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Namensschild; Dienstkleidung; Polizeivollzugsbedienstete; Grundrechte der Beamten; informationelle Selbstbestimmung; Parlamentsvorbehalt im Beamtenverhältnis; Wesentlichkeitstheorie; Verwaltungsvorschrift


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 05.09.2018
Aktenzeichen OVG 4 B 4.17 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2018:0905.4B4.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 9 PolAufgG BB, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 GG, Art 33 Abs 5 GG, Art 11 Abs 1 Verf BB, § 43 VwGO, § 29 Abs 1 VerfGG BB, § 31 BVerfGG

Leitsatz

Die im Polizeigesetz für das Land Brandenburg geschaffene gesetzliche Regelung über die Verpflichtung von Polizeivollzugsbediensteten, bei Amtshandlungen in Dienstkleidung ein Namensschild bzw. beim Einsatz in geschlossenen Einheiten eine individuelle Kennzeichnung zu tragen, verstößt nicht gegen Grundrechte des Beamte.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 8. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Polizeioberkommissarin, wendet sich gegen die polizeiliche Kennzeichnungspflicht.

Mit Schreiben vom 5. April 2013 beantragte die Klägerin, sie von der polizeilichen Kennzeichnungspflicht zu befreien und ihr zu gestatten, bei Amtshandlungen in Dienstkleidung kein Namensschild zu tragen. Mit Bescheid vom 30. Mai 2013 lehnte der Beklagte dieses Begehren ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin vom 20. Juni 2013 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2013 zurück.

Die Klägerin hat am 3. September 2013 Klage erhoben, mit der sie u.a. eine Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie Art. 11 Abs. 1 Satz 1 LV rügt.

Mit Urteil vom 8. Dezember 2015 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die zulässige Klage unbegründet sei, da die in § 9 Abs. 2 bis 4 BbgPolG geregelte Verpflichtung zur namentlichen Kennzeichnung nicht gegen Grundrechte verstoße. Eine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung sei nicht gegeben. Das Land Brandenburg habe sich für ein Parlamentsgesetz entschieden, so dass dem Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage Genüge getan sei. Der Gesetzgeber habe in § 9 Abs. 2 BbgPolG auch klar und erkennbar festgelegt, dass der Polizeivollzugsbedienstete im Regelfall bei Amtshandlungen ein Namensschild bzw. bei Einsätzen in geschlossenen Einheiten eine Kennziffer zu tragen habe. Die Regelung verfolge mit dem Interesse der Allgemeinheit an einer transparenten staatlichen Verwaltung ein legitimes Ziel. Die Einschränkung der Anonymität der Polizeibeamten sei zudem im Zusammenhang mit der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes zu sehen. Der Feststellung der Identität einer Person komme Bedeutung zu, wenn diese den Ausgangspunkt strafrechtlicher Ermittlungen bilde. Die gesetzliche Maßnahme sei auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Aus der Gesetzesbegründung gehe insoweit hervor, dass der Landesgesetzgeber den ihm zustehenden Prognosespielraum auf einer belastbaren Grundlage ausgeübt habe. Dem Schutzbedürfnis der Polizeivollzugsbediensteten und deren Angehörigen sei der Gesetzgeber dabei durch die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 3 BbgPolG gerecht geworden. Mit dieser Regelung, die dem Gebot der Normenklarheit genüge, habe der Gesetzgeber die Grenzen der Kennzeichnungspflicht und damit die Schranken des Grundrechtseingriffs gezogen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und eine Verletzung der grundrechtsähnlichen Vorschrift des Art. 33 Abs. 5 GG seien ebenfalls nicht gegeben.

Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 6. Januar 2016 zugestellte Urteil am 29. Januar 2016 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Gesetzgeber unterliege bei der Einschränkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung „im überwiegenden Allgemeininteresse“ selbst einer Schranke für die Beschränkung des Grundrechts. Solche überwiegenden Allgemeininteressen, die kein Teilaspekt der Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs seien, lägen aber nicht vor. Die Preisgabe der namentlichen Identität eines Polizeibeamten stehe in erster Linie im persönlichen Interesse einzelner, deren Interessen sich aber nur im Einzelfall als überwiegend darstellen könnten. Auch der nemo-tenetur-Grundsatz sei zu beachten, der vor dem Verlangen schütze, Informationen preiszugeben, die den Betroffenen selbst belasten würden.

Die Regelungen in § 9 Abs. 2 bis 4 BbgPolG seien auch nicht als geeignet, erforderlich und verhältnismäßig anzusehen. Soweit ein öffentliches Interesse an einer transparenten staatlichen Verwaltung gesehen werde, seien die Polizeibeamten bereits aufgrund anderer Umstände wie Einsatzplanung, Funkkontakt zur Führungsstelle oder dem Berichtswesen (nachträglich) identifizierbar. Die im Einzelfall erforderliche Kontrolle und Überprüfung staatlichen Handelns sei gegeben. Es bedürfe insoweit nicht der namentlichen Identifizierung des konkret handelnden Beamten.

Das Verwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass der Grundrechtseingriff zum Schutz der öffentlichen Interessen nicht unerlässlich sei. Auch ohne die Kennzeichnungspflicht bestünden ausreichende Möglichkeiten zur Kontrolle staatlichen Handelns, auch um diese gegebenenfalls zu sanktionieren. Die Identität des Beamten sei ohne Kennzeichnung feststellbar. Neben der Möglichkeit fakultativer bzw. eigenverantwortlich bestimmbarer Kennzeichnung komme als mildere Maßnahme auch eine generelle Pflicht beschränkt auf das Tragen einer Buchstaben- und Nummernkombination in Betracht. Polizeibeamte seien zudem ohnehin verpflichtet, sich nach § 9 Abs. 1 BbgPolG auf Verlangen des Betroffenen zu legitimieren. Mit einem Namensschild erfolge hingegen eine Identifizierung gegenüber einem unkontrollierten Kreis an Personen, denen anders als der Betroffene kein berechtigtes Interesse an einer Identifizierung des Polizeibeamten zukomme. Ferner sei die höhere Strafandrohung bei Amtsdelikten zu beachten.

Auch ohne Kennzeichnungspflicht sei in der Vergangenheit bis auf wenige Fälle regelmäßig eine Identifizierung gelungen. Hingegen fördere das Tragen eines Namensschildes die Gefahr von Übergriffen auf Polizeibeamte und es könne vermehrt zu haltlosen Beschwerden und Anzeigen gegen Polizeibeamte kommen. Auch Familienmitglieder von Polizisten könnten von Repressalien betroffen sein. Auch weitere Gefährdungen wie ein gezieltes Ausspähen seien zu befürchten. So verdeutliche die insgesamt zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte ein Anwachsen des Gefährdungspotenzials.

Die Regelung über Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht sei lückenhaft. Die namentliche Kennzeichnungspflicht entfalle auch dann nicht zwangsläufig, wenn der Zweck der Maßnahme oder Amtshandlung oder überwiegende schutzwürdige Belange des Polizeivollzugsbediensteten dadurch beeinträchtigt würden. Der Beamte müsse vielmehr entscheiden, ob und wie er einschreite, und zugleich darüber befinden, ob er seine namentliche Identität weiterhin offenbare.

Auch die Regelung in § 9 Abs. 4 BbgPolG sei verfassungsrechtlich bedenklich. Die ergangene Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnungspflicht sei nicht bloß als norminterpretierende verwaltungsinterne Regelung zu verstehen. Insbesondere deren Gestaltung der Ausnahmevorschriften reiche weiter, als es die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 3 BbgPolG erlaube. So seien ganze Gruppen von Beamten von der generellen Kennzeichnungspflicht befreit worden. Die Ausnahmetatbestände seien nicht durch das Gesetz unmittelbar vorgegeben. Dies sei aber nach der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts erforderlich.

Nach der Verwaltungsvorschrift seien von der Kennzeichnungspflicht zeitweise abgeordnete Beamte sowie Bundes- und Landesbeamte anderer Bundesländer ausgenommen, für die aber ebenfalls die Vorschriften des brandenburgischen Polizei- und Ordnungsrechts maßgeblich seien. Es liege daher ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Schließlich sei auch eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegeben. Insbesondere durch die Ausnahmeregelungen von der Kennzeichnungspflicht werde ihren schutzwürdigen Belangen nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 8. Dezember 2015 zu ändern, den Bescheid des Polizeipräsidiums vom 30. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 15. August 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, bei Amtshandlungen ein Namensschild und beim Einsatz in geschlossener Einheit eine zur nachträglichen Identitätsfeststellung geeignete Kennzeichnung an ihrer Dienstkleidung zu tragen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die – soweit erheblich – zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht angewiesen.

Die Klage ist zwar zulässig (hierzu A.). Sie ist aber nicht begründet (hierzu B.).

A.

Richtige Klageart für das Begehren ist die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO. Denn die Klägerin könnte hiermit die Feststellung erreichen, dass sie bereits nach dem Tatbestand der gesetzlichen Kennzeichnungspflicht von vornherein nicht unterfällt bzw. eine generelle Befreiungsmöglichkeit besteht, aber auch die den Kern ihres Vorbringens ausmachende Feststellung, dass eine Kennzeichnungspflicht wegen eines Verstoßes gegen übergeordnetes Recht nicht besteht und die maßgeblichen Vorschriften des § 9 Abs. 2 bis 4 BbgPolG und der Verwaltungsvorschrift sie daher nicht binden.

Demgegenüber könnte die Klägerin mit einer Verpflichtungsklage ihr Klageziel nicht umfassend erreichen. Abgesehen davon, dass § 9 Abs. 3 und § 9 Abs. 4 i.V.m. der Verwaltungsvorschrift Kennzeichnungspflicht vom 21. November 2012 (Amtsblatt für Brandenburg vom 19. Dezember 2012, Seite 1956) keine generelle Befreiungsmöglichkeit für den einzelnen Polizeibeamten auf dessen Antrag hin vorsieht, steht dem Beklagten – an den sich die Verpflichtung richten würde – eine Normverwerfungskompetenz nicht zu, der selbst dann keine Befreiung aussprechen könnte, wenn er von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausginge. Zudem würde im Falle einer Verwerfung der Norm des § 9 Abs. 2 bis 4 BbgPolG durch das Landesverfassungsgericht oder Bundesverfassungsgericht (in einem Verfahren der konkreten Normenkontrolle nach entsprechender Vorlage durch das [Ober]Verwaltungsgericht) einer Verpflichtungsklage auf Befreiung von der Kennzeichnungspflicht das Rechtsschutzinteresse fehlen. Denn dann gäbe es bereits keine Norm (mehr), aus der sich eine solche Kennzeichnungspflicht ergeben würde; mithin bedürfte es einer auf Befreiung von derselben gerichteten Klage nicht mehr.

Die Feststellungsklage ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Klägerin ihre Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage hätte verfolgen müssen (§ 43 Abs. 2 VwGO). Eine mit Widerspruch oder Klage anzugreifende Weisung an die Klägerin findet sich im Verwaltungsvorgang nicht. Eine solche ist auch nicht zu unterstellen. Die generelle Verpflichtung zur Kennzeichnung von Polizeibediensteten in Dienstkleidung folgt bereits unmittelbar aus dem Gesetz (§ 9 Abs. 2 BbgPolG) in Verbindung mit der Verwaltungsvorschrift Kennzeichnungspflicht (vgl. § 9 Abs. 4 BbgPolG), ohne dass es noch eines auf den jeweiligen Beamten bezogenen und dann von diesem angreifbaren individuellen Umsetzungsaktes des Dienstherrn bedurft hätte. Soweit das Landesverfassungsgericht in den Beschlüssen vom 20. Juni 2014 (– VfGBbg 50/13 und VfGBbg 51/13 –) ausgeführt hat, dass nicht schon das Gesetz, sondern erst ein individueller Vollzugsakt die Verpflichtung begründe, der Kennzeichnungspflicht nachzukommen (vgl. zum Fehlen einer Bindungswirkung nach § 29 Abs. 1 VerfGGBbg bzw. § 31 Abs. 1 BVerfGG bei der Auslegung des einfachen Rechts durch das Verfassungsgericht ohne Anknüpfung an Verfassungsnormen: BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 1975 – 2 BvR 1018/74 – juris Rn. 14; Beschluss vom 8. September 2010 – 2 BvL 3/10 – juris Rn. 12; vgl. auch Landesverfassungsgericht Brandenburg, Beschluss vom 20. März 2015 – VfGBbg 30/14 – juris Rn. 6; bei Fehlen einer Sachentscheidung: BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 1995 – 1 BvL 18/93 – juris Rn. 63), legt der Senat der gesetzlichen Regelung aufgrund des auf eine unmittelbare Rechtswirkung gerichteten Wortlautes von § 9 Abs. 2 BbgPolG ein anderes Verständnis zugrunde. Dass es nach § 9 Abs. 4 BbgPolG noch einer näheren Ausformung durch Verwaltungsvorschrift bedurfte, begründet keine andere Sicht der Dinge. Diese liegt mit der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Verwaltungsvorschrift Kennzeichnungspflicht vor. Ihr lässt sich ein Erfordernis eines weiteren, der Kennzeichnungspflicht grundsätzlich Geltung verschaffenden Vollzugsaktes ebenfalls nicht entnehmen; vielmehr wiederholt sie lediglich die bereits in § 9 Abs. 2 BbgPolG enthaltene Vorgabe, dass die Kennzeichnungspflicht bei Amtshandlungen für alle Polizeivollzugsbediensteten, die Dienstkleidung tragen, gilt (vgl. Ziffer 4.1 VV Kennzeichnungspflicht). Lediglich im Einzelfall bedarf es in den in Ziffer 4.3 VV Kennzeichnungspflicht aufgeführten Ausnahmefällen einer Entscheidung des Vorgesetzten, des Polizeiführers oder in Eilfällen des jeweiligen Beamten selbst.

Darin, dass die Klägerin vom Dienstherrn ein Namensschild erhalten hat (vgl. Ziffern 4.5.1 und 4.5.2 VV Kennzeichnungspflicht) bzw. für sie eine Ziffernkombination vergeben wurde (vgl. Ziffern 4.4.4 und 4.6 VV Kennzeichnungspflicht), ist ebenfalls kein angreifbarer individueller Vollzugsakt zu sehen. Dies betrifft im vorliegenden Zusammenhang lediglich die Bereitstellung der erforderlichen Ausstattung durch den Dienstherrn und die technische und tatsächliche Seite bei der Umsetzung des Gesetzes, das den Beklagten dahingehend bindet, Namensschilder bzw. die Kennzeichen auf den Einsatzanzügen als Teil der Dienstkleidung unentgeltlich bereitzustellen (vgl. § 113 LBG Bbg, Ziffer 3.5 der Polizei-Dienstkleidungsverwaltungsvorschrift; Amtsblatt für Brandenburg vom 13. August 2014, Seite 995).

Auch ein Feststellungsinteresse ist zu bejahen. Hierfür genügt jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1972 – 6 C 8.70 – juris Rn. 23). Ein solches kann der Klägerin aufgrund der von ihr geltend gemachten Befürchtungen von Gefährdungen und Grundrechtsbetroffenheit nicht abgesprochen werden.

B.

Die Klage ist aber nicht begründet. Die Klägerin kann nicht die Feststellung beanspruchen, dass sie nicht der für Polizeivollzugsbedienstete in § 9 Abs. 2 BbgPolG geregelten Pflicht zum Tragen eines Namensschildes bei Amtshandlungen an ihrer Dienstkleidung bzw. eines Kennzeichens beim Einsatz in geschlossenen Einheiten unterworfen ist.

I.

Die Klägerin ist Polizeivollzugsbeamtin und trägt bei Amtshandlungen eine Polizeiuniform (vgl. §§ 59, 113 LBG i.V.m. der Polizei-Dienstkleidungs-verwaltungsvorschrift); sie kommt zudem nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gelegentlich in geschlossenen Einheiten zum Einsatz.

II.

Die Verpflichtung entfällt auch nicht deshalb, weil – wie die Klägerin indes meint – die Regelungen in § 9 Abs. 2 bis 4 BbgPolG gegen höherrangiges Recht verstoßen.

1.) Die Regelung zum Tragen eines Namensschildes an der Dienstkleidung bzw. einer aus einer fünfstelligen Ziffer bestehenden Kennziffer (Ziffer 4.4.4 VV Kennzeichnungspflicht) betrifft das Erscheinungsbild der Polizeibeamten während der Dienstausübung und die Form, wie sie den Bürgern bei Amtshandlungen entgegentreten. Auch wenn sich die Regelung in dem Eingriffsbefugnisse des Staates gegen den Bürger normierenden Polizeigesetz findet, handelt es sich um eine beamtenrechtliche Bestimmung, die zunächst nur auf eine behördeninterne Wirkung gerichtet ist, nämlich auf die Art und Weise, wie der Beamte seinen Dienstpflichten nachzukommen hat. Systematisch handelt es sich um eine Regelung, mit welcher der Gesetzgeber in Ergänzung zu den Bestimmungen über die Dienstkleidung (vgl. §§ 59, 113 LBG i.V.m. der Polizei-Dienstkleidungs-verwaltungsvorschrift) spezielle Anforderungen an die Kennzeichnung der Dienstkleidung von Polizeivollzugsbeamten stellt und diese in einem Gesetz selbst geregelt hat.

Es ist höchstrichterlich geklärt, dass Beamte im Dienst weder ganz auf den grundrechtlichen Schutz verzichten müssen (besonderes Gewaltverhältnis) noch auf einen nur abgeschwächten Schutz verwiesen sind (Sonderstatusverhältnis). Vielmehr beanspruchen die Grundrechte dort in gleicher Weise Geltung (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 u.a. – juris Rn. 57 m.w.N.; vgl. auch: Urteil vom 24. September 2003 – 2 BvR 1436/02 – juris Rn. 34; Urteil vom 12. Juni 2018 – 2 BvR 1738/12 – juris Rn. 138; BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 38;). Indem der durch die Grundrechte Geschützte sich bereit erklärt, Beamter zu werden, nimmt er allerdings die Bindungen des Dienstverhältnisses auf sich und hat den Anordnungen des Dienstherrn zu folgen. Darin unterscheidet er sich im Grundsatz nicht von Arbeitnehmern, die aufgrund des von ihnen geschlossenen Arbeitsvertrages dem Direktionsrecht ihres Arbeitgebers ausgesetzt sind. Demgemäß sind Dienstausübungsvorschriften denkbar, die in subjektive Rechte der Beamten nicht eingreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2017, a.a.O., juris Rn. 34) und die Individualsphäre der Beamten grundsätzlich nicht berühren (BVerwG, Urteil vom 19. November 2015 – 2 A 6.13 – juris Rn. 18; Beschluss vom 23. Februar 2017 – 2 B 14.15 – juris Rn. 13). Es gibt insoweit auch keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) des Inhalts, dass alle Bereiche des Beamtenrechts einem allgemeinen Vorbehalt des Parlamentsgesetzes unterliegen (BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 2017, a.a.O., juris Rn. 13).

Ist hingegen die Individualsphäre berührt, wirken die einschlägigen Grundrechte als Abwehrrechte im Verhältnis zwischen Beamten und dem Staat. Das kann zur Folge haben, dass bestimmte Gegenstände des Beamtenverhältnisses einer detaillierten Grundlage im Parlamentsgesetz bedürfen (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015, a.a.O., juris Rn. 52 ff.). Dies gilt insbesondere für Regelungen mit statusbildendem oder statusberührendem Charakter, durch die Bedingungen der Einstellung oder Entlassung normiert werden (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015, a.a.O., juris Rn. 69; BVerwG, Urteil vom 17. November 2017, a.a.O., juris Rn. 38). Auch der Ausgleich widerstreitender Grundrechte oder kollidierender Verfassungspositionen ist dem Parlament vorbehalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003, a.a.O., juris Rn. 68). Kollidieren hingegen die Grundrechte des Beamten nicht mit den Grundrechten anderer Betroffener, sondern nur mit den Interessen des Staates als Dienstherrn und lässt die Maßnahme wesentliche Rechte des betroffenen Beamten, insbesondere das Amt im statusrechtlichen wie im abstrakt-funktionellen Sinn unberührt, wirkt dies auf die Reichweite des Parlamentsvorbehalts zurück. Maßnahmen des Dienstherrn gegenüber dem Beamten, die wesentliche Inhalte des Beamtenverhältnisses unberührt lassen, lassen sich dann regelmäßig auf allgemeine beamtenrechtliche Pflichten wie die Gehorsamspflicht zurückführen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 2008 – 2 BvR 754/07 – juris Rn. 19 ff.), die ihre einfachgesetzliche Ausprägung in § 35 Satz 2 BeamtStG erfahren hat. Die Grundrechtsprüfung darf sich nicht auf das bipolare Verhältnis beschränken, hat vielmehr die Interessen der Allgemeinheit in den Blick zu nehmen, denen der Gesetzgeber mit seiner Regelung gerecht werden will. Denn Beamte sind nicht allein individuell von staatlichen Regelungen Betroffene, sondern zugleich Sachwalter des Staates bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Das Parlament kann daher in einem politischen Prozess legitime Interessen des Staates bzw. der Allgemeinheit ausloten und festlegen, wie der Staat durch seine für ihn handelnden Bediensteten die ihm obliegenden Aufgaben dem Bürger gegenüber erfüllen soll und in dessen Ergebnis Dienstausübungsvorschriften formulieren.

Nach diesen Maßstäben sind die der Klägerin aufgrund von § 9 Abs. 2 bis 4 BbgPolG abverlangten Pflichten nicht zu beanstanden. Die Pflicht zum Tragen eines Namensschildes ist eine Dienstausübungsvorschrift, die in subjektive Rechte der Klägerin eingreifen kann und das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 LV gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 1 BvR 209/83 – juris Rn. 146 ff.) berührt. Zwar ist eine Verpflichtung des Beamten, auch außerhalb des Dienstes ein Namensschild zu tragen, mit der Regelung nicht verbunden. Die Verpflichtung zum Tragen eines Namensschildes im Dienst kann sich allerdings gleichwohl auf die private Lebensführung und damit auf private Rechte des Beamten auswirken, indem ein Dritter die Information über die Polizeibeamten-Eigenschaft mit dem jeweiligen Namen verknüpft (anders BVerwG, Beschluss vom 12. März 2008 – 2 B 131.07 – juris Rn. 8). Es ist insoweit auch nicht ausgeschlossen, dass über den Namen durch Recherchen etwa im Internet, den sozialen Netzwerken oder Telefonbüchern weitere Daten über den jeweiligen Polizeibeamten in Erfahrung gebracht werden und dadurch womöglich weitere Gefährdungen für den Polizeibeamten oder dessen Familienangehörige entstehen können.

Demgegenüber wirkt sich eine aus Ziffern bestehende Kennzeichnung nicht in rechtlich beachtlicher Weise auf die private Lebenssphäre des Beamten aus. Sie hat allein innerdienstliche Wirkung und zielt darauf, dass der Dienstherr bei einem Auftreten der Polizei in geschlossenen Einheiten einzelne Handlungen einem Beamten zuordnen kann. Lediglich ihm ist der Name des sich hinter einer bestimmten Ziffernkombination verbergenden Beamten bekannt. Wird der Name gleichwohl nach außen bekannt gegeben, soll diese Information also den rein innerdienstlichen Bereich verlassen, liegt hierin ein rechtlich selbständig zu beurteilender Akt der Datenweitergabe, der je nach Sachlage an den jeweils einschlägigen Vorschriften etwa des Beamtenrechts, des Datenschutzrechts, der Auskunftsansprüche begründenden Gesetze (z.B. AIG, Bbg, IFG) oder an strafprozessualen oder disziplinarrechtlichen Normen zu messen ist.

2.) Der mit der Pflicht zum Tragen eines Namensschildes verbundene Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist allerdings gerechtfertigt. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss vielmehr solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die durch ein überwiegendes Allgemeininteresse gerechtfertigt sind. Diese Beschränkungen bedürfen einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen muss (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983, a.a.O., juris Rn. 150 ff.; Beschluss vom 4. April 2006 – 1 BvR 518/02 – juris Rn. 81; Beschluss vom 25. Februar 2008 – 1 BvR 3255/07 – juris Rn. 21).

a.) Keiner Entscheidung bedarf dabei die Frage, ob es für eine Verpflichtung zur Tragung eines Namensschildes an der Dienstkleidung eines Beamten einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung überhaupt bedurft hätte oder ob die in § 59 Satz 2, § 113 Satz 2, § 132 Satz 2 LBG enthaltene Regelung zur näheren Bestimmung über die Dienstkleidung durch Verwaltungsvorschrift dem Parlamentsvorbehalt genügt hätte. Eine ausdrückliche Regelung liegt in Form des § 9 Abs. 2 bis 4 BbgPolG jedenfalls vor, die den aus dem Parlamentsvorbehalt folgenden Anforderungen genügt.

Der Gesetzgeber hat mit § 9 Abs. 2 Satz 1 BbgPolG in öffentlicher Debatte die politische und gesellschaftliche Frage (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015, a.a.O., juris Rn. 53; BVerwG, Urteil vom 17. November 2017, a.a.O., juris Rn. 47) zur namentlichen Kennzeichnung von Polizeivollzugsbediensteten entschieden und damit die für die Grundrechtsausübung im privaten Bereich der Beamten wesentliche Leitentscheidung selbst getroffen. Zugleich hat er die Grenzen der Verpflichtung bestimmt und zum einen Polizeivollzugsbedienstete bei Einsätzen in geschlossenen Einheiten von der namentlichen Kennzeichnungspflicht ausgenommen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 BbgPolG). Dies wirkt – bezogen auf die private Lebensführung des Beamten – bereits grundrechtsschützend, indem eine aus Ziffern bestehende Kennzeichnung eine Individualisierung nur für den Dienstherrn, nicht aber ohne weiteres für Dritte ermöglicht. Zum anderen hat er nicht einer Verwaltungsentscheidung überlassen, ob Fälle denkbar sind, die aus individuellen Gründen ein Absehen von der namentlichen Kennzeichnung gebieten können. In § 9 Abs. 3 BbgPolG hat er die für die Geltung der Grundrechte der Beamten wesentliche Entscheidung getroffen (vgl. zur Wesentlichkeit im grundrechtsrelevanten Bereich: BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015, a.a.O., juris Rn. 52 m.w.N.), dass die namentliche Kennzeichnung nicht gilt, wenn dieser überwiegende schutzwürdige Belange des Polizeivollzugsbediensteten gegenüber stehen (§ 9 Abs. 3 BbgPolG).

Mit dem dargestellten Inhalt genügt die Regelung in § 9 Abs. 2 und 3 BbgPolG – entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht – den Grundsätzen der Normenklarheit und Bestimmtheit (vgl. hierzu: BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983, a.a.O., juris Rn. 151; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 – 1 C 29/86 – juris Rn. 20). Die namentliche Kennzeichnungspflicht wird begrenzt, wenn die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 3 BbgPolG vorliegen, u.a. dann, wenn überwiegende schutzwürdige Belange des Polizeivollzugsbediensteten durch diese beeinträchtigt werden. Gewöhnliche, im Alltag der Polizeivollzugsbeamten im Zusammenhang mit der Kennzeichnungspflicht auftretende Gefährdungen hat der Gesetzgeber in Abwägung mit den von ihm verfolgten Zielen und Zwecken bewusst als zumutbar angesehen. Erforderlich ist vielmehr, dass aufgrund der bekannten Tatsachen und Umstände Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende Gefährdung aufgrund einer namentlichen Individualisierung vorliegen und die Abwägung ergibt, dass in der jeweiligen Situation die Annahme gerechtfertigt ist, dass unter Nutzung des Namens außerdienstliche Daten des Polizeibeamten erlangt werden sollen. Weiteres brauchte der Gesetzgeber angesichts der Vielgestaltigkeit und Unvorhersehbarkeit der im Polizeivollzugsalltag auftretenden Situationen und Lebenssachverhalte nicht regeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978 – 2 BvL 8/77 – juris Rn. 101); dies konnte er der Bestimmung durch Verwaltungsvorschrift nach § 9 Abs. 4 BbgPolG überlassen. Es wird von dem jeweiligen Polizeibeamten oder von dessen Vorgesetzten eine Prognose verlangt, ob bei einer Beibehaltung der namentlichen Kennzeichnung eine besondere Gefährdung entstehen kann. Diese Entscheidung geht aber in ihrer Schwierigkeit und Komplexität nicht erheblich über das hinaus, was einem Polizeivollzugsbeamten bei aufgrund von Gefahrenprognosen alltäglich zu treffenden Entscheidungen abverlangt wird. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die eine Bewertung von Gefahrensituationen umfassende Polizeiausbildung vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass von den Polizeibeamten etwa Unzumutbares verlangt wird.

b.) Die mit der gesetzlichen Regelung verbundene Beschränkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ist gerechtfertigt.

aa.) Zu den mit den Regelungen verfolgten gesetzgeberischen Zielen (vgl. hierzu: Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, Landtags-Drucksache 5/1442 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres, Landtags-Drucksache 5/3175) gehört der Belang einer transparenten und damit modernen und bürgernahen Polizei. Dies ist Ausdruck eines modernen staatlichen Selbstverständnisses und öffentlichen Dienstes (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 10. September 2007 – 2 A 10413/07 – juris Rn. 20). Zudem soll die Kennzeichnungspflicht der Gewährleistung einer schnellen und klaren Aufklärung im Falle etwaiger Pflichtverletzungen dienen. Auch der damit im Zusammenhang stehende präventive Effekt, durch eine Einschränkung der Anonymität Straftaten oder Dienstpflichtverletzungen bereits im Vorfeld zu reduzieren und zu verhindern, ist ein anerkanntes Ziel des Gemeinwohls. Die Verhinderung und Aufklärung von Straftaten ist ein wesentlicher Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 – 1 BvR 2226/94 u.a. – juris Rn. 260; Urteil vom 2. März 2006 – 2 BvR 2099/04 – juris Rn. 100 m.w.N.). Nicht geringer wiegt, Polizeibeamte auch abseits einer etwaigen strafrechtlichen Verantwortlichkeit verstärkt zu einer pflichtgemäßen und angemessenen Erfüllung ihrer Aufgaben nach Recht und Gesetz anzuhalten und eine bessere Überprüfbarkeit staatlichen Handeln zu erreichen. Der Polizeivollzugsbeamte tritt dem Bürger in seiner Eigenschaft als Organ der Staatsmacht entgegen und ist damit im besonderen Maße der Bindung an Recht und Gesetz unterworfen (Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 2 Abs. 5 Satz 2 LV); die Kennzeichnungspflicht findet damit in dem ebenfalls Verfassungsrang beanspruchenden Erfordernis einer sachgerechten und rechtskonformen Erledigung staatlicher Aufgaben seine Stütze. Ferner hat der Gesetzgeber die Rechte der von einer etwaigen pflichtwidrigen polizeilichen Maßnahme Betroffenen in den Blick genommen, etwa in Form der Durchsetzbarkeit von Haftungs- und sonstigen Schadensersatzansprüchen, denen ebenfalls in Form des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG), der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) und des Grundrechts auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 GG) verfassungsrechtliches Gewicht zukommt.

bb.) Der Gesetzgeber durfte zur Erreichung dieser Ziele die Pflicht zum Tragen eines Namensschildes als geeignet und erforderlich ansehen und die Interessen der von der Regelung betroffenen Polizeivollzugsbeamten geringer gewichten.

Das Gewicht eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hängt dabei unter anderem davon ab, welche Inhalte von dem Eingriff erfasst werden, insbesondere welchen Grad an Persönlichkeitsrelevanz die betroffenen Informationen je für sich und in ihrer Verknüpfung mit anderen aufweisen, und auf welchem Wege diese Inhalte erlangt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 – 1 BvR 2226/94 – juris Rn. 221; Urteil vom 03. März 2004 – 1 BvR 2378/98 – juris Rn. 263). So ist die Eingriffsintensität hoch, wenn Informationen betroffen sind, bei deren Erlangung Vertraulichkeitserwartungen verletzt werden, vor allem solche, die unter besonderem Grundrechtsschutz stehen (BVerfG, Beschluss vom 4. April 2006 – 1 BvR 518/02 – juris Rn. 98). Auf die Intensität des Eingriffs wirken sich ferner etwaige aus dem Eingriff resultierende weitere Folgen für die Betroffenen aus. Das Gewicht informationsbezogener Grundrechtseingriffe richtet sich daher auch danach, welche Nachteile den Betroffenen aufgrund der Eingriffe drohen oder von ihnen nicht ohne Grund befürchtet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999, a.a.O., juris Rn. 221; Urteil vom 12. März 2003 – 1 BvR 330/96 – juris Rn. 75; Beschluss vom 4. April 2006, a.a.O., juris Rn. 108).

Hiervon ausgehend ist zunächst festzustellen, dass durch die namentliche Kennzeichnung lediglich der Nachname des Polizeibeamten bekannt gemacht wird, der für sich genommen aufgrund seines ohnehin gegebenen Sozialbezugs keine im besonderen Maße intime Information darstellt. Allerdings ist mit der Klägerin durchaus auch anzunehmen, dass über den Namen etwa durch Recherchen im Internet, den sozialen Netzwerken oder Telefonbüchern die Möglichkeit besteht, dass weitere Daten über den jeweiligen Polizeibeamten in Erfahrung gebracht werden und dadurch womöglich weitere Gefährdungen für den Polizeibeamten oder dessen Familienangehörige entstehen können.

Der Gesetzgeber hat ausweislich der Gesetzesbegründung (Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, a.a.O., Begründung Buchstabe A) und der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres ( vgl. Beschlussempfehlung und Bericht, a.a.O., Buchstabe B sowie Protokoll des Ausschusses für Inneres vom 27. Januar 2011, P-AI 5/13-1) diese Gefährdungen gesehen, nach Durchführung einer umfassenden Anhörung von sachkundigen Personen und Vertretern von Interessengruppen und der Wissenschaft Erfahrungsberichte, wissenschaftliche Äußerungen sowie einen rechtsvergleichenden Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags über bestehende Regelungen der Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten in den Mitgliedstaaten der EU ausgewertet und dabei die für Polizeivollzugsbeamte befürchteten Eingriffe und Gefährdungen im Rahmen der ihm bei der Bewertung von nicht exakt abschätzbaren Risiken und Gefährdungspotentialen zukommenden Einschätzungsprärogative (vgl. hierzu: BVerfG, Urteil vom 24. November 2010 – 1 BvF 2/05 – juris Rn. 140) geringer gewichtet. Die von der Klägerin angeführten Beispiele zu Gefährdungen von Polizeibeamten, die aus der Zeit vor Schaffung einer gesetzlichen Namensführungspflicht stammen, zeigen im Wesentlichen nur, dass Gefährdungen auch bereits ohne die namentliche Kennzeichnung bestanden. Hingegen ergibt sich aus einem Bericht des Ministeriums für Inneres und für Kommunales vom 21. Mai 2015 („Bericht über die Erfahrungen und Erkenntnisse im Umgang mit der Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbedienstete“) für die Zeit nach Einführung der Kennzeichnungspflicht, dass die vom Gesetzgeber angestellte Gefahreneinschätzung nicht erkennbar fehlsam gewesen ist, denn besondere Vorkommnisse, insbesondere Übergriffe auf Polizeivollzugsbeamte, sind zum Berichtszeitpunkt nicht bekannt geworden. Auch in den übrigen Bundesländern, die eine verpflichtende oder freiwillige namentliche polizeiliche Kennzeichnung vorsehen, ist es nicht zu einem Anstieg der Gefährdungen von Polizeibeamten oder Angriffen auf die Privatsphäre gekommen (vgl. Cordula Spitzer, Persönlichkeitsschutz von Amtsträgern? Zur Kennzeichnung von Polizeivollzugsbeamten, Schriften zur inneren Sicherheit, 2016, Seite 116 m.w.N.).

Die von der Klägerin und von anderen Polizeibeamten befürchteten Gefährdungen unterscheiden sich zudem nicht wesentlich von denen anderer Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes, bei denen die Namen der handelnden Personen bekannt werden. Dies betrifft etwa die Mitarbeiter der Ordnungsämter, der Jugendämter, Ausländerbehörden, Sozialbehörden und Jobcenter, die sich mit ihrem Namen für Bescheide und Verfügungen verantwortlich zeigen oder Außenkontakt haben, aber auch die Beschäftigten der Staatsanwaltschaften und (Straf-)Gerichte. Vergleichbares gilt für Revierpolizisten oder Polizeibeamte, die längere Zeit an einem Ort tätig sind. Diese sind in der jeweiligen Region häufig nicht nur mit ihrem Namen, sondern womöglich mit Vornamen und Wohnanschrift bekannt, wie dies gerade in den überwiegend ländlich geprägten Gebieten Brandenburgs nicht selten der Fall sein wird. Im Übrigen gibt es regelmäßig auch keinen Anspruch eines im öffentlichen Dienst Beschäftigten, vom Publikumsverkehr abgeschirmt zu werden; die Behörde ist aufgrund ihrer Organisationsgewalt befugt, nach außen Hinweise zu geben, welche natürliche Person als Amtswalter mit der Erfüllung einer bestimmten Aufgabe betraut ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2008 – 2 B 131.07 – juris Rn. 8).

Ferner werden in vielen Fällen die Namen der handelnden Polizeibeamten ohnehin bekannt, so dass eine erhebliche Steigerung der mit der Preisgabe des Namens über ein Namensschild verbundenen Gefährdungen für den Polizeibeamten und dessen familiäres Umfeld nicht festzustellen ist. Dies trifft etwa auf diejenigen Polizeibeamten zu, bei denen die Namen aufgrund einer nachträglichen Fertigung von Berichten oder Anzeigen aktenkundig werden, so dass Beschuldigte und Betroffene den Namen der handelnden Polizeibediensteten in Erfahrung bringen können (vgl. Glietsch, Polizeipräsident von Berlin, Protokoll des Ausschusses für Inneres vom 27. Januar 2011, Seite 4). Gleiches gilt für die Polizeibeamten, die ihrer Legitimationspflicht nach § 9 Abs. 1 BbgPolG, die bereits vor einer generellen Kennzeichnungspflicht bestand, nachgekommen oder z.B. als Revierpolizist ohnehin in der Bevölkerung bekannt sind.

Im Übrigen muss jedem Polizeibeamten bereits in dem Moment, in welchem er den Beruf ergreift, bewusst sein, dass hiermit gewisse unvermeidbare Gefährdungen für sich und sein privates Umfeld verbunden sein können. Der jeweilige Polizeibeamte, der eine Gefährdung infolge einer Ausspähung seiner Person aufgrund der Kenntnis seines Namens befürchtet, kann schließlich selbst dazu betragen, etwaige Gefährdungen zu reduzieren. Denkbar erscheinen Maßnahmen wie ein Verzicht auf eine Eintragung im Telefonbuch und in elektronischen Telefonauskünften, eine Auskunftssperre für Daten des Einwohnermeldeamtes, sowie ein Verzicht auf Aktivitäten in sozialen Netzwerken ohne Nutzung eines Pseudonyms (vgl. Spitzer, a.a.O., Seite 118).

Handelt es sich nach alledem um einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht, der nach seiner Intensität und den mit ihm verbundenen Folgen vom Gesetzgeber als geringer gewichtig im Vergleich mit den durch die gesetzliche Kennzeichnungspflicht verfolgten Zielen angesehen werden durfte, so ergibt sich kein anderes Bild, soweit die Klägerin die Gefahr eines verstärkten Auftretens von unberechtigten Beschwerden und Anzeigen gegen Polizeibeamte sieht. Die Gefahr unberechtigter Beschwerden und Anzeigen besteht bereits ohne eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht, so dass ebenfalls keine neue Gefahr geschaffen wird, sondern diese allenfalls in ihrem Umfang erweitert werden könnte. Allein der Umstand, dass ein Verfahren zur Aufklärung der Vorwürfe gegen einen Beamten eingeleitet wird, belastet diesen auch nicht wesentlich. Sind die Vorwürfe unberechtigt, weil der Beamte pflichtgemäß gehandelt hat, bleibt das Verfahren für diesen folgenlos. Sind die Vorwürfe hingegen berechtigt, besteht kein Grund, den Beamten insoweit aus seiner Verantwortung zu entlassen. Die namentliche Kennzeichnung kann umgekehrt sogar dazu beitragen, dass ungerechtfertigte Beschwerden schneller und umfassender aufgeklärt werden können.

cc.) Die hiergegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen teilt der Senat nicht. Soweit die Klägerin vorbringt, dass das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nur im überwiegenden Allgemeininteresse eingeschränkt werden könne, ein solches aber nicht gegeben sei, so trägt dies nicht. Ein überwiegendes Allgemeininteresse ist nicht nur dann gegeben, wenn ein besonderes Interesse des Staates besteht bzw. eine originäre staatliche Aufgabe erfüllt wird. Ein Allgemeinwohlinteresse kann sich – entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht – auch aus den Interessen des Bürgers ergeben. Dieser kann nicht nur etwa bei etwaigen Haftungsansprüchen auf Informationen zur Durchsetzung des Rechts auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 GG) angewiesen sein (vgl. zum Schutz der Fahrgäste durch Anbringung eines Fahrausweises für Taxifahrer: BVerwG, Urteil vom 30. April 2008 – 3 C 16.17 – juris Rn. 23), wobei unerheblich ist, ob der jeweilige Polizeibeamte persönlich haftbar ist oder sich etwaige Ansprüche gegen den Dienstherrn richten würden. Der Bürger ist auch der von einer polizeilichen Maßnahme Betroffene, in dessen Grundrechte eingriffen wird. Die nach dem Grundgesetz und der Landesverfassung gewährleisteten Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung (Art. 1 Abs. 3 GG; Art. 5 Abs. 1 LV). Zu dem hieraus folgenden Gemeinwohlauftrag gehört es daher, die rechtlichen Interessen und grundrechtlich geschützten Belange des Einzelnen, Dritter und der Gemeinschaft bei der Schaffung und Gestaltung des rechtlichen Rahmens polizeilichen Handelns zu berücksichtigen und Vorkehrungen zu deren Schutz zu treffen.

Eine Verletzung des im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und den Grundrechten (Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG) verankerten Grundsatzes des nemo tenetur (nemo tenetur se ipsum accusare) liegt nicht vor. Er beinhaltet das Recht des Beschuldigten auf Aussage- und Entschließungsfreiheit im Strafverfahren. Dazu gehört, dass im Rahmen des Strafverfahrens niemand gezwungen werden darf, sich durch seine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 6. September 2016 – 2 BvR 890/16 – juris Rn. 34 ff.). Die Regelung des § 9 Abs. 2 BbgPolG beinhaltet keinen Zwang, sich nach Begehung einer Straftat oder beamtenrechtlich relevanten Dienstpflichtverletzung selbst zu belasten oder aktiv in einem Straf- oder Disziplinarverfahren mitzuwirken. Sie knüpft vorrangig präventiv an, indem die Anonymität der Uniform bereits im Vorfeld einer etwaigen Straftat oder Dienstpflichtverletzung eingeschränkt und eine Identitätsverschleierung erschwert wird (vgl. zum Vermummungsverbot bei Versammlungen auch: BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 – 1 BvR 943/02 – juris Rn. 52). Ein mögliches Fehlverhalten kann damit eingedämmt werden, weil es der Bürger durch die individualisierende Wirkung der Kennzeichnung leichter hat, sich über ein eventuelles Fehlverhalten des Polizeibeamten zu beschweren, und davon auszugehen ist, dass der Beamte dies bei seinem Verhalten berücksichtigen wird (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 6. August 2004 – 1 Bf 83/03 – juris Rn. 72). Auch sonst steht nicht jede gesetzliche Verpflichtung, durch welche (mittelbar) eine strafrechtliche Verfolgung erst ermöglicht oder erleichtert wird, dem genannten Grundsatz entgegen. Dies ist etwa bei der nach § 142 StGB strafrechtlich sanktionierten Verpflichtung, nach einem Unfall die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen, seit langem anerkannt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1963 – 2 BvR 161/63 – juris Rn. 8; Beschluss vom 16. März 2001 – 2 BvR 65/10 – juris Rn. 5).

Der Gesetzgeber war auch nicht gehindert, eine namentliche Kennzeichnung einzuführen, weil es dieser – wie die Klägerin meint – an der Erforderlichkeit fehlen würde. Die Erforderlichkeit eines vom Gesetzgeber als geeignet angesehenen Mittels entfällt dabei nicht bereits dann, wenn ein anderes milderes Mittel denkbar erscheint. Erforderlich zur Erreichung des Ziels ist ein Mittel, wenn ein milderes, gleich wirksames Mittel nicht zur Verfügung steht (ständige Rechtsprechung; vgl. statt vieler: BVerfG, Beschluss vom 22. August 2012 – 1 BvR 199/11 – juris Rn. 18). Eine mildere, ebenso geeignete Maßnahme stellt die generelle oder fakultative Pflicht zum Tragen einer Ziffern- oder Buchstabenkombination nicht dar. Tritt ein Polizeibeamter in Uniform einem Bürger gegenüber, erfolgt dies aus Sicht des Bürgers in seiner Funktion als Organ der Staatsmacht. Geschieht dies mit einer namentlichen Kennzeichnung, offenbart er sich zugleich als natürliche Person und der Bürger weiß von Anfang an, mit wem er es konkret und persönlich zu tun hat. Die dadurch vermittelte Transparenz und Bürgernähe kann eine Ziffernfolge nicht in gleicher Weise gewährleisten, da sie die Person hinter dem Kennzeichen unerkannt lässt. Namen lassen sich auch leichter erfassen und prägen sich eher in das Gedächtnis ein als (abstrakte) Buchstaben- und Nummernfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2008, a.a.O., juris Rn. 23). Zudem verlangt eine Ziffernkombination dem Bürger weitere Handlungen wie Nachfragen oder ein Einfordern der Legitimation ab, möchte dieser den Namen des Polizeibeamten in Erfahrung bringen. Aus dem Grund, dass vom Bürger ein aktives Handeln nach Legitimation verlangt wird, trägt auch der Hinweis der Klägerin auf die Vorschrift des § 9 Abs. 1 BbgPolG nicht. Ein hierauf gerichtetes Verlangen des Bürgers kann im Übrigen aus tatsächlichen Gründen etwa bei einer größeren Anzahl von Polizeivollzugsbeamten oder in zeitkritischen Situationen an seine Grenzen kommen. Zudem besteht die Gefahr, dass der Bürger von einem Verlangen nach Legitimation gegenüber der Staatsmacht Abstand nimmt, weil er befürchtet, dass sein Verlangen als eine Infragestellung der Autorität polizeilichen Handelns aufgefasst werden könnte und er damit die Situation, in der er sich ohnehin schon befindet, noch „verschlimmern“ könnte (vgl. Ertl, Die Kennzeichnungspflicht für Polizeibedienstete auf dem Prüfstand, DÖV 2016, 23, 28).

dd.) Soweit die Klägerin darüber hinaus die Verfassungswidrigkeit der Norm des § 9 Abs. 2 und 3 BbgPolG mit einzelnen Regelungen der nach § 9 Abs. 4 BbgPolG erlassenen VV Kennzeichnungspflicht zu begründen versucht, verfängt dies nicht. Der Gesetzgeber hat – wie aufgezeigt – die für die Grundrechte der betroffenen Polizeivollzugsbediensteten wesentlichen Regelungen im Gesetz selbst getroffen. Alles Weitere durfte er der näheren Bestimmung durch Verwaltungsvorschrift überlassen; die als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte und nach § 9 Abs. 4 BbgPolG ausdrücklich eingeräumte Befugnis umfasst, dass der Dienstherr innerdienstliche Belange durch Verwaltungsvorschriften regeln kann.

Wenn die VV Kennzeichnungspflicht hingegen Regelungen enthalten sollte, die sich von den Bestimmungen in § 9 Abs. 2 und 3 BbgPolG lösen (Vorrang des Gesetzes) oder nicht mehr von der Ermächtigung nach § 9 Abs. 4 BbgPolG umfasst wären, würde dies lediglich die Unwirksamkeit der einzelnen Bestimmung in der VV Kennzeichnungspflicht bzw. die Rechtswidrigkeit einer hierauf gestützten Weisung des Dienstherrn zur Folge haben, nicht aber die Unwirksamkeit der ihr überordneten Bestimmungen im BbgPolG nach sich ziehen. Zu Lasten der von der gesetzlichen Regelung des § 9 Abs. 2 und 3 BbgPolG betroffenen Polizeivollzugsbediensteten wirkende Regelungen – auf welche sich die Klägerin im vorliegenden Klageverfahren möglicherweise berufen könnte – enthält die Verwaltungsvorschrift auch nicht. Weder erfährt die Verpflichtung zum Tragen einer namentlichen Kennzeichnung nach § 9 Abs. 2 BbgPolG eine Erweiterung auf hiervon nicht betroffene Beamte noch werden die für die Klägerin denkbaren Ausnahmen von der namentlichen Kennzeichnungspflicht durch die Verwaltungsvorschrift enger gefasst, als es die übergeordneten Normen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 BbgPolG gebieten. Dies behauptet die Klägerin auch nicht. Wenn sie in einzelnen Regelungen eine Erweiterung der Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BbgPolG erblickt, dann wirkt dies allenfalls zu Gunsten der betroffenen Polizeivollzugsbediensteten. Dies gilt namentlich für die Regelung in Ziffer 4.3 VV Kennzeichnungspflicht, wonach Polizeivollzugsbedienstete von der namentlichen Kennzeichnungspflicht ausgenommen werden, wenn aufgrund polizeilicher Erfahrung oder anderer konkreter Umstände zu erwarten ist, dass unter Nutzung der namentlichen Kennzeichnungspflicht außerdienstliche Daten über den Polizeivollzugsbediensteten erlangt werden sollen und damit – so das Verständnis der Klägerin – gleichsam potenzielle Gefährdungen als Ausnahmegrund erfasst würden.

3.) Auch der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art 12 Abs. 1 LV) liegt nicht vor. Soweit von der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 2 BbgPolG lediglich Polizeivollzugsbedienstete in Dienstkleidung erfasst werden, ist dies dadurch gerechtfertigt, dass die im Verwaltungsdienst Beschäftigten regelmäßig keinen unmittelbaren Kontakt zum Bürger haben, bei ihnen mithin die mit dem Gesetz verfolgten Ziele der Transparenz, Bürgernähe und Nachvollziehbarkeit polizeilichen Handelns nicht im gleichen Maße zum Tragen kommen wie bei uniformierten Polizeibediensteten, die im Vollzug tätig sind. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang – wenngleich unter Bezugnahme auf Ziffer 4.2 Buchstabe a VV Kennzeichnungspflicht – einen Gleichheitsverstoß bei abgeordneten Polizeibeamten erblicken möchte, so trägt dies nicht. Diese sind während ihrer Abordnung nicht im Polizeivollzugsdienst tätig, sondern nehmen infolge der Abordnung andere Aufgaben wahr. Wenn die Klägerin auf Beamte des Bundes und anderer Bundesländer verweist (vgl. Ziffer 2 Satz 2 VV Kennzeichnungspflicht), liegt auch hierin kein Gleichheitsverstoß. Ihr Vorbringen, die Vorschriften des brandenburgischen Polizei- und Ordnungsrechts seien auch für diese Polizeivollzugsbeamten maßgebend und sie unterlägen damit der Vorschrift des § 9 BbgPolG, trifft – bezogen auf die Kennzeichnungsverpflichtung beim Tragen der Dienstkleidung – nicht zu. Zwar richtet sich die Zulässigkeit einer Maßnahme, die durch die Amtshilfe verwirklicht werden soll, nach dem für die ersuchende Behörde geltenden Recht, mithin nach den im Land Brandenburg geltenden Vorschriften; hingegen verbleibt es für die Durchführung der Amtshilfe bei dem für die ersuchte Behörde geltenden Recht (§ 7 Abs. 1 VwVfG). Eine solche die Durchführung der Amtshilfe betreffende Regelung stellt eine gesetzliche Bestimmung über die Dienstkleidung der Beamten dar.

4.) Der von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachte Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Art. 33 Abs. 5 GG) liegt nicht vor. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn reicht nicht so weit, dass der Dienstherr den Belangen der Beamten grundsätzlich Vorrang vor dienstlichen Belangen einräumen müsste. Die zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählende Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten verpflichtet diesen im vorliegenden Zusammenhang lediglich, die wohlverstandenen Interessen des Beamten in gebührender Weise zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 2008, a.a.O., juris Rn. 14; Beschluss vom 15. Dezember 1976 – 2 BvR 841/73 – juris Rn. 30). Dem ist der Gesetzgeber bei Einführung der (verfassungsgemäßen) Regelung in § 9 Abs. 2 bis 4 BbgPolG in ausreichendem Maße nachgekommen, indem er die Interessen des Beamten in Form von möglichen Gefährdungen für deren privaten Lebensbereich mit der Schaffung der Ausnahmeregelungen von der namentlichen Kennzeichnungspflicht in § 9 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 BbgPolG berücksichtigt hat.

Ist nach alledem die gesetzliche Regelung nicht zu beanstanden, unterliegt die Klägerin der aus § 9 Abs. 2 BbgPolG folgenden Kennzeichnungspflicht. Besonderheiten in ihrer Person, die nach § 9 Abs. 3 BbgPolG bzw. aufgrund der zu ihrer Konkretisierung und Ausfüllung ergangenen VV Kennzeichnungspflicht eine Ausnahme zulassen würden, sind nicht ersichtlich.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.