein rechnerischer Unterhaltsanspruch von 936,58 € verbleibt. Die Antragsgegnerin hat einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 857,50 € beantragt, der mithin zuzusprechen ist.
Der Unterhalt ist jeweils monatlich im Voraus, und zwar grundsätzlich bis zum Monatsersten fällig (§ 1585 Abs. 1 BGB). Die Abänderung gegenüber dem angefochtenen Beschluss, der dies ausgesprochen hatte, dahin, dass nunmehr Zahlung bis zum Dritten eines jeden Monats angeordnet worden ist, beruht auf dem entsprechenden Antrag der Antragsgegnerin über den nicht hinaus gegangen werden durfte. (§§ 113 Abs. 1, 117 Abs. 2 FamFG; 308, 538 Abs. 2 ZPO).
Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist derzeit nicht zu befristen oder herabzusetzen. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Gemäß § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
Der Antragsteller als Unterhaltsschuldner, der sich mit seinem Begehren nach Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf eine prozessuale Einwendung beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der dafür sprechenden Tatsachen (BGH, FamRZ 2010, 875; 1637). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile entstanden sind. Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtssprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Diese sekundäre Darlegungslast hat im Rahmen des § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (BGH, FamRZ 2010, 1637; 1971).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Antragsgegnerin zunächst ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Der Behauptung des Antragsstellers, sie habe keine ehebedingten Nachteile erlitten, hat sie entgegen gesetzt, ihre Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses bei dem VE Kombinat Braunkohlekraftwerke zum 28. Februar 1990 und die Aufnahme der deutlich schlechter bezahlten Arbeit beim Rat des Bezirks C… habe der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie gedient. Da der neue Arbeitsort näher am Wohnort gelegen und besser erreichbar gewesen sei, was der Antragsteller bei seiner persönlichen Anhörung eingeräumt hat, habe sie anlässlich der bevorstehenden Einschulung der Tochter J… diese besser betreuen können. Ohne den Arbeitsplatzwechsel hätte das Kind mit Schulbeginn sowohl den Frühhort als auch den Nachmittagshort besuchen müssen. Andere Gründe für den Arbeitsplatzwechsel hätten nicht vorgelegen. Insbesondere sei zum damaligen Zeitpunkt noch nicht absehbar gewesen, wie sich die erst bevorstehende wirtschaftliche Wende auf den Betrieb auswirken werde. Von bestehenden Ängsten betreffend den Bestand des Arbeitsplatzes im Kraftwerksbereich habe keine Rede sein können.
Dieses Vorbringen der Antragsgegnerin ist für sich genommen schlüssig. Auch wenn die Antragsgegnerin zuletzt bei ihrem früheren Arbeitgeber lediglich in der Frühschicht gearbeitet hat, so ist doch eine bessere Versorgung und Betreuung der Kinder gewährleistet, wenn sich der Weg von und zur Arbeit deutlich verkürzt. Nicht nur eine Aufgabe des Arbeitsplatzes zugunsten einer vollständigen Kinderbetreuung durch einen Ehepartner stellt eine ehebedingte Entscheidung dar, die sich auf das berufliche Fortkommen auswirkt, sondern auch eine sonstige Veränderung des Arbeitsplatzes, die aus Gründen geschieht, die der Familie dienen.
Es steht weiter außer Frage, dass die Antragsgegnerin durch den Wechsel des Arbeitsplatzes erhebliche berufliche Nachteile erlitten hat. Abgesehen davon, dass sie die neue Arbeit bereits nach kurzer Zeit wieder verlor, wurde später einer Umschulung erforderlich. Auch als Bauzeichnerin war die Antragsgegnerin nicht durchgängig tätig. Nach Zeiten der Arbeitslosigkeit ist die Antragsgegnerin nunmehr allerdings nur aufgrund befristeter Arbeitsverträge, beim Amt P… beschäftigt. Der berufliche Werdegang der Antragsgegnerin ist mithin seit März 1990 von Brüchen gekennzeichnet. Die Zeit davor war hingegen von großer beruflicher Stabilität und Kontinuität sowie einem Aufstieg in Tätigkeit und Bezahlung geprägt.
Der Antragsteller ist dem Vorbringen der Antragsgegnerin zwar entgegen getreten, jedoch hat er seine Behauptungen nicht beweisen können. Er behauptet, die Antragsgegnerin habe nur aus Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes gehandelt. Angesichts der Erörterung dieser Frage im Senatstermin bestehen schon Bedenken daran, ob die vom Antragsteller angeführten Gründe tatsächlich solch sind, die nicht als familienbedingt angesehen können werden. Hier haben beide Ehepartner bei demselben Arbeitgeber gearbeitet. Sollte aufgrund von sich anbahnenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Befürchtung bestanden haben, dass ein Arbeitsplatzverlust eintreten könnte, so währe das freiwillige Ausscheiden eines der beiden Ehepartner und Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem anderen Arbeitgeber nicht allein diesem zugute gekommen, sondern es hätte das Risiko der Familie herabgesetzt, dass plötzlich beide Eltern ohne Arbeit hätten dastehen können. Auch die Darlegungen des Antragstellers haben nicht erkennen lassen, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin allein ihrem beruflichen Fortkommen gedient haben könnte und nicht insgesamt der Familie.
Die Kündigungserklärung aus „persönlichen Gründen“ gibt für eine Feststellung, welche Gründe tatsächlich bestanden haben, nichts her. Die Erklärung der Antragsgegnerin kann der Antragsteller auch nicht widerlegen, da ihm Beweismittel nicht zur Verfügung stehen. Es kann auch nicht unterstellt werden, die Erwerbsbiografie der Antragsgegnerin habe sich allein „wendebedingt“ ungünstig entwickelt. Immerhin kam es erst im Sommer 1990 zur Währungs- und Wirtschaftsunion zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland (aufgrund eines erst im Mai 1990 geschlossenen Staatsvertrags), in deren Verlauf sich die erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Umbrüche auf dem Arbeitsmarkt manifestierten.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es auf die Behauptung, der Antragsteller sei mit der Entscheidung zum Arbeitsplatzwechsel nicht einverstanden gewesen, nicht ankommt. Ehebedingte Nachteile sind diejenigen Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Von Bedeutung ist hier, dass die Partner nach der Kündigung des Arbeitsplatzes und der Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit durch die Ehefrau noch weitere etwa 19 Jahre bis zur Trennung miteinander gelebt und auf der Basis dieser Entscheidung gewirtschaftet haben. Die berufliche Umorientierung stand somit im Zusammenhang mit der parktizierten Ehegestaltung. Dass der Wechsel der Arbeitsstelle ausschließlich auf Gründen beruhte, die außerhalb der Ehegestaltung lagen, lässt sich nicht feststellen. Dies wirkt sich zu Lasten des Antragstellers aus.
Berücksichtigt man zusätzlich die lange Dauer der Ehe (25 Jahre) so ist vom Fortbestehen ehebedingter Nachteile auszugehen, die einer Befristung entgegenstehen. Da nicht absehbar ist, ob und gegebenenfalls wann diese Nachteile ausgeglichen seien könnten, kann eine Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht ausgesprochen werden. (BGH, FamRZ 2011, 628).
Auch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs kommt nicht in Betracht. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruches auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Der angemessene Lebensbedarf, der die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Nach einer Übergangszeit kann der Unterhalt bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt, was jedoch voraussetzt, dass der eheangemessene Bedarf den angemessenen Lebensbedarf übersteigt (BGH, FamRZ 2010, 2059).
Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Antragsgegnerin könnte ohne die ehebedingten Nachteile ein Einkommen erzielen, das den eheangemessenen Bedarf mindestens erreicht.
Zur Feststellung des angemessenen Lebensbedarfs ist eine hypothetische Erwägung dazu anzustellen, wie die berufliche Tätigkeit und das damit verbundene Einkommen sich entwickelt hätten, wenn die Antragsgegnerin nicht die Ehe eingegangen und aus dieser keine Kinder hervorgegangen wären. Da, wie oben dargestellt, davon auszugehen ist, dass der Arbeitsplatzwechsel im Jahr 1990 ehebedingt gewesen ist, muss eine fortdauernde Tätigkeit der Antragsgegnerin im Kraftwerksbereich angenommen werden. Aufgrund der Erwerbsbiografie der Antragsgegnerin seit Aufnahme ihrer Tätigkeit kann davon ausgegangen werden, dass sie ohne Kinder und ohne Ehemann ihre berufliche Tätigkeit weiter so wahrgenommen hätte, wie dies vor der Geburt ihrer Kinder der Fall gewesen ist. Die Antragsgegnerin hat damals im Schichtdienst gearbeitet und sich ständig fortgebildet. Sie ist entsprechend befördert worden, was mit einer fortschreitend guten Lohnentwicklung einher ging. Die Antragsgegnerin hat behauptet, ohne ehebedingte Nachteile hätte sie denselben Arbeitsplatz erreichen können, wie der Antragsteller. Davon ist aufgrund einer Würdigung gemäß § 287 ZPO bei aller gebotenen Vorsicht hinsichtlich einer hypothetischen Entwicklung auch auszugehen. Zwar hat der Antragsteller bestritten, dass die Antragsgegnerin dies hätte erreichen können, er hat jedoch bei seiner persönlichen Anhörung bestätigt, dass die Antragsgegnerin dieselbe Ausbildung gehabt habe wie er selbst. Da beide Ehepartner in der Frühphase der Ehe und vor der Geburt der Kinder erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um sich beruflich fortzuentwickeln, muss zu Gunsten der Antragsgegnerin angenommen werden, dass sie dieses Verhalten ohne ehebedingte Nachteile auch weiterhin an den Tag gelegt hätte. Allerdings hat der Antragsgegner es in seinem erlernten Beruf sehr weit gebracht und durch Tätigkeit als Schichtleiter eine herausgehobene Stellung erlangt. Er hat auch angemerkt, dass ihm keine Frau bekannt sei, die eine ähnliche Position erreicht habe. Angesichts des Einsatzes, den die Antragsgegnerin bei ihrer beruflichen Tätigkeit insgesamt unter Beweis gestellt hat lässt sich jedoch durchaus vermuten, dass auch sie bei entsprechend fortdauerndem Einsatz es in dem Unternehmen sehr weit gebracht hätte. Selbst wenn sie nicht genau dieselben Einkommensverhältnisse hätte erreichen können, wie sie der Antragsteller erreicht hat, so kann doch davon ausgegangen werden, das sie jedenfalls ein Einkommen erwirtschaften könnte, wie es ihrem eheangemessenen Bedarf von rund 2.160,00 € netto entspricht. Damit aber kommt eine Herabsetzung ihres Unterhaltsanspruchs nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 150; 243 FamFG; die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit auf § 116 Abs. 3 FamFG.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen vor, weil die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Beschwerdegericht erfordern § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Insbesondere die Feststellungen die der Ablehnung der Befristung und Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs zugrunde liegen, geben Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde. Die bisher veröffentlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Vorliegen ehebedingter Nachteile sind nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Erwerbsbiografie übertragbar, die zum einen durch Besonderheiten im Beitrittsgebiet und zum anderen dadurch gekennzeichnet sind, dass hier lediglich ein Arbeitsplatzwechsel und keine Aufgabe vorgenommen worden ist.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.625,80 € festgesetzt (Differenz zwischen tituliertem und beantragten monatlichen Unterhalt: 857,50 € - 555,35 € = 302,15 € x 12), §§ 40 Abs. 1 Satz 1; 51 Abs. 1 FamGKG.